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Weiterarbeit nach Kündigung – Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses

ArbG Köln, Az.: 15 Ca 8925/16, Urteil vom 12.06.2017

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.06.2016 sein Ende gefunden hat, sondern ungekündigt fortbesteht.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 196,00 EUR brutto zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

5. Der Streitwert beträgt: 3.208,00 EUR.

6. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem geringfügigen Arbeitsverhältnis und um die Frage, ob dieses Arbeitsverhältnis noch besteht.

Die Klägerin war seit dem 01.11.2015 bei der Beklagten, die ein Reinigungsunternehmen betreibt, als Reinigungskraft beschäftigt. In § 3 des Arbeitsvertrages heißt es wörtlich „Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 10 Stunden“. In § 4 des schriftlichen Arbeitsvertrages heißt es:

„[1] Der Arbeitnehmer erhält eine monatliche Vergütung in Höhe von 442,00 EUR.

[2] Der Arbeitnehmer erhält eine Vergütung von 8,50 EUR pro geleisteter Arbeitsstunde“

Seit dem Monat November 2015 zahlte der Beklagte nur ein Bruttoentgelt in Höhe von 340,00 EUR. Ob daneben eine „Fahrtkostenpauschale“ vereinbart und geleistet wurde, und die Klägerin als „Gegenleistung“ dem Beklagten ihre Tankquittungen zur Verfügung stellte, ist zwischen den Parteien streitig. Jedenfalls ist vom Beklagten nicht bestritten worden, dass er sich … … nennt und dass die Klägerin von seinem Whatsapp-Account am 17.12.2016 eine Nachricht mit dem folgenden Inhalt erhalten hat: „Denke bitte an die Tankquittungen. Gruß … ..“

Mit Schreiben vom 13.06.2016 kündigte die Klägerin selbst das Arbeitsverhältnis zum 25.06.2016 (mit dem Tippfehler „1916“) und führte in dem Schreiben wörtlich aus: „Da mir noch 10 Urlaubstage zustehen und ich den nehme, ist für mich Montag der letzte Arbeitstag.“ Zwischen den Parteien ist nun streitig,

ob nach Zugang dieser Kündigung abweichende Abmachungen getroffen wurden,

ob die Klägerin nach Zugang der Kündigung beim Beklagten tatsächlich nicht mehr am Arbeitsplatz erschienen ist oder ob sie nicht vielmehr weiter gearbeitet hat und

ob die Klägerin nach Ablauf des 25.06.2016 auf Weisung des Beklagten Arbeitsleistung erbracht hat.

Weiterarbeit nach Kündigung – Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses
Symbolfoto: Bigedhar/Bigstock

Jedenfalls ist vom Beklagten nicht bestritten worden, dass er sich … ..nennt und dass die Klägerin von seinem Whatsapp-Account am 28.06.2016 eine Nachricht mit dem folgenden Inhalt erhalten hat: „Bitte heute vorbeikommen, bevor ihr nach … fahrt. Ist sehr wichtig. … .“ … ..ist der Kunde, bei dem die Klägerin zuletzt Reinigungsleistungen erbracht hat.

Mit der seit dem 16.12.2016 anhängigen Klage begehrt die Klägerin zunächst die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ungekündigt fortbesteht. Im Wege der Leistungsklage fordert sie die Differenz zwischen den in der Vertragsurkunde vereinbarten 442,00 EUR und den gezahlten 340,00 EUR, also monatlich 102,00 EUR für die Monate November 2015 bis März 2016 (nicht für April) und die Monate Mai 2016 bis Juni 2016 und sie berechnet diese Differenzen wie folgt: 7 x 102,00 EUR = 714,00 EUR. Mit der Klage begehrt die Klägerin darüber hinaus Urlaubsabgeltung für 10 Tage bei einem von ihr errechneten Tagesentgelt in Höhe von 20,40 EUR, mithin einen Betrag in Höhe von 204,00 EUR. Schließlich verlangt sie klageweise Aufwendungsersatz in Höhe von 940,00 EUR. Die Addition aus den drei besagten Beträgen ergibt in der Summe die Klageforderung.

