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Deklaratorisches Schuldanerkenntnis – Ratenzahlungsvereinbarung – Sittenwidrigkeit

Arbeitgeber-Darlehen: Rechtliche Konsequenzen des Schuldanerkenntnisses

Im vorliegenden Fall Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 5 Sa 799/13 geht es um die Berufung eines Beklagten gegen ein erstinstanzliches Urteil, das eine Zahlungsforderung aus einer Ratenzahlungsvereinbarung bestätigt, wobei der Beklagte die Sittenwidrigkeit dieser Vereinbarung geltend macht.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Der Beklagte erkannte in einer Ratenzahlungsvereinbarung eine Schuld an, die das Arbeitsgericht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis einstufte, wodurch er von weiteren Einwendungen ausgeschlossen wurde.
  2. Das Arbeitsgericht wies die Berufung des Beklagten zurück und bestätigte den Zahlungsanspruch, da keine Sittenwidrigkeit der Vereinbarung feststellbar war.
  3. Der Beklagte war ursprünglich in einer Führungsposition tätig und verpflichtete sich zu monatlichen Raten von 5.000 Euro, ohne dass ein realistisches Einkommen oder Vermögen dies unterstützte.
  4. Das Gericht fand keine Beweise für eine unzumutbare Ausnutzung durch den Gläubiger oder eine Zwangslage des Beklagten, was gegen die Behauptung der Sittenwidrigkeit spricht.
  5. Es gab keine Beweise dafür, dass der Beklagte nicht als Arbeitnehmer zu betrachten sei, trotz seiner Stellung und der Zahlungen, die er leistete.
  6. Der Kläger verteidigte erfolgreich die Entscheidung des Arbeitsgerichts, und die Berufung des Beklagten hatte keinen Erfolg, woraufhin ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt wurden.

Arbeitsrechtliche Verpflichtungen verständlich erklärt

Ratenzahlungsvereinbarungen und Schuldanerkenntnisse sind im Kontext von Arbeitsverhältnissen keine Seltenheit. Häufig geht es dabei um die Rückzahlung von Arbeitgeberdarlehen oder Steuernachforderungen. Die rechtlichen Aspekte solcher Vereinbarungen können jedoch komplex sein.

Von besonderer Bedeutung ist die Frage, wann eine solche Vereinbarung als sittenwidrig einzustufen ist und somit unwirksam wird. Hier gilt es verschiedene Faktoren wie die finanzielle Leistungsfähigkeit des Schuldners, mögliche Zwangslagen oder unangemessene Einflussnahme zu berücksichtigen. Eine sorgfältige Bewertung des Einzelfalls ist unerlässlich, um Konflikte und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.

➜ Der Fall im Detail


Der Fall des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses

Im Mittelpunkt des Falls steht eine Auseinandersetzung um die Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens und die Erstattung von Lohnsteuer- und Solidaritätszuschlagszahlungen. Auslöser war die Insolvenz der Firma B, bei der der Beklagte im Vertrieb tätig war.

Deklaratorisches Schuldanerkenntnis – Ratenzahlungsvereinbarung – Sittenwidrigkeit
(Symbolfoto: Erik Koole Photography /Shutterstock.com)

Nachdem das Amtsgericht A das Insolvenzverfahren eröffnete und den Kläger zum Insolvenzverwalter bestellte, entstanden finanzielle Forderungen der Deutschen Rentenversicherung gegen die Firma, für die der Beklagte sich mit einer Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von 49.139,37 € verantwortlich erklärte. Diese Vereinbarung wurde später Kernpunkt des Rechtsstreits, da der Beklagte sie als sittenwidrig betrachtete, vor allem aufgrund der fehlenden Prüfbarkeit und einer unzureichenden Grundlage für die vereinbarte Zahlungshöhe.

Rechtsgrundlagen und Streitpunkte im Urteil

Das Arbeitsgericht Kassel entschied in erster Instanz für den Kläger, indem es die Forderungen aus der Ratenzahlungsvereinbarung bestätigte. Der Beklagte legte daraufhin Berufung ein und brachte vor, dass die Ratenzahlungsvereinbarung unter unangemessenen Bedingungen zustande gekommen sei, wodurch sie sittenwidrig wäre. Insbesondere betonte der Beklagte, dass ihm keine Prüfung der Forderungen möglich war und er wirtschaftlich abhängig von der Insolvenzschuldnerin gewesen sei.

