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Wöchentliche Arbeitszeit bei Abrufarbeitsverhältnis – Vergütung

Arbeitszeitstreit bei Druckerei: Klägerin fordert Vergütung wegen Annahmeverzuges.

Seit 2006 arbeitet die Klägerin als „Abrufkraft Helferin Einlage“ bei einer Druckerei. Nun streiten die Parteien über ihre Arbeitszeit und Vergütung. Die Klägerin verlangt, dass die Beklagte sie mit monatlich 123,6 Stunden beschäftigt, da dies ihrem durchschnittlichen Arbeitspensum der letzten drei Jahre vor 2020 entspricht. Die Beklagte weist dies zurück und beruft sich auf den Arbeitsvertrag, der eine Beschäftigung auf Abruf vorsieht.

Die Parteien sind sich auch uneins darüber, wie die geleistete Arbeitszeit zu berechnen ist, ob beispielsweise samstags gearbeitete Stunden einbezogen werden müssen. Die Beklagte rief die Klägerin im Zeitraum von Januar 2017 bis Dezember 2019 nach Bedarf ab, danach nahm der zeitliche Umfang des Abrufs ab. Die Klägerin fordert nun Differenzansprüche für bestimmte Monate und macht geltend, dass die Beklagte in Annahmeverzug geraten sei. Die Beklagte lehnt die Forderungen ab. Die Klägerin beruft sich auf die betriebliche Übung und die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie.

Eine Klägerin fordert von einer Beklagten eine Vergütung für geleistete Arbeitsstunden. Die Beklagte weist die Klage zurück und argumentiert, dass die Klägerin nur für 10 Stunden pro Woche arbeiten müsse. Eine Vereinbarung über die Arbeitszeit bestehe nicht, daher greife § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, wonach die Klägerin nur 20 Stunden pro Woche arbeiten könne. Das Arbeitsgericht gibt der Beklagten Recht und weist die Klage ab. Die Klägerin legt Berufung ein und fordert weiterhin eine Vergütung für geleistete Arbeitsstunden. Sie argumentiert, dass eine ergänzende Vertragsauslegung notwendig sei und beruft sich auf die durchschnittliche Arbeitszeit, die sie in der Vergangenheit geleistet hat. Die Beklagte verteidigt ihre Position und weist die Berufung zurück. Sie argumentiert, dass eine ergänzende Vertragsauslegung nicht möglich sei und dass die Klägerin nur für 20 Stunden pro Woche arbeiten könne. Die Parteien haben unterschiedliche Vorstellungen über die Höhe der geschuldeten Arbeitsstunden und die Berechnung der Vergütung. […]

Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 4 Sa 218/22 – Urteil vom 12.10.2022

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 18.01.2022 (2 Ca 98/21) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütung wegen Annahmeverzuges und die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit.

Die Klägerin ist seit dem 03.07.2006 bei der Beklagten als „Abrufkraft Helferin Einlage“ beschäftigt. Zuletzt erzielte sie einen Bruttostundenlohn von 15,59 EUR, ab August 2021 von 15,74 EUR. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 19.06.2006 enthält u.a. die nachfolgenden Regelungen:

“ . . .

1. Frau A. wird zum 03.07.2006 als Mitarbeiterin auf Abruf eingestellt.

2. Die Tätigkeit umfasst die Bereiche Einlage/Verpackung/Post.

3. Die Erbringung der Arbeitsleistung erfolgt auf Abruf. Dabei wird die Lage der Arbeitszeit jeweils mindestens 4 Kalendertage im voraus mitgeteilt.

Die Arbeitsleistung ist auch ohne Einhaltung der Ansagefrist zu erbringen, soweit die Mitarbeiterin im Einzelfall hierauf verzichtet hat.

Im Übrigen wird wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages auf ABl. 5 Bezug genommen.

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie Anwendung. Im Manteltarifvertrag vom 15.07.2005 ist bestimmt:

“ . . .

§ 15 Ausschlussfristen

1. Ansprüche aus dem Manteltarifvertrag und den Lohntarifverträgen sind wie folgt geltend zu machen:

a) Ansprüche auf tarifliche Zuschläge und Antrittsgebühren innerhalb von zwei Wochen nach Vorliegen der Lohnabrechnung, bei sie hätten abgerechnet werden müssen.

b) Sonstige tarifliche Geldansprüche innerhalb von 8 Wochen nach dem Zeitpunkt, an dem sie hätten erfüllt werden müssen.

2. Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziff. 1 festgesetzten Fristen ist ausgeschlossen.

3. Ist ein tariflicher Anspruch rechtzeitig geltend gemacht und lehnt der andere Teil seine Erfüllung ab, muss der Anspruch innerhalb von 12 Wochen seit der ausdrücklichen Ablehnung rechtshängig gemacht werden. Eine spätere Klageerhebung ist ausgeschlossen.

. . . “

Die Beklagte schloss mit dem bei ihr gebildeten Betriebsrat mehrere Betriebsvereinbarungen zur „Arbeit auf Abruf“ für Mitarbeiter/-innen der Einlage ab. Die jüngste dieser Betriebsvereinbarungen, die vom 13.09.2018 datiert (ABl. 52) und vom 01.10.2018 bis zum 31.12.2020 galt, bestimmt in ihrem § 2:

„Für Neueinstellungen von Mitarbeiter/-innen für die Einlage der Weiterverarbeitung (Arbeit auf Abruf) erfolgt die Eingruppierung für sechs Monate in die Eingangsstufe. Danach erfolgt die Eingruppierung in den Stundenlohn der LG I nach dem Lohnabkommen für die Druckindustrie in aktueller Fassung. Die Mindest-Arbeitszeit für diese Mitarbeiterinnen beträgt nach gesetzlicher Regelung wöchentlich 10 Stunden.“

Betriebsvereinbarungen vom 21.05.2013 (ABl. 54) und vom 21.08.2015 (ABl. 53) enthalten insoweit inhaltsgleiche Regelungen.

