Skip to content

Verfall von Urlaubsansprüchen – Langzeiterkrankung – Hinweispflicht des Arbeitgebers

Die Komplexität des Urlaubsanspruchs bei Langzeiterkrankungen

Im Arbeitsrecht können sich vielschichtige Situationen ergeben, wenn es um den Anspruch auf Urlaub bei langfristiger Krankheit geht. Ein spezieller Fall, der hier ausführlich behandelt wird, betrifft die Frage, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, einen langzeitkranken Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall seiner Urlaubsansprüche hinzuweisen. Insbesondere wird hier die Frage diskutiert, ob die Unterlassung dieses Hinweises tatsächlich zu einem Schaden für den Arbeitnehmer führen könnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 Sa 182/20 >>>

Die Rolle der Hinweispflicht des Arbeitgebers

In der Regel besteht eine Hinweispflicht des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer über den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen zu informieren. Allerdings wird im vorgestellten Fall argumentiert, dass diese Pflicht nicht zwingend gilt, wenn der Arbeitnehmer langfristig arbeitsunfähig ist. Die Begründung liegt in der Regelung des § 9 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG), wonach ein Arbeitnehmer nur dann Urlaub in Anspruch nehmen kann, wenn er „nicht arbeitsunfähig“ ist. Das Gericht stellt klar, dass der Arbeitnehmer nur dann einen Schaden hätte haben können, wenn er tatsächlich in der Lage gewesen wäre, seinen Urlaub zu nehmen.

Fristen und Übertragungszeiträume im Fokus

Ein wichtiger Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Länge des Übertragungszeitraums für den Urlaubsanspruch, die nach Ansicht des Gerichts nicht zwingend aus dem Unionsrecht hervorgeht. Es wird angemerkt, dass es dem Gesetzgeber durchaus möglich wäre, einen anderen Übertragungszeitraum festzulegen. Dabei wird auf die Forderung vieler juristischer Experten hingewiesen, den Übertragungszeitraum zu verlängern.

Gesundheitsschutz und der informierte Arbeitnehmer

Der Aspekt des Gesundheitsschutzes und die informierte Entscheidungsfindung des Arbeitnehmers stehen ebenfalls im Zentrum der Diskussion. Selbst im Fall einer langfristigen Erkrankung, so die Argumentation, könne der Gesundheitsschutz durch den Urlaub nicht gefördert werden, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, diesen in Anspruch zu nehmen. Es wird betont, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer erst dann effektiv informieren kann, wenn er sicher weiß, ob und wann der Arbeitnehmer im Laufe des Jahres arbeitsfähig wird.

Erneute Arbeitsfähigkeit und die Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers

Die Wiederaufnahme der Arbeit nach einer Krankheit bringt bestimmte Mitwirkungspflichten des Arbeitgebers mit sich. Erst wenn der Arbeitgeber Kenntnis von der wiedererlangten Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers hat – etwa durch die Vorlage eines ärztlichen Attests – wird die Belehrungspflicht des Arbeitgebers wieder relevant. Es wird auch argumentiert, dass die Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs trotz Nichterfüllung der Hinweispflicht in erster Linie dazu dienen soll, dem Arbeitnehmer die Möglichkeit einer zeitnahen Erholung zu bieten.

Insgesamt veranschaulicht dieser Fall die Komplexität der Regelungen rund um Urlaubsansprüche im Kontext von Langzeiterkrankungen und wirft wichtige Fragen bezüglich der Informations- und Hinweispflichten des Arbeitgebers auf. […]


Das vorliegende Urteil

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 8 Sa 182/20 – Urteil vom 17.11.2020

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14.11.2019 – 1 Ca 882/19 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten zweitinstanzlich nunmehr über Urlaubsabgeltungsansprüche für insgesamt 69 Urlaubstagen aus den Kalenderjahren 2015 (9 Urlaubstage), 2016 (30 Urlaubstage) und 2017 (30 Urlaubstage) in rechnerisch unstreitiger Höhe.

Der Kläger war in der Zeit vom 01.11.2001 bis zum 31.12.2019 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Monteur für den Unternehmensbereich Elektrotechnik/Oberleitung beschäftigt. Seit dem 18.11.2015 war der Kläger bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Eigenkündigung aus gesundheitlichen Gründen vom 27.11.2019 (Bl 174 GA) bis zum 31.12.2019 dauerhaft erkrankt.