Gerichtliche Bewertung der Sittenwidrigkeit

Das Hessische Landesarbeitsgericht folgte der Argumentation des Arbeitsgerichts und wies die Berufung des Beklagten zurück. Die Richter hielten fest, dass das deklaratorische Schuldanerkenntnis des Beklagten ihn von weiteren Einwendungen ausschließt. Darüber hinaus sahen sie in der Höhe der Raten und den Bedingungen der Vereinbarung keine Sittenwidrigkeit. Sie argumentierten, dass ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht feststellbar sei und der Beklagte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht in einer Zwangslage war.

Entscheidung und ihre Rechtsfolgen

Letztendlich bestätigte das Berufungsgericht die Entscheidung der Vorinstanz vollumfänglich. Der Beklagte wurde zur Zahlung der offenen Beträge sowie der Gerichtskosten verpflichtet. Die Richter betonten, dass der Beklagte durch das Schuldanerkenntnis rechtlich gebunden ist und sich nicht auf eine fehlende Arbeitnehmereigenschaft oder andere rechtshindernde Umstände berufen kann.

Juristische Einordnung des Falles

Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung von deklaratorischen Schuldanerkenntnissen im Arbeitsrecht. Solche Anerkennungen haben eine starke rechtliche Bindungswirkung und setzen den Erklärenden oft dauerhaft fest, selbst wenn nachträglich Zweifel an der Angemessenheit oder Sittenwidrigkeit der Vereinbarung aufkommen. Das Gericht stellte klar, dass nur unter sehr spezifischen Umständen, wie einer signifikanten Zwangslage, von dieser Bindung abgewichen werden kann.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was versteht man unter einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis?

Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist ein Vertrag, mit dem eine bereits bestehende Schuld lediglich bestätigt wird, ohne dass eine neue Verbindlichkeit begründet wird. Es dient dazu, ein Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien zu entziehen.

Durch das deklaratorische Schuldanerkenntnis verzichtet der Schuldner auf Einwendungen und Einreden gegen die Forderung, die ihm bei Abgabe der Erklärung bekannt waren oder mit denen er rechnen musste. Dem Gläubiger wird somit die spätere Durchsetzung seiner Forderung erleichtert.

Im Gegensatz zum abstrakten Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB, das eine neue selbstständige Verpflichtung schafft, wird beim deklaratorischen Schuldanerkenntnis keine neue Schuld begründet. Es ist nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann auch mündlich erfolgen.

Die Annahme eines deklaratorischen Schuldanerkenntnisses setzt voraus, dass zuvor Streit oder Ungewissheit über das Bestehen der Schuld zwischen den Parteien bestand. Durch Auslegung der Erklärung ist zu ermitteln, welche Bedeutung ihr zukommt und in welchem Umfang der Schuldner auf Einwendungen verzichtet.

Das deklaratorische Schuldanerkenntnis spielt eine wichtige Rolle, um bestehende Schuldverhältnisse zu sichern und außergerichtlich beizulegen. Schuldner sollten sich der weitreichenden Folgen bewusst sein, bevor sie ein solches Anerkenntnis abgeben.

Wie wird eine Ratenzahlungsvereinbarung rechtlich bewertet?

Eine Ratenzahlungsvereinbarung wird rechtlich als Schuldänderungsvertrag eingestuft, der die ursprüngliche Zahlungsverpflichtung des Schuldners modifiziert. Dabei wird die geschuldete Summe in festgelegte Teilbeträge aufgeteilt, die über einen bestimmten Zeitraum zu zahlen sind.

Grundsätzlich sind Ratenzahlungsvereinbarungen juristisch zulässig, solange beide Parteien damit einverstanden sind. Ein Anspruch des Schuldners auf Abschluss einer solchen Vereinbarung besteht jedoch nicht.

Damit eine Ratenzahlungsvereinbarung rechtlich wirksam ist, muss sie fair und zumutbar ausgestaltet sein. Insbesondere darf sie den Schuldner nicht unangemessen benachteiligen oder überfordern. So wäre es beispielsweise sittenwidrig, dem Schuldner höhere Raten abzuverlangen als sein pfändbares Einkommen zulässt.

