Was Sie zum Elterngeld wissen sollten
Wenn ein Kind das Licht der Welt erblickt, so verändert sich für die Eltern sehr vieles. In der Regel beziehen sich diese Änderungen in erster Linie auf die wirtschaftliche Situation, da mit einem Neugeborenen die einfache Rückkehr in den normalen Berufsalltag in der ersten Zeit nur schwerlich möglich ist. Durch die intensive Betreuung ist es fast an der Grenze zur Unmöglichkeit, für die Neugeborenen einen Betreuungsplatz zu finden. Die fast schon logische Folge ist ein Verdienstausfall für die Eltern, welcher jedoch ein Stück weit durch das Elterngeld kompensiert werden kann. Die Eltern stehen jedoch vor der Wahl, ob sie lieber das Elterngeld oder doch eher das Elterngeld Plus wählen möchten.
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Elterngeld ist für Eltern verfügbar, die ihr Kind nach der Geburt selbst betreuen, unabhängig von ihrem beruflichen Status.
- Wohnsitz und Betreuung des Kindes im gleichen Haushalt sind Voraussetzungen für den Anspruch auf Elterngeld.
- Elterngeld kompensiert Verdienstausfall und beträgt zwischen 65% und 100% des vorherigen Nettoeinkommens, mindestens jedoch 300 Euro und höchstens 1.800 Euro monatlich.
- Bezahlter Urlaub während der ersten Betreuungszeit führt zum Verlust des Anspruchs auf Elterngeld.
- Elterngeld Plus ermöglicht eine längere Bezugsdauer von bis zu 28 Monaten, jedoch mit reduzierten Zahlungen.
- Ausländische Eltern mit festem Wohnsitz und Arbeitsplatz in Deutschland, sowie EU-Bürger und Schweizer, haben ebenfalls Anspruch auf Elterngeld.
- Antragstellung ist erforderlich, und die Elterngeldstelle des jeweiligen Bundeslandes ist der richtige Ansprechpartner dafür.
Übersicht:
Was ist das Elterngeld überhaupt?
Sowohl Väter als auch Mütter haben in Deutschland ein Recht auf das Elterngeld, sofern sie das Kind selbst ab dem Zeitpunkt der Geburt betreuen. Als Voraussetzung für das Elterngeld gilt allerdings der Umstand, dass das Kind in dem Haushalt der Eltern leben muss. Das Elterngeld steht den Eltern dabei unabhängig von ihrem beruflichen Status zu. Dementsprechend können sowohl Freiberufler als auch Selbstständige sowie angestellte Arbeitnehmer das Elterngeld in Anspruch nehmen.
Das Elterngeld ist neben der Betreuung des Kindes sowie dem Umstand, dass das Kind in dem gleichen Haushalt wie die betreuende Person lebt, auch noch an weitere Bedingungen geknüpft.
Diese sind
- der Verdienstausfall durch die Betreuung
- die Höhe des Verdienstes vor der Geburt
Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass Eltern keinen Anspruch auf die Zahlung des Elterngeldes haben, wenn sie für die erste Betreuungszeit ihres Kindes einen bezahlten Urlaub bei ihrem Arbeitgeber beanspruchen. Diese Zeit wird nicht als Elternzeit anerkannt, da die Eltern in diesem Fall doppeltes Geld kassieren würden. Für eine derartige Ausgangslage steht nicht einmal der Sockelbetrag in Höhe von 300 Euro zur Verfügung (Urteil v. 15.12.2015 mit Aktenzeichen B 10 EG /3/14 R).
Auch die sogenannten Spitzenverdiener, welche über ein versteuerbares Einkommen über 500.000 Euro jährlich verfügen, haben gem. § 1 Absatz 8 BEEG keinen Anspruch auf Elterngeld. Bei alleinerziehenden Spitzenverdienern beträgt diese Grenze 250.000 Euro. Der § 2 Absatz 5 EStG definiert hierbei Einkommen nicht nur als Arbeitseinkommen, sondern vielmehr auch die Einkünfte aus Vermietungen und Verpachtungen.
