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Urlaubserteilung in Kündigungsfrist und Zahlung Urlaubsabgeltung

Landesarbeitsgericht Hamm – Az.: 5 Sa 12/19 – Urteil vom 08.05.2019

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgericht Rheine vom 05.12.2018 – 3 Ca 1049/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Zahlung einer Urlaubsabgeltung.

Der Kläger war bis zum 31.07.2018 bei der Beklagten beschäftigt. Sein monatliches Bruttoentgelt betrug 2.400,00 EUR. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 15.06.2018. In dem Kündigungsschreiben heißt es:

„hiermit kündigen wir das zwischen Ihnen und der Firma H GmbH bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.07.2018 Sie werden unter Anrechnung von Urlaubstagen bis zum 31.07.2018 freigestellt.

…“

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünde die Abgeltung für 7,5, aufgerundet 8 Urlaubstage zu, da diese durch die Freistellung nicht gewährt worden seien. Eine nach der Rechtsprechung erforderliche unwiderrufliche Freistellung sei nicht erfolgt.

Seine Forderung hat er in Höhe von 886,15 EUR brutto (2.400,00 EUR brutto x 3 : 65 Tage x 8 Tage) berechnet.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 886,15 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch bestehe nicht, da die Freistellung unter Anrechnung des verbleibenden Urlaubs des Klägers erfolgt sei. Der Zeitraum der Freistellung sei auch ausreichend gewesen, um dem Kläger sämtlichen Urlaub zu gewähren.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteiles Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hierzu hat es ausgeführt, der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers könne auch dadurch erfüllt werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch von der Arbeit freistellt. Dies setze voraus, dass die Erklärung des Arbeitgebers eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Urlaub hinreichend deutlich erkennen lasse, da anderenfalls für den Arbeitnehmer nicht klar bestimmbar sei, ob der Arbeitgeber als Schuldner des Urlaubsanspruchs die geschuldete Leistung bewirke oder aber als Gläubiger der Arbeitsleistung auf deren Annahme verzichte. Der ausdrücklichen Erwähnung der Freistellung als unwiderruflich bedürfe es dann nicht. Diese Voraussetzungen seien durch die Formulierung im Kündigungsschreiben der Beklagten erfüllt.

Die fehlende Angabe des konkreten Urlaubszeitraumes stehe einer wirksamen Freistellung zur Erfüllung des Urlaubsanspruches nicht entgegen, da der Arbeitnehmer daraus regelmäßig entnehmen könne, dass der Arbeitgeber ihm entweder die gesamte Zeit der Kündigungsfrist als Urlaub gewährt oder aber der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage der ihm zustehenden Urlaubstage innerhalb des vorbehaltlos gewährten Freistellungszeitraums selbst zu bestimmen. In beiden Fällen sei für den Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar, dass er während der restlichen Dauer seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr damit rechnen müsse seine Arbeitsleistung erbringen zu müssen. Da dem Kläger bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch seine Vergütung sicher gewesen sei, sei die weitere Voraussetzung für eine wirksame Urlaubsbefreiung, nach der dem Arbeitnehmer bei Urlaubsantritt die Gewährung der Urlaubsvergütung sicher sein müsse, gegeben.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteiles (Bl. 27 – 31 d.A.) Bezug genommen.

Gegen das ihm am 19.12.2018 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 03.01.2019 bei Gericht eingegangenen Berufung, die er nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.03.2019 mit am 27.02.2019 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Er ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur wirksamen Freistellungserklärung verkannt. Vielmehr sei danach keine Anrechnung auf Urlaubsansprüche gegeben, wenn der Arbeitgeber keine Bestimmung zur Unwiderruflichkeit treffe. Auch fehle es an einer auch bei einer ordentlichen Kündigung erforderlichen vorherigen Zusage der Vergütung der Urlaubszeit.

Der Kläger beantragt, auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichtes Rheine vom 05.12.2018 Az.: 3 Ca 1049/18 abzuändern. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 886,15 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.08.2018 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens und vertritt die Auffassung, dass nach der Rechtsprechung des BAG bei einer Nichtfestlegung der Widerruflichkeit der Arbeitnehmer von einer Unwiderruflichkeit ausgehen dürfe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden.

II. Die Berufung ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Die Kammer folgt den ausgesprochen sorgfältigen und jeden Aspekt beachtenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zur Wirksamkeit der Urlaubsgewährung während der Kündigungsfrist und sieht insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Die Berufungsbegründung gibt zu folgenden Ergänzungen Anlass:

a) Soweit der Kläger der Auffassung ist, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass das Bundesarbeitsgericht sehr wohl eine deutliche Erklärung der Unwiderruflichkeit der Freistellung verlange, geht dieser Einwand fehl. Vielmehr hat das Arbeitsgericht unter 1.b) der Gründe auf genau diesen Umstand hingewiesen, aber auch ausgeführt, dass es zur Erklärung der Unwiderruflichkeit nicht der Verwendung des entsprechenden Wortes bedarf, wenn sich die Erteilung des Urlaubs an sich aus der Erklärung ergibt. Soweit sich der Kläger hierzu auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes aus dem Jahr 1998 bezieht (9 AZR 43/97) kann an sich dahinstehen, welchen Inhalt diese hatte, da diese durch die Rechtsprechung des allein für Urlaubsfragen zuständigen 9. Senates aus dem Jahr 2006 überholt wäre, nach der nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes der Urlaubsanspruch auch dadurch erfüllt werden könne, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch freistellt, da hierin eine hinreichende Urlaubsgewährung zu sehen sei (Urteil vom 14.03.2006, 9 AZR 11/05). Eine wirksame Urlaubsgewährung ist allerdings dann nicht gegeben, wenn – wie im vom Kläger zitierten Urteil vom 09.06.1998 (9 AZR 43/97) lediglich eine Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung erfolgt, ohne dass eine Aussage zur Urlaubserteilung erfolgt.

