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Versorgungszusage Wartezeit und Altersgrenze – Gesellschafter-Nachhaftung

BAG, Az.: 3 AZR 1263/79

Urteil vom 03.05.1983

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin von den Beklagten als Gesamtschuldnern ein betriebliches Ruhegeld verlangen kann.

Die am 1. März 1905 geborene Klägerin war bei der Beklagten zu 1) in der Zeit vom 2. Dezember 1964 bis zum 31. Oktober 1975 als Arbeitnehmerin beschäftigt. Persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft waren anfangs die Beklagten zu 2) bis 4). Diese gründeten später die G Verwaltungs-GmbH, die Anfang 1974 anstelle der Beklagten zu 2) bis 4) als persönlich haftende Gesellschafterin in die Beklagte eintrat. Alleinige Gesellschafter der Komplementärin blieben bis zu deren Auflösung am 22. November 1976 die Beklagten zu 2) bis 4). Die Beklagte zu 1) hat Ende 1975 ihren Betrieb ohne vorhergehendes gerichtliches Vergleichs- oder Konkursverfahren eingestellt und befindet sich seit November 1976 in Liquidation.

Bei der Beklagten zu 1) bestand seit 1956 eine Unterstützungskasse in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, deren Zweck nach der Satzung in der Fassung vom 18. Juli 1961 darauf gerichtet war, den wegen Alters oder Berufsunfähigkeit verdienstvoll ausgeschiedenen Belegschaftsmitgliedern und deren Hinterbliebenen laufende Leistungen sowie den noch tätigen Mitarbeitern in Fällen der Not und Bedürftigkeit einmalige freiwillige Beihilfen zu gewähren. Nach einem Beschluß der Mitgliederversammlung vom 23. Juni 1964 sollten die Zuwendungen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt werden und bei einer Dienstzeit von 15 bis 39 Jahren 75,– DM sowie bei einer Dienstzeit von 40 und mehr Jahren 105,– DM vierteljährlich betragen. Die bisher an einige ausgeschiedene Mitarbeiter erbrachten Leistungen sollten eingestellt werden, da in diesen Fällen „die Mindestgrenze von 15 Jahren“ nicht erreicht war.

Nachdem der Vereinsvorsitzende den versammelten Mitgliedern am 3. April 1968 bei der Erstattung des Geschäftsberichts mitgeteilt hatte, der Beklagten zu 1) sei wegen ihrer angespannten wirtschaftlichen Lage eine Zuweisung an die Kasse nicht möglich gewesen, faßte die Mitgliederversammlung den folgenden Beschluß:

„Im Hinblick auf die angespannten Verhältnisse der Unterstützungskasse soll, um die Zahlungen nicht ganz ausfallen zu lassen, bis auf weiteres nur zweimal im Jahr (April und November) eine Zuwendung von 60,– DM je Zahlung gemacht werden.“

In dieser Höhe sind ausgeschiedenen Mitarbeitern bis Mitte 1975 Leistungen gewährt worden.

Am 22. November 1977 beschloß die Mitgliederversammlung die Auflösung der Unterstützungskasse und traf über die Verwertung des Vereinsvermögens in Höhe von 11.304,93 DM folgende Entscheidung: 34 ehemalige Belegschaftsmitglieder sollten für die Zeit von Juli 1975 bis einschließlich Dezember 1977 (= 30 Monate) eine monatliche Rente von 10,– DM in Gestalt einer Einmalzahlung von 300,– DM, zwei weitere ehemalige Arbeitnehmer für die Zeit vom 1. Januar 1976 bis zum 31. Dezember 1977 (= 24 Monate) den gleichen monatlichen Betrag von 10,– DM in Höhe einer Einmalzahlung von 240,– DM erhalten. Der verbleibende Rest sollte dem Deutschen Roten Kreuz als Anfallberechtigtem zugehen. Der Klägerin wurde im November oder Dezember 1977 die Summe von 300,– DM überwiesen.

