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Versetzung – Beantragung der Aufhebung durch Betriebsrat – Untätigkeit – Verwirkung

ArbG Potsdam, Az.: 3 BV 26/15, Urteil vom 23.03.2016

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der antragstellende Betriebsrat begehrt im vorliegenden Verfahren eine im Januar 2012 erfolgte Versetzung eines Mitarbeiters aufzuheben und hilfsweise die Feststellung, dass die Zustimmung des Antragstellers zu dieser Versetzung nicht vorliegt.

Die Arbeitgeberin betreibt an den Standorten N. und P. zwei Autohäuser und beschäftigt regelmäßig mehr als 20 Arbeitnehmer. Mit einem Schreiben vom 04.01.2012 teilte die Arbeitgeberin dem Betriebsrat mit, den bis dahin als Serviceberater in N. beschäftigten und in die Vergütungsgruppe G 3 eingruppierten Mitarbeiter L. als einzigen Bewerber mit dessen Einverständnis auf den unter dem 16.12.2011 ausgeschriebenen Arbeitsplatz als Serviceleiter am selben Standort mit Vergütung nach Gruppe G 4 versetzen zu wollen; auf das Schreiben wird Bezug genommen (vgl.: Bl. 4 d.A.). Der Betriebsrat erteilte dazu seine Zustimmung, der Mitarbeiter wurde zum 01.03.2012 versetzt.

Mit Antragsschrift vom 05.11.2013 wurde für den Betriebsrat durch dieselben Prozessbevollmächtigten wie im vorliegenden Verfahren ein Beschlussverfahren eingeleitet (Aktenzeichen 7 (6) BV 28/13), mit dem der Arbeitgeberin untersagt werden sollte, ohne Beachtung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates „Zahlungen von Zulagen und Prämien an Mitarbeiter“ vorzunehmen. Die Antragsbegründung stützte sich auf Feststellungen des Betriebsrates bei einer Überprüfung der Lohn- und Gehaltslisten, nach denen u.a. dem Mitarbeiter L. im Juli 2013 eine Prämie in Höhe von 3.000,00 Euro gezahlt worden war, ohne dass dazu die Zustimmung des Betriebsrates vorgelegen habe (vgl.: Antrag vom 05.11.2013 im Verfahren 7(6) BV 28/13, S. 2 und 3). Im dortigen Verfahren wurde mit Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 15.09.2014 u.a. der Arbeitsvertrag des Mitarbeiters L. vom 26.01.2011 zur Akte gereicht (vgl.: Akte 7(6) BV 28/13, Bl. 134 bis 136), der im hiesigen Verfahren im Gütetermin vom Arbeitgebervertreter (erneut) zur vorliegenden Akte und an den Betriebsrat gegeben wurde (vgl.: Bl. 30 bis 32 d.A.). Im vorangegangenen Beschlussverfahren hatte sich die Arbeitgeberin damit u.a. verteidigt, dass die Zulagen-/Tantiemenregelungen mit den betreffenden Mitarbeitern einzelvertraglich ausgehandelt worden seien und darüber hinaus die Beteiligten – unstrittig – ohnehin in Verhandlungen über die künftigen Entgeltstrukturen stünden (vgl.: Beschluss vom 28.102014 – 7(6) BV 28/13 – , S. 4 5 der Gründe, rechtskräftig nach Beschwerderücknahme).

Am 23.06.2015 unterzeichneten die Betriebsparteien eine „Betriebsvereinbarung über die Zielvereinbarungen im Rahmen der variablen Vergütung“ für Betriebs-, Service- und Verkaufsleiter (vgl.: Bl. 21 bis 27 d.A.).

