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Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung wegen Drohung und Beleidigung

Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 8 Sa 244/20 – Urteil vom 23.07.2020

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 05.02.2020- 3 Ca 4785/19 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung sowie Weiterbeschäftigung und Annahmeverzugslohn.

Der am 1965 geborene, verheiratete, seiner Ehefrau und zwei Kindern unterhaltsverpflichtete, schwerbehinderte Kläger ist seit dem 01.11.1988 bei der Beklagten als Fachpacker und Kommissionierer in der Abteilung Logistik-Ersatzteilverpackung tätig.

Die Beklagte stellt an ihrem Standort im K Stadtteil B hochmoderne Pumpen, Vakuumlösungen sowie komplementierende Zubehörteile und Messgeräte her und vertreibt diese weltweit. Sie beschäftigt ca. 1.700 Mitarbeiter, davon die Hälfte in B .

Der Leiharbeitnehmer L war seit Oktober 2018, die Leiharbeitnehmerin H seit Ende Februar 2019 bei der Beklagten tätig. Die beiden Leiharbeitnehmer unterhielten sich wiederholt laut am Arbeitsplatz der Leiharbeitnehmerin H , die im selben Raum wie der Kläger arbeitete. Dies führte zu Spannungen und Beschwerden des Klägers. Er bat wiederholt um Ruhe, da er sich sonst nicht auf seine Verpackungstätigkeit konzentrieren könne. Streitpunkt war auch ein von dem Leiharbeitnehmer L z laut aufgedrehtes Radio.

Eine Ende März 2019 vom Vorarbeiter A einberufene Teambesprechung führte dazu, dass Herr L aufgefordert wurde, nicht mehr im Raum des Klägers zu arbeiten. Die Leiharbeitnehmer L und H unterhielten sich jedoch weiterhin laut und hörten laut Radio. Anfang Mai 2019 erteilte die Beklagte ein Radioverbot in der Werkhalle. Die Streitigkeiten zwischen dem Kläger und den Leiharbeitnehmern L und H hielten jedoch an.

Am 28.05.2019 in der Mittagspause guckten die Leiharbeitnehmer L und H in unmittelbarer Nähe des Arbeitstisches des Klägers, wo er seine Mittagspause machte, auf dem Smartphone des Herrn L Filme und redeten laut. Der Kläger forderte beide auf, leise zu sein. Es kam zu einem heftigen Wortwechsel der Beteiligten, der im Einzelnen streitig ist. Herr L , der ein Rampack (ein eckig gefalteter verschlossener Karton mit einer Länge von einem Meter zum Schutz stoß- und bruchempfindlicher Produkte) in seiner Hand hielt, stellte sich mit diesem vor den Kläger und deutete bzw. drohte an, ihn damit zu bewerfen. Der Kläger entgegnete: „Mach, mach, du wirst sehen, was dann passiert.“ Grinsend fragte Herr L nach, was der Kläger denn machen würde. Beide redeten mit lauter Stimme. Die Reaktion des Klägers hierauf ist streitig.

Nachdem der Kläger, Herr L und Frau H einige Tage weiter „zusammen“ gearbeitet hatten, wandten sich die Leiharbeitnehmer am 04.06.2019 an die Personalabteilung. Sie gaben an, der Kläger habe in dem Streit am 28.05.2019 Herrn L „Bekloppter“, „einfach dumm“ sowie „keine Intelligenz“ genannt. Herr L und Frau H schilderten den Vorfall wie folgt:

Frau H :

„M schaute mich an. Grinste und während dessen nahm er ein Stück Rampack und deutete damit an ihn (H ) damit zu bewerfen. Und sagte zu H : … Das reicht, mach den Mund bitte zu.

H /Reaktion und Antwort: Mach, mach, du wirst sehn, was passiert. Mit aggressiver und lauter Stimme.

M a/Reaktion und Antwort: Ja, was würdest du denn machen? Und grinste vor sich hin.

H /Reaktion und Antwort: Da würde ich dich erschießen. Mit aggressiver lauter Stimme.

M /Reaktion und Antwort: Wie machst du das? Mit lauter Stimme.

H /Reaktion und Antwort: Mit offenen großen Augen mit aggressivem Gesichtsausdruck. Er zeigte mit der rechten Hand eine Waffe. Hätte ich eine Waffe, dann würde ich dich erschießen.“ (schriftliche Äußerung vom 04.06.2019).