Im Zeitraum Januar 2017 bis Dezember 2019 rief die Beklagte die Arbeitsleistung der Klägerin nach Bedarf in schwankendem Umfang ab. Wie die geleistete Arbeitszeit konkret zu berechnen ist – ob insbesondere samstags gearbeitete Stunden einzubeziehen sind -, wird von den Parteien unterschiedlich beurteilt. Ausweislich der von der Beklagten abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen zur Samstagsarbeit vom 25.04.2013, vom 21.08.2015 und vom 13.09.2018 (ABl. 59-61) erfolgte der Einsatz an Samstagen freiwillig und ohne Anrechnung auf die wöchentliche Regelarbeitszeit. Seit dem 01.01.2020 ist die Samstagsarbeit entfallen, weil einige Publikationen nunmehr donnerstags gedruckt werden.

Am 28.01.2020 hat die Beklagte der Klägerin zur Vorlage bei deren Krankenkasse eine Bescheinigung erteilt, in der angegeben wird, dass die tatsächliche, wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin 25,25 Stunden beträgt.

Die Beklagte stellt es ihren Mitarbeitern frei, Wünsche in Bezug auf die Einsatzplanung in ein sogenanntes Wunschbuch einzutragen.

Im Jahr 2020 ist der zeitliche Umfang des Abrufs der Klägerin zurückgegangen. Die Beklagte rechnete ihr gegenüber für August 2020 67,75 Stunden sowie Urlaub für 5 Tage ab (Abl. 120), für September 2020 118,25 Stunden (ABl. 119), für November 2020 72,25 Stunden sowie Urlaub für einen Tag (Abl. 117), für Juli 2021 64,0 Stunden sowie Urlaub für 10 Tage (ABl. 114) und für August 2021 75,5 Stunden sowie Urlaub für 5 Tage (ABl. 115).

Die Klägerin machte zunächst persönlich mit Schreiben vom 20.03.2020 (ABl. 56) Differenzen für den Monat Februar 2020 und mit Schreiben vom 21.03.2020 (ABl. 57) für den Monat März 2020 geltend. Dabei ging sie davon aus, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, sie 20 Stunden pro Woche zu beschäftigen. Mit Schreiben vom 08.07.2020 (ABl. 163-164) meldete sich die Gewerkschaft ver.di bei der Beklagten und machte für 21 Mitglieder, darunter die Klägerin, Differenzansprüche für die Monate Januar bis Mai 2020 geltend. Weitere Geltendmachungsschreiben datieren vom 31.08.2020 für die Monate Mai bis Juli 2020 (ABl. 10), vom 10.09.2020 (ABl. 11), vom 22.10.2020 für die Monate August und September 2020 (ABl. 165-167), vom 29.12.2020 für die Monate Oktober und November 2020 (ABl. 168-169), vom 19.02.2021 für den Monat Dezember 2020 (ABl. 170-172) und vom 14.09.2021 für die Monate bis August 2021 (ABl. 173). Die Beklagte lehnte die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 21.07.2020 (ABl. 71-72), vom 02.09.2020 (ABl. 73) und vom 04.01.2021 (ABl. 174) ab. Mit Schreiben vom 16.09.2021 (ABl. 182-183) wies sie außerdem die gegnerische Geltendmachung mit Schreiben vom 14.09.2021 nach § 174 BGB zurück, weil diesem unstreitig keine Vollmachtsurkunde beigefügt war. Mit Schreiben vom 16.03.2021 (ABl. 31) verzichtete die Beklagte vorübergehend für am 23.02.2021 noch nicht verfallene Ansprüche bis zum Ende außergerichtlicher Verhandlungen, deren Zeitpunkt nicht vorgetragen ist, auf das Eingreifen der tariflichen Verfallfristen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet, sie mit monatlich 123,6 Stunden, dem von ihr ermittelten Durchschnittswert der Jahre 2017 – 2019 (Einzelheiten: Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 08.11.2021 auf S. 6 – 14 = ABl. 98-106), zu beschäftigen. Zuletzt hat sie noch Differenzansprüche für die Monate August, September und November 2020 sowie für Juli und August 2021 geltend gemacht.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, die durchschnittliche Arbeitszeit der letzten drei Jahre vor dem Jahr 2020 sei aufgrund einer konkludenten Änderung der ursprünglichen Vertragsabrede Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden. Jedenfalls sei diesbezüglich Konkretisierung eingetreten. Sie sei deutlich über dem Maß abgerufen worden, das der gesetzlichen Fiktion nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG entspreche. Der Anspruch werde auch auf den Grundsatz der betrieblichen Übung gestützt. Es sei korrekt, die Samstagsarbeit in die Durchschnittsberechnung einzufügen. Sie habe sich zur Samstagsarbeit bereit erklärt und sei dann an Samstagen genauso abgerufen worden, wie an anderen Tagen. Dass sich die zuvor an Samstagen angefallene Arbeit nunmehr auf den Donnerstag verlagert habe, sei ohne Bedeutung. Selbst wenn man eine konkludente Einigung verneine und deswegen eine Lücke im Vertrag annehme, ergebe die gebotene ergänzende Vertragsauslegung, dass die Vereinbarung einer monatlichen Arbeitszeit von 123,6 Stunden dem mutmaßlichen Willen der Parteien entspreche. Abzustellen sei dabei auf die tatsächliche Vertragsdurchführung in der Vergangenheit, die dann auch für die Zukunft gelte. Zumindest könne sie aber eine Beschäftigung im Umfang von 20 Stunden pro Woche nach § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG beanspruchen. Soweit die Beklagte sie in den streitgegenständlichen Monaten weniger als 123,6 Stunden beschäftigt habe, sei die Beklagte in Höhe der Differenz in Annahmeverzug geraten und habe deswegen Vergütung in Höhe der Klageforderung zu leisten. Die Differenzlohnansprüche seien ordnungsgemäß und hinreichend konkret innerhalb der Fristen des § 15 MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie geltend gemacht worden.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, die Beklagte wird verurteilt, 1.705,24 EUR brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 516,46 EUR brutto seit dem 01.09.2020, aus 82,63 EUR brutto seit dem 01.10.2020, aus 433,40 EUR brutto seit dem 01.12.2020, aus 258,79 EUR brutto seit dem 01.08.2021 und aus 413,96 EUR brutto seit dem 01.09.2021 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, aus den zur Akte gereichten Betriebsvereinbarungen zur Arbeit auf Abruf ergebe sich, dass die betriebsübliche Arbeitszeit 10 Stunden pro Woche umfasse. Eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung von mehr als 10 Stunden wöchentlich habe für die Klägerin zu keinem Zeitpunkt bestanden. Jedenfalls sei es verfehlt, die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit auf Basis der bisherigen durchschnittlichen Arbeitszeit zu ermitteln. Die Klägerseite habe die Durchschnittswerte bereits fehlerhaft berechnet, weil die Samstagsarbeit wegen ihres freiwilligen Charakters hätte unberücksichtigt bleiben müssen. Darüber hinaus könne aus grundsätzlichen Erwägungen nicht auf die durchschnittliche Arbeitszeit zurückgegriffen werden: Abgesehen davon, dass ein verstetigter Einsatz der Klägerin im Umfang des Durchschnittswerts gerade nicht stattgefunden habe, sei der Abruf der Arbeit ein tatsächliches Verhalten, aus dem nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen geschlossen werden könne. Sei die Arbeitszeit vertraglich nicht vereinbart, greife § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG. Allenfalls könne die Klägerin daher Beschäftigung im Umfang von 20 Wochenstunden verlangen. Ohnehin seien etwaige Zahlungsansprüche verfallen, weil die Klägerseite sie nicht fristgerecht oder jedenfalls nicht ordnungsgemäß, unmissverständlich und in nachvollziehbarer Weise geltend gemacht habe. Den Ansprüchen stehe außerdem entgegen, dass es an einem Angebot zur Arbeitsleistung durch die Klägerin gefehlt habe. Dieses sei auch nicht nach § 296 BGB entbehrlich gewesen.

