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Kleinbetrieb – Treuwidrigkeit einer betriebsbedingten Kündigung

Betriebsbedingte Kündigung: Soziale Rücksichtnahme auch in Kleinbetrieben

In dem Fall des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz mit dem Aktenzeichen 5 Sa 382/13 geht es um die Unwirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung, die eine geschiedene Supportmitarbeiterin in einem Kleinbetrieb betrifft. Die Kündigung wurde vom Arbeitsgericht als wirksam angesehen, wobei wirtschaftliche Gründe wie der Verlust eines Großkunden als Begründung angeführt wurden, und die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klägerin wurde aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, nachdem der Arbeitgeber einen wichtigen Großkunden verloren hatte.
  • Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, da die Kündigung weder sittenwidrig noch treuwidrig ist und bestätigte, dass die wirtschaftlichen Gründe für die Kündigung nicht vorgeschoben sind.
  • Die Kündigungsschutzgesetze finden keine Anwendung, da die Beklagte weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.
  • Die Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen, und die Kündigung wurde aufrecht erhalten, da keine hinreichenden Gründe für einen Verstoß gegen Treu und Glauben vorgebracht wurden.
  • Es gab keine zweite Kündigung, sondern nur eine Verlängerung der Kündigungsfrist.
  • Die Auswahlentscheidung bei der Kündigung war gerechtfertigt und sozial verträglich gestaltet.
  • Die Kündigung wurde nicht aufgrund der Erkrankung der Klägerin oder ihrer hohen Fehlzeiten ausgesprochen.

Kündigungen in Kleinbetrieben

Arbeitnehmer in Kleinbetrieben genießen oftmals nicht den vollen Kündigungsschutz des Gesetzes. Dennoch sind betriebsbedingte Kündigungen nicht grenzenlos möglich und müssen stets verhältnismäßig sein. Arbeitgeber müssen die Interessen der Mitarbeiter angemessen berücksichtigen und bei der Auswahl soziale Kriterien beachten.

Auch in Kleinbetrieben ist eine Kündigung treuwidrig, wenn sie sachfremden Motiven folgt. Willkürliche Entlassungen aufgrund persönlicher Motive des Arbeitgebers sind rechtsmissbräuchlich. Entscheidend sind die konkreten Umstände des Einzelfalls und das Gesamtbild der Situation.

➜ Der Fall im Detail


Fallbeispiel: Treuwidrigkeit einer betriebsbedingten Kündigung in einem Kleinbetrieb

Der Fall dreht sich um die Klage einer ehemaligen Mitarbeiterin gegen ihren Arbeitgeber, ein kleines Unternehmen, das sie wegen angeblich betriebsbedingter Gründe entlassen hat. Die Klägerin, eine geschiedene Mutter, war seit 2006 als Supportmitarbeiterin angestellt und bezog ein Bruttomonatsgehalt von 1.380 Euro für 23 Wochenstunden. Ihr wurde im Februar 2013 gekündigt, wobei die Frist später bis Ende April desselben Jahres verlängert wurde. Sie erhob Klage gegen die Kündigung, da sie die soziale Rechtfertigung gemäß § 1 KSchG anzweifelte und später argumentierte, dass die Kündigung sitten- und treuwidrig gemäß §§ 242, 138 BGB sei, da das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung fand.

Gerichtliche Erörterung der Kündigungsgründe

Das Arbeitsgericht Koblenz wies ihre Klage zunächst ab und sah die Kündigung als wirksam an. Die Beklagte habe substantiierte wirtschaftliche Gründe vorgelegt, darunter den Verlust eines großen Kunden, was die betrieblichen Gründe für die Kündigung stützte. Diese Argumentation wurde vom Gericht akzeptiert, obwohl die Klägerin behauptete, die wirtschaftlichen Gründe seien vorgeschoben und es habe keinen relevanten Auftragsrückgang gegeben. Zusätzlich wurde die soziale Auswahl der Kündigung als gerechtfertigt angesehen, da andere langjährige oder sozial schutzbedürftigere Mitarbeiter nicht entlassen wurden.

