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Bonuszahlung – Vereinbarung in Anstellungsvertrag

LG Dortmund – Az.: 10 O 85/18 – Urteil vom 29.01.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von 3.928.801,00 EUR dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger, welcher bei der Beklagten als Geschäftsführer tätig war, verfolgt gegen diese noch Ansprüche aus einem langfristigen Vergütungsbaustein (Long-Term-Incentive-Plan, im Folgenden: „LTIP“). Im Übrigen haben sich die Parteien in einem weiteren Rechtsstreit vor der Kammer umfassend verglichen.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Erdgaslogistikunternehmen. Sie ging 2011 aus dem A1 Konzern hervor (Umsetzung einer Verpflichtungszusage gegenüber der EU-Kommission aus einem Kartellverfahren gegen die A1 AG um einem Bußgeldvorwurf zu entgehen).

Mit den Vorgaben des 3. EU-Binnenmarktpaketes kam es im Energiesektor zu weitgehenden Entflechtungsauflagen, die die Umwandlung von integrierten Netzbetreibern zu sogenannten unabhängigen Transportnetzbetreibern (= UTB oder Englisch: ITO = independent transmission operator) erforderten. Als ITO hat die Beklagte über einen Aufsichtsrat zu verfügen (§ 10d EnWG). Die konstituierende Sitzung des Aufsichtsrates fand am 29.02.2012 statt, mit der Wahl von A2 zum Vorsitzenden.

Die B2-Gruppe erwarb 2011 die Geschäftsanteile der Beklagten. Mittelbare Gesellschafter der Beklagten waren seitdem 2 Fonds der Gruppe, namentlich B2-Fond (77,2 %) und C1 und 2 (22,8 %).

Der Beginn der Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten/deren Muttergesellschaft D1 GmbH und Co. KG (vormals D2 GmbH & Co. KG) fällt in die Umbruchphase 2011. Die Zertifizierung der Beklagten als Transportnetzbetreiberin erfolgte letztlich unter Auflagen mit Beschluss der Bundesnetzagentur vom 12.03.2013 nach Beantragung am 02.03.2012.

Der Kläger war vor seiner Tätigkeit für die Beklagte für E1 und E2 tätig. Für Letztere als „Global Discipline Head Logistics and Infrastructure E&P“, parallel zuständig für die weltweite Sicherheitsperformance des Konzerns (E3).

Der Dienstvertrag des Klägers wurde ausgehandelt. Es gab einen Vertragsentwurf, den die damalige Gesellschafterin B2 dem Kläger zukommen ließ. Der dortige § 7 mit der Überschrift „Vergütung“ enthielt Bestimmungen in Abs. 1 zur Grundvergütung, in Abs. 2 zur Höhe des leistungsabhängigen Bonus (MIP = management incentive plan) und in Abs. 3 zur Fälligkeit dieses Bonus, sonst keine weiteren Vereinbarungen zu Vergütung.

Danach gab es einen Entwurf mit folgenden Ergänzungen:

„(4) Abweichend von den vorstehenden Absätzen 2 und 3 erhält der Geschäftsführer in den ersten 18 Kalendermonaten seiner Anstellung einen Garantiebonus i.H.v. 300.000,00 EUR brutto jährlich, der in diesem Zeitraum bargeldlos in gleichen monatlichen Raten von je 25.000,00 EUR brutto gezahlt wird.

(5) Nach Ablauf der ersten 18 Kalendermonate des Anstellungsvertrages werden die Konditionen des leistungsabhängigen Bonus und des MIP gemäß vorstehendem Abs. 2 neu festgelegt. Der leistungsabhängige Zielbonus soll betragsmäßig nicht unter dem im vorstehenden Absatz 4 genannten Garantiebonus liegen.

(6) Nach Ablauf der ersten 18 Kalendermonate des Anstellungsvertrages werden die Parteien in Verhandlungen über einen zusätzlichen langfristigen Vergütungsbaustein (Long-Term Incentive-Plan) eintreten.“

Hierzu behauptet die Beklagte, am 22.07.2011 habe der Kläger den so von seinem Anwalt angepassten und ergänzten Vertrag zur Durchsicht und Diskussion an F1 weitergeleitet. In diesen überarbeiteten Vertragsentwurf habe der Kläger durch seinen Anwalt die vorstehenden weiteren Absätze anfügen lassen.

Demgegenüber behauptet der Kläger, die Regelung zum LTIP sei auf Vorschlag von B2 aufgenommen worden.

Mit E-mail vom 25.07.2011 schrieb F1 (später Mitglied des 3-köpfigen Aufsichtsrates, Vertreter von B2) an den Kläger (Anlage K6 zur Klageschrift, Bl. 42 d.A.):

„…

vielen Dank für Ihre Anmerkungen zum Vertragsentwurf, ich melde mich bei Ihnen, sobald ich Rücksprache mit unserem Anwalt gehalten habe.

Bonuszahlung - Vereinbarung in Anstellungsvertrag
(Symbolfoto: Freedom Life/Shutterstock.com)

Einen Punkt habe ich aber gleich entdeckt und wollte dies klarstellen. Was den Bonus für die ersten 18 Monate angeht, so hatten wir hier nicht an einen Garantiebonus gedacht. Wir wollen schon Ziele vereinbaren und die Struktur können Sie dem angehängten MIT/LTIP Vorschlag entnehmen. Nach den 18 Monaten möchten wir den MIP von max 100 % Grundgehalt etwas reduzieren aber dies durch den MIP überkompensieren.

Weiterhin haben wir uns mit der Möglichkeit auseinandergesetzt, ihren Vertrag auf zwei verschiedene Gesellschaften aufzuteilen. Die Analyse deutet aber darauf hin, dass dies für uns leider keine Option ist, ich habe auch diese Analyse beigefügt.

Ich treffe mich morgen auch mit G1, dann werden wir die noch fehlenden % und Summen für unser Angebot LTIP festlegen und dann melde ich mich wieder bei Ihnen.

…“

Nach der in der Anlage zu dieser E-Mail befindlichen Struktur ( in englischer Sprache) sollte der jährliche LTIP auf Basis einer rollierenden 3-jährigen Entwicklung, beginnend mit dem 01.01.2013, erstmals für die Geschäftsjahre 2013, 2014 und 2015 berechnet werden. Kerngrößen sollten dabei zum einen die EBITDA-Performance zum zweiten der Cashflow sowie drittens qualitative Ziele sein.

Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag wurde mit der G2 Verwaltung GmbH & Co. KG, der Muttergesellschaft der Beklagten, unter dem 08./09.08.2011 (Anlage B2 der Beiakte 10 O 98/17, im folgenden „BA“) abgeschlossen, mit gleichzeitiger Geschäftsführerüberlassung an die Beklagte.

§ 6 dieses Vertrages lautet:

„…

(3)

Das Anstellungsverhältnis kann von jeder Partei mit einer Frist von 12 Monaten zum Monatsende gekündigt werden.

…“

In § 7 wird formuliert:

„(1) Der Geschäftsführer erhält ein festes Jahresgrundgehalt in Höhe von Euro 300.000 brutto (in Worten: dreihunderttausend), welches bargeldlos in 12 gleichen Raten jeweils nachträglich zum 20. des Folgemonats gezahlt wird. Mit diesem Grundgehalt sind auch alle weiteren Tätigkeiten des Geschäftsführers für verbundene Unternehmen abgegolten. Ein Anspruch auf Vergütung von Über- oder Mehrarbeitsstunden sowie für Reisezeiten besteht nicht.

(2) Neben seinem Jahresgrundgehalt erhält der Geschäftsführer einen weiteren, leistungsabhängigen Bonus in Höhe von maximal des Jahresgrundgehaltes. Die konkrete Höhe des Leistungsbonus ist abhängig von der Erreichung der zwischen den Parteien einvernehmlich im separaten MIP (management incentive plan) festgelegten Ziele. Der MIP wird jeweils zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres sowie unverzüglich nach Vertragsbeginn vereinbart.

(3) Der Leistungsbonus ist jeweils fällig nach Genehmigung des geprüften Jahresabschlusses der Gesellschaft.

(6) Zum Geschäftsjahr 2013 werden die Parteien in Verhandlungen über einen zusätzlichen langfristigen Vergütungsbaustein (Long-Term Incentive-Plan, LTIP) eintreten.“

Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 16.09.2011 wurde der Kläger zum 20.09.2011 zum Geschäftsführer bestellt.

Sodann erfolgte die Übertragung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages auf die Beklagte zum 01.12.2011 mit Vereinbarung vom 14/16.12.2011 (Anlage K2 der BA).

Der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag wurde unter Beendigung des Ursprungsvertrages am 29.02.2012 (Anlage K3 der BA, Bl. 20 ff.) auf eine neue vertragliche Grundlage gestellt.

In § 7 wurde wie folgt neu aufgenommen:

„(7) Sowohl für den MIP als auch für den LTIP wird als Bezugsgröße jeweils ausschließlich auf die Gesellschaft, bspw auf Kennzahlen, Ergebnisse, Ereignisse etc. abgestellt werden.“

Im Übrigen blieb der Text der §§ 6 und 7 unverändert.

Im Vorfeld des vorgenannten Vertragsabschlusses wandte sich N1 mit E-Mail vom 23.02.2012 wie folgt an den Kläger:

„…

Die H1-Anwälte haben im Auftrag von B2 einen Vorschlag für die Anpassung ihres Anstellungsvertrages im Hinblick auf die Anforderungen des EnWG gemacht.

Alle Änderungen sind im pdf markiert. Im Wesentlichen geht es um Folgendes:

In § 7 die Regelungen zu dem „incentive plan“ (MIP und LTIP) eine abstrakte Klarstellung aufnehmen, dass Bezugsgröße der Pläne die C1 bzw. deren Geschäftstätigkeit ist.

…“

Mit „Vergütungsanpassung zum 01.11.2013“ wurde das Jahresgrundgehalt gemäß § 7 (1) auf 309.900 EUR brutto angehoben (Anlage K4 der BA).

In der 3. Sitzung des Aufsichtsrates am 29.05.2013 (im Protokoll unstreitig unrichtig genanntes Datum: 29.05.2012, Anlage K8 zur Klageschrift, Bl. 46 ff.) wurde zu top 10 „Zielerreichung 2012 der Geschäftsführung“ folgender Beschluss gefasst:

„Bezüglich der Zielerreichung 2012 der Geschäftsführung legt der Aufsichtsrat einen Zielerreichungsgrad für die Geschäftsführer von 125 % fest. Bezugsgröße hierfür ist die outperformance des budgetierten EBITDA Netz von 62,1 Mio. EUR auf 72,9 Mio. EUR.

Bezüglich der Vergütung von H2 erfolgt eine Anpassung des Jahresgehalts um 11,11 % rückwirkend zum 01.03.2013.

Über die Ziele für 2013 und die Details für einen Long-Term Incentive-Plan entscheidet der Aufsichtsrat zeitnah.“

Ein Herr B3, Angestellter von B2, teilte dem Kläger (cc F1) per E-Mail vom 14.10.2013 (Anlage K16 zum Schriftsatz vom 6.6.2019, Bl. 306 ff.) mit:

„…

Wir würden gerne mit Ihnen den angefügten Vorschlag für die variable Vergütung 2013 diskutieren, wenn sie aus dem Urlaub zurück sind. Wir hatten mit H2 einen in der Methodik vergleichbaren Vorschlag letzte Woche nach der AR Sitzung besprochen. Er hatte insbesondere angemerkt, dass der Effizienzfaktor und die Refinanzierung bei den qualitativen Zielen etwas untergewichtet sind.

…“

In der Anlage zu dieser E-Mail befanden sich nähere Vorschläge (nur) zum MIP.

Mit Vertragsergänzung vom 12.05.2014 vereinbarten die Parteien die Ergänzung des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages vom 29.02.2012 in § 7 (1) um folgenden Satz:

„Die Gesellschaft ist verpflichtet, das Jahresgrundgehalt alle 2 Jahre nach der Feststellung des Jahresabschlusses unter Beachtung der Entwicklung der relevanten Indices zu überprüfen.“

F1 übersandte dem Kläger mit E-Mail vom 17.10.2014 ein Memorandum hinsichtlich des MIP (Anlage K17 zum Schriftsatz vom 5.6.2019, Bl. 207ff.).

