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Wirksamkeit einer Arbeitnehmerversetzung – ordentliche Änderungskündigung

Ein Kölner Arbeitnehmer wehrte sich erfolgreich gegen seinen Arbeitgeber, der ihn nach München versetzen und ihm die Arbeit im Homeoffice verbieten wollte. Das Landesarbeitsgericht Köln gab dem Mitarbeiter Recht und entschied, dass der Arbeitgeber die Grenzen seines Weisungsrechts überschritten hatte, da er keine ausreichenden Gründe für die Präsenzpflicht in München vorlegen konnte. Der Fall zeigt, dass Unternehmen Homeoffice-Regelungen nicht ohne triftigen Grund aufheben können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
  • Datum: 11.07.2024
  • Aktenzeichen: 6 SLa 79/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im Arbeitsrecht
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Planer, der seit dem 01.04.2019 bei der Beklagten beschäftigt ist. Er argumentiert, dass seine Versetzung und die Änderungskündigung unzulässig und unverhältnismäßig sind, da er überwiegend aus dem Home-Office gearbeitet hat.
  • Beklagte: Eine Gesellschaft im Bereich industrieller Planung und Entwicklung. Sie verteidigt die Schließung des Betriebs am Standort K aufgrund unternehmerischer Entscheidungen und bietet dem Kläger einen Präsenzarbeitsplatz am Standort M an.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger arbeitete fast ausschließlich im Home-Office und betreute Kunden international. Aufgrund der Schließung des Standorts K durch die Beklagte wurde der Kläger an den Standort M versetzt. Der Kläger widersetzte sich dieser Versetzung und der hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung, da ihm die Verlegung seines Lebensmittelpunkts nach M nicht möglich war.
  • Kern des Rechtsstreits: Es wurde geprüft, ob die Versetzung und die Änderungskündigung durch die Beklagte rechtmäßig waren und ob die unternehmerische Entscheidung, die zuvor bestehende Home-Office-Regelung zu widerrufen, billigem Ermessen entsprach.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen, die Versetzung sowie die Änderungskündigung wurden als unwirksam erklärt.
  • Begründung: Die Versetzung nach M und der damit verbundene Widerruf der Home-Office-Erlaubnis wurden als ermessensfehlerhaft bewertet. Die Interessen des Klägers überwogen, da der Kläger aus geschäftlicher Sicht auch weiterhin von seinem bisherigen Standort hätte arbeiten können. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für den Widerruf der Home-Office-Regelung war nicht ersichtlich.
  • Folgen: Die Beklagte muss die Kosten der Berufung tragen, und die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln zugunsten des Klägers bleibt bestehen. Eine Revision wurde nicht zugelassen, das Urteil ist endgültig.

Gerichtsurteil erhellt rechtliche Aspekte von Versetzungen und Änderungskündigungen

Die Arbeitswelt ist dynamisch und erfordert oft Flexibilität von Arbeitnehmern. Versetzungen gehören dabei zu den häufigsten organisatorischen Maßnahmen von Unternehmen. Sie können aus verschiedensten betrieblichen Gründen erfolgen – etwa zur Optimierung von Arbeitsabläufen, Anpassung an neue Geschäftsstrategien oder zur Ressourcenverteilung.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für solche Arbeitsplatzwechsel sind komplex. Arbeitnehmerrechte müssen dabei ebenso berücksichtigt werden wie unternehmerische Interessen. Entscheidend sind stets die konkreten Umstände: Ob eine Versetzung wirksam ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab – von der Zustimmung des Betriebsrats bis hin zur Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Ein aktuelles Gerichtsurteil wirft nun interessante Fragen zur rechtlichen Bewertung einer ordentlichen Änderungskündigung auf.

Der Fall vor Gericht


Homeoffice-Entzug und Versetzung: Arbeitgeber scheitert mit Verlagerung eines Arbeitsplatzes von Köln nach München

Mann und Frau diskutieren in einem Kölner Büro über eine mögliche Versetzung. Die Stimmung ist angespannt.
Versetzung und Homeoffice-Entzug des Mitarbeiters | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Klage eines Mitarbeiters gegen seine Versetzung von Köln nach München und den damit verbundenen Entzug der Homeoffice-Tätigkeit bestätigt. Der bei einem Industriedienstleister beschäftigte Planer hatte in den vergangenen drei Jahren rund 80 Prozent seiner Arbeit im Homeoffice verrichtet und dabei Kunden in Deutschland und im europäischen Ausland betreut.

