➔ Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 TaBV 23/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Hilfe anfordern
Übersicht:
- ✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Küchenchefin wird Ausbildungsleiterin – Arbeitsplatzwechsel trotz Direktionsrecht ausschreibungspflichtig
- ✔ Der Fall vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen
- ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- ✔ FAQ – Häufige Fragen
- Was ist eine Ausschreibungspflicht im Arbeitsrecht?
- Welche Rechte hat der Betriebsrat bei der Umstrukturierung von Arbeitsplätzen?
- Wann gilt eine Versetzung als mitbestimmungspflichtig?
- Was bedeutet das Direktionsrecht des Arbeitgebers?
- Welche Qualifikationen sind bei Umstrukturierungen relevant?
- Wie können Arbeitnehmer gegen unfaire Versetzungen vorgehen?
- § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- ⇓ Das vorliegende Urteil vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen
✔ Der Fall: Kurz und knapp
- Der Fall behandelt die Umstrukturierung eines Arbeitsplatzes und die damit verbundene Frage der Ausschreibungspflicht durch den Arbeitgeber.
- Der Kern des Konflikts liegt in der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung einer Mitarbeiterin in eine neue Position mit pädagogischen Anforderungen.
- Der Arbeitgeber behauptete, es handle sich um eine bloße Umgestaltung der bisherigen Stelle der Mitarbeiterin und somit bestehe keine Ausschreibungspflicht.
- Der Betriebsrat widersprach, da die neue Position erhebliche Änderungen und neue Aufgaben umfasse, die eine Ausschreibung erforderten.
- Das Gericht entschied, dass die neue Position aufgrund der neuen pädagogischen Anforderungen als neuer Arbeitsplatz betrachtet werden müsse.
- Die Entscheidung basierte darauf, dass die Aufgaben der neuen Stelle deutlich von den bisherigen Tätigkeiten abgrenzbar und unabhängig von einer anderen Kraft ausführbar seien.
- Der Betriebsrat hatte das Recht, die Zustimmung zu verweigern, da die Ausschreibung gemäß der Konzernbetriebsvereinbarung erforderlich war.
- Das Gericht betonte die Bedeutung der Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze und die Notwendigkeit der Ausschreibung zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte.
- Diese Entscheidung stärkt die Position der Betriebsräte bei Umstrukturierungen und Änderungen von Arbeitsplätzen, die neue Qualifikationen und Aufgaben erfordern.
- Die Auswirkungen sind weitreichend, da Unternehmen bei ähnlichen Umstrukturierungen künftig die Ausschreibungspflichten und die Einbindung des Betriebsrats beachten müssen.
Küchenchefin wird Ausbildungsleiterin – Arbeitsplatzwechsel trotz Direktionsrecht ausschreibungspflichtig
Veränderungen in Unternehmen und Organisationsstrukturen sind häufig eine Herausforderung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Oft wird dabei die Frage nach der Ausschreibungspflicht für neue oder umstrukturierte Arbeitsplätze relevant. Dieser Aspekt ist nicht nur für Führungskräfte wichtig, sondern betrifft auch Mitarbeitervertretungen wie Betriebsräte.
Das Arbeitsrecht sieht hier einen Interessenausgleich vor: Einerseits hat der Arbeitgeber das Recht, seine Betriebsabläufe organisatorisch zu gestalten. Andererseits haben Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass vakante Stellen ausgeschrieben werden, um ihre Chancen auf interne Bewerbung und Beförderung zu wahren.
Diese Spannungsfelder werden regelmäßig von den Gerichten thematisiert und geklärt. Im Folgenden wird ein aktuelles Urteil zu diesem Themenkomplex vorgestellt und analysiert, um die Rechte und Pflichten der Beteiligten zu verdeutlichen.
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✔ Der Fall vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Arbeitsplatzänderung erfordert Ausschreibung trotz geplanter Besetzung mit eigener Mitarbeiterin

In einem Fall vor dem Landesarbeitsgericht Niedersachsen ging es um die geplante Änderung des Arbeitsplatzes einer Küchenleiterin zu einer pädagogischen Tätigkeit als „Gruppenleitung anderer Leistungsanbieter“ im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Die Arbeitgeberin, die Einrichtungen zur Hilfestellung für Menschen mit psychischen Erkrankungen und Behinderungen betreibt, wollte die bisherige Küchenleiterin F. in dieser neuen Position einsetzen.
Der bei der Arbeitgeberin bestehende Betriebsrat verweigerte jedoch die Zustimmung zu dieser Versetzung. Er begründete dies damit, dass entgegen einer bestehenden Konzernbetriebsvereinbarung keine vorherige interne Ausschreibung der Stelle erfolgt sei. Die Arbeitgeberin vertrat die Ansicht, es handele sich nicht um einen freien Arbeitsplatz, der ausgeschrieben werden müsse, sondern nur um eine Weiterentwicklung der bisherigen Tätigkeit von F. im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts.
Gericht: Neue pädagogische Tätigkeit geht über reine Weiterentwicklung des Küchenleiterpostens hinaus
Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gaben dem Betriebsrat Recht. Das LAG führte aus, dass die geplante Tätigkeit von F. als „Gruppenleitung anderer Leistungsanbieter“ eine erforderliche pädagogische Zusatzausbildung im Umfang von 800 Stunden umfasse. Damit ändere sich das Gesamtbild der Tätigkeit so sehr, dass von der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs und damit einer mitbestimmungspflichtigen Versetzung auszugehen sei. Die bisherige Stelle der Küchenleitung werde zur pädagogischen Gruppenleitung weiterentwickelt.
Die Arbeitgeberin habe damit einen freien Arbeitsplatz geschaffen, für den die Mitarbeiterin F. ohne erfolgreichen Abschluss der pädagogischen Zusatzausbildung nicht dauerhaft einsetzbar sei. Diese umfangreiche Fortbildungsverpflichtung halte sich nicht mehr im Rahmen der üblichen Entwicklung des Berufsbildes einer Diätköchin. Ein Arbeitsplatz in diesem Sinne sei nach der Konzernbetriebsvereinbarung aber intern auszuschreiben, auch wenn er „personenbezogen“ nur für eine bestimmte Mitarbeiterin geschaffen werden solle.
Ausschreibungspflicht dient Transparenz betrieblicher Vorgänge
Das Gericht betonte, Sinn des § 93 BetrVG zur Ausschreibungspflicht sei nicht nur die Aktivierung des betrieblichen Arbeitsmarktes, sondern auch die Transparenz betrieblicher Vorgänge. Damit sollten Verstimmungen und Beunruhigungen in der Belegschaft vermieden werden. Die unterbliebene Ausschreibung berechtigte den Betriebsrat daher zur Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG.