Herr L :

„Während ich den Rampack genommen habe, sagte ich: Das reicht, mach den Mund zu bitte, mit lauter Stimme.

H : mach, mach, du wirst schon sehen, was passiert.“

Meine Antwort: Ja, was würdest du machen?

H : Da würde ich dich erschießen.

Meine Antwort: Wie machst du das?

H : seine Reaktion darauf war mit großen Augen und aggressivem Gesichtsausdruck. Seine Handlung: mit der rechten Hand zeigte er eine Waffe.“ (schriftliche Äußerung vom 05.06.2019).

Darüber hinaus erklärten beide der Beklagten, der Kläger habe im März 2019 zu Herrn L mit aggressiver Stimme gesagt: „Du bist blöder, du verstehst nicht. Araber sind alle doof. … Araber sind alle gefährlich, sie lügen immer.“

Am 06.06.2019 hörte die Beklagte den Kläger zu den Beschwerden der Leiharbeitnehmer an. Der Kläger bestritt, gegenüber Herrn L geäußert zu haben, er werde ihn erschießen, wenn er eine Waffe hätte.

Die Beklagte stellte den Kläger im Anschluss an dieses Gespräch widerruflich frei und erteilte ihm ein Hausverbot für das Betriebsgelände.

Mit Schreiben vom 25.06.2019 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur außerordentlichen und hilfsweise zur ordentlichen Kündigung an. Der Betriebsrat widersprach den Kündigungen mit Schreiben vom 27.06.2019. Darin heißt es zur Begründung des Widerspruchs:

1.

„H A spricht schlechtes Deutsch und hat eine laute Stimme, die teilweise als aggressiv  empfunden wird. Es ist zu berücksichtigen, dass Herr A schwerbehindert ist und bei der Ausübung seiner Tätigkeit sich sehr konzentrieren muss und auf Ruhe angewiesen ist.

2.

Auf Grund der vorliegenden gegensätzlichen Aussagen von Frau H , Herrn L und Herrn A zum Zitat von Herrn A “ ich würde dich (Herrn L ) erschießen, wenn ich eine Waffe hätte“, ist es aus Sicht des Betriebsrats nicht erkennbar, dass der Vorfall wie beschrieben stattgefunden hat.

3.

Der Arbeitgeber hat nicht alle relevanten Kollegen zu diesem Vorfall gehört (z.B. Y Al , als Fachvorgesetzten).

4.

Der Betriebsrat hat mit Frau H und Herrn Al , A und G gesprochen und dabei teilweise ein anderes Bild zum Sachverhalt bzw. der Ausgangssituation erhalten:

a.

Frau H erscheint uns als maßgeblicher Teil der ständigen gegenseitigen Provokationen zwischen den Herren L und Herrn A zu sein. Beide Kollegen arbeiteten seit Oktober 2018 ohne Zwischenfälle zusammen. Seit Eintritt von Frau H , Februar 2019, hat sich das Verhältnis der Kollegen L und A zum negativen verändert.

b.

Die Zeugenaussage von Frau H erscheint dem Betriebsrat als parteiisch, da sie an der Gesamtsituation und dem Vorfall am 28,05.2019 selbst beteiligt war.

c.

Als weitere Bestätigung betrachtet der Betriebsrat dass der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag (über die Leiharbeitsfirma M ) mit Herrn L am 14.6.2019 auslaufen lies und den Arbeitsvertrag mit Frau H nicht über den 30.06.2019 verlängert, obwohl in der  Abteilung Bedarf für Arbeitskräfte vorhanden ist. Es liegt dem Betriebsrat eine Personalanforderung über zwei Leiharbeitnehmer in dieser Abteilung vor.

5.

Die Meldung über die angebliche Bedrohung ist erst 4 Arbeitstage nach dem Vorfall, nämlich am 04.06.2019, an den Arbeitgeber erfolgt. Herr L arbeitete nach dem 28.05.2019 noch zwei Tage mit Herrn A , ohne weitere Vorfälle weiter.

6.