Schon vorher war es zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) wegen restlicher Lohnansprüche für die Zeit von September bis Dezember 1975 zu einem Rechtsstreit gekommen. Dieser endete durch einen am 10. Oktober 1977 vor dem Arbeitsgericht geschlossenen Vergleich, wonach die Beklagte der Klägerin den Betrag von 3.131,12 DM nebst Zinsen in drei monatlichen Raten zu zahlen hatte. Damit sollten „alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien abgegolten“ sein.

Die Klägerin ist der Meinung, die Beklagten zu 1) bis 4) seien als Gesamtschuldner verpflichtet, ihr über den von der Unterstützungskasse gezahlten Betrag von 300,– DM hinaus ein betriebliches Ruhegeld zu gewähren. Sie hat beantragt, die Beklagten zu 1) bis 4) als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihr ab 1. Januar 1978 eine Betriebsrente in Höhe von 10,– DM monatlich zu zahlen.

Diesem Antrag hat sich der Pensions-Sicherungs-Verein angeschlossen, nachdem er dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin mit Schriftsatz vom 2. Februar 1978 beigetreten ist.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben bestritten, daß die Beklagte zu 1) der Klägerin eine Versorgungszusage erteilt habe. Ein Rentenanspruch stehe der Klägerin auch deswegen nicht zu, weil sie dem Betrieb der Beklagten zu 1) keine vollen 15 Jahre angehört habe. Auch sei einem Rentenanspruch der Klägerin die Ausgleichsklausel des am 10. Oktober 1977 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs entgegenzuhalten. Wenn auch Versorgungsansprüche im allgemeinen von einer Ausgleichsklausel nicht erfaßt würden, müsse die Rechtslage vorliegend doch anders beurteilt werden, weil ein Versorgungsanspruch der Klägerin wegen seines niedrigen Betrages keinen hohen Wert für die Sicherung des Lebensstandards darstelle. Schließlich seien mögliche Ansprüche der Klägerin verjährt. Eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2) bis 4) komme schon deshalb nicht in Betracht, weil diese mit der Umwandlung der Beklagten zu 1) Anfang 1974 als Komplementäre ausgeschieden seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ab 1978 eine jährliche Rente in Höhe von 87,60 DM zu zahlen, zur Hälfte fällig im April und November eines jeden Jahres. Gegen dieses Urteil haben beide Seiten Revision eingelegt. Die Beklagten verfolgen ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Mit ihren Anschlußrevisionen erstreben die Klägerin und der Streithelfer die Wiederherstellung des Urteils des Arbeitsgerichts.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten hat nur zu einem Teil Erfolg, die Anschlußrevisionen der Klägerin und des Streithelfers sind unbegründet.

A.

Die Beklagte zu 1) schuldet der Klägerin ab Dezember 1979 betriebliches Ruhegeld in Höhe von jährlich insgesamt 87,60 DM.

I. Die Klägerin hat von der Beklagten zu 1) eine Versorgungszusage im Sinne des § 1 BetrAVG erhalten. Diese Zusage sah in ihrer zuletzt maßgeblichen Fassung vor, daß die Unterstützungskasse der Beklagten nach Ablauf einer Wartezeit von 15 Jahren im April und im November eines jeden Jahres ein Ruhegeld in Höhe von jeweils 60,– DM zahlen werde.

1. Bei Beginn des Arbeitsverhältnisses der Klägerin am 2. Dezember 1964 bestand bei der Beklagten zu 1) eine Unterstützungskasse mit dem satzungsmäßigen Zweck, den wegen Alters oder Berufsunfähigkeit verdienstvoll ausgeschiedenen Mitarbeitern laufende freiwillige Zuwendungen („Beihilfen“) zu gewähren. Diesem Ziel diente der Beschluß der Mitgliederversammlung vom 23. Juni 1964, in dem die Beihilfegewährung von einer Mindestbetriebszugehörigkeit von 15 Jahren abhängig gemacht und die Leistungen nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt wurden. Die Höhe des Ruhegeldes ist später durch weiteren Beschluß der Mitgliederversammlung vom 3. April 1968 auf eine zweimalige Jahreszahlung in Höhe von je 60,– DM gesenkt worden.

