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Versetzung – Änderungskündigung

Landesarbeitsgericht Hamburg, Az.: 8 Sa 59/15, Urteil vom 18.02.2016

1. Die Berufungen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10.07.2015 (13 Ca 22/14) werden zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben beide Parteien jeweils zur Hälfte zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie um eine Änderungskündigung.

Versetzung - Änderungskündigung
Symbolfoto: Von fizkes /Shutterstock.com

Die 1968 geborene in Hamburg wohnende Klägerin ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Sie ist seit dem 22.02.2001 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit regelmäßig mehr als 10 Mitarbeitern i.S.v. § 23 I 4 KSchG beschäftigt. Seit dem 01.04.2009 arbeitet sie in Teilzeit mit 51,09 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft und erzielte zuletzt einen durchschnittlichen Bruttomonatslohn von € 1.664,43. § 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 24.01.2001 lautet auszugsweise:

„(1) Frau XXXX (Anmerkung: Geburtsname der Klägerin) wird ab dem 22.02.2001 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent in Hamburg beschäftigt.

(2) L. kann Frau XXXX an einem andere Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen.“

§ 2 des Arbeitsvertrags nimmt u.a. auf die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Bezug.

Im Herbst 2012 beschloss die Beklagte, mit Wirkung zum Flugplanwechsel 2014 in eigener Regie vorwiegend Mittel- und Langstreckenflüge von den Standorten Frankfurt und München durchzuführen. Flüge von anderen Standorten – so auch Hamburg – sollten auf Tochtergesellschaften übertragen werden. Im Falle Hamburg ist das G.. Ausgenommen von der Veränderung sind Flüge zwischen den Drehkreuzen Frankfurt und München und den dezentralen Standorten, die auch künftig von der Beklagten direkt bedient werden. Entsprechend ihrem Konzept beschloss die Beklagte, an den dezentralen Standorten kein fliegendes Personal mehr zu stationieren.

Tatsächlich wird der bisher vom Flughafen Hamburg aus betriebene Linienflugverkehr seit dem 01.06.2014 weitgehend durch die G. GmbH durchgeführt. Die Beklagte betreibt nur noch die Zubringerlinien zu den Flughäfen Frankfurt und München, an denen die internationalen Liniendienste der Beklagten beginnen und enden.

In diesem Zusammenhang wurden aufgrund der Schlichtungsschlussempfehlung (Anl. B 3, Bl. 74f d. A.) für die Flugbegleiter an den dezentralen Standorten durch Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 (Anl. B 4, Bl. 76 – 83 d. A.) sowie mit Interessenausgleich und Sozialplan vom 08.05.2013 (Anl. K 5, Bl. 29 – 42 d.A. = Anl. B 5, Bl. 84 – 95 d.A.) folgende Wahlmöglichkeiten für die Flugbegleiter der dezentralen Stationierungsstandorte vereinbart:

– Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung,

– der direkte Einsatz aus Frankfurt oder München – verbunden mit Auslagenpauschalen und befristeten Ersatzleistungen,

– Arbeitnehmerüberlassung an G.

– der sofortige Arbeitgeberwechsel zur G. GmbH unter Wahrung des bei der Beklagten erworbenen Besitzstandes

– der mit einer Versetzung nach München oder Frankfurt einhergehende, auf zwei Jahre befristete virtuelle Verbleib am bisherigen Stationierungsort, verbunden mit reduzierten Auslagenpauschalen.

Wegen der Einzelheiten der Optionen wird auf § 8 des Sozialplans Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 16. und 21.05.2013 (Anl. K 4, Bl. 17 – 28 d. A) informierte die Beklagte die Klägerin im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung über ihre Dezentralisierungsentscheidung und forderte sie auf, eine der angebotenen Optionen zu wählen. Mit Schreiben vom 06.06.2013 (Anl. K6, Bl. 43ff d.A.) entschied sich die Klägerin für den Wechsel nach München, verlangte jedoch weitere Zugeständnisse, welche die Beklagte mit Schreiben vom 12.06.2013 (Anl. K7, Bl. 46f d.A.) ablehnte. Mit Schreiben vom 07.08.2013 (Anl. K8, Bl. 48 d.A.) bestätigte die Beklagte die gewählte Option.

Mit Schreiben vom 12.12.2013 (Anl. B8b, Bl. 114ff d.A.), dem eine Liste der betroffenen Mitarbeiter/-innen beigefügt war, unterrichtete die Beklagte ihre Personalvertretung von der beabsichtigten Versetzung der Klägerin. Die Personalvertretung stimmte am 16.12.2013 zu.

Mit Schreiben vom 20.12.2013 (Anl. K3, Bl. 16d. A. = Anl. B8a, Bl. 113 d.A.) teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Einsatzort sei – entsprechend der von ihr gewählten Option gemäß § 8 b des Sozialplans – ab dem 01.05.2014 München. Sie erhalte die Auslagenpauschale; der geschlossene Arbeitsvertrag gelte im Übrigen unverändert weiter. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer bei Gericht am 21.01.2014 eingegangenen Klage.

