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Fristlose Kündigung wegen wiederholten Tätlichkeiten – Wiederholung der Beweisaufnahme

Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein – Az.: 1 Sa 321/11 – Urteil vom 20.12.2011

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14.07.2011 – 1 Ca 654 b/11 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit einer fristlosen Kündigung.

Der am ….1965 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 22.06.2009 als Kraftfahrer auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 4 f. d. A.) zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsgehalt von € 3.204,40 beschäftigt. Am 07.04.2011 entlud der Kläger seinen LKW auf dem Betriebsgelände der Beklagten. Dann fuhr der Arbeitskollege S… auf das Gelände und stellte seinen LKW neben den des Klägers. Deswegen war dem Kläger das Entladen seines Fahrzeugs nicht weiter möglich. In der Folge kam es zu einem Streit zwischen dem Kläger und dem Arbeitskollegen S…, von dem Teile auch der Arbeitskollege G… mitbekam. Mit Schreiben vom 12.04.2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos. Der Kläger hält diese Kündigung für unwirksam.

Er hat vorgetragen, er habe durch sein Verhalten keinen Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben. Insbesondere habe er Herrn S… nicht angegriffen, sondern sei nur die Stufen zum Führerhaus hinaufgestiegen, weil er den Wagen des Herrn S… selbst habe wegsetzen wollen. Nachdem er von der Geschäftsführung keine Hilfe erhalten habe, habe er ein Holzstück gegriffen, weil er Angst vor Herrn S… gehabt habe. Er habe das Holzstück dann weggeworfen, aber nicht in Richtung des Herrn S…, weil Herr G… hinzugekommen sei und er, Kläger, sich sicher gefühlt habe. Er habe auch nur deswegen Herrn S… aufgefordert, ihn zu schlagen, weil er davon ausgegangen sei, dass dieser so etwas in der Anwesenheit von Herrn G… nicht tun werde.

Die Beklagte hat zur Begründung ihrer fristlosen Kündigung im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger sei auf die Stufe zum Führerhaus gestiegen, um sich des Schlüssels des LKWs zu bemächtigen. Dabei habe er Herrn S… mit dem Ellenbogen gegen den Hals gedrückt und ihn an die Wand gedrückt. Nachdem der Kläger im Büro des Geschäftsführers gewesen sei, habe er ein Stück Holz von einer Europalette, an dessen Ende ein Holzklotz gehangen habe, ergriffen und sei dieses schwingend auf Herrn S… zugegangen und habe gerufen: „Du hast bald dein Leben lang Urlaub“. Auch nach Einschreiten des Herrn G… habe der Kläger nur Beleidigungen in Richtung des Herrn S… gebrüllt und das Holzstück in dessen Richtung geworfen. Schließlich sei er mit geballten Fäusten auf Herrn S… zugegangen und habe sich Brust gegen Brust vor diesem aufgebaut. Als Herr G… sich vom Geschehen weggedreht habe, um den Geschäftsführer zu holen, habe der Kläger Herrn S… ins Gesicht gespuckt.

fristlose Kündigung wegen wiederholten Tätlichkeiten - Wiederholung der Beweisaufnahme
Symbolfoto: /Shutterstock.com

Wegen des weiteren genauen Vortrags der Parteien sowie wegen der Anträge erster Instanz wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung zweier Zeugen und persönlicher Anhörung des Klägers die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, nach der Beweisaufnahme stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger den Zeugen S… mit dem Ellenbogen zur Seite gedrückt habe, um diesen aus dem Führerhaus zu drängen. Zudem habe er ihn mit einer Holzlatte einer Europalette bewaffnet damit bedroht, dass er bald sein Leben lang Urlaub haben werde. Außerdem habe der Kläger dem Zeugen S…, als er direkt vor ihm gestanden habe, gezielt ins Gesicht gespuckt. Diese Feststellungen hat das Arbeitsgericht nach Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme als erwiesen angesehen und im Übrigen die fristlose Kündigung auch bei einer Interessenabwägung für berechtigt erachtet. Wegen der Einzelheiten der Begründung des arbeitsgerichtlichen Urteils wird auf dieses Bezug genommen.

Gegen dieses dem Kläger am 09.08.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.08.2011 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.11.2011 am 07.11.2011 begründet.