Da keine weiteren Voraussetzungen als die ordnungsgemäße („verdienstvolle“) Vollendung einer bestimmten Dienstzeit verlangt wurden, gehörte die Klägerin vom Beginn ihres Arbeitsverhältnisses an zu dem Kreis der durch die Unterstützungskasse Begünstigten. Sie durfte damit rechnen, nach einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren im Versorgungsfall in den Genuß der vorgesehenen Rente zu kommen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, gilt damit eine Versorgungszusage seit Beginn des Arbeitsverhältnisses als erteilt (§ 1 Abs. 4 Satz 2, § 26 BetrAVG).

Diese Zusage ist der Beklagten zu 1) zuzurechnen; denn auch dann, wenn Leistungen der Altersversorgung durch eine Unterstützungskasse erbracht werden sollen, handelt es sich um eine Altersversorgung durch den Arbeitgeber, für die dieser eine Zusage im Sinne des § 1 BetrAVG erteilt hat (vgl. BAG 25, 194, 200 = AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen, zu B II 1 a der Gründe; Höhne in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, 2. Aufl., § 1 Rz 1, 45, 392; Höfer/Abt, BetrAVG, 2. Aufl., Arb.Gr. Rz 86, 87; Blomeyer, Anm. zu BAG AP Nr. 9 zu § 242 BGB Ruhegehalt- Unterstützungskassen).

Der in der Satzung der Unterstützungskasse festgelegte Ausschluß des Rechtsanspruchs und die Klarstellung, daß Leistungen nur freiwillig gewährt werden sollen, ist bei Unterstützungskassen die Regel und begründet lediglich das Recht zum Widerruf der zugesagten Leistungen nach billigem Ermessen (vgl. statt vieler BAG 32, 56, 61, 63, 65 = AP Nr. 9 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen, zu I 2 vor a, sowie zu I 3 vor a und zu 3 c der Gründe).

2. Die im Beschluß der Mitgliederversammlung vom 23. Juni 1964 enthaltene Klausel, wonach für die Gewährung von Beihilfen durch die Unterstützungskasse eine Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren („Mindestgrenze“) gefordert wurde, ist in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zunächst wurde hierdurch klargestellt, daß die Anwartschaft auf die Leistungen dann verfallen sollte, wenn der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausschied, bevor er eine Dienstzeit von 15 Jahren erreicht hatte. Weiter stellte die Regelung eine aufschiebende Bedingung für den Erwerb eines Versorgungsanspruchs auf: erst nach Erbringung einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren sollte im Versorgungsfall die Anwartschaft zum Vollrecht erstarken. Nach Inkrafttreten des Betriebsrentengesetzes verstieß die Verfallbarkeitsregelung gegen zwingendes Gesetzesrecht und mußte daher angepaßt werden. Die Versorgungsanwartschaft konnte nach einer Zusagedauer von 10 Jahren nicht mehr verlorengehen, gleichviel, ob das Arbeitsverhältnis bei der Beklagten zu 1) fortgesetzt wurde oder nicht (§ 1 Abs. 1 und Abs. 4 BetrAVG). Die aufschiebende Bedingung einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren als Voraussetzung eines Leistungsbezuges hat das Gesetz jedoch nicht verboten; eine derartige „Wartezeit“ ist nach wie vor zulässig, kann jedoch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden (§ 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG).

