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Arbeitnehmerhaftung – Wann besteht Schadensersatzpflicht für Arbeitnehmer?

Wann sind Sie als Arbeitnehmer zum Schadensersatz verpflichtet?

Ein Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, dem Arbeitnehmer das passende Werkzeug für die Verrichtung der sich aus dem Beschäftigungsverhältnis heraus ergebenden Arbeiten zu überlassen. Hierbei handelt es sich um das Eigentum des Arbeitgebers, sodass der Arbeitnehmer entsprechend sorgsam mit dem Eigentum des Arbeitgebers umgehen muss. Nun ist es jedoch ein Faktum, dass sich im Alltag Beschädigungen an dem Eigentum des Arbeitgebers nicht immer vermeiden lassen. Nicht umsonst heißt es doch so schön: „wo gehobelt wird, da fallen Späne“. Überdies ist es ebenfalls ein Faktum, dass Fehler nun einmal geschehen können – irren ist ja schließlich menschlich! Den wenigsten Arbeitnehmern ist jedoch der Umstand bewusst, dass sie unter ganz bestimmten Voraussetzungen gegenüber ihrem Arbeitgeber in der Haftung für diejenigen Schäden stehen, welche durch sie entstehen. Die Rede ist an dieser Stelle von der sogenannten Arbeitnehmerhaftung, aus welcher heraus sogar eine Schadensersatzpflicht gegenüber dem Arbeitgeber entstehen kann. Die wichtigste Frage dabei ist jedoch, wann genau die Schadensersatzpflicht besteht und wie sie abgewendet werden kann.

Der Schaden an dem Eigentum des Arbeitgebers muss für die Arbeitnehmerhaftung nicht zwingend durch den Arbeitnehmer selbst verursacht worden sein. Auch durch dritte Personen, welchen das Eigentum des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer überlassen wurde, kann zu einer Arbeitnehmerhaftung führen.

Was genau versteht das Arbeitsrecht unter der Arbeitnehmerhaftung?

Die gesetzliche Grundlage für die Arbeitnehmerhaftung findet sich in den §§ 276 sowie 280 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wieder. Der Begriff der Arbeitnehmerhaftung beschreibt hierbei die Haftung von einem Arbeitnehmer, welche durch eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers im Zeitraum der betrieblichen Tätigkeit auftritt. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies: Wer als Arbeitnehmer bei der Berufsausübung einen Fehler begeht und dadurch einen Schaden für den Arbeitgeber verursacht, der hat die gesetzliche Verpflichtung, für diesen Schaden unter gewissen Rahmenumständen aufzukommen.

Die Grundvoraussetzungen für die Arbeitnehmerhaftung

  • die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers im Zusammenhang mit den Arbeitsvertragspflichten
  • das vorwerfbare Verhalten (fahrlässig oder vorsätzlich)
  • der Schaden für den Arbeitgeber

In der gängigen Praxis gibt es durchaus typische Pflichtverletzungen von Arbeitnehmern, aus welchen heraus eine Arbeitnehmerhaftung entstehen kann. Die Schlechtarbeit, die sich in einer mangelhaften Arbeitsqualität niederschlägt, sowie die Schädigung an der Unternehmenskundschaft sowie auch die reine Vernachlässigung der sogenannten Obhutspflichten sind regelrechte Musterbeispiele hierfür.

Wann entsteht eine Arbeitnehmerhaftung für Beschäftigte?

arbeitnehmer haftung
Arbeitnehmerhaftung und Schadensersatzpflicht bei Schäden am Arbeitsplatz (Symbolfoto: fizkes/Shutterstock.com)

Der Gesetzgeber sieht für die Gruppe der Beschäftigten einen gewissen Sonderstatus im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerhaftung vor, da in der gängigen Praxis die Beschäftigten keinerlei Einfluss auf die gesamtunternehmerischen Betriebsabläufe haben. Dementsprechend haben die Beschäftigten auch keinen nennenswerten Einfluss auf die Risiken, die mit der Beschäftigung einhergehen und sind aus diesem Grund auch zwingend auf die Unternehmensanweisung angewiesen. Überdies ist der Arbeitslohn der Beschäftigten in der gängigen Praxis auch nicht als ausreichend anzusehen, um damit den unternehmerischen Schaden des Arbeitgebers vollständig zu ersetzen. Aus diesem Grund gibt es letztlich auch die sogenannte eingeschränkte Arbeitnehmerhaftung, die unternehmerisch auch als Haftungsprivilegierung bekannt ist.