Betriebsschließung als Auslöser für Versetzungsversuch

Die Arbeitgeberin hatte nach eigenen Angaben den Kölner Standort aufgrund der Kündigung eines Hauptkunden zum 30. April 2023 geschlossen. Mit Schreiben vom 24. März 2023 versuchte sie, den Mitarbeiter an ihren Münchner Standort zu versetzen. Dort sollte er ausschließlich in Präsenz arbeiten. Zusätzlich sprach sie vorsorglich eine Änderungskündigung aus.

Gericht sieht Grenzen des Weisungsrechts überschritten

Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts überschritt die Arbeitgeberin mit ihrer Weisung die Grenzen des billigen Ermessens. Zwar sei die Neuzuordnung des Mitarbeiters zum Münchner Betrieb nach der Schließung des Kölner Standorts grundsätzlich möglich. Der gleichzeitige Widerruf der Homeoffice-Erlaubnis sei jedoch nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt.

Fehlende Begründung für Präsenzpflicht

Die Arbeitgeberin konnte nach Ansicht des Gerichts nicht ausreichend darlegen, warum eine Präsenzpflicht in München erforderlich sei. Ihr pauschaler Verweis auf ein „unternehmensweites Arbeitskonzept“ und die „Arbeitskultur der Firma“ reichte dem Gericht nicht aus. Zudem fehlte eine konkrete Darstellung, welche Tätigkeiten eine Anwesenheit im Betrieb notwendig oder förderlich erscheinen ließen.

Auch Änderungskündigung unwirksam

Die hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung erklärte das Gericht ebenfalls für unwirksam. Eine reine Neuzuordnung zum Münchner Betrieb mit Beibehaltung der Homeoffice-Tätigkeit wäre als milderes Mittel möglich gewesen. Zudem konnte die Arbeitgeberin nicht nachweisen, dass der Entzug der Homeoffice-Erlaubnis Teil ihrer unternehmerischen Organisationsentscheidung war.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Gericht stellt klar, dass Arbeitgeber bei einer Versetzung an einen anderen Standort das Bestimmtheitsgebot einhalten und die Verhältnismäßigkeit wahren müssen. Eine kurzfristige Versetzung ohne Übernahme entstehender Mehrkosten oder Berücksichtigung der persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers ist regelmäßig unzumutbar. Auch wenn der Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel enthält, muss der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Direktionsrechts die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Arbeitnehmer haben Sie das Recht, sich gegen eine unzumutbare Versetzung zu wehren, auch wenn Ihr Arbeitsvertrag eine Versetzungsklausel enthält. Ihr Arbeitgeber muss Ihnen bei einer Versetzung ausreichend Zeit zur Umorganisation Ihres Privatlebens geben und entstehende Mehrkosten wie Hotel- oder Fahrtkosten berücksichtigen. Besonders wichtig ist, dass Sie nicht verpflichtet sind, eine Versetzung zu akzeptieren, die Ihren Lebensmittelpunkt unverhältnismäßig beeinträchtigt oder die zu kurzfristig angeordnet wird. Bei einer Home-Office-Tätigkeit muss der Arbeitgeber zudem begründen, warum diese am neuen Standort nicht fortgeführt werden kann.

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Versetzung und Homeoffice-Entzug: Ihre Rechte als Arbeitnehmer

Fühlen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber ungerecht behandelt? Stehen Sie vor einer Versetzung, die Ihre Lebensumstände stark beeinträchtigt, oder wurde Ihnen die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice ohne triftigen Grund entzogen? Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte als Arbeitnehmer durchzusetzen.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Grenzen hat das Weisungsrecht des Arbeitgebers bei Versetzungen?