Details zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte das Urteil des Arbeitsgerichts. Die Berufung der Klägerin führte zu keiner Änderung der Entscheidung. Die Gerichte erklärten, dass die Kündigung nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt und die soziale Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter angemessen war. Auch die Behauptung, die Kündigung sei aufgrund von Erkrankungen und hohen Fehlzeiten ausgesprochen worden, wurde vom Gericht nicht gestützt.

Rechtliche Beurteilung der Berufung und ihre Abweisung

In der rechtlichen Auseinandersetzung wurde besonders betont, dass die Kündigung klar und eindeutig formuliert war und dass eine Erweiterung der Kündigungsfrist keine neue Kündigung darstellte. Dies zeigt die Bedeutung der klaren Kommunikation zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Kündigungsprozess. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht, dass auch in kleinen Betrieben, in denen das Kündigungsschutzgesetz nicht greift, eine faire soziale Auswahl getroffen werden muss, die die individuellen Umstände der Beschäftigten berücksichtigt.

Auswirkungen der Gerichtsentscheidung auf die Praxis

Die Urteilsbegründung gibt wichtige Einblicke, wie Gerichte die Treu- und Glaubensklausel interpretieren, insbesondere in Fällen, wo formale Gesetze wie das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar sind. Sie verdeutlicht die Notwendigkeit für Arbeitgeber, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die soziale Verantwortung gegenüber ihren Angestellten ernst zu nehmen und bei Kündigungen sowohl die betrieblichen als auch die sozialen Aspekte sorgfältig zu prüfen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was sind die allgemeinen rechtlichen Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung?

Nach deutschem Arbeitsrecht sind für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung vier Voraussetzungen zu erfüllen:

  1. Es müssen dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr ermöglichen. Solche Erfordernisse können sich aus inner- oder außerbetrieblichen Gründen ergeben, wie etwa Auftragsrückgang, Rationalisierungsmaßnahmen, Betriebseinschränkungen oder Betriebsstilllegungen. Die betrieblichen Gründe müssen auf einer unternehmerischen Entscheidung des Arbeitgebers beruhen.
  2. Die betrieblichen Erfordernisse müssen zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs für den gekündigten Arbeitnehmer führen. Es reicht nicht aus, wenn der Beschäftigungsbedarf nur vorübergehend entfällt. Vielmehr muss prognostisch von einem dauerhaften Wegfall auszugehen sein.
  3. Die Kündigung muss ultima ratio, also letztes Mittel sein. Es dürfen keine anderen Möglichkeiten bestehen, den Arbeitnehmer im Betrieb weiterzubeschäftigen, etwa durch Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz.
  4. Bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers ist eine Sozialauswahl nach sozialen Gesichtspunkten wie Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung vorzunehmen, wenn mehrere vergleichbare Arbeitnehmer zur Auswahl stehen.

Der Arbeitgeber trägt für das Vorliegen dieser Voraussetzungen die Darlegungs- und Beweislast. Fehlt es auch nur an einer der Voraussetzungen, ist die betriebsbedingte Kündigung unwirksam.

Wie wird die Sozialauswahl bei betriebsbedingten Kündigungen durchgeführt?

Bei betriebsbedingten Kündigungen muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern treffen. Dabei sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  1. Dauer der Betriebszugehörigkeit: Je länger ein Arbeitnehmer dem Betrieb angehört, desto mehr Schutz genießt er. Die gesamte Beschäftigungszeit beim selben Arbeitgeber wird berücksichtigt, auch wenn sie in verschiedenen Betrieben stattfand.
  2. Lebensalter: Ältere Arbeitnehmer werden in der Regel als schutzwürdiger angesehen, da es für sie schwieriger ist, eine neue Stelle zu finden. Allerdings führt ein höheres Alter nicht automatisch zu einem Kündigungsschutz.
  3. Unterhaltspflichten: Arbeitnehmer, die für Kinder oder Angehörige unterhaltspflichtig sind, genießen einen höheren Schutz. Je mehr Personen versorgt werden müssen, desto gewichtiger ist dieses Kriterium.
  4. Schwerbehinderung: Schwerbehinderte Arbeitnehmer sind besonders geschützt. Der Arbeitgeber kann dieses Kriterium in der Sozialauswahl berücksichtigen, ist dazu aber nicht verpflichtet.