Der Arbeitgeber ist seiner Fürsorgepflicht allen beteiligten Mitarbeitern gegenüber nicht rechtzeitig und nachhaltig nachgekommen. Wie in dem Anhörungsschreiben vom 25.6.2019 geschildert, ist es bereits im März 2019 zu Vorfällen gekommen. Allerdings wurden hier keine ausreichenden Maßnahmen seitens Arbeitgebers ergriffen, die dauerhaft deeskalierend gewirkt hätten.

7.

Da die beiden beteiligten Leiharbeitnehmer, Frau H und Herr L , nach dem 30.06.2019 nicht mehr bei L arbeiten, sollte eine Weiterbeschäftigung von Herrn A , sogar in seiner bisherigen Abteilung, weiter möglich sein.“

Die Schwerbehindertenvertretung stimmte der beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung zu. Es heißt dort: „Am 28.05.2019 mündete es in einer von H ausgesprochenen Morddrohung gegen seinen Kollegen M L . Er deutete mit seiner Hand eine Pistole an und sagte: Dann würde er ihn erschießen.“

Mit Schreiben vom 17.06.2019 beantragte die Beklagte beim LVR-Inklusionsamt Rheinland die Zustimmung zur außerordentlichen, hilfsweise zur ordentlichen Kündigung. Das Inklusionsamt bestätigte hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 02.07.2019 den Eintritt der Fiktion gemäß § 174 SGB IX.

Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 02.07.2019 außerordentlich und – nach Zustimmung des Inklusionsamtes – mit Schreiben vom 31.01.2020 hilfsweise ordentlich zum 31.08.2020.

Der Kläger hat gegen beide  Kündigungen Kündigungsschutzklage erhoben und darüber hinaus Annahmeverzugslohn sowie Weiterbeschäftigung begehrt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, beide Kündigungen seien unwirksam, da kein Kündigungsgrund bestehe und die Frist des § 626 Abs. 2 BGB  nicht eingehalten worden sei. Er habe somit auch Anspruch auf Annahmeverzugslohn.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1.  festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der klägerischen Partei durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 02.07.2019 nicht aufgelöst worden ist;

2.  die beklagte Partei zu verurteilen, die klägerische Partei für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Fachpacker und Kommissionierer weiter zu beschäftigen;

3.  die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger

a)  3.536,92 EUR brutto abzüglich eines Nettobetrages in Höhe von 131,00 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.08.2019;

b)  weitere 3.536,92 EUR brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.09.2019;

c)  weitere 3.536,19 EUR abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 413,94 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.10.2019;

d)  weitere 3.536,19 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 2.069,70 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.11.2019;

e)  weitere 3.536,19 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 2.069,70 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.12.2019;

f)  weitere 3.536,92 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 2.069,70 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.01.2020;

g)  weitere 3.536,92 EUR brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 2.069,70 EUR nebst fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB ab dem 01.02.2020 zu zahlen;

4.  festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers auch nicht durch die schriftliche Kündigung vom 31.01.2020 aufgelöst worden ist, fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis sei durch die außerordentliche Kündigung beendet worden, da ein wichtiger Kündigungsgrund bestehe. Der Kläger habe Arbeitskollegen ernstlich mit dem Tod gedroht und schwerwiegend beleidigt.  Eine vorangegangene Abmahnung sei hier entbehrlich. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe Herrn L als „bekloppt“, „einfach dumm“ bezeichnet und gesagt, dieser habe „keine Intelligenz“. Der Kläger habe, als Herr L „andeutete, ihn mit einem Rampack zu bewerfen und der Kläger gesagt hatte: „Mach! Mach“ Du wirst sehen, was dann passiert!“, woraufhin Herr L ihn grinsend gefragt hatte, was er denn machen würde, in aggressivem Tonfall entgegnet, dass er ihn dann erschießen würde. Auf die Frage des Herrn L mit lauter Stimme, wie er das denn machen wolle, habe der Kläger die Augen aufgerissen und mit der rechten Hand eine Waffe imitiert und verkündet, dass er, wenn er eine Waffe hätte, ihn erschießen würde. Dabei habe er auf Herrn L und Frau H auf Grund seiner Stimmlage und Mimik höchst aggressiv gewirkt. Sie hätten die Drohung als ernsthaft empfunden, was auch die Meldung bei der Personalabteilung zeige.

