ArbG München – Az.: 23 Ca 8191/11 – Urteil vom 22.03.2012
1. Die Beklagte wird verurteilt, dass am 31.05.2011 ausgestellte Zeugnis im letzten Satz zu ändern wie folgt:
„Wir bedauern dies, bedanken uns für die erbrachte Arbeit und wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Der Streitwert wird auf 4.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Aufnahme einer vollständigen Schlussformel in das Zeugnis, dessen Inhalt ansonsten unstreitig ist.
1. Die Beklagte hat dem Kläger unter dem 31.05.2011 ein Zeugnis mit sehr guter bis guter Leistungs- und Verhaltensbewertung erteilt. Das Zeugnis endet mit dem Schlusssatz:
„Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“
2. Der Kläger meint, er könne eine vollständige Schlussformel auch mit Dank und Bedauern beanspruchen. Das Fehlen bedeute eine unzulässige Abwertung seiner Leistungs- und Verhaltensbewertung. Die diesbezügliche Weigerung der Beklagten sei verwunderlich und nicht nachvollziehbar.
3. Der Kläger beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, das am 31.05.2011 ausgestellte Zeugnis im letzten Satz zu ändern wie folgt:
„Wir bedauern dies, bedanken uns für die erbrachte Arbeit und wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und persönlich alles Gute.“
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung
4. Die Beklagte meint, dem Kläger stehe kein Rechtsanspruch auf die vollständige Schlussformel zu. Nachdem eine Veränderung der Zeugnispraxis in den letzten 10 Jahren nicht stattgefunden habe, sei die alte ablehnende BAG Rechtsprechung nach wie vor aktuell.
5. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Terminsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
1. Der Kläger kann hier nach Überzeugung der Kammer die Aufnahme der vollständigen Schlussformel mit Dank und Bedauern in das Zeugnis verlangen.
Nach dem ab 01.01.2003 – nach dem Zeitpunkt des BAG-Urteils vom 20.02.2001 – eingefügten neuen § 109 Abs. 2 Satz 2 GewO kann die Beklagte hier bei der gegebenen sehr guten bis guten Leistungs- und Verhaltensbewertung die Dankes- und Wünschepassage nicht einfach weglassen, weil dies bei einem objektiven Zeugnisleser zu einer Abwertung der gegebenen Leistungs- und Verhaltensbeurteilung führt.
Es erscheint sehr fraglich, ob die von der Beklagten zitierte alte bundesarbeitsgerichtliche Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 20.02.2001 – 9 AZR 44/00) noch zeitgemäß ist. Die Verwendung von Schlussformeln ist seither weiter im Vordringen und heute überwiegend üblich; zumindest verschließt sich kein vernünftiger Arbeitgeber heute einem derartigen ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers.
Diese Entwicklung wurde auch bereits von der Rechtsprechung verschiedener Instanzgerichte aufgenommen (LAG Köln, Urteil vom 29.02.2008 – 4 Sa 1315/07; LAG Düsseldorf, Urteil vom, 03.11.2010 – 12 Sa 974/10).
2. Kosten: §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 ZPO
Streitwert: §§ 61 Abs. 1 ArbGG, 3 ff. ZPO.
Gegen dieses Endurteil ist das Rechtsmittel der Berufung nach nachfolgender Rechtsmittelbelehrung für die Beklagte gegeben. Für den Kläger ist kein Rechtsmittel gegeben.