Mit dem am 23.12.2015 beim Arbeitsgericht Potsdam eingegangenen Antrag vom 22.12.2015 macht der Betriebsrat nunmehr geltend, er sei zum Zeitpunkt der Unterrichtung über die beabsichtigte Versetzung des Mitarbeiters L. im Januar 2012 nicht über die vertraglich vereinbarte Tantiemenregelung informiert worden, so dass die gesetzliche Frist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen begonnen habe und die vorgenommene Versetzung deshalb aufzuheben bzw. die fehlende Zustimmung des Betriebsrates festzustellen sei. Es habe ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG vorgelegen, da die Tantiemenzahlungen betriebsverfassungswidrig gewesen seien. Zuvor hatte der Betriebsratsvorsitzende in einer E-Mail vom 16.11.2015 den Geschäftsführer der Beklagten um eine „zeitnahe kooperative Konfliktlösung gebeten“ hinsichtlich der „Unzulänglichkeit zwischen der Anhörung des Betriebsrates zur Versetzung und dem tatsächlichen Arbeitsvertrag von Herrn L.“ (vgl.: Bl. 5 d.A.). Die in der Antragsbegründung noch behauptete erst „im September/Oktober 2015“ erfolgte Einsichtnahme des Gremiumsvorsitzenden „in die Lohn- und Gehaltslisten und den Vertrag des Arbeitnehmers L.“ hat der Betriebsrat nach Erörterung im letzten Anhörungstermin hinsichtlich des Zeitpunktes als nicht zutreffend korrigiert (vgl.: Protokoll vom 23.03.2016, S. 2, Bl. 47 d.A.).

Der Betriebsrat beantragt der Beteiligten zu 2) aufzugeben, die Versetzung des Arbeitnehmers M. L. aufzuheben, hilfsweise festzustellen, dass die Zustimmung zur Versetzung des Arbeitnehmers M. L. durch den Beteiligten zu 1) nicht gegeben ist.

Die Arbeitgeberin beantragt, die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin meint, die Anträge seien bereits unzulässig, da ein Unterlassungsanspruch möglich und ein Feststellungsantrag nicht erforderlich sei. Darüber hinaus sei der behauptete Anspruch des Betriebsrates sowohl wegen der abgelaufenen Zeit als auch der Unzumutbarkeit für die Arbeitgeberin, sich nunmehr noch auf das Begehren einzulassen, prozessual verwirkt. In der Sache selbst meint die Arbeitgeberin, im Jahr 2012 den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet zu haben; weitere Auskunftspflichten – insbesondere über die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen mit Herrn L. – hätten unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 18.10.1988 – 1 ABR 33/87 – nicht bestanden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen sowie die Protokolle vom 20.01.2016 und 23.03.2016 verwiesen.

II.

Die Anträge sind unzulässig.

Sie waren zurückzuweisen, da die gerichtliche Geltendmachung des/der behaupteten Anspruchs/Ansprüche des Betriebsrates – prozessual – verwirkt ist/ sind:

1.

a.

Ein Recht kann verwirken, wenn der Berechtigte sein Recht über einen längeren Zeitraum nicht geltend gemacht hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre und sich der in Anspruch Genommene wegen dieser Untätigkeit des Berechtigten bei objektiver Beurteilung darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten einrichten durfte, dass dieser das Recht zukünftig nicht mehr geltend machen werde, so dass ihm insgesamt die Befriedigung des Gläubigers nicht mehr zuzumuten ist. Es handelt sich dabei um einen Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung und beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB). Zugleich dient eine solche Unzulässigkeit der Geltendmachung eines Rechts dem Bedürfnis der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit (st. Rechtsprechung, vgl. nur z.B.: BAG vom 12.12.2006 – 9 AZR 747/06 -, NZA 2007, S. 396, 398 Rdz. 17 m.w.N.). Dabei besteht zwischen dem Verhalten des Berechtigten – aber auch des Verpflichteten – und dem erforderlichen Zeitablauf eine Wechselwirkung insofern, als der Zeitlablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die Umstände sind bzw. an die Umstände umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (BGH vom 19.10.2005, NJW 2006, S. 219). Verwirken im beschriebenen Sinne kann jedes Recht und jeder Anspruch, sowohl solche materiell-rechtlicher Natur als auch deren prozessuale Geltendmachung. Letztere kann auch die Antragsbefugnis erfassen, wenn das Prozessverhalten einer Partei/ eines Beteiligten dadurch gekennzeichnet ist, dass trotz jederzeit möglicher Rechtsausübung erst nach mehreren Jahren eine gerichtliche Geltendmachung erfolgt und in der verstrichenen Zeit die im Rahmen anderer Verfahren und Einigungen auf Betriebsebene erlangten Kenntnisse nicht zum Anlass genommen worden sind, um Rechtsschutz nachzusuchen bzw. um die vermeintliche Verletzung von Mitbestimmungsrechten gegenüber dem nunmehr in Anspruch Genommenen erkennbar nicht hinnehmen zu wollen (vgl. dazu: VG Saarlouis vom 22.03.2007 – 8 K 2/05 -, BeckRS 2011, 49244 – für den Fall eines vierjährigen Zuwartens, während dessen u.a. arbeitsrechtliche Beschlussverfahren geführt wurden).

b.