Die Rechtsbeschwerde wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Das Urteil zeigt, dass auch bei geplanter interner Besetzung eines Arbeitsplatzes mit einem eigenen Mitarbeiter eine Ausschreibungspflicht bestehen kann, wenn sich das Tätigkeitsbild gravierend ändert. Arbeitgeber sollten dies beachten, um Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat zu vermeiden.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch bei personenbezogener Stellenbesetzung mit einer internen Mitarbeiterin eine Ausschreibungspflicht bestehen kann, wenn sich das Tätigkeitsbild durch zusätzliche Anforderungen und Qualifikationen wesentlich ändert. Das Gericht betont die Bedeutung der Ausschreibungspflicht für die Transparenz betrieblicher Vorgänge und die Vermeidung von Unruhe in der Belegschaft. Das arbeitgeberseitige Direktionsrecht findet somit seine Grenzen in den Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei Versetzungen.
✔ FAQ – Häufige Fragen
Thema: Ausschreibungspflicht bei Arbeitsplatzänderungen
Was ist eine Ausschreibungspflicht im Arbeitsrecht?
Nach dem allgemeinen Arbeitsrecht in Deutschland besteht grundsätzlich keine gesetzliche Verpflichtung für Arbeitgeber, freie Arbeitsplätze intern oder extern auszuschreiben. Der Arbeitgeber kann frei entscheiden, auf welche Art und Weise er geeignete Bewerber für eine Stelle finden möchte. Er kann Stellen öffentlich ausschreiben, muss dies aber nicht tun.
Es gibt jedoch einige wichtige Ausnahmen von diesem Grundsatz, in denen Arbeitgeber sehr wohl verpflichtet sein können, offene Positionen auszuschreiben
Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
Besteht im Unternehmen ein Betriebsrat, so hat dieser nach § 93 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein Mitbestimmungsrecht bei der Stellenausschreibung. Der Betriebsrat kann verlangen, dass freie Arbeitsplätze zunächst intern ausgeschrieben werden, bevor eine externe Stellenanzeige erfolgt. Dies soll den bereits im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern die Möglichkeit geben, sich auf die Stelle zu bewerben. Kommt der Arbeitgeber dieser Aufforderung nicht nach, kann der Betriebsrat später seine Zustimmung zu einer Einstellung verweigern.
Tarifvertragliche oder einzelvertragliche Regelungen
Auch Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können Regelungen zur internen Stellenausschreibung enthalten, an die sich der Arbeitgeber halten muss. Gleiches gilt, wenn im individuellen Arbeitsvertrag eine Ausschreibungspflicht vereinbart wurde.
Öffentlicher Dienst
Im öffentlichen Dienst und bei Arbeitgebern mit Bindung an das Grundgesetz wie Gerichten und Behörden besteht aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes in Art. 3 Grundgesetz (GG) und des Grundsatzes der Bestenauslese in Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich eine Ausschreibungspflicht. Stellen müssen öffentlich bekannt gemacht werden, um allen gleich geeigneten Bewerbern die Chance zu geben, berücksichtigt zu werden.
Besondere Personengruppen
Für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen (§ 165 SGB IX) und bei Stellenbesetzungen im Rahmen der Frauenförderung können ebenfalls Ausschreibungspflichten bestehen.
Für die Praxis bedeutet dies, dass Arbeitgeber außerhalb des öffentlichen Dienstes und ohne Betriebsrat in den meisten Fällen frei entscheiden können, ob und wie sie Stellen ausschreiben. Eine allgemeine gesetzliche Ausschreibungspflicht besteht nicht. Trotzdem kann es sinnvoll sein, Stellen intern und extern auszuschreiben, um den Bewerberkreis zu vergrößern und die Chancen zu erhöhen, die am besten geeignete Person für die Stelle zu finden.
Welche Rechte hat der Betriebsrat bei der Umstrukturierung von Arbeitsplätzen?
Bei Umstrukturierungen von Arbeitsplätzen hat der Betriebsrat umfangreiche Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte, um die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten:
- Informations- und Beratungsrechte: Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat frühzeitig und umfassend über geplante Umstrukturierungen informieren und mit ihm beraten (§ 80 Abs. 2 und § 90 BetrVG). Dies gilt insbesondere bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden und Projekte.
- Interessenausgleich und Sozialplan: Stellen die Umstrukturierungen eine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG dar und haben wesentliche Nachteile für die Belegschaft, muss der Arbeitgeber mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln. Der Interessenausgleich regelt die Durchführung der Maßnahme, der Sozialplan gleicht wirtschaftliche Nachteile für die Arbeitnehmer aus. Dies gilt in Betrieben ab 20 Arbeitnehmern.
- Hinzuziehung von Beratern: In Betrieben ab 300 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat auf Kosten des Arbeitgebers externe Berater hinzuziehen (§ 111 S. 2 BetrVG). Oft bringt schon die Ankündigung den Arbeitgeber zu Zugeständnissen.
- Vorschlagsrecht: Nach § 92a BetrVG kann der Betriebsrat eigene Vorschläge zur Umstrukturierung machen. Der Arbeitgeber muss diese prüfen und Ablehnungen begründen.
- Einigungsstelle: Kommt es zu keiner Einigung, kann auf Antrag einer Seite die Einigungsstelle angerufen werden (§ 112 BetrVG). Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
- Nachteilsausgleich: Verletzt der Arbeitgeber die Mitbestimmungsrechte, drohen Nachteilsausgleichsansprüche der Arbeitnehmer, z.B. Abfindungen bis zu 18 Monatsverdiensten bei Entlassungen.
Der Betriebsrat hat somit starke Mitbestimmungsrechte, um die Interessen der Arbeitnehmer bei Umstrukturierungen zu wahren. Durch geschicktes Verhandeln und notfalls durch Anrufung der Einigungsstelle kann er Umstrukturierungen mitgestalten und Nachteile abmildern.
Wann gilt eine Versetzung als mitbestimmungspflichtig?
Eine Versetzung von Mitarbeitern ist nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig, wenn das Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt und ein Betriebsrat existiert. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor jeder Versetzung unterrichten und seine Zustimmung einholen.
Als Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gilt nach § 95 Abs. 3 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Erhebliche Änderungen können beispielsweise ein Wechsel des Arbeitsorts, der Arbeitsaufgaben, der Arbeitsbedingungen oder der Vergütung sein. Rein zeitliche Änderungen wie eine Veränderung der Arbeitszeit begründen hingegen keine Versetzung.