Der Kläger hatte vor seinem Ausscheiden erstinstanzlich Feststellungsklage vor dem Arbeitsgericht Potsdam erhoben mit dem Antrag, festzustellen, dass dem Kläger aus dem Jahre 2015 noch 9 Urlaubstage, aus dem Jahre 2016 noch 30 Urlaubstage sowie aus dem Jahre 2017 weitere 30 Urlaubstage als Ersatzurlaub zustehen.

Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte habe durch den Ausweis von 113 Urlaubstagen auf den Lohnabrechnungen bis einschließlich Januar 2019 die dort ausgewiesenen Urlaubstage anerkannt (Lohnabrechnung Januar 2016: 9 Urlaubstage für 2015 und 2.198,99 Euro ausgewiesen (Bl 176 GA), Lohnabrechnung Dezember 2016: 30 Urlaubstage für 2016 und 6.395,21 Euro brutto ausgewiesen (Bl 177 GA), Lohnabrechnung Dezember 2017: 30 Urlaubstage für 2017: 6.397,40 Euro brutto ausgewiesen (Bl 178 GA).

Im Übrigen sei auch der 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres wegen der Erkrankung des Klägers nicht gewährte Urlaub nicht verfallen, weil die Beklagte entgegen der neueren Rechtsprechung des EuGH vom 06.11.2018 – C-619/16 – und des BAG vom 19.02.2019 – 9 AZR 541/15 – einen ausreichenden Hinweis auf den Verfall von Urlaubsansprüchen am oder vor Ende der Kalenderjahre 2015, 2016 und 2017 gegenüber dem Kläger nicht erteilt habe. Bei einem entsprechenden Hinweis seitens der Beklagten wäre der Kläger in der Lage gewesen, bei dem behandelndem Arzt auf eine entsprechende Gesundschreibung zwecks Urlaubsnahme hinzuwirken und auch tatsächlich seinen Urlaub zu nehmen.

Das Arbeitsgericht Potsdam hat die Klage mit Urteil vom 14.11.2019 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es auf die Frage, ob die Angabe der Urlaubstage in der Lohnabrechnung ein Schuldanerkenntnis der Beklagten darstelle oder nicht, im vorliegenden Fall nicht ankäme. Selbst wenn die Abrechnung auch bezüglich der Urlaubstage ein Schuldanerkenntnis enthalten würde, sei der Arbeitgeber gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht daran gehindert, sich auf das Erlöschen des Urlaubsanspruchs zu berufen (BAG, Urteil vom 10.03.1987, 8 AZR 610/84).

Einem Hinweis auf drohenden Verfall der Urlaubsansprüche im Sinne der neueren Rechtsprechung des EuGH und des BAG durch die Beklagte an den Kläger, dass der jeweilige Urlaub am Ende des jeweiligen Bezugszeitraumes oder Übertragungszeitraumes verfalle, wenn der Kläger ihn nicht nehme, habe es vorliegend nicht bedurft. Denn aufgrund der Regelung in § 9 BUrlG könne ein Arbeitnehmer nur dann im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes Urlaub in Anspruch nehmen, wenn er „nicht arbeitsunfähig“ sei. Der Argumentation des Klägers wäre insoweit allenfalls dann zu folgen gewesen, wenn er vorgetragen hätte, dass sich seine gesundheitliche Situation im Geltendmachungszeitraum tatsächlich so gestaltet hatte, dass er zumindest für einzelne Zeiträume seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangen konnte. Hierauf sei trotz entsprechenden Hinweises des Gerichts keinerlei Sachvortrag durch den Kläger erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BAG erlösche der Urlaubsanspruch aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder eines Übertragungszeitraumes von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig erkrankt sei. Der Anspruch gehe jedoch auch bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit nach Ablauf eines Übertragungszeitraumes von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres unter, so dass der Feststellungsantrag unbegründet sei.

Gegen dieses ihm am 31.01.2020 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 12.02.2020 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 30.04.2020 am 29.04.2020 eingegangenen Berufungsbegründung.

Das erstinstanzliche Gericht habe verkannt, dass in den Lohnabrechnungen bis Januar 2019 mit den kumuliert ausgewiesenen Urlaubsansprüchen ein bestätigendes Schuldanerkenntnis liege.