Er trägt vor: Das Arbeitsgericht habe sein Urteil maßgeblich auf die Bekundungen der Zeugen S… und G… gestützt. Diese seien bei der Beklagten beschäftigt und seien vor der Beweisaufnahme in das arbeitsgerichtliche Verfahren „eingebunden“ gewesen und jeweils aufgefordert worden, vorbereitete eidesstattliche Versicherungen zu unterzeichnen. Die Bekundungen der Zeugen im Rahmen der Beweisaufnahme wichen von den eidesstattlichen Versicherungen ab. Außerdem sei im Rahmen der Beweisaufnahme erkennbar gewesen, dass die Zeugen nicht „unbefangen“ aufgetreten seien. Auffallend sei, dass die Bekundungen der Zeugen nicht präzise seien und hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs nicht korrespondierten. Tatsächlich sei es so gewesen, dass Herr S… ihn, den Kläger, habe zielgerichtet behindern wollen und die Auseinandersetzung provoziert habe. Nicht Herr S… habe Angst haben müssen, sondern er, Kläger, habe Angst vor dem körperlich überlegenen Zeugen gehabt. Auch habe nicht Herr S… um Hilfe gerufen, sondern der Kläger habe zunächst die Unterstützung der Geschäftsführung gesucht. Tatsächlich sei er nicht aggressiv aufgetreten. Weder Herr S… noch Herr G… hätten Angst gehabt, sonst hätte Herr G… den Ort des Geschehens auch nicht wieder verlassen, um die „Streithähne“ alleine zu lassen.

Seine provozierten verbalen Attacken seien als Augenblicksversagen zu werten, das allenfalls eine Abmahnung rechtfertige. Selbst wenn man den Bekundungen der Zeugen folgen sollte, sei im Rahmen einer Interessenabwägung allenfalls der Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung gerechtfertigt.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14.07.2011 festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 12.04.2011 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor: Der Kläger unterlasse es seine „Angriffe“ gegen das Urteil auszuführen. Er führe mit keinem Wort aus, welche Abweichung bei der Zeugniseinvernahme zur eidesstattlichen Versicherung er bei welchem Zeugen festgestellt haben wolle. Auch führe er mit keinem Wort aus, woran er die „Befangenheit“ dieser Zeugen erkannt haben wolle und welche Rechtsfolge er daraus ableiten wolle. Stattdessen würde substanzlos die Behauptung in den Raum gestellt, die Bekundungen der Zeugen seien nicht präzise und würden hinsichtlich des zeitlichen Ablaufes nicht korrespondieren. Es sei schon fraglich, ob es überhaupt von rechtlicher Bedeutung sein könne, dass Zeugenaussagen mehrerer Zeugen nicht 100 % deckungsgleich seien. Der Kläger führe aber auch nicht aus, im Hinblick auf welchen Tatsachenvortrag er die Bekundungen der Zeugen in rechtlich relevanter Weise für nicht präzise genug halte. Sämtliche Behauptungen des Klägers hierzu seien falsch, falsch sei auch, dass der Zeuge S… beabsichtigt habe, den Kläger zu provozieren. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat den zugrundeliegenden Sachverhalt zutreffend entschieden. Die Klage ist unbegründet. Die fristlose Kündigung der Beklagten vom 12.04.2011 ist rechtswirksam.

I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist diese Norm in zwei Schritten zu prüfen. Zunächst ist festzustellen, ob ein bestimmtes Verhalten eines Arbeitnehmers als wichtiger Grund „an sich“ grundsätzlich geeignet ist, einen Kündigungsgrund abzugeben. In einem zweiten Schritt ist im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall die Kündigung rechtswirksam ist.

1. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, sind Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern grundsätzlich geeignet, einen wichtigen Grund zur Kündigung zu bilden. Der tätliche Angriff auf einen Arbeitskollegen ist eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Nebenpflichten. Der Arbeitgeber ist nicht nur allen Arbeitnehmern verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass sie keinen Tätlichkeiten ausgesetzt sind, sondern hat auch ein eigenes Interesse daran, dass die betriebliche Zusammenarbeit nicht durch tätliche Auseinandersetzungen beeinträchtigt wird und nicht durch Verletzungen Arbeitskräfte ausfallen (ständige Rechtsprechung, zuletzt BAG v. 18.09.2008 – 2 AZR 1039/06 – Juris, Rn. 20 f.).

a) Nach dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme steht vorliegend fest, dass der Kläger den Arbeitskollegen S… tätlich angegriffen hat. Das Arbeitsgericht hat in der Beweisaufnahme den Sachverhalt umfassend aufgeklärt, die genannten Zeugen und den Kläger zum Geschehen angehört und mit ausführlicher Begründung das Vorliegen gleich mehrerer Übergriffe des Klägers festgestellt, nämlich zunächst das Zur-Seite-Drücken des Zeugen S… mit dem Ellenbogen an die Rückwand der Fahrerkabine. Ferner hat der Kläger den Zeugen S… mit einer Holzlatte in der Hand bedroht und erklärt, dieser werde bald sein Leben lang Urlaub haben. Diese Äußerung hat das Arbeitsgericht zutreffend als Ankündigung von Schlägen mit dieser Holzlatte gewertet. Schließlich hat das Arbeitsgericht festgestellt, der Kläger habe dem Zeugen S…, als dieser direkt vor ihm gestanden habe, gezielt ins Gesicht gespuckt. Dieses Ergebnis hat das Arbeitsgericht durch eine umfassende lebensnahe Auswertung der Beweisaufnahme, und zwar sowohl der Aussagen der Zeugen als auch der anderslautenden Aussage des Klägers gewonnen.

