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Wartezeitkündigung – Beginn eines Arbeitsverhältnisses

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 6 Sa 242/19 – Urteil vom 18.02.2020

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. April 2019 – 4 Ca 971/18 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten gegenüber dem Kläger, hierbei insbesondere darüber, wann das Arbeitsverhältnis der Parteien begonnen und ob die Beklagte die Kündigung noch während einer vereinbarten Probezeit ausgesprochen hat.

Die Beklagte, die dem Deutschen Caritasverband angeschlossen und bei der auf der Grundlage der MAVO Trier eine Mitarbeitervertretung gebildet ist, betreibt in Z-Stadt, Y-Stadt und X-Stadt Krankenhäuser mit jeweils mehr als zehn Vollzeitbeschäftigten mit Ausnahme der Auszubildenden.

Der 1954 geborene, verheiratete und drei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger nahm am 16. August 2017 in der Klinik der Beklagten W-Stadt ein Vorstellungsgespräch wahr, an dem neben ihm auf Beklagtenseite jedenfalls der Chefarzt Allgemein- und Viszeralchirurgie Prof. Dr. V. teilgenommen hat. Ob für die Beklagte weiter anwesend war der Leiter der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie Dr. U. – so der Kläger – oder der Leitende Arzt Zentrum für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. T., wie die Beklagte behauptet, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie der Inhalt des Gesprächs.

Die Parteien haben unter dem Datum des 18. August 2017 einen schriftlichen Dienstvertrag (Bl. 20 ff. d. A.; im Folgenden: DienstV) vereinbart, der auszugsweise folgenden Inhalt hat:

㤠1

Der Mitarbeiter wird ab 01.10.2017 als Facharzt in Z-Stadt, X-Stadt und X-Stadt eingestellt

§ 2

Für das Dienstverhältnis gelten die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes“ (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung.

§ 3

Das Dienstverhältnis wird bis zum 30.09.2019 befristet und endet zu diesem Zeitpunkt, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Unabhängig davon ist das Dienstverhältnis für beide Parteien vor Ablauf der vereinbarten Dauer gemäß § 14 Abs. 1 AVR ordentlich kündbar.

Grund der Befristung: Gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit– und Befristungsgesetz

Die Zeit bis zum 31.03.2018 gilt als Probezeit.

§ 10

Der Einsatz erfolgt ausschließlich im Bereitschaftsdienst mit ca. 6 – 7 Diensten monatlich.

§ 11

Weitere Vereinbarungen bestehen nicht. Spätere Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform unter Bezugnahme auf diesen Vertrag.“

Vor Abschluss des DienstV hat die Beklagte die bei ihr gebildete Mitarbeitervertretung mit Mitteilungsbogen vom 18. August 2017 (Bl. 90 d. A.) zur beabsichtigten Einstellung des Klägers angehört. Die Mitarbeitervertretung hat ausweislich der Unterschrift ihres Vorsitzenden auf dem Mitteilungsbogen vom 24. August 2017 der Einstellung zugestimmt.

Der Kläger hat seine Tätigkeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst bei der Beklagten am 01. Oktober 2017 aufgenommen und hierfür eine monatliche Bruttovergütung von 6.800,00 Euro brutto erhalten. Am 16. November 2017 haben die Parteien den Arbeitsvertrag auf eine Teilzeitbeschäftigung mit 30 % der regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit geändert. Ab 14. März 2018 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit vom kaufmännischem Direktor S. und dem Personalleiter der Beklagten R. unterzeichneten Schreiben vom 14. März 2018 (Bl. 4 d. A), dem Kläger nach Aufgabe zur Post am Vortag am 27. März 2018 zugegangen, unter der Überschrift „Probezeitkündigung“ fristgerecht zum 30. April 2018 und teilte zugleich mit, die Mitarbeitervertretung über die Kündigung informiert zu haben.

Der Kläger hat am 3. April 2018 beim Arbeitsgericht Koblenz Kündigungsschutzklage erhoben, welche der Beklagten am 12. April 2018 zugestellt worden ist.

