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Arbeitsrecht bei Insolvenz: Rechte der Arbeitnehmer bei Betriebsschließung

Eine Insolvenz des Arbeitgebers kann für Arbeitnehmer eine sehr belastende Situation bedeuten. Oft fürchten sie um ihren Arbeitsplatz und um ausstehende Lohnansprüche. Doch Arbeitnehmer haben auch in einer solchen Krisensituation wohl definierte Rechte, die es zu kennen und zu wahren gilt.

Das Arbeitsrecht sieht für den Fall einer Insolvenz besondere Regelungen vor, um die Arbeitnehmer bestmöglich abzusichern. Dazu gehören etwa Ansprüche auf Insolvenzgeld, besonderen Kündigungsschutz oder die Möglichkeit zum Abbau von Überstunden. Allerdings sind die genauen Bedingungen und Verfahrensweisen nicht immer einfach zu überblicken.

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(Symbolfoto: Elnur./ canva)

Das Wichtigste in Kürze


Die Kenntnis und Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte bei Arbeitgeberinsolvenz ist essenziell, um finanzielle und berufliche Nachteile zu minimieren.

Zusammenfassung

  • Relevanz der Arbeitnehmerrechte: Bei einer Insolvenz des Arbeitgebers sind Arbeitnehmer besonders gefährdet, ihren Arbeitsplatz und Lohnansprüche zu verlieren. Das Verständnis ihrer Rechte ist daher von großer Bedeutung.
  • Rechtlicher Rahmen: Die Insolvenzordnung, das Arbeitsgerichtsgesetz, die Europäische Insolvenzordnung, das Betriebsverfassungsgesetz und die Sozialgesetzbücher bilden das rechtliche Fundament für den Umgang mit Arbeitgeberinsolvenzen in Deutschland und der EU.
  • Rechtsansprüche bei Insolvenz: Arbeitnehmer behalten Ansprüche auf Lohnfortzahlung, Insolvenzgeld, eventuelle Abfindungen und Kündigungsschutz.
  • Insolvenzgeld: Arbeitnehmer haben Anspruch auf Insolvenzgeld für die letzten drei Monate vor Insolvenzeröffnung. Dies umfasst das Nettoarbeitsentgelt und kann Sonderzahlungen einschließen, abhängig von den Arbeitsvertragsbedingungen.
  • Kündigungsschutz: Trotz Insolvenz gelten die gesetzlichen Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes weiterhin, und Sonderkündigungsschutz besteht für Schwangere, Mitglieder des Betriebsrates und schwerbehinderte Personen.
  • Urlaubs- und Überstundenansprüche: Urlaubsansprüche bleiben bestehen, und die Behandlung von Überstunden hängt davon ab, wann diese geleistet wurden.
  • Betriebsratsmitwirkung: Der Betriebsrat spielt auch im Insolvenzfall eine wichtige Rolle und behält das Recht auf Mitbestimmung bei betriebsrelevanten Entscheidungen.
  • Betriebsschließung und -übergang: Bei einer Betriebsschließung muss der Insolvenzverwalter mit dem Betriebsrat zusammenarbeiten, um Alternativlösungen zu prüfen, die eine Schließung verhindern oder sozialverträglich gestalten könnten. Ein Betriebsübergang kann eine Alternative sein.
  • Informationsrechte der Arbeitnehmer: Arbeitnehmer haben ein Recht auf Information über den Insolvenzstatus, offene Löhne und mögliche Unterstützungsleistungen.

Rechte der Arbeitnehmer bei Arbeitgeberinsolvenz

Wenn der Arbeitgeber die Insolvenz anmeldet, steht der Arbeitnehmer zumeist vor einer wahren Vielzahl von Fragen. Insbesondere die Thematik der eigenen Rechte im Hinblick auf den Kündigungsschutz ist hierbei eine vordergründige Frage, die der Arbeitnehmer gerne beantwortet haben möchte. Lesen Sie weiter, um die wichtigsten Informationen zu der Thematik Arbeitsrecht bei Insolvenz zu erfahren.