Eine Versorgungszusage wäre allerdings dann zu verneinen, wenn die Klägerin bei Aufnahme ihrer Tätigkeit für die Beklagte zu 1) nicht damit hätte rechnen können, die von der Versorgungsregelung geforderte Wartezeit von 15 Jahren bis zum Eintritt des Versorgungsfalles in den Diensten der Beklagten zu 1) zu erfüllen (vgl. BAG 29, 227, 231, 232 = AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG Wartezeit, zu I 2 b und zu I 3 b der Gründe). Immerhin war die am 1. März 1905 geborene Klägerin bei Begründung des Arbeitsverhältnisses am 2. Dezember 1964 bereits 59 Jahre alt und hätte zur Erreichung der Wartezeit bis über die Vollendung ihres 74. Lebensjahres hinaus in den Diensten der Beklagten zu 1) bleiben müssen. Die Versorgungsregelung legt jedoch keine bestimmte Altersgrenze fest, sie sagt deshalb nichts darüber aus, ob die Wartezeit bis zu einer solchen Grenze zurückzulegen sei. Da das geltende Arbeitsrecht keine vom Gesetz zwingend vorgeschriebene feste Altersgrenze kennt, muß die jeweilige Versorgungsregelung die Frage beantworten, wie es sich hiermit und mit möglichen Wartezeiten verhalten soll. Schweigt die Versorgungsregelung, so ist davon auszugehen, daß keine feste Altersgrenze und keine Begrenzung für die Erfüllung der Wartezeit vorgesehen sind. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die Klägerin, obwohl erst im Alter von 59 Jahren in den Betrieb der Beklagten zu 1) eingetreten, noch ein Ruhegeld erwarten konnte (vgl. BAG, Urteil vom 7. Juli 1977 – 3 AZR 422/76 – AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Wartezeit, zu 1 b der Gründe).

II. Der Anspruch der Klägerin erreicht jedoch nicht die volle Höhe der zugesagten Leistung, sondern ist auf einen Anteil von jeweils 43,80 DM (insgesamt 87,60 DM jährlich) begrenzt, weil die Klägerin im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zwar über eine unverfallbare Anwartschaft verfügte, die Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit aber statt möglicher 15 Jahre nur 10 Jahre und 11 Monate betrug. In Höhe dieses Anteils (131/180 Monate) stehen der Klägerin Leistungen ab Dezember 1979 zu. Schuldner des Versorgungsanspruchs ist die Beklagte zu 1).

1. Als das Arbeitsverhältnis der Parteien am 31. Oktober 1977 endete, war die Versorgungsanwartschaft der Klägerin zwar unverfallbar geworden (§ 1 Abs. 1 und Abs. 4 BetrAVG), die aufschiebende Bedingung einer Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren (Wartezeit) war jedoch noch nicht erfüllt. Daher konnte die Klägerin mit dem Eintritt in den Ruhestand noch keine Zahlung verlangen. Sie mußte das Ende der Wartefrist abwarten. Diese Frist, die durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht berührt wurde (§ 1 Abs. 1 Satz 4, Abs. 4 BetrAVG), lief am 1. Dezember 1979 ab. Erst danach waren alle Voraussetzungen für den versprochenen Rentenbezug erfüllt.

2.a) Die Klägerin kann nicht den vollen Betrag des zugesagten Ruhegeldes verlangen, sondern muß eine anteilige Kürzung ihres Anspruchs hinnehmen. Das folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 2 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 4 BetrAVG. An die Stelle der vom Gesetz bestimmten Höchstdauer der erwarteten Betriebszugehörigkeit (Vollendung des 65. Lebensjahres) tritt bei der vorliegenden Fallgestaltung zur Berechnung des Teilwertes der Rente der Zeitpunkt, zu dem der Versorgungsfall nach Ablauf der Wartezeit frühestens eintreten konnte (vgl. BAG, Urteil vom 7. Juli 1977 – 3 AZR 422/76 – AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Wartezeit, zu 3 der Gründe; zustimmend Weitnauer, zu II 2 der Anm. zu Nr. 1 – 3 zu § 1 BetrAVG Wartezeit; vgl. weiter Höfer/Abt, aaO, § 2 Rz 41, 42). Für die Klägerin gilt danach der 1. Dezember 1979 als maßgebender Stichtag für die Teilwertberechnung.