Er hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, entgegen der Niederschrift im Arbeitsvertrag habe das Arbeitsverhältnis bereits mit dem 1. September 2017 begonnen und daher bei Zugang der Kündigung länger als sechs Monate bestanden. Er habe sich bei der Beklagten als Facharzt für Chirurgie auf eine normale Stelle vorgestellt. Im Rahmen des Vorstellungsgesprächs vom 16. August 2017, welches beklagtenseits von Herrn Prof. Dr. V. und Herrn Dr. U. geführt worden sei, habe man ihm mitgeteilt, eine Facharztstelle sei derzeit nicht zu besetzen, möglicherweise demnächst, er solle zunächst im Rahmen des fachübergreifenden chirurgischen Bereitschaftsdienstes eingeteilt werden, man benötige jemanden ab sofort. Nach seiner Mitteilung, dass er derzeit arbeitslos sei, seien die beiden Gesprächspartner sehr erfreut gewesen, dass man seine Arbeitskraft ohne Kündigungsfrist sofort habe annehmen können. Man habe ihm gesagt, er solle sich ab dem 1. September 2017 für entsprechende Dienste bereithalten. Noch auf der Heimfahrt mit dem Zug habe ihn die für die Dienstplaneinteilung zuständige Zeugin Q. angerufen und ihm mitgeteilt, dass er für den Monat September 2017 im Dienstplan berücksichtigt werde (Zeugnis Q.). Ca. 1,5 Stunden später, ebenfalls noch auf der Rückfahrt, habe ihn der Personalleiter R. angerufen, ihm zur Anstellung gratuliert und gesagt, er solle sich ab 01. September 2017 bereithalten. Während eines dritten Anrufs im Zug habe eine ihm nicht namentlich bekannte und von der Beklagten zu benennende Mitarbeiterin aus dem Krankenhaus Z-Stadt angerufen, die für die Dienstplaneinteilung zuständig sei, und habe ihm mitgeteilt, dass er für den 18. August 2017 in Z-Stadt zum Dienst eingeteilt sei (Zeugnis NN). Am 17. August 2018 habe ihn die Zeugin P., die das Stellengesuch der Beklagten als Vermittlerin an ihn herangetragen habe, per E-Mail benachrichtigt, dass der Personalleiter R. ihr soeben mitgeteilt habe, dass er erst zum 01. Oktober 2017 eingestellt werden solle, da der Dienstplan für September wohl schon stehe. Damit seien die Essentialia negotii für den nicht notwendig schriftlich abzuschließenden Arbeitsvertrag vereinbart worden. Der nachträglich vereinbarte Arbeitsvertrag, der ihm einige Wochen nach dem 18. August 2017 zugeschickt worden sei, sei unschädlich, da er nur rechtsbezeugende, nicht aber rechtsbegründende Wirkung habe. Der Kläger hat erstinstanzlich die Beteiligung des Betriebsrats gerügt. Dem unleserlichen Eingangsstempel, des von der Beklagten im Rechtsstreit vorgelegten Anhörungsbogens (Bl. 76 d. A.) lasse sich nicht entnehmen, wer diesen entgegengenommen habe, so dass dessen Zugang bestritten bleibe. Im Übrigen genüge die Kündigungsmitteilung angesichts des Bestandes des Beschäftigungsverhältnisses über sechs Monate inhaltlich nicht; der Betriebsrat sei nicht einmal über den Beginn des Arbeitsverhältnisses informiert worden. Schließlich sei das Kündigungsschreiben schon am 14. März 2018 und damit vor der Anhörung unterzeichnet worden. Die Kündigung sei zudem wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot unwirksam, weil sie eine Reaktion auf seine Arbeitsunfähigkeit mit stationärer Einlieferung in der Klinik der Beklagten ab dem 14. März 2018 gewesen sei. Er sei entgegen der pauschalen und nahezu verleumderischen Behauptung der Beklagten nicht mit seiner Tätigkeit überfordert gewesen. Der Zeuge V. habe ihn vielmehr schikaniert.

Der Kläger hat zuletzt – nach Teilklagerücknahme in Bezug auf einen Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses – beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 14. März 2018, dem Kläger zugestellt am 27. März 2018, nicht aufgelöst werden wird, sondern zu im Übrigen unveränderten Bedingungen fortbesteht,

2. die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu im Übrigen unveränderten Bedingungen über den 30. April 2018 hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Facharzt für Chirurgie weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage wird abgewiesen.