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers (Direktionsrecht) nach § 106 Gewerbeordnung ermöglicht es dem Arbeitgeber grundsätzlich, Versetzungen einseitig anzuordnen. Dieses Recht unterliegt jedoch wichtigen Einschränkungen:

Vertragliche und gesetzliche Grenzen

Das Direktionsrecht wird zunächst durch folgende Regelungen begrenzt:

  • Den Arbeitsvertrag: Wenn dort ein fester Arbeitsort oder eine bestimmte Tätigkeit vereinbart ist, kann der Arbeitgeber nicht einfach davon abweichen.
  • Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen: Diese können das Weisungsrecht zusätzlich einschränken.
  • Gesetzliche Vorschriften, die Arbeitsbedingungen festlegen.

Billiges Ermessen

Eine Versetzung muss nach „billigem Ermessen“ erfolgen. Dies bedeutet:

Der Arbeitgeber muss eine faire Interessenabwägung vornehmen und dabei berücksichtigen:

  • Familiäre Belastungen wie Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen
  • Behinderungen des Arbeitnehmers
  • Die Zumutbarkeit der Änderungen.

Inhaltliche Beschränkungen

Bestimmte Versetzungen sind generell unzulässig:

Eine Versetzung auf einen Arbeitsplatz mit geringerwertiger Tätigkeit ist auch dann nicht vom Weisungsrecht gedeckt, wenn das bisherige Gehalt weitergezahlt wird.

Betriebsrat und Mitbestimmung

Wenn ein Betriebsrat existiert, muss dieser bei Versetzungen beteiligt werden, die:

  • Voraussichtlich länger als einen Monat dauern oder
  • Mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden sind.

Zumutbarkeit der Versetzung

Die Zumutbarkeit einer Versetzung hängt von den konkreten Umständen ab. Ein Beispiel: Eine Versetzung mit einer Stunde zusätzlicher Fahrzeit täglich kann grundsätzlich zumutbar sein – jedoch nicht bei einer Teilzeitkraft mit nur vier Arbeitsstunden pro Tag.

Alternative Änderungskündigung

Überschreitet eine geplante Versetzung die Grenzen des Weisungsrechts, kann der Arbeitgeber stattdessen eine Änderungskündigung aussprechen. Diese muss jedoch sozial gerechtfertigt sein und darf nur die wirklich notwendigen Änderungen enthalten.


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Was ist eine Änderungskündigung und welche Rechte haben Arbeitnehmer dabei?

Eine Änderungskündigung ist eine besondere Form der Kündigung, bei der der Arbeitgeber das bestehende Arbeitsverhältnis kündigt und gleichzeitig ein neues Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen anbietet. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 2 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG).

Voraussetzungen für die Wirksamkeit

Die Änderungskündigung muss sozial gerechtfertigt sein und kann nur aus betrieblichen, persönlichen oder verhaltensbedingten Gründen erfolgen. Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass:

  • Die bisherige Beschäftigung nicht mehr möglich ist
  • Die angebotenen Änderungen geeignet und erforderlich sind
  • Die neuen Bedingungen für Sie zumutbar sind

Ihre Reaktionsmöglichkeiten

Wenn Sie eine Änderungskündigung erhalten, haben Sie drei Handlungsoptionen:

  1. Sie nehmen das Angebot vorbehaltlos an – dann gilt der neue Arbeitsvertrag
  2. Sie lehnen das Angebot ab – dann endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist
  3. Sie nehmen das Angebot unter Vorbehalt an und können gleichzeitig die Sozialwidrigkeit der Änderungen gerichtlich überprüfen lassen

Wichtige Fristen

Für Ihre Entscheidung haben Sie eine Überlegungsfrist von drei Wochen nach Zugang der Änderungskündigung. Wenn Sie das Angebot unter Vorbehalt annehmen möchten, müssen Sie dies innerhalb der Kündigungsfrist erklären. Die Erklärung des Vorbehalts sollte aus Beweisgründen schriftlich erfolgen.

Möchten Sie gegen die Änderungskündigung vorgehen, müssen Sie innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Änderungsschutzklage einreichen. Bei Fristversäumnis gilt die Änderungskündigung als wirksam.

Die neuen Arbeitsbedingungen treten erst nach Ablauf der regulären Kündigungsfrist in Kraft. Diese richtet sich nach der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit und den vertraglichen oder tariflichen Vereinbarungen.