Der Vorsitzende des Aufsichtsrats der Beklagten, B4, teilte dem Kläger im Hinblick auf dessen Anfrage nach einer Anpassung seines Gehaltes mit E-Mail vom 11.09.2014 (Bl. 212) mit:

„…

Die Überprüfung des Gehaltes bei Ihnen erfolgt im Rhythmus von zwei Jahren. Das ist aber auch üblich in GF-oder Vorstandsverträgen. Im Prinzip entgeht ihnen ja nichts, außer einem derzeit aber doch eher vernachlässigbaren Zinseffekt. Ich würde da jetzt nicht wieder an den AR gehen, denn die Diskussion mit G1 zu diesem Thema war schon schwierig genug. Er hielt die Anpassungsklausel generell für entbehrlich.

…“

Der Bonus für MIP betrug im Jahr 2013 463.500,00 EUR, im Jahr 2014 346.389,00 EUR und im Jahr 2015 414.382,79 EUR brutto. Für 2016 war eine Zielvereinbarung nicht getroffen worden.

Ab Anfang Oktober 2015 fanden Verhandlungen des Klägers, vertreten durch Rechtsanwalt C2, mit dem Aufsichtsrat über eine komplette Neufassung seines Vertrages ab 2016 statt, wobei auch noch offene Ansprüche des bisherigen Vertrages, namentlich LTIP geklärt und abgegolten werden sollten. Die Gespräche wurden seitens des Aufsichtsrates am 11.12.2015 abgebrochen. Der status quo bzw. Fortbestand des bisherigen Arbeitsvertrages des Klägers wurde bestätigt.

Mit E-Mail vom 03.06.2016 schrieb F1 an den Kläger und H2:

„…

aus Sicht von B4 und mir haben wir die Diskussion zu den Zielen im Anschluss an die letzte AR Sitzung mit Ihnen beiden schon abschließend geführt, auch wenn wir nicht über die Tabelle im Detail gesprochen haben. Wir hatten das Prinzip auch schon vorher diskutiert.

Ich denke der AR wäre bereit, die Ziele noch vor einem Verkauf festzulegen. Wenn einer von ihnen oder beide diese Ziele nicht akzeptieren wollen, dann können wir das dokumentieren und sie klären das mit einem neuen Eigentümer.

Wir sollten uns vornehmen, die Themen Protokoll, CTA und Ziele bis spätestens Di Mittag in einem Umlaufbeschluss oder Call abzuschließen.

…“

Für den LTIP ist es auch in der Folge nie zu einer konkreten Vereinbarung gekommen.

2016 veräußerte die B2 Gruppe die Geschäftsanteile an der Beklagten an ein Konsortium aus dem niederländischen Infrastrukturfond XXX und dem französischen XXX France (XXX).

Der Kläger erhielt im Zusammenhang mit der Veräußerung eine Sonderzahlung von mehr als 4,7 Million EUR.

Nach dem Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 19.12.2016 wurde an diesem Tag folgender Beschluss gefasst:

„Der AR kommt bei der Überprüfung der Vergütung von J1 zu dem Ergebnis, dass eine Anpassung zum jetzigen Zeitpunkt nicht für erforderlich gehalten wird.

Begründung:

Die Überprüfung der Vergütung hat der Aufsichtsrat nach Bericht des Aufsichtsratsvorsitzenden bereits im Mai des Jahres erörtert mit dem Ergebnis, dass die bestehende Vergütung zum damaligen Zeitpunkt für angemessen gehalten wurde. Ein Antrag zur Beschlussfassung über eine Vergütung Anpassung wurde folglich nicht gestellt. J1 wurde über die Auffassung des Aufsichtsrats seinerzeit mündlich informiert.

Der Aufsichtsrat beschließt gleichzeitig, dass eine erneute Überprüfung im November 2017 erfolgen soll.“

Der Kläger wurde im Nachgang zu der folgenden Aufsichtsratssitzung vom 19.01.2017 als Geschäftsführer abbestellt. Ferner erfolgte die Freistellung mit sofortiger Wirkung. Die Beklagte kündigte zudem den Geschäftsführer- Anstellungsvertrag mit Schreiben vom 23.02.2017 ordentlich mit Wirkung zum 28.02.2018.

Anfang 2017 gab es zahlreiche Versuche, eine einvernehmliche Beendigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages bei abschließenden Zahlungen herbeizuführen.

Ein Angebot der Beklagten auf Zahlung von 620.000,00 EUR (Jahresgrundgehalt von knapp 310.000,00 EUR und 310.000,00 EUR leistungsabhängiger Jahresbonus) lehnte der Kläger ab. Die Vorstellungen des Klägers lagen bei einem mehrfachen hiervon („Millionen-Zahlungen“). Die Beklagte bot dann noch die Fortzahlung des vertraglichen Jahresgrundgehaltes bis zum ein 30.12.2017 und die Zahlung des Maximalbetrages für den Leistungsbonus für die Jahre 2016 und 2017 in Höhe von jeweils 310.000,00 EUR, sowie die Bezahlung von Beiträgen in eine Altersversorgung an. Alternativ dazu Beendigung des Anstellungsverhältnisses zum 31.01.2017 und eine Einmalzahlung von 800.000,00 EUR. Ein noch mal auf ca. 1 Million EUR erhöhtes Angebot der Beklagten lehnte der Kläger ab.

Mit Schreiben vom 18.05.2017, dem Kläger übergeben am selben Tag, erklärte die Beklagte die außerordentliche und fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses. Gründe für die außerordentliche Kündigung gab sie hierin nicht an. Eine Begründung unterblieb auch ungeachtet des Aufforderungsschreibens des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 22.05.2017 unter Fristsetzung.

Die Begründung erfolgte dann mit der Klageerwiderung des früheren Verfahrens zwischen den Parteien. Die Beklagte warf dem Kläger darin vor:

1. Verstöße gegen die innergesellschaftliche Kompetenzverteilung (Geschäftsanbahnung xxx/xxx)

2. Zuschanzen lukrativer Beraterverträge an persönliches Netzwerk

3. Unrechtmäßige Verschaffung persönlicher Vorteile

4. Verstöße gegen die IT-Sicherheitsbestimmungen (Nutzung von Apps)

5. Widerrechtliche Zurückbehaltung geschäftlicher Unterlagen nach der Kündigung

Die Parteien verglichen sich dann am 27.06.2018 vor dem erkennenden Gericht. Die Beklagte verpflichtete sich im Wesentlichen zur Zahlung von 700.000,00 EUR an den Kläger als Abfindung und hielt die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht aufrecht. Die Parteien waren sich einig, dass der Geschäftsführer-Anstellungsvertrag zum 19.05.2017 geendet hat.

