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Kündigung wegen eigenmächtiger Selbstbeurlaubung

ArbG Düsseldorf – Az.: 8 Ca 3919/17 – Urteil vom 20.12.2017

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Streitwert: 12.963,15 €

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten.

Die am 3. geborene, ledige Klägerin ist seit dem 01.08.2014 als Junior Business Excellence Manager auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 26.06.2014 (Blatt 7 bis 13 der Gerichtsakte) mit Controlling-Tätigkeiten bei der Beklagten tätig, die regelmäßig mehr als zehn Mitarbeiter beschäftigt. Das monatliche Bruttogehalt der Klägerin betrug zuletzt 4.321,16 € zuzüglich 71 % Urlaubsgeld, 50 % Weihnachtsgeld sowie eines Erfolgsbonus, der im Jahr 2017 1.101,00 € ausmacht.

Die Klägerin hat arbeitsvertraglich „Gleitzeit“. Dienstbeginn ist nach betrieblicher Übung spätestens um 10:00 Uhr.

Die Klägerin wird bei der Beklagten in der Abteilung „Online Performance Management“ (SOP) eingesetzt und ist für den Bereich Mobilfunk zuständig. Ihr unmittelbarer Vorgesetzter ist der Zeuge I..

In der Abteilung SOP gilt folgende Regelung, zur Beantragung von Urlaub vor dessen Antritt: Der jeweilige Mitarbeiter trägt seinem unmittelbaren Vorgesetzten einen Termin mit dem jeweiligen Urlaubswunsch im Outlook ein. Außerdem muss jeder Mitarbeiter den Urlaub rechtzeitig über das „Employee Self Service“-System (ESS) der Beklagten beantragen. Dafür trägt der Mitarbeiter seinen Urlaubswunsch in das ESS ein. Nach der Eintragung durch den Mitarbeiter sendet das System automatisch eine E-Mail mit dem Urlaubswunsch an den Vorgesetzten. Der Vorgesetzte kann den Antrag innerhalb einer Woche bearbeiten. Reagiert er nicht innerhalb einer Woche, so wird der Urlaub durch das System automatisch als genehmigt vermerkt und der Mitarbeiter enthält eine entsprechende automatisch versendete Mitteilung per E-Mail. Diese Vorgehensweise zur Urlaubsbeantragung hielt die Klägerin in der Vergangenheit stets ein und beantragte ihren jeweiligen Urlaub rechtzeitig vor Urlaubsantritt bei Herrn I. und im ESS-System.

Berufsbegleitend absolvierte die Klägerin ein Masterstudium „BWL Management“ an der FOM Düsseldorf, das sie am 21.06.2017 mit Prädikat erfolgreich abschloss. Im Hinblick auf ihre Prüfung hatte die Klägerin für den 22. und 23.06.2017 Urlaub beantragt, der ihr auch bewilligt worden war.

Am Montag, den 26.06.2017, erschien die Klägerin morgens nicht im Betrieb der Beklagten. Um 12:04 Uhr schickte sie eine E-Mail mit dem Betreff „Spontan-Urlaub“ und dem folgenden Inhalt an den Zeugen I.:

„Hallo Q. ich habe Dich gerade telefonisch nicht erreichen können.

Ich habe mein Studium nun erfolgreich abgeschlossen, was meinen Vater dazu veranlasst hat mich am Wochenende mit einem sehr spontanen Aufenthalt auf Mallorca zu überraschen. In der Euphorie und Eile, habe ich nicht mehr die Möglichkeit gehabt eine Abwesenheitsnotiz etc. am Rechner zu vermerken.

Meine Abwesenheit ist diese Woche, d.h. vom 26.06.2017 bis 30.06.2017.

Gib mir doch gerne kurz Rückmeldung und entschuldige für die „Überrumpelung“, damit habe ich selbst nicht gerechnet.

Viele Grüße

O.“

Der Zeuge I. antwortete am 26.06.2017 um 17:02 Uhr auf diese Mail wie folgt:

„Hallo O.,

schreibst du mir grad am 26.06. um 12h, dass du vom 26.06. bis 30.06. im Urlaub bist?

Ganz ehrlich, ich will mich immer gern maximal flexibel zeigen was Urlaub angeht.

Aber das geht so nicht.

C. ist diese Woche fast nicht da, wir haben noch ein paar offene Themen mit Finance beim Budget und ich brauche dich diese Woche dringend hier vor Ort.

Nächste Woche gern, aber diese Woche sind die betrieblichen Gegebenheiten einfach nicht gegeben.

Mach von mir aus gern den Freitag frei und dann noch Montag und Dienstag in der nächsten Woche, aber diese Woche brauche ich dich hier.

VG Q.“

Am nächsten Tag, dem 27.06.2017, antwortete die Klägerin um 9:26 Uhr wie folgt:

„Guten Morgen Q.

Ich bin bereits seit dem Wochenende auf Mallorca und somit besteht nicht die Möglichkeit ins Büro zu kommen.

Magst du mir ein Zeitfenster geben, zu dem ich dich erreichen kann? Dann kann ich dir die Lage erläutern.

Viele Grüße

O.“.

Im Verlauf der Woche vom 26.06.2017 bis zum 30.06.2017 kehrte die Klägerin nicht aus dem Urlaub zurück und erbrachte in dieser Zeit auch keine Arbeitsleistung.

Die Mitarbeiterin T. nahm in der Zeit vom 26.06.2017 bis zum 28.06.2017 an einem „SAP-Controlling“–Seminar in München teil.

Am Montag, den 03.07.2017 erschien die Klägerin morgens nicht im Büro. Gegen 9:00 Uhr telefonierten der Zeuge I. und Frau X., eine Personalmitarbeiterin der Beklagten mit der Klägerin.