b) Vorliegend hat aber die Beklagte in dem Kündigungsschreiben ausdrücklich die Freistellung unter Anrechnung von Urlaubstagen bis zum 31.07.2018 erklärt. Damit war deutlich gemacht, dass die dem Kläger noch zustehenden Urlaubstage in der Kündigungsfrist gewährt werden. Im Übrigen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Arbeitsgerichtes Bezug genommen.

c) Soweit der Kläger unter Verweis auf § 11 Abs. 2 BUrlG geltend macht, es fehle an einer vorherigen Zusage des Urlaubsentgeltes, weshalb eine wirksame Urlaubserteilung nicht erfolgt sei, kann dem nicht gefolgt werden.

Wie das Bundesarbeitsgericht ausgeführt hat, ist eine wirksame Urlaubserteilung zwar nur dann erfolgt, wenn der Arbeitgeber die Urlaubsvergütung entweder vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt (BAG, Urteil v. 10.02.2015, 9 AZR 455/13, juris; worauf sich auch der Kläger bezieht). Auch dieses erfordert aber nicht, wie der Kläger zu meinen scheint, dass in einer entsprechenden Erklärung nochmals ausdrücklich ausgeführt werden muss, dass dieser Zeitraum vergütet wird, wenn die Vergütung des Zeitraumes des Freistellung unstreitig ist, wie dieses im Fall der Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Anrechnung auf Urlaubsansprüche regelmäßig der Fall ist.

aa) Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 10.02.2015, a.a.O., Rz. 23) ausgeführt, aus dem Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub folge, dass dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Urlaubs ein Anspruch auf Vergütung sicher sein muss. Dazu genüge es nicht, wenn ihm zu irgendeinem späteren Zeitpunkt nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsschutzklage ein Anspruch auf Urlaubsvergütung zuerkannt werde. Der Arbeitnehmer sei in unzumutbarer Weise in seiner Urlaubsgestaltung eingeschränkt, wenn er bei Urlaubsantritt nicht wisse, ob ihm Urlaubsentgelt gezahlt wird. Mit dem unionsrechtlichen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub werde bezweckt, es dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen. Dieser Zweck könne typischerweise nur dann erreicht werden, wenn der Arbeitnehmer während des Zeitraums wisse, dass er in Bezug auf das Entgelt in eine Lage versetzt sei, die mit den Zeiten geleisteter Arbeit vergleichbar sei.

bb) Dieses ist im Fall der Freistellung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist regelmäßig der Fall. In der o.g. Entscheidung war die Wirksamkeit der Erklärung in der Kündigung lediglich zunächst für nicht wirksam erklärt worden, da sie sich auf einen Zeitraum nach Ausspruch einer fristlosen Kündigung, somit einen unstreitig zunächst nicht zu vergütenden Zeitraum, bezog. Gleichwohl wurde eben diese Kündigungserklärung für die Auslegung der nachfolgenden vergleichsweisen Vereinbarung über eine Kündigung mit Auslauffrist herangezogen, mit der die Vergütung des Zeitraumes vereinbart und die Zeit der Freistellung aufgrund der Mitteilung in der Kündigungserklärung als erteilter Urlaub definiert wurde. Mit Abschluss des Vergleiches lagen damit die Voraussetzungen Urlaubserteilung und Entgeltzusage vor.

cc) Die weitere vom Kläger für seine Rechtsauffassung herangezogene Entscheidung (BAG Urt. v. 19.01.2016, 2 AZR 449/15, juris) wiederum verhält sich zu einem Sachverhalt, bei dem nach einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung im Annahmeverzugszeitraum während des mehrjährigen Kündigungsrechtsstreites jährlich seitens der Arbeitgeberin Urlaub gewährt wurde, ohne eine Zahlung zu leisten oder auch nur zuzusagen. Dieses erfüllt auch nach Auffassung der Kammer die Voraussetzungen einer wirksamen Urlaubserteilung nicht; dieses ist aber mit dem vorliegenden Sachverhalt auch nicht vergleichbar.

Damit hat die Beklagte den Kläger mit dem Kündigungsschreiben ausdrücklich zum Zweck der Urlaubserteilung während der Kündigungsfrist bei Fortzahlung der Vergütung freigestellt. Die Ansprüche des Klägers auf Urlaubserteilung waren unstreitig geringer als der Freistellungszeitraum, weshalb die Urlaubsansprüche durch Freistellung in natura erfüllt sind; ein Abgeltungsanspruch liegt nicht vor.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Der Kläger hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

IV. Gründe, die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

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