Verweigert der Betriebsrat die Zustimmung, kann der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht beantragen. Führt der Arbeitgeber die Versetzung ohne Zustimmung des Betriebsrats durch, ist diese unwirksam. Der Betriebsrat kann dann vor Gericht die Aufhebung der Maßnahme verlangen.
Besonders geschützt sind Mitglieder des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung sowie des Wahlvorstands. Ihre Versetzung bedarf der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats, wenn sie zum Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde und der betroffene Arbeitnehmer nicht einverstanden ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Versetzung arbeitsvertraglich zulässig wäre.
Ein praktisches Beispiel wäre ein in Hamburg lebender Informatiker, der zu einem Großprojekt nach Frankfurt am Main versetzt werden soll. Ist die Versetzung arbeitsvertraglich gedeckt, kann der Betriebsrat seine Zustimmung dennoch verweigern, wenn er die Maßnahme für unzumutbar hält, weil der Arbeitnehmer z.B. kleine Kinder betreuen muss. Der Arbeitgeber müsste dann die Zustimmung gerichtlich ersetzen lassen.
Was bedeutet das Direktionsrecht des Arbeitgebers?
Das Direktionsrecht (auch Weisungsrecht genannt) gibt dem Arbeitgeber das Recht, die Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter innerhalb gewisser Grenzen einseitig zu gestalten. Es ist in §106 der Gewerbeordnung (GewO) geregelt.
Der Arbeitgeber kann demnach nach billigem Ermessen folgende Aspekte näher bestimmen, sofern sie nicht bereits durch Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag oder Gesetz festgelegt sind:
- Inhalt der Arbeitsleistung: Welche konkreten Aufgaben der Arbeitnehmer zu erledigen hat
- Ort der Arbeitsleistung: Wo die Arbeit zu erbringen ist
- Zeit der Arbeitsleistung: Wann die Arbeit zu leisten ist (Beginn, Ende, Pausen etc.)
- Ordnung und Verhalten im Betrieb: z.B. Kleiderordnung, Rauchverbot
Reine Arbeitsanweisungen, die die konkrete Ausführung der Arbeit betreffen, fallen unter das Direktionsrecht und bedürfen keiner Zustimmung des Betriebsrats.
Anders ist es bei Weisungen, die das allgemeine Ordnungs- und Arbeitsverhalten im Betrieb regeln. Hier hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach §87 Abs. 1 Nr. 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Setzt der Arbeitgeber solche Regelungen ohne Beteiligung des Betriebsrats um, sind sie unwirksam.
Das Direktionsrecht ist außerdem begrenzt durch:
- Arbeitsschutzvorschriften
- Grundrechte des Arbeitnehmers (z.B. Persönlichkeitsrechte)
- Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
- Gleichbehandlungsgrundsatz
Arbeitnehmer müssen rechtmäßigen Weisungen des Arbeitgebers Folge leisten. Tun sie das nicht, riskieren sie eine Abmahnung oder Kündigung wegen Arbeitsverweigerung.
Welche Qualifikationen sind bei Umstrukturierungen relevant?
Fachliche Kompetenz und Qualifikationen
Mitarbeiter sollten über die notwendigen fachlichen Qualifikationen und Kompetenzen verfügen, die für die neu strukturierten Positionen erforderlich sind. Dazu gehören relevante Ausbildungsabschlüsse, Zertifikate und Berufserfahrung. Arbeitgeber müssen prüfen, ob die vorhandenen Qualifikationen der Mitarbeiter noch zu den Anforderungen der neuen Stellen passen.
Weiterbildungsbereitschaft
Da sich bei Umstrukturierungen oft Aufgabengebiete und Anforderungen ändern, ist die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Weiterbildung und zum Erwerb neuer Fähigkeiten sehr wichtig. Flexibilität und die Fähigkeit, sich schnell in neue Themen einzuarbeiten, sind von Vorteil.
Soziale und kommunikative Kompetenzen
In Zeiten des Wandels sind Teamfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Kommunikationsstärke gefragt. Mitarbeiter sollten in der Lage sein, konstruktiv mit Veränderungen umzugehen, offen zu kommunizieren und gut im Team zusammenzuarbeiten. Führungskräfte benötigen zudem Kompetenzen im Veränderungsmanagement.
IT- und Digitalisierungs-Know-how
Umstrukturierungen gehen heute oft mit einer stärkeren Digitalisierung einher. Grundlegende IT-Kenntnisse und die Bereitschaft, sich mit neuen Tools und Systemen vertraut zu machen, werden daher immer wichtiger für Mitarbeiter aller Bereiche.
Der Arbeitgeber muss im Rahmen einer Umstrukturierung sorgfältig prüfen, welche Qualifikationen für die neuen Stellen erforderlich sind. Bestehende Mitarbeiter sollten entsprechend ihren Fähigkeiten eingesetzt und bei Bedarf weitergebildet werden. Sind intern nicht genügend passende Kandidaten vorhanden, kann eine Ausschreibung der Positionen nach außen notwendig sein.
Wie können Arbeitnehmer gegen unfaire Versetzungen vorgehen?
Arbeitnehmer in Deutschland haben verschiedene Möglichkeiten, gegen unfaire Versetzungen vorzugehen und ihre Rechte zu schützen.
Der Arbeitgeber darf Versetzungen nicht willkürlich vornehmen, sondern benötigt dafür sachliche Gründe. Diese können sich zum Beispiel aus dringenden betrieblichen Erfordernissen oder einer Umstrukturierung ergeben. Der Arbeitgeber muss die Versetzung gegenüber dem Arbeitnehmer begründen können.
Hält der Arbeitnehmer die Versetzung für unberechtigt, sollte er zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen. Dabei kann er seine Bedenken vorbringen und nach einer einvernehmlichen Lösung suchen. Führt dies nicht zum Erfolg, gibt es weitere Schritte.
Als nächstes kann sich der Arbeitnehmer an den Betriebsrat wenden, sofern ein solcher im Unternehmen existiert. Der Betriebsrat hat bei Versetzungen ein Mitbestimmungsrecht und prüft, ob die Maßnahme rechtmäßig ist. Er kann gegenüber dem Arbeitgeber Bedenken äußern und auf eine Rücknahme der Versetzung hinwirken.
Bleibt der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung, hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Mit der Versetzungsschutzklage kann er geltend machen, dass die Versetzung unbillig ist und nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Das Gericht prüft dann anhand der Umstände des Einzelfalls, ob die Versetzung gerechtfertigt ist.
