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Übertragung Resturlaub auf das nächste Jahr möglich?

Wann ist eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr erlaubt?

Jedes Jahr zum Ende des Jahres stellt sich für unzählige Arbeitnehmer die Problematik, dass der Jahresurlaub für das Kalenderjahr noch nicht vollständig in Anspruch genommen wurde. Die meisten Arbeitnehmer vertreten die Auffassung, dass der Anspruch auf den Jahresurlaub aus rechtlicher Sicht problemlos in das nächste Kalenderjahr übertragen werden kann. Diese Ansicht ist jedoch ein sehr weit verbreiteter Irrtum, auch wenn sich dieser Irrtum (Stichtag 31.03. des folgenden Jahres) bereits seit unzähligen Jahren hartnäckig hält. Wahr ist vielmehr, dass ein Arbeitgeber durchaus auch die Möglichkeit hat, eine Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das folgende Jahr zu verhindern.

Der Urlaubsanspruch begründet sich auf den § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dieser Paragraf schreibt vor, dass der Anspruch auf den Jahresurlaub in dem jeweiligen Kalenderjahr auch seitens des Arbeitnehmers angemeldet werden muss. Für eine Übertragung des Jahresurlaubsanspruchs muss es sachliche Gründe geben.

Der 31.03. als Stichtag

Urlaubanspruch ins nächste Kalenderjahr nehmen
(Symbolfoto: Von andy0man/Shutterstock.com)

Der 31.03. als Stichtag ist durchaus auch wichtig, wenn unter anderen Voraussetzungen. Dieser Stichtag kommt erst dann zum Tragen, wenn der Jahresurlaubsanspruch bzw. der Anspruch auf den Resturlaub tatsächlich von einem Kalenderjahr auf das nächste Kalenderjahr übertragen wird.

Sollte der Jahresurlaubsanspruch bzw. Anspruch auf Resturlaub nicht bis zu dem 31.03. des folgenden Kalenderjahres seitens des Arbeitnehmers genommen werden, so verfällt gem. BUrlG der Anspruch. Es ist jedoch durchaus auch möglich, eine individuelle Vereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu treffen und in dieser individuellen Vereinbarung einen anderweitigen Stichtag schriftlich festzuhalten. Der Anspruch verfällt auch dann nicht mit dem 31.03. des folgenden Kalenderjahres, wenn der Arbeitnehmer einen berechtigten Antrag auf eine Übertragung des Jahresurlaubsanspruchs bzw. Anspruchs auf den Resturlaub bei dem Arbeitgeber gestellt hat und dieser Antrag abgelehnt wurde.

Die Problematik in der Praxis

Zwar ist die Rechtsansicht des BUrlG eindeutig, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers in dem jeweiligen Kalenderjahr in Anspruch genommen werden muss, in welchem der Urlaubsanspruch auch tatsächlich erworben wurde, allerdings kann es hierfür auch Ausnahmen geben. Fakt ist durchaus, dass der Gesetzgeber dem Erholungsurlaub eines Arbeitnehmers einen immens hohen Stellenwert zuschreibt. Es ist allerdings auch ein Faktum, dass es in der gängigen Praxis durchaus zu Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme des Urlaubsanspruches geben kann. Der § 7 Absatz 3 BUrlG ist hierfür maßgeblich, da in diesem Paragrafen die Möglichkeiten der Übertragung des Urlaubsanspruches auf das darauffolgende Kalenderjahr einschränkt.

Die Übertragung des Urlaubsanspruchs ist lediglich unter der Voraussetzung als statthaft anzusehen, wenn entweder a) dringliche betriebsbedingte Gründe oder b) personenbezogene Gründe mit Bezug auf den Arbeitnehmer eine Übertragung des Urlaubsanspruchs rechtfertigen.

Was sind dringliche betriebsbedingte Gründe?

