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Zahlung von Urlaubsabgeltung an ausgeschiedenen Arbeitnehmer

Landesarbeitsgericht Nürnberg – Az.: 6 Sa 240/14 – Urteil vom 22.07.2014

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Würzburg vom 07.11.2013, Az.: 8 Ca 1883/12, wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Verpflichtung eines Arbeitgebers zur Zahlung von Urlaubsabgeltung an den aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmer.

Der Kläger war seit 13.09.2000 bei der Beklagten zuletzt als Schreiner beschäftigt. Er war seit 07.03.2011 arbeitsunfähig erkrankt. Vom 23.07.2012 bis 02.09.2012 nahm der Kläger an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil. Mit Schreiben vom 18.10.2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus personenbedingten Gründen mit Wirkung zum 31.01.2013.

In seiner am 07.11.2012 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat der Kläger zunächst die Unwirksamkeit der Kündigung geltend gemacht. Mit Klageerweiterung vom 28.12.2012 hat er Zahlung von Überstundenvergütung, Annahmeverzugsentgelt für den Zeitraum September bis Dezember 2012 unter Abzug erhaltenen Arbeitslosengeldes und hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis beendet sein sollte, Urlaubsabgeltung für 26 Tage aus dem Jahr 2011 und für 30 Tage aus dem Jahr 2012 in Höhe eines Betrages von 5.880,- € geltend gemacht. Die Zahlungsansprüche für die Monate September bis Dezember 2012 hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht vom 14.03.2013 zurückgenommen (Niederschrift, Bl. 66 d.A.). Hinsichtlich der Forderung auf Ausgleich der Überstunden hat die Beklagte in dieser Verhandlung Anerkenntnis erklärt (ebenda, Bl. 66 d.A.).

In der Folgezeit haben sich die Parteien auf die Gewährung von Erholungsurlaub ab 18.03.2013 geeinigt (Anlage K 3 zum Schriftsatz der Klägervertreter vom 11.06.2013, Bl. 88 d.A.). Den bis 31.05.2013 gewährten Urlaubsanspruch hat der Kläger nur bis 30.04.2013 angetreten. Das Arbeitsverhältnis ist mit Wirkung zum 30.04.2013 aufgrund Kündigung des Klägers beendet worden.

Der Kläger macht – nach Erfüllung der Ansprüche auf Überstundenausgleich durch die Beklagte – noch Urlaubsabgeltung für 48 Urlaubstage geltend. Er erklärt, er habe bis 30.04.2013 nur 18 Urlaubstage in Natur angetreten. Offen seien somit noch 48 Urlaubstage, nämlich 56 Urlaubstage minus 18 Urlaubstage aus den Jahren 2011 und 2012 und 10 Urlaubstage aus dem Jahr 2013.

Der Kläger hat vor dem Arbeitsgericht daher – nach übereinstimmender Erledigterklärung hinsichtlich der Kündigungsschutzklage und der Überstundenklage – folgenden Antrag gestellt:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.040,- € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat eingewandt, der Urlaubsanspruch stehe dem Kläger nicht zu, weil der Urlaub verfallen sei. Der Kläger hätte nach dem Wiedereingliederungsversuch ab 03.09.2012 wieder zur Arbeit erscheinen müssen. Seine Schwester habe ihn aber weiter krank gemeldet. Er habe sich nicht wieder arbeitsfähig gemeldet. Sie habe davon ausgehen müssen, dass er weiter arbeitsunfähig gewesen sei. Anfang Oktober habe der Kläger dann angefragt, ob er mit den vorhandenen Einschränkungen weiter bei ihr, der Beklagten, arbeiten könne. Im Rahmen eines persönlichen Gesprächs habe er die Meinung vertreten, eine Weiterarbeit als Schreiner sei nicht sinnvoll. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen habe der Kläger nicht vorgelegt. Eventuelle Annahmeverzugsansprüche könnten schon deswegen nicht begründet sein, weil der Kläger die Arbeit nach dem Wiedereingliederungsversuch nicht mehr angeboten habe.

Der Kläger hat vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass er ab Sommer 2012 wiederarbeitsfähig gewesen sei. Lediglich von 03.09. bis 06.09.2012 habe eine zeitlich begrenzte Arbeitsunfähigkeit bestanden, und zwar ein viertägiger Migränezustand. Er sei ab 07.09.2012 der Tätigkeit in vollem Umfang gewachsen gewesen, habe der Bundesagentur für Arbeit für ihre Vermittlungsbemühungen zur Verfügung gestanden. Es sei falsch, dass er geäußert habe, dass eine Weiterarbeit nicht sinnvoll sei.