Mit Schreiben vom 26.03.2014 (Anl. K 11, Bl. 137f. d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin „vorsorglich“ ordentlich zum 30.09.2014, verbunden mit dem Angebot, ab dem 01.10.2014 mit dem Stationierungsort München im Gemischtbetrieb (Kont/ Interkont) weiterzuarbeiten. im Kündigungsschreiben heißt es weiter:

„Die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 24.01.2001 bleiben bestehen.

Dieser neue Vertrag (siehe Anlage) wird nur mit Ihrer Annahme wirksam. Bitte informieren Sie uns daher spätestens bis zum Ablauf von 3 Wochen nach Zugang dieses Schreibens, ob Sie das Angebot zu veränderten Bedingungen bei uns weiterzuarbeiten, akzeptieren. Um diese Frist zu wahren, bitten wir Sie, uns ein Exemplar des beiliegenden Vertragsschreibens unterschrieben an folgende Adresse zurückzusenden:

In diesem Zusammenhang müssen wir noch darauf hinweisen, dass Nicht-Zurücksenden des Vertragsschreibens nicht als Annahme gilt“

 

Der der Klägerin als Anlage zur Kündigung übersandte neue Arbeitsvertrag (Anl. K 8, Bl. 141 – 143 d. A.) regelte abweichend vom bisherigen Arbeitsvertrag u.a. folgende Punkte neu: in Ziffer 7 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Fall der Flugdienstuntauglichkeit und in Ziffer 8 eine doppelte Schriftformklausel.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.04.2014 (Anl. K 12, Bl. 159f. d. A.) erklärte die Klägerin, sie nehme das Angebot der Beklagte, das Arbeitsverhältnis mit verändertem Arbeitsort jedoch zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortzusetzen, unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung an. Mit dieser Maßgabe sandte er das von ihr unterzeichnete Vertragsangebot an die Beklagte zurück.

Mit bei Gericht am 16.04.2014 eingegangener Klageerweiterung wendet sich die Klägerin gegen die ihr gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung und verlangte Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen, insb. also vom Einsatzort Hamburg aus.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die ihr gegenüber angeordnete Versetzung sei rechtswidrig, weil die Interessenabwägung für die anstehende Vertragsänderung einseitig zu ihren Lasten vorgenommen worden sei. Die ihr entstehenden materiellen und immateriellen Nachteile würden durch die Kompensationsleistungen des Sozialplanes in keiner Weise ausgeglichen. Im Übrigen könne ein für alle Versetzungsfälle gleichermaßen geltender Kompensationskatalog nicht die gesetzlich geforderte Interessenabwägung im Einzelfall ersetzen. Ihr entstünden bei unveränderten Rahmenbedingungen nach Ablauf der Übergangszeit Reise- und Übernachtungskosten, die durch die pauschale Auslagenentschädigung nicht ausgeglichen würden, zumal die Klägerin diese als Teilzeitkraft nur anteilig erhalte.

Die ihr gegenüber ausgesprochene Änderungskündigung sei ebenfalls rechtsunwirksam. So entfalle mit der Schließung der am Hamburger Flughafen befindlichen Betriebseinrichtungen nicht die Möglichkeit, das fliegende Personal weiterhin von Hamburg aus einzusetzen und gegebenenfalls zu einem anderen Flughafen zu transportieren, wo der klägerische Einsatz beginne (so genanntes „dead head“). Dies sei bereits in der Vergangenheit so praktiziert worden. Das entsprechende Prozedere sei tarifvertraglich geregelt, mithin auch einzuhalten. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass mit den Zubringerdiensten nach Frankfurt und München weiterhin in nicht unerheblichem Umfang Flüge von und nach Hamburg von der Beklagten durchgeführt würden. Zu rügen sei auch die unterbliebene Sozialauswahl. Wenn die Beklagte Versetzungen im Wege der Änderungskündigung vornehme, anderen Mitarbeitern aber die Möglichkeit des Verbleibs am „virtuellen“ Stationierungsort belasse, müsse sie eine nachvollziehbare Sozialauswahl treffen oder begründen, weshalb diese entbehrlich sein sollte. Außerdem sei die Änderungskündigung unwirksam, weil die Beklagte in den von ihr zur Unterzeichnung übersandten Arbeitsvertrag über die Änderung des Beschäftigungsortes hinausgehende Vertragsänderung aufgenommen habe, so beispielsweise in Ziffern 6 und 7 von §§ 20, 21 MTV zu Lasten des Klägers abweichende Regelungen. Schließlich verstoße die Änderungskündigung gegen das Maßregelungsverbot Es sei unzulässig, die klägerische Klage gegen seine Versetzung zum Anlass für eine Kündigung zu nehmen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die den Erfüllungsort des Anstellungsvertrages der Parteien vom 24.01.2001 in der gültigen aktuellen Fassung von Hamburg nach München ändernde Versetzungsanordnung der Beklagten vom 20.12.2013, der Klägerin zugegangen am 31.12.2013, rechtsunwirksam ist;

2. festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 26.03.2014, der Klägerin gleichtätig zugegangen, sozial ungerechtfertigt und rechtsunwirksam ist;

3. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu den bisherigen Bedingungen als Flugbegleiterin vom Einsatzort Flughafen Hamburg aus weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, im Hinblick auf die dauerhaft geringe Anzahl von An- und Abflügen nur noch von bzw. zu den Drehkreuzen Frankfurt bzw. München sei es wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, Personal an den dezentralen Standorten einzusetzen. In Hamburg verringere sich das bisherige Flugvolumen um ca. 65,37 %, von 2509 auf 869 Flugverbindungen pro Monat. Durch die Schließung des Standortes Hamburg ergäben sich Einsparungen von ca. 1,17 Millionen Euro im Jahr. Ihr Interesse an der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung zur Schließung der dezentralen Stationen überwiege insbesondere unter Berücksichtigung der umfangreichen Ausgleichsmaßnahmen das klägerische Interesse, das Arbeitsverhältnis am bisherigen Stationierungsort fortzuführen. Lediglich vorsorglich habe sie eine Änderungskündigung ausgesprochen. Dabei habe sie keine weitergehenden Vertragsänderungen als die Änderung des Stationierungsortes angeboten. Dies gehe eindeutig aus dem Kündigungsschreiben hervor. Soweit die Klägerin Anstoß an Ziffern 6 und 7 des Neuvertrages nehme, handele es sich um rein deklaratorische Feststellungen dessen, was tarifvertraglich gelte. Aufgrund der Entscheidung, die Station Hamburg zu schließen und künftig kein Personal mehr in Hamburg zu stationieren, sei das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung der bislang in Hamburg stationierten Flugbegleiter zu den bisherigen Bedingungen, nämlich mit Stationierungsort Hamburg, entfallen. Sofern die Klägerin nicht bereits im Wege des Direktionsrechts nach Frankfurt versetzt worden sei, wäre jedenfalls die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung rechtlich nicht zu beanstanden.

Das Arbeitsgericht die Versetzung für wirksam gehalten und die dagegen gerichtete Klage abgewiesen. Die Änderungskündigung sei unwirksam. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 444 – 457 d. A.) wird Bezug genommen.

Gegen das am 10.07.2015 verkündete und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 23.09.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.10.2015 Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 21.12.2015 – an diesem Tag begründet Die Beklagte hat gegen das ihr am 21.09.2015 zugestellte Urteil am 21.10.2015 Berufung eingelegt und 20.11.2015 begründet.

Die Klägerin meint, das Arbeitsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Versetzung der Beklagten entspreche nicht billigem Ermessen nach §§ 106 S. 1 GewO, 315 BGB. Das Arbeitsgericht bewerte die unternehmerische Entscheidung sehr hoch, ohne sich im Einzelnen mit den bestreitenden Behauptungen der Klägerin und der individuellen Beeinträchtigung auseinander zu setzen. Ein Abstellen auf die „durchschnittliche“ Interessenlage der betroffenen Arbeitnehmer sei nicht ausreichend. Gegen die Einhaltung billigen Ermessens spreche zunächst, dass weiterhin mehrere hundert Flüge pro Monat von und nach Hamburg stattfänden. Die Flughäfen Frankfurt und München würden – unstreitig – weiter angeflogen. Vor diesem Hintergrund sei nicht nachvollziehbar, dass sämtliche Flugbegleiter ohne Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Interessenlagen versetzt worden seien. Außerdem habe sich die Beklagte selbst in der Lage gesehen, den betroffenen Mitarbeitern die Möglichkeit  befristet für zwei Jahre – anzubieten, „virtuell“ an ihrem bisherigen Stationierungsort Hamburg zu verbleiben. Es sei daher nicht ersichtlich, dass die Beklagte nicht auch von der Versetzungsentscheidung hätte absehen können. Außerdem sei von einer willkürlichen Entscheidung der Beklagten auszugehen, wenn die Versetzung dazu führe, dass die Vergütung des Arbeitnehmers nahezu vollständig aufgrund der mit der Versetzung verbundenen Kosten aufgezehrt werde. Erwägungen hierzu habe die Beklagte nicht angestellt. Schließlich sei die Versetzung unwirksam, weil die Personalvertretung nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Ihr seien die Sozialdaten der Klägerin und der übrigen betroffenen Mitarbeiter nicht mitgeteilt worden. Über das EDV-System habe die Mitarbeitervertretung keinen Zugriff auf die Sozialdaten gehabt Zudem sei nicht hinreichend über die Maßnahmen und deren konkreten Auswirkungen informiert worden.

Die Änderungskündigung sei unwirksam, weil sie unverhältnismäßig und sozialwidrig sei. Die soziale Interessenlage der Klägerin sei nicht einer Überprüfung und Abwägung unterzogen worden. Zudem habe die Beklagte mit dem Änderungsangebot weitergehende Vertragsänderungen durchzusetzen versucht, als nur die Änderung des Einsatzortes.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts die Beklagte wie erstinstanzlich beantragt zu verurteilen, nämlich

festzustellen, dass die den Erfüllungsort des Anstellungsvertrages der Parteien vom 24.01.2001 in der gültigen aktuellen Fassung von Hamburg nach München ändernde Versetzungsanordnung der Beklagten vom 20.12.2013, der Klägerin zugegangen am 31.12.2013, rechtsunwirksam ist;

Den Beschäftigungsantrag hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 10.07.2015 (13 Ca 22/14) wird teilweise abgeändert.