Bedeutung der Rechte bei einer Insolvenz

Sollte es zu einer Arbeitgeberinsolvenz kommen, gehört die Gruppe der Arbeitnehmer zu denjenigen, die am stärksten von dieser Insolvenz betroffen sind. Arbeitnehmern droht der Verlust ihres Arbeitsplatzes sowie der Lohnansprüche respektive Abfindungen. Existenzen sind bedroht und deswegen haben die Rechte der Arbeitnehmer im Fall einer Insolvenz eine besondere Bedeutung. Jeder Arbeitnehmer sollte seine eigenen Rechte in einem derartigen Fall kennen und diese gegebenenfalls auch mithilfe eines erfahrenen Rechtsanwalts sichern und durchsetzen.

Rechtlicher Rahmen

In der Bundesrepublik Deutschland sowie auch innerhalb der EU haben unterschiedliche rechtliche Grundlagen im Fall einer Insolvenz eine besondere Relevanz. Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen sind dabei die Insolvenzordnung (InsO) sowie das Arbeitsrecht in Form des Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Auch die Europäische Insolvenzordnung sowie das Betriebsverfassungsgesetz kommen bei einer Arbeitgeberinsolvenz zur Anwendung. Zudem müssen in Deutschland auch die rechtlichen Bestimmungen der Sozialgesetzbücher (SGB) Beachtung finden.

Alle diese Gesetze bilden im Zusammenspiel das Grundgerüst, das den Umgang mit der Arbeitgeberinsolvenz in Deutschland sowie auch in der EU regelt. Dieses Zusammenspiel soll gewährleisten, dass sowohl die Rechte der Arbeitnehmer als auch die Rechte von den Gläubigern sowie aller anderen beteiligten Personen in einer angemessenen Form Berücksichtigung finden und dass das gesamte Insolvenzverfahren in einer geordneten und fairen Weise verläuft.

Rechtsansprüche der Arbeitnehmer bei Insolvenz

Sollte der Arbeitgeber die Insolvenz anmelden, so bringt dies nicht den Verlust der Arbeitnehmeransprüche mit sich. Vielmehr haben die Arbeitnehmer auch weiterhin ihre Rechtsansprüche, die gegen den Arbeitgeber geltend gemacht werden können. Zu nennen sind hier der Anspruch auf die weitere Lohnfortzahlung sowie der Anspruch auf das Insolvenzgeld. Weiterhin besteht unter Umständen auch einen Anspruch auf eine Abfindungszahlung sowie der Kündigungsschutzanspruch. Ebenfalls von besonderer Bedeutung ist der Anspruch auf die Ausstellung eines Arbeitszeugnisses.

Ansprüche auf Lohn und Gehalt

In der Bundesrepublik Deutschland werden die Arbeitnehmeransprüche auf den ausstehenden Lohn in einem Insolvenzverfahren als besonders geschützter Anspruch angesehen. Gem. der Insolvenzordnung (InsO) gelten die Arbeitnehmergehälter als besonders bevorrechtigt. Dies gilt allerdings lediglich für einen Zeitraum von drei Monaten für den Zeitraum vor der Insolvenz. Stellt der Arbeitgeber einen Insolvenzantrag und es wird ein Insolvenzverwalter eingesetzt, so hat dieser die bevorrechtigte Zahlung der Arbeitnehmergehälter aus der noch vorhandenen Insolvenzmasse zu gewährleisten. Die Ansprüche der Arbeitnehmer haben dementsprechend vor den Ansprüchen etwaiger anderer Gläubiger einen Vorrang.

Urlaubsansprüche und Überstunden bei Insolvenz

Urlaubsansprüche

Grundsätzlich bleiben bestehende Urlaubsansprüche auch im Insolvenzverfahren erhalten. Dabei ist zu unterscheiden:

  • Wurde der Urlaub bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens genehmigt, kann er auch danach wie geplant genommen werden. Der Anspruch auf Urlaubsentgelt für diesen Zeitraum ist dann eine Insolvenzforderung, die zur Tabelle angemeldet werden muss.
  • Urlaub, der erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens genommen wird, begründet einen Anspruch auf Urlaubsentgelt als Masseforderung. Diese werden vorrangig aus der Insolvenzmasse bedient.
  • Resturlaubsansprüche, die wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden können, sind abzugelten. Auch dieser Abgeltungsanspruch ist eine Masseforderung, wenn die Beendigung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte.