Mit Schreiben vom 04.07.2017, wegen dessen genauen Inhalts auf Blatt 79 bis 83 der Gerichtsakte Bezug genommen wird, hörte die Beklagte den bei ihr existierenden Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung der Klägerin an.

Mit Schreiben vom 11.07.2017 (Blatt 15 f. der Gerichtsakte), das der Klägerin am 13.07.2017 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristgerecht zum 31.08.2017. Gegen diese Kündigung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 21.07.2017 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen, der Beklagten am 28.07.2017 zugestellten Klage.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt und daher unwirksam. Sie behauptet, im Vorfeld ihrer Prüfung habe sie mit dem Zeugen I. abgeklärt, dass eine Verlängerung des Urlaubs „kurzfristig möglich“ sei. Eine Verlängerung habe sie von der Einladung ihres Vaters und dem Wetter abhängig machen wollen. Der Zeuge I. habe dem bedingten Urlaubsantrag ohne Einschränkung zugestimmt, und habe erwähnt, er fliege vom 15.05.bis 29.05. selbst nach Bali in den Urlaub. Der Zeuge I. habe sie bei diesem Gespräch nicht darauf hingewiesen, dass sie ihren Antrag schriftlich oder gemäß einer „im Arbeitsalltag gelebten Regelung“ anders hätte beantragen müssen. Die übliche Regelung betreffend die Urlaubsbewilligung sei nicht ohne Ausnahme gültig gewesen und werde auch im Alltag beständig variiert und in Einzelfällen individuell gehandhabt. Über den bewilligten Urlaub bis zum Freitag, den 23.06.2017 hinaus habe sie sich im Anschluss an ihren genehmigten Urlaub bereits am Wochenende auf Mallorca befunden. Von dort habe sie sich bei dem Zeugen I. vormittags ca. gegen 10:00 Uhr zunächst telefonisch und danach per E-Mail gemeldet und – wie angekündigt – den Urlaub für die Woche vom 26.06. bis 30.06.2017 beantragt. Am 26.06.2017 habe sie vorher noch ihren Kollegen H. angerufen, um sich die E-Mail-Adresse des Zeugen I. geben zu lassen, nachdem sie diesen telefonisch nicht erreicht habe. Am 27.06.2017 habe sie um 16:30 Uhr den Zeugen I. telefonisch erreicht. Dieser sei freundlich gewesen und habe gesagt, er sei in einem Bewerbungsgespräch und werde sie am Abend, gegebenenfalls im Laufe des nächsten Werktages zurückrufen. Nach Beendigung des Telefonats habe sie ihm noch ihre private Handynummer zu gemailt. Bis Mittwoch habe sie dann vergeblich auf einen Rückruf des Zeugen I. gewartet. Während des Wartens habe sie sich auf ihren Rückflug noch am Abend oder am Folgetag eingestellt, sofern ihr Vorgesetzter wichtige Aufgaben darstellen würde, oder auch nur formell bei der Verweigerung des Urlaubs bleiben würde. Ohne den angekündigten Rückruf sei sie davon ausgegangen, dass ihr Urlaub doch bewilligt sei, sei es als Sonderregelung oder aus Freude über ihre bestandene Prüfung, sei es, dass sich die „offenen Themen mit Finance beim Budget“ bei einer Nachbetrachtung doch als aufschiebbar erwiesen hätten. Dies wäre für sie logisch gewesen, zumal Fristverlängerungen über die Abgabe von Finanzunterlagen in der Vergangenheit häufig gewesen seien. Ihre Anwesenheit oder eine Vertretung für sie sei in der fraglichen Zeit auch nicht im Hinblick auf eine Finance-Abstimmung erforderlich gewesen. Die Zeugin C.. habe dem für die Finanzierung zuständigen B. bereits am Freitag, den 23.06.2017 mitgeteilt, dass sie ihm das Erklärungschart am Donnerstag zusenden werde. Diese Unterrichtung sei an ihren Vorgesetzten den Zeugen I. und cc an sie gegangen. Wegen des genauen Wortlautes dieser E-Mail wird auf Blatt 112 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Klägerin behauptet des Weiteren, sie sei davon ausgegangen, dass die Verlängerung ihres Urlaubs im eigenen Interesse der Beklagten liege, zumindest aber arbeitstechnisch kein Problem darstelle. Kurze Zeit vor ihrer Prüfung habe der Zeuge I. alle Mitarbeiter der Abteilung aufgefordert, ihren Urlaub wegen des Sommerloch einzutragen. Als ledige Mitarbeiterin habe sie auf ihre Kollegen und Kolleginnen mit schulpflichtigen Kindern Rücksicht nehmen müssen. Aufgrund der Planungen der übrigen Kollegen sei klar gewesen, dass sie ihren Urlaub vor den Sommerferien, die am 14.07.2017 begannen, nehmen müsse.

Sie habe darüber hinaus ihrem Abteilungsleiter immer wieder angekündigt „wenn ich die Prüfung in der Tasche habe, bin ich erst einmal für mindestens zwei Wochen weg!“ Nie habe sie auch nur den geringsten Widerspruch, Einschränkung oder eine rechtliche Belehrung hierauf erfahren. In der fraglichen Woche sei in ihrem Outlook-Kalender kein wichtiger Termin vermerkt gewesen.