Mit Urteil vom 18.01.2022 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung führt es aus: Die Parteien hätten Arbeit auf Abruf im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 TzBfG vereinbart. Allerdings hätten sie es unterlassen, gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit festzulegen. Insbesondere sei eine konkludente Vereinbarung über den Umfang der Arbeitszeit unterblieben. Die tatsächliche Vertragsdurchführung in der Vergangenheit basiere auf dem jeweiligen Beschäftigungsbedarf, ihr komme kein Erklärungswert zu. Deswegen seien sowohl eine Konkretisierung auf eine bestimmte Arbeitszeit als auch eine entsprechende betriebliche Übung zu verneinen. Letztere scheitere zudem daran, dass die Klägerin in der Vergangenheit nicht in gleichförmiger Weise eingesetzt worden sei. Mangels Vereinbarung über den Umfang der geschuldeten Arbeitszeit sei auf die Regelung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG zurückzugreifen. Eine ergänzende Vertragsauslegung scheide aus. Die tatsächliche Vertragsdurchführung lasse weder einen Rückschluss auf einen entsprechenden Willen beider Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu noch lasse sie den Willen zur abweichenden Festlegung des geschuldeten Stundenvolumens für die Zukunft erkennen. Da der Gesetzgeber keine Übergangsregelung vorgesehen habe, sei das Arbeitszeitvolumen von 20 Wochenstunden seit dem 01.01.2019 auch für Altverträge maßgeblich. In den streitgegenständlichen Monaten habe die Beklagte die Arbeitsleistung der Klägerin im vereinbarten Umfang abgerufen. Dabei sei maßgeblich, dass die Beklagte in den streitgegenständlichen Monaten die Klägerin jeweils zumindest 80 Stunden (4 Wochen à 20 Stunden) vergütet habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Urteils wird auf ABl. 194-204 verwiesen.

Gegen das der Klägerin am 03.02.2022 zugestellte Urteil richtet sich deren am 23.02.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung, die sie innerhalb der bis zum 04.05.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 29.04.2022 eingegangenem Schriftsatz unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages im Wesentlichen wie folgt begründet:

Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt. Sei eine Arbeitszeit nicht vereinbart, sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung festzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn sie die Problematik bedacht hätten. Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die bisherige tatsächliche Vertragsdurchführung. Das Argument des Arbeitsgerichts, der tatsächlichen Vertragsdurchführung komme kein Erklärungswert zu, verfange nicht. Denn bei der ergänzenden Vertragsauslegung gehe es nicht darum, Willenserklärungen zu ermitteln, sondern festzustellen, was die Parteien als redliche Vertragspartner vereinbart hätten. Insofern habe das Arbeitsgericht die ergänzende Vertragsauslegung mit der konkludenten Vereinbarung einer Arbeitszeit verwechselt. Die Klägerseite habe einen aussagekräftigen Referenzzeitraum als Basis für die Berechnung der durchschnittlichen Arbeitszeit gewählt. Ausreichend sei dafür nach der Rechtsprechung die Betrachtung eines Jahreszeitraumes, so dass die Durchschnittsbetrachtung nicht mit dem Argument abgelehnt werden dürfe, die Festlegung des für die Durchschnittsbetrachtung maßgeblichen Zeitraumes sei unbestimmbar. Die Zugrundelegung von lediglich 20 Wochenstunden (80 Monatsstunden) sei vorliegend nicht interessengerecht, weil die Klägerin im Jahresdurchschnitt deutlich über 80 Stunden pro Monat gearbeitet habe. Bei der Feststellung eines interessengerechten Umfangs der Arbeitszeit sei zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Regelungslücke durch ihre Gestaltung des Arbeitsvertrages entstanden sei. Nach seinem Schutzzweck bilde § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG lediglich eine Auffangregelung im Sinne einer Sockel-Arbeitszeit für den Fall, dass eine abweichende tatsächliche Handhabung der Arbeitszeit durch die Parteien des Arbeitsverhältnisses nicht feststellbar sei. Die Zahlungsansprüche seien nicht verfallen. § 174 BGB finde auf die Geltendmachung von Ansprüchen bereits keine Anwendung. Jedenfalls verhalte sich die Beklagte rechtsmissbräuchlich, indem sie sich erst nach der wiederholten Entgegennahme von Geltendmachungsschreiben auf die fehlende Vorlage einer Vollmacht berufe. Sie habe nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ihre Arbeitskraft auch nicht wörtlich anbieten müssen. Im Übrigen habe sie bereits in ihrem Geltendmachungsschreiben vom 08.07.2020 darauf hingewiesen, dass sie von einer höheren Arbeitszeit ausgehe.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des ArbG Bielefeld vom 18.01.2022 – Az. 2 Ca 98/21 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, 1.705,24 EUR brutto nebst Zinsen Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 516,46 EUR brutto seit dem 1.9.2020, aus 82,63 EUR brutto seit dem 1.10.2020, aus 433,40 EUR brutto seit dem 1.12.2020, aus 285,79 EUR brutto seit dem 1.8.2021 und aus 413,96 EUR brutto seit dem 1.9.2021 an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil, wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen und führt ergänzend aus, § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG sei kein nachrangiger Auffangtatbestand, sondern eine das Methodenmittel der ergänzenden Vertragsauslegung verdrängende Regelung. Anderenfalls verbleibe für § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG kein relevanter Anwendungsbereich, denn ein die bisherige Vertragspraxis widerspiegelnder durchschnittlicher Umfang der Arbeitszeit lasse sich stets berechnen. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber, der zum 01.01.2019 die von § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG fingierte Stundenzahl von zehn auf zwanzig erhöht habe, auf diese Weise eine praktisch wirkungslose Norm habe verschärfen wollen. Eine ergänzende Vertragsauslegung sei vorliegend auch deswegen ausgeschlossen, weil ein hypothetischer Wille der Parteien bei Vertragsschluss zur Vereinbarung der rückblickend festgestellten „zutreffenden“ Durchschnittsarbeitszeit nicht vorliegen könne. Eine ergänzende Vertragsauslegung widerspreche schließlich dem durch § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG geschützten Interesse des Arbeitnehmers, eindeutig den geschuldeten Umfang der Arbeitszeit zu kennen. Vor dem Hintergrund dieses Schutzzwecks sei eine ausdrückliche Vereinbarung der Arbeitszeit zu fordern. Das Rechenwerk der Klägerin berücksichtige unzutreffend die „Samstagsstunden“, obwohl es sich dabei auf Grundlage der geschlossenen Betriebsvereinbarungen um freiwillig geleistete Arbeit gehandelt habe. Ein Vergütungsanspruch der Klägerin wegen Annahmeverzuges setze – in dem über 20 Stunden pro Woche hinausgehenden Umfang – zumindest ein wörtliches Angebot der Arbeitsleistung durch die Klägerseite voraus. Dass die Klägerin sie für verpflichtete gehalten habe, sie im Umfang von 123,6 Stunden/Monat zu beschäftigen, habe sie erstmals mit der Klageerhebung begehrt. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche seien außerdem verfallen. § 174 BGB sei auch auf die Geltendmachung von Ansprüchen zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen anzuwenden. Auch mit ihrer Hilfsberechnung könne die Klägerin keinen Erfolg haben. Der monatliche Maßstab sei nicht der Maßstab des § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.

Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die ausweislich der Sitzungsprotokolle abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b) ArbGG) und nach den §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der nach § 66 Abs. 1 S. 1, S. 5 ArbGG verlängerten Frist ordnungsgemäß begründet worden.

Da sowohl die Berufung als auch die Berufungsbegründung neben der Übermittlung per Fax bzw. Post fristgerecht zudem über das besondere elektronische Anwaltspostfach eingegangen sind, kommt es nicht auf die Streitfrage an, ob der für ver.di als klägerische Prozessbevollmächtigte auftretende Syndikusrechtsanwalt nach § 46g S. 1, 2 ArbGG verpflichtet war, Eingaben ausschließlich elektronisch zu übermitteln (zum Meinungsstand: Schrade/Elking, NZA 2021, 1675, 1677). Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

1.

Ein weitergehender Anspruch auf Vergütung wegen Annahmeverzuges steht der Klägerin nicht zu.

a)

Nach § 615 S. 1 BGB kann der Dienstverpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet sein, wenn der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt. Gemäß § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. In welchem zeitlichen Umfang der Arbeitgeber in Annahmeverzug geraten kann, richtet sich nach der für das Arbeitsverhältnis maßgeblichen Arbeitszeit. Denn diese bestimmt den zeitlichen Umfang, in welchem der Arbeitnehmer berechtigt ist, Arbeitsleistung zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichtet ist, die Arbeitsleistung anzunehmen (BAG, Urteil vom 24.09.2014 – 5 AZR 1024/12, juris Rn. 17).

b)

Nach diesem rechtlichen Maßstab befand sich die Beklagte im Streitzeitraum nicht im Annahmeverzug, denn der tatsächliche Beschäftigungsumfang unterschritt nicht die durch § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG fingierte wöchentliche Arbeitszeit von 20 Wochenstunden.

aa)

Die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit beträgt gemäß § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG wöchentlich 20 Stunden.

(1)

Die Parteien haben Arbeit auf Abruf im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 TzBfG vereinbart. Dies ergibt sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut der arbeitsvertraglichen Regelung. Überdies steht eine solche Vereinbarung zwischen den Parteien nicht im Streit.

(2)

Die Parteien haben eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt.

(a)

Die Parteien haben keine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung der Arbeitszeit getroffen. Der Arbeitsvertrag vom 19.06.2006 verhält sich nicht zum Umfang der Arbeitszeit.

Der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit ergibt sich auch nicht aus dem Manteltarifvertrag zwischen dem Bundesverband Druck und Medien e.V. und ver.di vom 15.07.2005. Der genannte Tarifvertrag enthält zur Abrufarbeit lediglich in § 3 Abs. 6 Nr. 3 eine Regelung zur Ankündigungsfrist.

Ebenso wenig folgt der Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit aus § 2 der Betriebsvereinbarung vom 13.09.2018. Die Klägerin fällt nicht in den Geltungsbereich der genannten Regelung. Denn diese betrifft ausschließlich neu eingestellte Mitarbeiter/-innen. Die Klägerin wurde weder während der Geltungsdauer der Betriebsvereinbarung, d.h. nach dem 01.10.2018, neu eingestellt noch – soweit vorgetragen – während der Geltungsdauer einer der Vorgängerregelungen.

(b)

Die Parteien haben auch keine konkludente vertragliche Vereinbarung der Arbeitszeit getroffen. Insbesondere haben sie eine über 20 Wochenstunden hinausgehende Arbeitszeit nicht stillschweigend vereinbart.

Entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärungen der Parteien fehlen. Sie lassen sich auch nicht aus dem Umfang ableiten, in dem die Klägerin tatsächlich von der Beklagten zur Arbeit herangezogen wurde.

(aa)

Zwar können sich Arbeitspflichten, ohne dass ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (BAG, Urteil vom 17.08.2011 – 10 AZR 202/10 – Rn. 19 mwN, juris). Eine Konkretisierung der Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Wege stillschweigender Vertragsergänzung setzt jedoch voraus, dass über den bloßen Zeitablauf hinaus weitere Umstände vorliegen, die ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers auf Beibehaltung des bisherigen Leistungsinhalts für die Zukunft begründen. Denn der Arbeitseinsatz ist ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt (BAG, Urteil vom 26.09.2012 – 10 AZR 336/11, juris Rn. 14).

(bb)

Solche zusätzlichen Umstände, die ein schutzwürdiges Vertrauen des Arbeitnehmers auf Beibehaltung des bisherigen Leistungsinhalts begründen, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sie sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerseite auf das Abrufverhalten der Beklagten als solches abgestellt, aus dem sie ein Angebot zur Vereinbarung einer dem Abruf entsprechenden Arbeitszeit ableiten möchte. Aus dem Abrufverhalten der Beklagten konnte die Klägerin allerdings grundsätzlich nur auf einen hohen Bedarf an ihrer Arbeitsleistung, nicht aber auf die Vereinbarung einer bestimmten Mindestarbeitszeit schließen (vgl. BAG, Urteil vom 26.09.2012 aaO. Rn. 18; ähnlich zur Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit durch tatsächlichen Arbeitseinsatz BAG, Urteil vom 22.04.2009 – 5 AZR 133/08, juris Rn. 13).

(cc)

Hingegen kann eine ständig erbrachte Mindestarbeitsleistung als konkludent vereinbart angesehen werden, wenn der Arbeitgeber die Arbeitsleistung nicht nur abgerufen und erwartet, sondern von den Arbeitnehmern als vertraglich geschuldete Leistung gefordert hat (BAG, Urteil vom 26.09.2012 aaO. Rn. 21). Dafür fehlen jedoch Anhaltspunkte. Zum einen hat die Klägerin die geltend gemachte Mindestarbeitsleistung angesichts der erheblichen monatlichen Schwankungen nicht „ständig“ erbracht, sondern lediglich im jährlichen Durchschnitt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte eine über 20 Wochenstunden hinausgehende Arbeitsleistung als vertraglich geschuldet gefordert hat. Die Beklagte hat ein „Wunschbuch“ eingerichtet, in das die Mitarbeiter Verhinderungsanzeigen eintragen können. Es kann dahinstehen, ob durch dieses „Wunschbuch“ das Direktionsrecht der Beklagten eingeschränkt wird. Jedenfalls hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass die Beklagte es abgelehnt habe, den geäußerten Wünschen zu entsprechen, weil eine bestimmte (über 20 Wochenstunden hinausgehende) Arbeitszeit einzuhalten sei.

(dd)

Angesichts des schwankenden Beschäftigungsbedarfs würde es auch an der hinreichenden Bestimmtheit eines konkludenten Angebots zum Umfang der Arbeitszeit fehlen (vgl. Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137, 140).

(ee)

Schließlich wäre die konkludente Vereinbarung einer Arbeitszeit allein durch tatsächliche Heranziehung zur Arbeit bei der hier vorliegenden Arbeit auf Abruf reine Fiktion. Die tatsächliche Arbeitsdauer lässt keinen Rückschluss auf einen entsprechenden Willen der Parteien zu, sondern basiert allein auf dem Beschäftigungsbedarf der Beklagten. Durch die besondere Verknüpfung der Arbeitsleistung mit dem Arbeitsanfall nach § 12 Abs. 1 S. 1 TzBfG unterscheidet sich die Arbeit auf Abruf von anderen Arbeitsverhältnissen, in denen das gelebte Arbeitsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens bei der Ermittlung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit zu Grunde zu legen sein kann (dazu BAG, Urteil vom 02.11.2016 – 10 AZR 419/15, juris Rn. 11). Da beim Abrufarbeitsverhältnis der Beschäftigungsbedarf zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses regelmäßig nicht bekannt ist, können die Parteien gar keine Regelung treffen, die mit der späteren tatsächlichen Arbeitszeit übereinstimmt (Hamann/Rudnik, jurisPR-ArbR 48/2014, Anm. 1; ähnlich Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137, 140; Bayreuther in BeckOK ArbR, § 12 TzBfG Rn. 8a).

Selbst wenn man nicht auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt, sondern auf einen späteren Zeitpunkt im Laufe des Arbeitsverhältnisses, überzeugt es nicht, aus dem tatsächlichen Verhalten auf eine nachträgliche stillschweigende Vertragsänderung zu schließen. Die Gegenansicht, die den für die Zukunft maßgeblichen Umfang der Arbeitszeit aus der bisherigen durchschnittlichen Arbeitszeitdauer ermittelt (so Hamann/Rudnik, jurisPR-ArbR 48/2014, Anm. 1; für die bisherige durchschnittliche Arbeitszeitdauer als vereinbarter Umfang der Arbeitszeit auch Schüren in Münchener Handbuch des Arbeitsrechts, 5. Aufl. 2021, § 45 Rn. 20), begegnet in rechtsdogmatischer Hinsicht Bedenken. Dies zeigt sich gerade in Fällen, in denen der Arbeitgeber – wie hier – in ständig wechselndem Umfang den Abrufarbeitnehmer zur Arbeitsleistung heranzieht. Es wäre dann konsequenterweise bei jeder Änderung der durchschnittlichen Arbeitszeit nach oben von einer erneuten Vertragsänderung auszugehen und bei einem Unterschreiten müsste jeweils der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft anbieten, um den Arbeitgeber in Annahmeverzug zu setzen. Eine derartige Annahme dürfte weder mit dem Parteiwillen noch mit der betrieblichen Wirklichkeit vereinbar sein.