Es besteht in Rechtsprechung und Literatur weitgehend Einigkeit, dass materielle Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach BetrVG nicht verwirken können, da auf solche nicht verzichtet werden kann (so z.B.: BAG vom 14.12.1999 – 1 ABR 27/98 – NZA 2000, S. 783 unter B.2 der Gründe; BAG vom 28.08.2007 – 1 ABR 70/06 – NZA 2008, S. 188 unter B.II.1.e) der Gründe). Davon ausgenommen wird in den genannten Entscheidungen ausdrücklich die Möglichkeit, dass eine „prozessrechtliche Verwirkung von Mitbestimmungsrechten in besonderen Ausnahmefällen in Frage kommen“ kann (BAG 14.12.1999, a.a.O. und BAG vom 28.08.2007, a.a.O. unter Bezug auf BAG vom 14.12.1999; vgl. aber auch dazu: LAG Schleswig-Holstein vom 04.03.2008 – 2 Ta BV 42/07-, NZA-RR 2008, S. 414 unter II.2) der Gründe), wenngleich in den genannten Entscheidungen eine solche prozessuale Verwirkung mangels Zeit- oder Umstandsmoment – letztlich fehlender Unzumutbarkeit für die in Anspruch genommenen Arbeitgeber sich noch auf die Begehren einzlassen – verneint wurden.

2.

Vorliegend sind unter Zugrundelegung der konkreten Sachverhaltsumstände sowohl das Zeitmoment (a) als auch das Umstandsmoment (b) erfüllt, um von einer illoyal verspäteten Geltendmachung der vermeintlichen Rechte des Betriebsrates auszugehen, die die Anträge im Ergebnis unzulässig machen. Es kam daher entscheidungserheblich nicht mehr auf die Beantwortung der Frage an, ob dem Betriebsrat im Januar 2012 zusätzlich die Tantiemen(ziel)vereinbarungabsprache im Arbeitsvertrag vom 26.01.2012 mit dem Mitarbeiter L. hätte mitgeteilt werden müssen. Im Einzelnen gilt:

a.

Die Mitteilungen der Arbeitgeberin zur beabsichtigten Versetzung des Mitarbeiters L. vom Serviceberater zum Serviceleiter unter Angabe der sich ändernden Eingruppierung (G 3 nach G 4), des gleichbleibenden Arbeitsortes, der ausgebliebenen weiteren Bewerbungen und des Einverständnisses des Mitarbeiters mit der Versetzung erfolgte mit Schreiben der Arbeitgeberin vom 04.01.2012, dem Betriebsratsvorsitzenden ausweislich des unter der Rubrik „erhalten“ vermerkten Datums am selben Tage zugegangen. Unstrittig hat der Betriebsrat auch seine Zustimmung zur Versetzung erteilt (vgl.: Protokoll vom 20.01.2015, Bl. 28 d.A.). Die Zustimmung des Betriebsrates ist ersichtlich ohne Anforderung von weiteren Informationen auf die gegebenen Mitteilungen der Arbeitgeberin hin erfolgt. Bis zum Antragseingang im vorliegenden Verfahren am 23.12.2015 sind knapp vier Jahre verstrichen; selbst wenn man die E-Mail-Nachricht des Betriebsratsvorsitzenden vom 16.11.2015 (vgl.: Bl. 5 dA.) berücksichtigt, liegen immer noch drei Jahre und zehneinhalb Monate zwischen der Mitteilung der Arbeitgeberin vom 04.01.2012 und der festgestellten „Unzulänglichkeit zwischen der Anhörung des Betriebsrates zur Versetzung und dem tatsächlichen Arbeitsvertrag von Herrn L.“ (ebenda), in denen der Betriebsrat hinsichtlich des nunmehr beanstandeten Umfangs der Mitteilungen zur Versetzung des Herrn L. zu Anfang des Jahres 2012 nicht an die Arbeitgeberin herangetreten ist. Die knapp vierjährige Untätigkeit des Betriebsrates in Hinblick auf die Versetzung des Herrn L. erfüllt deutlich das sog. Zeitmoment (immerhin etwa die absolute Dauer einer Legislaturperiode des Betriebsrates). Es ist dabei zu berücksichtigen, dass das Betriebsverfassungsgesetz von kurzen Fristen ausgeht, denn innerhalb von nur einer Woche hat der Betriebsrat die Möglichkeit, sich zu der personellen Maßnahme zu erklären (§ 99 Abs. 2 und 3 BetrVG). Es soll damit ersichtlich eine rasche und zeitnahe Durchführung der personellen Maßnahme ermöglicht werden; die Regelung wird flankiert von der gesetzlichen Möglichkeit, nach § 100 BetrVG die Maßnahme trotz möglicher Zustimmungsverweigerung vorläufig durchzuführen und in diesem Fall innerhalb von drei Tagen das vorgesehene arbeitsrechtliche Verfahren einzuleiten (§ 100 Abs. 2 BetrVG).