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, es gebe keinen von der schriftlichen Vereinbarung abweichenden Vertragsschluss. Im von den Zeugen Dr. V. und Dr. T. geführten Vorstellungsgespräch sei keinesfalls ein konkreter Tag für einen abzuleistenden Dienst benannt worden, insbesondere nicht der 18. August 2017; es sei lediglich vereinbart worden, dass die Zeugin Q. mit dem Kläger Kontakt aufnehmen werde, wann er eingeteilt werde und dass der Kläger von der Personalabteilung kontaktiert werde zwecks Ausgestaltung des Vertrages. Die Zeugin Q. habe dem Kläger dann telefonisch – ohne konkrete Termine zu benennen – mitgeteilt, dass er generell für Bereitschaftsdienste eingeteilt werden könne, sobald der Vertrag geschlossen sei. Der Zeuge R. habe dem Kläger telefonisch die mündliche Zusage zum 01. Oktober 2017 erteilt. Gegenüber der Vermittlerin P. habe er mitgeteilt, dass eine Einteilung erst im Oktober möglich sei, da im September bereits alle Dienste besetzt seien. Über konkrete Daten sei auch hier nicht gesprochen worden. Das angebliche dritte Telefonat sei nicht erklärlich. Nachdem der Kläger medizinisch und physisch sichtlich überfordert gewesen sei, habe man die Bereitschaftsdienste auf drei bis vier reduziert, woraufhin sich die Qualität der Dienste jedoch nicht gebessert habe. Über eine Erkrankung sei dem Chefarzt nichts bekannt gewesen, zumal der Kläger in Z-Stadt eingeliefert worden sei. Sie habe die Mitarbeitervertretung mit Schreiben vom 14. März 2018 (Bl. 76 d. A) über den beabsichtigten Ausspruch der Probezeitkündigung gegenüber dem Kläger informiert, was angesichts des Bestandes des Beschäftigungsverhältnisses unter 6 Monaten gemäß § 34 MAVO Trier (= § 30 MAVO) genüge. Die Kündigungsmitteilung sei ausweislich des Eingangsstempels am 16. März 2018 bei der Mitarbeitervertretung eingegangen (Zeugnis des Mitarbeitervertretungsvorsitzenden N.). Das Einstellungsdatum des Klägers sei der Mitarbeitervertretung bereits aus dem Anhörungsbogen zur Einstellung des Klägers vom 18. August 2017 (Bl. 90 d. A.) bekannt gewesen.

Das Arbeitsgericht hat zur Behauptung des Klägers, ihm sei im Vorstellungsgespräch vom 16. August 2017 gesagt worden, er solle sich zum 01. September 2017 bereithalten und das Arbeitsverhältnis sei begründet, sowie zur gleichfalls sinngemäßen Mitteilung des Zeugen R. im Telefonat am 16. August 2017 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Prof. Dr. V., Dr. U. und R.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 17. April 2019 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 17. April 2019 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei durch die Probezeitkündigung mit Ablauf des 30. April 2018 aufgelöst worden, da sie dem Kläger noch vor Ablauf der am 31. März 2018 endenden sechsmonatigen Wartezeit iSd. § 1 Abs. 1 KSchG zugegangen sei. Kündigungsgründe nach § 1 Abs. 2 KSchG hätten mangels Anwendbarkeit des KSchG nicht vorliegen müssen. Das Arbeitsverhältnis sei zum 01. Oktober 2017 begründet worden, wie im Arbeitsvertrag vom 18. August 2017 vereinbart. Die vom Kläger bestrittene Behauptung, zuvor mit der Beklagten einen Beginn bereits zum 01. September 2017 vereinbart zu haben, habe sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt. Auch wenn es dem Klägervertreter gelungen sei, die Glaubwürdigkeit seiner Zeugen durch geschicktes Nachfragen zu erschüttern, nachdem diese sich auch in Widersprüche verstrickt und auf Erinnerungslücken berufen hätten, habe das auf sich beruhen können, weil die Zeugen den klägerischen Vortrag nicht bestätigt hätten. Die Zeugin Q. habe aus Rechtsgründen schon nicht vernommen werden müssen, da der Kläger selbst schon nicht behaupte, dass diese rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht für die Beklagte zur Einstellung gehabt habe, was auch der Personalleiter R. in der mündlichen Verhandlung in Abrede gestellt habe. Auch durch tatsächliches bzw. schlüssiges Verhalten des Klägers sei das Arbeitsverhältnis nicht vor dem 01. Oktober 2017 begründet worden, da der Kläger vor diesem Zeitpunkt keine Arbeitsleistung erbracht habe. Schließlich sprächen auch Rechtsgründe gegen die Auffassung des Klägers, da der Beginn des nicht in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses frei vereinbar sei, so dass der Eintrittstermin in die weitere Zukunft habe verschoben werden können. Daher müsse noch begründet werden, warum eine etwaige Vereinbarung zum 01. September 2017 wie vom Kläger behauptet nicht durch den nachfolgenden und nach Zeitkollisionsregel vorangegangene Abmachungen ersetzenden schriftlichen Vertrag vom 18. August 2017 geändert worden sein solle. Die Mitarbeitervertretung sei rechtzeitig vor Ausspruch der Kündigung beteiligt worden. Der schwer leserliche Eingangsstempel enthalte die zwar kaum leserliche, jedoch dem Betriebsratsvorsitzenden N. aufgrund einer markanten Wellenlinie nebst „ö“ zuzuordnende Unterschrift, wie sie unstreitig auch auf dem Einstellungsbogen enthalten sei. Einer Mitteilung der Kündigungsründe habe es nach § 34 MAVO Trier nicht bedurft; das Eintrittsdatum des Klägers sei der Mitarbeitervertretung aus dem Einstellungsbogen bekannt gewesen. Das Kündigungsschreiben sei der Mitarbeitervertretung auch erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens zugegangen. Den vorgelegten Unterlagen sei der Kläger inhaltlich nicht mehr entgegengetreten, sein pauschales Bestreiten nach § 138 Abs. 2 ZPO unerheblich. Die Kündigung sei auch nicht nach § 612a BGB unwirksam, da für eine Anwendung des Maßregelungsverbots mangels Rechtsausübung durch Erkrankung des Klägers kein Raum sei. Angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei auch der Weiterbeschäftigungsantrag unbegründet. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 128 ff. d. A. verwiesen.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 04. Juni 2019 zugestellte Urteil mit am gleichen Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz von 01. Juli 2019 Berufung eingelegt und diese innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 21. August 2019, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begründet.

