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Fristlose Arbeitnehmerkündigung wegen Vermögensdelikten

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 46/17 – Urteil vom 05.12.2018

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10.01.2017 – 12 Ca 339/16 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert und der Urteilstenor zur Klarstellung wie folgt insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentlichen Kündigungen vom 29.01.2016, 29.03.2016, 28.04.2016, 02.05.2016 und 09.05.2016 nicht aufgelöst ist, sondern bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist am 31.08.2016 fortbestanden hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) haben die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von fünf fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigungen.

Die am 1965 geborene Klägerin ist seit 30. Mai 1986 mit dem Geschäftsführer der Beklagten verheiratet und war seit 1. Juli 1993 als Buchhalterin bei der Beklagten in deren Betrieb (Heizung-Sanitär-lufttechnische Anlagen) mit in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmern beschäftigt. Zwischen den Parteien ist derzeit das Scheidungsverfahren anhängig.

Die Klägerin war bei der Beklagten bis Oktober 2015 für die gesamte Buchhaltung allein zuständig. Aufgrund der ihr erteilten Kontovollmachten war sie berechtigt, Barabhebungen vom Geschäftskonto der Beklagten vorzunehmen; dabei ist zwischen den Parteien streitig, ob die Klägerin das von ihr abgehobene Bargeld jeweils an den Geschäftsführer der Beklagten übergab. Ferner war die Klägerin berechtigt, Online-Überweisungen für die Beklagte von deren Firmenkonto vorzunehmen. Im Betrieb der Beklagten existierte eine Barkasse in Form einer Plastikdose (Tupperdose). Diese „Plastikdosen-Bargeldkasse“, in der sich nur in geringem Umfang Bargeld befand, wurde von einer anderen Mitarbeiterin verwahrt und jeweils mit nach Hause genommen. Von der Klägerin wurde keine Tageskasse geführt, sondern lediglich auf den jeweiligen Monat bezogene Abrechnungen, in der Einnahmen und Ausgaben mit Datumsangabe eingetragen wurden.

Seit Oktober 2014 lebten die Klägerin und der Geschäftsführer der Beklagten getrennt, zunächst noch in dem Haus, in dem der Geschäftsführer der Beklagten ein eigenes Zimmer hatte. Im Oktober 2015 wurde dem Geschäftsführer der Beklagten der von der Klägerin eingereichte Scheidungsantrag zugestellt. Daraufhin entzog der Geschäftsführer der Beklagten der Klägerin alle ihr erteilten Kontovollmachten (E-Mail vom 22. Oktober 2015, Bl. 123 d. A.). Ab diesem Zeitpunkt konnte die Klägerin auch nicht mehr allein Online-Überweisungen vom Geschäftskonto vornehmen. Die hierfür benötigten Tans wurden auf entsprechende Veranlassung des Geschäftsführers der Beklagten nunmehr nur noch auf dessen Handy und nicht mehr auf das Handy der Klägerin gesandt. Ferner verfügte die Klägerin nicht mehr über das vom Geschäftsführer der Beklagten geänderte Passwort für das Überweisungsprogramm (VR-NetWorld). Am 24. November 2015 ließ der Geschäftsführer der Beklagten eine von der Klägerin genutzte Tankkarte sperren.

Ab dem 5. Januar 2016 war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 29. Januar 2016 (Bl. 12 – 16 d. A.), der Klägerin am 30. Januar 2016 zugegangen, kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristlos. Zur Begründung der von ihr erklärten fristlosen Kündigung des Arbeitsvertragsverhältnisses führte die Beklagte im Kündigungsschreiben vom 29. Januar 2016 Folgendes aus:

„Sie sind seit dem 01.07.1993 im Betrieb unserer Mandantin beschäftigt. Ihr Aufgabenbereich umfasst die im Betrieb anfallende Buchhaltung einschließlich der Führung der Kasse und die Lohnabrechnungen.

Aktuell sind Sie arbeitsunfähig krank und deshalb nicht im Betrieb der Mandantin tätig. Dies macht es erforderlich, dass eine andere Arbeitskraft im Betrieb beschäftigt werden musste, die Ihren Aufgabenbereich zurzeit betreut.

Dabei ist nun aufgefallen, dass die Führung der Kasse nicht ansatzweise buchungsrechtlichen Grundsätzen entspricht. Ihnen ist bekannt, dass jegliche Buchung nur dann erfolgen kann, wenn diese mit einem entsprechenden Beleg hinterfüttert ist, dies nach dem Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“.

Bei der Prüfung der von Ihnen bis zuletzt geführten Kasse ist aufgefallen, dass eine Vielzahl von Buchungen dort enthalten ist, für die keine Belege existieren. Schon dies stellt grundsätzlich ein vertragswidriges Verhalten dar, welches auch bereits zur Begründung der Kündigung ausreichen würde.

Schlimmer ist jedoch, dass festgestellt wurde, dass Sie ganz offensichtlich absichtlich fehlerhafte Buchungen in der Kasse vorgenommen haben, die insbesondere angebliche Bareinkäufe von Material betreffen. Ihnen ist bekannt, dass Materiallieferungen an unsere Mandantin grundsätzlich nicht über die Kasse ausgeglichen werden. Kassenwirksame Ausgaben betreffen letztlich nur den allgemeinen Geschäftsbetrieb, wie bspw. Verbrauchsartikel im Büro etc..

Sie haben mehrfach Kassenbuchungen vorgenommen, in Größenordnungen von mehreren 100,00 €, bei denen es sich angeblich um Materiallieferungen handeln soll.

Solche Materiallieferungen sind nie über die Kasse abgerechnet worden, zudem fehlt, wie oben ausgeführt, jeglicher Beleg hinsichtlich dieser Kassenbuchungen.

Die Summe der insoweit Ihrerseits veranlassten Falschbuchungen beläuft sich im jetzt überprüften Zeitraum des Kalenderjahres 2013 bis einschließlich 2015 auf einen größeren 5-stelligen Betrag, was auch damit korrespondiert, dass anlässlich der jüngst bei Ihnen durchgeführten Hausdurchsuchung in Ihrem Schminkkoffer mehrere tausend Euro Bargeld vorgefunden wurden.

Es steht damit für unsere Mandantschaft fest, dass Sie Gelder unterschlagen haben, dies in Ihrer verantwortlichen Position als Buchhalterin, die insoweit mit einem besonderen Vertrauen der Geschäftsführung ausgestattet war. Dieses Vertrauen haben Sie ganz offensichtlich gröblich missbraucht.

Ferner wurde festgestellt, dass Sie Kosten, die Ihr privates Kraftfahrzeug betreffen, ohne Erlaubnis und ohne Absprache mit der Geschäftsführung über die betrieblichen Konten abgewickelt haben. Dass betrifft einerseits die Versicherungsprämien für Ihr Fahrzeug. Hier haben Sie offensichtlich eine Einzugsermächtigung erteilt, die das betriebliche Konto unserer Mandantin betrifft. Hierzu waren Sie nicht berechtigt.

Ferner haben Sie bei der Firma E. in E-Stadt offensichtlich Ihr Fahrzeug reparieren lassen und dort veranlasst, dass die Rechnungsstellung gegenüber unserer Mandantin erfolgt. Als der Geschäftsführer unserer Mandantin die Rechnung erhielt, hat er diese sogleich an den Rechnungssteller zurückgeschickt, mit dem Hinweis, dass es sich insoweit nicht um eine Betriebsausgabe handele. Wegen bereits aufgetretener Differenzen war Ihnen zuletzt untersagt worden, ohne Zustimmung der Geschäftsleitung Überweisungen von den geschäftlichen Konten durchzuführen. Zur Vermeidung dessen wurden sogar extra die Zugangsdaten abgeändert. Bei der Bearbeitung der Löhne für den Monat November 2015 hatten Sie dann darum gebeten, dass Ihnen die Berechtigung erteilt wird, auf die geschäftlichen Konten zuzugreifen, um die entsprechenden Überweisungen an die Arbeitnehmer vorzunehmen. Dieser Bitte Ihrerseits kam die Geschäftsleitung nach. Wie sich nun herausgestellt hat, haben Sie auch insoweit das in Sie gesetzte Vertrauen missbraucht. Es wurde nämlich festgestellt, dass Sie im Zusammenhang mit der Überweisung der Löhne gleichzeitig auch die Überweisung an die Firma E. veranlasst haben, exakt hinsichtlich der Kosten, die als Reparaturkosten hinsichtlich Ihres privaten Kraftfahrzeuges zuvor angefallen war. Auch insoweit lässt sich zweifelsfrei nachweisen, dass Sie gegen Ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen und das in Sie gesetzte Vertrauen gröblich enttäuscht haben. Sie haben sich in den dargestellten Fällen jeweils zum Nachteil unserer Mandantin bereichert.

Letztlich ist auch darauf hinzuweisen, dass aufgefallen ist, dass Sie sich offensichtlich eine sog. „Tankkarte“ beschafft haben und diese offensichtlich auch zum Betanken Ihres privaten Kraftfahrzeuges benutzt haben. Dabei verhält es sich so, dass schon die Beschaffung der Tankkarte ohne entsprechende Kenntnis und/oder Zustimmung der Geschäftsführung erfolgte, andererseits aber auch so ist, dass Sie die diesbezüglich anfallenden Kosten in der von Ihnen betreuten Buchhaltung verschleiert haben, diese nämlich als „PKW-Sonderkosten“ gebucht haben, was einzig und allein dem Ziel dienen konnte, die unberechtigte Inanspruchnahme des Firmenkontos für Ihre privaten Zwecke zu verschleiern.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass zwischenzeitliche seitens der Geschäftsführung die Tankkarte als „gestohlen“ gemeldet wurde. Sie wird sogleich eingezogen werden, soweit Sie nochmals versuchen sollten, diese zu benutzen.

Zur Vermeidung von unnötigen Verwaltungskosten bei „Kartenbetreuer“ fordern wir Sie hiermit namens und in Vollmacht unsere Mandantschaft auf, die in Ihrem Besitz befindlichen Tankkarten, die bei Ihrer Benutzung zu einer Belastung der Konten unserer Mandantin führen könnten, binnen Wochenfrist eingehend nach hierhin zwecks Weiterleitung an die Mandantin herauszugeben.

Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass die fristlose Kündigung des Arbeitsvertragsverhältnisses mit deren Zugang bei Ihnen wirksam wird.

…“

Gegen die Kündigung der Beklagten vom 29. Januar 2016 hat sich die Klägerin mit ihrer am 3. Februar 2016 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Kündigungsschutzklage gewandt.

Im Verlaufe des beim Arbeitsgericht geführten Kündigungsschutzverfahrens der Parteien sprach die Beklagte vier weitere fristlose Kündigungen aus. Die zweite mit Schriftsatz vom 29. März 2016 erklärte fristlose Kündigung wurde von der Beklagten auf den Vorwurf einer „versuchten Vergiftung“ des Geschäftsführers der Beklagten (Einführen einer fremden Substanz in dessen Sprudelflasche) gestützt. Die dritte mit Schriftsatz vom 28. April 2016 erklärte fristlose Kündigung begründete die Beklagte damit, dass die Klägerin zwei am 26. Juni 2015 und 20. August 2015 auf dem Geschäftskonto erfolgte Überweisungsgutschriften in Höhe von 992,64 Euro und 612,13 Euro jeweils auf ihr eigenes Privatkonto am 02. Juli 2015 und 25. August 2015 umgebucht habe. Die vierte Schriftsatzkündigung vom 02. Mai 2016 wurde von der Beklagten auf weitere der Klägerin vorgeworfene unberechtigte Buchungsvorgänge gestützt, und zwar auf zwei Überweisungen vom Geschäftskonto auf ihr Privatkonto in Höhe eines Betrages von 923,60 Euro am 07. Mai 2015 und in Höhe eines weiteren Betrages von 313,13 Euro am 03. Juli 2015 sowie auf zwei Überweisungen in Höhe von 700,00 Euro am 18. Mai 2015 und in Höhe von 1.200,00 Euro am 20. Oktober 2015 an ihre eigene Rechtsanwältin im Rahmen des Scheidungsverfahrens. Schließlich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 09. Mai 2016 die von ihr ausgesprochene fünfte fristlose Kündigung damit begründet, dass die Klägerin den Kaufpreis für zwei von der Beklagten am 16. September 2014 verkaufte Kraftfahrzeuge in Höhe von 500,00 Euro zwar auf dem Geschäftskonto eingezahlt, gleichzeitig aber eine Auszahlung vom Konto in Höhe von 300,00 Euro vorgenommen habe, die jeweils zu gleichen Teilen (je 150,00 Euro) auf ein Kostenkonto der Fahrzeuge gebucht worden sei.

Diese vier weiteren Kündigungen, die im Verlaufe des gegen die erste Kündigung vom 29. Januar 2016 eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens ausgesprochen worden sind, hat die Klägerin jeweils mit einem gesonderten Kündigungsschutzantrag klageerweiternd angegriffen.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Teilurteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Januar 2017 – 12 Ca 339/16 – und ergänzend auf die erstinstanzlich eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien

  • nicht durch Kündigung vom 29. Januar 2016 beendet wird, weder fristlos zum 29.1.2016, noch zu einem anderen Beendigungszeitpunkt,
  • nicht beendet wird durch Kündigung vom 29. März 2016, weder fristlos zum 29.3.2016 noch zu einem späteren Beendigungszeitpunkt,
  • nicht beendet wird durch Kündigung vom 28. April 2016, weder fristlos zum 28.4.2016 noch zu einem späteren Beendigungszeitpunkt,
  • nicht beendet wird durch Kündigung vom 2. Mai 2016, weder fristlos zum 02.05.2016 noch zu einem späteren Beendigungszeitpunkt,
  • nicht beendet wird durch Kündigung vom 9. Mai 2016, weder fristlos zum 09.05.2016 noch zu einem späteren Beendigungszeitpunkt,

sondern über diesen Zeitpunkt hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht und auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen weiterhin in der Buchhaltung in ihrem Betrieb zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Teilurteil vom 10. Januar 2017 – 12 Ca 339/16 – hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 29. Januar 2016, 29. März 2016, 28. April 2016, 02. Mai 2016 sowie vom 09. Mai 2016 nicht aufgelöst worden ist, während es über die ebenfalls angegriffenen jeweils hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigungen nicht entschieden hat. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

Gegen das ihr am 20. Januar 2017 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 02. Februar 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tage eingegangen, Berufung eingelegt. Ihre Berufung hat die Klägerin zunächst mit Schriftsatz vom 10. Februar 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tage eingegangen, vorläufig und dann nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20. April 2017 mit Schriftsatz vom 20. April 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, weiter begründet. Die Berufungskammer hat die Parteien mit Beschluss vom 25. Januar 2018 darauf hingewiesen, dass wegen der Unzulässigkeit des erstinstanzlich erlassenen Teilurteils beabsichtigt sei, den noch in erster Instanz anhängigen Teil des Rechtsstreits zum Zwecke einer einheitlichen Entscheidung an sich zu ziehen.