Außerdem wäre auf Grundlage der Gegenansicht nicht zu begründen, wie eine stillschweigende Vertragsänderung von der wiederholten Anordnung von Überstunden abzugrenzen ist. Damit bliebe es einer Einzelfallbetrachtung überlassen, ab wann der Arbeitnehmer einen Willen des Arbeitgebers zur Vertragsänderung annehmen darf. Eine solche Einzelfallbetrachtung widerspricht jedoch dem mit der Änderung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG verfolgten Zweck, für den Arbeitnehmer Planungssicherheit hinsichtlich des geschuldeten Arbeitszeitumfanges und damit auch hinsichtlich des zu erwartenden Entgelts zu gewährleisten (zur gesetzgeberischen Zielsetzung: BT-Drucks. 19/3452, S. 1)

(c)

Eine betriebliche Übung, die auf künftigen Abruf der Arbeit im Umfang des bisherigen Durchschnitts gerichtet ist, scheidet entgegen der Auffassung der Klägerseite aus, weil eine rechtsgeschäftliche Willenserklärung der Beklagten nicht festzustellen ist (siehe oben unter (b), zum Erfordernis der Feststellbarkeit einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung Spinner in MüKoBGB, 8. Aufl. 2020, § 611a Rn. 337).

(d) Aus der arbeitgeberseitigen Bescheinigung vom 28.01.2020 folgt nichts anderes. Darin wird lediglich die tatsächliche, wöchentliche Arbeitszeit dokumentiert, aber nicht eine hierauf gerichtete rechtsgeschäftliche Vereinbarung.

(3)

Die Nichtvereinbarung einer bestimmten Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bedingt nicht die Unwirksamkeit der Abrede, sondern führt dazu, dass nach § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt (BAG, Urteil vom 24.09.2014 – 5 AZR 1024/12, juris Rn. 24; iE ebenso Boecken in Boecken/Joussen, § 12 TzBfG, 6. Aufl. 2019, Rn. 22; Heyn in Meinel/Heyn/Herms, 6. Aufl. 2022, TzBfG § 12 Rn. 36-36b; Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137,141).

(a)

Der Arbeitsvertrag der Parteien erweist sich als lückenhaft, was den Umfang der Arbeitszeit angeht.

Von einer Regelungslücke ist auszugehen, wenn sich eine regelungsbedürftige Situation einstellt, die vom objektiven Regelungsgehalt des Rechtsgeschäfts nicht mehr umfasst wird (Busche in MüKoBGB, 9. Aufl. 2021, § 157 Rn. 40). Das ist hier der Fall, weil die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit, die eine Hauptleistungspflicht betrifft und damit als wesentlicher Vertragsbestandteil regelungsbedürftig ist, hier auch durch Auslegung nicht zu ermitteln ist.

(b)

Diese Regelungslücke ist durch Rückgriff auf das dispositive Recht, d. h. § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, zu füllen, nicht durch ergänzende Vertragsauslegung.

(aa)

Das Rangverhältnis zwischen der ergänzenden Vertragsauslegung und dem dispositiven Recht ist zweifelhaft. Nach einer Ansicht kommt eine ergänzende Auslegung erst in Betracht, wenn weder die Auslegung des Rechtsgeschäftes noch das Gesetz eine Lösung der offenen Frage ergibt (zum Meinungsstand Busche aaO. § 157 Rn. 45). Dies gilt jedenfalls dann, wenn die festgestellte Regelungslücke durch Heranziehung vorhandenen dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann (Staudinger/Roth (2020) BGB § 157, Rn. 23). Nach dieser Auffassung scheidet eine ergänzende Auslegung schon deswegen aus, weil das Gesetz mit § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG ausdrücklich eine Rechtsfolge für den Fall regelt, dass die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit entgegen § 12 Abs, 1 Satz 2 TzBfG nicht festgelegt ist.

(bb)

Nach anderer Auffassung ist nach der Typizität des Geschäfts zu unterscheiden (Busche aaO. § 157 Rn. 45): Da bei einem Geschäft, das einem gesetzlich durchnormierten Geschäftstyp entspricht, das von Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte Geforderte positivrechtlichen Niederschlag gefunden hat, ist diesen Wertungen zu folgen. Für den Regelfall kann daher davon ausgegangen werden, dass die an einem Rechtsgeschäft Beteiligten die von ihnen nicht geregelten Themen der dispositiven, gesetzlichen Ordnung überlassen. Entspricht ein Rechtsgeschäft einem gesetzlich eingehender geordneten Typ und kann die Regelungslücke unter Heranziehung des dispositiven Rechts in einer sinnvollen Weise geschlossen werden, so geht die Lückenfüllung aus dem Gesetz somit einer ergänzenden Auslegung vor. Hingegen ist eine ergänzende Auslegung erforderlich, wenn die Beteiligten die abdingbare gesetzliche Regelung nicht wollten oder die gesetzliche Regelung wegen unzutreffender Vorstellungen der Beteiligten zu gänzlich anderen Konsequenzen als den angestrebten führt (Busche in MüKoBGB, aaO. § 157 Rn. 46).

(cc)

Auch nach diesem Maßstab geht die Lückenfüllung aus der gesetzlichen Regelung in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG einer ergänzenden Auslegung vor.

(aaa)

Die von den Parteien gewählte Gestaltung des Arbeitsverhältnisses entspricht dem durchnormierten Geschäftstyp der Arbeit auf Abruf im Sinne des § 12 Abs. 1 S. 1 TzBfG.

(bbb)

Die Regelungslücke hinsichtlich des Umfangs der Arbeitszeit kann unter Heranziehung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG, wonach eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart gilt, sinnvoll geschlossen werden.

Die genannte Norm regelt ausdrücklich den Fall, dass eine Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nicht festgelegt ist. Bereits der Wortlaut der Norm, der nicht wie bei anderen Auslegungsregelungen von „im Zweifel“ spricht, legt nahe, dass bei Fehlen einer Vereinbarung zur Arbeitszeit vorrangig von der in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG normierten Rechtsfolge auszugehen ist (so auch Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137, 141).