Die Beklagte hat erklärt, der Kläger habe auf die Aufforderung in der Güteverhandlung vom 03.12.2012 und im Schriftsatz vom 28.12.2012, sich wegen des Einsatzes bei ihr im Betrieb zu melden, nicht reagiert. Der Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs bestehe nicht. Der Kläger sei nach eigenem Vortrag ab 03.09.2012 arbeitsfähig gewesen. Er hätte daher den Urlaub bis 31.12.2012 ins Arbeitsverhältnis einbringen können. Ein Übertragungsgrund sei nicht gegeben. Im Jahr 2013 seien dem Kläger 16 Urlaubstage gewährt worden. Damit sei sein für 2013 entstandener Anspruch von zehn Urlaubstagen mehr als erfüllt.

Der Kläger hat eingewandt, Urlaub sei bis 31.12.2012 nicht gewährt worden. Ebenso sei eine Freistellungserklärung nicht erfolgt. Es sei zudem zu beachten, dass die Beklagte dem Kläger ab 18.03.2013 Urlaub von 37 Tagen bis 31.05.2013 gewährt habe. Aus diesem Grund seien wenigstens noch 19 Urlaubstage offen.

Die Beklagte hat eingewandt, eine Zusage für 37 Urlaubstage sei nicht erteilt worden. Mit der Bewilligung sei kein Anerkenntnis einer Abgeltungspflicht verbunden. Zudem habe sie den Wunsch des Klägers auf Erfüllung seines Jahresurlaubs aus dem Jahr 2013 und etwaige Überstunden- und Freizeitausgleichsansprüche mit der Freistellung erfüllen wollen.

Das Arbeitsgericht hat mit Endurteil vom 07.11.2013 wie folgt erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.040,- €.

Das Arbeitsgericht hat die Klageabweisung im wesentlichen damit begründet, der Anspruch auf Erholungsurlaub für die Kalenderjahre 2011 und 2012 sei mit Ablauf des 31.12.2012 verfallen. Der Kläger habe selbst erklärt, dass er ab September 2012 nicht mehr arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei. Ab diesem Zeitpunkt sei ein Übertragungstatbestand daher nicht mehr gegeben gewesen. Er habe die Gelegenheit gehabt, bereits ab diesem Zeitpunkt den noch bestehenden Anspruch für die Kalenderjahre 2011 und 2012 ins Arbeitsverhältnis einzubringen. Die mit Schriftsatz vom 28.12.2012 hilfsweise geltend gemachte Urlaubsabgeltung ersetze den Wunsch nach tatsächlicher Einbringung des Urlaubsanspruches nicht. Die Urlaubsabgeltung sei ersichtlich auf den Zeitraum nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezogen gewesen. Die Urlaubsgenehmigung für den Zeitraum 18.03. bis 31.05.2014 sei nicht als Anerkenntnis der Beklagten zu werten. Zum einen sei zum Zeitpunkt der Genehmigung offensichtlich davon ausgegangen worden, dass der gesamte Urlaubsanspruch für das Jahr 2013 offen gestanden habe. Zum anderen sei nicht erkennbar, dass die Beklagte gerade einen Anspruch aus den Vorjahren habe genehmigen wollen. Schließlich habe sich die Beklagte darauf berufen, mit der Freistellung ab 18.03.2013 hätten auch Freistellungsansprüche aus Mehrarbeit ausgeglichen werden sollen.