Die eingeschränkte Arbeitnehmerhaftung beschränkt die Haftung des Arbeitnehmers der Höhe nach auf den Grad des Verschuldens von dem jeweiligen Arbeitnehmer.

Die Grade des Verschuldens im Überblick

  • beim Vorliegen von leichter Fahrlässigkeit gibt es keine Arbeitnehmerhaftung
  • beim Vorliegen von mittlerer Fahrlässigkeit gibt es eine Haftungsteilung
  • beim Vorliegen von grober Fahrlässigkeit gibt es entweder eine anteilige oder auch vollständige Haftung
  • beim Vorliegen von Vorsatz gibt es die vollständige Haftung

Es liegt leichte Fahrlässigkeit vor

Für diejenigen Schäden, welche den Arbeitnehmern nur in einem sehr geringem Maß tatsächlich vorgeworfen werden können, haften Arbeitnehmer nicht für die entstandenen Schäden des Arbeitgebers. Der klassische Arbeitsunfall oder eine Situation der Überforderung sind Musterbeispiele für die leichte Fahrlässigkeit. Die Überforderung muss jedoch durch den Arbeitgeber zwingend verursacht worden sein.

Es liegt mittlere Fahrlässigkeit vor

Eine Haftungsteilung kommt zum Tragen, wenn der Arbeitnehmer einen Schaden verursacht, der durchaus mit einer besseren Achtsamkeit oder auch Sorgfalt des Arbeitnehmers gar nicht entstanden wäre. Ein Musterbeispiel hierfür ist die Fahrt mit dem Firmenauto, welches auf einer leicht abschüssigen Straße geparkt und herabrollt, da die Handbremse nicht angezogen war. In derartigen Fällen kommt sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer hälftig für den entstandenen Schaden auf. Die Aufteilung ist jedoch abhängig von den Faktoren des Gefahrenrisikos sowie der Höhe des Schadens nebst der individuellen Berufserfahrung von dem Arbeitnehmer. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch das Urteil von dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 13 Sa 1171/18), welches einen Berufskraftfahrer zu einer anteiligen Arbeitnehmerhaftung für einen Diebstahl der transportierten Ware verpflichtete, da der Kraftfahrer den Lastkraftwaren in ungesichertem Zustand parkte.

Es liegt grobe Fahrlässigkeit vor

Sollte ein Arbeitnehmer oder auch ein Mitglied des Arbeitnehmerteams die Unternehmensvorschriften missachtet bzw. in einer außergewöhnlichen Form ein sorgloses Handeln an den Tag legen, so ergibt hieraus die vollständige Arbeitnehmerhaftung. Hierbei muss jedoch gesagt werden, dass die reine Abgrenzung der mittleren Fahrlässigkeit und der groben Fahrlässigkeit in der gängigen Praxis nicht immer einfach ist.

Handelt ein Arbeitnehmer unter Vorsatz und verursacht einen Schaden, ergibt sich hieraus eine vollständige Arbeitnehmerhaftung für den entstandenen Schaden des Arbeitgebers.

Der Schaden wurde verursacht und es gibt ein Mitverschulden von dem Arbeitgeber

Eine Haftungsbeschränkung der Arbeitnehmerhaftung ist gem. § 254 BGB auch denkbar, wenn der Arbeitgeber an dem entstandenen Schaden eine Mitschuld trägt. Sollte beispielsweise eine Führungskraft in dem Unternehmen den Kontrollpflichten nicht nachkommen, so muss der Arbeitnehmer, der den Schaden verursacht hat, unter Umständen überhaupt nicht oder nur auf anteiliger Basis haften. In derartigen Fällen wird der Führungskraft, welche den Kontrollpflichten nicht nachkam, eine Mitschuld zugeschrieben.