Dieses Verständnis steht auch im Einklang mit dem Normzweck. Durch die Regelung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG soll für Arbeitnehmer, die Arbeit auf Abruf leisten, mehr Sicherheit in Bezug auf ihre Planung und ihr Einkommen erzielt werden. Für Arbeitgeber soll ein wirksamer Anreiz gesetzt werden, tatsächlich eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen (BT-Drucks. 19/3452, S. 20). Anders als bei der ergänzenden Vertragsauslegung, deren Ergebnis von den Umständen des Einzelfalls abhängt, ist bei einem Rückgriff auf § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG das für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeitvolumen eindeutig. Zweifel über den Umfang der geschuldeten Arbeitszeit und des zu erwartenden Entgelts können nicht entstehen. Arbeitgeber werden angehalten, entsprechend der gesetzlichen Vorgabe in § 12 Abs. 1 S. 2 TzBfG eine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festzulegen. Denn wenn eine solche Vereinbarung unterbleibt, kann dieser nicht von einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht nach § 106 Satz 1 GewO bezogen auf den variablen Anteil der Arbeitsleistung Gebrauch machen. Die Regelung des § 12 Abs. 2 TzBfG, die ein solches Leistungsbestimmungsrecht einräumt, gilt nach ihrem Wortlaut nur für den Fall der Vereinbarung einer Mindest- bzw. Höchstarbeitszeit. Sie kommt nicht zum Tragen, wenn sich die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit mangels Festlegung durch die Vertragsparteien aus § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG kraft Fiktion ergibt (Boecken in Boecken/Joussen, TzBfG, 6. Aufl. 2019, § 12 Rn. 20). Der Gesetzeszweck gebietet es insofern nicht, zum Schutz des Arbeitnehmers die für das Arbeitsverhältnis maßgebliche Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung unter Berücksichtigung der bisherigen Vertragsabwicklung zu ermitteln, wenn in der Vergangenheit regelmäßig mehr als 20 Stunden wöchentlich gearbeitet wurde (so aber LAG Düsseldorf, Urteil vom 29.07.2015 – 7 Sa 313/15, juris Rn. 43; Arnold in Arnold/Gräfe, TzBfG, 5. Aufl. 2021, § 12 Rn. 56; Preis in ErfKomm, 23. Aufl. 2023, § 12 TzBfG Rn. 16; Bayreuther in BeckOK Arbeitsrecht, 65. Edition, Stand 01.09.2022, § 12 TzBfG Rn. 8b; Bayreuther, NZA 2018, 1577,1581). Vielmehr erweist sich das Abstellen auf die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG als interessengerecht: Hat der Arbeitnehmer bei Eingreifen der Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG in der Vergangenheit eine über die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden hinausgehende Arbeitsleistung erbracht, so hat er einen Anspruch auf Vergütung für die über 20 Stunden hinaus erbrachte Mehrarbeit. Für die Zukunft besteht aber keine Verpflichtung des Arbeitnehmers, über die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden hinaus zur Arbeit auf Abruf zur Verfügung zu stehen, weil § 12 Abs. 2 TzBfG nicht zur Anwendung kommt. Umgekehrt trifft auch den Arbeitgeber keine Verpflichtung, den Arbeitnehmer über die wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden hinaus zu beschäftigen (ähnlich Boecken in Boecken/Joussen, aaO. Rn. 23).

Die Auffassung, nach der § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG nur dann eingreift, wenn sich eine vertragliche Arbeitszeitdauer in keiner Weise ermitteln lässt (LAG Düsseldorf, Urteil vom 29.07.2015 aaO.; Preis in ErfKomm aaO.), vermag auch deshalb nicht zu überzeugen, weil der Gesetzgeber § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG zum 01.01.2019 durch Erhöhung der fingierten Stundenzahl von 10 auf 20 verschärft hat, obwohl für diese Norm bei einem solchen Verständnis praktisch kein relevanter Anwendungsbereich verbliebe. Davon ist nicht auszugehen (vergleiche (LAG Hessen, Urteil vom 05.06.2020 – 10 Sa 1519/19 – Rn. 46, juris; Uffmann/Kredig, NZA 2020, 137, 138). Es darf unterstellt werden, dass dem Gesetzgeber das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2014 (5 AZR 1024/12 aaO.) sowie die abweichenden Stimmen im Schrifttum bekannt waren. Gleichwohl hat er § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG verschärft. Es kann ihm aber nicht unterstellt werden, er habe eine in der Praxis bedeutungslose Gesetzesänderung vorgenommen (zur Änderung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG als Reaktion des Gesetzgebers auf diese Rechtsprechung auch Preis/Schwarz, NJW 2018, 3673, 3678).

(ccc)

Der Rückgriff auf die dispositive Regelung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG ist vorliegend auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die gesetzlich fingierte Wochenarbeitszeit von 20 Stunden im Einzelfall nicht interessengerecht wäre.

Aus den bereits dargelegten Gründen erweist sich das Abstellen auf die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG auch dann als durchaus interessengerecht, wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit durchschnittlich mehr als 20 Stunden wöchentlich gearbeitet hat.

Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass die Parteien eine gegenüber § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG längere Mindestarbeitszeit wollten. Der Arbeitsvertrag enthält insoweit keinen Anhaltspunkt für den Regelungsplan der Parteien. Anders als im Falle einer unwirksamen Bandbreitenregelung, die die Unwirksamkeit der vereinbarten Mindestarbeitszeit nach sich zieht (so BAG, Urteil vom 07.12.2005 – 5 AZR 535/04, juris Rn. 48), kann hier aus den oben genannten Gründen nicht eine stillschweigend vereinbarte Sockelarbeitszeit als übereinstimmender Parteiwillen unterstellt werden. Soweit die Klägerin gleichwohl, der wohl herrschenden Auffassung im Schrifttum folgend, darauf abstellen möchte, dass das Bundesarbeitsgericht in der genannten Entscheidung die Anwendung der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG als „nicht interessengerecht“ gekennzeichnet habe, ist darauf hinzuweisen, dass dem dort entschiedenen Fall ein Sachverhalt zugrunde lag, nach dem eine wöchentliche Mindestarbeitszeit von 30 Stunden ausdrücklich vereinbart war. Dass in einer solchen Konstellation ein Rückgriff auf die gesetzliche Auffangregelung (damals 10 Wochenstunden) ausschied, ist naheliegend, aber nicht verallgemeinerungsfähig.