Der Kläger trägt zweitinstanzlich nach Maßgabe seiner Berufungsbegründungsschrift vom 21. August 2019 hinsichtlich deren weiteren Inhaltes auf Bl. 164 f. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, im Wesentlichen vor, er halte – unter Wiederholung seines diesbezüglichen erstinstanzlichen Vortrags – seine Rüge aufrecht, dass die Mitarbeitervertretung im Rahmen der Kündigung nicht beteiligt worden sei. Die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot. Das erstinstanzliche Urteil könne keinen Bestand haben. Das Arbeitsgericht sei im Wesentlichen nach Beweiswürdigung und durchgeführter Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger den von ihm behaupteten Arbeitsbeginn ab dem 01. September 2017 nicht bewiesen habe. Dabei sei es dem klägerischen Beweisantritt durch Vernehmung der für die Dienstplaneinteilung zuständigen Zeugin Q. nicht nachgekommen, was es vor dem Hintergrund der Beweisaufnahme habe tun müssen. Es sei schon merkwürdig gewesen, dass der Zeuge U. bedeutet habe, dass er an dem Gespräch nicht teilgenommen habe, ohne auf konkrete Nachfrage plausibel sagen zu können, wo er genau gewesen sei. Auch der Zeuge Prof. V. habe sich verstrickt, da er sich mehr als eindeutig an gewisse Dinge nicht habe erinnern wollen, sich aber dann sicher gewesen sei, Zusagen über den Beginn des Arbeitsverhältnisses sofort ausschließen zu können. Da er ausgesagt habe, die Dienstplangestaltung habe fachübergreifend die Zeugin Q. koordiniert, die den Kläger deswegen habe anrufen sollen und diese den Kläger tatsächlich angerufen und ihm eine Aufnahme in den Dienstplan September 2017 bedeutet habe, sei es faktisch so, dass die Zeugin Q. darüber befunden habe, wann das Dienstverhältnis beginnen solle. Es werde ausdrücklich bestritten, dass deren Aussage, dass das Beschäftigungsverhältnis ab September 2017 beginne, im vorliegenden Kontext der Suche von Ärzten für den Bereitschaftsdienst ab sofort angesichts der Arbeitslosigkeit des Klägers rechtlich keine Konsequenz habe. Bei einer erneuten Beweisaufnahme sei dann auch die Frage zu klären, auf wessen Veranlassung die Zeugin Q. das Telefonat mit dem Kläger gesucht habe und ob dies möglicherweise durch Herrn Dr. U. erfolgt sei.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17. April 2019 – 4 Ca 971/18 – wird abgeändert.