Urlaubsentgelt, das in den Zeitraum des Insolvenzgeldbezugs (die letzten 3 Monate vor Insolvenzeröffnung) fällt, wird von der Agentur für Arbeit übernommen.

Überstunden

Für die Behandlung von Überstunden ist entscheidend, wann sie angefallen sind:

  • Überstunden, die vor den letzten 3 Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet wurden, können nur als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden. Eine Auszahlung erfolgt dann meist nur anteilig nach Abschluss des Verfahrens.
  • Überstunden aus den letzten 3 Monaten vor Insolvenzeröffnung sind über das Insolvenzgeld abgesichert und werden von der Arbeitsagentur ausgezahlt.
  • Nach Anmeldung der Insolvenz geleistete Überstunden müssen dem Insolvenzverwalter gemeldet werden und gelten als Masseforderung. Sie werden somit vorrangig bedient.

Bestehen Guthaben auf Arbeitszeitkonten, können diese im Insolvenzfall in der Regel nur noch anteilig realisiert werden, soweit sie nicht ins Insolvenzgeld fallen.

Handlungsempfehlungen

  • Prüfen Sie genau, in welchen Zeitraum Ihre Urlaubsansprüche und Überstunden fallen, um deren insolvenzrechtliche Einordnung vornehmen zu können.
  • Melden Sie Insolvenzforderungen fristgerecht zur Tabelle an. Nur so wahren Sie Ihre Chance auf eine anteilige Befriedigung.
  • Reichen Sie Ansprüche, die unter das Insolvenzgeld fallen, umgehend bei der Arbeitsagentur ein. Beachten Sie dabei die Ausschlussfrist von 2 Monaten ab Insolvenzeröffnung.
  • Stimmen Sie sich bezüglich noch offener Urlaubsansprüche mit dem Insolvenzverwalter ab. Sofern möglich, sollten Sie Resturlaub noch während des Arbeitsverhältnisses nehmen.
  • Bauen Sie bestehende Überstundenguthaben nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglichst durch Freizeitausgleich ab, um Verluste zu vermeiden.

Insgesamt sind die Erfolgsaussichten für eine vollständige Durchsetzung von Urlaubs- und Überstundenansprüchen bei einer Insolvenz eher gering. Umso wichtiger ist es, bestehende Möglichkeiten konsequent zu nutzen und sich rechtlich beraten zu lassen.

Insolvenzgeld: Anspruchsvoraussetzungen und Beantragung

Hier die wichtigsten Informationen zum Anspruch auf Insolvenzgeld und zur Beantragung:

Anspruchsvoraussetzungen

Anspruch auf Insolvenzgeld haben grundsätzlich alle im Inland beschäftigten Arbeitnehmer, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Es liegt ein Insolvenzereignis vor, d.h. über das Vermögen des Arbeitgebers wurde das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wurde mangels Masse abgelehnt.
  • Der Arbeitnehmer hat in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzereignis Anspruch auf Arbeitsentgelt, das vom Arbeitgeber nicht gezahlt wurde.
  • Zu den Anspruchsberechtigten zählen auch geringfügig Beschäftigte, Praktikanten, Studenten, Rentner und Auszubildende.

Bei geschäftsführenden Gesellschaftern, GmbH-Gesellschaftern oder Angehörigen des Arbeitgebers muss die Arbeitnehmereigenschaft in einem Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung festgestellt werden.

Höhe des Insolvenzgeldes

Das Insolvenzgeld wird in Höhe des Nettoarbeitsentgelts für die letzten drei Monate vor dem Insolvenzereignis gezahlt. Es umfasst das Festgehalt sowie etwaige weitere Gehalts- oder Lohnanteile wie Provisionen, Überstundenvergütungen oder Weihnachtsgeld.

Die Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitslosenversicherung (2023: 7.300 € West / 7.100 € Ost) bildet die Obergrenze. In welchem Umfang Sonderzahlungen über das Insolvenzgeld ersetzt werden, hängt von den Regelungen im Arbeitsvertrag ab und muss im Einzelfall geprüft werden.

Zahlt der Arbeitgeber aufgrund der Insolvenz keine Sozialversicherungsbeiträge, übernimmt dies die Agentur für Arbeit auf Antrag der Einzugsstelle (Krankenkasse).