Unzutreffend sei, dass der Zeuge I. keine anderen Ansprechpartner für das Thema Budget mit den notwendigen Zugängen und Fachkenntnissen in seinem Team gehabt habe. Die Sekretärin D. habe die Zugänge zu SAP und sei in der Lage Wareneingänge zu buchen. Auch die Kollegin T. habe als „Seniormanager“ sowohl den Überblick als auch alle erforderlichen Zugänge zu SAP. Das Telefonat am 03.07.2017 mit Frau X. und dem Zeugen I. habe ungefähr den folgenden Verlauf gehabt: „Hallo O., hier ist G.., Personalabteilung, unterstützend zu Herrn I.. Uns liegt kein offizieller Urlaubsantrag/genehmigter Urlaubsantrag von dir vor. Herr I. berichtete mir von deiner Abwesenheit. Ist dir klar, dass das ein Grund für eine fristlose Kündigung ist!“. Sie sei von dieser Gesprächseröffnung völlig irritiert gewesen und habe ihre Fassung im Verlaufe des Gespräches auch nicht wiedergefunden. Sie habe keine Möglichkeit zur Aufklärung des Sachverhaltes erhalten. Sie habe nicht einmal auf Ihr Bemühen um den Kontakt zu dem Zeugen I. und das geführte Telefonat mit der Rückrufankündigung des Zeugen I. hinweisen können. Sie habe auch nicht erläutern können, dass sie sich um das klärende Gespräch mit ihrem Vorgesetzten dem Zeugen I. bemüht habe, weil sie habe abklären wollen, ob sie tatsächlich benötigt werde und der Zeuge I. ihr den beantragten Urlaub wirklich verweigere. Sie habe auch nicht ausführen können, dass sie bei Bejahung beider Fragen sofort zurückgekehrt wäre und den Donnerstagstermin über das Thema „Finance“ wahrgenommen hätte. Sie habe auch keine Gelegenheit gehabt, ihr Verhalten „zu bereuen“.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.07.2017 nicht beendet worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Kündigung sei aus Gründen im Verhalten der Klägerin sozial gerechtfertigt. Die Klägerin habe ihre Pflicht zur Erbringung ihrer Arbeitsleistung wiederholt schuldhaft verletzt. Zunächst war sie am 26.06.2017 unangekündigt nicht zur Arbeit erschienen. Dann sei sie trotz der Ablehnung ihres Vorgesetzten weiterhin im unangekündigten Urlaub verblieben und habe auch am Montag den 03.07.2017 unangekündigt ihre Arbeit nicht aufgenommen. Hierdurch habe sie ihre Hauptleistungspflicht zur Erbringung ihre Arbeit vorwerfbar, massiv und wiederholt verletzt.

Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei am Montag, den 26.06.2017 zunächst unangekündigt nicht zur Arbeit erschienen und sei eine Woche eigenmächtig im nicht genehmigten Urlaub verblieben. Vor dem 26.06.2017 habe die Klägerin mit dem Zeugen I. lediglich besprochen, dass sie sich in der Zeit ihrer Vorbereitung auf die Prüfung für ihren berufsbegleitenden Masterstudiengang insbesondere für den Prüfungstag auch recht kurzfristig Urlaub nehmen könne. Dies aber ausnahmslos nach vorheriger Absprache mit dem Zeugen I.. Über einen spontanen Urlaub nach der Prüfung hätten die Klägerin und Herr I. nie gesprochen. Am 26.06.2017 sei der Verbleib der Klägerin bis mittags ungeklärt gewesen. Zum Absendezeitpunkt der ersten E-Mail am 26.06.2017 habe sich die Klägerin bereits im unangekündigten Urlaub auf Mallorca befunden, obwohl sie an diesem Tag hätte arbeiten müssen. Sie sei auch im Verlauf der Woche trotz der Aufforderung ihres Vorgesetzten nicht aus dem eigenmächtig angetretenen Urlaub zurückgekehrt und habe unentschuldigt keine Arbeitsleistung erbracht. Der Zeuge I. habe keine Möglichkeit gehabt, derart kurzfristig für eine Vertretung zu sorgen. Die einzige Vertretung, die in Betracht gekommen wäre, sei Frau C.. gewesen, die neben der Klägerin als einzige Mitarbeiterin in der Abteilung für Budgetthemen zuständig sei und die notwendigen Zugänge und Fachkenntnisse habe, die für die Erarbeitung einer wichtigen Unterlage zwecks einer auf Donnerstag, den 29.06.2017 terminierten Finance-Abstimmung erforderlich gewesen seien. Die anderen Mitarbeiter dieser Abteilung verfügten nicht über die erforderlichen SAP-Zugänge und Kenntnisse. Die Abwesenheit der Klägerin habe zu erheblichen betrieblichen Ablaufstörungen in der Woche vom 26. bis 30.06.2017 geführt. Die erforderliche Unterlage für den wichtigen Termin mit der Finance-Abteilung habe trotz zweier Nachtschichten von dem Zeugen I. nur sehr mangelhaft erstellt werden können und habe zu einem erheblichen Mehraufwand für den Bereich in den Folgewochen geführt, bis das Thema dann wieder beruhigt und geklärt gewesen sei. Auch wenn das Verhalten der Klägerin an sich einen Grund für eine außerordentliche Kündigung dargestellt habe, habe sie sich aus sozialen Erwägungen gegen den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung entschieden, da sie der Klägerin, die frisch nach Abschluss ihres Studiums noch ganz am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehe, durch ein Beendigungsdatum 11.06. im Hinblick auf die kurze ordentliche Kündigungsfrist von einem Monat keine weiteren „Steine in den Weg“ habe legen wollen.