Die Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht hätte gemäß seiner ursprünglichen Ankündigung und auch aus prozessrechtlichen sowie materiell-rechtlichen Gründen die von ihr zuerst ausgesprochene Kündigung auf ihre Wirksamkeit als fristlose oder hilfsweise fristgerechte Kündigung vollumfänglich überprüfen müssen. Die Vorgehensweise des Arbeitsgerichts sei nicht nur wenig prozessökonomisch, sondern unzulässig, weil es sich mit dem jetzt angegriffenen Teilurteil insgesamt mit allen Kündigungen, wenn auch nur unter dem Aspekt einer fristlosen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, abschließend befasst habe. Vielmehr hätte zunächst darüber entschieden werden müssen, ob die von ihr zuerst ausgesprochene Kündigung – wenn auch ggf. nur fristgerecht – zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt habe. Unabhängig davon sei das Arbeitsverhältnis der Parteien bereits durch die erste fristlose Kündigung mit deren Zugang beendet worden. Das Arbeitsgericht habe sich nicht mit dem von ihr gegenüber der Klägerin gemachten Vorwurf auseinandergesetzt, dass diese ihre privaten Kfz-Versicherungskosten durch die unberechtigt erteilte Einzugsermächtigung ohne Erlaubnis und ohne Absprache mit ihrer Geschäftsführung über die betrieblichen Konten abgewickelt habe. Abgesehen davon sei die fristlose Kündigung entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts bereits aufgrund der von der Klägerin unstreitig vorgenommenen „Luftbuchungen“ gerechtfertigt. Die Klägerin habe selbst eingeräumt, in dem von ihr geführten Kassenbuch Ausgaben, insbesondere Verwarnungsgelder eingetragen zu haben, obgleich tatsächlich keine Zahlungen aus der Kasse heraus zur Tilgung dieser Verpflichtungen erfolgt seien. Entgegen der Behauptung der Klägerin sei das von ihr jeweils abgehobene Bargeld nicht an ihren Geschäftsführer übergeben worden. Vielmehr sei die Klägerin so vorgegangen, dass sie das vom Geschäftskonto abgehobene Bargeld zwar als Zahlungseingang in das Kassenbuch eingetragen habe, tatsächlich aber das Geld für sich direkt behalten und dies durch entsprechende Luftbuchungen als Ausgabezahlungen im Kassenbuch verschleiert habe. Schon der von der Klägerin eingeräumte bewusst fehlerhafte Buchungsvorgang reiche zur fristlosen Kündigung aus. Die Schutzbehauptung der Klägerin für ihr objektiv falsches Buchungsverhalten, sie habe auf Anweisung des Geschäftsführers das vom Geschäftskonto abgehobene Bargeld an diesen übergeben, sei definitiv falsch. Mit Ausnahme einer einzigen Barabhebung ihres Geschäftsführers in Höhe von 500,00 EUR vom Firmenkonto für eine Firmenfeier im sog. Golfresort seien alle Bankgeschäfte einschließlich der Bargeldabhebungen von der Klägerin getätigt worden. Das Arbeitsgericht habe die Frage der Beweislast falsch beurteilt. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts hätte die Klägerin für ihre Schutzbehauptung, die diese zur Rechtfertigung ihrer unstreitig vorgenommenen Luftbuchungen aufgestellt habe, Beweis antreten müssen. Die Klägerin habe Bargeld vom Firmenkonto abgehoben, ohne den Beweis für eine Aushändigung an ihren Geschäftsführer erbringen zu können, und habe unstreitig in einer mit den Bargeldabhebungen korrespondierenden Größenordnung jeweils Luftbuchungen im Kassenbuch vorgenommen. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin hinsichtlich der Richtigkeit ihrer Schutzbehauptung beweisfällig geblieben sei, hätte das Arbeitsgericht ein wesentliches arbeitsvertragliches Fehlverhalten feststellen müssen. Entgegen der Einschätzung des Arbeitsgerichts könne nicht unterstellt werden, dass ein über mehrere Jahre in einer Größenordnung von 16.000,00 EUR entstehender Schaden ihrem Geschäftsführer hätte auffallen müssen. Ihr Betrieb tätige Jahresumsätze im Millionenbereich, wobei jährlich tausende von Buchungsvorfällen auftreten würden. Ein irgendwie geartetes Mitverschulden ihres Geschäftsführers komme nicht in Betracht, zumal die Klägerin als scheinbar vertrauensvollste Mitarbeiterin solche Schäden über mehrere Jahre hin verursacht und dies auch ganz geschickt durch Luftbuchungen verschleiert habe. Vielmehr habe ihr Geschäftsführer erst nach dem dargestellten Gespräch mit Frau H. am 20. oder 21. Januar 2016 hiervon Kenntnis erlangt. Weiterhin werfe sie der Klägerin vor, sich ohne Zustimmung, Kenntnis und Duldung ihres Geschäftsführers selbst bei der Firma S. eine Tankkarte beschafft und hierüber die Kosten für die Betankung ihres privaten Kraftfahrzeuges unberechtigt abgerechnet zu haben. Auch insoweit wäre es Sache der Klägerin gewesen, ihre Behauptung, die Benutzung der Tankkarte innerhalb der Familie sei üblich gewesen, zu beweisen bzw. hierfür zumindest Beweisangebote zu unterbreiten. Sie könne nicht mehr vortragen, als dass die Behauptung der Klägerin falsch sei, zumal sie – die Beklagte – bis zuletzt auch keine Kenntnis davon gehabt habe, dass die Klägerin sich diese Tankkarte eigenmächtig beschafft habe. Im dargestellten Gespräch vom 20. oder 21. Juni 2016 zwischen ihrem Geschäftsführer und Frau H. habe diese auch die Problematik der einzelnen Kostenstellen hinsichtlich der Kraftfahrzeuge angesprochen, weil ihr aufgefallen sei, dass neben den Kostenstellen mit den über die Kfz-Kennzeichen jeweils konkret zugeordneten Fahrzeugen auch eine „allgemeine Kostenstelle“ in der Buchführung hinterlegt gewesen sei, die sie so nicht habe zuordnen können. Das habe ihren Geschäftsführer dazu veranlasst, diesen Sachverhalt zu überprüfen, wobei dann tatsächlich festgestellt worden sei, dass über diese gesonderte Kostenstelle Kfz-Kosten (Treibstoffkosten) aufgrund Rechnungstellung der Firma S. verbucht worden seien. Hinsichtlich der privaten Ausgaben der Klägerin, die arbeitsvertragswidrig vom Geschäftskonto ausgeglichen worden seien, habe sie klargestellt, dass es sich bei dem zunächst als private Ausgaben der Klägerin angesehenen Gesamtbetrag in Höhe von 378,86 EUR hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 228,12 EUR um Kosten einer Laboruntersuchung für ihren Geschäftsführer gehandelt habe. Es verbleibe dann aber immer noch ein Betrag in Höhe von 150,74 EUR, der weder geschäftliche Angelegenheiten noch private Angelegenheiten ihres Geschäftsführers, sondern vielmehr privat verursachte Kosten der Klägerin betroffen habe, die diese ohne Zustimmung, Kenntnis und/oder Duldung vom Geschäftskonto ausgeglichen habe. Soweit die Klägerin diesbezüglich behauptet habe, es handele sich auch bei diesem verbliebenen Restbetrag um eine private Ausgabe ihres Geschäftsführers, sei dies unzutreffend, wobei es sich auch insoweit um eine „negative Tatsache“ handele, deren Beweis ihr naturgemäß nicht möglich sei. Im Hinblick darauf, dass die Klägerin die Ausgleichung dieser Kosten im Rahmen der von ihr geführten Buchführung getätigt habe, wäre es Sache der Klägerin gewesen, die Richtigkeit ihrer Behauptung zu beweisen. Bezüglich der Rechnung des Autohauses E. vom 16. November 2015 sei zu keiner Zeit abgesprochen worden, dass die Klägerin Reparaturkosten für Privatfahrzeuge über die Firma abrechnen dürfe. Vielmehr ergebe sich aus den von ihr exemplarisch vorgelegten Rechnungen, dass die anfallenden Reparaturen an Privatfahrzeugen jeweils entsprechend gegenüber der Privatperson abgerechnet worden seien und danach sehr wohl eine Trennung zwischen privaten und geschäftlichen Ausgaben stattgefunden habe. Nachdem ihrem Geschäftsführer nach Eingang der Rechnung am 18. November 2015 aufgefallen sei, dass die Rechnung das Privatfahrzeug der Klägerin betreffe, habe er der Klägerin ausdrücklich untersagt, diese Rechnung vom Firmenkonto zu überweisen, und habe Rücksprache mit Herrn E. genommen. Auf die telefonische Nachfrage ihres Geschäftsführers habe Herr E. erklärt, dass dies so auf Veranlassung der Klägerin geschehen sei, die Reifen für ihr Privatfahrzeug gekauft und die Firma E. darum gebeten habe, die entsprechende Rechnung auf die Firma auszustellen. Diesem Wunsch der Klägerin sei der Inhaber der Firma E. nachgekommen, wofür sich dieser auch entschuldigt habe. Aus dem Chatverlauf der vorgelegten Whats-App-Nachrichten der Klägerin vom 18. und 24. November 2015 ergebe sich eindeutig, dass die Klägerin hier planvoll vorgegangen sei. Danach habe die Klägerin in Kenntnis des Widerspruchs ihres Geschäftsführers die Rechnung der Firma E. vom 16. November 2015 mit der nächsten von ihr vorgenommenen Lohnüberweisung vom Geschäftskonto überwiesen. Die Klägerin habe bei der ihr übertragenen Überweisung der Löhne für November 2015 die Rechnung als Anhang zu der von ihr bearbeiteten Lohnüberweisung getätigt. Dabei habe die Klägerin die Zeit zwischen der Eingabe des Passwortes, ab der diese im Programm habe arbeiten können, und der Bekanntgabe der TAN durch ihren Geschäftsführer dazu genutzt, die Überweisungen (Lohnüberweisungen und Rechnung E.) im Programm vorzubereiten und dann als Sammelüberweisung mit der eingegebenen TAN auszuführen. Während der Arbeiten am Programm sei die Klägerin entgegen ihrem frei erfundenen Vorbringen nicht beobachtet bzw. beaufsichtigt worden. Falls man in das Überweisungsprogramm zu einem Zeitpunkt vor Einstellung der Lohnüberweisungen eine Überweisung eingebe und danach die Lohnüberweisungen in den Ausgangskorb einstelle, dann würden die auszuführenden Buchungsvorgänge in der Reihenfolge ihrer Eingabe in das Buchungsprogramm auf dem Sammelüberweisungsausdruck erscheinen. Danach habe die Klägerin die Überweisung an die Firma E. der Buchung der Löhne angehängt. Anlässlich des geschilderten Gesprächs am 20. oder 21. Januar 2016 habe Frau H. ihren Geschäftsführer auch darauf hingewiesen, dass bei der Gehaltsbuchung im November 2015 gemeinsam mit den Löhnen eine Rechnung der Firma E. vom Geschäftskonto ausgeglichen worden sei. Daraufhin habe ihr Geschäftsführer die Angelegenheit nochmals überprüft und dann tatsächlich feststellen müssen, dass die Klägerin die Überweisung dieser Rechnung mit den Löhnen für den November 2015 vorgenommen habe. In Bezug auf die Kündigung vom 29. März 2013 habe für ihren Geschäftsführer erst nach Vorliegen des Ergebnisses der toxikologischen Untersuchung, dann aber auch in einer Frist von weniger als zwei Wochen mit hinreichender Sicherheit festgestanden, dass sein Verdacht, die Klägerin habe ihn im privaten Bereich versucht zu vergiften, zutreffend gewesen sei. Erst dann habe mit hinreichender Sicherheit festgestanden, dass das außerdienstliche Verhalten der Klägerin letztlich auf das Arbeitsverhältnis der Parteien habe „durchschlagen“ können und bei dieser Erkenntnislage eine weitere Tätigkeit der Klägerin im Betrieb nicht mehr zumutbar gewesen sei. Deshalb sei dann auch innerhalb einer Frist von weniger als zwei Wochen nach vollständiger Kenntniserlangung die Kündigung mit der entsprechenden Begründung ausgesprochen worden.

Die Berufungskammer hat im Termin vom 30. Mai 2018 darauf hingewiesen, dass sie gemäß dem im Termin vom 25. Januar 2018 erteilten Hinweis den in erster Instanz anhängigen Teil des Rechtsstreites zum Zwecke einer einheitlichen Entscheidung an sich zieht und auch darüber mitentscheiden wird.

Die Beklagte beantragt, das Teilurteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 10. Januar 2017 – 12 Ca 339/16 – abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen und

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigungen vom 29. Januar 2016, 29. März 2016, 28. April 2016, 02. Mai 2016 und 09. Mai 2016 auch nicht aufgrund einer darin jeweils enthaltenen ordentlichen Kündigung zu einem anderen späteren Beendigungszeitpunkt beendet wird, sondern über diesen Zeitpunkt hinaus zu unveränderten Bedingungen fortbesteht und auch nicht durch andere Beendigungsgründe aufgelöst wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen weiterhin in der Buchhaltung in ihrem Betrieb zu beschäftigen.