Der Arbeitgeber hat bei der Gewichtung der Kriterien einen gewissen Ermessensspielraum. Oft werden Punkteschemata verwendet, um die Schutzbedürftigkeit zu ermitteln. Die Kriterien sind dabei gleichrangig, es gibt keine gesetzlich vorgeschriebene Reihenfolge.

Ziel der Sozialauswahl ist es, die Kündigung für den Arbeitnehmer und seine Angehörigen möglichst sozialverträglich zu gestalten. Wurde die Sozialauswahl fehlerhaft durchgeführt, ist die Kündigung unwirksam. Der Arbeitnehmer kann dann Kündigungsschutzklage erheben.

Was bedeutet Treuwidrigkeit im Kontext einer Kündigung?

Eine Kündigung kann als treuwidrig und damit unwirksam angesehen werden, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verstößt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber bei Ausspruch der Kündigung willkürlich handelt, sachfremde Motive hat oder ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme vermissen lässt.

Typische Fallkonstellationen einer treuwidrigen Kündigung sind:

  • Widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, z.B. wenn er aufgrund einer Eigenschaft kündigt, die ihm schon bei Vertragsschluss bekannt war
  • Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form, z.B. Übergabe des Kündigungsschreibens bei der Beerdigung eines Angehörigen
  • Diskriminierende Kündigung aus Gründen wie Rasse, Geschlecht, Religion etc.
  • Kündigung aus Rachsucht oder Vergeltung
  • Kündigung wegen Ausübung von Grundrechten wie Gewerkschaftszugehörigkeit oder politischer Betätigung

Der Arbeitgeber muss auch bei Kündigungen außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), z.B. in Kleinbetrieben, willkürliche und sachfremde Motive vermeiden. Er hat ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme walten zu lassen und langjährig erworbenes Vertrauen des Arbeitnehmers in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu berücksichtigen.

Macht der gekündigte Arbeitnehmer eine Treuwidrigkeit geltend, muss er Umstände darlegen und beweisen, aus denen sich diese ableiten lässt. Der Arbeitgeber muss dann seinerseits Gründe vortragen, die einer Treuwidrigkeit entgegenstehen. Die Hürden für die Annahme einer treuwidrigen Kündigung sind jedoch hoch. Nicht jede Kündigung, die im Anwendungsbereich des KSchG sozial ungerechtfertigt wäre, ist automatisch treuwidrig.

Welche Rechte hat ein Arbeitnehmer, wenn er eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt oder treuwidrig hält?

Hält ein Arbeitnehmer seine Kündigung für sozial ungerechtfertigt oder treuwidrig, stehen ihm folgende Möglichkeiten zur Verfügung:

Zunächst sollte er unverzüglich Kontakt zu einem im Arbeitsrecht spezialisierten Rechtsanwalt aufnehmen, um die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage prüfen zu lassen. Der Anwalt kann einschätzen, ob die Kündigung unwirksam ist und welche Schritte sinnvoll sind.

Parallel dazu kann der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitgeber schriftlich Widerspruch gegen die Kündigung einlegen und darin darlegen, warum er die Kündigung für unzulässig hält. Der Widerspruch hemmt die Wirksamkeit der Kündigung, bis eine gütliche Einigung oder ein Urteil vorliegt.

Kommt es zu keiner Einigung, muss der Arbeitnehmer innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Nur so kann er gerichtlich feststellen lassen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst wurde.

Ist im Betrieb ein Betriebsrat vorhanden, kann dieser der Kündigung nach § 102 BetrVG innerhalb einer Woche widersprechen, wenn er sie für sozial ungerechtfertigt hält. Der Widerspruch verbessert die Rechtsstellung des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess. Er kann dann nach § 102 Abs. 5 BetrVG einen Weiterbeschäftigungsanspruch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens geltend machen.

Stellt das Arbeitsgericht fest, dass die Kündigung unwirksam war, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen und Nachzahlung des Arbeitsentgelts. Häufig wird in diesem Fall aber ein Vergleich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung geschlossen.