Wichtig ist auch, dass Versetzungen nicht aus diskriminierenden Gründen wie Alter, Geschlecht, ethnischer Herkunft etc. erfolgen dürfen. Vermutet der Arbeitnehmer eine Diskriminierung, kann er sich an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder an spezialisierte Beratungsstellen wenden. Diese unterstützen Betroffene bei der Durchsetzung ihrer Rechte.
Generell empfiehlt es sich für Arbeitnehmer, sich frühzeitig über ihre Rechte zu informieren und bei Bedarf rechtlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Gewerkschaften und Arbeitnehmerverbände bieten ihren Mitgliedern häufig kostenlose arbeitsrechtliche Beratung und Unterstützung in solchen Fällen.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 99 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Regelt die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen. Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn gesetzliche Vorschriften verletzt werden, wie etwa die Ausschreibungspflicht nach § 93 BetrVG.
- § 93 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Verlangt die Ausschreibung freier Arbeitsplätze im Betrieb. Dies ist relevant, da der Betriebsrat argumentiert, dass die Position hätte ausgeschrieben werden müssen.
- § 95 Abs. 3 BetrVG: Beschreibt die Voraussetzungen für Versetzungen. Im Fall der Mitarbeiterin F. geht es um die Frage, ob die neue Tätigkeit eine Versetzung darstellt und daher der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt.
- § 60 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX): Betrifft die Anforderungen an „andere Leistungsanbieter“ im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG). Diese Regelungen sind relevant, da die Umstrukturierung der Position von F. im Zusammenhang mit diesen Vorschriften steht.
- Werkstättenverordnung (WVO) § 9: Regelt die Qualifikationsanforderungen für Mitarbeiter in Werkstätten für behinderte Menschen. Die neue pädagogische Tätigkeit von F. erfordert eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation gemäß dieser Verordnung.
- Bundesteilhabegesetz (BTHG): Beeinflusst die strukturellen Änderungen im Unternehmen der Arbeitgeberin und erfordert spezifische Qualifikationen für die neue Position. Dies ist der Hintergrund für die Umstrukturierung.
- Konzernbetriebsvereinbarung: Diese interne Vereinbarung regelt die Ausschreibungspflicht von freien Arbeitsstellen und wird vom Betriebsrat als Grundlage für die Verweigerung der Zustimmung herangezogen.
- Direktionsrecht des Arbeitgebers: Bezieht sich auf das Recht des Arbeitgebers, Arbeitsaufgaben zuzuweisen und Arbeitsplätze zu gestalten. Die Grenze dieses Rechts ist im Fall der Mitarbeiterin F. zentral, da es um die Frage geht, ob die Änderungen eine neue Stelle schaffen und somit der Ausschreibungspflicht unterliegen.
⇓ Das vorliegende Urteil vom Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Landesarbeitsgericht Niedersachsen – Az.: 2 TaBV 23/22 – Beschluss vom 15.03.2023
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 15. Februar 2022 – 1 BV 5/21 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur Versetzung der Mitarbeiterin F.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt Einrichtungen der Hilfestellung für und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, seelischen Behinderungen und Abhängigkeitserkrankungen. Sie beschäftigt in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
Der Betriebsrat und Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Betriebsrat) ist der bei der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat. Aufgrund eines bestehenden Tarifvertrages gemäß § 3 BetrVG besteht ein einrichtungsübergreifender Betriebsrat.
Die Mitarbeiterin F. ist gelernte Diätköchin und übt zurzeit die Funktion der Leitung der Küche im Kompetenzzentrum in A-Stadt aus. Dieser Arbeitsplatz soll im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) inhaltlich und strukturell geändert werden. Die Arbeitgeberin nutzt die eröffnete Möglichkeit der „anderen Leistungsanbieter (aLa)“ nach dem BTHG und bildet eine neue pädagogische Einrichtung mit dem ehemaligen Küchenbereich in der Wohnanlage. Um als anderer Leistungsanbieter agieren zu können, benötigen die entsprechenden Leistungskräfte sowohl eine kaufmännische, technische oder handwerkliche Ausbildung einerseits, als auch andererseits eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation (SPZ). Dies ergibt sich aus § 60 SGB IX i. V. m. § 9 der Werkstättenverordnung (WVO). Eine derartige sonderpädagogische Zusatzqualifikation stellt die Zusatzausbildung als geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) dar. Diese umfasst 800 Unterrichtsstunden, verteilt auf 17 Blockwochen mit 5 Unterrichtstagen. Eine solche Zusatzausbildung absolviert F. derzeit. Sie darf bereits im Sinne von § 9 Werkstättenverordnung eingesetzt werden, weil es ausreichend ist, wenn die entsprechende Qualifikation in den ersten 5 Jahren nachgeholt wird.
Bei der Arbeitgeberin gilt eine Konzernbetriebsvereinbarung zur übergreifenden Ausschreibung von zu besetzenden Stellen vom 22./27. Juni 2012. Darin heißt es unter anderem (Bl. 10 f d. A.):
„…
§ 2 Geltungsbereich
Die Betriebsvereinbarung gilt in folgenden Gliederungen:
…
A T W/E GmbH
…
§ 3 Ausschreibung von freien Arbeitsstellen
1. Jede eine Frist von 6 Monaten überschreitende bzw. unbefristet zu besetzende Stelle in einer der in § 2 genannten Gesellschaften wird übergreifend in allen Unternehmen, für die diese Betriebsvereinbarung gilt, ausgeschrieben. Bei der Ausschreibung wird eine zweckmäßige Vorsortierung nach Gesellschaften vorgenommen, d. h. Stellenausschreibungen für zum Beispiel eine Pflegekraft erfolgen in den Gesellschaften Wohnen & Pflegen, Wohnparks und der Trialog.
…“
Mit Anhörung vom 24. März 2021 (Bl. 7 d. A.), versehentlich auf den 24. April 2021 datiert, beantragte die Arbeitgeberin die Zustimmung des Betriebsrates zum Einsatz von F. als (stv.) Leitung anderer Leistungsanbieter (aLa). Zudem solle ihr eine Zulage in Höhe der Differenz zur EG 9 Stufe 4 (derzeit 311,58 EUR) gezahlt werden.
Der Betriebsrat widersprach mit E-Mail vom 31. März 2021 mit der Begründung, das Ausschreibungserfordernis nach der Konzernbetriebsvereinbarung sei nicht beachtet worden. Zudem sei er nur unzureichend informiert. Die Arbeitgeberin lege bei der beabsichtigten Zulage eine Systematik zugrunde.