b) Rechnerisch ergibt sich für den anteiligen Rentenanspruch der Klägerin, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, auf Monate umgerechnet der Betrag von 7,30 DM. Maßgeblich für den Ruhegeldanspruch ist nicht mehr die von der Mitgliederversammlung am 23. Juni 1964 festgesetzte Zuwendungshöhe von 75,– DM vierteljährlich, sondern lediglich die von der Mitgliederversammlung vom 3. April 1968 beschlossene Höhe von (umgerechnet) 120,– DM jährlich (= 10,– DM monatlich). Auch darin ist dem Landesarbeitsgericht zu folgen.

Für die Kürzung des in Aussicht gestellten Ruhegeldes hat die Mitgliederversammlung sich auf die schlechte wirtschaftliche Lage der Beklagten zu 1) als ihres Trägerunternehmens berufen. Die Notwendigkeit zur Kürzung hat die Klägerin selbst anerkannt, indem sie ihren Klageantrag von Anfang an auf einen monatlichen Rentenbetrag von 10,– DM beschränkt und niemals bestritten hat, daß die behauptete schlechte wirtschaftliche Lage bei der Beklagten zu 1) bestanden habe. Soweit die Klägerin und der Streithelfer erstmals in der Revisionsinstanz zu der wirtschaftlichen Lage der Unterstützungskasse und der Beklagten zu 1) Stellung genommen haben, konnten sie damit nicht mehr gehört werden (§ 561 Abs. 2 ZPO).

c) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, die Beklagte zu 1) habe einen Rentenanspruch in Höhe von 10,– DM monatlich durch ihre Zahlung im November oder Dezember 1977 anerkannt. Die Entscheidung über die Zahlung an die Klägerin und weitere 34 ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) fiel am 22. November 1977 bei einer Mitgliederversammlung, die die Auflösung der Unterstützungskasse beschloß. Die Verteilung des damals vorhandenen Vermögens der Unterstützungskasse auf Anspruchsberechtigte geschah nicht zur Erfüllung einer Rechtspflicht oder als Anerkenntnis eines Zahlungsanspruchs. Vielmehr war Grund für die Ausschüttung die beschlossene Auflösung der Unterstützungskasse. Das zeigt besonders auch die Berechnung der für die Klägerin und für die anderen ehemaligen Arbeitnehmer ausgekehrten Beträge. Zugrunde gelegt wurde – auch für die Klägerin – der Zeitraum ab 1. Juli 1975, obwohl die Klägerin damals noch im Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 1) stand und noch keinen fälligen Anspruch auf Ruhegeld hatte.

3. Für das der Klägerin zustehende (anteilig gekürzte) Ruhegeld muß die Beklagte zu 1) einstehen.

Ein sachlich rechtfertigender Grund für die Einstellung der Versorgungsleistungen im November 1977 lag nicht vor. Das Landesarbeitsgericht hat hierzu festgestellt, die Beklagte zu 1) habe trotz entsprechender Auflagen nicht dargelegt, daß es ihr aus wirtschaftlichen Gründen unmöglich gewesen sei, die Unterstützungskasse finanziell weiterhin angemessen auszustatten. Diese von der Revision mit Verfahrensrügen nicht angegriffene Feststellung ist für den Senat bindend (§ 561 Abs. 2 ZPO).

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß das Trägerunternehmen nach der Rechtsprechung des Senats für die ausreichende Finanzierung ihrer Unterstützungskasse sorgen muß. Stellt der Arbeitgeber diese Mittel nicht bereit, hat er selbst für die Erfüllung einzutreten. Im Falle des wirtschaftlichen Unvermögens der Unterstützungskasse kann der Versorgungsberechtigte das Trägerunternehmen unmittelbar in Anspruch nehmen (vgl. BAG 32, 373, 380 f. = AP Nr. 10 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen, zu II 2 a der Gründe; BAG 32, 56, 66 f. = AP Nr. 9 aaO, zu II 2 b der Gründe). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

III. Der Anspruch der Klägerin wird durch die Ausgleichsklausel in dem gerichtlichen Vergleich vom 10. Oktober 1977 nicht berührt.