Im Rahmen eines Telefonats zwischen der Klägerin, dem Zeugen I. und Frau X. habe Herr I. die Klägerin auf ihren eigenmächtigen Urlaubsantritt angesprochen. Die Klägerin habe eingeräumt, dass ihr zwar bekannt sei, dass dies nicht das übliche Vorgehen in der Abteilung sei und dass Urlaub im Vorfeld mit dem Vorgesetzten abzustimmen sei. Sie sei aber spontan von ihrem Vater zu dem Urlaub eingeladen worden und habe daher keine andere Möglichkeit gehabt, als den Urlaub anzutreten und nach Mallorca zu fliegen. Auf Nachfrage von Frau X. habe sie erklärt, die Möglichkeit den Urlaub abzulehnen, sei keine Option gewesen. In dem Gespräch habe die Klägerin den Eindruck vermittelt, dass sie die Verantwortung für ihr Verhalten nicht bei sich selbst sehe und keinen Einfluss auf ihr (Fehl-)Verhalten erkenne. Sie habe sich weder einsichtig gezeigt, noch habe sie ihr Verhalten bereut. Ihr Vater habe sie total überrumpelt und sie habe keine andere Möglichkeit gehabt, als in den Urlaub zu fahren.

Eine vorherige Abmahnung war nach Ansicht der Beklagten aufgrund des vorsätzlichen vertragsbrüchigen Verhaltens der Klägerin, der Schwere der Pflichtverletzung und der sich daraus für die Klägerin ergebenden Erkennbarkeit, ihr Arbeitsverhältnis durch ein solches Verhalten aufs Spiel zu setzen, entbehrlich. Die Klägerin habe davon ausgehen müssen, dass sie einen solch schwerwiegenden Verstoß gegen die Hauptleistungspflicht nicht dulden würde. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Verweigerung des Urlaubs durch den Zeugen I. mit der Begründung, dass die Klägerin dringend vor Ort gebraucht werde. Sie müsse auch davon ausgehen, dass die Klägerin in Zukunft ihr Verhalten nicht ändern werde. Die Klägerin habe in dem Gespräch mit Frau X. und Herrn I. bestätigt, dass sie gewusst habe, dass Urlaub im Vorfeld zu beantragen sei, sie habe aber aufgrund der Kurzfristigkeit der Einladung ihres Vaters keine andere Möglichkeit gehabt, als in Urlaub anzutreten und nach Mallorca zu fliegen. Sie habe in dem Gespräch geäußert, ihr sei durchaus bewusst, dass man nicht unangekündigt und eigenmächtig in den Urlaub fahren dürfe, sie habe aber keine andere Wahl gehabt, da ihr Vater sie mit dem Urlaub überrumpelt habe. Die Klägerin habe auch mit dieser Aussage deutlich gezeigt, dass ein pflichtgemäßes Alternativverhalten, nämlich der Arbeitspflicht nachzukommen und nicht in den Urlaub zu fahren keine Option gewesen sei. In dem Telefonat mit Frau X. und dem Zeugen I. habe die Klägerin keine Vereinbarung erwähnt, die sie mit Herrn I. betreffend den Spontanurlaub getroffen habe.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen I.. Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf Blatt 138 bis 142 der Gerichtsakte Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die von der Beklagten unter dem 11.07.2017 ausgesprochene Kündigung ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 31.08.2017 beendet.

1. Die Kündigung der Beklagten gilt nicht bereits gemäß §§ 4, 7 KSchG als wirksam, denn die Klägerin hat mit ihrer Klage die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG gewahrt. Die Klage, mit der sich die Klägerin gegen die ihr am 13.07.2017 zugegangene Kündigung wendet, ging am 21.07.2017 beim Arbeitsgericht Düsseldorf ein und wurde der Beklagten alsbald, nämlich am 28.07.2017 zugestellt.

2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, denn die Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.08.2014, d.h. länger als sechs Monate beschäftigt – § 1 Abs. 1 KSchG und im Betrieb der Beklagten sind regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer tätig – § 23 Abs. 1 KSchG.

3. Die Kündigung vom 11.07.2017 ist sozialgerechtfertigt, denn sie ist durch Gründe im Verhalten der Klägerin bedingt – § 1 Abs. 2 KSchG.

a. Eine Kündigung ist im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers bedingt und damit nicht sozial ungerechtfertigt, wenn dieser seine vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat, eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht und dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers über die Kündigungsfrist hinaus in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile nicht zumutbar ist. Auch eine erhebliche Verletzung der den Arbeitnehmer gem. § 241 Abs. 2 BGB treffenden Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitgebers kann eine Kündigung rechtfertigen (vgl. BAG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 2 AZR 42/16, zitiert nach Juris Rz. 11; BAG, Urteil vom 19. November 2015 – 2 AZR 217/15, zitiert nach Juris Rz. 24; BAG, Urteil vom 3. November 2011 – 2 AZR 748/10, zitiert nach Juris Rz. 20). Eine Kündigung scheidet dagegen aus, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen von Seiten des Arbeitgebers – wie etwa eine Abmahnung – geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (vgl. BAG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 2 AZR 42/16, zitiert nach Juris Rz. 11; BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15, zitiert nach Juris Rz. 24; BAG, Urteil vom 31. Juli 2014 – 2 AZR 434/13, zitiert nach Juris Rz. 19). Einer Abmahnung bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und offensichtlich (auch für den Arbeitnehmer erkennbar) ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 15. Dezember 2016 – 2 AZR 42/16, zitiert nach Juris Rz. 11; BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15, zitiert nach Juris Rz. 24; BAG, Urteil vom 20. November 2014 – 2 AZR 651/13, zitiert nach Juris Rz. 22).