Die Klägerin trägt vor, dass nach Zugang ihrer Kündigung ein Gespräch mit dem Beklagten stattgefunden habe, in dem dieser ihr bedeutet habe, er sei dringend auf ihre Arbeitskraft angewiesen, weil sich eine Kollegin noch in Kur befinde und der Kunde … … … über den 25.06.2016 hinaus betreut werden müsse. Sie habe daher auf den Urlaub verzichtet und mit Wissen und auf Anweisung des Beklagten weiter gearbeitet. Auf Wunsch des Beklagten habe sie am 27.06.2016 bei dem Kunden, der … … … … … … … … … … … … … ..Reinigungsleistungen erbracht. Am 28.06.2016 sei sie auf Weisung des Beklagten bei dem besagten Kunden gewesen, um dort weisungsgemäß den Schlüssel dem dort tätigen … … … … … dem Zeugen … … … … , zu übergeben. Die Schlüsselübergabe sei notwendig gewesen, weil der Beklagte den Auftrag des Kunden … … … .verloren habe – ohne dass sie selbst dafür verantwortlich gewesen wäre. Auf diesen Einsatz am 28.06.2016 beziehe sich die unstreitige Whats-App-Nachricht des Beklagten vom gleichen Tag, mit der der Beklagte sie aufgefordert habe, vor dem Einsatz bei … … noch „vorbeizukommen“.

Nach ihrer Auffassung könne sich der Beklagte nicht auf die tarifliche Ausschlussfrist berufen, da der Beklagte gegen das Nachweisgesetz verstoßen habe, indem er in der von ihm gestellten Vertragsurkunde jeden Hinweis auf einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag habe vermissen lassen. Ihr stehe daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe der verfallenen Ansprüche zu.

Der von ihr geltend gemachte Aufwendungsersatz rechtfertige sich wie folgt: Sie sei mit ihrem eigenen Auto zu den zu reinigenden Objekten gefahren. Nach einer Berechnung des Steuerberaters des Beklagten seien 392 km pro Monat zu Grunde zu legen. Bei einem Kilometersatz in Höhe von 0,30 EUR und 8 Monaten als Faktor ergebe sich (392 x 0,30 EUR/km x 8 Monate, einschließlich April) der mit der Klage geltend gemachte Betrag in Höhe von 940,80 EUR. Auf Nachfrage im Kammertermin konkretisierte die Klägerin ihren Vortrag zum Aufwendungsersatz wie folgt (Protokoll Bl. 80 d.A.): Damals sei der Beklagte die Strecke zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte abgefahren, habe dabei eine monatlich zu fahrende Strecke von 370 km ermittelt und auf dieser Grundlage den Aufwendungsersatz errechnet. Bei dieser Berechnung sei ein Betrag von 98,00 EUR pro Monat herausgekommen. Der Beklagte habe ihr dazu gesagt, sie bekomme von ihm die Hälfte dieses Betrages, die Zeugin … … .gebe ihr noch ein Viertel und das verbleibende Viertel behalte er. Gemäß einer in diesem Zusammenhang erfolgten weiteren Absprache habe sie dem Beklagten die von ihr gesammelten Tankquittungen zur Verfügung gestellt. Dies spiegele auch die Whatsapp-Nachricht vom 17.12.2016 wider, in der der Beklagte ihr geschrieben habe „Denke bitte an die Tankquittungen“.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.858,80 EUR brutto zu zahlen.

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 30.06.2016 sein Ende gefunden hat, sondern ungekündigt fortbesteht.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Darlegung der Klägerin, sie habe weisungsgemäß über den 25.06.2016 hinaus weiter Arbeitsleistung erbracht, trägt der Beklagte wörtlich vor (Bl. 57 d.A., Seite 2 des Schriftsatzes vom 23.03.2017): „Nach ihrem eigenen Vortrag ist die Klägerin mindestens seit dem 25.06.2016 weder leistungswillig noch leistungsfähig. Die Klägerin hat ihre Arbeit weder wieder aufgenommen, noch fortgesetzt. Gegenteiliges wird bestritten.“ Die Rechtslage sei „bereits durch die Erklärung der Klägerin vom 13.06.2016 gestaltet“. Für eine weitere „Gestaltung der Rechtslage“ sei kein Raum.