Die Erledigungsklausel des Vergleichs lautet, soweit hier von Interesse:

„…

Erledigt sind ferner sämtliche gegenseitigen Ansprüche der Parteien untereinander, seien sie bekannt oder nicht, seien sie geltend gemacht oder nicht, seien sie in die Vorstellung der Parteien aufgenommen oder nicht. Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind etwaige Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aus § 7 (6) des Anstellungsvertrages vom 29.02.2012 wegen Ansprüchen hinsichtlich des LTIP.“

Das Gericht hatte zuvor eine Gesamtbereinigung gegen Zahlung eines Betrages i.H.v. 1,2 Millionen EUR vorgeschlagen. Dabei hatte das Gericht den Baustein LTIP mit 500.000,00 EUR in den Vorschlag eingestellt. Der Kläger wäre seinerzeit bereit gewesen, auch den Baustein LTIP abzugelten gegen Zahlung eines Betrages i.H.v. 700.000,00 EUR. Damit war die Beklagte nicht einverstanden.

Der Kläger behauptet, er habe immer wieder eine exakte Festlegung der Kriterien des (Incentive-) Plans angemahnt. So auch in den Aufsichtsratssitzungen der Beklagten vom 29.05.2013 und 21.10.2015. Hier bedürfe es eines substantiierten Bestreitens durch die Beklagte, weil es sich um die eigene Wahrnehmung der Aufsichtsräte der Beklagten handele. Das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 19.12.2016 zeige, dass nur die Beschlüsse, nicht aber die Inhalte der Diskussionen im Protokoll festgehalten worden seien.

B3 sei der Ansprechpartner seitens des Aufsichtsrates bei den EnWG Anpassungen seines Vertrages gewesen und habe später seitens des Aufsichtsrates in 2013/2014 die Verhandlungen zu MIP und LTIP begonnen.

Er habe im April 2015, nach Feststellung des Jahresabschlusses 2014 und als Reaktion auf eine 100 % Deckelung einer bewusst beschlossenen „MIP größer 100 %“-Zielvereinbarung für das Jahr 2014, diese Auszahlung und auch den damals noch offenen LTIP-Plan gegenüber B4 und F1 angemahnt. Dabei habe er die Frage geäußert, was ihn denn in diesem Unternehmen halten solle, wenn er nicht vertragsgemäß bezahlt werde. Die gleiche Diskussion habe sich dann 1: 1 auch im Mai/Juni 2016 nach der Feststellung des Jahresabschlusses 2015 ergeben.

Im Hinblick auf den Widerspruch zur MIP- Zielvereinbarung und des offenen LTIP-Planes habe er sich zunächst an M1, den Leiter Personal der Beklagten gewandt und ihn um Vermittlung zu den offenen Vergütungspunkten seines Arbeitsvertrages gebeten.

Den fehlenden LTIP-Plan habe er in diesem Zeitraum auch mehrmals gegenüber einem Vertreter des Gesellschafters in Zusammenhang mit einer Vergütungsabfrage angemahnt.

Um dies zu „kontern“, habe F1 dann die Suche nach einem neuen CEO begonnen und die Mär vom Trennungswillen des Klägers erfunden.

Der Aufsichtsrat habe sich weiterhin in all den offenen vertraglichen Vergütungsthemen immer wieder auf die Formel zurückgezogen, die Vergütung sei „angemessen“ bzw. der Aufsichtsrat habe später ergänzt, der Kläger solle diese offenen Punkte mit der späteren Erwerberin der Beklagten klären.

Zielvereinbarungen und die Ausgestaltung variabler Boni seien mit Angestellten des Gesellschafters und nicht mit dem „unabhängigen“ Aufsichtsrat diskutiert worden. Diese gelebte Praxis sei mit den Bestimmungen des Zertifizierungsbeschlusses nicht in Einklang zu bringen.

Ihm sei, bezogen auf das EBITDA, eine Planübererfüllung von regelmäßig 50-90 % gelungen und er habe damit gerade für den durch das LTIP zu vergütenden langfristigen Erfolg gesorgt.

Im Bereich von Versorgungsbetrieben wie der Beklagten angemessen und üblich sei eine Verteilung der Vergütungsbestandteile Fixvergütung, kurzfristige variable Vergütung (MIP) und langfristige Vergütung (LTIP) im Verhältnis von 3 : 2 : 4. Wegen des hier vorliegenden Verhältnisses zwischen Grundvergütung und kurzfristiger variabler Vergütung sei diese Relation auf einen Wert von 2,5 : 2,5 : 4 oder 1 : 1 : 1,6 anzupassen. Dass die Parteien demgegenüber übereinstimmend von einer Höhe „Null“ für den LTIP ausgegangen seien, sei auszuschließen.

Der Basiswert für den LTIP liege bei 494.400,00 EUR (309.000,00 EUR × 1,6). Für die jeweilige langfristige LTIP- Vergütung sei das prozentuale Ist-EBITDA zu der übernommenen Verkaufsplanung „periodengerecht und rollierend“ im Dreijahresdurchschnitt für die Jahre 2013-2020 anzusetzen, wobei ab dem Jahr 2018, in dem der Kläger nicht mehr tätig gewesen sei, eine jeweilige Zielerreichung von nur 100 % als verkehrsüblich unterstellt werde. In der Summe errechnet der Kläger danach einen Betrag von 3.928.801,00 EUR. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Klageforderung wird auf Seite 8 ff. der Klageschrift ( Bl. 8 ff. der Akten) Bezug genommen.

Es entspreche der Üblichkeit, dass die langfristige Vergütungskomponente bei ordentlicher Kündigung des Unternehmens („good leaver“), wie hier, vorfällig abgegolten und die zukünftige Zielerreichung für diese Zwecke mit 100 % angenommen werde.