Für eine verhaltensbedingte fristgemäße Kündigung genügen regelmäßig solche, im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Umstände, die bei verständiger Würdigung in Abwägung der Interessen der Vertragsparteien zumindest die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Als verhaltensbedingter Grund ist insbesondere eine rechts- oder (vertrags-)widrige Pflichtverletzung aus dem Arbeitsverhältnis geeignet, wobei regelmäßig Verschulden erforderlich ist; die Leistungsstörung muss dem Arbeitnehmer vorwerfbar sein. Insofern genügt ein Umstand, der einen ruhig und verständig urteilenden Arbeitgeber zur Kündigung bestimmen kann (vgl. BAG, Urteil vom 17. Januar 2008 – 2 AZR 536/06, zitiert nach Juris Rz. 13; LAG Düsseldorf, Urteil vom 14. August 2008 – 5 Sa 401/08, zitiert nach Juris Rz. 47).

Tritt der Arbeitnehmer eigenmächtig einen vom Arbeitgeber nicht genehmigten Urlaub an, so verletzt er seine arbeitsvertraglichen Pflichten, und ein solches Verhalten ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93, zitiert nach Juris Rz. 24; BAG, Urteil vom 16. März 2000 – 2 AZR 75/99, zitiert nach Juris Rz. 39) an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung (§ 626 BGB) darzustellen. Die Urlaubsgewährung erfolgt nach § 7 BUrlG durch den Arbeitgeber. Lehnt dieser die Urlaubserteilung ohne ausreichende Gründe ab, so kann der Arbeitnehmer durch eine Leistungsklage oder ggf. einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine Ansprüche durchsetzen. Ein Recht des Arbeitnehmers, sich selbst zu beurlauben, ist angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes grundsätzlich abzulehnen (vgl. BAG, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93, zitiert nach Juris Rz. 24, m.w.N.). Hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Urlaub erteilt, so verletzt dieser seine Arbeitspflicht, wenn er eigenmächtig einen Urlaub antritt. Hatte der Arbeitgeber die Urlaubsgewährung ausdrücklich abgelehnt, so wird regelmäßig sogar eine beharrliche Arbeitsverweigerung vorliegen. Ein solches Verhalten ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darzustellen (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 20. Januar 1994 – 2 AZR 521/93, zitiert nach Juris Rz. 24).

b. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze ist die von der Beklagten unter dem 11.07.2017 ausgesprochene ordentliche Kündigung wegen eigenmächtiger Urlaubsgewährung sozialgerechtfertigt.

aa. Die Kammer ist aufgrund des unstreitigen Sachvortrages der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass die Klägerin sich für die Zeit vom 26.06.2017 bis zum 30.06.2017 eigenmächtig Urlaub gewährt, da dieser „Spontanurlaub“ weder im Vorfeld mit dem Zeugen I. abgesprochen wurde noch eine Genehmigung dieses Urlaubs durch den Zeugen erfolgte.

(1). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin den Urlaub für die Zeit vom 26.06.2017 bis zum 30.06.2017 nicht wie bei der Beklagten üblich über das ESS-System bei ihrem Vorgesetzten beantragt hatte.

(2). Das Verhalten der Klägerin ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil sie mit dem Zeugen I. vor dessen Urlaub im Mai abgesprochen hatte, dass eine kurzfristige Verlängerung dieses Urlaubs möglich sei, dass sie nach ihrer Prüfung spontan Urlaub nehmen könne. Diese Behauptung der Klägerin wurde durch den Zeugen I. im Rahmen seiner Vernehmung nicht bestätigt. Im Rahmen seiner Vernehmung führte der Zeuge I. lediglich aus, mit der Klägerin im Mai vor seinem eigenen Urlaub besprochen zu haben, dass diese im Zusammenhang mit ihrer Prüfung noch einmal zwei bis drei Tage Urlaub nehmen müsse. Weiterhin sagte er, am 28. Mai habe er von der Klägerin dann eine E-Mail bekommen, mit der sie mitgeteilt habe, dass sie Montag und Dienstag Urlaub nehmen müsse wegen ihrer Prüfung. Daraus habe er geschlossen, dass die Prüfung der Klägerin Anfang Juni gewesen sei. Ende Juni habe er dann eine weitere Mail von der Klägerin bekommen, aus der hervorgegangen sei, dass die Kläger diese Woche Urlaub haben wolle und schon auf Mallorca sei. An eine vorherige Absprache eines solchen Spontanurlaubs konnte der Zeuge sich auf Nachfrage der Kammer ebenso wenig erinnern wie daran, dass über einen Urlaub nach der Prüfung gesprochen worden sei. Nach einer weiteren Nachfrage der Kammer erklärte der Zeuge, er sei sich sicher, dass darüber nicht gesprochen worden sei, sondern nur über den Fall des Urlaubs vor der Prüfung. Der Zeuge bestätigte auch nicht die Behauptung der Klägerin, sie habe immer wieder angekündigt, wenn sie die Prüfung in der Tasche habe, sei sie erst einmal für mindestens zwei Wochen weg.

Die Kammer hat keinen Anlass gesehen, die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen I. und dessen Glaubwürdigkeit anzuzweifeln. Insbesondere hat die Kammer anhand der Aussage keine Anhaltspunkte für die von der Klägerin angedeutete Befangenheit des Zeugen ihr gegenüber, weil der Zeuge einen anderen Arbeitnehmer auf der Position der Klägerin bevorzugt. Der Umgangston zwischen der Klägerin und dem Zeugen war insoweit unauffällig und auch die Wortwahl des Zeugen gab keine Veranlassung, eine irgendwie geartete Voreingenommenheit anzunehmen. Hinzukommt, dass die Aussage in sich schlüssig und widerspruchsfrei war. Der Zeuge begründete, warum aus seiner Sicht der Urlaub vor der Prüfung im Gegensatz zum Urlaub danach bedeutsam und sinnvoll erschien.