Die Beklagte hat weiter behauptet, der Kläger habe sich bereits Anfang März 2019 aggressiv und beleidigend gegenüber Herrn L geäußert habe, nämlich als „Blöder“,. Weiterhin habe er Araber als allesamt „doof“, „gefährlich“ und als „Lügner“ bezeichnet. Der Vorgesetzte, Herr Al sei am nächsten Morgen von Herrn L informiert worden und habe und die anwesenden Arbeitnehmer in der Abteilung dazu aufgefordert, als Mannschaft zusammenzuarbeiten. Er habe erklärt, dass jeder an jedem freien Arbeitsplatz arbeiten könne. Gleichwohl habe sich der Kläger weiter uneinsichtig gezeigt und gefordert, dass Herr L nicht in „seinem“ Bereich arbeite. Herr L sei dann schließlich aufgefordert worden, nicht mehr in dem Raum des Klägers zu arbeiten.

Der Kläger hat darauf erwidert: Am 28.05.2019 in der Mittagspause hätten sich Frau H und Herr L in unmittelbarer Nähe seines Arbeitstisches, wo er seine Mittagspause gemacht habe, mit dem Smartphone Video bzw. Filme angeguckt und hierbei laut amüsiert. Er habe die beiden unter Hinweis auf das Radioverbot vergeblich um Ruhe gebeten. Obwohl  es beiden Kollegen ohne weiteres möglich gewesen wäre, auf ihn Rücksicht zu nehmen, indem sie ihre Späße und das Angucken von Videos/Filmen entweder eingestellt oder aber an einem anderen Ort – wie zum Beispiel dem Arbeitstisch des Herrn L außerhalb dieses Raumes befunden hat, fortzusetzen, habe Herr L ihn – den Kläger – angegrinst und gemeint, dass das in der Pause erlaubt sei. Dann sei es zwischen den Beteiligten zu einem heftigen Wortwechsel gekommen, den er mit den Worten „geht weg, lasst mich in Ruhe“ vergeblich zu beenden versucht habe. Herr L , der einen Rampack in seiner Hand gehalten habe, habe sich vor ihn – den Kläger – gestellt und gefragt, was er tun würde, wenn er ihn damit schlage. Hierauf habe er mit den Worten: „mach, mach, dann siehst du es“ und dabei den Zeigefinger seiner rechten Hand bewegt. Weder habe er gesagt“ Da würde ich Dich erschießen“ noch „ich würde Dich erschießen, wenn ich eine Pistole hätte“ oder mit einer anderweitigen Äußerung habe er Herrn L mit Erschießen gedroht. Er habe Herrn L weder als „dumm“ noch als „bekloppt“ oder als „jemand ohne Intelligenz“ bezeichnet oder anderweitig beleidigt.

Der Kläger hat weiter vorgetragen, er habe in seiner mehr als 30jährigen Beschäftigung im Betrieb der Beklagten kein Geräusch, geschweige denn Geräusche von anderen Kollegen in der Mittagspause oder in der Arbeitszeit  als Störung empfunden. Keiner seiner Kollege hätten ihn oder andere Kollegen bei der Arbeit durch fortwährende Späße und lautes Unterhalten sowie lautes Radio- und Musikhören monatelang gestört und verhöhnt, indem man nach ihm gelauert und auf seine Proteste mit Grinsen und Beschimpfungen reagiert habe, anstatt ihn in Ruhe arbeiten zu lassen.

Zu den von der Beklagten behaupteten Äußerungen im März 2019 trägt der Kläger vor, dass es seinerzeit im Büro des Vorgesetzten Al zu einem Klärungsgespräch gekommen sei, wo er und Herr L sich durch Händedruck versöhnt hätten sich