Auch dürfen in der Vereinbarung keine Klauseln enthalten sein, die mit der eigentlichen Ratenzahlung nichts zu tun haben und den Schuldner einseitig belasten. Solche Klauseln wären unwirksam.

Hält sich der Schuldner an die Vereinbarung und leistet die Raten pünktlich, kann der Gläubiger nicht mehr die sofortige Zahlung des Gesamtbetrags verlangen. Gerät der Schuldner jedoch in Verzug, greift häufig eine Verfallklausel und die Restschuld wird insgesamt fällig.

Insgesamt sind Ratenzahlungsvereinbarungen ein wichtiges Instrument, um in finanziellen Engpässen eine einvernehmliche Lösung zu finden. Sie müssen jedoch mit Augenmaß gestaltet werden, um rechtlich Bestand zu haben.

Was bedeutet Sittenwidrigkeit in Verträgen?

Sittenwidrigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in § 138 Abs. 1 BGB geregelt ist. Demnach ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig.

Ein Vertrag ist sittenwidrig, wenn er nach seinem Gesamtcharakter, der sich aus Inhalt, Beweggrund und Zweck ergibt, gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Maßgeblich sind dabei die vorherrschenden sozialethischen Wertvorstellungen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.

Typische Fallgruppen sittenwidriger Verträge sind:

  • Wucher: Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung unter Ausnutzung einer Zwangslage, Unerfahrenheit, Leichtsinn oder erheblichen Willensschwäche des anderen Teils.
  • Übermäßige Bindung: Eine unangemessen lange oder umfassende vertragliche Bindung, die die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit unverhältnismäßig einschränkt.
  • Gläubigergefährdung: Geschäfte, die darauf abzielen, Vermögenswerte dem Zugriff von Gläubigern zu entziehen.
  • Sittenwidrige Vereinbarungen: Verträge, die gegen gesetzliche Verbote, die verfassungsmäßige Ordnung oder das Rechtsempfinden der Allgemeinheit verstoßen.

Die Rechtsfolge eines sittenwidrigen Vertrags ist die Nichtigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB. Das bedeutet, dass der Vertrag von Anfang an unwirksam ist und keinerlei Rechtswirkungen entfaltet.

Allerdings kann sich der Vertragspartner, der den sittenwidrigen Vertrag abgeschlossen hat, nicht ohne weiteres auf die Nichtigkeit berufen, wenn dies zu einem untragbaren Ergebnis führen würde (unzulässige Rechtsausübung).

Insgesamt dient das Verbot sittenwidriger Verträge dazu, einen Mindeststandard von Moral und Anstand im rechtsgeschäftlichen Verkehr zu gewährleisten und die schwächere Vertragspartei zu schützen.

Wie wirkt sich ein Schuldanerkenntnis auf spätere rechtliche Auseinandersetzungen aus?

Ein Schuldanerkenntnis hat weitreichende Auswirkungen auf spätere rechtliche Auseinandersetzungen zwischen Gläubiger und Schuldner. Durch das Anerkenntnis verzichtet der Schuldner auf Einwendungen und Einreden gegen die Forderung, die ihm bei Abgabe der Erklärung bekannt waren oder mit denen er rechnen musste.

Dies führt zu einer faktischen Beweislastumkehr. Während normalerweise der Gläubiger die Berechtigung seiner Forderung beweisen müsste, ist es nach einem Schuldanerkenntnis Sache des Schuldners, sich gegen die Inanspruchnahme zu wehren und darzulegen, warum die Forderung nicht besteht.

Insbesondere in einem späteren Gerichtsverfahren ist der Schuldner mit Einwänden gegen die anerkannte Forderung ausgeschlossen. Will er sich gegen die Vollstreckung wehren, muss er beweisen, dass die Forderung bereits erfüllt oder aus sonstigen Gründen erloschen ist.

Auch in der Insolvenz des Schuldners entfaltet das Schuldanerkenntnis seine Wirkung. Die anerkannte Forderung wird bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigt, ohne dass der Gläubiger sie noch einmal beweisen müsste. Der Schuldner kann ihr nur unter erschwerten Bedingungen entgegentreten.