War die Kündigung offensichtlich unwirksam und dem Arbeitgeber die Unwirksamkeit bewusst, kann der Arbeitnehmer unter Umständen auch Schadensersatz verlangen. Die Hürden dafür sind jedoch hoch.

Inwiefern beeinflusst die Mitarbeiterzahl eines Unternehmens die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes?

Die Mitarbeiterzahl eines Unternehmens hat entscheidenden Einfluss darauf, ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet oder nicht. Grundsätzlich gilt: Das KSchG ist nur in Betrieben anwendbar, in denen in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt sind (§ 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG).

In Kleinbetrieben mit 10 oder weniger Arbeitnehmern findet das KSchG hingegen keine Anwendung. Hier haben Arbeitgeber mehr Freiheiten bei Kündigungen, da sie keinen Kündigungsgrund im Sinne des KSchG (personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe) darlegen müssen. Allerdings bestehen auch in Kleinbetrieben gewisse Schranken wie das Maßregelungsverbot, der Grundsatz von Treu und Glauben sowie der Schutz vor sittenwidrigen oder diskriminierenden Kündigungen.

Bei der Berechnung der Mitarbeiterzahl sind einige Besonderheiten zu beachten:

  • Teilzeitbeschäftigte werden anteilig berücksichtigt: bis 20 Wochenstunden mit Faktor 0,5 und bis 30 Wochenstunden mit Faktor 0,75. Arbeiten Teilzeitkräfte aber regelmäßig mehr, sind sie voll mitzuzählen.
  • Auszubildende werden nicht mitgezählt. Für sie gilt ohnehin ein besonderer Kündigungsschutz.
  • Auch Geschäftsführer und leitende Angestellte zählen nicht mit, da für sie der Arbeitnehmerbegriff des KSchG nicht gilt.

Entscheidend ist die Zahl der „in der Regel“ beschäftigten Arbeitnehmer. Es kommt also nicht auf die Belegschaft zu einem Stichtag an, sondern auf eine Gesamtbetrachtung der Vergangenheit und Zukunft. Schwankungen bleiben außer Betracht.

Für Arbeitsverhältnisse, die schon vor 2004 bestanden, gilt noch die frühere Grenze von mehr als 5 Arbeitnehmern (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG).

Der Sonderkündigungsschutz für bestimmte Gruppen wie Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsräte gilt unabhängig von der Betriebsgröße.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

§ 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz)
Regelt die soziale Rechtfertigung von Kündigungen. Für die Kündigung im vorliegenden Fall wurde argumentiert, sie sei sozial ungerechtfertigt. Relevant ist dies, da das KSchG in Betrieben mit weniger als zehn Arbeitnehmern nicht voll anwendbar ist, was hier zutrifft und die Position der Beklagten stärkt.

§§ 242, 138 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) – Treu und Glauben, Sittenwidrigkeit
Diese Paragraphen wurden herangezogen, um die Unwirksamkeit der Kündigung zu begründen. § 242 BGB behandelt die Einhaltung von Treu und Glauben im Rechtsverkehr, während § 138 BGB Geschäfte, die gegen die guten Sitten verstoßen, für nichtig erklärt. Im Kontext der Kündigung wurden diese Vorschriften relevant, um potenziell verwerfliche Motive des Arbeitgebers zu adressieren.

§ 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG
Bestimmt die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes in Bezug auf die Betriebsgröße. In Betrieben mit weniger als zehn Mitarbeitern findet das KSchG eingeschränkt Anwendung, was direkt die rechtliche Situation im dargestellten Fall beeinflusst, da der Arbeitgeber weniger als zehn Mitarbeiter beschäftigt.

§ 622 BGB – Kündigungsfristen
Regelt die gesetzlichen Kündigungsfristen, die ein Arbeitgeber einhalten muss. Im Fall war die Einhaltung der Kündigungsfrist bis zum 30.04.2013 ein Diskussionspunkt, wobei die Verlängerung der Frist rechtlich als Einverständnis der Parteien und nicht als neue Kündigung angesehen wurde.