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf das Urteil (Bl. 255 – 233 d.A.) wird verwiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiter unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlichen Sachvortrags der Auffassung ist, es bestehe ein wichtiger Kündigungsgrund, der eine außerordentliche, jedenfalls eine hilfsweise ordentliche Kündigung rechtsfertige. Das Arbeitsgericht sei zu Unrecht ohne Beweisaufnahme davon ausgegangen, dass es sich um keine ernstliche Drohung gehandelt habe. Die Beklagte behauptet weiter, der Kläger habe am 28.05.2010 den Zeugen L mit dem Tod bedroht und schwerwiegend beleidigt. Es habe sich dabei um eine ernsthafte Drohung gehandelt. Dies habe der Zeuge L auch so empfunden. Es bestehe außerdem eine Wiederholungsgefahr, wie die Beleidigungen des Klägers gegenüber Herrn L im März 2019 zeigten. Der Kläger habe diese Beleidigungen nicht bestritten. Eine vorherige Abmahnung sei wegen der Schwere der Pflichtverletzungen des Klägers entbehrlich. Bei ordnungsgemäßer Würdigung und rechtlicher Bewertung des Sachverhaltes müsse die Interessenabwägung angesichts der Schwere der Pflichtverletzung trotz der mehr als dreißigjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers und seiner Schwerbehinderung zugunsten der Beklagten ausfallen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und ist weiter unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags der Auffassung, weder die außerordentliche noch die hilfsweise ordentliche Kündigung seien gerechtfertigt.  Die von der Beklagten behauptete Drohung sei zu Recht vom Arbeitsgericht als nicht ernstlich, da hypothetisch angesehen worden. Zum einen sei die Drohung – nach Beklagtenvortrag – auf entsprechende Anfrage des Bedrohten, nur für den Fall ausgesprochen worden, dass dieser den Kläger mit dem Rampack bewirft. Der Bedrohte habe es demnach selbst in der Hand gehabt, dies nicht zu tun. Zum anderen hätte er eine Waffe dabei haben müssen, was nicht der Fall gewesen ist. Seine – von der Beklagten behauptete – Drohung sei außerdem durch das Verhalten des Bedrohten provoziert worden.  Dazu habe auch gehört, dass dieser sich vor ihn mit einem Rampack hingestellt  und ihn gefragt habe, was er dann tue, wenn er den Kläger damit bewerfe. Der Kläger bestreitet weiter, dass er Herrn L vorher beleidigt habe. Die Beklagte habe keine geeigneten Maßnahmen zur Entschärfung des länger andauernden Konflikts getroffen. Eine Wiederholungsgefahr gebe es nicht. Dagegen spreche der atypische Ablauf der Geschehnisse am 28.05.2019. Zu Recht sei das Arbeitsgericht – den Beklagtenvortrag als wahr unterstellt – von einem einmaligen und einzigen Versagen des Klägers ausgegangen. Schließlich hätten auch die Kollegen im Betriebsrat, die ihn seit Jahrzehnten kennen und mit ihm arbeiten würden, einstimmig der Kündigung widersprochen.

Wegen der Einzelheiten des Sach-und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.  Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Klage ist begründet. Weder die außerordentliche noch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten haben das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet. Der Kläger hat Anspruch auf Weiterbeschäftigung sowie auf Annahmeverzugslohn für den geltend gemachten Zeitraum. Das Berufungsgericht schließt sich der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts an. Die Berufung der Beklagten enthält keine neuen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkte, die eine andere Entscheidung rechtfertigen könnten.

1.  Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.07.2019 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst.

a.  Es fehlt an einem wichtigen Kündigungsgrund iSv § 626 Abs.1 BGB.  Danach kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, sei es auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist, nicht zugemutet werden kann. Hierbei ist im Rahmen einer 2-stufigen Prüfung festzustellen, ob der zur Kündigung herangezogene Sachverhalt auch ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen. Ist dies der Fall, ist als nächster Prüfungsschritt festzustellen, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – auch nur für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist – unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (ständige Rspr., vgl. etwa BAG  29.06.2017 – 2 AZR 597/16- mwN).

b.  Die Beklagte stützt ihre Kündigung auf den Vorwurf, der Kläger habe den Leiharbeitnehmer Herrn L am 28.05.2019 ernstlich mit dem Tod bedroht und schwerwiegend beleidigt.

Sowohl eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers, von Vorgesetzen und/oder Arbeitskollegen als auch grobe Beleidigungen des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen stellen eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die „an sich“ als wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs 1 BGB in Betracht kommen( BAG 29.06.2017 – 2 AZR 47/16 – mwN).

Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung wegen Drohung und Beleidigung
(Symbolfoto: Von Dusan Petkovic/Shutterstock.com)

Eine ernstliche Drohung liegt vor, wenn die Äußerung nach ihrem sorgfältig zu ermittelnden Erklärungsgehalt objektiv geeignet ist, bei einem „normal“ empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken, und der Wille des Drohenden darauf gerichtet ist, dass der Adressat die Drohung ernst nimmt. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will. Ebenso wenig kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Adressat sie tatsächlich ernst nimmt, und ob eine Störung des Rechtsfriedens eintritt (BAG 29.06.2017 – 2 AZR 47/16 – mwN).

c.  Das Berufungsgericht legt seiner Entscheidung – wie das Arbeitsgericht – den unstreitigen Sachverhalt sowie den streitigen Vortrag der Beklagten zugrunde. Da der vom Klägervortrag in entscheidungserheblicher Weise abweichende Beklagtenvortrag als wahr unterstellt wird, bedurfte es keiner Beweisaufnahme. Dem Kündigungsvorwurf  liegt  danach folgender Sachverhalt zugrunde:

Unstreitig guckten die Leiharbeitnehmer L und H am 28.05.2019 in der Mittagspause in unmittelbarer Nähe des Arbeitstisches des Klägers, wo er seine Mittagspause machte, auf dem Smartphone des Herrn L z Filme und redeten laut. Der Kläger forderte beide auf, leise zu sein. Es kam zu einem heftigen Wortwechsel der Beteiligten, der im Einzelnen streitig ist. Herr L , der ein Rampack (ein eckig gefalteter verschlossener Karton mit einer Länge von einem Meter zum Schutz stoß- und bruchempfindlicher Produkte) in seiner Hand hielt, stellte sich mit diesem vor den Kläger und deutete bzw. drohte an, den Kläger damit zu bewerfen. Der Kläger entgegnete: „Mach, mach, du wirst sehen, was dann passiert.“ Grinsend fragte Herr L nach, was der Kläger denn machen würde. Beide redeten mit lauter Stimme. Die genaue Reaktion des Klägers hierauf ist streitig zwischen den Parteien.

Nachdem der Kläger, Herr L und Frau H einige Tage weiter „zusammen“ gearbeitet hatten, wandten sich die Leiharbeitnehmer am 04.06.2019 an die Personalabteilung.

Herrn L und Frau H wandten sich am 04.06.2019 an die Personalabteilung. Sie gaben an, der Kläger habe in dem Streit am 28.05.2019 Herrn L „Bekloppter“, „einfach dumm“ sowie „keine Intelligenz“ genannt. Die folgenden schriftlichen Äußerungen der beiden hat sich die die Beklagte zu Eigen gemacht hat:

Frau H hat am 04.062019 schriftlich geäußert:

„M schaute mich an. Grinste und während dessen nahm er ein Stück Rampack und deutete damit an ihn (H ) damit zu bewerfen. Und sagte zu H : … Das reicht, mach den Mund bitte zu.

H /Reaktion und Antwort: Mach, mach, du wirst sehn, was passiert. Mit aggressiver und lauter Stimme.

M /Reaktion und Antwort: Ja, was würdest du denn machen? Und grinste vor sich hin.

H /Reaktion und Antwort: Da würde ich dich erschießen. Mit aggressiver lauter Stimme.

M /Reaktion und Antwort: Wie machst du das? Mit lauter Stimme.

H /Reaktion und Antwort: Mit offenen großen Augen mit aggressivem Gesichtsausdruck. Er zeigte mit der rechten Hand eine Waffe. Hätte ich eine Waffe, dann würde ich dich erschießen.“

Herr L : hat am 05.05.2019 schriftlich geäußert:

„Während ich den Rampack genommen habe, sagte ich: Das reicht, mach den Mund zu bitte, mit lauter Stimme.

H : mach, mach, du wirst schon sehen, was passiert.“

Meine Antwort: Ja, was würdest du machen?

H : Da würde ich dich erschießen.

Meine Antwort: Wie machst du das?

H : seine Reaktion darauf war mit großen Augen und aggressivem Gesichtsausdruck. Seine Handlung: mit der rechten Hand zeigte er eine Waffe.“