Das Endurteil des Arbeitsgerichts ist den anwaltlichen Klägervertretern ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 27.02.2014 zustellt worden. Der Kläger hat durch seine Prozessvertreter mit Schriftsatz vom 20.03.2014, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 24.03.2014, Berufung gegen die Entscheidung einlegen lassen. Diese haben die Berufung – nach Verlängerung der Begründungsfrist aufgrund am 17.04.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Antrags bis 23.05.2014 – mit am 21.05.2014 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Zur Begründung der Berufung lässt der Kläger vortragen, das Arbeitsgericht habe seinen Vortrag nicht ausreichend gewürdigt. Der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung habe die Berufung der Beklagten auf seine angebliche Arbeitsunfähigkeit zugrunde gelegen. Diesen Vortrag habe die Beklagte zunächst im Prozess aufrechterhalten. Es habe somit ein streitiger Sachverhalt vorgelegen. Das Arbeitsgericht hätte diesen Sachverhalt aufklären müssen. Die Beklagte habe ein Gutachten der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt, nach welchem ihm, dem Kläger, im Oktober 2012 Arbeitsunfähigkeit attestiert worden sei. Auf die persönlichen Ansichten der Arbeitsvertragsparteien zur Frage des Vorliegens der Arbeitsunfähigkeit komme es aber nicht an. Maßgebend sei vielmehr allein die vom Arzt nach objektiven medizinischen Kriterien vorzunehmende Beurteilung. Zudem habe das Arbeitsgericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass zwischen den Parteien im Jahr 2013 eine Vereinbarung getroffen worden sei, wonach der ihm, dem Kläger, zustehende Jahresurlaub 2011 und 2012 neben dem Urlaub aus dem Jahr 2013 sukzessive genommen werden sollte. Dem entsprechenden Beweisangebot sei das Arbeitsgericht nicht nachgegangen. Jedenfalls sei ihm Urlaub für insgesamt 37 Urlaubstage im Zeitraum 18.03. bis 31.05.2013 gewährt worden. Die Berufung der Beklagten auf Überstundenausgleich sei nicht nachvollziehbar, weil sich die Parteien doch vorweg auf Auszahlung der betreffenden Stunden geeinigt hätten. Die Urlaubsabgeltung sei im Schriftsatz vom 28.12.2012 bereits geltend gemacht worden. Erst nach seiner Erklärung vom 14.03.2013, dass er arbeitsfähig sei, habe die Beklagte die Kündigung vom 18.10.2012 zurückgenommen. Daraufhin habe er, der Kläger, sofort Einbringung des Erholungsurlaubs beantragt. Eine Aufforderung zur Urlaubsgewährung im Jahr 2012 wäre von vornherein sinnlos gewesen, weil die Beklagte noch am 28.12.2012 von dauerhafter Arbeitsunfähigkeit ausgegangen sei, da sie ihm nach ihrer eigenen Rechtsmeinung gar keinen Urlaub hätte gewähren können. In derartigen Fällen müsse eine separate Aufforderung als entbehrlich angesehen werden.

Der Kläger stellt im Berufungsverfahren daher folgende Anträge:

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Würzburg, 8 Ca 1883/12, vom 07.11.2013 wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.040,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten seit Rechtshängigkeit des Schriftsatzes vom 11.06.2013 zu bezahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Für den Fall des Unterliegens wird vorsorglich Zulassung der Revision beantragt.

Die Beklagte beantragt, Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte meint, eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Antrag sei nicht gegeben, wie das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt habe. Dem Kläger seien im Jahr 2013 16 Urlaubstage in Natur gewährt worden. Zugestanden hätten ihm nur 10 Tage. Seine Ansprüche seien daher übererfüllt. Die Urlaubsansprüche aus den Kalenderjahren 2011 und 2012 seien verfallen, da der Kläger spätestens seit Mitte September 2012 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Dies habe der Kläger mehrfach und ausdrücklich im erstinstanzlichen Verfahren erklärt. Er hätte seinen Urlaubswunsch ab diesem Zeitpunkt unproblematisch an sie, die Beklagte, richten können. Sie, die Beklagte, habe lediglich ihr Unverständnis darüber mitgeteilt, dass der Kläger sich nach dem 03.09.2012 nicht mehr gemeldet und seine Arbeitsleistung nicht angeboten habe. Das Gutachten der Bundesagentur für Arbeit attestiere dem Kläger keine völlige, sondern nur eine teilweise Arbeitsunfähigkeit. Da der Kläger selbst immer von Arbeitsfähigkeit ausgegangen sei, sei eine Beweiserhebung nicht erforderlich gewesen. Der Kläger habe bis 31.03.2012 keinen Antrag auf Urlaubsgewährung gestellt. Selbst wenn der Schriftsatz vom 28.12.2012 als Urlaubsantrag ausgelegt werden könnte, wäre eine Einbringung des Urlaubs ab diesem Zeitpunkt allenfalls noch für wenige Tage möglich gewesen. Eine Vereinbarung dahingehend, dass mit der Freistellung gerade die Urlaubsansprüche aus den Vorjahren erfüllt werden sollten, sei nicht getroffen worden. Der Geschäftsführer habe im Rahmen der Hektik des Tagesgeschäfts versehentlich nicht berücksichtigt, dass dem Kläger gar nicht so viele Urlaubstage zugestanden hätten, wie er beantragt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Darstellung des Sachverhalts im Endurteil des Arbeitsgerichts, auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vom 22.07.2014 und auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht eingereichte und auch begründete Berufung ist in der Sache nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit noch darüber zu befinden war, zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht der geltend gemachte Urlaubsabgeltungsanspruch nicht zu. Die Berufungskammer folgt den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, denen sie sich anschließt, so dass auf eine erneute, nur wiederholende Darstellung verzichtet werden kann. Hinsichtlich der im Berufungsverfahren vorgetragenen Argumente der Parteien ist folgendes hinzuzufügen:

1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger Anfang September 2012 noch 26 Urlaubstage aus dem Jahr 2011 zustanden, die aufgrund des Arbeitsunfalls vom Kalenderjahr 2011 ins Kalenderjahr 2012 übertragen worden waren. Zudem bestand – ebenfalls unstreitig – für das Kalenderjahr 2012 ein Urlaubsanspruch von 30 Urlaubstagen. Schließlich hat der Kläger im Jahr 2013 einen Anspruch in Höhe von 10 Tagen erworben, nachdem das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2013 beendet worden ist.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass der Kläger seine Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2012 im Kalenderjahr 2012 hätte einbringen müssen.

a. Der Kläger selbst hat eine von der gesetzlichen Verfallsregelung des § 7 Abs. 3 BUrlG abweichende vertragliche Regelung nicht behauptet.

b. Nach § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG muss der laufende, in einem bestimmten Kalenderjahr entstehende Urlaubsanspruch auch in diesem Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Der Kläger selbst behauptet nicht, einen ausdrücklichen Antrag auf Gewährung des Erholungsurlaubs bei der Beklagten gestellt zu haben.

c. Ein Übertragungsgrund ins folgende Kalenderjahr hinein bestand nach den klägerischen Angaben nicht. Der Kläger hat vielmehr von Anfang an selbst erklärt, er sei ab 07.09.2012 wieder uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen. Der Kläger hat für diese Behauptung Beweis angeboten durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Zwar hat die Beklagte diese Behauptung, der Kläger sei arbeitsfähig gewesen, zunächst bestritten. Sie hat sich gleichzeitig darauf berufen, der Kläger sei jedenfalls im Berufsbild des Schreiners im Montagedienst nicht mehr arbeitsfähig. Sie hat des weiteren vorgetragen, der Kläger habe im Oktober erklärt, es wäre das Sinnvollste, wenn er ins Büro wechseln könne.

Es kann dahinstehen, ob dieser Sachvortrag der Beklagten dahingehend zu interpretieren ist, sie sei der Sache nach von Arbeitsunfähigkeit nur für den bisher ausgeübten Arbeitsplatz ausgegangen. Die Beklagte hat nämlich unmittelbar nach der ausdrücklichen Erklärung des Klägers in der Verhandlung vom 14.03.2013 erklärt, sie leite aus der Kündigung vom 18.10.2012 keine Rechte mehr ab. Sie hat von der mit der von ihr angenommenen Arbeitsunfähigkeit des Klägers begründeten Kündigung daher spätestens in diesem Zeitpunkt Abstand genommen. Sie hat ihr Bestreiten der Arbeitsfähigkeit damit schon ab diesem Zeitpunkt nicht mehr aufrechterhalten. Spätestens mit Schriftsatz vom 03.07.2013 hat die Beklagte ihren Einwand, der Kläger sei noch im Oktober 2012 arbeitsunfähig gewesen, nicht mehr aufrechterhalten und erklärt, der Kläger hätte seinen Urlaubsanspruch in Natur ab Mitte September in das Arbeitsverhältnis einbringen müssen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts war zwischen den Parteien somit unstreitig, dass der Kläger seine Arbeitsfähigkeit ab 07.09.2012 wiedererlangt hatte. Der vom Kläger geforderten Beweisaufnahme über diese Tatsache bedurfte es daher nicht.

