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Wirksamkeit einer Arbeitsvertragsbefristung

ArbG Wuppertal – Az.: 7 Ca 1786/19 – Urteil vom 05.12.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Streitwert: 7.482,03 EUR.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 03.07.2019 endete.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war vom 14.10.2014 bis zum 03.09.2019 aufgrund mehrerer befristeter Verträge als Klarinettist im Ohrchester-A der Beklagten in Teilzeit zu einem Bruttomonatsgehalt von 2.494,01 EUR beschäftigt.

In dem ursprünglichen Arbeitsvertrag vom 06.10.2014 vereinbarten die Parteien die Einstellung des Klägers als Musiker zum Spielen des Instrumentes Klarinette als Zweiter Klarinettist gemäß § 14 Absatz 1 TzBfG, befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. vom 14.10.2014 bis 03.07.2015. Das verwendete Vertragsmuster sah unter § 1 Absatz 3 die Anwendung des Tarifvertrags für die Musiker in Kulturorchestern vom 31.10.2019 (TVK) in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen vor. Ein nach dem vorformulierten Vertragsmuster entsprechenden Arbeitsvertrag vom 07.04.2015 vereinbarten die Parteien die Beschäftigung des Klägers als Zweiten Klarinettisten gemäß § 14 Absatz 1 TzBfG, befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. vom 04.07.2015 bis zum 03.07.2016. Nach einem weiteren Vertrag vom 30.05.2016 „Arbeitsvertragsänderungen“ änderten die Parteien den Arbeitsvertrag vom 07.04.2015 mit Wirkung zum 04.07.2016, befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. vom 04.07.2016 bis zum 03.07.2017. Mit einer zweiten Arbeitsvertragsänderung vom 13.04.2017 vereinbarten die Parteien die Weiterbeschäftigung des Klägers befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. vom 04.07.2017 bis zum 03.07.2018. Aufgrund eines dritten auf den 18.05.2018 datierten Änderungsvertrag wurde das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger befristet für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. vom 04.07.2018 bis zum 03.07.2019 vereinbart.

Die Beklagte hat in Ihrem A-Orchester ihre Holzbläser und damit auch die Klarinette vierfach besetzt. Die vier Klarinetten in Vollbesetzung sind: Herr Q. (Soloklarinette), Frau M., Herr X. und Herr I.. Da Herr I. befristet auf eine halbe Stelle ging, hatte die Beklagte in dieser Zeit Bedarf für eine weitere halbe Stelle. Herr I. hat jeweils im April beantragt, seine Teilzeit um ein weiteres Jahr bis zum 03. Juli des Folgejahres zu verlängern. Er hat der Beklagten mehrfach mitgeteilt, dass die Klarinettengruppe wünsche, dass dann auch der Vertrag von Herrn L. für die andere halbe Stelle verlängert werde. Dementsprechend hat die Beklagte jeweils mit dem Kläger einen entsprechenden befristeten Teilzeitvertrag abgeschlossen.

§ 3 TVK lautet in der neuen Fassung ab 01.06.2019 – soweit von Bedeutung- wie folgt:

„a)…..

b)  § 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

„Der Abschluss eines einzelnen Zeitvertrages für die Dauer von mehr als drei Jahren, im Fall des Unterabsatzes 2 Buchstabe a von mehr als zwei Jahren, ist unzulässig.“

Mit seiner am 17.07.2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung seines letzten Arbeitsvertrages.

Er meint, die Befristung seines letzten Arbeitsvertrags verstoße gegen § 3 Absatz 1 TVK. Die tarifliche Vorschrift verbiete den Abschluss von Zeitverträgen für die Dauer von mehr als drei Jahren. Es bestehe kein Grund, der eine Differenzierung zwischen dem Abschluss eines befristeten Vertrages für mehr als drei Jahre und der Verlängerung eines befristeten Vertrages über drei Jahre hinaus rechtfertigen könne. Er bestreitet mit Nichtwissen, das der Grund der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. seine befristete Beschäftigung für beinahe fünf Jahre mit insgesamt zwei befristeten Verträgen und drei Vertragsverlängerungen rechtfertige. Die Verlängerung eines Zeitvertrages für die Dauer von insgesamt mehr als drei Jahren sei tarifnormwidrig. Er meint, der befristete Vertrag und seine Verlängerungen würden als einheitlicher Vertrag zu beachten seien, so dass der Abschluss des befristeten Vertrages vom 07.04.2015 sowie seine drei Verlängerungen unter den Anwendungsbereich des § 3 Absatz 1 Satz 5 TVK fielen mit der Folge, dass die Befristung unwirksam sei.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund Befristung zum 03.07.2019 beendet worden ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über den 03.07.2019 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Befristung des letzten Änderungsvertrages sei wirksam. Der TVK verbiete nur die Befristung eines einzelnen Arbeitsvertrages über drei Jahre hinaus. Mehrere befristete Verträge zusammen dürfen hingegen diese Dauer überschreiten. Die Befristungen des Klägers seien sachlich gerechtfertigt, da Herr I. seine Teilzeit jeweils um ein weiteres Jahr verlängert habe und die zweite Hälfte seiner Stelle zu besetzen gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Befristungskontrollklage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Absatz 2 Nr. 2 ZPO. Die angegriffene Befristung ist konkret bezeichnet. Der Kläger wendet sich gegen die letzte Abrede, nach der das Arbeitsverhältnis der Parteien am 03.07.2019 enden soll.

II.

Die Klage ist unbegründet, da die Befristung nach § 14 Absatz 1 TzBfG gerechtfertigt ist.