2. Die Klage wird hinsichtlich des erstinstanzlich unter Ziffer 2 gestellten Antrages auf Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung abgewiesen.

Seide Parteien haben jeweils die Zurückweisung der Berufung der Gegenseite beantragt.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es die Versetzung für wirksam gehalten hat, und ist der Ansicht, die Versetzung entspreche billigem Ermessen im Sinne von § 106 GewO. Die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung von Flugbegleitern sei zu berücksichtigen. Sie sei weder rechtsmissbräuchlich noch willkürlich. Im Rahmen dieser Neuordnung sei beschlossen worden, die direkten Europaverkehre der Beklagten, die alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München umfassten, auf die G. GmbH zu übertragen. Seit dem 01.05.2014 würden fast alle Flüge von /nach Hamburg mit Ausnahme der HUB-Zubringerflüge von G. geflogen. Das bisherige Flugvolumen der Beklagten habe sich am Standort Hamburg um 53,09 % verringert (Vergleich Sept. 2012 – Sept. 2014; Anl. BB 1, Bl. 490 d.A). Sämtliche Flugumläufe starteten und endeten in Frankfurt oder München. Schon in der Vergangenheit hätten Flugbegleiter von Hamburg nach Frankfurt – unstreitig – „dead head“ befördert werden müssen, um überhaupt wirtschaftlich eingesetzt werden zu können. Eine Zuführung mittels „dead head“ koste € 169,00 für den Hin- und Rückflug. Zudem reduziere sich die anschließend noch vorhandene Einsatzzeit. Hätte die Beklagte den Stationierungsort Hamburg nicht geschlossen und die Mitarbeiter nicht versetzt, hätte sich ein Kostenvolumen nur für die „dead head“ Flüge in Höhe von ca. 1,2 Mio Euro pro Jahr bei durchschnittlichen 4 An- und Abreisen pro Monat und Flugbegleiter ergeben. Es sei wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen, Personal vor Ort an den dezentralen Standorten einzusetzen. Zudem seien mit der Schließung des Standorts Hamburg erhebliche Einsparpotentiale verbunden gewesen. Rechne man die Kosten für die bislang schon angefallenen „dead head“ Flüge, für die gesonderte Umlaufplanung und Umlauferstellung, für Standby-Reserven, für Infrastruktur vor Ort und das Personal vor Ort (Teamleiter) zusammen, so ergäben sich Einsparungen in Höhe von ca. € 1,17 Mio. pro Jahr. Die Interessen des Klägers würden die der Beklagten nicht überwiegen. Dabei sei zum einen die dargestellte unternehmerische Entscheidung zu berücksichtigen und zum anderen der Umstand, dass der Sozialplan den Ausgleich bzw. die Abmilderung der Versetzungsfolgen durch umfangreiche Maßnahmen vorsehe. Die Interessen der Klägerin seien ausreichend gewahrt worden. Einzelne Arbeitnehmer habe man nicht bevorzugt behandeln können, da der Stationierungsstandort Hamburg insgesamt geschlossen worden sei. Die Entscheidung sei auch umgesetzt worden, wie den Flugplänen zu entnehmen sei.

Die Änderungskündigung habe das Arbeitsgericht zu Unrecht für unwirksam gehalten.

Die Klägerin erwidert, da weiterhin nahezu 50 % der Flüge von/nach Hamburg verblieben seien, sei eine vollständige Betriebsschließung nicht erfolgt. Es gebe weiter Einsatzmöglichkeiten für die bisher in Hamburg stationierten Flugbegleiter. Durch eine Optimierung der Einsatzplanung biete sich die Möglichkeit, in Hamburg stationierte Mitarbeiter bereits von Hamburg aus und zurück produktiv einzusetzen. Soweit – bei bestimmten Interkontinentalflügen – dabei die zulässige Dienstzeit überschritten werde, müssten entsprechende Ruhepausen zwischen den Flügen eingeplant werden. „Dead Head“ – Flüge seien dann nicht erforderlich. Ggf. zusätzlich notwendige Übernachtungen in Frankfurt/München könnten durch beklagteneigene Übernachtungsmöglichkeiten kostengünstig organisiert werden. Zudem würden die meisten Kostenfaktoren auch dann entfallen, wenn die Mitarbeiter weiter von Hamburg aus eingesetzt würden, ohne dass zugleich eine Station vor Ort aufrecht erhalten werde. Die Mitarbeiter könnten auch von Frankfurt aus geführt und verplant werden. Das LAG Hessen habe in einem Urteil vom 05.10.2015 (17 Sa 1675/14) in einem ähnlich gelagerten Fall die Versetzung einer Flugbegleiterin für unwirksam gehalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das erstinstanzliche Urteil sowie die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässigen Berufungen sind nicht begründet. Die Versetzung der Klägerin ist wirksam (I). Die Änderungskündigung ist sozial ungerechtfertigt (II).