Darüber hinaus erklärten beide der Beklagten, der Kläger habe  im März 2019 zu Herrn L mit aggressiver Stimme gesagt: „Du bist blöder, du verstehst nicht. Araber sind alle doof. … Araber sind alle gefährlich, sie lügen immer.“

d.  Die Drohung und Beleidigung des Klägers gegenüber Herrn L am 28.05.2019  stellt  – bei Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Beklagtenvortrags eine Pflichtverletzung dar. Ob das Fehlverhalten des Klägers – den Beklagtenvortrag als wahr unterstellt – „an sich“ geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen kann offen bleiben. Es bestehen allerdings – im Anschluss an das Arbeitsgericht – erhebliche Zweifel, ob hier von einer ernstlichen Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben ausgegangen werden kann. Dem steht – wie auch der Kläger zu Recht einwendet – der hypothetische Charakter der Drohung entgegen. Denn der Kläger spricht seine Drohung „Da würde ich Dich erschießen“ nur für den Fall aus, dass Herr L ihn mit dem Rampack bewirft. Die Drohung „ich würde Dich erschießen, wenn ich eine Pistole hätte“  enthält die Bedingung  „wenn ich eine Pistole hätte“. Unstreitig und für die Bedrohten auch klar erkennbar, hatte der Kläger keine Pistole dabei und ist – etwa anderes ist weder ersichtlich noch von der Beklagten vorgetragen -auch nicht im Besitz einer Pistole.

Die von der Beklagten behaupteten Äußerungen des Klägers im Streit am 28.05.2019, wonach er Herrn L als „Bekloppter“, „einfach dumm“ sowie „keine Intelligenz“ bezeichnet habe, sind als grobe Beleidigungen anzusehen. Es bestehen jedoch auch insoweit Zweifel, ob diese Beleidigungen als so schwerwiegend angesehen werden können, dass sie „an sich“ geeignet sind, eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass ein konkreter, mithin schlüssiger Vortrag der Beklagten zum genauen Gesprächszusammenhang, insbesondere fehlt, was Herr L in dem unstreitig heftigen Wortwechsel zum Kläger gesagt hat.

e.  Selbst wenn das Fehlverhalten des Klägers – bei Zugrundelegung des unstreitigen Sachverhalts und des streitigen Beklagtenvortrags -als „an sich“ geeigneter Kündigungsgrund anzusehen ist, hätte die Beklagte diese Pflichtverletzung abmahnen müssen. Der Ausspruch der Kündigung ist unverhältnismäßig.  Davon ist das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

aa.  Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (ständ. Rspr.,vgl. etwa BAG vom 19.04.2012 – 2 AZR 186/11 – mwN).

bb.  Nach diesen Grundsätzen hätte die Beklagte wegen des – bei Zugrundelegung des unstreitigen und des streitigen Beklagtenvortrag – als Pflichtverletzung anzusehende Verhalten des Klägers am 28.05.2019 keine Kündigung aussprechen dürfen. Sie hätte vielmehr dem Kläger dafür eine Abmahnung erteilen müssen.

1)  Bei der behaupteten Drohung und Beleidigung des Klägers gegenüber Herrn L handelt es sich um ein steuerbares Verhalten. Eine vorangegangene Abmahnung für ein gleichgelagertes Fehlverhalten des Klägers  hat die Beklagte nicht ausgesprochen.

2)  Es handelt es sich bei dem Fehlverhalten des Klägers auch um eine so schwere Pflichtverletzung, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Kläger erkennbar – ausgeschlossen ist.

Die von der Beklagten behauptete Bedrohung sowie Beleidigung des Herrn L am 28.05.2019 steht im Zusammenhang mit einem Konflikt, der sich über Monate aufgebaut hat und in dem es vor allem darum ging, dass sich der Kläger durch lautstarkes Radio und Reden der beiden Leiharbeitnehmer in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsplatzes gestört fühlte.  Der Kläger hat dazu – von der Beklagten nicht ausgeräumt – vorgetragen, er habe in seiner mehr als 30jährigen Beschäftigung im Betrieb der Beklagten kein Geräusch, geschweige denn Geräusche von anderen Kollegen in der Mittagspause oder in der Arbeitszeit  als Störung empfunden. Keiner seiner Kollege hätten ihn oder andere Kollegen bei der Arbeit durch fortwährende Späße und lautes Unterhalten sowie lautes Radio- und Musikhören monatelang gestört und verhöhnt, indem man nach ihm gelauert und auf seine Proteste mit Grinsen und Beschimpfungen reagiert habe, anstatt ihn in Ruhe arbeiten zu lassen. Es handelt es demnach um einen erstmaligen und einmaligen Konflikt des Klägers mit  anderen Mitarbeitern im Laufe seines über 30jährigen Arbeitsverhältnisses. Dieser Konflikt eskalierte am 28.05.2019. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Beklagte keine ausreichenden und geeigneten Maßnahmen zur Deeskalierung dieses über Monate andauernden Konflikts unternommen hat. Dies hat auch der Betriebsrat, wie sich aus seiner Widerspruchsbegründung ergibt, so gesehen. Dabei ist auch berücksichtigen, dass der Kläger, der sich in seinem Bedürfnis, in Ruhe und konzentriert arbeiten zu könne durch die Lautstärke der beiden Leiharbeitnehmer gestört fühlte,  als Schwerbehinderter in besonderer Weise auf arbeitgeberseitige Fürsorge angewiesen.