Sie erwidert, die Parteien hätten als Ehepaar über Jahrzehnte hinweg gemeinsam den Betrieb aufgebaut, wobei es aufgrund der engen persönlichen Verbundenheit im Laufe der Jahre immer wieder und immer mehr zu einer Vermengung und Vermischung privater sowie betrieblicher Umstände gekommen sei. Die Bezahlung der privaten Laborrechnung des Geschäftsführers über die Beklagte und die Nutzung einer auf die Beklagte geführten Tankkarte für das Betanken von Privatfahrzeugen der Familie seien ebenso ein Beleg hierfür wie z.B. der Umstand, dass private Feiern ggf. über das Firmenkonto abgerechnet würden. Die Vermengung bzw. Vermischung sei über Jahre hinweg üblich gewesen, ohne dass jemand daran Anstoß genommen hätte. Erst als die Ehe der Parteien verfallen und die Scheidung immer mehr in einen Rosenkrieg ausgeartet sei, habe der Geschäftsführer der Beklagten ihr die Verantwortung für Verhaltensweisen vorgeworfen, die jahrelang üblich gewesen und auf dessen ausdrückliche Weisung so umgesetzt worden seien, um eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses dadurch rechtfertigen zu können. Der vorliegende Rechtsstreit stehe im Zusammenhang mit dem zwischen den Parteien geführten Scheidungsverfahren. Diesbezüglich verweise sie auf das von ihr vorgelegte Schreiben vom 22. August 2015 (Bl. 432 d.A.), in dem der Geschäftsführer erklärt habe, dass es zu einem Rosenkrieg käme, falls sie seinem Vorschlag nicht folgen solle. Sie habe alle Gelder, die sie auf Weisung des Geschäftsführers der Beklagten für diesen von der Bank in bar habe abheben müssen, auch an diesen weitergegeben. Die Gelder hätten dazu dienen sollen, Zahlungen auszugleichen, bezüglich derer der Geschäftsführer für die Beklagte aus eigenen Mitteln in Vorlage getreten sei. Soweit hierfür Quittungen und Belege vorhanden gewesen seien, habe der Geschäftsführer der Beklagten ihr diese auch zur Durchführung der entsprechenden Buchungen gegeben. Soweit keine Quittungen und Rechnungen für diese Zahlungen vorhanden gewesen seien, habe sie die entsprechenden Buchungen auf Weisung des Geschäftsführers der Beklagten z.B. mit den „Knöllchen“ gegengebucht. Diese seien ihr vom Geschäftsführer der Beklagten eigens zu diesem Zweck überlassen worden. Die Eintragungen im Kassenbuch seien dem Geschäftsführer aus eigener Anschauung von Anfang an bekannt und sogar aufgrund dessen ausdrücklicher Weisung in dieser Art und Weise erfolgt. Dementsprechend habe sich der Geschäftsführer der Beklagten auch keinesfalls erstmals auf der Grundlage der Äußerungen von Frau H. veranlasst gesehen, eine Überprüfung der Einträge vornehmen zu müssen, um Unregelmäßigkeiten erkennen zu können. Namentlich habe dieser um die Eintragung der „Knöllchen“ und der von ihr abgehobenen Bargeldbeträge gewusst, die direkt an ihn ohne Einzahlung in die Kasse ausgehändigt worden seien. Diese seien allerdings regelmäßig mit seinem Wissen und Wollen und aufgrund seiner entsprechenden Anweisung im Kassenbuch eingetragen worden. Im Übrigen habe es ihr auch nur oblegen, die ihr vom Geschäftsführer der Beklagten eigens zu diesem Zweck übergebenen Belege gemäß deren Vorlage in chronologischer Reihenfolge im Kassenbuch einzutragen und zu buchen. Sie habe auch keine Prüfungen bezüglich der einzelnen an sie vorgelegten Belege und deren Berechtigung dem Grunde und der Höhe nach vorzunehmen gehabt. Die entsprechenden Prüfungen habe allein der Geschäftsführer der Beklagten getätigt, der dann auch jeweils nach Durchführung der Prüfung entschieden habe, wie mit den Rechnungen und Zahlungen zu verfahren sei, und dann entsprechende Anweisungen an sie gegeben habe. In den Abrechnungen für die Tankkarten durch die Firma S., die monatlich an die Beklagte verschickt worden seien, sei auch offen die Abrechnung für die besagte Tankkarte unter der Bezeichnung „FP A.“ erfolgt, zumal alle anderen Fahrzeuge mit Diesel betankt würden und ausschließlich die Betankung unter der Bezeichnung „FP A.“ mit Super erfolgt sei. Die Unterschiede bezüglich der einzelnen Tankabrechnungen seien so deutlich und eindeutig, dass der Geschäftsführer der Beklagten sich in keinem Fall darauf berufen könne, dass es ihm nicht in irgendeiner Weise ausgefallen wäre. Dem Geschäftsführer der Beklagten sei durchaus bewusst und bekannt gewesen, dass es sich um eine Tankkarte handele, die sowohl von ihr als auch von ihrem Sohn verwandt worden sei, um mit Wissen und Wollen des Geschäftsführers die Privatfahrzeuge auf Kosten der Beklagten zu betanken. Richtig sei, dass die Kosten für diese Betankungen aufgrund eines Entschlusses des Geschäftsführers der Beklagten und einer entsprechenden Weisung auf einer allgemeinen Kostenstelle bei der Beklagten gebucht worden seien, die gerade für diese Fälle angelegt worden sei. Die Sperranweisung des Geschäftsführers der Beklagten vom 24. November 2015 bezüglich der Kostenstelle und der besagten Tankkarte sei deutlich lange vor dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem er angeblich erst Kenntnis von den Unregelmäßigkeiten bei den Buchungsvorgängen erhalten haben wolle. Die Ursprungsrechnung des Autozentrums E. vom 16. November 2015 sei entsprechend der allgemeinen Übung bei der Beklagten auf diese ausgestellt worden. Dies sei wie schon in einer Vielzahl von Fällen vorher jeweils mit Wissen und Wollen des Geschäftsführers der Beklagten auf dessen ausdrücklichen Wunsch hin erfolgt. Das Verhalten des Autozentrums E. bei der Rechnungstellung sei allgemeiner Brauch und allgemein üblich gewesen in Bezug auf die Privatfahrzeuge der Familie des Geschäftsführers der Beklagten. In keinem Fall sei hier die Zweiwochenfrist für eine außerordentliche Kündigung gewahrt. Im Hinblick darauf, dass für einen unvoreingenommenen Dritten nicht erkennbar sei, dass die Rechnung tatsächlich nicht das Fahrzeug der Firma, sondern ihren Privat-PKW betroffen habe, sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Fähigkeiten Frau H. anlässlich einer Überprüfung von Buchungen aus dem Jahre 2015 diese Buchung hätte auffallen können. Soweit die Beklagte aus den vorgelegten Chatverläufen zitiere, greife sie in rechtswidriger Weise in ihren absolut geschützten Grundrechtsbereich und den ihrer Chatpartner ein. In Anbetracht der hier abzuwägenden Interessen sei von einem absoluten Beweisverwertungsverbot auszugehen. Im Übrigen lasse sich aus dem Chatverlauf nicht das herauslesen, was die Beklagte daraus herleiten wolle, nämlich dass sie hier habe betrügen wollen. Sie könne nicht erklären, wie es dazu gekommen sei, dass die Rechnung des Autohauses E. zusammen mit der von ihr vorgenommenen Sammelüberweisung ausgeführt worden sei. Sie habe dies weder initiiert noch veranlasst. Warum auch immer habe der Geschäftsführer der Beklagten sofort erkannt, dass die Rechnung ihren Privatwagen betroffen habe. Sie gehe davon aus, dass der Geschäftsführer natürlich gewusst habe, dass Arbeiten an ihrem Fahrzeug ausgeführt worden seien, er dies aber jetzt unter dem zwischenzeitlich begründeten „Rosenkrieg“ nicht mehr habe hinnehmen wollen. Sie habe am 03. Dezember 2015 die Löhne auf Weisung des Geschäftsführers fertiggestellt und diesem die ausgedruckte Lohnliste mit der Frage vorgelegt, ob sie jetzt die Löhne überweisen könne bzw. dürfe. Kurze Zeit später sei der Geschäftsführer an ihren Arbeitsplatz gekommen und habe sie angewiesen, den Platz am Computer zu räumen, aufzustehen und sich umzudrehen, damit sie nicht sehen könne, wie er sein Passwort im VR-NetWorld-Programm eingebe. Mit der Eingabe des Passwortes habe sich das Programm geöffnet und sie habe sich wieder an ihren Platz setzen dürfen. Während der Geschäftsführer der Beklagten die ganze Zeit über neben ihr stehen geblieben sei und jeden einzelnen ihrer Schritte beobachtet habe, habe sie die Dateien vom Lohnprogramm in das Überweisungsprogramm VR-NetWorld übertragen und dort dann die Datei „Daten übernehmen vom 03.12.2015“ angeklickt. Im Ausgangskorb hätten nun alle Mitarbeiter, die sie vorher im Lohnprogramm abgerechnet habe, mit einem Haken versehen gestanden, was automatisch so gewesen sei, weil es ein Paket gewesen sei und als Sammelrechnung habe überwiesen werden können. Sie selbst habe dann diesen Vorgang nicht nochmals überprüft, sondern lediglich auf „Senden“ gedrückt, nachdem sie vom Geschäftsführer hierzu angewiesen worden sei. Kurze Zeit später habe der Geschäftsführer der Beklagten die TAN auf sein Handy erhalten. Die ihr diktierte TAN habe sie in den Computer eingegeben und damit die Überweisung getätigt. Der gesamte Vorgang am Computer habe nur wenige Minuten gedauert. Während des gesamten Zeitraumes sei der Geschäftsführer der Beklagten neben ihr stehen geblieben und habe sie beobachtet. Es sei ihr nicht möglich gewesen, während des beschriebenen Vorgangs die Rechnung der Firma E. einzugeben und mit zu überweisen. Dazu wäre es wohl erforderlich gewesen, die Rechnung aus der Ablage herauszusuchen, die Überweisungen aufzumachen, den Lieferanten E. anzuklicken, die Rechnungsnummer, Kundennummer und den Betrag einzugeben und dies dann alles in den Ausgangskorb zu stellen. Dort hätte ein Haken an diese Überweisung gesetzt werden müssen, damit die Überweisung zusammen mit der Sammelüberweisung überwiesen worden wäre. Das wäre in der Kürze der Zeit nicht machbar gewesen, zumal der Geschäftsführer der Beklagten neben ihr gestanden und sie nicht aus den Augen gelassen habe. Sie selbst habe keine Erklärung dafür, auf welche Weise und von wem insbesondere wann die Rechnung E. hier eingestellt und mit überwiesen worden sei. Es sei auch durchaus kaum glaubhaft, dass sie ein solches Risiko eingehen würde, wo ihr bewusst und bekannt gewesen sei, dass keine ihrer Überweisungen ohne Überwachung und Überprüfung durch den Geschäftsführer der Beklagten durchgeführt werden könnte. Die von der Beklagten vorgelegte E-Mail der Volksbank könne nicht zum Beweis der von ihr bestrittenen Art und Weise der Verarbeitung der Aufträge anerkannt werden. Sie gehe davon aus, dass bei einer Überprüfung des Rechners durch einen Fachmann hierzu Erkenntnisse gewonnen werden könnten. Die von der Beklagten geschilderte Überprüfung am Computer werde von ihr ausdrücklich mit Nichtwissen gestritten. Im Übrigen sei die vorgelegte schriftliche Dokumentation zum Beweis der Behauptung der Beklagten völlig unbrauchbar. Ein solcher Beispielsfall im Jahre 2018 habe für einen Vorgang im Jahre 2015 keine Aussagekraft, zumal niemand wisse, ob sich dieselbe Software auf dem Computer befinde oder diese zwischenzeitlich verändert und nicht andere Verfahrensabläufe aufgespielt worden seien.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen E.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 30. August 2018 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung der Beklagte ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Zwar hat das Arbeitsgericht zu Recht die außerordentlichen Kündigungen vom 29. Januar, 29. März, 28. April, 02. Mai und 09. Mai 2016 für unwirksam erachtet. Allerdings hätte das Arbeitsgericht über die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen nicht durch Teilurteil nach § 301 Abs. 1 ZPO entscheiden dürfen. Das Berufungsgericht hat deshalb von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den noch beim Arbeitsgericht anhängigen Teil des Rechtsstreits an sich zu ziehen und auch darüber mitzuentscheiden. Insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Die in der (unwirksamen) außerordentlichen Kündigung vom 29. Januar 2016 enthaltene ordentliche Kündigung ist wirksam (§ 140 BGB) und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB zum 31. August 2016 beendet.