Dies gilt unabhängig davon, dass die mögliche Begründetheit des Urlaubsanspruchs für das Jahr 2012 voraussetzt, dass der Urlaubsanspruch nicht verfallen ist. Maßgeblich hierfür ist zunächst der Sachvortrag des Klägers. Nur dann, wenn sich aus diesem Sachvortrag schlüssig die Begründetheit seines behaupteten Anspruchs ergeben würde, käme es auf die Einlassung der Beklagten an. Diese ist irrelevant, wenn sich aus dem tatsächlichen Sachvortrag des Anspruchstellers selbst schon ergibt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für den behaupteten Anspruch nicht vorliegen. Anderes könnte nur dann gelten, wenn sich der Anspruchsteller für ihn günstigen Sachvortrag des Anspruchsgegners unter Aufgabe seines bisherigen Sachvortrags zu eigen machen würde. Letzteres hat der Kläger nicht erklärt. Er hat vielmehr auf seinem – die Tatbestandsvoraussetzungen für den von ihm behaupteten Anspruch gerade nicht erfüllenden – Sachvortrag ausdrücklich beharrt.

Der Kläger hat auch in der Berufung nicht behauptet, dass er seine Arbeitsfähigkeit im Jahr 2012 nicht wiedererlangt hätte. Vielmehr hat er seinen diesbezüglich in erster Instanz vorgetragenen Sachvortrag ausdrücklich wiederholt. Die Beklagte hat nunmehr in der Berufungserwiderung ausdrücklich erklärt, dass der betreffende Sachverhalt unstreitig sei und keiner Beweiserhebung bedürfe. Nach alldem hat auch die Berufungskammer vom Wiedererlangen der Arbeitsfähigkeit des Klägers ab 07.09.2012 auszugehen.

d. Der Kläger hätte nach alldem etwaige Urlaubsansprüche aus dem Jahr 2012 einbringen müssen. Er hat jedoch im Kalenderjahr 2012 keine Gewährung von Erholungsurlaub verlangt. Soweit er sich auf den Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 28.12.2012 beruft, ist dieser nicht geeignet, ein ausreichendes Verlangen anzunehmen. Ein solches Verlangen muss an den Arbeitgeber gerichtet werden. Der Schriftsatz ist den Beklagtenvertretern jedoch ausweislich des Empfangsbekenntnisses erst am 03.01.2013 und damit nach Ablauf des Kalenderjahres zugegangen. Im übrigen ist ein Anspruch auf Zahlung einer Abgeltung einem Anspruch auf Gewährung von Urlaub in Natur nicht gleichzusetzen.

e. Nach alldem ist der Anspruch des Klägers auf Erfüllung des Urlaubsanspruchs aus dem Jahr 2012 mit Ablauf des 31.12.2012 untergegangen.

3. Dasselbe gilt für den – im Hinblick auf die bis 06.09.2012 andauernde Arbeitsunfähigkeit – ins Kalenderjahr 2012 übertragenen Anspruch aus dem Kalenderjahr 2011. Dieser Anspruch wird dem Urlaubsanspruch des Folgejahres hinzugerechnet. Der – wegen der andauernden Arbeitsunfähigkeit – über den Übertragungszeitraum hinaus bestehende Urlaubsanspruch teilt das Schicksal des Urlaubsanspruchs des Folgejahres. Dieser übertragene Anspruch – der längstens bis zum Ablauf des ersten Kalendervierteljahres im übernächsten Kalenderjahr nach Ende des Urlaubsjahres genommen werden muss – ist gegenüber dem „normalen“ Anspruch des laufenden Kalenderjahres nicht privilegiert. Der Verfall mit Ablauf des ersten Kalendervierteljahres des übernächsten Kalenderjahres stellt den letztmöglichen Zeitpunkt des Einbringens des Urlaubsanspruches dar. Ist es dem Arbeitnehmer möglich, den Urlaub bereits im folgenden Kalenderjahr einzubringen – weil das der Urlaubseinbringung entgegenstehende Hindernis entfallen ist -, dann muss er dies tun. Ansonsten verfällt der übertragene Urlaubsanspruch mit dem Anspruch für das laufende Kalenderjahr (so ausdrücklich BAG vom 09.08.2011, 9 AZR 425/10, zitiert nach juris).

Hinsichtlich der Einbringungsmöglichkeit wegen der vom Kläger behaupteten Arbeitsfähigkeit gelten ebenso wie hinsichtlich der Geltendmachung durch Schriftsatz vom 28.12.2012 die obigen Ausführungen entsprechend.

Auch der Anspruch auf den Urlaubsanspruch aus dem Kalenderjahr 2011 ist somit am 31.12.2012 verfallen.

Unabhängig von den obigen Ausführen ist der Anspruch jedenfalls am 31.03.2013 – mit Ablauf des ersten Kalendervierteljahres des übernächsten Kalenderjahres nach Ende des Jahres, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist – verfallen. Der Kläger hat nach eigener Darstellung bis 31.03.2013 nur fünf Urlaubstage eingebracht. Zumindest 21 Urlaubstage aus dem Kalenderjahr 2011 sind damit unabhängig von den obigen Ausführungen in jedem Fall verfallen.