b) Von diesem Sachverhalt geht auch das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Rechtslage aus. Konkrete Angriffe der Berufung gegen diese Feststellungen des Arbeitsgerichts, die zu einer Neubewertung der Zeugenaussagen oder aber zu einer Wiederholung der Beweisaufnahme führen müssten, sind nicht vorgetragen.

Nach § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, ist das Berufungsgericht grundsätzlich nicht mehr voll umfänglich zweite Tatsacheninstanz. Vielmehr ist hinsichtlich der erstinstanzlich, auch aufgrund einer Beweiserhebung getroffenen Feststellungen die Überprüfung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich darauf beschränkt, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellung begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts ist nur insoweit überprüfbar, als mit der Berufung schlüssig konkrete Anhaltspunkte aufgezeigt werden, die Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Feststellung begründen, die also solche Zweifel an den erhobenen Beweisen aufdrängen, dass sie eine erneute Beweisaufnahme gebieten (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 05.10.2011 – 6 Sa 224/11 -). Durch das Merkmal „Zweifel aufgrund konkreter Anhaltspunkte“ in § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO soll erreicht werden, dass sich der innere Vorgang des Zweifels auf äußere Tatsachen stützen lässt, die bei objektiver Bewertung geeignet sind, die Richtigkeit oder Vollständigkeit der Urteilsfeststellungen in Zweifel zu ziehen. Dabei dürfen im Interesse an einer materiell richtigen Entscheidung die Anforderungen an die Annahme des begründeten Zweifels nicht überspannt werden. Es genügt, dass das Berufungsgericht aufgrund aussagekräftiger Tatsachen in einer rational nachvollziehbaren Weise zu „vernünftigen“ Zweifeln gelangt. Diese müssen so gewichtig sein, dass sie nicht ausgeschlossen und ohne Weiteres von der Hand gewiesen werden können (Schwab/Weth, ArbGG, Kommentar 2004).

Derartige aussagekräftige Tatsachen werden in der Berufungsbegründung nicht angeführt.

aa) Seinen Vortrag, die Aussagen der Zeugen in der eidesstattlichen Versicherung wichen von denen in der Beweisaufnahme vor dem Arbeitsgericht ab, hat der Kläger nicht weiter ausgeführt. Mangels Vortrags ist es dem Berufungsgericht nicht möglich festzustellen, welche Abweichungen der Kläger meint. Der Vortrag ist auch tatsächlich nicht zutreffend. Im Wesentlichen deckt sich der Inhalt der eidesstattlichen Versicherung mit dem, was die Zeugen vor Gericht ausgesagt haben. Allerdings sind die eidesstattlichen Versicherungen wesentlich kürzer und abstrakter, als es die Aussagen vor Gericht waren. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen vor Gericht den Sachverhalt nicht so wie sie ihn erinnert haben, wiedergegeben haben.

bb) Soweit der Kläger in der Berufung vorgetragen hat, die Zeugen seien in das Verfahren vor dem Arbeitsgericht eingebunden worden, führt er auch diesen Angriff nicht weiter aus. Auch hier ist dem Berufungsgericht nicht ersichtlich, was der Kläger konkret meint. Es ist häufig so, dass der Arbeitgeber zur Begründung einer verhaltensbedingten Kündigung seine Mitarbeiter ausführlich befragt, sich gegebenenfalls von diesen schriftliche Zeugenaussagen geben lässt oder auch eine eidesstattliche Versicherung. Anders ist die Aufklärung des Sachverhalts für den Arbeitgeber, der in Person des Geschäftsführers häufig an den streitigen Vorgängen gar nicht beteiligt war, nicht weiter aufklärbar. Dieser Umstand allein liefert keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Zeugen G… und S… vor dem Arbeitsgericht nicht wahrheitsgemäß ausgesagt haben.