1.

Die Befristung gilt nicht bereits nach § 17 Absatz 2 TzBfG i. V. m. § 7 Halbsatz 1 KSchG als wirksam, denn der Kläger hat ihre Rechtsunwirksamkeit rechtzeitig geltend gemacht. Mit der am 19.07.2019 beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 22.07.2019 zugestellten Klage hat er die Klagefrist des § 17 TzBfG eingehalten.

2.

Die Befristung ist nach § 14 Absatz 1 Satz 2 TzBfG wirksam.

a)

Wirksamkeit einer Arbeitsvertragsbefristung
(Symbolfoto: U. J. Alexander/Shutterstock.com)

Die Befristung ist jeweils für die Dauer der Teilzeitbeschäftigung von Herrn I. erfolgt. Die Beklagte hat in ihrem A-Orchester ihre Holzbläser und damit auch die Klarinette vierfach besetzt. Die vier Klarinetten in Vollbesetzung sind Herr Q., Frau M., Herr X. und Herr I.. Da Herr I. seine Stelle ab 14.10.2014 auf eine halbe Stelle reduziert hat, war ein Bedarf für die weitere halbe Stelle vorhanden. Diese hat die Beklagte mit dem Kläger besetzt. Herr I. hat jeweils im April eines Jahres darum gebeten, seine halbe Stelle noch einmal zu verlängern und mitgeteilt, dass Herr L. daran interessiert sei, eine weitere Saison im Orchester zu spielen. Die Beklagte hat daraufhin jeweils das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger um ein weiteres Jahr zur Vertretung befristet. Sie hat entsprechenden Schriftverkehr vorgelegt. Der Kläger hat dies nicht weiter bestritten. Nach § 14 Absatz 1 Satz 2 TzBfG liegt ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Mitarbeiters beschäftigt wird. Dies ist vorliegend der Fall gewesen.

b)

Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt die Befristungsabrede auch nicht gegen Tarifrecht. Sie ist mit § 3 Absatz 1 TVK vereinbar.

Der Wortlaut des § 3 Absatz 1 Unterabsatz 2 Satz 2 TVK a.F war nicht eindeutig. Der Satz über die Unzulässigkeit des Abschlusses von Zeitverträgen für die Dauer von mehr als drei Jahren kann so verstanden werden, dass entweder alle aneinander gereihten Zeitverträge oder der einzelne Zeitvertrag die Höchstdauer von drei Jahren nicht überschreiten darf. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, 10.02.1999 – 7 AZR 593/97, zitiert nach juris) verbietet § 3 Absatz 1 des Tarifvertrages für die Musiker in Kulturorchestern den Abschluss eines Zeitvertrages für die Dauer von mehr als drei Jahren, nicht aber den Abschluss mehrerer kurzer Zeitverträge mit einer Gesamtdauer von mehr als drei Jahren. Die Tarifparteien Bühnenverein & DOV haben mit 08.06.2019 durch die Neufassung des § 3 Absatz 1 Unterabsatz 3 TVK klargestellt, dass der Abschluss eines einzelnen Zeitvertrages für die Dauer von mehr als drei Jahren, im Falle des Unterabsatzes 2 Buchstabe a von mehr als zwei Jahren, unzulässig ist.

Die Tarifvertragsparteien gehen von der Höchstdauer des jeweiligen einzelnen Zeitvertrags aus. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass durch § 3 Absatz 1 TVK eine weitergehende Beschränkung geschaffen werden sollte. Sofern die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 10.02.1999 eine weitergehende Beschränkung dahingehend wollten, dass auch bei Aneinanderreihungen befristeter Verträge bzw. Arbeitsvertragsänderungen eine Höchstgrenze von drei Jahren gelten soll, hätten sie dies durch eindeutige Formulierung im Tarifwortlaut zum Ausdruck gebracht. Die Tarifvertragsparteien haben sich jedoch ausdrücklich auf den Abschluss eines einzelnen Zeitvertrages gestützt. Die mehrfache Befristung von Arbeitsverhältnissen zur Vertretung führt nicht zur Unwirksamkeit der Befristung wegen einer Umgehung der in § 3 TVK vorgesehenen Höchstgrenze. Sinn und Zweck der tariflichen Regelung sprechen ebenfalls für diese Auslegung. Der TVK geht vom unbefristeten Arbeitsverhältnis als Normalfall aus und will befristete Verträge nur unter bestimmten Voraussetzungen zulassen. Die Bestimmung soll die Orchestermusiker neben dem gesetzlich vermittelten Schutz durch das Erfordernis eines Sachgrundes vor dem missbräuchlichen Abschluss von befristeten Kettenarbeitsverträgen schützen. Ein weitergehender Schutz lässt sich dem Tarifvertrag nicht entnehmen, zumal es im Bereich von Kulturorchestern gute Gründe für eine Mehrfachbefristung geben kann, mit der insgesamt die Dauer von drei Jahren überschritten wird. Da Herr I. seine Teilzeit immer nur für ein weiteres Jahr verlängert hat, konnte die Beklagte auch immer nur einen befristeten Teilzeitvertrag für ein Jahr abschließen. Dieser war jeweils durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.

Da das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 03.07.2019 wirksam beendet worden ist, hat der Kläger über diesen Zeitpunkt hinaus keinen Anspruch auf Beschäftigung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Absatz 2 ArbGG i. V. m. § 91 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 61 Absatz 1 ArbGG i. V. m. § 42 Absatz 2 GKG.

 

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