Der Arbeitgeber ist durchaus dazu berechtigt, einen Urlaubsantrag eines Arbeitnehmers abzulehnen, wenn der gewünschte Urlaub in eine Hochsaison der betrieblichen Tätigkeit fallen würde. Weiterhin wäre auch denkbar, dass ein Urlaubsantrag eines Arbeitnehmers aufgrund eines erhöhten Krankheitsstandes der Belegschaft des Unternehmens und der damit verbundenen beruflichen Unabkömmlichkeit des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber abgelehnt wird. In derartigen Situationen entsteht jedoch auch automatisch ein Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Übertragung des Urlaubsanspruches auf das darauffolgende Kalenderjahr.

Was sind personenbezogene Gründe des Arbeitnehmers?

In der gängigen Praxis ist der häufigste Grund, dass ein Jahresurlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht genommen werden kann, die längere Erkrankung des Arbeitnehmers. Sollte der Arbeitnehmer aus diesem Grund seinen Urlaubsanspruch nicht wahrnehmen können, so gilt für die Inanspruchnahme des Urlaubsanspruchs ausdrücklich der Stichtag des 31.03. des darauffolgenden Kalenderjahres. Ist der Urlaubsanspruch bis dato seitens des Arbeitnehmers nicht wahrgenommen worden, so verfällt der Urlaubsanspruch. Diesbezüglich gibt es jedoch ebenfalls Ausnahmen. Sollte ein Arbeitnehmer „dauerkrank“ sein, so erfolgt ein Verfall des Urlaubsanspruchs erst nach einem Zeitraum von 15 Monaten. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass der EuGH in dem automatischen Verfall des Urlaubsanspruchs eines dauererkrankten Arbeitnehmers eine unangemessene Benachteiligung gesehen und dieser Benachteiligung einen Riegel vorgeschoben hat. Der Urlaubsanspruch richtet sich in diesem Fall danach, wann der Arbeitnehmer als genesen gilt. Auch hier sollte jedoch stets das Gespräch zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber stattfinden, um auf diese Weise eine für beide Seiten gute und faire einvernehmliche Lösung zu finden.

Wenn die Erkrankung des Arbeitnehmers über den 31.03. des darauffolgenden Jahres hinausgeht, gelten wiederum andere Regelungen. Sollte der Arbeitnehmer jedoch zum Beginn des darauffolgenden Jahres wieder genesen, kann es durchaus sinnvoll sein, mit dem Arbeitgeber eine individuelle anderweitige Regelung im Hinblick auf die Wahrnehmung des Jahresurlaubsanspruchs des vergangenen Jahres zu treffen.

In einigen Unternehmen erfolgt anstelle der Inanspruchnahme des Urlaubs eine finanzielle Abgeltung des Urlaubsanspruchs, welche jedoch nicht dem Sinn des BUrlG entspricht. Selbst dann, wenn diese Vorgehensweise auf eine individuelle Vereinbarung des Arbeitnehmers mit dem Arbeitgeber beruht, so stellt dies einen Verstoß gegen die gesetzliche Regelung des BUrlG dar. Das BUrlG sieht in seiner Formulierung ausdrücklich vor, dass der Erholungsurlaub als solcher auch von dem Arbeitnehmer in Anspruch genommen werden muss.

Bislang galt die Regelung, dass ein Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber einen Antrag auf die Wahrnehmung des Urlaubsanspruches stellen musste. Mit dem November des Jahres 2018 hat jedoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil (Aktenzeichen C-619/16 sowie C-684/16) festgestellt, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht automatisch mit dem Urlaubsantrag des Arbeitnehmers verknüpft ist. Der Urlaubsanspruch verfällt somit auch nicht automatisch alleinig aus dem Umstand heraus, dass der Arbeitnehmer bei dem Arbeitgeber keinen Urlaubsantrag eingereicht hat. Der Urlaubsanspruch verfällt gem. EuGH lediglich dann, wenn ein Arbeitgeber auch tatsächlich den Beweis erbringen kann, dass der Arbeitnehmer auf den Verfall des Urlaubsanspruchs in angemessener Form hingewiesen und der Arbeitnehmer freiwillig darauf verzichtet hat.