Die Parteien haben zur Beendigung eines über restliche Lohnansprüche der Klägerin geführten Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich geschlossen, der die Beklagte zu 1) zur Zahlung eines bestimmten Betrages verpflichtete und in dem es weiter heißt, damit seien alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien abgegolten. Bei diesem Vergleichsschluß brauchte die Klägerin nach Treu und Glauben nicht davon auszugehen, daß ihr damit alle Rechte aus ihrer – damals überhaupt nicht im Streit befindlichen – Versorgungszusage abgeschnitten werden sollten. Kennzeichnend für die Rechte aus der Versorgungszusage ist, daß sie erst nach Ablauf der ausbedungenen Wartezeit entstehen konnten. Ausgleichsklauseln sind hingegen regelmäßig dazu bestimmt, bereits entstandene überschaubare und streitige Ansprüche zu erledigen. Es wäre deshalb ungewöhnlich, wenn sich eine Ausgleichsklausel auch auf solche Ansprüche beziehen wollte, die erst in der Zukunft entstehen können, in ihrer Höhe noch ungewiß und gar nicht im Streit sind. Wenn auch solche Ansprüche in die Abrechnung der Parteien einbezogen und durch einen Verzicht des Arbeitnehmers erledigt werden sollen, muß das im Vertragswortlaut zum Ausdruck kommen (vgl. für das vergleichbare Problem der Karenzentschädigung: Urteil des Senats vom 20. Oktober 1981 – 3 AZR 1013/78 – AP Nr. 39 zu § 74 HGB, zu II 2 b der Gründe, mit weiterem Nachweis). Beides ist vorliegend nicht geschehen, so daß nicht davon gesprochen werden kann, die Klägerin habe auf ihre künftigen Versorgungsansprüche verzichtet.

B.

Die Beklagten zu 2) bis 4) haften für die Verpflichtungen der Beklagten zu 1), und zwar untereinander als Gesamtschuldner.

1. Die Komplementäre einer Kommanditgesellschaft müssen nach § 161 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 128 HGB für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen. Diese Haftung kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden (§ 128 Satz 2 HGB). Sie endet auch nicht ohne weiteres mit dem Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters oder mit der Umwandlung seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung in diejenige eines Kommanditisten oder GmbH-Gesellschafters. Vielmehr unterliegen die ausgeschiedenen Gesellschafter einer Personen-Handelsgesellschaft einer Nachhaftung für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die schon vor dem Ausscheiden bestanden (BAG Urteil vom 21. Juli 1977 – 3 AZR 189/76 – AP Nr. 1 zu § 128 HGB).

Die Beklagten zu 2) bis 4) waren bis Anfang 1974 persönlich haftende Gesellschafter der Kommanditgesellschaft, die die Klägerin mit einer Versorgungszusage eingestellt hat. Der Versorgungsanspruch der Klägerin war zwar aufschiebend bedingt, bestand jedoch bereits und verpflichtete insoweit auch die persönlich haftenden Gesellschafter. Die Umwandlung der Kommanditgesellschaft in eine GmbH und Co. KG, bei der die Beklagten zu 2) bis 4) nicht mehr als persönlich haftende Gesellschafter, sondern nur noch mittelbar als maßgebende Gesellschafter der Komplementär-GmbH die Geschicke des Unternehmens bestimmten, konnte deren Nachhaftung nicht ausschließen.

2. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Nachhaftung der Gesellschafter von Personen-Handelsgesellschaften nach ihrem Ausscheiden ist im Schrifttum auf lebhafte Ablehnung gestoßen. Den kritischen Einwänden kann sich der Senat nicht in allen Teilen verschließen. Er muß sie jedoch nicht im einzelnen würdigen, weil sie im vorliegenden Fall nicht zu einem anderen Ergebnis führen können.

a) Der Senat hält daran fest, daß § 613 a BGB keine gesetzgeberische Wertung enthält, aus der sich eine Begrenzung der Gesellschafter- Nachhaftung ableiten ließe. Dazu hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 21. Juli 1977 (AP Nr. 1 zu § 128 HGB, zu II 2 c) Stellung genommen. Der gegenteiligen Auffassung im Schrifttum kann sich der Senat nicht anschließen.

Vor allem ist es nicht richtig, daß durch das Ausscheiden eines Gesellschafters jede Personen-Handelsgesellschaft ihre Identität ändert, so daß deren Betrieb im Sinne von § 613 a BGB durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber überginge (so aber von Stebut, ZGR 1981, 183, 206). Diese Auffassung widerspricht § 124 HGB, der der Personen-Handelsgesellschaft eine zumindest relative rechtliche Selbständigkeit einräumt. Daraus folgt, daß die Identität der Gesellschaft von einem Gesellschafterwechsel unabhängig ist. Selbst wenn alle Gesellschafter ausscheiden und an ihre Stelle die Erwerber der Gesellschaftsanteile treten, ändert dies an der Identität der Gesellschaft nichts (BGHZ 44, 229, 231). Deshalb liegt ein Betriebsinhaberwechsel nicht vor.

Aber auch eine analoge Anwendung des § 613 a BGB auf die vorliegende Fallgestaltung ist nicht möglich. Insbesondere enthält die Regelung des Betriebsinhaberwechsels keine „normative Grundwertung“, die sich auf das Ausscheiden oder den Wechsel eines Gesellschafters übertragen ließe (anders Beitzke, SAE 1978, 119, 120; Herschel, Bl.f.St.Soz.u.ArbR 1979, 33, 34; Herminghausen, DB 1979, 1409, 1412; Steindorff/Roth, AR-Blattei „Juristische Personen: Entsch. 19“; Ulmer/Wiesner, ZHR, 1980, 393, 419). Vielmehr unterscheiden sich die regelungsbedürftigen Probleme und die betroffenen Interessen so wesentlich, daß eine normative Gleichstellung sachfremd erschiene.

§ 613 a BGB verfolgt drei Ziele mit einem in sich geschlossenen Regelungsgefüge: Erstens sollen die bestehenden Arbeitsplätze geschützt, zweitens die Kontinuität des amtierenden Betriebsrates gewährleistet und drittens die Haftung des alten und des neuen Arbeitgebers aufeinander abgestimmt werden (BAG 32, 326, 331 = AP Nr. 18 zu § 613 a BGB, zu II 2 der Gründe). Für den Gesetzgeber stand die Überlegung im Vordergrund, daß sich die Betriebsveräußerung weder auf den Bestand der Arbeitsplätze noch auf die Amtszeit der Betriebsräte auswirken dürfe. Zur Nachhaftung des Betriebsveräußerers heißt es in der Begründung des Regierungsentwurfs: „Die Vorschrift … regelt in Absatz 2 Satz 1 gleichzeitig die zur Sicherung der Ansprüche der Arbeitnehmer erforderliche Mithaftung des bisherigen Arbeitgebers über den Zeitpunkt des Betriebsübergangs hinaus …“ (BT-Drucksache VI/1786, S. 59). Der Gesetzgeber wollte den übernommenen Arbeitnehmern einen zusätzlichen Schuldner verschaffen, also die Haftungsmasse erweitern. Da die Arbeitnehmer einen neuen Arbeitgeber und einen zusätzlichen Schuldner erhielten, erschien die Enthaftung des Betriebsveräußerers nach einem Jahr sinnvoll. Ganz anders stellt sich die Interessenlage beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personen- Handelsgesellschaft dar. Hier ist der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers nicht unmittelbar gefährdet, eine betriebsbedingte Kündigung wäre nicht möglich. Auch wird die Haftungsmasse nicht zugunsten des Arbeitnehmers erweitert, so daß sich eine Korrektur in Form einer teilweisen Enthaftung erübrigt. Ein allgemeines Rechtsprinzip, daß der Verlust von Einflußmöglichkeiten auf das Betriebsgeschehen mit einer Haftungsbegrenzung verbunden sein müsse, ist § 613 a BGB nicht zu entnehmen (ebenso Wexel, BB 1981, 1401, 1405, zu III).