Der Kläger hält im Rahmen seiner Berufung an seiner Rechtsansicht fest, dass die Beklagte trotz der dauerhaften Erkrankung des Klägers diesen jeweils auf den nahenden Verfall des Urlaubs hätte hinweisen müssen. Diese Hinweispflicht des Arbeitgebers bestehe nicht nur bei arbeitsfähigen Arbeitnehmern, sondern auch bei dauerhaft Erkrankten wie dem Kläger, da zum Ende der jeweiligen Urlaubsjahre die Art und Dauer der weiteren Arbeitsunfähigkeit des Klägers noch nicht festgestanden hätten. Der Kläger hätte bei entsprechendem Hinweis des Arbeitgebers mit seinem behandelnden Arzt klären können, dass für eine weitere Gesundung eine Urlaubsnahme dienlich gewesen und dementsprechend 2016 im Rahmen einer Prognoseentscheidung eine Gesundschreibung erfolgt wäre, in der Erwartung, dass bei Urlaubsnahme dauerhaft auch wieder Arbeitsfähigkeit gegeben sei. Er wäre durch die ihn behandelnden Ärzte gesundgeschrieben worden, auch und gerade um Urlaub zu nehmen, da dieses seiner Genesung dienlich gewesen wäre (Bl 172 GA).

Gegen diese Pflicht habe der Arbeitgeber verstoßen. Infolgedessen sei der Urlaub nicht zum Ende des Übertragungszeitraum ersatzlos entfallen, sondern ein Ersatzurlaubsanspruch entstanden, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2019 abzugelten wäre.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 14.11.2019 – 1 Ca 882/19 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, 14.961,60 Euro brutto nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit dem 07.05.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte meint, dass auch bei dauerhafter Erkrankung infolge der Rechtsprechung des EuGH (C-619/16) und des BAG (9 AZR 541/15) keine Verpflichtung des Arbeitgebers bestehe, den Arbeitnehmer dahingehend zu belehren, dass sein Urlaubsanspruch am Ende des Urlaubsjahres bzw. am Ende des Übertragungszeitraumes von drei Monaten verfalle, wenn er ihn bis dahin nicht nehme Zu Recht weise das Arbeitsgericht in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass nach § 9 BUrlG ein Arbeitnehmer nur dann Urlaub nehmen kann, wenn er arbeitsfähig ist.

Es könne jeweils zum Ende der Kalenderjahre 2015, 2016 und 2017 so lange keine Belehrungspflicht des Arbeitgebers bestehen, solange die Arbeitsunfähigkeit anhält, da unabhängig von einer Belehrung durch den Arbeitgeber ein Verfall von Urlaubsansprüchen zum 31.12. des Kalenderjahres jedenfalls nicht durch Unkenntnis von einem drohenden Verfall und einer notwendigen Beantragung erlöschen könnten. Denn eine solche Beantragung oder Erteilung des Urlaubs sei aufgrund der Erkrankung objektiv unmöglich.

Es bestehe eine Belehrungspflicht des Arbeitgebers dahingehend, dass Urlaubsansprüche bei Nichtinanspruchnahme bis zum 31.12. des Kalenderjahres oder bis zum 31.03. des Folgejahres im Fall der Übertragung erlöschen, bei einer langfristigen Erkrankung des Arbeitnehmers nicht. Diese Pflicht bestehe erst nach Wiedergenesung des Arbeitnehmers bezogen auf die konkreten Urlaubsansprüche (LAG Hamm Urteil vom 24.07.2019 (5 Sa 676/19). Eine Belehrung ergebe nur Sinn, wenn der Arbeitnehmer in der Lage sei, auf diese zu reagieren und den Urlaub tatsächlich zu nehmen. Dies sei im Falle einer durchgehenden Arbeitsunfähigkeit nicht der Fall. Im Übrigen weise das LAG Hamm weiter darauf hin, dass die vom BAG und EuGH im Falle des Bestehens von Urlaubsansprüchen bei einem arbeitsfähigen Arbeitnehmer verlangte Belehrung auch deshalb nicht durch die dortige Arbeitgeberin zu erteilen gewesen war, da diese dann unzutreffend gewesen wäre. Die Belehrung dahingehend, dass bestehende Urlaubsansprüche erlöschen würden, wenn diese nicht bis zum 31.12. des Kalenderjahres beansprucht werden, wäre im Falle eines langzeiterkrankten Arbeitnehmers schlicht falsch, da diese im Fall der Arbeitsunfähigkeit erst nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ablauf des Kalenderjahres erlöschen, aus dem sie resultieren. Die Frage eines früheren Erlöschens hätte sich erst wieder nach Genesung der dortigen Klägerin gestellt und erst dann eine Belehrung erfordert.