Der Kläger ist der Auffassung, der Anspruch folge aus § 611, 612 BGB i.V.m. dem Geschäftsführer- Dienstvertrag. Da die Parteien für diesen Teil der Vergütung eine Bestimmung nicht getroffen hätten, sei die übliche Höhe der Vergütung zu bestimmen. Geschuldet sei die übliche Vergütung, wie sie seinen messbaren Leistungen entspreche.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.928.801,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, ferner, die Beklagte zu verurteilen, an ihn außergerichtliche Kosten i.H.v. 14.557,27 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Kläger habe einen Anspruch schon nicht schlüssig dargetan. Eine Vereinbarung über die Zahlung eines langfristigen Vergütungsbestandteils hätten die Parteien schon dem Grunde nach nicht getroffen. Die Parteien hätten bloß die Absicht dokumentiert, zum Jahr 2013 in Verhandlungen über einen LTIP einzutreten.

Die Beklagte habe ihre Gründe gehabt, dem Kläger gerade keinen Anspruch auf einen LTIP-Bonus zu gewähren, sondern es bei einer reinen Gesprächsklausel im Dienstvertrag zu belassen.

Die Gewährung eines solchen Bonus hätte allenfalls durch die Herabsetzung anderer Vergütungsbestandteile kompensiert werden müssen. Womöglich hätten die handelnden Personen auch berücksichtigt, dass der Kläger im Zusammenhang mit der von B2 durchgeführten Veräußerung an die jetzigen Gesellschafter der Beklagten bereits eine Sonderzahlung i.H.v. 4,7 Million EUR erhalten habe.

Eine LTIP-Vergütungskomponente passe auch nicht zur regulatorischen Systematik eines nach § 10ff. EnWG regulierten Transportnetzbetreibers.

Aus der Einfügung von § 7 (7) in den Vertrag vom 29.02.2012 lasse sich nicht schließen, die Parteien hätten nunmehr einen verbindlichen Anspruch auf eine LTIP-Vergütungskomponente begründen wollen. Die Einfügung dieses Absatzes sei durch die anstehende Zertifizierung der Beklagten als unabhängiger Transportnetzbetreiber veranlasst gewesen.

Es sei nicht richtig, dass der Kläger immer wieder die exakte Festlegung der Kriterien des Plans angemahnt habe. Der Kläger möge seinen Vortrag insofern spezifizieren, welcher Person gegenüber er dies angemahnt habe. Der Vortrag des Klägers sei insofern unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig. Die Protokolle des Aufsichtsrates der Beklagten gäben keine Hinweise darauf, auch nicht das Protokoll der Aufsichtsratssitzung vom 21.10.2015. Bei diesen Protokollen handele es sich auch nicht nur um reine Ergebnisprotokolle, der Verweis des Klägers auf den Zertifizierungsbescheid gehe insofern fehl.

Der Kläger habe aber auch zur Höhe einer üblichen LTIP-Vergütung nicht schlüssig vorgetragen. Der Bonuszeitraum sei unzutreffend ermittelt.

Die LTIP-Struktur, wie sie in der E-Mail F1 vom 25.07.2011 aufgeführt sei, könne nicht herangezogen werden. Maßgeblich sei der Dienstvertrag vom 29.02.2012, der nicht mehr mit einem bestimmten Gesellschafter, sondern nun mit dem nach den Vorschriften des § 10d EnWG neu gebildeten und besetzten Aufsichtsrat geschlossen worden sei. Überlegungen eines einzelnen Gesellschaftervertreters, die dieser mehrere Monate vorher anstellte, könnten zwangsläufig nicht relevant sein.

Die mit E-Mail vom 25.07.2011 vorgelegte LTIP-Struktur könne auch keine verbindliche Grundlage für die Bewertung eines Vergütungsanspruches sein, da in dem Dokument sämtliche für die Berechnung zwingend erforderlichen Werte wie absolute Zahlen und Prozentzahlen fehlten. Dass diese LTIP Struktur nicht zum Bestandteil des Dienstvertrages aus August 2011 gemacht wurde, obwohl sie wenige Tage zuvor Gegenstand der Kommunikation war, spreche gerade gegen die Herleitung eines Anspruches aus dieser. (Bl. 165)

Die von dem Kläger zur Berechnung seines vermeintlichen Anspruchs herangezogenen Faktoren fänden sich auch nicht in dieser Struktur wieder. Es sei darin entgegen der Berechnung des Klägers auch nur ein einziger absoluter Betrag für einen Zeitraum von 3 Jahren vorgesehen.

Neben dem EBITDA- Ziel seien dort auch die Kategorien Cashflow und qualitative Ziele zu bewerten gewesen, was der Kläger bei seiner Berechnung ebenfalls nicht berücksichtige. Bei den beiden erstgenannten Zielen würde sich der Bonus zudem nicht erhöhen, wenn der Zielwert nicht nur erreicht, sondern sogar übertroffen wäre. Zudem wäre der MIP- Anspruch bei Einführung eines LTIP automatisch verringert worden.

Die von dem Kläger zur Ermittlung des proportionalen Anteils eines jährlichen LTIP-Bonus an der Gesamtvergütung herangezogene Studie sei bereits untauglich, weil sie die Vergütung von Vorständen börsennotierter Aktiengesellschaften analysiere, während es sich bei der Beklagten um einen vollständig regulierten Transportnetzbetreiber handele. Die Beklagte sei auch nicht als Versorgungsbetrieb zu qualifizieren.

Zudem folge aus der Studie, dass der Anteil der Vorstände, die überhaupt eine langfristige Vergütungskomponente in ihren Verträgen hätten, unter 50 % läge.

Die Beklagte habe auch keine Veranlassung gehabt, bei der Vereinbarung eines LTIP, diese Vergütungskomponente ohne Begrenzung zu lassen.

Für einen regulierten Transportnetzbetreiber sei die Bemessung eines langfristigen Vergütungsbestandteils an erzielten EBITDA-Werten kein sinnvoller, sondern kontraproduktiver Maßstab. Denn aus den regulativen Rahmenbedingungen für unabhängige Transportnetzbetreiber folge vereinfacht gesagt, dass die Grundlage für die wirtschaftlichen Erfolge in einem bestimmten Jahr bereits in der vorherigen Regulierungsperiode, im so genannten Basisjahr („Fotojahr“), gelegt würden. Für den wirtschaftlichen Erfolg der Beklagten in den Jahren 2013-2017 sei das Jahr 2010 maßgeblich gewesen. Für den wirtschaftlichen Erfolg in diesen Jahren habe der Kläger daher keinen Beitrag leisten können.