(3). Aber nicht nur die Aussage des Zeugen, sondern auch die eigene E-Mail der Klägerin vom 26.06.2017 spricht gegen die von der Klägerin behauptete Absprache. Darin schreibt die Klägerin unter dem Betreff „Spontan-Urlaub“ unter anderem an den Zeugen I. „entschuldige für die „Überrumpelung““. Diese Wortwahl spricht aus Sicht der Kammer gegen eine zu diesem Zeitpunkt bereits verbindlich getroffene Vereinbarung betreffend eine mögliche Urlaubsverlängerung.

(4). Auch die von der Klägerin behauptete, von dem Zeugen nicht bestätigte Tatsache, dass sie dem Zeugen immer wieder angekündigt habe, „wenn ich die Prüfung in der Tasche habe, bin ich erst einmal für mindestens zwei Wochen weg!“, führt nicht dazu, dass eine Genehmigung des Urlaubs nach der Prüfung als erteilt angenommen werden kann. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass sie derartige Äußerungen getätigt habe, entbindet sie das nicht von der Verpflichtung ihren Urlaub ordnungsgemäß zu beantragen. Es ist nicht die Aufgabe ihres Vorgesetzten auf derartige Bemerkungen mit einem Hinweis auf die Notwendigkeit eines ordnungsgemäßen Urlaubsantrags zu reagieren. Es ist vielmehr Sache der Klägerin als Arbeitnehmerin, die Urlaub machen möchte, dafür Sorge zu tragen, dass dieser vor Antritt des Urlaubs genehmigt wird.

(5). In diesem Zusammenhang ist es für die Kammer auch nicht nachvollziehbar, wieso die Klägerin den Urlaub für den 22./23.06.2017 ordnungsgemäß beantragte und gewährt erhielt, aber keinen entsprechenden Antrag für die Folgewoche einreichte. Soweit sie ausführt, sie habe eine Verlängerung von der Einladung ihres Vaters und dem Wetter abhängig machen wollen, entbindet sie das nicht von dem Erfordernis, dass die Beklagte den Urlaub gewähren muss.

(6). Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht war der Zeuge I. nicht gehalten, auf ihre zweite Mail, mit der sie mitteilte, dass sie bereits seit dem Wochenende auf Mallorca sei und somit nicht die Möglichkeit bestehe, ins Büro zu kommen, zu reagieren und ihr Gelegenheit zu geben, ihm die Lage zu erläutern. Aufgrund der E-Mail, die der Zeuge zuvor an die Klägerin gesandt hatte, war aus seiner Sicht alles geklärt, denn darin hatte er der Klägerin unmissverständlich mitgeteilt, dass er ihr für die Woche vom 26.06.2017 bis zum 29.06.2017 auf keinen Urlaub gewähren könne, da die betrieblichen Gegebenheiten dafür einfach nicht gegeben seien und er sie diese Woche dringend vor Ort brauche, da die Kollegin der Klägerin in dieser Woche fast nicht da sei und es noch ein paar offene Themen mit Finance beim Budget gebe. Der Zeuge bot der Klägerin in dieser Mail an Freitag und Montag und Dienstag in der nächsten Woche Urlaub zu machen, und wies darauf hin, dass er sie diese Woche hier brauche.

(7). Es kann dahinstehen, ob ein nachträglicher Urlaubsantrag der Klägerin am 26.06.2017 zu einer anderen Bewertung ihres Verhaltens hätte führen können, denn die Mail der Klägerin vom 26.06.2017 kann auch nicht als Urlaubsantrag verstanden werden, derartiges ergibt sich ihrem Wortlaut in keiner Weise. Die Klägerin schreibt in der Mail „Ich habe mein Studium nun erfolgreich abgeschlossen, was meinen Vater dazu veranlasst hat mich am Wochenende mit einem sehr spontanen Aufenthalt auf Mallorca zu überraschen. In der Euphorie und Eile, habe ich nicht mehr die Möglichkeit gehabt eine Abwesenheitsnotiz etc. am Rechner zu vermerken. Meine Abwesenheit ist diese Woche, d.h. vom 26.06.2017 bis 30.06.2017. Gib mir doch gerne kurz Rückmeldung und, damit habe ich selbst nicht gerechnet.“ Die Klägerin stellt hier den Fakt dar, dass sie sich auf Mallorca befindet und dort noch bis zum 30.06.2017 sein wird und spricht die vergessen Abwesenheitsnotiz an. Die Frage, ob sie (genehmigten) Urlaub hat, eine Genehmigung braucht oder beantragt, wird nicht ansatzweise thematisiert.

(8). Die Kammer teilt auch nicht die Auffassung, die im Vortrag der Klägerin anklingt, dass der Zeuge I. der Klägerin erst die wichtigen Aufgaben hätte darstellen müssen, ehe sie ihren Rückflug noch am Abend oder am Folgetag antritt. Die Klägerin kann auch nicht angenommen haben, ihre Rückkehr sei nicht erforderlich, da Frau T. bereits alles Erforderliche veranlasst habe, denn die E-Mail der Frau T. vom 23.06.2017, mit der sie Herrn I. mitteilt, sie habe dem für die Finanzierung zuständigen B. bereits am Freitag, den 23.06.2017 mitgeteilt, dass sie ihm das Erklärungschart am Donnerstag zusenden werde, hat die Klägerin laut eigener Angabe im Kammertermin am 20.12.2017 erst nach ihrem Urlaub zur Kenntnis genommen.

(9). Soweit die Klägerin behauptet, sie sei davon ausgegangen, dass die Verlängerung ihres Urlaubs im eigenen Interesse der Beklagten liege, zumindest aber arbeitstechnisch kein Problem darstelle, führt auch das nicht zu einer anderen Bewertung. Aufgrund der E-Mail des Herrn I. musste auch der Klägerin klar sein, dass diese Annahme unzutreffend war.