Für ALG-1-Empfänger gibt es zusätzlich zum Anspruch auf ALG auch den 300 Euro Sockelbetrag Elterngeld. Dies gilt auch für Auszubildende sowie Studenten nebst Hausfrauen und Hausmännern. Ein wenig anders sieht dies bei ALG-2-Empfängern aus. Diese erhalten das Elterngeld, es wird jedoch der vollen Höhe nach als Einkommen angesehen. Die Grundlage hierfür ist der § 10 Absatz 5 BEEG. Bedingt durch den Umstand, dass eine derartige Anrechnung erfolgt, haben ALG-2-Empfänger somit durch das Elterngeld ebenso viel Geld monatlich zur Verfügung, wie es ohne das Elterngeld der Fall wäre. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz hat mit seinem Urteil aus dem Jahr 2013 – Aktenzeichen L6 AS 623/11 – diese Praxis für verfassungsgemäß erklärt.
Der Anspruch auf Elterngeld steht nicht nur deutschen Staatsbürgern zu. Auch ausländische Eltern haben diesen Anspruch, sofern sie einen festen Wohnsitz in Deutschland haben und in Deutschland einer Arbeitstätigkeit nachkommen. Grundsätzlich gilt dieser Anspruch für sämtliche EU-Bürger sowie für Bürger aus der Schweiz. Bei Nicht-EU-Ausländern ist der Anspruch auf Elterngeld mit einem Aufenthaltstitel verknüpft.
Das Elterngeld muss zwingend von den Anspruchsinhabern beantragt werden. Die zuständige Elterngeldstelle ist hierfür der richtige Ansprechpartner. Bedacht werden muss dabei, dass Elterngeld eine Länderangelegenheit ist. Dementsprechend wird auch jedes Bundesland ein eigenes Formular für das Elterngeld haben. Das Bundesfamilienministerium hat jedoch eine Internetpräsenz, auf welcher ein derartiger Antrag auch online bezogen werden kann. Das Elterngeld kann maximal sechs vor dem Stichtag der Geburt ausgefüllt und eingereicht werden. Die erforderlichen Nachweisdokumente können auch nachgereicht werden. Für gewöhnlich befindet sich die Elterngeldstelle im Versorgungsamt oder im Sozialamt bzw. Jugendamt.
Das Elterngeld kann maximal drei Monate rückwirkend ausgezahlt werden. Aus diesem Grund sollten die Anspruchsinhaber keine unnötige Zeit verlieren, um den Antrag auszufüllen und die Unterlagen nachzureichen. Der Antrag muss dabei von beiden Eltern gleichermaßen ausgefüllt und unterschrieben werden, wobei hier auch die Zeiträume für das Elterngeld sowie den jeweiligen Elternteil angegeben werden müssen. Diese Aufteilung lässt sich jedoch im Nachhinein noch ändern.
Wie hoch ist das Elterngeld?
Die Höhe des Elterngeldes muss als eine finanzielle Spanne im Wert von 65 bis maximal 100 Prozent von dem Verdienst angesehen werden, den das Elternteil als Nettoverdienst vor dem Zeitraum der Geburt erworben hat. Die Untergrenze beträgt 300 Euro und die Obergrenze beträgt 1.800 Euro monatlich. Nichterwerbstätige Elternteile erhalten gem. § 2 Absatz 4 BEEG einen Sockelbetrag (siehe auch Elterngeld Rechner mit Planer).
Eltern können das Elterngeld auch in Eigenregie berechnen. Hierfür müssen das durchschnittliche Bruttoeinkommen für einen Zeitraum von 12 Monaten vor dem Zeitraum der Geburt sowie entsprechende Pauschalen für die Steuern sowie Sozialabgaben erfasst werden. Die Werbungskosten werden dabei als jährlicher Pauschbetrag mit einer Höhe von 1.000 Euro zugrunde gelegt. Der Restbetrag stellt das Nettoeinkommen und damit die Berechnungsgrundlage des Elterngeldes dar. Es ist durchaus möglich, dass dieser Nettobetrag mit den realen Gegebenheiten nicht übereinstimmt.
Überdies müssen Eigenheiten wie
- Provisionen
- Einmalzahlungen
- Sonderfälle bei Selbstständigen
auch berücksichtigt werden. Provisionen können durchaus zu einer Erhöhung des Elterngeldes führen, wenn sie als laufender Arbeitslohn von dem Arbeitgeber verbucht wurden. Hierbei muss allerdings bedacht werden, dass die sogenannten Quartalsprovisionen nicht für das Elterngeld berücksichtigt werden, da sie gem. § 2c Absatz 1 Satz 2 des BEEG nicht laufend gezahlt werden. Gemäß Urteil des BSG vom 14.12.2017 (Aktenzeichen B 10EG 7/17) werden auch die sogenannten sonstigen Provisionen nicht bei der Bemessung der Elterngeldhöhe berücksichtigt.