2. a) es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 14. März 2018 nicht aufgelöst worden ist.

b) die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu im Übrigen unveränderten Bedingungen über den 30. April 2018 hinaus zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Facharzt für Chirurgie weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das vom Kläger angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 24. September 2019, auf die Bezug genommen wird (Bl. 183 ff. d. A.), zweitinstanzlich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags im Wesentlichen wie folgt,

das Arbeitsgericht sei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass das Arbeitsverhältnis nicht vor dem 01. Oktober 2017 begonnen habe. Die gegenteilige Behauptung des Klägers habe in der Beweisaufnahme nicht bestätigt werden können. Der Zeuge Dr. U. habe – vom Zeugen Prof. V. bestätigt – eindeutig ausgesagt, aufgrund seiner 80 %-Stelle mittwochs idR abwesend zu sein und daher am an einem Mittwoch stattgefundenen Vorstellungsgespräch nicht teilgenommen zu haben. Der Zeuge Prof. V. habe eindeutig erklärt, keine Zusage zu einem bestimmten Dienstbeginn getätigt zu haben. Der Personalleiter R. habe ebenfalls eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass er gegenüber dem Kläger keine frühere Zusage als den auch im schriftlichen Arbeitsvertrag von ihm festgehaltenen Beginn am 01. Oktober 2017 getätigt zu haben. Hierzu sei es gekommen, weil eine Nachfrage bei der – vom Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt – über keine Einstellungskompetenzen verfügenden Zeugin Q. ergeben habe, dass Bedarf ab Oktober bestehe. Zu Recht habe das Arbeitsgericht aus Rechtsgründen von einer Vernehmung der Zeugin Q. abgesehen. Die Mitarbeitervertretung sei ordnungsgemäß vor Ausspruch der nach Abschluss des Anhörungsverfahrens zur Zustellung gegebenen Kündigung angehört worden. Eine Maßregelung habe es nicht gegeben.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 04. Juni 2019 mit am 01. Juli 2019 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 519 ZPO) und mit Schriftsatz vom 21. August 2019, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, rechtzeitig begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, § 64 Abs. 6 ArbGG). Die Berufungskammer geht davon aus, dass der Kläger die Berufung auch ordnungsgemäß iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO begründet hat, obwohl er im Wesentlichen nur geltend gemacht hat, das Arbeitsgericht habe anlässlich der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme auch die von ihm benannten Zeugin Q. vernehmen müssen. Zwar muss die Berufungsbegründung dann, wenn das erstinstanzliche Gericht seine Entscheidung hinsichtlich eines Streitgegenstands auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt hat, das Urteil in allen diesen Punkten angreifen und für jede der rechtlichen oder tatsächlichen Erwägungen darlegen, warum sie nach Auffassung des Berufungsführers die Entscheidung nicht rechtfertigt; andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig, da der Angriff gegen eine der Begründungen nicht ausreicht, um die Entscheidung insgesamt in Frage zu stellen (BAG 26. April 2017 – 10 AZR 275/16 – Rn. 13 f., mwN zitiert nach juris). Vorliegend kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass das Arbeitsgericht seine Entscheidung auf mehrere selbstständig tragende Gründe stützen wollte. Es hat seine Entscheidung zur Nichterfüllung der Wartezeit gemäß § 1 Abs. 1 KSchG in erster Linie damit begründet, dass die Behauptung des Klägers zu einem Beginn des Arbeitsverhältnisses bereits zum 01. September 2017 sich in der Beweisaufnahme nicht bestätigt habe. Lediglich ergänzend hat es hierbei Ausführungen zur freien Vereinbarkeit des Beginns eines nicht in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnisses durch nachträgliche Vereinbarung gemacht. Angesichts der erstinstanzlichen Formulierungen ist vom Vorliegen mehrerer selbstständig tragender Gründe daher nicht auszugehen. Vor diesem Hintergrund ist es unschädlich, dass der Kläger in seiner Berufungsbegründung die Wertung des Arbeitsgerichts, der nachträgliche Abschluss des Arbeitsvertrages vom 18. August 2017 stehe einem Beginn des Arbeitsverhältnisses bereits zum 01. September 2017 bereits aus Rechtsgründen entgegen, nicht angegriffen hat. Auch kann dahinstehen, dass der Kläger hinsichtlich der Unwirksamkeit der Kündigung wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung der Mitarbeitervertretung lediglich seinen erstinstanzlichen Vortrag wiederholt hat, ohne sich mit den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts zu befassen, was für sich alleine für eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung nicht ausgereicht hätte.

II. Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht ist im Ergebnis und in Teilen der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. März 2018, dem Kläger zugegangen am 27. März 2018, unter Einhaltung der einmonatigen Kündigungsfrist des kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anwendbaren § 14 Abs. 2 der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) das Arbeitsverhältnis mit dem 30. April 2018 beendet hat. Ein Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung kommt vor diesem Hintergrund nicht in Betracht. Die Berufung des Klägers gegen die klageabweisende erstinstanzliche Entscheidung war zurückzuweisen.