(10). Entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht durfte diese nicht annehmen, dass ihr Urlaub doch bewilligt sei, sei es als Sonderregelung oder aus Freude über ihre bestandene Prüfung, sei es, dass sich die „offenen Themen mit Finance beim Budget“ bei einer Nachbetrachtung doch als aufschiebbar erwiesen hätten, weil der Zeuge I. sie nicht mehr zurückgerufen habe, obwohl er ihr dies zugesagt habe und sie ihm nach Beendigung des Telefonats noch ihre private Handynummer zu gemailt habe. Die E-Mail des Zeugen I., mit der er der Klägerin mitteilte, sie werde an ihrem Arbeitsplatz gebraucht und könne keinen Urlaub machen, war eindeutig und hätte allenfalls durch eine ausdrückliche Erklärung nicht aber durch Schweigen abgeändert werden können. Das hätte auch der Klägerin klar sein müssen.

(11). Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass selbst dann, wenn die Behauptung der Klägerin zutreffen würde, dass Herr I. grundsätzlich mit einer kurzfristigen Urlaubsverlängerung einverstanden gewesen wäre, immer noch die Verpflichtung der Klägerin bestanden hätte, vor Urlaubsantritt mitzuteilen, wann genau dieser Urlaub in Anspruch genommen werden sollte. Warum die Klägerin, die von ihrem Home-Office-Arbeitsplatz auf die Systeme der Beklagten zugreifen kann, nicht zumindest ihre geplante Abwesenheitszeit in das ESS-System eingeben hat, ist nicht nachzuvollziehen. Der Hinweis auf die „Eile und Euphorie“ rechtfertigt dieses Verhalten aus Sicht der Kammer nicht.

(12). Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin in Kenntnis der fehlenden Urlaubsgewährung und insbesondere trotz Kenntnis der Urlaubsablehnung und damit vorsätzlich durch Selbstbeurlaubung eine schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begangen hat.

bb. Auch die stets vorzunehmende Interessenabwägung führt vorliegend nicht zu einer anderen Beurteilung. Unter Berücksichtigung der in jeden Fall gebotenen Interessenabwägung ist die Kammer der Auffassung, dass im vorliegenden Fall aufgrund der vorsätzlichen arbeitsvertraglichen Pflichtverletzung eine fristgemäße Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt ist. Die Lösung des Arbeitsverhältnisses erscheint in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen.

(1). Auf Seiten der Klägerin zunächst das seit knapp drei Jahren unbeanstandet bestehende Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Damit hat die Klägerin zwar ein gewisses „Vertrauensguthaben“ erworben, weil sie sich als pflichtbewusste Arbeitnehmerin erwiesen hat. Mit der Beklagten geht auch die Kammer jedoch davon aus, dass die Klägerin aufgrund ihres Alters und ihrer Berufsausbildung wenig Schwierigkeiten haben wird, eine neue Stelle zu finden. Auf Seiten der Klägerin sind danach keine erheblichen Umstände gegeben, die für eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sprechen.

(2). Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die Interessen der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Interessen der Klägerin an dessen Fortsetzung – auch ohne vorhergehende Abmahnung – überwiegen. Dabei ist zunächst festzustellen, dass eine Abmahnung nach ihrem Sinn und Zweck dazu dienen soll, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass sein Verhalten vom Arbeitgeber als arbeitsvertragliche Pflichtverletzung angesehen wird und im Wiederholungsfall den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Ausgehend davon, dass zur Überzeugung der Kammer feststeht, dass die Klägerin sich bewusst über die fehlende Urlaubsgewährung und insbesondere die Urlaubsablehnung der Beklagten hinweggesetzt hat, konnte die Klägerin nicht ernsthaft erwarten, dass die Beklagte sie zunächst durch eine Abmahnung darauf hinweist, dass sie durch ihr Verhalten eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung verwirklicht, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann. Die Klägerin konnte die Pflichtwidrigkeit ihres Handelns selbst erkennen und war nicht darauf angewiesen, durch eine Abmahnung auf die Pflichtwidrigkeit seines Handelns aufmerksam gemacht zu werden.

(3). Zugunsten der Klägerin konnte auch nicht berücksichtigt werden, dass die Beklagte berechtigten Urlaubswünschen der Klägerin zu Unrecht nicht entsprochen hat. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist die Kammer mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass die Klägerin an ihrem Arbeitsplatz gebraucht wurde und die Beklagte daher berechtigt war, der Klägerin den Urlaub zu verweigern.

(a). Die Kammer folgt insoweit der Aussage des Zeugen I., die die Kammer für glaubhaft hält, denn sie war in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Auch hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen ergeben sich aus Sicht der Kammer keine Bedenken.

Im Rahmen seiner Vernehmung erklärte der Zeuge I., sie hätten für ihren Bereich aus ihrer Sicht zu wenig Mittel zugewiesen bekommen und hätten dann noch einen Nachschlag erhalten und bis Donnerstag in der Woche, in der die Klägerin Urlaub hätte haben wollen, dem Finance-Bereich darstellen müssen, wie sie diese Mittel genau verwenden wollten. Es sei konkret um eine Erhöhung von neun Millionen Euro auf das Jahresbudget gegangen. Dass sie diese neun Millionen Euro mehr bekommen würden, habe sich Wochen oder Monate vorher angedeutet. Dann sei das ein fließender Prozess gewesen. Von der konkreten Aufforderung, die Verwendung dieser Mittel darzustellen, habe er erst einige Tage vorher erfahren. Genauer als ein paar Tage vorher könne er nicht sagen, wann er von diesem Termin erfahren habe. Er meine, es sei von dem Abteilungsleiter in dem Bereich Finance, Herrn C., in einem persönlichen Gespräch gekommen. Wenn ihm vorgehalten werde, dass die Klägerin erklärt habe, dieser Termin sei in ihrem Outlook-Kalender nicht vorgesehen gewesen, so könne er dazu sagen, dass komme schon mal häufiger vor, dass solche Termine kurzfristig angesetzt würden. Er glaube, das sei in diesem Fall auch so gewesen. Dieser Donnerstagstermin sei kein Gesprächstermin, sondern ein Abgabetermin für eine Unterlage gewesen.