Selbst wenn zu Grunde gelegt wird, dass der Betriebsrat vor Eingang des Antrages im Beschlussverfahren 7(6) BV 28/13 am 05.11.2013 erstmals Kenntnis von den Tantimenzahlungen an den Mitarbeiter L. erlangt haben sollte, ist auch ein Zuwarten von nochmals mehr als zwei Jahren, bevor überhaupt die erlangte Information für die zwei Jahre zurückliegende Versetzung „fruchtbar“ gemacht worden ist, vor der gesetzgeberischen Absicht einer raschen und zeitnahen Klärung der mit einer personellen Maßnahme zusammenhängenden und vom Gesetz erfassten Fragestellungen und vor dem Hintergrund einer obligatorischen vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen den Betriebsparteien (§ 74 BetrVG) eine Zeitspanne, die ebenfalls das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt. Für diese Beurteilung ist maßgeblich, dass die unter Punkt b) (siehe unten) erörterten Umstände, wegen der es für die Arbeitgeberin unzumutbar ist, sich nunmehr auf die Frage der vollständigen oder unvollständigen Informationen vor der Versetzung des Herrn L. einzulassen, besonders gravierend sind (zu dieser Wechselwirkung siehe Punkt 1.a der Gründe und dazu nochmals BAG vom 12.12.2006, a.a.O., Rdz. 17 m.w.N.).

b.

Auch das sog. Umstandsmoment ist erfüllt:

 

Der Betriebsrat hat mit Antrag vom 05.11.2013 ein Beschlussverfahren anhängig gemacht, mit dem er „die Unterlassung der Zahlung von Prämien und Zulagen“ ohne vorherige Beachtung seiner Mitbestimmungsrechte geltend gemacht hat. Er hat sich zur Begründung ausdrücklich auf eine festgestellte Tantiemenzahlung an u.a. den Mitarbeiter L. berufen und diesen Umstand zur Begründung seines Antrages angeführt, mit dem er von der Mitbestimmungspflichtigkeit dieser Zahlungen ausging. Der Betriebsrat hat trotz dieser Kenntnis und der dazu vorgenommenen rechtlichen Bewertung als mitbestimmungspflichtige Zahlungen gegenüber der Arbeitgeberin nicht geltend gemacht, dass deshalb auch die Versetzung des Mitarbeiters L. aufzuheben sei, obwohl die Auffassung, die Tantiemenzahlungen unterlägen dem Mitbestimmungsrecht (weil ein kollektiver Bezug vorliege) den Schluss nahegelegt hätte, dass damit auch die Mitteilungen zur Versetzung des Mitarbeiters L. unvollständig gewesen sein könnten. Dem Betriebsrat – durch dieselben Verfahrensbevollmächtigten wie im vorliegenden Verfahren vertreten – lagen auch die in dem 2013 eingeleiteten Verfahren zur dortigen Akte gereichten Arbeitsverträge vor, u.a. des Mitarbeiters L.. Diese Kenntnisse sind unstrittig – der Betriebsrat hat im letzten Anhörungstermin klargestellt, dass der im vorliegenden Verfahren in der Antragsbegründung angegebene Zeitpunkt der Kenntnis von den Tantiemenzahlungen („im September/Oktober 2015“, vgl.: Bl. 2 d.A. und Bl. 47 d.A.) nicht zutrifft.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die Betriebsparteien nicht nur das Verfahren 7(6) BV 28/13 geführt haben – und damit Klarheit über die Mitbestimmungspflicht bei „Zulagen- und Prämienzahlungen“ (in der dortigen Antragsschrift auch als „Tantieme bezeichnete Prämien“ bezeichnet) erlangt haben dürften -, sondern die Frage der Zielvereinbarungen für Betriebs-, Service- und Verkaufsleiter zum Gegenstand der am 23.06.2015 geschlossenen Betriebsvereinbarung gemacht haben. Diese Betriebsvereinbarung bezieht sich u.a. ausdrücklich auch auf Serviceleiter, mithin eine Funktion, die der Mitarbeiter L. durch die Versetzung seit dem 01.03.2012 innehat. Damit haben die Betriebsparteien das aus ihrer Sicht Erforderliche geregelt, um der Mitbestimmungspflichtigkeit des „Anreizsystems und …. Zahlung variabler Vergütung“ Genüge zu tun (so die Präambel der Betriebsvereinbarung, vgl.: Bl. 21 d.A.). Dass der Mitarbeiter L. unter die Betriebsvereinbarung fällt ist ebenso unstrittig wie es keine Anhaltspunkte gibt, dass die Betriebsparteien sich vereinbarungswidrig verhalten würden.