§ 69 Abs. 2 ArbGG
Erlaubt dem Gericht, von einer vollständigen Darstellung des Sachverhalts abzusehen und stattdessen auf frühere Urteile zu verweisen. Dies wurde genutzt, um auf das Urteil des Arbeitsgerichts zu referenzieren und den Umfang der gerichtlichen Begründung zu steuern.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 5 Sa 382/13 – Urteil vom 23.01.2014

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Juli 2013, Az. 11 Ca 1034/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin macht die Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung geltend.

Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als 10 Arbeitnehmer. Die 1970 geborene Klägerin (geschieden, ein Kind) war seit dem 21.09.2006 bei der Beklagten als Supportmitarbeiterin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 23 Stunden zu einem Bruttomonatsgehalt von € 1.380,00 angestellt.

Mit Schreiben vom 26.02.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2013. Mit Schreiben vom 27.02.2013, das mit „Nachtrag zum Schreiben vom 26.02.2013“ überschrieben ist, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie mit der Erweiterung der Kündigungsfrist vom 31.03. auf den 30.04.2013 einverstanden sei.

Mit ihrer am 19.03.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigungen vom 26.02. und 27.02.2013. Sie machte zunächst geltend, die Kündigungen seien gemäß § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Nachdem sie im Gütetermin unstreitig gestellt hat, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, vertritt sie die Ansicht, die Kündigungen seien gemäß §§ 242, 138 BGB unwirksam.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.07.2013 Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013, übergeben am 26.02.2013, und die Kündigung vom 27.02.2013, übergeben am 27.02.2013, nicht aufgelöst worden ist,

die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu verurteilen, sie zu den nun geltenden Arbeitsbedingungen als Supportmitarbeiterin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden zu einem Bruttomonatsgehalt von € 1.380,00 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.07.2013 abgewiesen und zur Begründung – zusammengefasst – ausgeführt, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013 mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende am 30.04.2013 aufgelöst worden. Die Kündigung sei weder sittenwidrig noch verstoße sie gegen Treu und Glauben (§§ 138, 242 BGB). Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Beklagte den Auftrag eines wichtigen Großkunden verloren habe und die Zusammenarbeit jedenfalls Anfang 2014 ende. Deshalb könne nicht angenommen werden, dass die von der Beklagten behaupteten wirtschaftlichen Gründe nur vorgeschoben seien und die Kündigung auf einem verwerflichen Motiv beruhe. Der Vortrag der Klägerin zur Mehrarbeit im Supportbereich sei unsubstantiiert und einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Dass der Sohn des Geschäftsführers einen Firmenwagen fahre, sei ebenso wenig wie die Verlegung neuer Teppiche in den Büroräumen der Beklagten ein Anzeichen für die Sittenwidrigkeit der Kündigung.