Die Kostensenkungspolitik des Klägers in der zweiten Regulierungsperiode habe dazu geführt, dass die Beklagte im dann maßgeblichen Fotojahr 2015 nur entsprechend niedrigere Kosten für die Erlösobergrenzen der dritten Regulierungsperiode ansetzen konnte, was in deutlich geringeren Unternehmensergebnissen ab 2018 gemündet sei.

Bei regulierten Transportnetzbetreibern könne der nachhaltige, langfristige Erfolg sinnvollerweise besser an den historischen Kapital-, Anschaffungs- und Herstellungskosten gemessen werden („Regulated Asset Base Model“).

Die Heranziehung der EBITDA-Werte aus der Verkaufsplanung der A1 aus dem Jahr 2010 sei untauglich und irreführend.

Soweit F1 und K1 (oder deren Berater) als B2 zuzurechnende Aufsichtsratsmitglieder mit dem Beklagten wegen Vergütungsansprüchen Kontakt gehabt hätten, sei dies gerade gesetzeskonform erfolgt, nachdem der Aufsichtsrat gem. § 10d Abs. 2 EnWG für die Vergütung von Personen der Unternehmensleitung zuständig sei.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Da der Anspruch des Klägers auf Verhandlungen über einen LTIP-Bonus im Jahr 2013 entstanden sei, wäre mit Ablauf des 31.12.2016 die Verjährung dieses Anspruches eingetreten.

Ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Kosten stehe dem Kläger mangels Hauptanspruch nicht zu. Zudem scheitere die Geltendmachung des Anspruches an Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleichs vom 27.06.2018.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.

I.

Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 3.928.801,00 EUR als übliche Vergütung folgt nicht aus §§ 611, 612 BGB in Verbindung mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 29.02.2012.

1.

§ 612 Abs. 2 BGB setzt voraus, dass eine Vergütung ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart ist oder nach § 612 Abs. 1 BGB als vereinbart gilt, jedoch deren Höhe nicht bestimmt ist. Dabei gilt diese Vorschrift für alle Arten der Vergütung, mithin sowohl für das Entgelt im eigentlichen Sinn als auch für Sonderleistungen wie Gratifikationen, Gewinnanteile und Provisionen (Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2016, § 612, Rn. 45; Erfurter Kommentar/Preis, BGB, 19. Aufl., § 612, Rn. 35).

a)

Es fehlt hier bereits an einer bindenden Vereinbarung hinsichtlich des hier in Rede stehenden langfristigen Vergütungsbausteins (LTIP) dem Grunde nach. Die Kammer legt § 7 (6) des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages dahin aus, dass nur ein Anspruch auf ernsthafte Verhandlungen über das „Ob“ und „Wie“ eines solchen Vergütungsbausteins begründet werden sollte, nicht jedoch ein Anspruch auf Zahlungen aus einem solchen Baustein dem Grunde nach.

Nach §§ 133,157 BGB ist bei der Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen der wirkliche Wille des Erklärenden zu erforschen. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärung auszugehen (BGH NJW 1994,188; 1998, 2966). In einem zweiten Auslegungsschritt sind sodann die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH NJW-RR 2000, 1002 (1003); Palandt, BGB, 79. Aufl., § 133, Rn. 14 f.). Geboten ist eine nach beiden Seiten interessengerechte Auslegung (BGH NJW 1994, 2228; Palandt, a.a.O., Rn. 18).

aa)

An Vorstehendem gemessen kann eine bindende Vereinbarung hinsichtlich des Vergütungsbausteins dem Grunde nach nicht festgestellt werden. In dem Vertrag wird lediglich formuliert, dass die Parteien insoweit in Verhandlungen eintreten. Da Verhandlungen stets das Risiko bergen, dass sie ohne (positives) Ergebnis enden, kann der Vereinbarung von Verhandlungen ohne Überdehnung des Wortlautes nicht entnommen werden, ein Anspruch solle dem Grunde nach bereits festgeschrieben werden.

Gegen die Annahme, dass ein Anspruch bereits dem Grunde nach vereinbart werden sollte streitet auch, dass die Aufnahme von Verhandlungen nach dem Vertragstext erst nach Ablauf der ersten 18 Kalendermonate des Anstellungsvertrages vorgesehen war. Denn dies lässt erkennen, dass die Parteien die Gelegenheit haben sollten, die Erfahrungen der ersten anderthalb Jahre bei den Gesprächen zu berücksichtigen. Dies würde durch die Annahme einer frühen Festlegung auf einen Anspruch dem Grunde nach konterkariert.

Zur Begründung eines Anspruchs dem Grunde nach hätte es anderer Formulierungen bedurft (vgl. zu einer Formulierung, bei der ein Rechtsbindungswille anzunehmen war: BGH NJW-RR 1994, 1055 (1056)). Wenn die Begründung eines Anspruches dem Grunde nach gewollt gewesen wäre, so hätte es ersichtlich nahegelegen, im Hinblick auf die Formulierung in § 7 (2) festzuschreiben, dass der Geschäftsführer neben seinem Jahresgrundgehalt noch einen weiteren leistungsabhängigen Bonus erhält und die Parteien noch in Verhandlungen über die Faktoren für die Höhe des Leistungsbonus eintreten werden.

Bei alledem kommt der am Wortlaut orientierten Auslegung hier eine noch stärkere Bedeutung zu, weil zu der Zeit, als der LTIP erstmals Eingang in die Vertragsentwürfe fand, beide Seiten anwaltlich beraten wurden.

Auch aus der Einordnung der Regelung unter die Überschrift des § 7 zur Vergütung folgt nichts Abweichendes. Sie ist dort thematisch zutreffend eingeordnet, ohne dass diese Einordnung den Regelungsgehalt zu erweitern vermag.