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Unter welchen Voraussetzungen darf der Arbeitgeber Homeoffice-Vereinbarungen widerrufen?

Grundsätzliche Voraussetzungen für einen Widerruf

Ein Widerruf der Homeoffice-Vereinbarung durch den Arbeitgeber ist nur unter bestimmten Bedingungen möglich. Die wichtigste Voraussetzung ist das Vorliegen einer vertraglichen Widerrufsklausel. Ohne eine solche Klausel kann der Arbeitgeber die Homeoffice-Vereinbarung nicht einseitig beenden.

Anforderungen an die Widerrufsklausel

Die Widerrufsklausel muss sachliche Gründe für den Widerruf benennen. Ein voraussetzungsloser Widerruf ist unwirksam, da dies eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen würde. Typische Widerrufsgründe können sein:

  • Nichteinhaltung von Datenschutzvorschriften im Homeoffice
  • Missbrauch des Vertrauensverhältnisses
  • Nachweisbare betriebliche Erfordernisse

Ausübung des Widerrufsrechts

Wenn Sie als Arbeitgeber eine Homeoffice-Vereinbarung widerrufen möchten, müssen Sie das billige Ermessen nach § 106 Gewerbeordnung beachten. Dies bedeutet:

Die betrieblichen Interessen müssen die persönlichen Belange des Arbeitnehmers überwiegen. Stellen Sie sich vor, ein Arbeitnehmer hat seinen Lebensmittelpunkt auf die Homeoffice-Situation ausgerichtet – in diesem Fall müssen besonders gewichtige betriebliche Gründe für einen Widerruf vorliegen.

Alternativen bei fehlendem Widerrufsrecht

Wenn keine Widerrufsklausel vereinbart wurde, bleiben dem Arbeitgeber folgende Möglichkeiten:

Änderungskündigung: Diese ist jedoch nur wirksam, wenn sie sozial gerechtfertigt ist und durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe begründet werden kann.

Aufhebungsvertrag: Eine einvernehmliche Lösung mit dem Arbeitnehmer ist jederzeit möglich.

Bei einer langjährigen Homeoffice-Praxis ist besondere Vorsicht geboten: Ein aktuelles Urteil des LAG Köln zeigt, dass der Widerruf einer über Jahre praktizierten Homeoffice-Regelung nicht ohne sachliche Begründung erfolgen darf. Eine reine Berufung auf „Präsenzkultur“ reicht als Begründung nicht aus.


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Welche Rolle spielt die Begründungspflicht des Arbeitgebers bei Versetzungen?

Eine Versetzung muss stets auf sachlichen Gründen basieren und nach billigem Ermessen erfolgen. Der Arbeitgeber trägt dabei die volle Darlegungs- und Beweislast für die Wirksamkeit der Versetzung.

Anforderungen an die Begründung

Der Arbeitgeber muss bei einer Versetzung folgende Aspekte berücksichtigen und begründen:

  • Die Versetzung muss auf dienstlichen oder betrieblichen Gründen basieren
  • Eine objektive Interessensabwägung zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteressen muss stattfinden
  • Die Versetzung muss für den Arbeitnehmer zumutbar sein

Typische sachliche Gründe

Als sachliche Begründungen für eine Versetzung gelten beispielsweise:

  • Dringender Personalbedarf an einer anderen Arbeitsstelle
  • Langfristiger Aufgabenrückgang am bisherigen Arbeitsplatz
  • Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes
  • Gesundheitliche Gründe des Arbeitnehmers
  • Störung des Betriebsfriedens

Grenzen der Begründung

Die Begründungspflicht unterliegt wichtigen Einschränkungen:

Persönliche Gründe allein reichen für eine Versetzung in der Regel nicht aus. Sie können eine Versetzung nur dann rechtfertigen, wenn aus ihnen ein betrieblicher Grund erwächst.

Bei der Prüfung der Begründung müssen alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Wenn beispielsweise familiäre Pflichten wie die Betreuung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen der Versetzung entgegenstehen, kann diese unzumutbar sein.

Selbst wenn eine Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag existiert, gilt diese nicht pauschal. Der Arbeitgeber muss trotzdem die sozialen Lebensverhältnisse des Arbeitnehmers berücksichtigen.