Bei der Hinweispflicht handele es sich um eine Obliegenheit des Arbeitgebers. Selbst wenn auch bei langandauernder Erkrankung eine Obliegenheitspflicht bestanden hätte, so wirke sich die Verletzung dieser Obliegenheitspflicht nur dann aus, wenn der Kläger durch die Missachtung dieser Obliegenheitspflicht überhaupt einen Schaden hätte haben können. Infolge der unstreitigen Tatsache, dass der Kläger über den 31.12.2015, 31.12.2016 und 31.12.2017 hinaus bis – zumindest – zum 31.12.2019 weiterhin arbeitsunfähig erkrankt war, hätte sich auch durch den unterbliebenen Hinweis nichts geändert, so dass dem Kläger durch eine etwaige Verletzung einer Obliegenheitspflicht keinerlei Schaden entstehen konnte.

Der Vortrag des Klägers, er hätte nach entsprechender Erörterung mit seinem behandelnden Arzt erklären können, dass für seine weitere Gesundung eine Urlaubsnahme dienlich gewesen wäre und dementsprechend im Jahre 2016 im Rahmen einer Prognoseentscheidung eine Gesundschreibung erfolgt wäre, sei eine reine Spekulation des Klägers.

Der Kläger sei – unstreitig – vom 18.11.2015 bis – zumindest – zum 31.12.2019 arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Die Arbeitsunfähigkeit erfolgte aufgrund einer ärztlichen Feststellung gemäß § 2 AURL. Hiernach liege Arbeitsunfähigkeit vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Erkrankung seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen könne. Diese Feststellung treffe der Arzt unabhängig von noch offenen Urlaubsansprüchen des Arbeitnehmers. Der Kläger übersehe hierbei, dass der Arzt keine Feststellung darüber zu treffen habe, ob ein Arbeitnehmer „urlaubsfähig“, sondern ob ein Arbeitnehmer „arbeitsfähig“ sei oder nicht. Der Kläger sei von seinem Arzt dauerhaft krankgeschrieben worden, so dass er ihn nicht rückwirkend wieder gesundschreiben könne, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, seinen Urlaub zu nehmen.

Die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit sei nicht parteidispositiv, sondern erfolge unabhängig von dem Willen der Arbeitsvertragsparteien durch eine objektive ärztliche Feststellung. Die Vorstellung des Klägers, dass er bei Hinweis der Beklagten auf noch offenen Urlaub zum Ende des Kalenderjahres seine behandelnden Ärzte zu einer anderen Beurteilung hätte veranlassen können, sei befremdlich. Entweder bestehe eine Arbeitsunfähigkeit nach objektiven Kriterien oder sie besteht nicht.

Auf die Lohnabrechnungen könne sich der Kläger für die Urlaubsabgeltungsansprüche ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. In aller Regel teile der Arbeitgeber in der Lohnabrechnung nach § 108 GewO nur die Höhe des Lohns und sonstige Ansprüche, wie hier des Urlaubsanspruchs mit. Ihr könne regelmäßig nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber die Zahl der angegebenen Urlaubstage auch dann gewähren wolle, wenn er diesen Urlaub nach Gesetz, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag etwa wegen Erlöschen des Urlaubsanspruchs durch Zeitablauf nicht schulde. Die Abrechnung enthalte keinen Verzicht auf einen Erlöschenstatbestand, (BAG, 10.03.1987, 8 AZR 610/84; LAG Rheinland-Pfalz, 09.10.2002, 9 Sa 654/02; LAG Schleswig-Holstein, 09.05.2007, 6 Sa 436/06; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.02.2016, 2 Sa 244/15 Rdnr,25).

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung ist zulässig.

Die gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2 b) ArbGG statthafte Berufung ist frist- und formgerecht gem. § 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § § 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die Klageänderung nach Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis vom Feststellungsantrag auf den Leistungsantrag ist nach § 533 ZPO zulässig, da die Beklagte eingewilligt hat. Sie ist auch sachdienlich und es liegen auch die Voraussetzungen des § 533 Ziff. 2 ZPO vor.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 14.961,60 Euro brutto Urlaubsabgeltung für 69 nicht erfüllte Urlaubstage aus 2015, 2016 und 2017 nach § 7 Abs.4 BUrlG.

