Landesarbeitsgericht Frankfurt – Az.: 2 Ta 220/11 – Beschluss vom 19.10.2011
Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors als Vertreter der Staatskasse wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 9. Mai 2011 – 4 Ca 63/11 – aufgehoben.
Der Wert gemäß § 33 RVG wird für das Verfahren auf € 1.700,00 festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerde des Bezirksrevisors hat Erfolg. Der Wert für das Verfahren ist in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes festzusetzen.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens war eine Kündigungsschutzklage gegen eine Folgekündigung vom 24. März 2011, nach dem zwischen die Parteien bereits unter dem Aktenzeichen 4 Ca 50/11 im Hinblick auf die zuvor ausgesprochene Kündigung vom 8. März 2011 ein Kündigungsschutzverfahren anhängig war. Im Termin vom 19. April 2011 schlossen die Parteien im Verfahren 4 Ca 50/11 einen Vergleich, nach dem u.a. das Arbeitsverhältnis aufgrund Kündigung durch den Beklagten mit dem 24. März 2011 geendet hat. Weiterhin wurde in Ziffer 4 diesem Vergleich geregelt, dass der Rechtsstreit der Parteien zum hiesigen Aktenzeichen ebenfalls erledigt ist.
Das Arbeitsgericht hat den Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren in Höhe von drei Gehältern auf € 5.100,00 festgesetzt. Der Beschwerdeführer hat in seiner Anhörung zur Streitwertfestsetzung gefordert, den Wert in Höhe eines Gehaltes mit € 1.700,00 bemessen.
Im Streit stand hier eine Folgekündigung im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Hessischen Landesarbeitsgerichts in Streitwertbeschwerden, d.h. eine weitere Kündigung im Zeitraum von sechs Monaten nach der ersten Kündigung. Eine solche ist mit dem Wert einer Bruttomonatsvergütung anzusetzen, und zwar auch dann, wenn die Kündigungen in unterschiedlichen Verfahren angegriffen werden (vgl. dazu bereits Beschluss vom 21. Januar 1999 – 15/6 Ta 630/98 – NZA-RR 1999, 156; Beschluss vom 25. November 2010 – 1/15 Ta 1/10 n.v.).
Diese Bemessung beruht darauf, dass von einer wirtschaftlichen Teilidentität auszugehen ist. An dieser Rechtsprechung wird nach Überprüfung trotz des Beschlusses des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Oktober 2010 – 2 AZN 194/10, EzA-SD 2011, Nr 7, 15-16) festgehalten. Deshalb sind weitere Kündigungen, die in einem Zeitraum von sechs Monaten nach Zugang der zunächst erklärten ausgesprochen werden, aufgrund der unter Würdigung des Gesichtspunkts der wirtschaftlichen Teilidentität hier gegebenen notwendigen Zeitnähe regelmäßig jeweils selbständig zu bewerten. Allerdings kann aber wegen der angesprochenen wirtschaftlichen Teilidentität und des Regelungszieles des § 42 Abs. 3 S. 1 GKG insoweit nicht erneut der volle sich aus § 42 Abs. 3 S. 1 GKG ergebende Wert in Ansatz gebracht werden. Es ist weiterhin sachgerecht, für die Folgekündigung nur ein Drittel des Wertes anzusetzen, der sich bei üblicher Bewertung ergäbe, ohne dass es auf die Frage der Identität der Kündigungsgründe ankommt.
Vorliegend sind keine besonderen und außergewöhnlichen Aspekte des Einzelfalles zu sehen, die eine Abweichung von diesen allgemeinen Grundsätzen rechtfertigen könnten. Insbesondere kann der Umstand, ob Kündigungen in einem oder mehreren Verfahren angegriffen werden, für die Beurteilung der Teilidentität der Klagebegehren keine Bedeutung haben, wenn die Kündigungsschutzklagen auf die Unwirksamkeit der Kündigungen insgesamt und damit auf ein fortbestehendes Arbeitsverhältnis abzielen.
Eine weitergehende Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da Kosten nicht erstattet werden (§ 33 Abs. 9 Satz 2 RVG).
Es besteht nicht die Möglichkeit der Zulassung der Rechtsbeschwerde.