Die Unwirksamkeit der Kündigung folge nicht aus Mängeln bei der getroffenen Auswahlentscheidung. Diese sei vielmehr nicht zu beanstanden. Frau M. (beschäftigt seit 01.09.2006) sei etwas länger beschäftigt als die Klägerin und gehöre als Alleinerziehende zu einer als besonders schutzwürdig angesehenen Mitarbeitergruppe. Frau Z. sei aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit von über 20 Jahren sozial schutzwürdiger als die Klägerin. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 7 bis 10 des erstinstanzlichen Urteils vom 24.07.2013 Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist der Klägerin am 12.08.2013 zugestellt worden. Sie hat mit am 06.09.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 04.11.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 04.11.2013 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie macht geltend, entgegen den Ausführungen des Arbeitsgerichts sei nicht unstreitig, dass die Beklagte den Auftrag eines wichtigen Großkunden verloren habe und die Zusammenarbeit jedenfalls Anfang 2014 ende. Sie habe vielmehr bereits im Gütetermin das Vorliegen betriebsbedingter Gründe bestritten. Sie habe einen starken Auftragsrückgang sowie den Wegfall des größten Einzelkunden mit einem 1/3-Arbeitsvolumen für den Supportbereich bestritten. Im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung hätten die Arbeitnehmerinnen Y. und M. Überstunden geleistet. Sie bestreite nochmals, dass vor Ausspruch der Kündigung ein Auftragsrückgang zu verzeichnen gewesen sei. Die behaupteten wirtschaftlichen Gründe seien nur vorgeschoben worden. Dies zeige sich bereits darin, dass die Beklagte im Kündigungsschreiben als Kündigungsgrund starke Auftragsrückgänge in den vergangenen Monaten genannt, später aber mit dem Wegfall des größten Einzelkunden argumentiert habe. Das Arbeitsgericht habe auch ihren Vortrag, dass die Beklagte zum Jahresende 2012 den Sohn des Geschäftsführers eingestellt habe, außer Acht gelassen. Dem Sohn sei noch ein Firmenfahrzeug überlassen worden. Nach Ausspruch der Kündigung habe die Beklagte neue Teppiche verlegt. Die Kündigung sei wegen ihrer Erkrankung und der sich hieraus ergebenden hohen Fehlzeiten ausgesprochen worden.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Kündigung auch wegen der getroffenen Auswahlentscheidung unwirksam. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass Frau Z. bereits Rentnerin sei und sich nur ein „Zubrot“ verdiene. Frau Z. habe selbst kein Verständnis dafür, dass ihr [der Klägerin] gekündigt worden sei. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Klägerin vom 04.11.2013 und vom 18.12.2013 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich, das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.07.2013, Az. 11 Ca 1034/13 abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013 zum 30.04.2013 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 27.11.2013, auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Die Kündigung verstoße nicht gegen Treu und Glauben. Ihr Geschäftsführer sei am 22.01.2013 zu einem Gespräch bei ihrem größten Einzelkunden, der Fa. V.-B., gebeten worden, der etwa 1/3 der Supportarbeiten binde. Man habe ihrem Geschäftsführer mitgeteilt, dass die Entscheidung für einen Systemwechsel gefallen sei, ab 01.02.2014 werde eine neue Software eingesetzt, daher wolle man die Zusammenarbeit beenden. Sie habe daher künftig mit einem geringeren Arbeitsbedarf gerechnet; die Prognose sei auch eingetreten. Der Einwand der Klägerin, sie habe den Sohn des Geschäftsführers im November 2012 neu eingestellt, sei unerheblich. Die Entscheidung des Kunden sei ihrem Geschäftsführer erst am 22.01.2013 mitgeteilt worden. Im Übrigen sei der Sohn bereits am 01.10.2011 eingestellt worden; sein Arbeitsverhältnis habe am 31.10.2013 wegen Auftragsmangels geendet. Die Arbeitnehmerinnen Y. und M. hätten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung keine Überstunden geleistet, wobei es auf diesem Zeitpunkt auch nicht ankomme. Die Kündigung beruhe nicht auf einer Erkrankung und der sich hieraus ergebenden Fehltage der Klägerin, sondern auf betrieblichen Gründen.

Ihre Auswahlentscheidung genüge dem geforderten Maß an sozialer Rücksichtnahme. Die Ansicht der Klägerin, sie sei schutzwürdiger als Frau Z. sei fehlsam. Die Chefsekretärin Z. sei – unstreitig – seit über 20 Jahren bei ihr beschäftigt. Sie arbeite an einem Tag pro Woche und erledige vertrauliche Arbeiten (wie Buchungsvorbereitung, Personalangelegenheiten, Kontendisposition uä.).

Im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. c ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO). Insbesondere hat die Klägerin ihre Berufung ausreichend begründet (§ 520 Abs. 3 ZPO). Ihre Berufungsbegründung enthält zwar in weiten Teilen eine Wiederholung erstinstanzlichen Sachvortrags und erstinstanzlich bereits vorgebrachter Rechtsausführungen, mit denen sich das Arbeitsgericht schon auseinandergesetzt hat. Allerdings bezeichnet sie ausreichend Umstände, aus denen sich erhebliche Rechtsverletzungen durch das Arbeitsgericht ergeben sollen.

II.