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Was können Arbeitnehmer tun, wenn sie mit einer Versetzung nicht einverstanden sind?

Versetzung unter Vorbehalt annehmen

Die sicherste Option ist, die Versetzung zunächst unter Vorbehalt anzunehmen und gleichzeitig rechtliche Schritte einzuleiten. Wenn Sie die Versetzung direkt verweigern, riskieren Sie eine Abmahnung oder sogar eine verhaltensbedingte Kündigung.

Widerspruch einlegen

Sie können gegen die Versetzung schriftlich Widerspruch einlegen. Der Widerspruch sollte die konkreten Gründe enthalten, warum Sie die Versetzung für unzulässig halten. Typische Gründe sind:

  • Unzumutbare Belastungen wie lange Fahrtzeiten
  • Verschlechterung der persönlichen oder familiären Situation
  • Fehlende oder unwirksame Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag
  • Verstoß gegen das Gebot des billigen Ermessens

Betriebsrat einschalten

In Betrieben mit Betriebsrat muss dieser der Versetzung zustimmen. Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn die Versetzung:

  • Gegen Gesetze oder Tarifverträge verstößt
  • Dem Arbeitnehmer ungerechtfertigte Nachteile bringt
  • Den Betriebsfrieden gefährdet

Gerichtliche Klärung

Sie können beim Arbeitsgericht eine Feststellungsklage einreichen, um die Wirksamkeit der Versetzung überprüfen zu lassen. Während des Verfahrens müssen Sie in der Regel die Versetzung vorläufig befolgen. Ein Eilverfahren (einstweilige Verfügung) hat nur in Ausnahmefällen Erfolg, etwa bei offensichtlicher Rechtswidrigkeit oder drohenden schwerwiegenden Nachteilen.

Konsequenzen beachten

Wenn Sie die Versetzung verweigern und sich später herausstellt, dass sie rechtmäßig war, können folgende Konsequenzen drohen:

  • Verlust des Vergütungsanspruchs
  • Abmahnung
  • Verhaltensbedingte Kündigung

Bei einer unwirksamen Versetzung muss der Arbeitgeber hingegen die entstandenen Mehrkosten erstatten, etwa für längere Anfahrtswege oder einen Zweitwohnsitz.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Weisungsrecht

Das Weisungsrecht (auch Direktionsrecht) ist die gesetzliche Befugnis des Arbeitgebers, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Es ist in § 106 GewO geregelt. Der Arbeitgeber kann damit den Arbeitsablauf und das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb konkretisieren, muss dabei aber die Grenzen des Arbeitsvertrags und der Zumutbarkeit beachten. Ein Beispiel wäre die Anordnung von Überstunden in einem vertretbaren Rahmen oder die Zuweisung bestimmter Aufgaben innerhalb der vereinbarten Tätigkeit.


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Billiges Ermessen

Billiges Ermessen bedeutet, dass der Arbeitgeber bei Entscheidungen die Interessen des Betriebs und die berechtigten Interessen des Arbeitnehmers gegeneinander abwägen muss. Dieser Grundsatz ist in § 315 BGB verankert. Die Entscheidung muss sachlich gerechtfertigt, verhältnismäßig und für den Arbeitnehmer zumutbar sein. Beispielsweise muss bei einer Versetzung berücksichtigt werden, ob diese für den Arbeitnehmer aufgrund seiner familiären Situation zumutbar ist.


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Änderungskündigung

Eine Änderungskündigung ist die Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags verbunden mit dem Angebot eines neuen Arbeitsvertrags zu geänderten Bedingungen (§ 2 KSchG). Der Arbeitgeber will damit das Arbeitsverhältnis nicht beenden, sondern zu anderen Konditionen fortführen. Der Arbeitnehmer kann das Angebot annehmen, unter Vorbehalt annehmen oder ablehnen. Bei einer Ablehnung endet das Arbeitsverhältnis wie bei einer normalen Kündigung.


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Betriebsrat

Der Betriebsrat ist die gewählte Interessenvertretung der Arbeitnehmer eines Betriebs. Seine Rechte und Pflichten sind im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Bei personellen Maßnahmen wie Versetzungen muss der Betriebsrat nach § 99 BetrVG angehört werden und kann in bestimmten Fällen seine Zustimmung verweigern. Der Betriebsrat hat zahlreiche Mitbestimmungs-, Mitwirkungs- und Informationsrechte zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen.