I. Die Versetzungsanordnung der Beklagten vom 20.12.2013 ist wirksam.

1. Der Arbeitsvertrag der Parteien steht der Versetzung nicht entgegen. Zwar ist gemäß § 1 (1) Satz 1 des Vertrags Hamburg als Beschäftigungsort vereinbart. § 1 (2) räumt der Beklagten jedoch die Befugnis ein, die Klägerin an einem anderen Ort einzusetzen. Die Klausel unterliegt nach ständiger Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 19.01.2011 – 10 AZR 738/09 – Tz 15; Urt. v. 26.09.2012 – 10 AZR 414/11) keiner AGB-Kontrolle, da sie der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht(§ 307 III 1 BGB).

2. Die Versetzung der Klägerin von Hamburg nach München hält sich auch im Rahmen billigen Ermessen i.S.v. § 106 I GewO.

a) Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. BAG v. 13.03.2007 – 9 AZR 433/06 – Tz 41). In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG v. 20.06.2013 8 AZR 482/12). Eine Versetzung, die für den Arbeitnehmer eine tiefgreifende Veränderung der Arbeitsumstände mit sich bringt, ist nur dann gerechtfertigt, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahe legt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG v. 26.09.2012 – 10 AZR 414/11 – Tz 37). Im Urteil vom 21.07.2009 – 9 AZR 404/08 – Tz 23) hat das BAG ausgeführt, dass bei Flugunternehmen allein die Schließung einer Station nicht ausreicht, um eine Versetzung des fliegenden Personals i.S.v. § 106 GewO zu rechtfertigen. Für Flugbegleiter sei das Bestehen einer Station irrelevant, da ihr Arbeitsplatz das Flugzeug sei. Die dortige Beklagte hatte – außer der Schließung der Station – keine Gründe für die Rechtfertigung der Versetzung vorgetragen, insbesondere keine wirtschaftlichen Erwägungen.

Allerdings sei in diesem Zusammenhang die grundsätzlich hinzunehmende und nicht auf ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfende unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung von Flugbegleitern mit einem erheblichen Gewicht zu berücksichtigen (vgl. BAG v. 20.06.2013, a.a.O.), sofern diese unternehmerische Entscheidung die Versetzung des Arbeitnehmers trotz der für ihn entstehenden Nachteile nahe legt und sie nicht willkürlich bzw. rechtsmissbräuchlich erscheint. Im Urteil vom 26.09.2012 (10 AZR 414/11 – Tz 43) hat das BAG ausgeführt, dass der unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers, einen Standort zu schließen, im Rahmen der Billigkeitserwägungen erhebliches Gewicht zukomme. Die den Arbeitnehmern durch die Versetzung entstehenden Nachteile wären nur dann nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber durch die von ihm getroffene Maßnahme keinerlei relevante finanzielle Vorteile erzielen würde. Im Urteil vom 12.11.2013 (10 AZR 569/12 – Tz 41) hat das BAG das besondere Gewicht der unternehmerischen Entscheidung erneut betont. Eine unternehmerische Entscheidung führe aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das Unternehmerische Konzept sei zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte könnten vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber könne die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar gewesen sei.

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze, die sich die Kammer zu eigen macht, auf den vorliegenden Fall erweist sich die Versetzung der Klägerin von Hamburg nach München als billigem Ermessen entsprechend.

aa) Die Kammer geht davon aus, dass die Beklagte die unternehmerische Entscheidung getroffen hatte, den Direktverkehr strukturell zu reformieren und die LH-Direktverkehre auf die G. GmbH zu verlagern. Diese Entscheidung hatte zur Folge, dass die direkten Europaverkehre der Beklagten, welche alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München umfassen, seit dem 01.05.2014 durch die G. GmbH geflogen werden. Von und nach Hamburg wird von der Beklagten nur noch im Rahmen sog. Zubringerflüge ab Frankfurt oder München geflogen, wobei sämtliche Umläufe auch dort – d.h. in Frankfurt oder München – starten. Prognostiziert hatte die Beklagte einen Rückgang des Flugvolumens ab Hamburg um 65,37 %. Die Auswertung der Beklagten der Monate September 2012 bis September 2014 hat einen Rückgang um etwa 53 % ergeben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob diese Zahlen exakt stimmen. Es liegt jedenfalls auf der Hand, dass sich das Flugvolumen erheblich verringert, wenn nur noch Zubringerflüge ab/nach Hamburg geflogen werden und der übrige Direktverkehr auf die G. GmbH übertragen wird. Entgegenstehende Zahlen sind weder erkennbar noch von der Klägerin vorgetragen. Ebenso keine sonstigen Anhaltspunkte, die dem Sachvortrag der Beklagten entgegen stehen könnten. Zugunsten der Beklagten ist daher gemäß § 138 III ZPO als zugestanden zu bewerten, dass eine Verlagerung der Direktverkehre erfolgt ist, nur noch Zubringerflüge von/nach Hamburg über die Drehkreuze geflogen werden und sich das Flugvolumen erheblich reduziert hat. Dabei wird der Sachvortrag der Beklagten zum einen bestätigt durch den Inhalt der Schlichtungsschlussempfehlung zur Beilegung des Tarifkonflikts zum Vergütungstarifvertrag (VTV Nr. 37) sowie des Tarifvertrags Ergebnisbeteiligung vom 05.11.2012 (Anl. B 3) und die Regelungen des Änderungs- und Ergänzungstarifvertrags vom 12.03.2013 zur Umsetzung der Schlichtungsschlussempfehlung (Anl. B 4). Dort findet sich der beabsichtigte Wechsel von Flugzeugen auf die G. GmbH wieder. Ebenso enthält der Interessenausgleich/Sozialplan vom 08.05.2013 Regelungen, die diese Entscheidung der strukturellen Reform des Direktverkehrs beinhalten, u.a. § 3, wo es heißt „Die direkten Europaverkehre der L., die alle innerdeutschen und europäischen Verbindungen außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München umfassen, wurden zum 01.01.2013 kommerziell und organisatorisch mit G. in einer Gesellschaft auf Basis der G. GmbH zusammengeführt. Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart notwendig … Durch die Verlagerung der dezentralen Verkehre zur neuen G. wird das Kontprogramm des Stationierungsortes Düsseldorf eingeschränkt. …“