Gerade bei umstrittenen oder zweifelhaften Forderungen sollte ein Schuldner daher genau abwägen, ob er ein Anerkenntnis abgibt. Andernfalls begibt er sich in eine nachteilige Rechtsposition und macht es dem Gläubiger leicht, die Forderung durchzusetzen. Im Zweifel empfiehlt es sich, vorher rechtlichen Rat einzuholen.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

§ 138 Abs. 1 BGB – Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften
Ein Vertrag kann für nichtig erklärt werden, wenn er gegen die guten Sitten verstößt. Dies ist relevant für die Beurteilung der Ratenzahlungsvereinbarung im vorliegenden Fall, insbesondere im Hinblick auf das Vorliegen eines möglichen auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung.

§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB – Ausgleichungspflicht unter Gesamtschuldnern
Dieser Paragraph regelt die interne Ausgleichspflicht unter Gesamtschuldnern und ist anwendbar, wenn der Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer abgeführt hat und daraufhin selbst zur Zahlung herangezogen wird. Dies ist relevant, da es die Grundlage für die Forderung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer darstellt, sobald dieser die Lohnsteuer gezahlt hat.

§ 242 BGB – Treu und Glauben
Dieses Prinzip wird verwendet, um zu bewerten, ob eine Partei ihre vertraglichen Rechte in einer Weise ausübt, die mit den Grundsätzen von Treu und Glauben vereinbar ist. Es kommt ins Spiel bei der Prüfung, ob der Beklagte seine Rechte aus der Ratenzahlungsvereinbarung in gutem Glauben ausgeübt hat.

§ 611 BGB – Arbeitsvertrag
Dieser regelt die rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft ist zentral für die Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften und war ein Argumentationspunkt im vorliegenden Fall.

§ 138 Abs. 2 BGB – Wucherähnliche Geschäfte
Auch wenn nicht direkt im Text erwähnt, ist dieses Gesetz relevant, wenn es um Fragen der Sittenwidrigkeit geht, insbesondere im Kontext von unverhältnismäßig hohen Zinsen oder Zahlungen, die im Vergleich zur Hauptleistung exzessiv hoch sind.

§ 97 Abs. 1 ZPO – Kostenentscheidung
Bestimmt, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Im Kontext des Falles relevant, da der Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens tragen muss, nachdem seine Berufung zurückgewiesen wurde.


Das vorliegende Urteil

Hessisches Landesarbeitsgericht – Az.: 5 Sa 799/13 – Urteil vom 30.01.2014

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 24. April 2013 – 8 Ca 15/13 – wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rückzahlung eines Arbeitgeberdarlehens sowie die Erstattung von Lohnsteuer- und Solidaritätszuschlagszahlungen.

Durch Beschluss des Amtsgerichts A vom 01. Januar 2010 wurde über das Vermögen der B das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Beklagte war bei der Insolvenzschuldnerin im Vertrieb eingesetzt.

Mit Bescheid vom 13. Juni 2008 machte die Deutsche Rentenversicherung Nachforderungen bezüglich Sozialversicherungsbeiträgen, Lohnsteuern sowie Solidaritätszuschlägen geltend. Nach den Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden sowie der Sozialversicherungsträger bestanden zwischen den Mitarbeitern und der Insolvenzschuldnerin versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Vor diesem Hintergrund schlossen die Insolvenzschuldnerin und der Beklagte unter dem Datum des 12. Februar 2009 eine „Ratenzahlungsvereinbarung“. In ihr ist unter anderem Folgendes geregelt:

„Ich … erkenne die Forderung (LSt-SolZ 2007) der B in Höhe von 49.139,37 € an. Ich kann die Forderung nicht mit einer Zahlung begleichen.

Ich bin bereit, die Forderung in 10 Monatsraten in Höhe von jeweils 5.000,00 EURO, beginnend im Februar 2009 zu zahlen. (…)“.

Wegen des genauen Wortlauts der Vereinbarung wird auf die Kopie Bl. 35 d. A. Bezug genommen. Im April 2009 erhielt der Beklagte von der Insolvenzschuldnerin einen Betrag in Höhe von 27.000,00 €. Am 01. Mai 2009 zahlte er an sie 1.008,96 €. Aufgrund der Ratenzahlungsvereinbarung flossen an die Insolvenzschuldnerin insgesamt 3.491,04 €.