Im Zusammenhang mit der eingeschränkten Arbeitnehmerhaftung muss deutlich gesagt werden, dass sich diese Haftungsbeschränkung lediglich auf das Verhältnis Arbeitnehmer – Arbeitgeber bezieht. Sollten Arbeitnehmer bei der Kundschaft des Unternehmens (den sogenannten dritten Parteien) einen Schaden verursachen, so gilt die Haftungsbeschränkung nicht. Ein Arbeitnehmer hat jedoch einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber ihn für derartige Schäden haftungsbefreit. Dies gilt jedoch nur, wenn der Arbeitnehmer in einem vergleichbaren Fall bei einem Schaden an dem Eigentum des Arbeitgebers ebenfalls überhaupt nicht oder nur anteilig gehaftet hätte.

Die Arbeitnehmerhaftung kann sogar gänzlich ausgeschlossen werden. Dies ist gem. § 105 Absatz 1 Satz 1 siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) der Fall, wenn ein Arbeitnehmer in Ausübung der beruflichen Tätigkeit einen anderen Arbeitnehmer schädigt und dadurch entweder ein Personenschaden oder ein Versicherungsfall entsteht bzw. wenn der Schaden von der schadensverursachenden Person nicht auf vorsätzlicher Basis verursacht wurde.

Der Haftungsausschluss der Arbeitnehmerhaftung gilt jedoch nicht, wenn ein Arbeitnehmer bei einem anderen Arbeitnehmer einen Sachschaden verursacht. Dies kann sowohl die Bekleidung als auch eine Brille oder eine Armbanduhr bzw. ein Smartphone betreffen. In diesen Fällen ist natürlich die verursachende Person dazu verpflichtet, den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Gibt es im Hinblick auf die Arbeitnehmerhaftung eine Obergrenze?

In Deutschland gibt es im Hinblick auf die Arbeitnehmergrenze grundsätzlich keine Obergrenze. Der Gesetzgeber hat diesbezüglich jedoch den Haftungsanteil der Arbeitnehmer begrenzt, sodass in einem Schadensfall maximal ein hälftiges bis zu einem vollen Monatsgehalt unter ganz bestimmten Rahmenumständen als Arbeitnehmerhaftung in Betracht kommen können. Im Fall einer groben Fahrlässigkeit wäre hierfür der Maximalschadensanteil auf drei Monatsgehälter festgesetzt.

Kommt es zu dem Fall der Fälle, so hat der Arbeitnehmer in erster Linie eine Frage. Wie kann ich gegen mich gerichtete Vorwürfe sowie Schadensersatzansprüche des Arbeitgebers möglichst effektiv abwenden. Tatsächlich ist es in der gängigen Praxis so, dass die meisten Arbeitgeber – besonders im Fall einer etwaigen Mitschuld – den Druck auf die Arbeitnehmer zu erhöhen versuchen. Formulierungen wie „Du weißt doch ganz genau, dass Du Schuld hast“ oder „Du möchtest doch auch zukünftig hier in diesem Unternehmen weiterarbeiten“ gehören dabei bedauerlicherweise nicht zu einer Seltenheit. Fakt ist, dass der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in einer Drucksituation steckt und dass so manch ein Arbeitgeber diesen Druck zu seinen Zwecken auszunutzen versucht.

Ein Arbeitnehmer sollte sich jedoch auf gar keinen Fall unter Druck setzen lassen und vor allen Dingen nicht vorschnell eine Schuld zugeben, wenn der Fall doch eher zweifelhaft erscheint. Kein Arbeitgeber wird dabei eine etwaige Mitschuld zugeben, sondern stets versuchen, die Schuld „nach unten“ zu verlagern. Als Arbeitnehmer bliebe in derartigen Fällen nur noch der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt. Als Fachanwalt für Arbeitsrecht können wir Sie in allen Bereichen des Arbeitsrechts fachkundig beraten und vertreten.

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