Beantragung des Insolvenzgeldes

Das Insolvenzgeld muss vom Arbeitnehmer innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem Insolvenzereignis bei der zuständigen Agentur für Arbeit beantragt werden. Dazu sind folgende Unterlagen erforderlich:

  • Vollständig ausgefüllter Antrag auf Insolvenzgeld
  • Arbeitsvertrag
  • Lohnabrechnungen der letzten drei Monate
  • Bescheinigung über das Insolvenzereignis (z.B. Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts)
  • ggf. Kündigungsschreiben
  • ggf. Bescheid der Clearingstelle im Statusfeststellungsverfahren

Der Antrag kann in Papierform oder online gestellt werden. Die Agentur für Arbeit prüft dann den Antrag und die Unterlagen. Der Arbeitnehmer erhält anschließend einen Bescheid über die Entscheidung.

Insolvenzgeld und Arbeitslosengeld können gleichzeitig bezogen werden. Das Insolvenzgeld wird dann auf das Arbeitslosengeld angerechnet, ohne dass sich die Anspruchsdauer verkürzt.

Kündigungsschutz und -verfahren

Obgleich sich das Meinungsbild in der Allgemeinheit verfestigt hat, dass eine Arbeitgeberinsolvenz immer gleichbedeutend ist mit einer Kündigung des Arbeitnehmers, so ist dieses Meinungsbild schlicht und ergreifend falsch. Rechtlich betrachtet rechtfertigt die alleinige Insolvenz des Arbeitgebers noch keine Kündigung. Es muss allerdings betont werden, dass dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit der betriebsbedingten Kündigung aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen verbleibt.

Auf der Grundlage des § 113 Abs. 1 der Insolvenzordnung kann sich der Insolvenzverwalter, sofern er ein sogenannter starker Insolvenzverwalter ist, auf eine dreimonatige verkürzte Kündigungsfrist berufen, wenn die tarifvertraglichen / arbeitsvertraglichen Kündigungsfristen höher ausfallen. Sollte es sich allerdings um einen sogenannten vorläufigen Insolvenzverwalter handeln, so besteht dieses Verwalterprivileg nicht. In derartigen Fällen verbleibt das Kündigungsrecht bei dem Arbeitgeber.

Die allgemeinen gesetzlichen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) gelten auch für einen Insolvenzverwalter. Dies bedeutet, dass schwangere Arbeitnehmer, Mitglieder des Betriebsrates oder Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung trotz der Arbeitgeberinsolvenz ohne die ausdrückliche behördliche Genehmigung nicht gekündigt werden dürfen.

Sonderkündigungsschutz bei Insolvenz

Auszubildende

Eine drohende Insolvenz oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen keinen wichtigen Kündigungsgrund für Auszubildende dar. Allein die Eröffnung des Verfahrens oder die Bestellung eines Insolvenzverwalters erweitern noch nicht die Kündigungsrechte gegenüber Auszubildenden. Der Sonderkündigungsschutz für Auszubildende gilt in der Insolvenz also unverändert fort.

Betriebsratsmitglieder

Auch Betriebsratsmitglieder genießen in der Insolvenz weiterhin besonderen Kündigungsschutz. Ihnen kann nur außerordentlich, insbesondere bei schwerem Fehlverhalten, oder im Rahmen einer Betriebsstilllegung gekündigt werden. Eine Kündigung bedarf zudem der Zustimmung des Betriebsrats.

Schwangere und Mutterschutz

Schwangere Arbeitnehmerinnen genießen ab Bekanntgabe der Schwangerschaft bis 4 Monate nach der Entbindung besonderen Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG). Dieser gilt auch in der Insolvenz grundsätzlich fort.

Eine Kündigung ist in dieser Zeit nur mit behördlicher Zustimmung und aus wichtigem Grund möglich. Als solcher kommt insbesondere eine vollständige Betriebsstilllegung in Betracht. Kündigt der Insolvenzverwalter ohne Kenntnis der Schwangerschaft, kann die Arbeitnehmerin diese innerhalb von 2 Wochen nach Zugang der Kündigung nachmelden und so den Sonderkündigungsschutz noch in Anspruch nehmen.