Mit Schreiben vom 03. August 2010 sprach der Kläger eine Kündigung des Darlehensvertrages aus und forderte den Beklagten zur Zahlung des noch offenen Restbetrages auf. Der Rechtsanwalt des Beklagten rügte im Schreiben vom 05. August 2010 die Fälligkeit des Darlehens und bot eine Rückzahlung der noch ausstehenden Darlehenssumme in Raten á 500,00 € an. Mit Schreiben vom 13. Juli 2010 forderte der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung bis zum 28. Juli 2010 zur Zahlung des Restbetrages aus der Ratenzahlungsvereinbarung vom 12. Februar 2009 in Höhe von 45.648,83 € auf. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens wird auf die Kopie Bl. 36 d. A. verwiesen. Mit seiner Klage begehrt der Kläger von dem Beklagten die Zahlung von insgesamt 73.631,73 € nebst Zinsen. Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils – Bl. 65 – Bl. 68 d. A. – Bezug genommen

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 24. April 2013 der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung hat es – kurz zusammengefasst – Folgendes ausgeführt: Der Zahlungsanspruch in Höhe von 45.648,43 € folge aus dem deklaratorischen Schuldanerkenntnis vom 12. Februar 2009. Damit sei der Beklagte mit den Einwendungen ausgeschlossen, die er bei Abgabe des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses gekannt oder mit denen er zumindest gerechnet habe. Dazu gehörten nicht nur Einreden, sondern auch echte rechtshindernde oder –vernichtende Einwendungen und das Fehlen anspruchsbegründender Tatsachen. Ferner sei ein Anspruch auf Rückzahlung des gekündigten Arbeitgeberdarlehens in Höhe des streitgegenständlichen Betrages gegeben. Insoweit sei die Behauptung des Beklagten, dass die Zahlung ein Vorschuss auf ein Geschäftsführergehalt bei der C gewesen sei, nicht nachvollziehbar. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils – Bl. 68 – Bl. 71 d. A. – ergänzend Bezug genommen. Gegen das am 01. Juli 2013 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 02. Juli 2013 Berufung eingelegt und diese mit dem beim Hess. Landesarbeitsgericht am 22. Juli 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte verfolgt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens sein Klageabweisungsbegehren weiter. Er meint, dass die Ratenzahlungsvereinbarung sittenwidrig sei. Eine rechnerisch nachvollziehbare Erklärung der Zusammensetzung der Forderung liege nicht vor und eine Prüfungsmöglichkeit anhand von irgendwelchen Belegen habe nicht bestanden. Außerdem sei ihm keine Bedenkzeit oder Vorbereitungsmöglichkeit am Tag der Unterzeichnung eingeräumt worden. Für eine monatliche Rate von 5.000,00 € habe es keine real existierende Grundlage gegeben. Im Übrigen sei er von der Insolvenzschuldnerin vollständig wirtschaftlich abhängig. Schließlich meint der Beklagte unter Hinweis auf die Aufhebungsvereinbarung vom 29. August 2008, dass er nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren sei.

Der Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 24. April 2013 – 8 Ca 15/13 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt unter Wiederholung und Ergänzung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des Arbeitsgerichts.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung am 28. November 2013 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A

Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß §§ 64 Abs. 1, Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden.

B

In der Sache hat die Berufung des Beklagten allerdings keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Das Berufungsgericht macht sich die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen und nimmt gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf sie Bezug. Mit seinen Ausführungen in der Berufung hat der Beklagte keine zu einer abweichenden Beurteilung führenden Rechtsfehler der Entscheidung des Arbeitsgerichts aufzuzeigen vermocht.

I.

1.