Mit E-Mail vom 1. April 2021 (Bl. 13 f. d. A.) ergänzte die Arbeitgeberin ihren Antrag. Es liege keine freie Arbeitsstelle gemäß § 3 der KBV vor. Vielmehr habe sie in Folge der Anerkennung der „Kantine“ und des „Seminarmanagements“ als „anderer Leistungsanbieter“ (aLa) gemäß § 60 SGB IX das Organigramm des Fachbereichs Arbeit und Beschäftigung, die Aufgabenprofile und Prozesse im Sinne der Aufgabe und der kontinuierlichen Verbesserung weiterentwickelt. Die überarbeiteten Aufgabenprofile für das Angebot der ER 920 „anderer Leistungsanbieter“ (aLa) heben insgesamt die pädagogischen Anteile hervor. Die bisherige Stelle Küchenleitung werde zur Gruppenleitung (analog der Beschreibung in Werkstätten für behinderte Menschen) und die bisherige Hauswirtschaftsleiter*in werde zur Gruppenzweitkraft. Beides seien pädagogische Fachkräfte im Sinne des Auftrages.
Im weiteren Verlauf tauschten sich die Beteiligten per E-Mail aus, ohne dass der Betriebsrat der beabsichtigten Maßnahme zustimmte (Bl. 16 f. d. A.).
Mit ihrem am 18. Juni 2021 beim E. eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu der Versetzung der Mitarbeiterin F. Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, es habe keiner Ausschreibung bedurft, weil kein freier Arbeitsplatz zur Verfügung stehe. Es handele sich lediglich um eine weitere Ausgestaltung des bereits von der Mitarbeiterin F. besetzten Arbeitsplatzes im Rahmen ihres Direktionsrechtes. Es obliege der Organisationsgewalt des Arbeitgebers, ob er Aufgaben einer bestehenden Stelle zuordne oder hierfür eine neue, freie Stelle schaffe. Es könne nicht angenommen werden, dass eine „zu besetzende Stelle“ im Sinne von § 3 der Konzernbetriebsvereinbarung vorliege, wenn – wie vorliegend – lediglich eine inhaltliche Veränderung einer bestehenden Stelle geplant sei, unabhängig davon, ob hiermit eine Verdichtung oder Ausdünnung von Aufgaben verbunden sei und ob dies individualvertraglich per Direktionsrecht oder Änderungskündigung umgesetzt werde. Die Aufgabe der Küche bleibe im Kern die gleiche. Der Unterschied bestehe nur darin, dass nunmehr in der Regel 5 (in Teilzeit anwesende) behinderte Menschen von F. mit angeleitet werden müssten. Dies erfolge im Übrigen nicht nur durch F. , sondern im Zusammenarbeit mit Frau D. , weil die Teilnehmer je nach Neigung und Fähigkeiten mehr im Küchenbereich oder mehr im Hauswirtschaftsbereich eingesetzt würden. Die Anleitung bzw. die Unterstützung behinderter Menschen sei für die Stelle nicht neu. Bereits seit 2011 seien in der Küche jeweils mindestens 2 behinderte Menschen tätig, weil sie mit externen Werkstätten für behinderte Menschen kooperiere und insoweit sogenannte Außenarbeitsplätze in der Küche zur Verfügung stelle. Der Einbezug behinderter Menschen erfolge nunmehr nur in einem etwas größerem Umfang, jetzt auch durch die Bundesagentur für Arbeit und mit formalisierten Ausbildungsanforderungen. Es handele sich lediglich um untergeordnete inhaltliche Veränderungen eines bestehenden Arbeitsplatzes. Die Fortbildung von F. stelle keine Versetzung dar, die damit einhergehenden neuen pädagogischen Elemente der Tätigkeit mögen jedoch als Versetzung einzuordnen sein. Dementsprechend sei der Betriebsrat angehört worden.
Die Zulage sei individuell ausgehandelt und unterliege keiner Mitbestimmung.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Zustimmung des Betriebsrates hinsichtlich der Versetzung der F. zu ersetzen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
1. den Antrag zurückzuweisen;
2. hilfsweise der Arbeitgeberin aufzugeben, die personelle Maßnahme mit dem Einsatz der Mitarbeiterin F. als „stellvertretende Leitung anderer Leistungsanbieter (aLa)“ entsprechend der Personalveränderungsmitteilung (PVM) vom 24. April 2021 aufzuheben.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die zu besetzende Position hätte ausgeschrieben werden müssen. Die Arbeitgeberin übersehe, dass es sich nicht um die Ausübung des Direktionsrechtes handele, wenn grundlegende Anforderungen an den bereits besetzten Arbeitsplatz erheblich geändert würden. Dies sei vorliegend der Fall, weil die Mitarbeiterin F. im Rahmen des Direktionsrechtes keinen neuen Aufgabenbereich erhalte, sondern (teilweise) ein gänzlich neuer Arbeitsplatz geschaffen werde, indem erstmalig pädagogische Anforderungen an eine Küchenkraft gestellt würden. Im Ergebnis werde eine Umstrukturierung vorgenommen, bei der die bisherige Leiterin der Küche eine andere für sich allein abgrenzbare Tätigkeit als Gruppenleiterin anderer Leistungsanbieter (aLa) ausüben solle. Dies führe im Ergebnis auch dazu, dass die Arbeitszeit für die bisherige Tätigkeit gekürzt werde, um damit die Arbeitskapazitäten für die geforderte neue (pädagogische) Tätigkeit zu erhalten. Im Rahmen der Fortbildung sei F. mitgeteilt worden, dass für die Bemessung der zu betreuenden Personen von einem Schlüssel von 12 zu 1 ausgegangen werde. Dies bedeute, dass auf eine Vollzeitstelle 12 Patienten entfielen. Die Mitarbeiterin F. solle 6 Personen betreuen, dies entspreche im Ergebnis einem Arbeitsvolumen von 19,25 Stunden wöchentlich. Sowohl der Umfang der neuen Tätigkeit als auch die prägende Wirkung mit der Einführung eines pädagogischen Anteils belegten, dass ein neuer Teilzeitarbeitsplatz besetzt werde. Die bisherige Tätigkeit als Leiterin der Küche werde erheblich reduziert, um die neue Tätigkeit als pädagogische Kraft im Rahmen des Projekts „andere Leistungsanbieter“ ausüben zu können. Die neue Tätigkeit könne auch von einer einzelnen Teilzeitkraft ausgeübt werden. Vor diesem Hintergrund sei es für den Betriebsrat auch wichtig zu erfahren, wie sich die Arbeitgeberin die Stundenverteilung vorstelle, wie genau das Konzept aussehen solle und welches Verständnis bei den Begriffsbestimmungen der Gruppenleitung und der Gruppenzweitkraft bestehe. Diese Fragen seien unbeantwortet geblieben, weshalb der Betriebsrat auch nicht ausreichend informiert worden sei.