4. Soweit der Kläger erklärt, eine Geltendmachung im Kalenderjahr 2012 wäre zwecklos gewesen, weil die Beklagte ja vom Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit ausgegangen sei, liegen Anhaltspunkte hierfür nicht vor. Zum einen wäre es Sache des Klägers gewesen, mit einer Geltendmachung seine Rechte zu wahren – unabhängig davon, ob die Beklagte sich in diesem Fall auf die fehlende Möglichkeit der Einbringung wegen seiner Arbeitsunfähigkeit berufen hätte. Hätte er Urlaub verlangt, hätte er die Beklagte mit der Urlaubsgewährung in Verzug setzen können. Zum anderen lässt der Sachvortrag der Beklagten keineswegs mit ausreichender Sicherheit darauf schließen, dass sie den Antrag abgelehnt hätte. Immerhin trägt ja die Beklagte von Anfang an vor, der Kläger habe sich darauf berufen, er könne jedenfalls im Büro tätig werden, jedenfalls sei von teilweiser Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Für die Annahme eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der Beklagten bestehen keine Anhaltspunkte. Die Beklagte hat insbesondere von sich aus ganz offensichtlich nichts getan, um den Kläger von der Geltendmachung des Urlaubsanspruchs abzuhalten. Dies gilt umso mehr, als die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis erst im Kalenderjahr 2013 hätte beenden sollen.

5. Entgegen der Ansicht des Klägers liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagte sich verpflichtet hätte, dem Kläger Urlaubsansprüche aus den Kalenderjahren 2011 und 2012 unabhängig von deren Verfall zu gewähren. Die vom Kläger vorgelegten Urlaubsanträge, die die Beklagte bewilligt hat, enthaltenen keinen Hinweis darauf, dass sich die Parteien darauf geeinigt hätten, es werde ausdrücklich Urlaub aus den Jahren 2011 und 2012 bewilligt, nicht Ansprüche aus dem Kalenderjahr 2013. Die vom Kläger unter Beweis gestellte Behauptung, „auch der weitere Urlaub der Vorjahre sollte (bei weiterem Bestand des Arbeitsverhältnisses) unproblematisch in voller Höhe abgegolten werden“ (Schriftsatz vom 15.07.2013, Bl. 107 d.A.), belegt die Annahme, die Beklagte habe die Urlaubsansprüche aus den Vorjahren unabhängig von deren Verfall anerkannt, nicht. Insbesondere enthält er keine Erklärungen einer bestimmten Person der Beklagten, die darauf hinweist, dass nicht einmal klar ist, welcher der Geschäftsführer gemeint ist, dass diese ein Anerkenntnis abgeben hätte wollen. Der Vortrag ist in seiner Pauschalität einer Beweiserhebung nicht zugänglich.

Unabhängig hiervon würde selbst eine Erklärung, Urlaub aus den Vorjahren werde bewilligt, nicht dazu führen, dass die Beklagte bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch zur Abgeltung des Anspruchs verpflichtet wäre. Ein Einverständnis des Arbeitgebers, der Arbeitnehmer werde – ohne Prüfung des vorhergehenden Verfalls der Ansprüche – unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt, beinhaltet nicht auch gleichzeitig die Erklärung, der Arbeitgeber werde einen solchen Anspruch in jedem Fall auch dann abgelten, wenn er tatsächlich nicht mehr bestehen sollte. Dem Arbeitgeber ist unbenommen, im Fall des Ausscheidens eine genaue Prüfung und Abrechnung der dann noch offenen Urlaubsansprüche vorzunehmen. Der Kläger hätte es selbst in der Hand gehabt, seine Urlaubsansprüche zu verwirklichen, etwa dadurch, dass er das Arbeitsverhältnis erst mit Wirkung zum 31.05.2013 und nicht vorzeitig beendet hätte. Berücksichtigt man dies, würde selbst dann, wenn man die Behauptung Klägers unterstellt, die Beklagte habe durch die verlangte Freistellung zunächst die Ansprüche aus den Vorjahren erfüllen wollen, allenfalls der für das Jahr 2013 begründete Anspruch von zehn Tagen offenstehen.

6. Nach alldem ist der Anspruch des Klägers nicht begründet. Die Berufung ist zurückzuweisen. Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

7. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass.

 

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