Aus Gründen der Beweissicherung sollte ein Arbeitnehmer aber dennoch einen entsprechenden Urlaubsantrag an den Arbeitgeber richten. Sollte der Arbeitgeber diesen Urlaubsantrag ablehnen, so muss die Ablehnung begründet werden. In diesem Fall sollte dann das Gespräch zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber dahingehend erfolgen, wie mit dem Urlaubsanspruch verfahren werden soll.

Wie kann ein Arbeitgeber verhindern, dass ein Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch in das Folgejahr überträgt?

Aus Arbeitgebersicht ist die Rechtsprechung des EuGH in Verbindung mit dem BUrlG oftmals ein regelrechtes Dilemma. Auf der einen Seite steht der Anspruch des Arbeitnehmers auf den Erholungsurlaub und auf der anderen Seite stehen die betriebswirtschaftlichen Belange, die nicht selten miteinander kollidieren. Dementsprechend sind die Möglichkeiten eines Arbeitgebers, den Übertrag des Urlaubsanspruchs der Arbeitnehmer in das darauffolgende Kalenderjahr zu verhindern, auch stark eingeschränkt. Die beste Variante ist es, die Mitarbeiter in dem Unternehmen möglichst frühzeitig auf den Urlaubsanspruch hinzuweisen und diese Mitarbeiter auch dazu zu motivieren, den Jahresurlaubsanspruch auch in dem Kalenderjahr zu nehmen. Aus Arbeitgebersicht erfordert dies natürlich eine möglichst frühzeitige und weitreichende Planung, die idealerweise bereits in dem Vorjahr des jeweiligen Jahres beginnt. Diese Planung ist mitunter in der gängigen Praxis überaus schwierig, da sich „Sonderfälle“ wie beispielsweise eine Erkrankung oder sogar eine Dauererkrankung der Mitarbeiter in dem Unternehmen nun einmal nicht einplanen lassen.

Sollte ein Arbeitnehmer dieser frühzeitigen Planung dahingehend entgegenwirken, dass überhaupt keine Anstalten in Richtung Inanspruchnahme des Urlaubsanspruches erfolgen, so sollte auch seitens des Arbeitgebers frühzeitig der Hinweis auf den Verfall des Urlaubsanspruches geführt werden. Hierbei ist überaus wichtig, dass ein Gesprächsprotokoll erstellt wird. Dieses Gesprächsprotokoll dient in dem Fall der Beweissicherung des Arbeitgebers, dass ein entsprechender Hinweis auf den möglichen Verfall des Urlaubsanspruches auch tatsächlich in der gesetzlich erforderlichen angemessenen Form erfolgt ist.

In der gängigen Praxis kommt es nicht selten vor, dass ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer im Hinblick auf den bestehenden Urlaubsanspruch in gewisser Weise unter Druck setzt. Nicht selten versuchen Arbeitgeber auch, ihre Arbeitnehmer zu einem Verzicht auf den Urlaubsanspruch zu bewegen oder anstatt des Jahresurlaubs finanzielle Ausgleichsregelungen vorschlagen. Hier ist jedoch aus Sicht des Arbeitnehmers Vorsicht geboten, da diese Vorgehensweise einen Verstoß gegen das BUrlG darstellen. Sollten Sie sich mit dieser Problematik konfrontiert sehen oder weitergehende Fragen zu der Thematik Urlaubsanspruch und drohender Verfall der Urlaubsansprüche haben, so sollten Sie auf jeden Fall den Rat eines erfahrenen Rechtsanwalts für Arbeitsrecht einholen. Wir sind eine überaus erfahrene Rechtsanwaltskanzlei und können Ihnen bei dieser Problematik auf jeden Fall hilfreich zur Seite stehen. Nehmen Sie einfach mit uns Kontakt auf.

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