1. Die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14. März 2018 ist nicht auf ihre soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG zu überprüfen, da die sechsmonatige Wartezeit nach § 1 Abs.1 KSchG bei Kündigungszugang am 27. März 2018 nicht erfüllt war. Das Arbeitsverhältnis hat erst am 01. Oktober 2017 begonnen.

1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG bedarf die Kündigung gegenüber einem Arbeitnehmer zu ihrer Rechtswirksamkeit der sozialen Rechtfertigung, wenn dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat. Seit der Änderung der Bestimmung durch das Erste Arbeitsrechtsbereinigungsgesetz vom 14. August 1969 (BGBl. I S. 1106) ist der allgemeine Kündigungsschutz nicht mehr an die tatsächliche Beschäftigung, sondern allein an den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses geknüpft; der Zweck einer Erprobung des Arbeitnehmers steht nicht mehr uneingeschränkt im Vordergrund (BAG 24. Oktober 2013 – 2 AZR 1057/12 – Rn. 29 mwN, zitiert nach juris). Für den Beginn der Wartezeit ist der Zeitpunkt maßgebend, von dem ab die Arbeitsvertragsparteien ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten begründen wollen (BAG 27. Juni 2002 – 2 AZR 382/01 – Rn. 34, zitiert nach juris). Im Regelfall wird dies der Zeitpunkt sein, in dem der Arbeitnehmer nach der vertraglichen Vereinbarung seine Arbeit aufnehmen soll; er ist dann nicht maßgebend, wenn der rechtliche Beginn des Arbeitsverhältnisses und der Termin der vereinbarten Arbeitsaufnahme nach dem übereinstimmenden Willen der Parteien auseinanderfallen, dies ist anzunehmen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich darin einig sind, dass gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Zeitspanne liegen soll, in der der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit verpflichtet ist, daran kann ein beiderseitiges Interesse bestehen, wenn zwar noch nicht die Verpflichtung zur Arbeitsleistung, wohl aber andere mit dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses verbundene Rechte und Pflichten – etwa ein Wettbewerbsverbot oder Rücksichtnahme-, Schutz- und Obhutspflichten aus § 241 Abs. 2 BGB – bereits entstehen sollen (BAG 24. Oktober 2013 – 2 AZR 1057/12 – Rn. 31 f. mwN, zitiert nach juris).

1.2. Gemessen hieran hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien erst zum 01. Oktober 2017 begonnen hat. Hierbei kann zu Gunsten des Klägers unterstellt werden, dass seine Behauptungen zu den Äußerungen der Zeugen Prof. Dr. V. und Dr. U. im Vorstellungsgespräch vom 16. August 2017 und der Zeugin Q., des Zeugen R. und einer weiteren, namentlich nicht benannten Zeugin während seiner Heimfahrt nach dem Vorstellungsgespräch mit dem Zug der Wahrheit entsprechen. Auch in diesem Fall haben sich die Parteien zumindest zuletzt auf den Beginn des Arbeitsverhältnisses erst zum 01. Oktober 2017 geeinigt.

a) Nimmt man an, dass der Vortrag des Klägers zum Verlauf des Vorstellungsgesprächs und der Abläufe danach vollumfänglich zutreffend ist, bestehen bereits Bedenken, ob von einer mündlichen Einigung der Parteien auf einen Beginn des Arbeitsverhältnisses bereits zum 01. September 2017 auszugehen ist. Zwar hätten dann der Chefarzt Allgemein- und Viszeralchirurgie Prof. Dr. V. und der Leiter der Abteilung Allgemein- und Viszeralchirurgie Dr. U. am 16. August 2017 aufgrund bestehenden Beschäftigungsbedarfs ein Interesse am Beginn der Tätigkeit des Klägers bekundet, der Personalleiter R. hätte eine Einstellung zum 01. September 2017 bestätigt und die für die Bereitschaftsdiensteinteilung zuständige Assistenzärztin Q. hätte eine Einteilung des Klägers im Bereitschaftsdienstplan für September 2017 in Aussicht gestellt. Weiter hätte jedoch aufgrund des Gesprächs mit einer Mitarbeiterin des Krankenhauses Z-Stadt eine Beschäftigungsaufnahme schon am 18. August 2017 erfolgen sollen, was zum zuvor in Aussicht genommenen Dienstbeginn des Klägers zum 01. September 2017 in Widerspruch gestanden hätte. Tatsächlich kam es letztlich weder zu einer Dienstaufnahme am 18. August 2017, noch am 01. September 2017. Nachdem der Kläger als Facharzt in den Kliniken der Beklagten tätig werden sollte, die Beschäftigung von Fachärzten in Krankenhäusern ohne schriftlichen Arbeitsvertrag in der Branche eher unüblich sein dürfte und zudem in Kliniken in kirchlicher Trägerschaft wie der Beklagten regelmäßig eine vorab zu beteiligende Mitarbeitervertretung gebildet ist, spricht nach Auffassung der Berufungskammer vieles dafür, dass die vom Kläger behaupteten – zudem widersprüchlichen – Äußerungen der Mitarbeiter der Beklagten zum Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme noch im Stadium der Vertragsanbahnung getätigt worden sind.

b) Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausgeht, dass die Parteien zunächst als Beginn des Arbeitsverhältnisses den 01. September 2017 vereinbart haben, haben sie den Beschäftigungsbeginn durch den vom 18. August 2017 datierenden schriftlichen Arbeitsvertrag, den der Kläger nach eigenen Angaben einige Wochen danach unterzeichnet hat, jedenfalls nachträglich auf den 01. Oktober 2017 abgeändert. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers hat die Zeugin P., die dem Kläger den Kontakt zur Beklagten zum Zwecke einer Honorarbeschäftigung vermittelt hat, dem Kläger bereits mit E-Mail vom 17. August 2017 zur Kenntnis gebracht, dass er nach Mitteilung des Personalleiters R. erst zum 01. Oktober 2017 eingestellt werden solle, da der Dienstplan für September wohl schon stehe. Dieses geänderte Vertragsangebot hat die Beklagte dem Kläger – bei einer unterstellten vorherigen Einigung auf einen Beschäftigungsbeginn am 01. September 2017 – mit dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 18. August 2017 unterbreitet und der Kläger, der nicht in Abrede stellt, diesen Vertrag vor dem 01. Oktober 2017 unterzeichnet zu haben, hat das geänderte Angebot durch seine Unterschrift angenommen (§§ 145, 147 BGB). Ob er sich bei Vertragsunterzeichnung – ohne dies gegenüber der Beklagten offen zu legen – vorbehalten wollte, am Beschäftigungsbeginn zum 01. September 2017 festzuhalten, ist unerheblich. Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen (§ 116 Satz 1 BGB). Die Parteien haben den geänderten Vertrag auch umgesetzt, da der Kläger seine Tätigkeit bei der Beklagten erst zum 01. Oktober 2017 aufgenommen hat, ohne seine Arbeitsleistung zuvor anzubieten oder die Beklagte zumindest aufzufordern, ihn bereits vor diesem Zeitpunkt zu Bereitschaftsdiensten einzuteilen. Anhaltspunkte dafür, dass der Beginn des Arbeitsverhältnisses und der Termin der zuletzt für den 01. Oktober 2017 vereinbarten Arbeitsaufnahme auseinanderfallen sollten, bestehen nicht, nachdem die Beklagte den Kläger über die als Vermittlerin tätige Zeugin P. gerade darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass ein früheres Beschäftigungsbedürfnis für den Kläger aufgrund des bereits feststehenden Bereitschaftsdienstplans für September 2017 nun doch nicht bestehe und der Kläger nicht zu erkennen gegeben hat, auf dem früheren Vertragsbeginn trotz der nach hinten verschobenen tatsächlichen Tätigkeitsaufnahme beharren zu wollen.

2. Die Kündigung ist nicht wegen fehlerhafter Beteiligung der bei der Beklagten gebildeten Mitarbeitervertretung gemäß § 30 Abs. 5 Ordnung für Mitarbeitervertretungen im Bistum Trier idF. vom 10. Januar 2018 (KA 2018 Nr. 2, 15. Januar 2018; im Folgenden: MAVO Trier) unwirksam.

2.1. Gemäß § 30 Abs. 1 MAVO Trier ist der Mitarbeitervertretung vor jeder ordentlichen Kündigung durch den Dienstgeber schriftlich die Absicht der Kündigung mitzuteilen, wobei bei einem Bestand das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung von länger als sechs Monaten auch die Gründe der Kündigung darzulegen sind. Einwendungen hat die Mitarbeitervertretung unter Angaben von Gründen dem Dienstgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen, sonst gilt die beabsichtigte Kündigung als nicht beanstandet (§ 30 Abs. 2 MAVO Trier). Eine ohne Einhaltung dieses Verfahrens ausgesprochene Kündigung ist gemäß § 30 Abs. 5 MAVO Trier unwirksam.