Er sei Existenzgründer. Mit Blick auf diese Tatsache habe er mit der Klägerin im Herbst 2015 vereinbart, dass nur noch die tatsächlich geleisteten Stunden vergütet würden. Wörtlich lässt der Beklagte hierzu ausführen (Seite 3 des Schriftsatzes vom 23.03.2017, Bl. 58 d.A.): „Die Parteien haben sehr wohl eine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug den Umfang, den sie eingesetzt wurde.“

Die Klägerin habe ihren Urlaub bereits genommen, nämlich in der Zeit vom „14.06.2016 bis 30.06.2016“ (so der Vortrag im Schriftsatz vom 18.01.2017, Bl. 20 d.A.).

Aufwendungsersatz sei nicht vereinbart worden. Die Klägerin sei auch nie aufgefordert worden, Tankquittungen einzureichen.

Insgesamt berufe er sich auf die Ausschlussfrist des MTV Gebäudereinigung. Dem stehe nach seiner Auffassung auch der gesetzliche Mindestlohn nicht entgegen.

Im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze und ihre Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

I. Die Klage ist mit dem Antrag zu 2 begründet. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht ungekündigt fort, denn die Klägerin hat in Kenntnis von und auf Weisung durch den Beklagten über den Kündigungstermin hinaus weiter gearbeitet. Die Rechtsfolge ergibt sich nicht aus einer „neuen Rechtsgestaltung“ wie es der Beklagte schriftsätzlich nennt oder aus einer „rechtlich nicht zulässigen Umgestaltung eines faktischen Arbeitsverhältnisses“, wie es der Prozessbevollmächtigte im Kammertermin definierte. Die Rechtsfolge ergibt sich unmittelbar aus § 625 BGB. Dieser lautet: „Wird das Dienstverhältnis nach dem Ablauf der Dienstzeit von dem Verpflichteten mit Wissen des anderen Teiles fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der andere Teil unverzüglich widerspricht.“

1. Ein unverzüglicher Widerspruch im Sinne des § 625 BGB wurde vom Beklagten nicht vorgetragen. Im Gegenteil: Die Whatsapp-Nachricht „Bitte heute vorbeikommen, bevor ihr nach … ..fahrt. Ist sehr wichtig. … … “ ist unstreitig vom Beklagten an die Klägerin versandt worden und betraf den 28.06.2016, also einen Tag, der nach „Ablauf der Dienstzeit“ im Sinne des § 625 BGB lag, nämlich nach Ablauf des Kündigungstermins am 25.06.2016.

2. Dass die Klägerin am 27.06.2016 und am 28.06.2016 auf Weisung des Beklagten bei der Firma … … Reinigungsarbeiten erbracht hat, gilt gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig. Ein Beweis musste daher nicht erhoben werden. Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich jede Partei über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Das muss sie gemäß § 138 Abs. 1 ZPO „der Wahrheit gemäß“, insbesondere aber „vollständig“ tun. Tut sie das nicht, gilt der Vortrag des Gegners gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als unstreitig. Das bedeutet: pauschaler Vortrag kann pauschal bestritten werden und auf konkretisierten Vortrag muss der Gegner ebenfalls konkretisiert antworten. Vorliegend hat die Klägerin nicht einfach behauptet, sie habe gearbeitet. Hätte sie sich hierauf beschränkt, dann hätte das pauschale Bestreiten des Beklagten ausgereicht, denn sein Bestreiten ist nichts anderes als pauschal: Er beschränkt sich auf die Worte „Die Klägerin hat ihre Arbeit weder wieder aufgenommen, noch fortgesetzt. Gegenteiliges wird bestritten.“ Die Klägerin hat ihren Vortrag aber konkretisiert. Sie hat vorgetragen, dass sie auf Wunsch des Beklagten am 27.06.2016 in den Räumlichkeiten der … … … … … … … … … … … ., Reinigungsleistungen erbracht habe; dass sie am 28.06.2016 der unstreitigen Whatsapp-Nachricht zufolge bei dem besagten Kunden gewesen sei; dass sie bei dem Kunden weisungsgemäß den Schlüssel dem dort tätigen … … ., dem Zeugen … … … , übergeben habe; dass die Schlüsselübergabe notwendig gewesen sei, weil der Beklagte den Auftrag des Kunden … … verloren habe; dass sie selbst für den Auftragsverlust nicht verantwortlich gewesen sei; dass der Beklagte von ihr die Erbringung der Arbeitsleistung verlangt habe, weil ihre Kollegin noch in Kur gewesen sei und diese Kollegin daher als Vertretung nicht in Betracht gekommen sei.