Einmalzahlungen führen ebenfalls nicht zu einer Erhöhung des Elterngeldes.
Die gängigsten Einmalzahlungen sind
- Weihnachtsgeld
- Urlaubsgeld
- Streikgeld
- Krankengeld
Bei Selbstständigen gilt als Berechnungsgrundlage des Elterngeldes das vollständige Jahreseinkommen vor dem Zeitpunkt der Geburt. Es ist also nur dann besonders lohnend ein gutes Einkommen zu erzielen, wenn das Neugeborene zu Beginn eines neuen Jahres das Licht der Welt erblickt.
Die Bemessungsgrenze des Elterngeldes gilt stufenweise. Für Personen mit einem Einkommen unter 1.200 Euro monatlich gilt die Bemessungsgrenze von 67 Prozent von dem Nettogehalt. Für Menschen mit einem höheren Einkommen beträgt das Minimum 65 Prozent. Die Bemessungsgrenze bei dem Nettoeinkommen ist mit einem Wert von 2.770 Euro monatlich erreicht. Das Elterngeld wird dann in Höhe von 1.800 Euro ausgezahlt.
Wie lange wird das Elterngeld ausgezahlt
Das Elterngeld in seiner klassischen Form von für einen Zeitraum von insgesamt 12 Monaten ausgezahlt. Sollten beide Elternteile sich für eine Kindesbetreuungsauszeit entscheiden, so wird das Elterngeld zusätzlich zu den 12 Monaten noch für zwei weitere Monate gezahlt. Die insgesamt 14 Monate können sich die Eltern nach freiem Willen aufteilen. Berücksichtigt werden muss nur, dass das Minimum für eine Auszeit 2 Monate und das Maximum für die Auszeit 12 Monate beträgt.
Steuern beim Elterngeld
Grundsätzlich ist das Elterngeld an sich steuerfrei. Eine Besteuerung des Betrages findet nicht statt, wobei der sogenannte Progressionsvorbehalt berücksichtigt werden muss. Dies bedeutet, dass das Elterngeld bei der Ermittlung der Höhe des individuellen Steuersatzes eingerechnet wird. In der gängigen Praxis wird das Elterngeld dementsprechend zu dem versteuerten Einkommen hinzugerechnet. Auf diese Weise wird dann eine sogenannte erhöhte Einkommensbasis gebildet. Der nunmehr ermittelte Steuersatz findet dann auf das Einkommen abzüglich des Elterngeldes zur Anwendung gebracht. Das Kalenderjahr wird ab dem Stichtag des 28. Februars bemessen.
Das Elterngeld Plus
Mit dem 01.07.2015 wurden Eltern die Möglichkeit eingeräumt, das klassische Elterngeld zugunsten des Elterngeldes Plus einzutauschen. Der Hauptunterschied liegt in dem Umstand, dass das Elterngeld Plus für einen Zeitraum von 28 Monaten ausgezahlt wird. Berücksichtigt werden muss dabei jedoch, dass das Elternteil mit seinem Arbeitgeber auch eine entsprechend längere Elternzeitvereinbarung treffen muss. Überdies wird bei der Berechnung des Elterngeldes Plus auch lediglich maximal 50 Prozent des Erwerbseinkommens vor der Geburt gezahlt. Als Berechnungsgrundlage dient dabei das reine Nettoeinkommen des Elternteils ohne etwaige Zuverdienste oder Sonderzahlungen. Bedingt durch den Umstand, dass das Elterngeld Plus mit einem neuen Partnerbonus versehen ist, können zusätzlich zu den 28 Monaten Bezugsdauer auch jeweilig vier zusätzliche Monate pro Partner hinzukommen. Dies setzt allerdings eine Aufteilung der Elternzeit zwischen beiden Partnern voraus.
Welche Variante letztlich die Richtige ist, muss vorab natürlich sehr genau ausgerechnet werden. Das Bundesfinanzministerium führt jedes Jahr eine statistische Erhebung durch, welche Variante des Elterngeldes besonders beliebt ist. Hierbei wurde festgestellt, dass sich im Jahr 2018 rund 30 Prozent aller Elterngeldanspruchsinhaber für das Elterngeld Plus entschieden haben. Das Elterngeld Plus wird in erster Linie als Vorteil für die Mutter angesehen, die auf diese Weise sehr viel schneller und einfacher in das Berufsleben zurückkehren kann.