Die Arbeitgeberin durfte angesichts dieser Umstände davon ausgehen, dass hinsichtlich der bereits zum 01.03.2012 vorgenommenen Versetzung des im Übrigen damals einzigen Bewerbers auf die Serviceleiterstelle der Betriebsrat mögliche Beanstandungen nicht mehr vorbringt und nach konsequenter „Umsetzung“ der gerichtlichen Entscheidung (zumindest ihres wesentlichen Gehalts -) – Mitbestimmungspflicht bei Prämienzahlungen – in Gestalt einer Betriebsvereinbarung über leistungsbezogene Vergütungsbestandteile nunmehr Jahre vor dieser Klärung auf betrieblicher Ebene vorgenommene personelle Maßnahmen nicht mehr in Frage stellt, obwohl dem Betriebsrat dies jedenfalls (mindestens) etwa zwei Jahre möglich war und kein Grund ersichtlich ist, der ihn daran gehindert haben könnte. Die Arbeitgeberin durfte sich darauf einstellen, dass die Besetzung der N. Serviceleiterstelle vom Betriebsrat nicht noch einmal zum Gegenstand einer betrieblichen und gerichtlichen Auseinandersetzung gemacht wird. Die Dispositionen, die sie im Hinblick auf diese vorliegend zulässige Annahme getroffen hat, bestehen gerade in der nun schon vierjährigen Besetzung der fraglichen Serviceleiterstelle (noch dazu im Einverständnis des Mitarbeiters). Das vom Betriebsrat derart verspätet aufgemachte weitere Feld der betrieblichen Auseinandersetzung musste im Hinblick auf die abgelaufene Zeit und die konkreten Umstände sowie das Verhalten der Beteiligten als abgeschlossen gelten, zumal die inzident gestellte Frage, ob Tantiemenzahlungen mitbestimmungspflichtig sind, offensichtlich für den Arbeitgeberbetrieb mit dem Beschluss in der Sache 7(6) BV 28/13 und der Betriebsvereinbarung vom 23.06.2015 beantwortet worden ist und es dazu nicht noch einmal eines erneuten Gerichtsverfahrens bedurfte. Es bleibt anzumerken, dass die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28.08.2007 (Aktenzeichen 1 ABR 70/06 -, a.a.O.) die prozessrechtliche Verwirkung deshalb verneint hatte, weil im dortigen Sachverhalt nicht ersichtlich war, weshalb sich die Arbeitgeberseite auch nach längerem Nichtgeltendmachen von Mitbestimmungsrechten nunmehr nicht auf eine Klärung des Bestehens eines Mitbestimmungsrechts einlassen sollte. Das ist erkennbar eine andere Ausgangslage als in dem hier zu entscheidenden Fall, in dem diese Klärungen zwischen den Betriebsparteien – auch mit Hilfe des Gerichts – erfolgt sind und für die Zukunft die Richtschnur des Verhaltens der Betriebsparteien bilden können.

Nach alledem waren sowohl der Haupt- als auch der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag aus denselben Gründen als unzulässig abzuweisen.

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