Der Hilfsantrag werde vorsorglich gestellt, weil die Arbeitgeberin weiterhin die Position vertrete, dass es sich um keine Einstellung, sondern allenfalls um eine Versetzung handele.
Mit Beschluss vom 15. Februar 2022 hat das E. den Antrag zurückgewiesen. Der zulässige Antrag sei unbegründet. Der Betriebsrat habe seine Zustimmung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 5 BetrVG zu Recht verweigert. Gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG könne der Betriebsrat die Zustimmung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben sei. Bei der beabsichtigten Maßnahme handele es sich um eine auszuschreibende Arbeitsstelle im Sinne von § 3 der Konzernbetriebsvereinbarung und nicht nur um eine Versetzung. Die Voraussetzungen des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG lägen vor. Darin erschöpfe sich die beabsichtigte Maßnahme jedoch nicht. F. sollten nicht neue Aufgaben im Rahmen ihrer bisherigen Stelle zugewiesen werden, sondern sie solle auf einer neuen Stelle eingesetzt werden. Dies ergebe sich daraus, dass mit der beabsichtigten Maßnahme erstmalig pädagogische Anforderungen gestellt würden, die vom Stelleninhaber eine umfangreiche Zusatzausbildung von 800 Stunden erfordere. Der konkrete zeitliche Umfang der neu hinzukommenden Aufgaben habe nicht aufgeklärt werden können, jedoch machten diese auch nach den Angaben der Arbeitgeberin im Kammertermin einen Anteil von jedenfalls 10 – 20 % aus. Diese Aufgaben seien von den bisherigen Tätigkeiten abgrenzbar und könnten auch von einer anderen Kraft ausgeführt werden. Die Organisation obliege zwar als Teil der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit dem Arbeitgeber. Er könne deshalb mitbestimmungsfrei darüber entscheiden, ob er die neu zu erledigenden Aufgaben mit einer (Teilzeit-) Kraft erbringen wolle oder diese mit einer anderen Stelle verknüpfen wolle. Entscheide sich der Arbeitgeber für die zweite Möglichkeit, folge daraus jedoch, dass er einen neuen Arbeitsplatz schaffe, der vorliegend ausschreibungspflichtig sei.
Der Beschluss ist der Arbeitgeberin am 10. März 2022 zugestellt worden. Hiergegen hat er sie mit einem am 15. März 2022 beim Landesarbeitsgericht Niedersachsen eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt und diese mit einem am 10. Juni 2022 eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf ihren Antrag vom 10. Mai 2022 durch Beschluss vom 11. Mai 2022 die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 10. Juni 2022 verlängert worden war.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Arbeitgeberin ihr erstinstanzliches Ziel weiter. Soweit das Arbeitsgericht danach differenziere, ob es sich um „neue Aufgaben im Rahmen der bisherigen Stelle“ oder um „erstmalig“ neue Aufgaben handele, sowie danach differenziere, ob die neuen Aufgaben abgrenzbar seien und von einer anderen Kraft ausgeführt werden könnten, seien diese Kriterien nicht geeignet. Ob Aufgaben zum „Rahmen der bisherigen Stelle“ gehörten oder qualitativ neu seien, könne nicht über eine Ausschreibungspflichtigkeit entscheiden, weil der Übergang fließend und nicht rechtssicher zu bestimmen sei. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Betreuung behinderter Menschen auch bisher schon zur der Tätigkeit von F. gehört habe. Dies werde jetzt nur etwas ausgeweitet und mit einer externen Fortbildung unterstützt. Dies sei aber nur ein gradueller Unterschied. Es obliege allein der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit, inwieweit durch zusätzliche Aufgaben ein neuer, freier und damit ausschreibungspflichtiger Arbeitsplatz geschaffen oder lediglich eine bestehende Stelle umgestaltet werde. Die Ansicht des Arbeitsgerichtes würde dazu führen, dass über die Mitbestimmung nach § 93 BetrVG eine zusätzliche Stelle für einen anderen Mitarbeiter geschaffen werde, denn auch F. müsse ja im vollen Umfang weiterbeschäftigt werden, würde ein Teil ihrer Stelle weggefallen. Die Mitbestimmung zur Ausschreibung freier Stellen setze aber eine bereits vorhandene oder vom Arbeitgeber geschaffene neue Stelle im Betrieb voraus.
Die Arbeitgeberin beantragt, den Beschluss des Arbeitsgerichts E-Stadt vom 15. Februar 2022 – 1 BV 5/21 – abzuändern und die Zustimmung des Betriebsrates hinsichtlich der Versetzung der F. zu ersetzen.
Der Betriebsrat beantragt, die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Der Betriebsrat verteidigt die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe seiner Beschwerdeerwiderung vom 1. Juli 2022 als zutreffend (Bl. 173 ff. d. A.).
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst den zu den Akten gereichten Anlagen sowie auf das Protokoll des Anhörungstermins vom 15. März 2022 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet.
1.
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 87 Abs. 2, 89 ArbGG in Verbindung mit § 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO). Die Beschwerdebegründung setzt sich in ausreichendem Maße mit den tragenden Gründen des angefochtenen Beschlusses auseinander.
2.
Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist unbegründet. Die Zustimmung des Betriebsrates zu der Versetzung von F. war nicht zu ersetzen.
a.
Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberin ist zulässig.
Das Rechtsschutzbedürfnis für einen Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG setzt voraus, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungs- oder Mitbeurteilungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei der vom Arbeitgeber noch beabsichtigten endgültigen personellen Einzelmaßnahme hat und der Arbeitgeber daher der Zustimmung des Betriebsrates bedarf (BAG, 19. April 2012 – 7 ABR 52/10 – Rn. 26).
Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Die Arbeitgeberin beschäftigt regelmäßig mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer in ihrem Betrieb. Sie bedarf für die beabsichtigte Versetzung von F. der Zustimmung des Betriebsrates.
b.
Der Antrag ist unbegründet.
aa.
Nach § 99 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern den Betriebsrat vor jeder Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat den Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG hat der Arbeitgeber bei Einstellungen und Versetzungen insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen.
bb.