1.1 Denn die in den Jahren 2015 bis 2017 entstandenen Urlaubsansprüche der Klägerin sind vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2019 verfallen mit der Folge, dass sie nicht mehr abgegolten werden können.

1.1.1 § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG ist nach der Rechtsprechung des BAG unionsrechtskonform so auszulegen, dass gesetzliche Urlaubsansprüche vor Ablauf eines Zeitraums von 15 Monaten nach dem Ende des Urlaubsjahres nicht erlöschen, wenn der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war. Sie gehen jedoch mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres unter. Dies gilt auch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit. Ein solcher Übertragungszeitraum von 15 Monaten wurde vom EuGH als unionsrechtskonform gebilligt, sodass es keiner Einleitung eines Verfahrens nach Art. 267 AEUV zur Klärung der Auslegung der Arbeitszeitrichtlinie bedarf. Dabei ist klarzustellen, dass sich die Länge des Übertragungszeitraums von 15 Monaten nicht zwingend aus dem Unionsrecht ergibt. Der Gesetzgeber wäre nicht gehindert, einen anderen Übertragungszeitraum festzusetzen, der lediglich deutlich länger sein müsste als der Bezugszeitraum. Ein solches Tätigwerden des Gesetzgebers ist in der Literatur vielfach gefordert worden (vgl. Bauer/von Medem NZA 2012, 113, 116 f.; Düwell jurisPR-ArbR 16/2012 Anm. 3; Franzen NZA 2011, 1403, 1404 f.) – bislang ohne Erfolg (vgl BAG Urt v.07.08.2012 9 AZR 353/10 juris Rn.32, BAG 12.11.2013 9 AZR 646/12 juris Rnr. 11).

Die Ansprüche des Klägers sind daher für 2015 am 31.03.2017, für 2016 am 31.03.2018 und für 2017 am 31.03.2019 verfallen.

1.1.2 Dem steht nicht entgegen, dass die beklagte Arbeitgeberin nicht in den jeweiligen Urlaubsjahren oder vor Ende des Übertragungszeitraums darauf hingewirkt hat, dass der Kläger den ihm zustehenden Urlaub in Anspruch nimmt bzw. den Hinweis erteilt hat, dass der Urlaub verfällt, wenn er nicht bis zum Ende des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraum genommen wird.

a) Zwar stehen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ([Große Kammer] 6. November 2018 – C-684/16 [Max-Planck-Gesellschaft]- Rn. 44 ff.) Art. 7 der RL 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRCh einer nationalen Regelung entgegen, nach der ein Arbeitnehmer, der im betreffenden Bezugszeitraum keinen Antrag auf Wahrnehmung seines Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub gestellt hat, am Ende des Bezugszeitraums die ihm gemäß diesen Bestimmungen für den Bezugszeitraum zustehenden Urlaubstage und entsprechend seinen Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Urlaub automatisch verliert. Der Arbeitgeber kann sich danach auf den fehlenden Urlaubsantrag des Arbeitnehmers nur berufen, wenn er zuvor korrekt und in völliger Transparenz dafür Sorge getragen hat, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn, erforderlichenfalls förmlich, auffordert, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitteilt, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird (EuGH [Große Kammer] 6. November 2018 – C-619/16 [Kreuziger] – Rn. 52). Erbringt jedoch der Arbeitgeber den ihm insoweit obliegenden Nachweis und zeigt sich, dass der Arbeitnehmer seinen bezahlten Jahresurlaub aus freien Stücken und in voller Kenntnis der sich daraus ergebenden Konsequenzen nicht genommen hat, stehen Art. 7 der RL 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 GRCh dem Verlust des Urlaubsanspruches und – bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses – dem Wegfall der finanziellen Vergütung für nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub nicht entgegen (EuGH [Große Kammer] 6. November 2018 – C-619/16 [Kreuziger] – Rn. 54).