In der Sache hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013 mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende am 30.04.2013 aufgelöst worden ist. Das Arbeitsgericht hatte deshalb nicht über den für den Fall des Obsiegens gestellten Weiterbeschäftigungsantrag zu entscheiden, den die Klägerin zweitinstanzlich nicht mehr stellt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Kündigung vom 26.02.2013 nicht wegen Verstoßes gegen §§ 242, 138 BGB unwirksam. Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:

1. Die Beklagte hat nur eine Kündigung erklärt. Sie hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Schreiben vom 26.02.2013 aus betrieblichen Gründen ordentlich gekündigt. Eine Kündigungserklärung muss den Willen, das Arbeitsverhältnis durch einseitige Gestaltungserklärung für die Zukunft zu lösen, eindeutig zum Ausdruck bringen. Bei dem Schreiben der Beklagten vom 27.02.2013 handelt es sich ausweislich des angegebenen Betreffs „Nachtrag zum Schreiben vom 26.02.2013″ und der Formulierung „Wir sind mit der Erweiterung der Kündigungsfrist vom 31.03.2013 auf den 30.04.2013 einverstanden“ nicht um eine Kündigungserklärung. Die Beklagte erklärt sich vielmehr bereit, die ordentliche Kündigung vom 26.02.2013 unter Wahrung der Kündigungsfrist erst zum 30.04.2013 erklären zu wollen. Der aus der Erklärung erkennbare Wille der Beklagten ging dahin, die „Kündigungsfrist zu erweitern“, nicht aber eine zweite Kündigung auszusprechen.

2. Die Kündigung vom 26.02.2013 ist nicht sozialwidrig iSd. § 1 Abs. 2 KSchG. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes finden auf das Arbeitsverhältnis nach § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG keine Anwendung. Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer. Dies hat die Klägerin im Gütetermin eingeräumt.

3. Die Annahme des Arbeitsgerichts, die ordentliche Kündigung der Beklagten verstoße nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), ist nicht zu beanstanden. Aus dem unstreitigen Sachverhalt und dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich kein Verstoß gegen Treu und Glauben.

a) Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242 BGB und ist unwirksam, wenn sie aus Gründen, die von § 1 KSchG nicht erfasst werden, Treu und Glauben verletzt. Die Vorschrift des § 242 BGB ist auf Kündigungen neben § 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und abschließend geregelt, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes geht. Über die Generalklausel des § 242 BGB darf dem Arbeitgeber der kraft Gesetzes ausgeschlossene Kündigungsschutz nicht de facto doch auferlegt werden. Eine Kündigung verstößt deshalb in der Regel nur dann gegen § 242 BGB, wenn sie Treu und Glauben aus Gründen verletzt, die von § 1 KSchG nicht erfasst sind. Es geht vor allem darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen. Schließlich darf auch ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt bleiben. Der Vorwurf willkürlicher, sachfremder oder diskriminierender Ausübung des Kündigungsrechts scheidet dagegen aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für die Rechtsausübung vorliegt (BAG 28.08.2003 – 2 AZR 333/02 – AP BGB § 242 Kündigung Nr. 17, mwN).

b) In Anwendung dieser Grundsätze ist ein Treueverstoß nicht feststellbar.

Die Klägerin hat keine Tatsachen dargelegt, aus denen zwingend geschlossen werden könnte, die Kündigung sei nicht wegen dem von der Beklagten behaupteten – und von der Klägerin bestrittenen – Auftragsrückgang, sondern aus anderen, treuwidrigen, insbesondere vertragsfremden Gründen erfolgt. Darauf hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat den schlüssigen Vortrag der Beklagten zum Verlust des Auftrags eines wichtigen Kunden, der den Arbeitsaufwand für 1/3 der Supportarbeiten binde, nicht ansatzweise widerlegt hat. Es wäre an ihr gewesen, qualifiziert zum Sachvortrag der Arbeitgeberin Stellung zu nehmen und ihn zu entkräften. Es ist nicht ausreichend, wenn die Klägerin lediglich die von der Beklagten für die Begründung der Kündigung vorgetragenen betriebsbedingten Umstände bestreitet. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitnehmer. Für den Arbeitgeber besteht eine sekundäre Behauptungslast. Der Arbeitgeber im Kleinbetrieb muss zur Begründung der Kündigung, die er auf betriebsbedingte Gründe stützt, nur so viel vortragen, dass der Vorwurf der Treuwidrigkeit ausscheidet. Die Beklagte durfte sich daher damit begnügen, vorzutragen, dass sie einen wichtigen Kunden verloren habe, der für etwa 1/3 des Arbeitsaufkommens im Supportbereich gesorgt habe. Es ist Teil der unternehmerischen Freiheit der Beklagten, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie künftig mit weniger Personal arbeiten will. Da das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar ist, ist nicht zu prüfen, ob die streitgegenständliche Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin im Betrieb der Beklagten entgegenstehen, bedingt ist.