Die Zustimmung des Betriebsrates war gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlich, weil es sich bei der beabsichtigten Personalmaßnahme bezüglich F. um eine Versetzung handelt.
(1).
Eine Versetzung ist nach der Legaldefinition des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die entweder die Dauer von einem Monat voraussichtlich überschreitet oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet werden muss. Der Begriff „Arbeitsbereich“ ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben dem Ort der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den Platz in der betrieblichen Organisation. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches liegt vor, wenn sich das Gesamtbild der bisherigen Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine „andere“ anzusehen ist. Dies kann sich aus einem Wechsel des Inhaltes der Arbeitsaufgaben und der mit ihnen verbundenen Verantwortung und/oder aus einer Änderung der Art der Tätigkeit und/oder mit einer Änderung der Stellung und des Platzes des Arbeitnehmers innerhalb der betrieblichen Organisation durch Zuordnung zu einer anderen betrieblichen Einheit verbunden sein. Aber nicht jede noch so geringe Veränderung der beschriebenen Art macht den bisherigen Arbeitsbereich zu einem anderen. Jede einem Arbeitnehmer zugewiesene Tätigkeit ist laufenden Veränderungen unterworfen, die in der technischen Gestaltung des Arbeitsablaufes, neuen Hilfsmitteln und Maschinen oder einer Umorganisation des Arbeitsablaufes ihre Ursache haben können. Erforderlich ist, dass die eingetretene Änderung über solche im üblichen Schwankungsbereich liegenden Veränderungen hinausgeht und zur Folge hat, dass die Arbeitsaufgabe oder die Tätigkeit eine „andere“ wird (BAG, 17. Juni 2008 – 1 ABR 38/07 – Rn. 22; BAG, 6. November 2013 – 7 ABR 84/11 – Rn. 59).
(2).
Bei der gebotenen Anwendung vorstehender Grundsätze beabsichtigt die Arbeitgeberin eine Versetzung von F..
Die neue Tätigkeit von Frau F. in der Funktion der stellvertretenden Leitung „anderer Leistungsanbieter“ (aLa) überschreitet die Dauer von einem Monat und bedeutet die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches. Das Gesamtbild der Tätigkeit ändert sich so sehr, dass sie als eine „andere“ anzusehen ist. Die bisherige Stelle der Mitarbeiterin Frau F. als Küchenleitung wird zu einer Gruppenleitung. Die Gruppenleitung ist mit einer zusätzlichen pädagogischen Tätigkeit verbunden. Im Unterschied zur bisherigen Tätigkeit als „reine“ Küchenleitung sollen nunmehr in Teilzeit anwesende behinderte Menschen durch Frau F. mit angeleitet werden. Soweit die Arbeitgeberin darauf hinweist, dass bereits seit 2011 in der Küche jeweils mindestens zwei behinderte Menschen tätig sind, steht dies einer Versetzung iSd. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht entgegen. Im Rahmen der Tätigkeit als „anderer Leistungsanbieter“ (aLa) gem. § 60 SGB IX erfolgt der Einbezug behinderter Menschen sowohl in einem größeren Umfang jetzt auch für die Bundesagentur für Arbeit und mit formalisierten Ausbildungsanforderungen. Für das Angebot als anderer Leistungsanbieter muss die Arbeitgeberin Auflagen erfüllen. Für F. bedeutet dies, dass sie eine erfolgreiche Zusatzausbildung als geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) nachweisen muss. Diese Zusatzausbildung umfasst 800 Unterrichtsstunden, verteilt über 17 Blockwochen mit 5 Unterrichtstagen. Es findet eine pädagogische Arbeit statt, die Frau F. als Leiterin der Küche so bislang nicht erbracht hat. Die Tätigkeit wird damit eine „andere“.
cc.
Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat ordnungsgemäß im Sinne von § 99 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 BetrVG unterrichtet.
(1).
Für eine ordnungsgemäße Unterrichtung des Betriebsrates muss der Arbeitgeber die Anforderungen des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sowie bei Einstellungen und Versetzungen auch diejenigen des § 99 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erfüllt haben (st. Rspr., BAG 1. Juni 2011 – 7 ABR 18/10 – Rn. 19 m.w.N.). Der Umfang der vom Arbeitgeber geforderten Unterrichtung des Betriebsrats bestimmt sich nach dem Zweck der Beteiligung an der jeweiligen personellen Maßnahme. Die Unterrichtungs- und Vorlagepflichten nach § 99 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BetrVG dienen dazu, dem Betriebsrat die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG, 1. Juni 2011 – 7 ABR 18/10 – Rn. 20; BAG 27. Oktober 2010 – 7 ABR 86/09 – Rn. 21 m.w.N).
(2).
Gemessen an diesen Voraussetzungen hat die Arbeitgeberin den Betriebsrat ordnungsgemäß über die beabsichtigte personelle Maßnahme informiert.
Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat mit der Anhörung vom 24. März 2021 (fälschlich datiert auf den 24. April 2021) zum Neueinsatz der Mitarbeiterin F. als „Gruppenleitung anderer Leistungsanbieter“ angehört (Bl. 7 d. A.). Darin gibt sie an, dass von F. ab 1. April 2021 als (stv.) Leitung anderer Leistungsanbieter (aLa) eingesetzt werden solle. Zudem solle ihr eine Zulage in Höhe von der Differenz zur EG 9 Stufe 4 (derzeit 311,58 EUR) bezahlt werden. Die Anhörung enthält zudem Angaben zur Arbeitszeit, zur Eingruppierung, zur Ausbildung und zur Funktion von F..
Nach Hinweis des Betriebsrats in seiner Email vom 31. März 2021auf noch fehlende weitere Informationen hat die Arbeitgeberin mit der Email vom 1. April 2021 (Bl. 13 f d. A.) den Betriebsrat ergänzend über die beabsichtigte Personalmaßnahme informiert. Die Arbeitgeberin führt in dieser Email zum Hintergrund der beabsichtigten Versetzung aus. In Folge der Anerkennung der „Kantine“ und des „Seminarmanagements“ als „anderer Leistungsanbieter“ (aLa) gemäß § 60 SGB IX habe sie das Organigramm des Fachbereichs Arbeit und Beschäftigung, die Aufgabenprofile und Prozesse im Sinne der Aufgabe und der kontinuierlichen Verbesserung weiterentwickelt. Die überarbeiteten Aufgabenprofile für das Angebot der ER 920 „anderer Leistungsanbieter“ (aLa) heben insgesamt die pädagogischen Anteile hervor. Die bisherige Stelle Küchenleitung werde zur Gruppenleitung (analog der Beschreibung in Werkstätten für behinderte Menschen) und die bisherige Hauswirtschaftsleiter*in werde zur Gruppenzweitkraft. Beides seien pädagogische Fachkräfte im Sinne des Auftrages.