Die Erwiderung des Beklagten auf diesen Vortrag „Die Klägerin hat ihre Arbeit weder wieder aufgenommen, noch fortgesetzt. Gegenteiliges wird bestritten“ ist nach den oben dargestellten Maßstäben des § 138 ZPO unbeachtlich. Um sich im Sinne des § 138 Abs. 1 ZPO „vollständig“ zu erklären, hätte der Beklagte vortragen müssen, wer denn bis zum 28.06.2016 bei der Firma … .gearbeitet hat, wenn nicht die Klägerin; er hätte sich erklären können zu dem Vortrag, die Vertragsbeziehung zur Firma … … sei beendet worden; es wäre möglich gewesen mitzuteilen, wer der Fima … … die Schlüssel zurück gebracht hat, wenn nicht die Klägerin; er hätte mitteilen müssen, welche Bedeutung die unstreitige Whatsapp-nachricht hatte, wenn nicht die Bedeutung, die die Klägerin ihr beigemessen hat.

Nach alledem sind die Voraussetzungen des § 625 BGB erfüllt und zwischen den Parteien besteht nach wie vor ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis.

II. Mit dem Antrag zu 1 ist die Klage nur teilweise begründet.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und § 7 Abs. 4 BurlG. Die letztgenannte Vorschrift setzt voraus, dass der Urlaub „wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ nicht mehr gewährt werden kann. Wie gezeigt ist das Arbeitsverhältnis aber nicht beendet. Die Klägerin mag Urlaub beantragen, auf dass der Beklagte diesen gewähre.

2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung oder auf Spesenzahlung oder auf Fahrtkostenerstattung aus § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und ggfls. in Verbindung mit § 670 BGB. Unabhängig von der Frage, ob eine Pauschalierung von Fahrtkostenersatz, wie sie der Klägerin vorschwebt, zulässig ist oder nicht, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht, wer wann was mit welchem Wortlaut vereinbart hat. Dass in der Vergangenheit Nettozahlungen geflossen sind, mag als Indiz gewertet werden, dass der Zahlung dieser Nettobeträge eine Vereinbarung zu Grunde gelegen hat, mehr aber nicht. Insbesondere ist der Vortrag der Klägerin widersprüchlich. Während sie nämlich mit der Klageschrift vorträgt, pauschal seien pro Monat 392 km bei einem Kilometersatz in Höhe von 0,30 EUR vereinbart worden, was zu einer monatlichen Zahlung in Höhe von 117,60 EUR führen würde, hat sie im Kammertermin auf Nachfrage vorgetragen, es sei eine zu fahrende Strecke von 370 km ermittelt worden und auf dieser Grundlage ergebe sich ein monatlicher Aufwendungsersatz in Höhe von 98,00 EUR. Von diesem Betrag sei ihr ein Anteil von 75 % versprochen worden. Wird diese Darlegung der Klägerin zu Grunde gelegt, ergäbe sich ein monatlich zu zahlender Betrag in Höhe von 73,50 EUR. Dies zeigt die Widersprüchlichkeit ihres Vortrages.

3. Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu 1 Entgeltansprüche aus der Zeit von November 2015 bis Juni 2016 geltend macht, ist die Klage teilweise begründet.

a. Gemäß §§ 611, 615 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und § 1 Abs. 1 MiLoG steht der Klägerin monatlich ein Lohnanspruch in Höhe von mindestens 368,05 EUR zu. Dieser Betrag berechnet sich wie folgt: Gemäß § 3 des Arbeitsvertrages beträgt die wöchentliche Arbeitszeit 10 Wochenstunden. Da ein Monat durchschnittlich 4,33 Wochen hat, hat die Klägerin pro Monat 43,3 Stunden zu arbeiten und die Beklagte hat sie im gleichen Umfang zu beschäftigen. Das Produkt aus 43,3 Stunden und dem Mindestlohn in Höhe von 8,50 ist 368,05 EUR. Seit dem Monat November zahlte der Beklagte nur noch 340,00 EUR an die Klägerin, also 28,00 EUR weniger, als der Mindestlohn, der der Klägerin für die vertragliche Arbeitszeit zugestanden hätte. Für sieben Monate hat die Klägerin die Differenz geltend gemacht. Es ergibt sich somit ein Mindestanspruch in Höhe von (7 x 28,00 EUR =) 196,00 EUR.

Zwischen den Parteien ist entgegen dem Vortrag der Beklagten keine vom Vertrag abweichende Vereinbarung geschlossen worden. Insbesondere haben die Parteien keine von § 3 des Arbeitsvertrages abweichende regelmäßige Arbeitszeit vereinbart. Wenn der Beklagte vortragen lässt „Die Parteien haben sehr wohl eine regelmäßige Arbeitszeit vereinbart. Die regelmäßige Arbeitszeit betrug den Umfang, den sie eingesetzt wurde“, behauptet er gerade keine „regelmäßige Arbeitszeit“ sondern er behauptet die Vereinbarung einer Arbeit auf Abruf. Ohne ausdrückliche Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit unterstellt § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG für diesen Fall die Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden – also genau wieder die Anzahl der Stunden, die hier im Arbeitsvertrag vereinbart worden war.

Der (Mindestlohn-)Anspruch der Klägerin konnte nicht durch eine tarifvertragliche Ausschlussfrist verfallen. Das ergibt sich aus § 3 Satz 1 MiLoG (ErfK-Müller-Glöge § 3 MiLoG Rn. 3 m.w.N.).

b. Im Übrigen ist der Leistungsantrag unbegründet, denn die Ansprüche sind gemäß § 22 des Manteltarifvertrages für das Gebäudereiniger-Handwerk in NRW verfallen. Die letztgenannte Vorschrift lautet:

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Der Anspruch auf Zahlung des Entgelts für den Monat Juni 2016, also für den letzten hier streitigen Monat, wurde gemäß § 8 Abs. 2 MTV am 15. Juli 2016 fällig. Die erste Stufe der o.g. Ausschlussfrist, die eine schriftliche Geltendmachung voraussetzt, lief somit zwei Monate später, am 15.09.2016, ab. Das erste Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, mit dem die Ansprüche geltend gemacht worden sind, stammt vom 11.10.2016 (Bl. 9 d.A.). Somit sind alle hier streitigen Entgeltansprüche, die von der Ausschlussfrist erfasst sind (und nicht den Mindestlohn betreffen, s.o.) verfallen.

Der Klägerin steht kein stoffgleicher Schadensersatz wegen einer Verletzung des Nachweisgesetzes gemäß § 611 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag und § 280 BGB und § 2 NachwG zu. Aus den Darlegungen der Klägerin ergeben sich nämlich nicht alle notwendigen Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch. Die Nichterwähnung des anwendbaren Tarifvertrages in der Arbeitsvertragsurkunde bzw. im Nachweis gemäß § 2 NachwG muss kausal für die fehlende Rechtzeitigkeit der Geltendmachung sein. Dabei kann zwar unterstellt werden, dass die Klägerin rechtzeitig ihre Ansprüche geltend gemacht hätte, wenn sie von der Ausschlussfist rechtzeitig unterrichtet worden wäre. Nicht unterstellt werden kann aber die Tatsache, dass die Klägerin bis zum Ablauf der Frist nichts von der Ausschlussfrist gewusst hätte. Vorliegend hat die Klägerin nicht dargelegt, wann sie Kenntnis von der Anwendbarkeit des Tarifvertrages erlangt hat.

III. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 91, 3 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 61 ArbGG im Urteil festzusetzen und entspricht dem Dreifachen des von der Klägerin geltend gemachten Bruttomonatsverdienstes für den Antrag zu 2 in Addition mit dem Betrag, der mit dem Antrag zu 1 geltend gemacht wurde.

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