Elternzeit

Auch während der Elternzeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz, der in der Insolvenz grundsätzlich fortgilt. Allerdings kann der Insolvenzverwalter nach § 113 InsO unter Beachtung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen vorzeitig kündigen.

Der gekündigte Arbeitnehmer hat dann einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch als Insolvenzgläubiger für etwaige Nachteile, z.B. den Verlust der beitragsfreien Krankenversicherung. Die Kündigung bedarf auch hier der Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde.

Schwerbehinderte

Für schwerbehinderte Arbeitnehmer gelten die besonderen Kündigungsvorschriften des SGB IX auch in der Insolvenz fort. Eine Kündigung bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Ohne diese ist sie unwirksam.

Insgesamt zeigt sich, dass die meisten Sonderkündigungsrechte auch im Insolvenzverfahren Bestand haben. Lediglich bei Arbeitnehmern in Elternzeit bestehen für den Insolvenzverwalter etwas weitreichendere Kündigungsmöglichkeiten.

In jedem Fall müssen aber die jeweiligen Voraussetzungen und Verfahrensvorschriften (Zustimmung Aufsichtsbehörde, Betriebsrat etc.) beachtet werden. Eine Kündigung allein aufgrund der Insolvenz ist in keinem der Fälle zulässig. Es bedarf stets eines besonderen Grundes wie einer vollständigen Betriebsstilllegung.

Abfindungen und Sozialpläne

Dem reinen Grundsatz nach steht einem Arbeitnehmer im Fall einer Arbeitgeberinsolvenz kein gesetzlicher Anspruch auf eine Abfindungszahlung zu. Sollte jedoch der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben, so wird in der gängigen Praxis eine Einigung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Insolvenzverwalter getroffen. Diese Einigung beinhaltet für gewöhnlich eine Abfindungszahlung.

Zu den etwas selteneren Fällen gehört die Konstellation, dass der Insolvenzverwalter unter Berufung auf den § 1a KSchG eine Kündigung ausspricht und hierbei direkt eine Abfindungszahlung anbietet. Wahrscheinlicher ist im Vergleich zu dieser Lösung der Fall, dass der Insolvenzverwalter mit den Arbeitnehmergruppen, die im Fall einer Insolvenz als schwer kündbar gelten, einen Aufhebungsvertrag mit einer entsprechenden Abfindungszahlung vereinbart.

Abfindungszahlungen sind für gewöhnlich eher ein fester Bestandteil von Sozialplänen, die im Fall einer Arbeitgeberinsolvenz greifen. Diese Pläne werden für gewöhnlich von dem Betriebsrat des Unternehmens gemeinsam mit dem Arbeitgeber erarbeitet und sollen die Rechte der Arbeitnehmer für den Fall einer Betriebsschließung sicherstellen.

Verfahren bei Betriebsschließung

Ist eine Betriebsschließung unabwendbar, so greift ein spezielles Insolvenzverfahren. Dem gerichtlich eingesetzten Insolvenzverwalter kommt hierbei eine besondere Rolle zu, wobei eine Differenzierung zwischen dem vorläufigen Insolvenzverfahren und dem Verfahren mithilfe des starken Insolvenzverwalters vorgenommen werden muss.

Rolle des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter ist ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer respektive Rechtsanwalt, der von dem zuständigen Insolvenzgericht eingesetzt wird. Zu den Hauptaufgaben des Insolvenzverwalters gehört die Interessenvertretung der Gläubiger, wobei der Insolvenzverwalter auch gegenüber den Arbeitnehmern eine wahre Vielzahl von Aufgaben sowie Verantwortlichkeiten innehat. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die Kommunikation sowie Information der Arbeitnehmer sowie die Sicherung der vorhandenen Arbeitsplätze. Ist dies nicht möglich, so muss der Insolvenzverwalter Kündigungen einleiten.

Dem reinen Grundsatz nach kommt dem Insolvenzverwalter die Aufgabe zu, die Ansprüche aller beteiligten Personenkreise zu wahren und eine gerechte Verteilung der Insolvenzmasse in dem Insolvenzverfahren zu gewährleisten. Hierbei hat der Insolvenzverwalter sowohl die sozialen als auch die wirtschaftlichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen und den Versuch zu unternehmen, eine faire Auseinandersetzung zu erzielen.