I.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die außerordentlichen Kündigungen unwirksam sind.

Voraussetzungen des § 626 BGB unwirksam.

a) Soweit die Beklagte die erste Kündigung darauf gestützt hat, dass die Klägerin sich das von ihr jeweils abgehobene Bargeld rechtswidrig zugeeignet und dies durch die „Luftbuchungen“ im Kassenbuch (Verwarnungsgelder aufgrund von Bußgeldbescheiden, Materialkosten) verschleiert habe, lässt sich ein wichtiger Grund zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung nicht feststellen.

Zwar kommen zum Nachteil des Arbeitgebers begangene Eigentums- oder Vermögensdelikte, aber auch nicht strafbare, ähnlich schwerwiegende Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers typischerweise als Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht (vgl. BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 25, NZA 2010, 1227). Im Streitfall lässt sich aber die Einlassung der Klägerin, sie habe das von ihr abgehobene Bargeld dem Geschäftsführer der Beklagten ausgehändigt und die ihr hierfür jeweils vorgelegten Belege weisungsgemäß verbucht, nicht widerlegen.

aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der kündigende Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Darlegungs- und Beweislast auch die vom Arbeitnehmer nach § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend vorgebrachten Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe zu widerlegen hat.

Im Kündigungsschutzprozess obliegt dem kündigenden Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Den Arbeitgeber trifft die Darlegungs- und Beweislast auch für diejenigen Tatsachen, die einen vom Gekündigten behaupteten Rechtfertigungsgrund ausschließen. Allerdings kann den Arbeitnehmer schon auf der Tatbestandsebene des wichtigen Grundes eine sekundäre Darlegungslast treffen. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitgeber als primär darlegungsbelastete Partei außerhalb des fraglichen Geschehensablaufs steht, während der Arbeitnehmer aufgrund seiner Sachnähe die wesentlichen Tatsachen kennt. In einer solchen Situation kann der Arbeitnehmer gehalten sein, dem Arbeitgeber durch nähere Angaben weiteren Sachvortrag zu ermöglichen. Kommt er in einer solchen Prozesslage seiner sekundären Darlegungslast nicht nach, gilt das tatsächliche Vorbringen des Arbeitgebers – soweit es nicht völlig „aus der Luft gegriffen“ ist – i.S.v. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden. Dabei dürfen an die sekundäre Behauptungslast des Arbeitnehmers keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Sie dient lediglich dazu, es dem kündigenden Arbeitgeber als primär darlegungs- und beweispflichtiger Partei zu ermöglichen, weitere Nachforschungen anzustellen und sodann substantiiert zum Kündigungsgrund vorzutragen und ggf. Beweis anzutreten (BAG 17. März 2016 – 2 AZR 110/15 – Rn. 32, juris).

bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Klägerin ihrer sekundären Darlegungslast gemäß § 138 Abs. 2 ZPO ausreichend nachgekommen.

Sie hat vorgetragen, sie habe das jeweils im Auftrag des Geschäftsführers der Beklagten abgehobene Bargeld diesem jeweils ausgehändigt. Es entziehe sich ihrer Kenntnis, wie dieser mit den an ihn ausgezahlten Geldern verfahren sei, insbesondere ob er sie für Firmen- oder Privatzwecke verwandt habe. Sie habe Barabhebungen jeweils nur und ausschließlich auf Weisung des Geschäftsführers der Beklagten in der von diesem angegebenen Höhe getätigt und die so von ihr abgehobenen Gelder „1:1“ auch an den Geschäftsführer der Beklagten in jedem einzelnen Falle weitergegeben. Die Gelder hätten dazu dienen sollen, Zahlungen auszugleichen, bezüglich derer der Geschäftsführer für die Beklagte aus eigenen Mitteln in Vorlage getreten sei. Soweit Quittungen und Belege hierfür vorhanden gewesen seien, seien diese vom Geschäftsführer der Beklagten an sie gegeben und entsprechend gegengebucht worden. Soweit keine Quittungen und Rechnungen für diese Zahlungen vorhanden gewesen seien, habe sie die entsprechenden Buchungen auf Weisung des Geschäftsführers der Beklagten zum Beispiel mit den „Knöllchen“ gegengebucht, die ihr von diesem eigens zu diesem Zwecke überlassen worden seien.

cc) Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und der Anhörung der Parteien lässt sich die Einlassung der Klägerin nicht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) widerlegen.

Die äußeren Umstände lassen nicht den Schluss darauf zu, dass sich die Klägerin die von ihr jeweils abgehobenen Bargelder im Umfang der ihr vorgeworfenen „Luftbuchungen“ selbst zugeeignet hat. Zwar hat die Klägerin in dem von ihr geführten Kassenbuch Auszahlungen u.a. für die Begleichung von Bußgeldern eingetragen, obwohl diese bereits durch entsprechende Überweisungen beglichen waren. Das ist aber auch in Anbetracht der unzureichenden Organisation der Kassenführung noch kein ausreichendes Indiz dafür, dass das abgehobene Bargeld der Klägerin und nicht dem Geschäftsführer der Beklagten zugeflossen ist. Soweit die Beklagte darauf verwiesen hat, dass die Klägerin für die Führung des Kassenbuches verantwortlich gewesen sei, gilt das nicht für die Bargeldbestände bzw. die Bargeldkasse, auf die sich die Kassenbuchführung bezieht. Die Klägerin hat unstreitig keine „Tageskasse“ selbst geführt, sondern lediglich auf den jeweiligen Monat bezogene Abrechnungen gefertigt, in der Einnahmen und Ausgaben mit Datumsangabe eingetragen wurden. Die Barkasse bestand aus einer Plastikdose, die nie ansatzweise über Bestände entsprechend den Bargeldabhebungen verfügte, wie sie in den Kassenabrechnungen ausgewiesen waren. Die „PlastikdosenBargeldkasse“ (Tupperdose) hat eine andere Mitarbeiterin verwahrt und jeweils mit nach Hause genommen. Danach wurde die Barkasse nicht von der Klägerin selbst geführt, die vielmehr nur ausgehändigte Belege in den Kassenabrechnungen einzutragen hatte. Kassenbuch (Führung) und Bargeldkasse waren mithin getrennt. Die von der Klägerin vorgenommenen Barabhebungen waren jeweils aus den vom Geschäftsführer der Beklagten kontrollierten Kontoauszügen deutlich ersichtlich und diesem auch nach dem Vorbringen der Beklagten bekannt. In der sog. Barkasse befanden sich zu keinem Zeitpunkt derartige Bargeldbestände. Dementsprechend ist gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts auch nicht nachvollziehbar, wie angeblich vom Geschäftsführer der Beklagten nicht autorisierte Bargeldabhebungen über mehrere Jahre hinweg in einer Höhe von angeblich insgesamt über 16.000,– Euro unbemerkt geblieben sein könnten. Auch unter Berücksichtigung der Anhörung der Parteien spricht nicht mehr für die Darstellung der Beklagten als die der Klägerin. Deshalb war auch nach der erfolgten Parteianhörung keine (förmliche) Parteivernehmung veranlasst. Die Parteivernehmung von Amts wegen darf nach § 448 ZPO nämlich nur angeordnet werden, wenn aufgrund einer vorangegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 120/11 – Rn. 18, juris). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.

Der Geschäftsführer der Beklagten hat im Rahmen seiner Anhörung erklärt, dass die Monteure häufig in F-Stadt eingesetzt würden. Falls sie dort ein Protokoll erhielten, sei es bei ihnen üblich, dass sie das Protokoll im Betrieb bei der Buchhaltung abgeben würden. Sodann werde immer abgewartet, bis der Bußgeldbescheid komme. Den eingehenden Bußgeldbescheid sehe er mit Eingang der Post. Der Bußgeldbescheid werde dann bezahlt. Die Klägerin habe die Protokolle im Kassenbuch so gebucht, als ob sie das Geld an den Monteur zur Bezahlung des Protokolls ausgehändigt habe, was nicht der Fall gewesen sei. Die Klägerin habe Bargeldbeträge von der Bank abgehoben, was er auch sicherlich gesehen habe. Neben den Protokollen habe die Klägerin auch Materialkosten gebucht, obwohl Materialkosten kaum anfallen würden. Die Klägerin habe diese Luftbuchungen vorgenommen, um sich das Bargeld selbst zuzueignen. Dafür spreche auch, dass sich bei der Hausdurchsuchung in einem verschlossenen Schminkkoffer geschätzt ca. 10.000,– Euro in kleinen Scheinen befunden hätten. Falls im Betrieb Zahlungen an die Firma geleistet würden, habe diese Frau F. entgegengenommen und diesbezüglich eine Quittung erstellt, die an die Klägerin weitergegeben worden sei. Entweder sei das Geld in die Plastikdose gelegt oder aber in der Bank eingezahlt worden. Die Bargeldkasse in Form der Plastikdose habe sich im Gewahrsam von Frau F. befunden. Die Eintragungen im Kassenbuch habe hingegen die Klägerin gemacht. Er selbst habe die von der Klägerin abgehobenen Bargeldbeträge nicht erhalten. Er habe die Klägerin auch nicht angewiesen, Protokolle im Kassenbuch gegen zu buchen. Die Protokolle seien nach Eingang des Bußgeldbescheides von Konto bezahlt worden. Er habe sich das von der Klägerin geführte Kassenbuch vor der durch Frau H. vorgenommenen Überprüfung zu keinem Zeitpunkt selbst angeschaut.

Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörung hierzu erklärt, dass sie bei allen Bargeldabhebungen vom Geschäftskonto hierzu zuvor vom Geschäftsführer der Beklagten aufgefordert worden sei. Dieser habe ihr gesagt, dass er Quittungen habe und das Bargeld benötige. Nachdem sie das Bargeld abgehoben habe, sei sie in die Firma und habe ihm das Bargeld übergeben. Dann sei sie zu ihrem Platz gegangen und habe die dort vorgefundenen Quittungen im Kassenbuch eingetragen. Sie habe die Eintragungen gemacht, ohne dabei die Richtigkeit der Belege zu überprüfen. Die Protokolle hätten ebenfalls in dem Stapel gelegen und seien von ihr eingebucht worden. Die Zahlungsaufforderungen bezüglich der Protokolle seien jeweils erst Monate später erfolgt und in einem Ordner zum Bezahlen gewesen. Im Hinblick darauf, dass der Geschäftsführer der Beklagten „Bezahlen“ draufgeschrieben habe, habe sie nicht überprüft, ob diese ein bereits eingetragenes Protokoll betroffen hätten. Sie habe nicht gewusst, was der Geschäftsführer der Beklagten mit dem Geld gemacht habe, sie habe ja auch die Kasse nie gehabt. Der Geschäftsführer der Beklagten sei ihr Chef gewesen und es sei gemacht worden, was dieser gesagt habe. Was sie hingelegt bekommen habe, habe sie immer eintragen müssen. Sie habe gedacht, dass er das Geld den Monteuren zur Begleichung der Protokolle gegeben habe. Bezüglich der Materialkosten habe sie vom Geschäftsführer der Beklagten die Quittungen bekommen, nach denen die Monteure z.B. im Baumarkt Materialien gekauft hätten. Sie habe die Kasse selbst nicht verwaltet, vielmehr sei es nur ihre Aufgabe gewesen, die Eintragungen vorzunehmen.

Auch unter Berücksichtigung der durchgeführten Parteianhörung ist die Darstellung der Klägerin, sie habe das jeweils Bargeld stets an den Geschäftsführer ausgehändigt und die ihr hierfür vorgelegten Belege weisungsgemäß im Kassenbuch gegengebucht, ebenso gut möglich wie die Darstellung der Beklagten, die Klägerin habe die abgehobenen Geldbeträge unterschlagen und dies durch „Luftbuchungen“ im Kassenbuch zu verschleiern versucht. Die Beklagte hat die Kassenführung unzureichend organisiert. Die Klägerin hat über Jahre hinweg lediglich monatsbezogene Kassenabrechnungen anhand der ihr vorgelegten Belege gefertigt, ohne dass sie selbst die Bargeldkasse geführt hat, auf die sich das Kassenbuch bezogen hat. Bei der sog. Bargeldkasse handelte es sich um eine Tupperdose, die von einer Mitarbeiterin verwahrt und jeweils mit nach Hause genommen wurde. Die jeweiligen Bargeldabhebungen waren jeweils auf den Kontoauszügen eindeutig ersichtlich und dem Geschäftsführer der Beklagten danach auch bekannt. In Anbetracht dieser Umstände begründen die der Klägerin vorgeworfenen Kassenbucheintragungen kein hinreichendes Indiz dafür, dass sich die Klägerin die eingetragenen Beträge für Bußgelder oder Materialkosten rechtswidrig selbst zugeeignet hat. Ebenso wie sich der Geschäftsführer der Beklagten darauf berufen hat, seiner Ehefrau hinsichtlich der Verwendung der von ihr abgehobenen Bargelder vertraut zu haben, hat sich die Klägerin darauf berufen, auf die Richtigkeit der ihr gegenüber angegebenen Barauslagen und hierfür vorgelegten Belege ihres Ehemanns vertraut zu haben. Auch in Bezug auf das bei der Klägerin im Rahmen einer Hausdurchsuchung vorgefundene Bargeld gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass dieses aus den ihr vorgeworfenen Unterschlagungen stammen soll.

b) Soweit die Beklagte die erste Kündigung darauf gestützt hat, dass die Klägerin unerlaubt private Rechnungen durch eine Überweisung vom Geschäftskonto am 02. Februar 2015 in Höhe von 378,86 Euro beglichen habe, lässt sich ebenfalls ein wichtiger Grund zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung nicht feststellen.

Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass diese Überweisung in Absprache und auf Wunsch und Weisung des Geschäftsführers der Beklagten erfolgt sei und im Rahmen der langjährigen ehelichen Lebensgemeinschaft private und geschäftliche Belange bzw. Interessen nicht immer getrennt, sondern vermengt und vermischt worden seien. Dafür spricht bereits der unstreitige Umstand, dass die größte Position der drei Einzelüberweisungen in Höhe von 228,12 Euro eine Laboruntersuchung des Geschäftsführers der Beklagten betroffen hat. In Anbetracht der zwischen den Parteien langjährig bestehenden Ehe fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für die Annahme, die Klägerin habe private Ausgaben ohne Zustimmung des Geschäftsführers der Beklagten über das Geschäftskonto abgewickelt, zumal die Klägerin den größten Betrag zur Begleichung von Kosten einer Laboruntersuchung ihres Ehemannes überwiesen hat. Deshalb war auch insoweit nach der erfolgten Parteianhörung keine (förmliche) Parteivernehmung veranlasst, weil nicht von der erforderlichen gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten ausgegangen werden kann.

c) In Bezug auf die weiteren Kündigungsgründe, auf die die Beklagte die erste Kündigung gestützt hat, ist bereits die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt.

Gemäß § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht (BAG 01. Juni 2017 – 6 AZR 720/15 – Rn. 61, NZA 2017, 1332).

Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, aufgrund welcher Umstände ihr Geschäftsführer von den weiteren Kündigungsgründen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor Kündigungsausspruch erfahren haben soll.

aa) Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Benutzung der Tankkarte für ihr Privatfahrzeug mit dem Geschäftsführer der Beklagten besprochen worden und absprachegemäß erfolgt sei. Dies sei bereits seit dem Jahr 2008 so gehandhabt worden. Die Tankkarte habe der Geschäftsführer der Beklagten bereits am 24. November 2015 sperren lassen. Die Sperranweisung bezüglich der besagten Tankkarte sei also deutlich lange vor dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem dieser angeblich erst Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bei den Buchungsvorgängen erhalten haben wolle.

Die Beklagte hat zwar zunächst vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe zuvor keine Kenntnis davon gehabt, dass die Klägerin für die Betankung ihres privaten Fahrzeuges sich eine geschäftliche Tankkarte beschafft und diese eingesetzt habe. Vielmehr habe dieser erst im Rahmen des geschilderten Gesprächs mit Frau H. vom 20. oder 21. Januar 2016 davon Kenntnis erlangt. Der Geschäftsführer der Beklagten hat bei seiner Anhörung aber eingeräumt, dass es richtig sei, dass er die Tankkarte habe sperren lassen und es sein könne, dass dies am 24. November 2015 erfolgt sei. Im Hinblick darauf dass der Geschäftsführer der Beklagten die Tankkarte bereits am 24. November 2015 gesperrt hatte, ist das Vorbringen der Beklagten zur Einhaltung der Zweiwochenfrist nicht nachvollziehbar. Der Vortrag der Beklagten, ihr Geschäftsführer habe erst am 20. oder 21. Januar 2016 im Rahmen des mit Frau H. geführten Gesprächs von der Verwendung der besagten Tankkarte Kenntnis erlangt, steht in unauflösbarem Widerspruch zu dem Umstand, dass ihr Geschäftsführer bereits am 24. November 2015 die Tankkarte hat sperren lassen.

bb) Auch soweit die Beklagte die erste Kündigung auf die Begleichung der Rechnung des Autohauses E. vom 16. November 2015 betreffend das Privatfahrzeug der Klägerin in Höhe von 504,70 Euro durch die am 03. Dezember 2015 erfolgte Überweisung gestützt hat, ist die Zweiwochenfrist gemäß der Rüge der Klägerin nicht gewahrt. Der Geschäftsführer der Beklagten hat bei seiner Anhörung erklärt, das Autohaus E. habe auf seine Intervention bereits am 08. Dezember 2015 den Rechnungsbetrag wieder zurücküberwiesen. Daraus ergibt sich, dass dem Geschäftsführer der Beklagten bereits im Dezember 2015 bekannt war, dass die betreffende Rechnung der Firma E. durch Überweisung bezahlt worden war. Der schriftsätzliche Vortrag der Beklagten zur Wahrung der Zweiwochenfrist aufgrund einer erst am 20. oder 21. Januar 2016 im Rahmen des Gesprächs mit Frau H. erfolgten Kenntniserlangung steht hierzu in unauflösbarem Widerspruch.

cc) Schließlich lässt sich auch in Bezug auf die als Kündigungsgrund herangezogene Begleichung der Versicherungsprämien für das Privatfahrzeug der Klägerin über das Geschäftskonto der Beklagten die Einhaltung der Zweiwochenfrist auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten nicht feststellen. Die vorgelegte Einzugsermächtigung vom 14. Oktober 2013 wurde vom Büro K. am 14. Dezember 2015 gefaxt. Die Klägerin hat daraufhin gerügt, dass ausweislich der zur Einsicht vorgelegten Einzugsermächtigung diese am 14. Dezember 2015 vom Versicherungsunternehmen gefaxt worden sei und der Vorgang der Beklagten schon länger als zwei Wochen vor Ausspruch der ersten Kündigung bekannt gewesen sei. Die Beklagte hat keine näheren Angaben dazu gemacht, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt ihr Geschäftsführer von der vorgelegten Einzugsermächtigung erst später Kenntnis erlangt haben soll. Mangels nachvollziehbarer Erklärung der Beklagten lässt sich nicht feststellen, ob und ggf. zu welchem Zeitpunkt die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer erst nach dem 14. Dezember 2015 von der vorgelegten Einzugsermächtigung Kenntnis erlangt haben soll.

2. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die weiteren außerordentlichen Kündigungen vom 29. März, 28. April, 02. Mai und 09. Mai 2016 jeweils wegen Versäumung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB unwirksam sind.

a) Die außerordentliche Schriftsatzkündigung vom 29. März 2016 hat die Beklagte auf die der Klägerin vorgeworfene versuchte Vergiftung des Geschäftsführers der Beklagten gestützt.

Zuvor hatte die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 16. Februar 2016 ausgeführt, dass seitens der zuständigen Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin mit dem Vorwurf der versuchten Tötung zum Nachteil des Geschäftsführers der Beklagten geführt werde. Die Tatsache, dass dieses Verfahren im Kündigungsschreiben nicht erwähnt sei, habe einzig und allein seine Grundlage darin, dass das diesbezügliche Verhalten der Klägerin nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnis stehe. Nach ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 16. Februar 2016 hatte die Beklagte bereits zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von dem als Kündigungsgrund herangezogenen angeblichen Vergiftungsversuch. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist von der Beklagten nicht im Einzelnen dargelegt worden, wann sie das Ergebnis der toxikologischen Untersuchung oder andere neue Erkenntnisse erlangt haben will, die einen späteren Zeitpunkt des Beginns der Ausschlussfrist rechtfertigen sollen.

aa) Der kündigende Arbeitgeber ist für die Einhaltung der Ausschlussfrist darlegungs- und beweispflichtig. Derjenige, der eine Kündigung aus wichtigem Grund ausspricht, muss darlegen und ggf. beweisen, dass er von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen erst innerhalb der letzten zwei Wochen vor ihrem Ausspruch erfahren hat. Diese Darlegungspflicht ist nicht bereits erfüllt, wenn der Kündigende lediglich allgemein vorträgt, er kenne die Kündigungsgründe nicht länger als zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung. Er muss vielmehr die Umstände schildern, aus denen sich ergibt, wann und wodurch er von den maßgebenden Tatschen erfahren hat. Um den Zeitpunkt, in dem der Wissensstand des Kündigungsberechtigten ausreicht, bestimmen zu können, und um es dem Gekündigten zu ermöglichen, die behauptete Schilderung zu überprüfen und ggf. qualifiziert zu bestreiten, muss grundsätzlich angegeben werden, wie es zur Aufdeckung des Kündigungsgrundes gekommen sein soll. Hat der Kündigungsberechtigte noch Ermittlungen durchgeführt, muss er hierzu weiter darlegen, welche Tatsachenbehauptungen unklar und daher ermittlungsbedürftig waren, und welche – sei es auch nur aus damaliger Sicht – weiteren Ermittlungen er zur Klärung der Zweifel angestellt hat (BAG 01. Februar 2007 – 2 AZR 333/06 – Rn. 21, NZA 2007, 744).

bb) Diesen Anforderungen an die Darlegungslast wird der diesbezügliche Vortrag der Beklagten nicht gerecht. Auch im Berufungsverfahren hat die Beklagte lediglich allgemein darauf verwiesen, dass erst nach dem Vorliegen des Ergebnisses der toxikologischen Untersuchung, dann „aber auch in einer Frist von weniger als zwei Wochen“ mit hinreichender Sicherheit für den Geschäftsführer der Beklagten festgestanden habe, dass sein Verdacht einer versuchten Vergiftung zutreffend gewesen sei. Damit hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht nachvollziehbar dargelegt, wann sie auf welche Weise vom Ergebnis der toxikologischen Untersuchung bzw. welchen neuen Erkenntnissen zu welchem Zeitpunkt genau Kenntnis erlangt haben will.

b) Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, denen das Berufungsgericht folgt (§ 69 Abs. 2 ArbGG), hat die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte auch in Bezug auf die weiteren Kündigungen vom 28. April, 02. Mai und 09. Mai 2016 nicht nachvollziehbar dargelegt, auf welche Weise es nach welchen Aufklärungsmaßnahmen zur Aufdeckung der erst erheblich später für die vorgenannten Kündigungen herangezogenen Sachverhalte gekommen sein soll. Hierzu hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren keine weitergehenden Ausführungen mehr gemacht.

II.

Das Arbeitsgericht hätte allerdings nicht über die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigungen durch Teilurteil entscheiden dürfen. Das Berufungsgericht hat deshalb von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den noch beim Arbeitsgericht anhängigen Teil des Rechtsstreits an sich zu ziehen und auch darüber mitzuentscheiden. Insoweit hat die Berufung der Beklagten Erfolg. Die in der (unwirksamen) außerordentlichen Kündigung vom 29. Januar 2016 enthaltene ordentliche Kündigung (§ 140 BGB) ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB zum 31. August 2016 beendet.

1. Das vom Arbeitsgericht erlassene Teilurteil war unzulässig.

a) Der Erlass eines Teilurteils ist nach § 301 Abs. 1 ZPO nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Teilurteil nach § 301 ZPO nur ergehen, wenn es von der Entscheidung über den Rest des geltend gemachten prozessualen Anspruchs unabhängig ist, so dass die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen, auch durch das Rechtsmittelgericht, nicht besteht. Dabei ist ein Teilurteil schon dann unzulässig, wenn nicht auszuschließen ist, dass es in demselben Rechtsstreit zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen – auch infolge einer abweichenden Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht – ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Dazu reicht die Möglichkeit einer unterschiedlichen Beurteilung von bloßen Urteilselementen aus, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden. Vor diesem Hintergrund darf ein Teilurteil nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann. Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht insbesondere dann, wenn im Falle der objektiven Klagehäufung von Leistungs- und Feststellungsansprüchen, die aus dem selben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden, durch Teilurteil gesondert über einen oder nur einen Teil der Ansprüche entschieden wird (BAG 29. Juni 2017 – 8 AZR 189/15 – Rn. 41, NJW 2018, 184). Das bedeutet, dass es für den Erlass eines Teilurteils nicht auf solche Urteils- oder Begründungselemente ankommen darf, die auch bei der weiteren Entscheidung über den noch nicht entscheidungsreifen Teil maßgebend sein können. Eine solche Gefahr ist namentlich gegeben, wenn in einem Teilurteil aufgrund einer materiell-rechtlichen Verzahnung zwischen den prozessual selbstständigen Ansprüchen eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über die verbleibenden Ansprüche noch einmal stellt oder stellen kann (BAG 18. Februar 2014 – 3 AZR 770/12 – Rn. 18, juris). Insoweit kommt es nicht nur auf das entscheidende Gericht selbst an, sondern darüber hinaus auf eine auch nur mögliche abweichende Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht (BAG 17. April 2013 – 4 AZR 361/11 – Rn. 12, juris).

b) Nach diesen Grundsätzen war der Erlass des Teilurteils wegen der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen unzulässig.

Der jeweiligen außerordentlichen Kündigung und der in ihr enthaltenen ordentlichen Kündigung liegt jeweils derselbe Kündigungssachverhalt zugrunde. Sowohl die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung als auch der ordentlichen Kündigung setzt das Vorliegen einer Pflichtverletzung voraus, auf die die Beklagte sowohl die außerordentliche als auch die in ihr enthaltene ordentliche Kündigung jeweils gestützt hat. So hat das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung über die Wirksamkeit der ersten außerordentlichen Kündigung vom 29. Januar 2016 in Bezug auf mehrere zur Rechtfertigung der Kündigung vorgebrachte Kündigungssachverhalte angenommen, dass keine Pflichtverletzung der Klägerin vorliege bzw. diese nicht ausreichend dargelegt sei. Die vom Arbeitsgericht im Rahmen der Beurteilung der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung entschiedene Frage, ob überhaupt eine Pflichtverletzung der Klägerin vorliegt, stellt sich ebenso bei der Beurteilung der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Auch soweit das Arbeitsgericht bei den danach ausgesprochenen weiteren außerordentlichen Kündigungen diese bereits wegen Versäumung der Zweiwochenfrist für unwirksam erachtet hat, ist die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen nicht ausgeschlossen, weil sich die Gefahr einer Widersprüchlichkeit auch aus der bloßen Möglichkeit abweichender Beurteilung im Rechtsmittelverfahren ergeben kann. Die Unzulässigkeit des Teilurteils ist nicht dadurch entfallen, dass das Arbeitsgericht nach Erlass des Teilurteils den bei ihm noch anhängigen Rechtsstreit ausgesetzt hat. Die Aussetzung des Verfahrens genügt nicht, um die sonst geltenden Beschränkungen für den Erlass eines Teilurteils außer Kraft zu setzen (BGH 20. Juni 2017 – XI ZR 72/16 – Rn. 19, NJW-RR 2017, 1197; BAG 29. Juni 2017 – 8 AZR 189/15 – Rn. 45 ff, NZA 2018, 121).

In dem hier vorliegenden Fall eines unzulässigen Teilurteils kann das Berufungsgericht den noch beim Arbeitsgericht anhängig gebliebenen Teil des Rechtsstreits an sich ziehen und auch darüber mitentscheiden (vgl. BAG 12. August 1993 – 6 AZR 553/92 – Rn. 36, juris; BAG 20. Februar 2014 – 2 AZR 864/12 – Rn. 23, juris; BGH 13. Juli 2011 – VIII ZR 342/09 – Rn. 33, NJW 2011, 2800). Hiervon hat das Berufungsgericht nach Anhörung der Parteien Gebrauch gemacht.

2. Die in der (unwirksamen) außerordentlichen Kündigung vom 29. Januar 2016 enthaltene ordentliche Kündigung (§ 140 BGB) ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 BGB zum 31. August 2016 beendet.

a) Eine nach § 626 BGB unwirksame außerordentliche Kündigung kann in eine ordentliche Kündigung nach § 140 BGB umgedeutet werden, wenn dies dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille dem Kündigungsempfänger im Zeitpunkt des Kündigungszugangs erkennbar ist (BAG 12. Mai 2010 – 2 AZR 845/08 – Rn. 39, NZA 2010, 1348).