cc) Soweit der Kläger in der Berufung ausführt, der Zeuge S… habe den Kläger durch das Parken des LKWs gezielt provoziert, haben dies die Zeugen in erster Instanz gerade nicht bestätigt, sondern ausgesagt, der Zeuge S… habe gar nicht anders parken können als so wie er es getan habe. Der Zeuge S… hat insoweit ausgeführt (auf S. 6 des Sitzungsprotokolls, Bl. 60 d. A.), er könne definitiv nur an dieser Stelle abladen und habe das Fahrzeug auch nicht vorfahren können, da er dann in der Einfahrt gestanden hätte und beim Zurücksetzen die Halle blockiert hätte. Diese Aussage des Zeugen S… hat der Zeuge G… bestätigt (auf S. 8 des Sitzungsprotokolls, Bl. 62 d. A.) und ausgeführt, wenn Herr S… vorgefahren wäre, hätte er in der Einfahrt gestanden, und wenn er zurückgefahren wäre, hätte er die Halle blockiert. Zwar mag der Kläger das Parkverhalten des Herrn S… als Provokation empfunden haben. Objektiv lag aber eine Provokation nach den Zeugenaussagen nicht vor. Schon gar nicht vermag diese das Verhalten des Klägers zu rechtfertigen.

dd) Soweit der Kläger schließlich in der Berufung ausgeführt hat, objektiv habe keine „gefährliche Situation“ bestanden, ist auch dies durch die Zeugenvernehmung bereits geklärt worden. Sowohl der Zeuge S… als auch der Zeuge G… haben ausdrücklich bestätigt, dass sie die Situation als bedrohlich empfunden hätten. Der Zeuge G… hat ausgeführt, er habe überlegt, ob er dazwischengehen solle und sich dann gedacht, bevor er blutend reingehe lasse er das lieber (S. 9 des Sitzungsprotokolls, Bl. 63 d. A.). Ferner hat der Zeuge ausgeführt, als der Kläger mit geballten Fäusten auf den Zeugen S… losgegangen sei habe er gedacht, „nee, das lass ich mal lieber, ich gehe jetzt rein.“

2. Die danach feststehenden Tätlichkeiten des Klägers rechtfertigen unter Berücksichtigung der Interessen beider Vertragsteile und unter Abwägung aller Umstände die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Bei Tätlichkeiten unter Arbeitskollegen bedarf es vor Ausspruch einer Kündigung regelmäßig keiner Abmahnung. Denn der Arbeitnehmer weiß von vornherein, dass der Arbeitgeber ein derartiges Fehlverhalten missbilligt. Das gilt uneingeschränkt bei schweren Tätlichkeiten. Hier kann schon ein einmaliger Vorfall einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen, ohne dass der Arbeitgeber noch eine Wiederholungsgefahr begründen und den Arbeitnehmer zuvor abmahnen müsste (BAG a. a. O., Juris, Rn. 22).

Der Kläger hat eine schwere Tätlichkeit gegenüber dem Zeugen S… begangen. Das betrifft insbesondere das zielgerichtete Spucken in das Gesicht aus nächster Entfernung. Dieses Verhalten ist über alle Maßen ekelerregend und abscheulich und rechtfertigt nach Auffassung der Kammer für sich genommen bereits die fristlose Kündigung. Hinzu kommt, dass es entgegen den Ausführungen des Klägervertreters in der Berufungsschrift und wiederholend auch noch einmal im Termin sich hier nicht um ein Augenblicksversagen handelt, sondern nur um das Ende einer Eskalationskette. Zunächst hat der Kläger dem Zeugen an den Hals gegriffen. Dann hat er ihn mit einer Holzlatte bedroht, was geeignet ist, erhebliche Angstzustände auszulösen, da der Zeuge S… hierdurch schwere Verletzungen befürchten musste. Darüber hinaus hat er ihn verbal bedroht und schließlich ins Gesicht gespuckt.

Dem Kläger nützt es auch nicht, dass Auslöser des Vorfalls letztlich das Parkverhalten des Zeugen S… war. Zum einen hatte der Zeuge S… wie oben bereits ausgeführt gar keine Möglichkeit, seinen Wagen anders zu stellen. Zum zweiten und vor allem aber rechtfertigt selbst die vom Kläger unterstellte Provokation durch den Zeugen S… nicht ein Spucken ins Gesicht und weitere körperliche Übergriffe. Bei der Interessenabwägung ist schließlich auch zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis bei Zugang der Kündigung noch nicht sehr lange, nämlich noch keine zwei Jahre bestand. Vor diesem Hintergrund vermag auch der Umstand, dass der Kläger der Alleinverdiener in der Familie ist und neben seiner Frau zwei Kinder zu unterhalten hat und sein Lebensalter von 46 Jahren die Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum 15.05.2011 und damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für mehr als einen Monat, zumutbar zu machen.

II. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB hat die Beklagte unstreitig eingehalten.

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

 

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