Spätestens mit der ergänzenden Email vom 1. April 2021 in Verbindung mit der Personalveränderungsmitteilung vom 24. März 2021 war der Betriebsrat aufgrund der mitgeteilten Tatsachen ausreichend in die Lage versetzt zu prüfen, ob einer der Widerspruchsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG vorliegt. Einer näheren Darlegung, wie die Stundenverteilung bezüglich der Tätigkeit als Köchin und der pädagogischen Tätigkeit geplant ist, bedurfte der Betriebsrat nicht, um sein Widerspruchsrecht sachgerecht auszuüben.
dd.
Die erklärte Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates ist beachtlich.
(1).
Der Betriebsrat genügt seiner gesetzlichen Begründungspflicht, wenn es als möglich erscheint, dass mit einer schriftlich gegebenen Begründung einer der in § 99 Abs. 2 Nr. 1 bis 6 BetrVG aufgeführten Verweigerungsgründe geltend gemacht wird. Eine Begründung, die offensichtlich auf keinen der gesetzlichen Verweigerungsgründe Bezug nimmt, ist unbeachtlich (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, siehe BAG, 9. Oktober 2013 – 7 ABR 1/12 – Rn. 37; BAG, 11. Juni 2002 – 1 ABR 43/01 Rn. 38 m.w.N.).
(2).
Der Betriebsrat hat der beabsichtigten Maßnahme gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG innerhalb einer Woche unter Angaben von Gründen widersprochen. Bereits mit der Email vom 31. März 2021 hat er den Verweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG geltend gemacht. Der Betriebsrat hat auf die Konzernbetriebsvereinbarung zur Ausschreibung von zu besetzenden Stellen verwiesen und die Arbeitgeberin aufgefordert, die Stelle bzw. die Funktion der Gruppenleitung aLa als auch der Gruppenzweitkraft aLa intern auszuschreiben.
(3).
Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zu Recht verweigert. Vorliegend ist eine erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben
(a).
Der Zustimmungsverweigerungsgrund ergibt sich für den Betriebsrat aus § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG iVm. § 93 BetrVG iVm. der Konzernbetriebsvereinbarung zur übergreifenden Ausschreibung von zu besetzenden Stellen. Gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG kann der Betriebsrat seine Zustimmung verweigern, wenn eine nach § 93 BetrVG erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist.
(b).
Gemäß § 3 der Konzernbetriebsvereinbarung sind freie Arbeitsstellen auszuschreiben.
(aa).
Ein Arbeitsplatz ist nach gebräuchlicher Auslegung die Beschäftigung in örtlich/räumlicher und zugleich in funktionaler Hinsicht. Er ist durch Art, Ort und Umfang der Tätigkeit gekennzeichnet. (BAG, 12. Juni 2019 – 1 ABR 5/18 – Rn. 43). Ein freier Arbeitsplatz besteht, wenn der Arbeitgeber eine Stelle neu schafft oder die unternehmerische Entscheidung trifft, einen unbesetzten Arbeitsplatz neu zu besetzen.
(bb).
Vorliegend hat die Arbeitgeberin den Zuschnitt des Arbeitsplatzes der Mitarbeiterin Frau F. als Küchenleitung dadurch modifiziert, dass sie die mit dem Inkrafttreten des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) eröffnete Möglichkeit der „anderen Leistungsanbieter“ (aLa) nutzen will und mit dem ehemaligen Küchenbereich in der Wohnanlage in A-Stadt eine neue pädagogische Einrichtung bilden will. Durch diese Entscheidung der Arbeitgeberin ist ein freier Arbeitsplatz entstanden. Für das Angebot als anderer Leistungsanbieter muss die Arbeitgeberin Auflagen erfüllen. Für F. bedeutet dies, dass sie eine erfolgreiche Zusatzausbildung als geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) nachweisen muss. Diese Zusatzausbildung umfasst 800 Unterrichtsstunden, verteilt über 17 Blockwochen mit 5 Unterrichtstagen. Dabei ist es aus Sicht der erkennenden Kammer nicht erheblich, welchen zeitlichen Umfang die neu hinzukommenden pädagogischen Tätigkeiten ausmachen. Dies ist von der Anzahl der zu betreuenden Personen abhängig, deren Anzahl im Voraus nicht feststeht. Entscheidend ist, dass die Arbeitgeberin Frau F. ohne erfolgreichen Abschluss der Zusatzausbildung als geprüfte Fachkraft zur Arbeits- und Berufsförderung (gFAB) auf dem neu geschaffenen Arbeitsplatz nicht dauerhaft beschäftigen darf. Die von der Arbeitgeberin beschlossene Umstrukturierung des Arbeitsplatzes und die damit verbundene Fortbildungsverpflichtung hält sich nicht im Rahmen des üblichen Schwankungsbereiches bzw. im Rahmen der üblichen Entwicklung des Berufsbildes einer Diätköchin, dem erlernten Beruf der Mitarbeiterin Frau F. Nach Sinn und Zweck des § 93 BetrVG steht es der Ausschreibungspflicht vorliegend auch nicht entgegen, dass es um die Besetzung einer „personenbezogenen“ Stelle geht. Die Arbeitgeberin will die Mitarbeiterin Frau F. auf einem Arbeitsplatz einsetzen, den sie explizit für sie schaffen will. Gemäß § 93 BetrVG sind auf Verlangen des Betriebsrates „Arbeitsplätze“, die besetzt werden sollen „innerbetrieblich“ auszuschreiben. Zu diesen Arbeitsplätzen gehören auch Positionen, die ausschließlich für bestimmte Arbeitnehmer geschaffen werden. Sinn des § 93 BetrVG ist nicht nur die Aktivierung des betrieblichen Arbeitsmarktes, sondern auch die Transparenz betrieblicher Vorgänge und damit die Vermeidung von Verstimmungen und Beunruhigungen in der Belegschaft.
Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.
c.
Auch eine Würdigung des weiteren Sachvortrages der Beteiligten, von dessen Darstellung im Einzelnen Abstand genommen wird, führt zu keinem abweichenden Ergebnis.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 2 Abs. 2 GKG.
Die Rechtsbeschwerde war gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.