b) In richtlinienkonformer Auslegung des § 7 BUrlG trifft daher den Arbeitgeber die Initiativlast bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG. Grundsätzlich führt erst die Erfüllung der daraus abgeleiteten Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub auch tatsächlich zu nehmen, zur Befristung des Urlaubsanspruchs nach § 7 Abs. 3 BUrlG (BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 423/16 – Rn. 21 f.; 9 AZR 321/16 – Rn. 45). Bei einem richtlinienkonformem Verständnis des § 7 Abs. 3 BUrlG ist die Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers damit grundsätzlich Voraussetzung für das Eingreifen des urlaubsrechtlichen Fristenregimes (BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 278/16 – Rn. 30; 9 AZR 423/16 – Rn. 22).

c) Dass die beklagte Arbeitgeberin im vorliegenden Fall nicht dafür Sorge getragen hat, dass der Kläger tatsächlich in der Lage war, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem sie ihn, erforderlichenfalls förmlich, aufgefordert hat, dies zu tun, und ihm klar und rechtzeitig mitgeteilt hat, dass der Urlaub, wenn er ihn nicht nimmt, am Ende des Bezugszeitraums oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen wird, hindert nach Auffassung der Kammer jedoch nicht den Verfall des Urlaubsanspruchs des langandauernd arbeitsunfähigen Klägers zum 31. März des 2. Folgejahres (vgl. LAG Hamm 24. Juli 2019 – 5 Sa 676/19 – Rn. 27 ff.; aA. ArbG Berlin 13. Juni 2019 – 42 Ca 3229/19 – Rn. 34 ff.).

Der Inhalt der in richtlinienkonformer Auslegung von § 7 Abs. 1 BUrlG bestehenden Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers ergibt sich aus ihrem Zweck, zu verhindern, dass der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch nicht wahrnimmt, weil der Arbeitgeber ihn hierzu nicht in die Lage versetzt hat. Infolge des Fehlens konkreter gesetzlicher Vorgaben ist der Arbeitgeber grundsätzlich in der Auswahl der Mittel frei, derer er sich zur Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten bedient. Die Mittel müssen jedoch zweckentsprechend sein. Sie müssen geeignet sein, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, in Kenntnis aller relevanten Umstände frei darüber zu entscheiden, ob er seinen Urlaub in Anspruch nimmt. Deshalb darf der Arbeitgeber, will er seinen Mitwirkungsobliegenheiten genügen, den Arbeitnehmer auch nicht in sonstiger Weise daran hindern, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. Er darf zudem weder Anreize schaffen noch den Arbeitnehmer dazu anhalten, seinen Urlaub nicht zu nehmen. Es ist der Eintritt einer Situation zu vermeiden, in der ein Arbeitnehmer auf Veranlassung des Arbeitgebers davon abgehalten werden kann, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber geltend zu machen. Ob der Arbeitgeber das Erforderliche getan hat, um seinen Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen. Die Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten hat der Arbeitgeber darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, weil er hieraus eine für sich günstige Rechtsfolge ableitet (BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 278/16 – Rn. 40; 9 AZR 321/16 – Rn. 46).

(1) Im Fall des langandauernd erkrankten Arbeitnehmers vermag die Befristung des Urlaubsanspruchs den Arbeitnehmer nicht dazu anzuhalten, den Urlaub grundsätzlich im Urlaubsjahr geltend zu machen. Der vom BUrlG intendierte Gesundheitsschutz durch eine tatsächliche Inanspruchnahme der bezahlten Arbeitsbefreiung kann in diesem Fall nicht dadurch gefördert werden, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über den Umfang des noch bestehenden Urlaubs informiert, ihn auf die für die Urlaubstage maßgeblichen Fristen hinweist und ihn zudem auffordert, den Urlaub tatsächlich in Anspruch zu nehmen.

Im Fall der langanhaltenden Arbeitsunfähigkeit vermag eine solche Aufforderung gerade nicht dazu führen, dass ein verständiger Arbeitnehmer seinen Urlaub rechtzeitig vor dem Verfall beantragt. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer wegen dessen Arbeitsunfähigkeit keinen Urlaub gewähren, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer einen Urlaubsantrag stellt oder hierauf verzichtet. Der Arbeitnehmer kann im Fall seiner langandauernden Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitgeber gerade nicht abgeschreckt werden, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen. Dagegen ist auch in diesem Fall das Interesse des Arbeitgebers schützenswert, ein unbegrenztes Ansammeln von Urlaubsansprüchen durch den Arbeitnehmer zu verhindern. Im Fall der langandauernden Arbeitsunfähigkeit steht dieses Interesse des Arbeitgebers im Einklang mit Art. 7 der RL 2003/88/EG. Er hat nicht die sich im Fall des Ansammelns von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub durch einen Arbeitnehmer, der aus Krankheitsgründen daran gehindert war, diesen Urlaub zu nehmen, ergebenden Folgen zu tragen (vgl. auch BAG 22. Mai 2012 – 9 AZR 575/10 – Rn. 10).