Es liegen keine Begleitumstände vor, die der vorstehenden, am Wortlaut orientierten Auslegung im Ergebnis entgegenstehen würden. Soweit der Kläger behauptet, im Bereich von Versorgungsbetrieben wie der Beklagten sei die Vereinbarung eines langfristigen Vergütungsbausteins üblich, so vermag allein eine etwaige Üblichkeit nicht die Annahme zu begründen, dem wahren Willen habe es entsprochen, bereits mit der gewählten Formulierung einen Anspruch zu begründen. Anders könnte es liegen, wenn in vergleichbaren Fällen, für beide Seiten erkennbar, stets ein solcher Vergütungsbaustein Vertragsbestandteil würde. Dass kann jedoch nicht festgestellt werden:

So handelt es sich bei der Beklagten schon nicht um einen Versorgungsbetrieb sondern um einen vollständig regulierten Transportnetzbetreiber. Dass in diesem Bereich/ in dieser „Branche“ die Vereinbarung eines langfristigen Vergütungsbausteins die Regel ist, hat der Kläger nicht konkret vorgetragen. Soweit der Kläger zur Ermittlung des proportionalen Anteils die „Vergütungstudie 2017“ (Anlage K 12 zur Klageschrift) heranzog, hatte diese nur die Vergütung von Vorständen börsennotierte Aktiengesellschaften zum Gegenstand, wobei selbst für diesen Bereich der Anteil der Vorstände mit Verträgen, die eine langfristige Vergütungskomponente enthalten, unter 50 % lag.

Auch die Argumentation des Klägers, langfristige Vergütungskomponenten seien bei von der B2 Gruppe gehaltenen Unternehmen und unter der Ägide der A1 AG üblich gewesen, trägt in diesem Zusammenhang nicht. Zum einen kann die bloße Üblichkeit in der Vergangenheit einen vom Wortlaut abweichenden Willen wie oben dargelegt hier nicht hinreichend belegen, zum anderen erfolgte der maßgebliche Vertragsabschluss in einem anderen Geschäftsumfeld, nämlich der Umbruchphase 2011, an deren Ende die Zertifizierung der Beklagten als unabhängige Transportnetzbetreiberin stand.

Danach trägt weder der Verweis auf bei der A1 AG übliche Vertragsmodalitäten noch das Abstellen auf solche der B2 Gruppe, denn diese war als Gesellschafterin nicht der zutreffende Bezugspunkt für den Kläger. Dessen Vertragspartner war die Beklagte, für diese sollte er als Geschäftsführer tätig werden. Soweit der Kläger nun noch mit Schriftsatz vom 11.11.2019 darauf hingewiesen hat, dass die streitgegenständliche Regelung bereits im 1. Dienstvertrag vom 08./09.08.2011 enthalten war, ist dies zwar zutreffend, führt indes nicht zu einer anderen Bewertung. Denn auch der dortige Vertragspartner selbst war keine Gesellschaft aus der Finanzinvestorbranche. Aber selbst dann, wenn man – unzutreffend – darauf abstellen würde, dass die B2 Gruppe als Gesellschafterin in die Verhandlungen über den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag einbezogen war, könnte dies nicht über den Wortlaut des § 7 (6) hinweghelfen. Dabei kann auch dahinstehen, ob die Formulierung aus § 7 (6) auf einen Vorschlag des Klägers (so der Vortrag der Beklagten) oder der B2 Gruppe (so zuletzt der Vortrag des Klägers) zurückgeht. Denn auch wenn Letzteres der Fall war, ließe sich nicht feststellen, dass dem Kläger entgegen des Wortlautes des § 7 (6) dem Grunde nach rechtsverbindlich ein langfristiger Vergütungsbaustein zugesagt wurde.

bb)

Die Argumentation des Klägers, die Erklärung in § 7 (6) könne nicht nur als informelle Einladung zu einem Kamingespräch verstanden werden, geht fehl. Der Gehalt von § 7 (6) lässt sich als eine schriftliche Absichtserklärung, ähnlich wie bei einem „Letter of Intent“, einordnen. In einer solchen Erklärung wird die Bereitschaft formuliert, in ernsthafte Vertragsverhandlungen zu treten, sie wird aber regelmäßig ohne Rechtsbindungswillen abgegeben. Allerdings kann bereits eine vertrauensbegründende Wirkung vorliegen und damit die Grundlage einer cic-Haftung gegeben sein (Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2015, § 145, Rn. 14). Dies zugrundegelegt ist die vorliegende Vereinbarung rechtlich nicht ohne jede Bedeutung, wie dies der Kläger mit seiner Anspielung auf ein „Kamingespräch“ bemängelt.

Die Kammer verkennt dabei nicht, dass die in einem „Letter of Intent“ enthaltene Absichtserklärung sich in der Folgezeit durch weitere Erklärungen zu einer bindenden Vorfeldvereinbarung verdichten kann (Staudinger, a.a.O.). Solches ist im Ergebnis hier jedoch nicht erfolgt. Soweit der für Vergütungsfragen zuständige Aufsichtsrat der Beklagten am 29.05.2013 den Beschluss fasste, über Details für einen LTIP zeitnah zu entscheiden, lässt sich aus dieser Erklärung die Vereinbarung eines Anspruchs dem Grunde nach nicht herleiten. Denn es fehlt insofern schon an einer „Annahme“ durch den Kläger im Sinne einer Einverständniserklärung mit dem nach dem Beschluss beabsichtigten Vorgehen. Eine solche Annahmeerklärung ist hier auch nicht entbehrlich, weil die Festlegung der Details nach dem Vertrag aufgrund von Gesprächen der Parteien erfolgen sollte und damit nicht allein der Beklagten oblag. Eine Festlegung der Details allein durch die Beklagte wird mit dem Beschluss aber angekündigt.

Die Kammer hält zudem dafür, dass der Kläger auch nach dem Inhalt des Beschlusses vom 29.05.2013 nicht davon ausgehen durfte, dass ein Anspruch dem Grunde nach nun rechtsverbindlich bestand. Dafür war die Erklärung, Details festlegen zu wollen, zu vage. Sie hat wiederum nur den Charakter einer Absichtserklärung.

Auch durch die Ergänzung in § 7 (7) des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages vom 29.02.2012 hat sich die Absichtserklärung nicht zu einer bindenden Vorfeldvereinbarung verdichtet. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Einfügung dieses Absatzes durch die anstehende Zertifizierung der Beklagten als unabhängiger Transportnetzbetreiber veranlasst war. Entsprechendes wurde mit E-Mail vom 23.02.2012 im Vorfeld des Vertragsabschlusses auch gegenüber dem Kläger kommuniziert. Danach konnte der Kläger dem neuen Absatz mehr als eine fortbestehende Bereitschaft zur Aufnahme von ernsthaften Gesprächen nicht entnehmen. Es bedurfte auch nach der Vereinbarung des § 7 (7) noch einer Einigung dem Grunde nach und der Festlegung der Parameter des Vergütungsbausteines.