bb) Entsprechendes gilt für die hiermit im Zusammenhang stehende unternehmerische Entscheidung der Beklagten, u.a. in Hamburg kein fliegendes Personal mehr zu stationieren. Diese unternehmerische Entscheidung ist hinreichend dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 08.05.2013 zu entnehmen. Dort heißt es einführend: „ …wird aus Anlass der Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart … für das Kabinenpersonal der Deutschen L. AG dieser Interessenausgleich und Sozialplan geschlossen.“ in § 3 ist – wie bereits – dargelegt Folgendes enthalten: „… Die hohen Verluste im dezentralen Verkehr machen die Schließung der dezentralen Stationierungsorte Hamburg, Berlin und Stuttgart notwendig.“ Teil der unternehmerischen Entscheidung ist sodann auch, die Mitarbeiter der zu schließenden dezentralen Stationierungsorte nach Frankfurt oder München zu versetzen. Ziffer 3.2 des Interessenausgleich I Sozialplan vom 08.05.2013 bestimmt hierzu: „Der Arbeitgeber wird die von der Schließung bzw. Einschränkung ihres Stationierungsortes betroffenen Mitarbeiter zur Weiterbeschäftigung nach Frankfurt oder München versetzen bzw. ggf. eine Änderungskündigung aussprechen.“ Die Schließungs- (und Versetzungs-)Entscheidung in Bezug auf den Stationierungsort Hamburg ist insoweit ausreichend dokumentiert.

Es ist auch von der Umsetzung der Entscheidungen auszugehen. Entgegenstehende Anhaltspunkte hat die Klägerin nicht dargelegt Ein Bestreiten mit Nichtwissen genügte insoweit nicht, da ihr insbesondere die Versetzungen auch der betroffenen Kolleginnen bekannt sind sowie die Änderung der Flugpläne, die eine offenkundige Tatsache im Sinne von § 291 ZPO darstellt. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass noch andere als HUB-Zubringerflüge der Beklagten ab Hamburg starten. Wann genau die Entscheidung der Schließung der Station Hamburg getroffen worden ist, kann dahinstehen, denn sie wurde ausweislich der Regelungen in dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 08.05.2013 jedenfalls vor dem Ausspruch der Versetzung getroffen.

cc) Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten beschränkt sich nicht auf die Schließung der dezentralen Stationierungsstandorte, insbesondere Hamburgs. Die Beklagte strebt mit ihrer Umstrukturierung, deren Bestandteil die Schließung des Stationierungsstandorts Hamburg ist, Kosteneinsparungen an. Dass die Klägerin die von der Beklagten genannten Zahlen in Abrede gestellt hat, ist nicht streitentscheidend. Denn dem Arbeitgeber kommt bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit einer Maßnahme eine Einschätzungsprärogative zu. Es genügt, wenn die von ihm vorgetragenen Umstände die Erzielung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolgs – im vorliegenden Fall Einsparungen – zumindest im Ansatz plausibel erscheinen lassen. Wie hoch die erzielte Einsparung letztlich tatsächlich ist, ist ohne Bedeutung. unternehmerische Entscheidungen unterliegen keiner gerichtlichen Wirtschaftlichkeitskontrolle. Von einer willkürlichen Unternehmerentscheidung wäre lediglich dann auszugehen, wenn Einspareffekte überhaupt nicht plausibel dargestellt werden oder so gering sind, dass die Inkaufnahme erheblicher Veränderungen durch die Arbeitnehmer nicht ernsthaft erwartet werden kann.

Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab wird der Sachvortrag der Beklagten gerecht. Es liegt auf der Hand, dass ein Flugunternehmen, welches schwerpunktmäßig Fernflüge von zwei Großflughäfen aus anbietet, Kosten spart, wenn es sein Flugpersonal von diesen Standorten aus planen und einsetzen kann. Zwar wendet die Klägerin zutreffend ein, dass durch die Beibehaltung eines dezentralen Stationierungsstandorts im Einzelfall „deadhead“ Flüge erspart werden können. Die Anzahl der durch die Zentralisierung eingesparten „dead-head“ Flüge ist jedoch ungleich höher. Die Beklagte spart somit dauerhaft Personalkosten (Reisekosten und Arbeitszeit), indem sie ihr Personal an den Standorten bereit hält, an dem die weitaus meisten ihrer Flüge starten und enden.

dd) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass ihr dauerhafter Verbleib in Hamburg mit dem Unternehmerischen Konzept der Beklagten vereinbar ist. Die Klägerin würde der Beklagten vielmehr ein anderes, inhaltlich verändertes Gesamtkonzept aufzwingen, wenn sie eine dauerhafte Stationierung in Hamburg verlangen könnte. Dass die Beklagte allen in Hamburg stationierten Flugbegleitern eine zeitlich befristete „virtuelle“ Stationierung in Hamburg angeboten hat, ändert nichts daran, dass sie diese Variante nach Ablauf der eingeräumten Frist nicht mehr möchte. Daran hat die Beklagte ein billigenswertes Interesse. Die „virtuelle Stationierung“ ist auch nicht kostenneutral. Sie verkürzt die produktiv zur Verfügung stehenden Arbeitszeiten, selbst wenn Mitarbeiter in Einzelfällen ihren Dienst auf Zubringerflügen in Hamburg antreten könnten. Der Rechtsauffassung des LAG Hessen, welches u.a. im Urteil vom 07.09.3015 (17 Sa 1293/14) die Auffassung vertritt, das Angebot der Beklagten, einen Piloten zeitlich befristet an seinem bisherigen Stationierungsstandort weiter zu beschäftigen, insb. also Beginn und Ende der Arbeitszeit in Bezug auf diesen Ort abzurechnen, stelle die Erforderlichkeit der Versetzung insgesamt in Frage, vermag die Kammer nicht zu folgen. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht befugt, aus einem Unternehmerischen Gesamtkonzept einzelne Maßnahmen herauszulösen und diese einer isolierten Bewertung zu unterziehen.

ee) Die Versetzungsentscheidung der Beklagten ist auch nicht deshalb unbillig i.S.v. § 106 GewO, weil die Beklagte – soweit ersichtlich – keine auf die Klägerin bezogenen Einzelfallerwägungen angestellt hat.

Die Beachtung billigen Ermessens ist eine objektive Wirksamkeitsvoraussetzung für die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber, keine methodische Kontrolle der Vorgehensweise des Arbeitgebers. Plant der Arbeitgeber die Versetzung mehrerer Hundert Arbeitnehmer, dann liegt es nahe, die Interessenkonflikte – wie vorliegend geschehen – in Form eines Interessenausgleichs und Sozialplans mit dem Betriebsrat zu regeln. Entsprechen die darin getroffenen Regelungen generell der Billigkeit, kann sich der einzelne Arbeitnehmer nur auf Umstände berufen, die seinen Fall aus der Gruppe der betroffenen Arbeitnehmer herausheben und von den Betriebsparteien nicht berücksichtigt worden sind. Solche Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Die Interessen der Klägerin an der Beibehaltung ihres Wohnorts und ihres sozialen Umfeldes sowie an der Vermeidung von Reisezeiten und -kosten sind zwar sehr hoch zu gewichten. Es handelt sich aber um typische Belastungen, welche die Betriebsparteien bereits in ihre Erwägungen einbezogen haben. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich die Beklagte eine Veränderung des Einsatzorts im Arbeitsvertrag ausdrücklich vorbehalten hat. Sie hat dadurch die Bedeutung des ihr nach § 106 GewO ohnehin zustehenden Rechts, den Arbeitsort zu bestimmen, auch für die Klägerin erkennbar betont. Relevant ist dabei auch, dass der Tätigkeit eines Flugbegleiters eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann (BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 1082/12). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass der Sozialplan den Interessen von Mitarbeitern, die auf keinen Fall ihren Wohnort verändern wollen, durch zwei von fünf angebotenen Optionen Rechnung trägt, nämlich entweder sofortiger Wechsel zu G. oder Arbeitnehmerüberlassung an G.. Zumindest angesichts dieser Wahlmöglichkeiten überwiegt nach Auffassung der Kammer das Interesse der Beklagten, das Personal dort zu stationieren, von wo aus die Flugumläufe starten. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, durch die Versetzung in besonderem – über das bei allen Kollegen vorliegendem Maß hinaus – beschwert zu sein.