Der Anspruch auf Zahlung von 45.648,43 € ergibt sich aus der „Ratenzahlungsvereinbarung“ vom 12. Februar 2009. Die Berufungskammer teilt die Rechtsansicht des Arbeitsgerichtes, wonach es sich bei der Vereinbarung um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis handelt. Der Arbeitgeber kann, wenn er von den Einkünften des Arbeitnehmers zu wenig Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt hat, nach Inanspruchnahme und Zahlung der Lohnsteuer gemäß § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verb. mit § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG deren Erstattung verlangen. Dies gilt unabhängig davon, ob er freiwillig oder aufgrund eines Haftungsbescheides die Steuerforderung für den Arbeitnehmer erfüllt (vgl. BAG 16. Juni 2004 – AZR 521/03 – Rn 18, zitiert nach juris). Da der Beklagte wusste, dass in der gegebenen Situation gerade das Bestehen und die Höhe der Forderung klärungsbedürftig waren, ist er mit dem Einwand ausgeschlossen, die Schuld bestehe wegen der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft nicht oder nicht in dieser Höhe. Er kann sich nicht darauf berufen, dass Belege fehlen und die Forderung rechnerisch nicht nachvollziehbar ist. Das deklaratorische Schuldanerkenntnis schließt nicht nur Einreden, sondern auch echte rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendungen und das Fehlen einspruchsbegründender Tatsachen aus (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn 20, Orientierungssatz 1, zitiert nach juris).

2.

Das Schuldanerkenntnis ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig.

a) Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung ist nicht feststellbar. Maßgebend für eine derartige Annahme ist nicht das Verhältnis zwischen wahrer Ausgangslage im Sinne einer tatsächlichen Beweisbarkeit und den übernommenen Leistungen, sondern die Einschätzung der Sach- und Rechtslage durch die Parteien bei Abschluss der Vereinbarung (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Orientierungssatz 1). Auf dieser Grundlage ist ein auffälliges Missverhältnis nicht feststellbar..

b) Soweit der Beklagte meint, für die Höhe der Rate habe es keine reale Grundlage gegeben, führt dies ebenfalls nicht zur Sittenwidrigkeit der Vereinbarung. Zum einen standen ihm Vergütungsansprüche in Höhe von 15.000,00 € pro Monat zu. Zum anderen verstößt es nicht gegen die guten Sitten, sich in eigener Verantwortung auch zu Leistungen zu verpflichten, die nur unter besonders günstigen Bedingungen erbracht werden können (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Orientierungssatz 4, zitiert nach juris). Selbst bei einer Verpflichtung, die die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners weit übersteigen, kommt Sittenwidrigkeit nur in Betracht, wenn zusätzliche, dem Gläubiger zurechenbare Umstände zu einem unerträglichen Ungleichgewicht der Vertragsparteien führen (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Orientierungssatz 2, zitiert nach juris). Für diese Annahme gibt es indessen keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der Beklagte ist weder geschäftsunerfahren noch befand er sich in einer seelischen Zwangslage, die die Insolvenzschuldnerin sittenwidrig ausgenutzt hätte (vgl. BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Orientierungssatz 3, zitiert nach juris). Ein unerträgliches Übergewicht der Insolvenzschuldnerin beim Abschluss des deklatorischen Schuldanerkenntnisses ergibt sich auch nicht aus dem Fehlen einer Überlegungsfrist. Dieser Gesichtspunkt kann allenfalls die – im Streitfall nicht erfolgte – Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts wegen Drohung nach sich ziehen (BAG 22. Juli 2010 – 8 AZR 144/09 – Rn 34, zitiert nach juris). Ebenso wenig genügt eine wirtschaftliche Abhängigkeit von der Insolvenzschuldnerin, der dieser Gesichtspunkt mit der Arbeitnehmerstellung regelmäßig einhergeht.

II.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung des gekündigten Arbeitgeberdarlehens in Höhe der streitgegenständlichen Forderung.

Völlig zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass die Behauptung des Beklagten, die Zahlung sei ein Vorschuss auf sein Geschäftsführergehalt bei der C gewesen, nicht nachvollziehbar sei. Die eingehende Begründung des Arbeitsgerichts hat der Beklagte im Berufungsverfahren nicht zu entkräften vermocht. Insbesondere hat er keine neuen Argumente vorgetragen.

C

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Beklagte die Kosten der Berufung zu tragen, da sein Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist.

D

Für die Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG.

Hinweis: Der Berichtigungsbeschluss wurde in den Entscheidungstext eingearbeitet:

Das Urteil vom 30.04.2014 wird wegen eines offensichtlichen Schreibversehens auf S. 7 der Entscheidungsgründe unter Ziffer II wie folgt berichtigt:

„Der Kläger hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung des gekündigten Arbeitgeberdarlehens in Höhe der streitgegenständlichen Forderung.“

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