2.

Besteht nach alledem ein Anspruch aus §§ 611, 612 BGB in Verbindung mit dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 29.02.2012 nicht, so kann dahinstehen, ob ein Anspruch der Höhe nach schlüssig vorgetragen ist und ob ein Zahlungsanspruch überhaupt durchsetzbar wäre. Letzteres wäre fraglich, soweit der Verhandlungsanspruch (zu der Begrifflichkeit: Hamacher, Antragslexikon Arbeitsrecht, 2. Aufl., Stichwort: Verhandlungsanspruch, vgl. auch OLG Frankfurt, Urteil vom 30.05.2014, Az. 10 U 291/12 = BeckRS 2014, 13203 ) oder ggf. doch ein Anspruch aus einer dem Grunde nach verbindlich gewordenen Vorfeldvereinbarung bereits verjährt wären und solche Ansprüche als dem Zahlungsantrag vorgeschaltet (vgl. Staudinger, a.a.O., Vorbemerkung zu §§ 145ff., Rn. 67; BGH, Urteil vom 21.12.2000, Az. V ZR 254/99, Rn. 16, zitiert nach juris ) angesehen werden müssten.

II.

Der Zahlungsanspruch des Klägers lässt sich auch nicht als Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 7 (6) des Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 29.02.2012 herleiten.

1.

Eine Pflichtverletzung der Beklagten ist nicht gegeben. Aus dem Nichteintritt in Verhandlungen über den LTIP oder dem nun noch vorgetragenen Abbruch von Verhandlungen im Dezember 2015 lässt sich eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht herleiten. Ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen des Abbruches von Vertragsverhandlungen kommt erst dann in Betracht, wenn ein Verhandlungspartner bei der Gegenseite zurechenbar das aus deren Sicht berechtigte Vertrauen erweckt hat, der Vertrag werde mit Sicherheit zustandekommen, dann aber die Vertragsverhandlungen ohne triftigen Grund abbricht (BGH NJW-RR 2001,381 mit weiteren Nachweisen; für die Situation bei einem „Letter of Intent“: Bergjan, ZIP 2004, 395(398)). Die Beklagte hat bei dem Kläger vorliegend nicht das berechtigte Vertrauen erweckt, eine Einigung über die Einzelheiten des LTIP würde in Gesprächen erzielt werden. Dass die Beklagte sich dem Grunde nach bereits binden wollte, gibt die Auslegung des § 7 (6) des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages nicht her, wie bereits oben ausgeführt.

Darüber hinaus hat die Beklagte sich auf einen triftigen Grund berufen. So hat der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten in der mündlichen Verhandlung sinngemäß erklärt, man sei sich im Aufsichtsrat zwar bewusst gewesen, dass der Kläger einen Anspruch auf Aufnahme von Gesprächen über den LTIP gehabt habe, man sei jedoch der Auffassung gewesen, dass die Vereinbarung eines langfristigen Vergütungsbausteine nicht angemessen wäre, weil eine längere Zusammenarbeit nicht mehr angestrebt worden sei. Damit lag aus der Sicht der Beklagten ein triftiger Grund vor, nicht in Gespräche über die Ausgestaltung eines LTIP einzutreten. Dieser Grund ist im Hinblick auf die aus der Privatautonomie folgende Vertragsfreiheit letztlich zu respektieren.

2.

Selbst aber dann, wenn man in der Nichtaufnahme der Gespräche bzw. deren Abbruch eine Pflichtverletzung der Beklagten sehen wollte, so würde es an einer Kausalität für den geltend gemachten Schaden fehlen.

a)

Denn es kann schon nicht festgestellt werden, dass aufgenommene Gespräche über den LTIP zu einer Einigung über dessen Gewährung dem Grunde nach geführt hätten. Erst recht kann nicht festgestellt werden, dass die Parteien sich auf eine Ausgestaltung des LTIP geeinigt hätten, die mit der Berechnung des Klägers in Einklang zu bringen wäre. Soweit der Kläger sich an die LTIP-Struktur entsprechend der E-Mail F1 vom 25.07.2011 anlehnt, ist dies nicht naheliegend. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass diese Struktur gerade nicht Eingang in den nur wenige Tage später abgeschlossenen Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 08./09.08.2011 gefunden hat, was gegen eine Herleitung eines Anspruches hieraus spreche. Ebenso spricht dies nach der Auffassung der Kammer gegen die Annahme, bei einer Führung von Gesprächen über den LTIP hätte man sich später über eine solche Struktur geeinigt.

b)

Bei alledem ist zudem festzustellen, dass die Struktur des Klägers auch nicht insgesamt deckungsgleich ist. In der E-Mail vom 25.07.2011 wird für einen Zeitraum von 3 Jahren lediglich ein einziger absoluter Betrag vorgesehen.

c)

Zudem hat die Beklagte auch überzeugend dargelegt, dass die Bemessung eines langfristigen Vergütungsbestandteils an erzielten EBITDA-Werten – wie vom Kläger vorgenommen – für unabhängige Transportnetztreiber kein sinnvoller Maßstab ist, da wegen der regulativen Rahmenbedingungen dem Basisjahr („Fotojahr“) eine maßgebliche Bedeutung zukommt.

d)

Unwiderlegt hat die Beklagte (hilfsweise) auch die Möglichkeit ins Spiel gebracht, dass es bei einer Vereinbarung eines Anspruches auf einen LTIP zu einer Verringerung des MIP-Anspruches gekommen wäre, so dass per Saldo eine höhere Vergütung nicht erzielt worden wäre. Auch insoweit würde es an einem kausalen Schaden fehlen.Da dem Kläger ein Anspruch auf Zahlung eines LTIP unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht, ist auch ein Anspruch auf Ersatz der außergerichtlichen Kosten für die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes nicht gegeben. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass einem solchen Anspruch im Falle des Bestehens auch Ziffer 4 des gerichtlichen Vergleiches vom 27.06.2018 entgegenstehen würde.

Nach alledem war zu erkennen wie geschehen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91,709 ZPO.

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