Er habe dann ab Dienstag auch richtig Stress und zu tun gehabt, um die Sache glatt zu ziehen, die durch das Fehlen der Klägerin aufgetreten sei. Er habe zwei bis drei Nächte unter anderem dafür aufwenden müssen, und auch am Tag viele andere Sachen liegen lassen müssen, um ein einigermaßen vorzeigbares Produkt herzustellen. Dies sei aber noch nicht ausreichend gewesen und habe noch nachgebessert werden müssen, so dass sie sich von Finance einen Rüffel eingefangen hätten. Wenn das nicht erfolgreich gewesen wäre, wäre die Folge gewesen, dass der Bereich Finance das Geld wieder abgezogen hätte, was dann dazu hätte führen können, dass seine Mitarbeiter und er ihre Ziele nicht hätten erreichen können mit der Konsequenz, dass auch die Gehälter entsprechend reduziert gewesen wären.

Bei diesem Termin am Donnerstag habe es sich um eine einmalige Sache gehandelt. Es hätte ein konkreter Plan aufgestellt werden sollen, wie sie mit den zusätzlich zugewiesenen Mitteln umgehen wollten. Sie hätten verschiedene Produkte in ihrem Bereich, nämlich Mobilfunk, Festnetz und auch Fernsehprodukte, und sie hätten dafür im Einzelnen darstellen sollen, welche Mittel für welchen Bereich verwendet werden sollten, welche konkreten Maßnahmen geplant seien und welche Effekte sie mit diesen Maßnahmen zu erreichen glaubten. Diese Angaben habe der Bereich Finance von ihnen konkretisiert vorgelegt haben wollen. Darzustellen sei gewesen, wie die Gelder im einzelnen Monat für das einzelne Produkt welcher Kostenart verwendet werden sollten und welche konkreten Maßnahmen beabsichtigt seien. Dazu sei die Beteiligung der Fachabteilung erforderlich gewesen. Die ganze zusätzliche Erhöhung habe nur im Bereich der Klägerin, im Mobilfunkbereich, stattgefunden. Die Klägerin und Frau T. seien diejenigen Mitarbeiter, die ein Excel-Tool, ein Budget-Tool hätten, mit dem diese Mittelverteilungen dargestellt werden könnten. SAP brauche man in diesem Zusammenhang, um den IST-Zustand festzustellen, der für die Planung als Basis unverzichtbar sei.

Wenn ihm die E-Mail von Frau T. vom 23.06.2017 zur Kenntnis gebracht werde, könne er dazu sagen, das sei nicht der Bereich, den er soeben angesprochen habe, es sei nur ein kleiner Teil davon. Die Mail von Frau T. betreffe das monatliche Kostenmonitoring. Ob die Klägerin etwas von der weiteren Erhöhung des Etats, der über das hinausgehe, was in der Mail von Frau T. angesprochen werde, wusste oder hätte wissen müssen, das wisse er nicht.

Der Junior- und der Senior-Manager machten im Grunde genommen die gleichen Aufgaben. Allerdings müsse der Senior es in der halben Zeit schaffen. Frau T. sei Senior-Manager.

(b). Aufgrund dieser Aussage ist die Kammer entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung davon überzeugt, dass die Klägerin zumindest in der Zeit vom 26.06.2017 bis zum 29.06.2017 an ihrem Arbeitsplatz gebraucht wurde, um den Zeugen I. bei der Erstellung der von dem Finance-Bereich angeforderten Unterlagen zu unterstützen. Auf die Frage, wann genau der Zeuge von diesem Arbeitsauftrag erfahren hat, kommt es nach Ansicht der Kammer dabei nicht an, denn die Ablehnung des Urlaubs erfolgte in der Woche, in der in jedem Fall die Arbeit anfiel, wenn Abgabetermin der 29.06.2017 war. Hätte die Klägerin ihren Urlaub frühzeitig ordnungsgemäß beantragt, wäre er möglicherweise genehmigt worden, falls der Zeuge I. noch nichts von der zusätzlichen Arbeit gewusst hätte. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin jedoch den Zeugen kontaktierte, bestand ein betriebliches Bedürfnis, den Urlaub nicht zu gewähren.

(4). Aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin ihren privaten Interessen in massiver Weise den Vorzug gegenüber den – wie vorstehend dargestellt berechtigten – Bedürfnissen der Beklagten gegeben hat, ist das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorliegend höher zu bewerten als das Interesse der Klägerin an dessen Fortbestand. Obwohl es ihr unschwer möglich gewesen wäre, blieb die Klägerin auf Mallorca, statt auf die Mail ihres Vorgesetzten hin unverzüglich zurückzukehren. Dass durch diese Vorgehensweise das Vertrauen der Beklagten in die Zuverlässigkeit der Klägerin erheblich beeinträchtigt wurde, war für die Kammer nachzuvollziehen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 46 Abs. 2, 61 Abs. 1 ArbGG, 42 Abs. 2, 63 GKG. Angesetzt wurde ein Vierteljahresverdienst der Klägerin.

 

 

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