Auch im Übrigen fehlen Tatsachen, die den Rückschluss zulassen, dass eine Vereinbarung von mehr als 20 Wochenstunden dem Parteiwillen entspricht. Die Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens aus der Heranziehung zur Arbeit ist bei der Arbeit auf Abruf reine Fiktion. Insofern bestehen dieselben Bedenken, die auch der Annahme einer konkludenten Vereinbarung einer Arbeitszeit allein durch tatsächliche Heranziehung zur Arbeit entgegenstehen: Es kann nicht angenommen werden, dass die Parteien im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine der späteren durchschnittlichen Heranziehung entsprechende Arbeitszeit redlicherweise vereinbart hätten, wenn sie die Lückenhaftigkeit des Arbeitsvertrages mit Blick auf die Arbeitszeit erkannt hätten. Denn die tatsächliche Arbeitsdauer, die allein den Beschäftigungsbedarf widerspiegelt, ist den Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht bekannt. Ein hypothetischer Wille der Parteien zur Vereinbarung der Durchschnittsarbeitszeit kann deswegen nicht vorliegen (so auch Hamann/Rudnik, aaO.).

Bei der Frage, ob die in § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG enthaltene dispositive Regelung interessengerecht ist, sind die Interessen beider Parteien gleichermaßen zu berücksichtigen. Es fehlt ein normativer Anknüpfungspunkt für die These der Klägerin, die (unterstellte) Verantwortlichkeit der Beklagten für die Vertragslücke führe dazu, dass deren Interessen bei der Beurteilung, ob die dispositive Regelung interessengerecht ist, zurücktreten müssten. Die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB greift nicht, weil die Parteien nicht etwa eine unklare Regelung zur Arbeitszeit getroffen haben, sondern gar keine. Im Übrigen stellt sich die Frage nach der Gewichtung der Interessen erst dann, wenn Anhaltspunkte für das wirkliche Interesse der Parteien vorliegen. Wenn – wie hier – weder der Arbeitsvertrag noch die tatsächliche Handhabung einen Rückschluss auf den Wunsch nach einer längeren Mindestarbeitszeit zulassen, sind auch die Interessen der Parteien nicht bestimmbar.

(ddd)

Es ist einzuräumen, dass die hier abgelehnte herrschende Auffassung im Schrifttum den betroffenen Arbeitnehmern dadurch einen höheren Schutz zu bieten versucht, dass die einmal über einen bestimmten Zeitraum geleistete höhere Wochenstundenzahl für die Zukunft perpetuiert wird. Das mag in der Mehrzahl der Fälle von den Arbeitnehmern als vorteilhaft empfunden werden. Es mag aber auch Fälle geben, in denen ein Arbeitnehmer zwar durchaus für eine gewisse Zeit bereit ist, auch über die zeitliche Grenze des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG hinaus zu arbeiten, der sich aber gleichwohl nicht dauerhaft an eine höhere Durchschnittsarbeitszeit binden möchte. Diese Bindung träte aber ein, wollte man mit einer einfachen oder ergänzenden Vertragsauslegung dem vermeintlichen Interesse des Arbeitnehmers Rechnung tragen. Die Folge wäre, dass dem Arbeitgeber auf Dauer ein zeitlich erweitertes Direktionsrecht zustünde.

Aber selbst wenn man diese Folge als vom typischen Interesse eines Abrufarbeitnehmers getragen ansehen wollte, bleibt es dabei, dass diese Annahme aus den vorgenannten Gründen durchgreifenden rechtsdogmatischen Bedenken begegnet. Die Gegenansicht läuft Gefahr, den in § 12 Abs, 1 Satz 3 TzBfG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers zugunsten vermeintlicher oder tatsächlicher Interessen der Arbeitnehmer außer Acht zu lassen. Es wäre für den Gesetzgeber ein Leichtes gewesen, der in § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG angeordneten Verpflichtung, im Rahmen eines Abrufarbeitsverhältnisses die Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit zu regeln, Nachdruck zu verleihen, etwa dadurch, dass anderenfalls ein Vollzeitarbeitsverhältnis gilt. Das hat er aber nicht nur nicht getan, sondern auch noch seine Fiktionslösung (§ 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG) durch die zum 01.01.2019 in Kraft getretene Gesetzesänderung ausdrücklich aufrechterhalten. Bei einer derartigen Sachlage sind die Gerichte nicht dazu berufen, die gesetzliche Regelung durch eine als sachgerechter empfundene Regelung zu ersetzen.

(eee)

Zusammenfassend enthält das Gesetz mit § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine interessengerechte Regelung, die nicht durch Heranziehung der Rechtsfigur der ergänzenden Vertragsauslegung, für deren Anwendung wegen § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG kein Raum ist, verdrängt wird.

dd)

In welchem Umfang der tatsächliche Beschäftigungsumfang die durch § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG fingierte wöchentliche Arbeitszeit von 20 Wochenstunden unterschreitet, hat das Arbeitsgericht anhand eines Vergleichs der abgerechneten Stunden mit dem Wert von pauschal 80 Stunden pro Monat (4 Wochen à 20 Stunden) ermittelt, weil jeder Monat mindestens vier Wochen umfasst.

Es erscheint zweifelhaft, ob der Beschränkung auf 80 Monatsstunden gefolgt werden kann. Jedenfalls sieht sich die Kammer außerstande, eine konkrete Zuordnung bei Wochen, die in zwei Monate fallen, vorzunehmen. Denn die Klägerin hat zu den von ihr geleisteten Arbeitsstunden nicht taggenau vorgetragen.

III.

Nach alledem steht fest, dass die Klägerin in den streitgegenständlichen Monaten keine weitergehenden Zahlungsansprüche aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Annahmeverzugs erworben hat. Das Arbeitsgericht Bielefeld hat daher die Klage zurecht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin muss daher erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 97 Abs. 1, 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Denn die Rechtsfrage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bei Fehlen einer vertraglichen Vereinbarung zur Arbeitszeit bei Abrufarbeit auf die Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG zurückzugreifen ist oder eine ergänzende Vertragsauslegung auf Basis der bisherigen durchschnittlichen Arbeitszeit vorzunehmen ist, hat grundsätzliche Bedeutung.

 

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