Informationsrechte der Arbeitnehmer

Bei einer Arbeitgeberinsolvenz hat ein Arbeitnehmer einen gesetzlich verankerten Anspruch darauf, dass bestimmte Informationen mitgeteilt werden. Zu den relevanten Informationen zählen sowohl der Zeitpunkt, an dem der Arbeitgeber die Insolvenz gerichtlich angemeldet hat als auch die Information, welcher Insolvenzverwalter eingesetzt wurde und welchen aktuellen Stand das aktuelle Insolvenzverfahren aufweist.

Weiterhin hat ein Arbeitnehmer das Recht darauf zu erfahren, aus welchem Grund die Insolvenz angemeldet wurde und wie sich diese wahrscheinlich auf die Arbeitsplätze auswirken wird. Zudem muss dem Arbeitnehmer die Information gegeben werden, wie es sich mit offenen Löhnen oder Urlaubsansprüchen respektive Überstunden verhält und welche Unterstützungsleistungen dem Arbeitnehmer zustehen.

Alle diese Informationen müssen seitens des Insolvenzverwalters in der schriftlichen Form den Arbeitnehmern zur Verfügung gestellt werden. Als Mittel hierfür sind Arbeitsplatzaushänge sowie auch Mails oder der Postweg rechtlich legitim. Sollten sich die Arbeitnehmer in persönlicher Form an den Insolvenzverwalter wenden wollen, so ist dies ebenfalls zulässig.

Beteiligung des Betriebsrates

Auch während des Insolvenzverfahrens kommt dem Betriebsrat in dem Unternehmen eine wichtige Rolle zu. Die Aufgabe der Arbeitnehmerinteressenvertretung sowie der Wahrung der Arbeitnehmerrechte verbleibt auch während dieser Phase bei dem Betriebsrat. Dies bedeutet, dass sämtliche wichtigen, betriebsrelevanten, Entscheidungen mit dem Betriebsrat abgestimmt werden müssen – sofern sie Arbeitnehmerinteressen tangieren.

Damit der Betriebsrat seine Aufgaben wahrnehmen kann, kommt ihm ein Informationsrecht zu. Der Insolvenzverwalter muss dementsprechend sämtliche personellen Entscheidungen, die sonst der Arbeitgeber getroffen hätte, mit dem Betriebsrat abstimmen. Der Betriebsrat hat dabei das Recht, Alternativen für die Kündigungsvermeidung vorzuschlagen und Maßnahmen vorzutragen, mit denen Arbeitsplätze erhalten werden können.

Auch im Fall einer erforderlichen Betriebsschließung hat der Betriebsrat ausdrücklich das Mitbestimmung-respektive Anhörungsrecht. Auf Verlangen des Betriebsrates muss der Insolvenzverwalter die vorgeschlagenen Alternativlösungen prüfen und sämtliche Versuche unternehmen, die Betriebsschließung entweder gänzlich zu verhindern oder alternativ dazu sie so sozialverträglich wie nur möglich auszugestalten.

Betriebsübergang als Alternative zur Schließung

Ein Betriebsübergang auf einen neuen Investor kann tatsächlich eine gute Alternative zur kompletten Schließung eines insolventen Unternehmens sein. Hier die wichtigsten Informationen dazu:

Ablauf eines Betriebsübergangs

Bei einem Betriebsübergang erwirbt ein neuer Inhaber (Investor) den Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft vom bisherigen Inhaber (Insolvenzverwalter). Dazu schließen beide einen Unternehmenskaufvertrag ab.

Der Übergang erfolgt dann kraft Gesetzes (§ 613a BGB) im Wege der Vertragsübernahme. Das bedeutet, dass alle bestehenden Arbeitsverhältnisse automatisch und unverändert auf den neuen Inhaber übergehen. Ein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer besteht nur in Ausnahmefällen.

Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer

Für die Arbeitnehmer ändert sich durch den Betriebsübergang zunächst einmal nichts:

  • Ihr Arbeitsverhältnis besteht zu unveränderten Bedingungen (Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge) mit dem neuen Inhaber fort.
  • Eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs ist unwirksam. Betriebsbedingte Kündigungen aus anderen Gründen bleiben aber möglich.
  • Ansprüche gegen den bisherigen Arbeitgeber (z.B. Lohn) gehen auf den neuen Inhaber über. Für Altverbindlichkeiten aus der Zeit vor dem Übergang haften alter und neuer Arbeitgeber als Gesamtschuldner.
  • Die Betriebszugehörigkeit der Arbeitnehmer bleibt erhalten und wird fortgeschrieben. Auch Urlaubsansprüche bleiben bestehen.

Der bisherige und der neue Arbeitgeber müssen die Arbeitnehmer vor dem Übergang schriftlich über dessen Zeitpunkt, Grund und Folgen sowie über geplante Maßnahmen informieren.

Chancen und Risiken

Für die Arbeitnehmer bietet ein Betriebsübergang die Chance, dass ihre Arbeitsplätze trotz Insolvenz erhalten bleiben. Oft gelingt es dem Investor, den Geschäftsbetrieb zu sanieren und fortzuführen.

Allerdings besteht auch das Risiko, dass der Investor später doch Umstrukturierungen vornimmt und es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt. Auch Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen sind durch Änderungskündigungen möglich, wenn der Investor nicht an bestehende Tarifverträge gebunden ist.

Insgesamt kann ein Betriebsübergang für die Arbeitnehmer eines insolventen Unternehmens aber eine gute Perspektive bieten. Zumindest kurzfristig ist ihr Arbeitsplatz gesichert und alle Ansprüche bleiben gewahrt.

Langfristig hängt es dann von der Strategie des Investors ab, ob die Sanierung gelingt und die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Die Arbeitnehmer sollten die Informationen zum geplanten Übergang sorgfältig prüfen und ggf. rechtlichen Rat einholen.

Besondere Regelungen und Fälle

Ein Arbeitgeberinsolvenzverfahren ist per se bereits eine besondere Regelung, die sowohl den Arbeitgeber selbst als auch die Arbeitnehmer betreffen. Es gibt Regelungen und Lösungsansätze, durch die eine Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer gewährleistet werden kann. Überdies müssen auch Leiharbeiter sowie befristete Arbeitsverträge Berücksichtigung finden.

Transfergesellschaften

Mit Transfergesellschaften steht dem Insolvenzverwalter ein Instrument zur Verfügung, durch welches eine Beschäftigungssicherung der Arbeitnehmer erreicht werden kann. Die Gesellschaften können als Brücke für die Arbeitnehmer angesehen werden, über die sie temporär bis zu einem neuen Beschäftigungsverhältnis eingesetzt werden. Auf diese Weise wir die Kündigung zumindest vorübergehend vermieden und die Arbeitnehmer können durch ihre gewohnten Tätigkeiten ein Arbeitsentgelt erzielen.

Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen und Leiharbeit

Bei einer Arbeitgeberinsolvenz gibt es eine unterschiedliche Behandlung von Leiharbeitern respektive Arbeitnehmern mit befristeten Verträgen, da die Weiterbeschäftigung von den jeweiligen Vertragsbedingungen abhängig gemacht werden muss. In der gängigen Praxis endet der befristete Arbeitsvertrag automatisch mit der Arbeitgeberinsolvenz, sofern dies in dem Vertrag so schriftlich festgehalten wurde. Für derartige Arbeitnehmer gibt es jedoch in der gängigen Praxis einen Anspruch auf das Insolvenzgeld, der bei dem regional zuständigen Arbeitsamt geltend gemacht werden muss.

Leiharbeiter sind für gewöhnlich bei einem Personaldienstleister angestellt, sodass der Leihvertrag mit der Insolvenz des entleihenden Unternehmens endet. Diese Arbeitnehmer sollten sich auf jeden Fall an einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht wenden, um ihre Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen.

Fazit

Die Insolvenz des Arbeitgebers ist eine einschneidende Maßnahme für den Arbeitnehmer, da dieser am stärksten davon betroffen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Arbeitnehmer sämtliche Rechte und Ansprüche gegen den Arbeitgeber verliert. Jeder Arbeitnehmer, der Kenntnis von der Arbeitgeberinsolvenz erhält, sollte sich auf jeden Fall an einen erfahrenen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht wenden um die eigenen Ansprüche zu sichern.

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