(2) Das LAG Hamm (24. Juli 2019 – 5 Sa 676/19 – Rn.28) hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass der Arbeitgeber, solange die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers andauert, nicht in der Lage ist, einen zutreffenden konkreten Hinweis hinsichtlich des Verfalls des Urlaubsanspruchs zu erteilen. Der Arbeitgeber muss sich bei Erfüllung seiner Mitwirkungsobliegenheiten auf einen „konkret“ bezeichneten Urlaubsanspruch eines bestimmten Jahres beziehen und den Anforderungen an eine „völlige Transparenz“ genügen. Abstrakte Angaben etwa im Arbeitsvertrag, in einem Merkblatt oder in einer Kollektivvereinbarung werden den Anforderungen hinsichtlich einer konkreten und transparenten Unterrichtung hingegen in der Regel nicht genügen (BAG 19. Februar 2012 – 9 AZR 278/16 – Rn. 42; 9 AZR 321/16 – Rn. 48).

Anders als bei arbeitsfähigen Arbeitnehmern erlischt der Urlaubsanspruch in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer wegen andauernder Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage ist, den Urlaubsanspruch zu nehmen, gerade nicht zum Ende des Kalenderjahres, sondern erst zum 31. März des darauf folgenden Folgejahres. Der Arbeitgeber kann daher eine zutreffende, auf den konkreten Fall bezogene Belehrung erst dann vornehmen, wenn er durch den Arbeitnehmer Kenntnis davon hat, ob der Arbeitnehmer im Kalenderjahr wieder arbeitsfähig wird.

(3) Das Nichterlöschen des Urlaubsanspruchs bei Nichterfüllen der Hinweisobliegenheit soll in erster Linie nicht ein Unterlassen des Arbeitgebers sanktionieren, sondern der Arbeitnehmer soll aus Gründen des Gesundheitsschutzes die Möglichkeit einer – zeitnah zum Kalenderjahr erfolgenden – Erholung erhalten (vgl. BAG 19. Februar 2019 – 9 AZR 278/16 – Rn. 34). Es kann daher nicht darauf ankommen, dass der Arbeitgeber im Hinblick auf eine Hinweisobliegenheit erst aufgrund einer ex-post-Betrachtung „entlastet“ wird (so aber ArbG Berlin 13. Juni 2019 – 42 Ca 3229/19 – Rn. 34; vgl. auch BeckOK ArbR/Lampe, 54. Ed. 1.12.2019, BUrlG § 7 Rn. 19d), sondern nur darauf, ob der Arbeitnehmer durch den zu erteilenden Hinweis rechtlich zur tatsächlichen Urlaubsnahme angehalten werden kann und der Hinweis damit zum Gesundheitsschutz beiträgt.

Es ist dem Arbeitnehmer schlicht nicht möglich, während seiner Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen, da er schon durch ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit von seinen Arbeitspflichten befreit ist und diese Freistellung nicht zusätzlich durch Urlaubserteilung überlagert werden kann. Ein entsprechender Hinweis des Arbeitgebers ginge daher ins Leere. Der Zweck der Mitwirkungsobliegenheit, den Arbeitnehmer im Interesse des Gesundheitsschutzes zur Inanspruchnahme des Urlaubs anzuhalten, kann im Falle der langandauernden Erkrankung des Arbeitnehmers gerade nicht erfüllt werden. Vom Arbeitgeber -ex ante- jährlich einen vorsorglichen Hinweis zu verlangen, ist daher sinnlos.

d) Der Kläger hat jedenfalls in den Jahren 2015 bis zum Ende des Übertragungszeitraums 31.03.2019 seinen Arbeitgeber nicht darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, sich vom behandelnden Arzt „gesundschreiben“ zu lassen und hat auch nach keinem Arztbesuch eine etwaige Arbeitsfähigkeit oder die Nichtverlängerung seiner Arbeitsunfähigkeit wieder angezeigt.