b) Hingegen ist zuzugeben, daß allgemeine Grundsätze des Gesellschaftsrechts zu einer zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung ausscheidender Gesellschafter führen könnten. § 159 HGB läßt immerhin erkennen, daß der Gesetzgeber ausscheidende Gesellschafter vor einer zeitlich unbegrenzten Nachhaftung schützen will. Allerdings berücksichtigt diese Verjährungsvorschrift nicht die besonderen Haftungsprobleme bei Dauerschuldverhältnissen. Deshalb wird im Schrifttum mit beachtlichen Argumenten die Auffassung vertreten, daß das Gesellschaftsrecht insoweit lückenhaft geregelt sei und von der Rechtsprechung ergänzt werden müsse (Reinhard, Gesellschaftsrecht, 1973 Rz 148; Heyn, NJW 1959, 923, 924; Ulmer/ Wiesner, ZHR 1980, 393, 399 ff.;; Wexel, BB 1981, 1401, 1405 ff. zu IV; Heinemann, Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters einer OHG aus Dauerschuldverhältnissen der OHG, Mainzer Diss. 1972, S. 101, 103; a.A. Hüffer, BB 1978, 454, 456). Das hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 21. Juli 1977 (3 AZR 189/76 – AP Nr. 1 zu § 128 HGB) nicht hinreichend berücksichtigt.

c) Im vorliegenden Fall muß die Frage der Nachhaftung ausscheidender Gesellschafter nicht abschließend geklärt werden. Eine Haftungsbegrenzung kommt jedenfalls nur dann in Betracht, wenn der ausscheidende Gesellschafter die Verbindung zu der Personen-Handelsgesellschaft und deren unternehmerischen Entscheidungen verloren hat. Nur dann kann es unzumutbar erscheinen, den ausgeschiedenen Gesellschafter zeitlich unbegrenzt das Unternehmerrisiko mittragen zu lassen, soweit es um die Haftung für bereits entstandene Ansprüche geht. Aber im vorliegenden Fall haben sich die Beklagten zu 2) bis 4) keineswegs von der Beklagten zu 1) vollkommen getrennt. Sie haben lediglich ihre Stellung im Unternehmen gesellschaftsrechtlich umgestaltet. Als Alleingesellschafter der Komplementär-GmbH und teilweise als Geschäftsführer blieb ihr Einfluß auf die Geschicke des Unternehmens ungeschmälert. Bei einer solchen Fallgestaltung besteht kein Anlaß, im Wege der Rechtsfortbildung zeitliche Grenzen der Nachhaftung zu entwickeln. Von einem Ausscheiden kann in Wahrheit nicht gesprochen werden. Deshalb hat der Bundesgerichtshof in einem vergleichbaren Fall sogar die gesetzliche Sonderverjährung des § 159 HGB abgelehnt (Urteil vom 22. September 1980 – II ZR 204/79 – NJW 1981, 175 f.). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

3. Bei der Fassung des Tenors war zu berücksichtigen, daß die Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft zwar für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einstehen müssen, daß jedoch insoweit kein echtes Gesamtschuldverhältnis besteht (BAG AP Nr. 145 zu § 242 BGB Ruhegehalt; BGHZ 47, 376, 378 f.). Im Verhältnis untereinander sind die Beklagten zu 2) bis 4) hingegen als Gesamtschuldner zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung gilt auch hinsichtlich des PSV als Streitgenossen der Klägerin (§ 100 ZPO).

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