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Verhältnismäßigkeit

Die Verhältnismäßigkeit ist ein Rechtsprinzip, nach dem eine Maßnahme geeignet, erforderlich und angemessen sein muss. Im Arbeitsrecht bedeutet dies, dass der Arbeitgeber bei Entscheidungen immer das mildeste wirksame Mittel wählen muss. Die Maßnahme muss einem legitimen Zweck dienen und darf nicht über das erforderliche Maß hinausgehen. Bei einer Versetzung muss beispielsweise geprüft werden, ob es keine schonenderen Alternativen gibt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 106 Gewerbeordnung (GewO): Dieser Paragraph regelt, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitgeber betriebsbedingte Maßnahmen wie Versetzungen oder Kündigungen vornehmen darf. Eine solche Maßnahme muss erforderlich und aus dringenden betrieblichen Erfordernissen resultieren. Die Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein und dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

    Im vorliegenden Fall argumentiert der Kläger, dass die Versetzung nach § 106 GewO nicht gerechtfertigt sei, da sie unverhältnismäßig und nicht zwingend erforderlich ist. Er führt an, dass die Versetzung ihn vor erhebliche private und finanzielle Belastungen stellt, wodurch die Voraussetzungen des § 106 GewO nicht erfüllt sind.

  • § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph stellt die Grundvoraussetzungen für den Kündigungsschutz bereit. Er gilt für Arbeitsverhältnisse, die länger als sechs Monate bestehen und in Betrieben mit mindestens zehn Arbeitnehmern geführt werden. Das KSchG schützt Arbeitnehmer vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen, indem es soziale Kriterien wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung berücksichtigt.

    Der Kläger ist seit über vier Jahren in einem Betrieb mit mehr als zehn Mitarbeitern beschäftigt, wodurch § 1 KSchG auf ihn anwendbar ist. Seine Kündigung bzw. Versetzung muss daher sozial gerechtfertigt sein, was er in seiner Klage bestreitet.

  • § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Dieser Paragraph verpflichtet den Arbeitgeber, den Betriebsrat vor personellen Maßnahmen wie Versetzungen oder Kündigungen anzuhören. Der Betriebsrat hat dabei ein Mitbestimmungsrecht, und ohne seine Zustimmung sind solche Maßnahmen rechtlich unwirksam.

    Im vorliegenden Fall ist nicht ersichtlich, ob der Betriebsrat in die Entscheidung zur Versetzung des Klägers einbezogen wurde. Eine fehlende Anhörung könnte die Rechtmäßigkeit der Versetzung und der daraus resultierenden Kündigung infrage stellen.

  • § 612 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph definiert den Arbeitsvertrag als ein gegenseitiges Versprechen, Arbeitsleistungen gegen Entgelt zu erbringen. Er bildet die Grundlage für alle weiteren Regelungen im Arbeitsrecht, einschließlich der Bedingungen für Versetzungen und Kündigungen.

    Der Arbeitsvertrag des Klägers sieht vor, dass der Einsatzort flexibel nach den Projekterfordernissen des Unternehmens bestimmt wird. Die Versetzung an einen anderen Standort erfolgt somit im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen, was jedoch im Kontext der Zumutbarkeit und der gesetzlichen Vorgaben geprüft werden muss.

  • § 74 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Dieser Paragraph regelt die Pflichten des Betriebsrats bei der Erarbeitung von Betriebsvereinbarungen und die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber bei personellen Veränderungen. Der Betriebsrat kann hier Einfluss auf die Gestaltung und Durchführung von Versetzungen nehmen.

    Die Versetzung des Klägers könnte unter § 74 BetrVG fallen, insbesondere wenn es um die Mitbestimmung des Betriebsrats geht. Eine ordnungsgemäße Einbindung des Betriebsrats ist wesentlich, um die Rechtmäßigkeit der Versetzung und der damit verbundenen Kündigung sicherzustellen.


Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 6 SLa 79/24 – Urteil vom 11.07.2024


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