2.2. Ausgehend hiervon hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung angenommen, dass die dem Kläger gegenüber erklärte Kündigung nicht gemäß § 30 Abs. 5 MAVO Trier unwirksam ist, da die Beklagte die bei ihr gebildete Mitarbeitervertretung vor Kündigungsausspruch ordnungsgemäß beteiligt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen macht sich die Berufungskammer die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts unter B 2 c der Entscheidungsgründe (S. 9 ff. des Urteils = Bl. 131 ff. d. A.) vollumfänglich zu eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Der Kläger hat die Ausführungen des Arbeitsgerichts mit seiner Berufung nicht im Einzelnen angegriffen, sondern sich darauf beschränkt, seinen erstinstanzlichen Vortrag zu wiederholen. Aus welchen Gründen die Annahme des Arbeitsgerichts, dass das Kürzel neben dem Eingangsstempel der Kündigungsmitteilung vom 14. März 2018 (Bl. 76 d. A.) der Unterschrift des Mitarbeitervertretungsvorsitzenden N. auf der Einstellungsmitteilung vom 18. August 2017 (Bl. 90 d. A.) entspricht, unzutreffend sein soll, hat der Kläger nicht dargetan. Damit bleibt es – wie vom Arbeitsgericht zutreffend erkannt – dabei, dass das einfache Bestreiten des Klägers hinsichtlich der tatsächlichen Beteiligung der Mitarbeitervertretung als unbeachtlich zu betrachten ist (§ 138 Abs. 2 ZPO). Auch die restlichen Wertungen des Arbeitsgerichts, dass Gründe für die Kündigung der Mitarbeitervertretung nicht mitgeteilt werden mussten und dieser ausweislich der Einstellungsmitteilung auch der Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bekannt war, sind nicht zu beanstanden. Dass die Beklagte das Kündigungsschreiben bereits vor Beteiligung der Mitarbeitervertretung am 14. März 2018 gefertigt hatte, ist unschädlich. Ein von der Arbeitgeberin bereits gefasster Kündigungsentschluss ist vielmehr Voraussetzung für die Anhörung, da bei vorzeitiger Einleitung des Anhörungsverfahrens die Mitarbeitervertretung in einer Phase einschaltet werden würde, in der die Kündigungsüberlegungen noch unter dem Vorbehalt der weiteren Entwicklung stehen und die „auf Vorrat“ angehörte Mitarbeitervertretung sich lediglich gutachterlich zu einem fiktiven Sachverhalt äußern könnte (vgl. zur Betriebsratsanhörung BAG 17. März 2016 – 2 AZR 182/15 – Rn. 17, zitiert nach juris). Nachdem die Zustellung des Kündigungsschreibens an den Kläger unstreitig erst am 26. März 2018 und damit nach ergebnislosem Ablauf der einwöchigen Äußerungsfrist der Mitarbeitervertretung gemäß § 30 Abs. 2 MAVO Trier veranlasst worden ist, bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung der Beklagten durch eine etwaige Äußerung der Mitarbeitervertretung nicht hätte beeinflusst werden können.

2.3. Zu Recht hat das Arbeitsgericht einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot nach § 612 a BGB verneint. Zwar ist auch im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot denkbar. Ein wegen Krankheit arbeitsunfähiger Arbeitnehmer ist von der Pflicht zur Arbeitsleistung befreit und berechtigt, der Arbeit fernzubleiben; droht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, wenn der Arbeitnehmer nicht trotz Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit erscheint, und kündigt der Arbeitgeber unmittelbar nach der Weigerung des Arbeitnehmers, die Arbeit aufzunehmen, das Arbeitsverhältnis, liegt daher ein Sachverhalt vor, der eine Maßregelung iSd. § 612a BGB indiziert (BAG 23. April 2009 – 6 AZR 189/08 – Rn. 14, zitiert nach juris). Der Kläger hat jedoch bereits nicht behauptet, dass die Beklagte ihn trotz Arbeitsunfähigkeit zu einem Tätigwerden aufgefordert hätte. Unabhängig davon hat die Beklagte Gründe für den Ausspruch der Kündigung vortragen, die gegen eine Kausalität der Maßregelung für die Kündigung sprechen. Die Beklagte hat geltend gemacht, mit den Arbeitsleistungen des Klägers nicht zufrieden gewesen zu sein, da dieser ua. physisch mit der Tätigkeit überfordert gewesen sei. Der Kläger selbst hat behauptet, dass seine Arbeitsleistung bei der Beklagten mit erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen verbunden war, weil er mangels Übernachtungsmöglichkeit lange Anfahrtszeiten hatte, die ihn oft dazu gezwungen hätten, auf der Raststätte im Auto zu übernachten. Bereits vor diesem Hintergrund scheidet ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot, der die Kündigung nach § 612 a BGB unwirksam machen würde, aus.

B

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

 

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