Es kann dahinstehen, ob die bestrittene Behauptung der Klägerin zutrifft, die Arbeitnehmerinnen Y. und M. hätten im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung Mehrarbeit geleistet. Die Kündigungsfrist der Klägerin ist erst am 30.04.2013 abgelaufen. Erst mit ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis konnte die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die Belegschaftsstärke dem prognostizierten verringerten Auftragsvolumen anzupassen, zum Tragen kommen. Es ist unerheblich, dass die Beklagte den Sohn des Geschäftsführers weiterbeschäftigt und ihm einen Firmenwagen überlassen hat. Auch das Verlegen neuer Teppiche in den Büroräumen der Beklagten spricht nicht für eine Treuwidrigkeit der Kündigung. Auch hierauf hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen.

Für die Vermutung der Klägerin, die Kündigung sei wegen ihrer Erkrankung und der hohen krankheitsbedingten Fehlzeiten ausgesprochen worden, spricht nichts. Selbst wenn dem so wäre, könnte ein Verstoß gegen § 242 BGB nicht festgestellt werden. Es kann ein Arbeitgeber während einer Erkrankung oder sogar wegen Erkrankung kündigen, ohne dass ihm der Vorwurf der Treuwidrigkeit gemacht werden kann.

4. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist auch die Auswahlentscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden.

a) Wenn bei einer Kündigung eine Auswahl unter mehreren Arbeitnehmern zu treffen ist, muss auch der Arbeitgeber im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ein durch Art. 12 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahren. Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar wären. Ist allerdings auf den ersten Blick erkennbar, dass der Arbeitgeber einen erheblich weniger schutzbedürftigen, vergleichbaren Arbeitnehmer als den Kläger weiterbeschäftigt, so spricht dies dafür, dass er das erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen hat und deshalb die Kündigung treuwidrig ist (BAG 06.02.2003 – 2 AZR 672/01 – AP KSchG 1969 § 23 Nr. 30, mwN).

b) Aus dem eigenen Vorbringen der Klägerin und dem unstreitigen Sachverhalt ergibt sich nicht ansatzweise, dass die Beklagte eine erheblich weniger schutzbedürftige, vergleichbare Arbeitnehmerin als die Klägerin weiterbeschäftigt. Die Ansicht der Klägerin, die Beklagte hätte der Arbeitnehmerin Z. kündigen müssen, ist abwegig. Frau Z. ist unstreitig seit über 20 Jahren bei der Beklagten beschäftigt, während die Klägerin bei Kündigungsausspruch eine Betriebszugehörigkeit von lediglich 7 Jahren aufwies. Frau Z. ist evident schutzwürdiger als die Klägerin. Es ist unerheblich, dass sich Frau Z. als Rentnerin „nur ein Zubrot verdient“, wie die Klägerin behauptet. Es kommt bei dieser Sachlage nicht darauf an, ob zwischen der gekündigten Klägerin und der nicht gekündigten Chefsekretärin Z. überhaupt eine Vergleichbarkeit besteht, wofür nichts spricht.

5. Für eine Nichtigkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013 wegen eines Verstoßes gegen § 138 BGB gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

Der Vorwurf objektiver Sittenwidrigkeit kann nur in besonders krassen Fällen erhoben werden. § 138 BGB verlangt die Einhaltung eines “ethischen Minimums”. Sittenwidrig ist demnach eine Kündigung, wenn sie dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht. Es gelten insoweit schärfere Anforderungen als bei der Prüfung der Treuwidrigkeit nach § 242 BGB. Der vorliegende Sachverhalt ist schon nicht geeignet, eine Treuwidrigkeit der Kündigung zu begründen, er reicht erst recht nicht für die Annahme aus, die Kündigung der Beklagten sei sittenwidrig.

III.

Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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