3. Die Versetzung der Klägerin nach Frankfurt ist auch nicht wegen mangelhafter Beteiligung der Personalvertretung unwirksam. Im Ansatz zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass eine ohne die nach § 99 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats erfolgte Versetzung auch individualrechtlich unwirksam ist (vgl. BAG v. 22.04.2010 – 2 AZR 491/09 – Tz 13). Unstreitig hat der Dringlichkeitsausschuss der Personalvertretung der Versetzung der Klägerin am 16.12.2013 zugestimmt (Anl. B9b, Bl. 197ff d.A.). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Personalvertretung ausreichend informiert war und deren Zustimmung daher ggf. nach Fristablauf fingiert worden wäre, kommt es deshalb nicht an. Unabhängig davon würde eine ausreichende Unterrichtung der Personalvertretung im vorliegenden Fall jedenfalls nicht daran scheitern, dass der Personalvertretung die Sozialdaten der betroffenen Mitarbeiter nicht zugänglich waren. Angesichts des Umstands, dass der gesamte Standort Hamburg geschlossen werden sollte und sich die Betriebsparteien für die Übergangslösungen dahingehend verständigt hatten, allein auf die Wünsche der Mitarbeiter abzustellen, waren die Sozialdaten erkennbar ohne Belang. Einer ausreichende Unterrichtung bzgl. der Versetzung der Klägerin würde auch nicht daran Scheitern, dass, wie die Klägerin behauptet hat, auf der Namensliste der betroffenen Mitarbeiter einzelne Namen fehlten. Der Name der Klägerin befindet sich jedenfalls auf der Liste.

II. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung der Beklagten ist unwirksam. Daher ist auch die Berufung der Beklagten unbegründet

 

1. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 S. 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderungen der Arbeitsbedingungen“ im Sinne von § 2 S. 1, § 4 S. 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (vgl. BAG, 28.08.2013, a.a.O.).

2. Vorliegend ist es jedoch so, dass mit der Änderungskündigung nicht nur der Arbeitsort verändert werden sollte, was bereits aufgrund der Versetzung im Wege der Ausübung des Direktionsrechts erreicht wurde, sondern darüber hinausgehende Änderungen der Vertragsbedingungen angestrebt waren. Hiergegen wendet sich die Klägerin zu Recht.

3. Die Änderungskündigung ist bereits aus formalen Gründen unwirksam. Es fehlt an einem hinreichend bestimmten Änderungsangebot

a) Eine Änderungskündigung ist eine spezifische Verknüpfung einer Kündigung mit einem Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags zu geänderten Bedingungen. Im Falle der Annahme des Änderungsangebots tritt die Bedingung für das Wirksamwerden der Kündigung nicht ein. Um danach Unklarheiten über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zu vermeiden, muss das Änderungsangebot so bestimmt sein, dass es durch ein einfaches „Ja“ angenommen werden kann(§§ 145ff BGB).

b) Das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 26.03.2014 genügt diesen Anforderungen. Die Beklagte bot der Klägerin an, das Arbeitsverhältnis ab dem 01.10.2014 mit dem Stationierungsort München im Gemischtbetrieb (Kont/ Interkont) fortzusetzen. Im Übrigen sollten die Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 24.01.2001 bestehen bleiben. Im Weiteren wird der Klägerin danach mitgeteilt, dass die Annahme des Änderungsangebots zwingend die Rücksendung eines von der Klägerin unterzeichneten Exemplars des der Kündigung beigefügten neuen Arbeitsvertrags voraussetzt. Nach diesem Arbeitsvertrag sollten aber die übrigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 24.01.2001 gerade nicht bestehen bleiben, sondern in weiteren Punkten verändert werden. Abweichend vom bisherigen Arbeitsvertrag regelt das Vertragsangebot in Ziffer 7 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Fall der Flugdienstuntauglichkeit und in Ziffer 8 eine doppelte Schriftformklausel. Das Änderungsangebot der Beklagten in seiner Gesamtheit war damit widersprüchlich und somit nicht hinreichend bestimmt.

4. Die Änderungskündigung ist zudem, ohne dass es darauf im Ergebnis noch ankäme, gemäß § 102 I 3 BetrVG unwirksam. Dem Sachvortrag der Beklagten ist nicht zu entnehmen, dass dem Betriebsrat der geänderte Arbeitsvertrag, dessen Unterzeichnung die Beklagte von der Klägerin verlangt hatte, vorgelegen hat.

5. Die Änderungskündigung ist schließlich auch deshalb unwirksam, weil sie neben der eigentlich intendierten Veränderung des Arbeitsorts weitere Änderungen enthält. Will der Arbeitgeber den bestehenden Arbeitsvertrag in mehreren Punkten ändern, bedarf jede Änderung der sozialen Rechtfertigung (BAG v. 03.04.2008 – 2 AZR 500/06 – Tz 26). Eine weitere rechtfertigungsbedürftige Änderung ist im vorliegenden Fall die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle der Flugdienstuntauglichkeit sowie die doppelte Schriftformklausel. Eine soziale Rechtfertigung für diese Vertragsänderungen ist nicht vorgetragen. Diese über das eigentliche Ziel hinausschießenden Regelungen führen dazu, dass die Klägerin das Vertragsangebot billigerweise nicht hinzunehmen hatte.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 VI ArbGG i. V. m. § 92 I ZPO.

IV. Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 II Nr. 2 ArbGG.

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