Hinzu kommt, dass der Kläger vor Ausspruch der behaupteten Drohung von Herrn L   provoziert worden ist.  Denn unstreitig hielt Herr L unmittelbar davor einen Rampack in seiner Hand, stellte sich mit diesem vor den Kläger und deutete bzw. drohte an, den Kläger damit zu bewerfen; worauf der Kläger entgegnete: „Mach, mach, du wirst sehen, was dann passiert“ ; worauf Herr L den Kläger grinsend fragte, was er denn machen würde. Bei dem Rampack handelt es sich nicht bloß um ein kleines Stück Pappe, sondern um einen eckig gefalteten verschlossenen Karton mit einer Länge von einem Meter zum Schutz stoß- und bruchempfindlicher Produkte. Herr L hat dem Kläger gedroht, ihn damit  aus nächster Nähe zu bewerfen, was zu einer Körperverletzung hätte führen können. Diese Drohung rechtfertigt zwar nicht die von der Beklagten behauptete Drohung des Klägers „Da würde ich Dich erschießen“.  Diese  Drohung steht jedoch unter der Bedingung, dass Herr L seine Drohung wahrmacht und den Kläger mit dem Rampack bewirft. Daraus ergeben sich- wie bereits ausgeführt – erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Drohung des Klägers.

Wegen der weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

3)  Schließlich war – zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung – auch nicht bereits ex ante erkennbar, dass eine Verhaltensänderung des Klägers in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten stand. Dies ist weder ersichtlich, noch von der Beklagte ansatzweise schlüssig vorgetragen. Soweit die Beklagte meint, es bestünde eine Wiederholungsgefahr, da der Kläger bereits im März 2019 Herrn L beleidigt habe, ist dieser Vortrag nicht geeignet, eine Uneinsichtigkeit des Klägers bei Ausspruch einer Abmahnung zu begründen. Wegen der weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

f.  Aus den vorstehend genannten Gründen  sowie vor allem auch unter Berücksichtigung des mit über  30 Jahren sehr langjährigen Arbeitsverhältnisses, das mit Ausnahme des Konflikts mit den Leiharbeitnehmern Herrn L und Frau H , völlig ungestört verlaufen ist, fällt auch die gebotene Interessenabwägung zugunsten des Klägers aus. Wegen der weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

2.  Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht durch die vorsorglich fristgerecht ausgesprochene Kündigung der Beklagten vom 31.01.2020 aufgelöst worden. Diese Kündigung ist rechtsunwirksam, da nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Wie bereits für die außerordentliche Kündigung ausgeführt, hätte die Beklagte auf die von ihr behauptete Pflichtverletzung des Klägers unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht mit einer Kündigung, sondern mit einer Abmahnung reagieren müssen. Auf die weiteren zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird verwiesen.

3.  Dem als Klageantrag zu 2) geltend gemachten allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag war nach Obsiegen mit dem Kündigungsschutzantrag nach den Grundsätzen des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 27,02.1985 (GS 1/84) stattzugeben. Wegen der weiteren Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen.

4.  Dem Kläger steht nach Ausspruch der unwirksamen Kündigungen der Beklagten für den streitgegenständlichen Zeitraum von Juli 2019 bis Januar 2020 Annahmeverzugslohn zu gemäß § 611 a i.V.m. dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 615 BGB nebst Zinsen gemäß §§ 288 Abs.1, 286 Abs.2 Nr.1 BGB. Die Höhe der geltend gemachten Lohnansprüche ist zwischen den Parteien außer Streit.

II.  Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Berufung zu tragen(§ 97 Abs. 1 ZPO).

III.  Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG nicht zuzulassen.

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