Der unbedingte Beendigungswille der Beklagten war für die Klägerin bereits aufgrund des Inhalts des Kündigungsschreibens vom 29. Januar 2016 eindeutig erkennbar, so dass die Voraussetzungen für eine Umdeutung hier ohne weiteres vorliegen.

b) Die Kündigung vom 29. Januar 2016 ist als ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial gerechtfertigt i.S.v. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG und damit wirksam.

aa) Aufgrund des gesamten Inhalts der Verhandlungen und der Anhörung der Parteien steht zur Überzeugung des Berufungsgerichts (§ 286 ZPO) fest, dass die Klägerin bewusst entgegen dem zuvor zum Ausdruck gebrachten Willen des Geschäftsführers der Beklagten die ihr Privatfahrzeug betreffende Rechnung des Autohauses E. vom 16. November 2015 durch Überweisung vom Geschäftskonto der Beklagten am 03. Dezember 2015 beglichen hat. Darin liegt eine erhebliche Verletzung der ihr als Buchhalterin der Beklagten obliegenden Pflichten, die an sich zur Rechtfertigung der ordentlichen Kündigung geeignet ist.

Auch wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, dass früher im Rahmen ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Geschäftsführer der Beklagten auch ihr Privatfahrzeug auf Rechnung der Beklagten repariert worden war, musste ihr spätestens nach Zustellung des von ihr eingereichten Scheidungsantrags und der daraufhin am 22. Oktober 2015 erfolgten Entziehung sämtlicher Kontovollmachten klar sein, dass der Geschäftsführer der Beklagten nicht (mehr) damit einverstanden sein wird, dass ihre privaten Rechnungen vom Geschäftskonto der Beklagten beglichen werden. Der Geschäftsführer der Beklagten hat unstreitig erkannt, dass die Rechnung den Privatwagen der Klägerin betraf, und hat daraufhin zumindest zum Ausdruck gebracht, dass diese nicht vom Geschäftskonto der Beklagten bezahlt wird. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass davon auszugehen sei, dass der Geschäftsführer der Beklagten von der Ausführung der Arbeiten an ihrem Privatfahrzeug gewusst habe, dies aber unter dem zwischenzeitlich begründeten „Rosenkrieg“ nicht mehr habe hinnehmen wollen. Danach war der Klägerin bewusst, dass der Geschäftsführer der Beklagten nicht (mehr) damit einverstanden ist, dass ihre private Rechnung vom Geschäftskonto der Beklagten bezahlt wird. Gleichwohl hat sie am 03. Dezember 2015 zusammen mit der ihr übertragenen Überweisung der Löhne die ihr Privatfahrzeug betreffende Rechnung vom Geschäftskonto der Beklagten an das Autohaus E. mit überwiesen.

Nichts spricht dafür, dass die Überweisung der Rechnung nicht bewusst von der Klägerin selbst, sondern durch eine andere Person veranlasst worden sein könnte. Ein Interesse daran, dass die das Privatfahrzeug der Klägerin betreffende Rechnung vom Geschäftskonto der Beklagten bezahlt wird, hatte einzig und allein die Klägerin. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung selbst erklärt, dass die Rechnung ihr kommentarlos auf den Schreibtisch gelegt worden sei. Da der Geschäftsführer der Beklagten die Rechnung nicht in den Ordner mit den zu bezahlenden Rechnungen eingeordnet, sondern sie auf den Schreibtisch gelegt habe, sei sie davon ausgegangen, dass er sie nicht bezahlt habe. Die Klägerin sollte am 03. Dezember 2015 unstreitig nur die Löhne der Mitarbeiter überweisen. Hierzu hat sie selbst die von ihr vorzunehmende Überweisung der Löhne vorbereitet. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass man in dem Lohnprogramm nur Löhne buchen könne, nicht aber sonstige Überweisungen. Während die Lohnüberweisungen von dem hierfür verwandten Lohnprogramm direkt in das Online-Banking überspielt werden, gibt es für alle anderen Rechnungen unstreitig kein eigenes Buchungsprogramm, von dem Überweisungen direkt in das Online-Banking überspielt werden. Vielmehr muss die betreffende Überweisung eingegeben werden, wobei im Online-Banking bekannte Überweisungsempfänger bereits hinterlegt sind und ausgewählt werden können. Während bei einer Sammelüberweisung eine einzige TAN benötigt wird, sind bei einer Einzelüberweisung und einer Sammelüberweisung zwei TANs notwendig. Der Geschäftsführer der Beklagten ist zum Arbeitsplatz der Klägerin gekommen und hat das Passwort zur Öffnung des Überweisungsprogramms (VR-NetWorld) eingegeben, wobei die Klägerin kurz aufstehen und sich umdrehen musste, damit sie das Passwort nicht sehen konnte. Sodann hat die Klägerin mittels der ihr vom Geschäftsführer der Beklagten zur Überweisung der Löhne eigens mitgeteilten TAN die Sammelüberweisung selbst ausgeführt. Ausweislich des von der Beklagten vorgelegten Ausdrucks der Überweisungen war im Rahmen der von der Klägerin vorgenommenen Sammelüberweisung nach den Lohnüberweisungen die Überweisung an das Autozentrum E. zur Begleichung der das Privatfahrzeug der Klägerin betreffenden Rechnung angehängt. Hierzu muss die Überweisung an das Autozentrum E. eigens in die von der Klägerin vorgenommene Sammelüberweisung mit eingestellt worden sein. Nach dem Ablauf der von der Klägerin vorgenommenen Sammelüberweisung spricht alles dafür, dass die Klägerin die streitige Überweisung selbst hinzugefügt hat, zumal auch nur sie ein Interesse an der Begleichung der Rechnung hatte. Eine anderweitige nachvollziehbare Erklärung ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Vielmehr hat die Klägerin sowohl bei ihrer Anhörung als auch schriftsätzlich selbst eingeräumt, dass sie keine Erklärung dafür habe, auf welche Weise die Rechnung als Anhang zu der Sammelüberweisung gelangt sei. Eine anderweitige Erklärung ist auch nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass der Geschäftsführer der Beklagten neben ihr gestanden und sie nicht aus den Augen gelassen habe, lässt die tatsächliche Überweisung der Rechnung im Rahmen der von der Klägerin selbst ausgeführten Sammelüberweisung den Schluss darauf zu, dass die Klägerin hierzu tatsächlich gleichwohl in der Lage war, zumal im Online-Banking bekannte Überweisungsempfänger bereits hinterlegt sind und die Eingabe der Kunden-/Rechnungsnummer und des Überweisungsbetrags in kurzer Zeit vorgenommen werden kann. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob gemäß dem Vortrag der Beklagten bei einer Sammelüberweisung die zuerst eingestellte Rechnung entsprechend der zeitlichen Reihenfolge ganz oben erscheinen muss. Unabhängig von der Reihenfolge, in der bei Verwendung des Überweisungsprogramms die Überweisungen im Rahmen einer Sammelüberweisung erscheinen, muss die Überweisung an das Autohaus E. eigens in die von der Klägerin ausgeführte Sammelüberweisung eingestellt worden sein. Der äußere Geschehensablauf lässt darauf schließen, dass die Klägerin die Einzelüberweisung an das Autohaus E. hinzugefügt hat. Im Hinblick darauf, dass die Rechnung nach dem zum Ausdruck gebrachten Willen des Geschäftsführers der Beklagten nicht vom Geschäftskonto bezahlt werden sollte und der Klägerin auf den Schreibtisch gelegt worden war, spricht alles dafür, dass die Klägerin selbst die Überweisung an das Autohaus E. in die von ihr ausgeführte Sammelüberweisung mit eingestellt hat, zumal allein sie ein Interesse an der Begleichung der ihr Privatfahrzeug betreffenden Rechnung hatte. Danach ist die Berufungskammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin die Rechnung im Rahmen der von ihr ausgeführten Sammelüberweisung mit überwiesen hat. Dabei hat sich das Gericht für seine von § 286 ZPO geforderte Überzeugung mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit zu begnügen, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig ausschließen zu müssen (BAG 16. Juli 2015 – 2 AZR 85/15 – Rn. 73, NZA 2016, 161). Unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und der Anhörung der Parteien verbleiben keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Klägerin die sie betreffende Rechnung bei der von ihr getätigten Sammelüberweisung selbst eingestellt und mit überwiesen hat.

bb) Eine vorherige Abmahnung war im Streitfall entbehrlich. Es handelt sich um eine schwerwiegende Pflichtverletzung, deren Rechtswidrigkeit für die Klägerin eindeutig erkennbar und deren Hinnahme durch die Beklagte ganz offensichtlich ausgeschlossen war.

cc) Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles ist die ordentliche Kündigung als billigenswert und angemessen anzusehen.

Zwar ist zugunsten der Klägerin ihr Lebensalter von 50 Jahren bei Kündigungsausspruch und ihre langjährige Betriebszugehörigkeit seit 01. Juli 1993 zu berücksichtigen. Zu ihren Lasten fällt aber ins Gewicht, dass es sich um eine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung handelt, die an sich geeignet ist, sogar eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Klägerin hat sich bewusst über den entgegengesetzten Willen des Geschäftsführers der Beklagten hinweggesetzt und die ihr Privatfahrzeug betreffende Rechnung im Rahmen der von ihr vorzunehmenden Überweisung der Löhne mit überwiesen. Damit hat sie die ihr als Buchhalterin der Beklagten obliegenden Pflichten derart schwerwiegend verletzt, dass das für jede weitere Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen irreparabel zerstört ist. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen erscheint eine ordentliche Kündigung als angemessene und billigenswerte Reaktion der Beklagten.

Im Hinblick darauf, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung vom 29. Januar 2016 mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. August 2016 sein Ende gefunden hat, sind auch die weiteren Kündigungsschutzanträge, die sich gegen die in den Folgekündigungen enthaltenen ordentlichen Kündigungen richten, jeweils unbegründet, weil zum Kündigungstermin dieser Kündigungen kein Arbeitsverhältnis der Parteien mehr bestanden hat. Gleiches gilt aufgrund der wirksamen Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch für den allgemeinen Feststellungsantrag und den Weiterbeschäftigungsantrag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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