Nur im Fall der Kenntnis der wiedererlangten Arbeitsfähigkeit etwa durch rechtzeitige Vorlage einer ärztlichen entsprechenden Bescheinigung, die ausdrücklich die Arbeitsfähigkeit feststellt –negative AU-Bescheinigung und tatsächlichem Arbeitsantritt würde die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers sinnvoll wiederaufleben.

Eine Belehrungspflicht des Arbeitgebers dahingehend, dass Urlaubsansprüche bei Nichtinanspruchnahme bis zum 31.12. des Kalenderjahres oder bis zum 31.03. des Folgejahres im Fall der Übertragung erlöschen, besteht bei einem langfristig erkrankten Arbeitnehmer nicht; diese Pflicht besteht erst wieder nach (nachgewiesener) Wiedergenesung bezogen auf die konkreten Ansprüche des Arbeitnehmers, so auch LAG Hamm, 24.07.2019 -5 Sa 676/19 juris im Leitsatz).

e) Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich allein aus den vorgelegten Abrechnungen seit November 2015 bis zuletzt Dezember 2018 (Bl 44 – 81 GA), wo 83 Urlaubstage Resturlaub ausgewiesen sind (Bl 44 GA);- die Abrechnung für Januar 2019, die als Anlage K 3 eingereicht sein soll und insgesamt 113 Tage aufweisen soll, fehlt- nicht herleiten, dass die Parteien eine fortlaufende Übertragung von Urlaubsansprüchen vereinbart haben.. Diese fortlaufende Saldierung in den Abrechnungen lässt aber ohne eine ihr zugrundeliegende Absprache der Parteien nicht den Schluss darauf zu, dass die Beklagte auf die Einwendung des Erlöschens von Urlaubsansprüchen durch Zeitablauf verzichtet bzw. den in der Abrechnung ausgewiesenen Resturlaubsanspruch anerkannt hat. Ein abstraktes Schuldanerkenntnis scheidet schon deshalb aus, weil die gesetzliche Schriftform (§§ 781, 126 BGB) nicht eingehalten ist. Die Abrechnungen können auch nicht als formlos wirksame deklaratorische Schuldanerkenntnisse angesehen werden, mit denen die Beklagte darauf verzichtet hat, sich auf den Verfall des Urlaubs aus den Vorjahren zu berufen. Grundsätzlich enthält eine Lohnabrechnung kein Schuldanerkenntnis. In aller Regel teilt der Arbeitgeber in der Lohnabrechnung, zu der er nach § 108 GewO verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer nur die Höhe des Lohns und sonstiger Ansprüche, wie hier des Urlaubsanspruchs, mit. Die Lohnabrechnung hat nicht den Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Der Lohnabrechnung kann somit regelmäßig nicht entnommen werden, dass der Arbeitgeber die Zahl der angegebenen Urlaubstage auch dann gewähren will, wenn er diesen Urlaub nach Gesetz, Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag nicht schuldet. Erst recht ergibt sich aus ihr nicht, dass der Arbeitgeber auf die künftige Einwendung des Erlöschens des Urlaubsanspruchs durch Zeitablauf verzichten will. Will der Arbeitgeber mit der Abrechnung eine derartige Erklärung abgeben, so müssen dafür besondere Anhaltspunkte vorliegen (BAG 10. März 1987 – 8 AZR 610/84 – Rn. 18, NZA 1987, 557; LAG Rheinland-Pfalz 09. Oktober 2002 – 9 Sa 654/02 – Rn. 32, DB 2003, 156; LAG Schleswig-Holstein 09. Mai 2007 – 6 Sa 436/06 – Rnr. 47; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.02.2016, 2 Sa 244/15 Rdnr.25mwN).

Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die fortlaufende Saldierung der Urlaubsansprüche in den Abrechnungen auf einer Übertragungsvereinbarung bzw. einem Verzicht auf die künftige Einwendung des Erlöschens der Urlaubsansprüche durch Zeitablauf beruht, liegen nicht vor.

2. Der Kläger hat auch keinen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB i. V. m. § 249 Abs. 1 BGB in Form des Ersatzurlaubes, der sich mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 251 Abs. 1 BGB in einen Abgeltungsanspruch umwandelt. Denn die Beklagte hatte nach den obigen Darlegungen keine Informations- und Hinweispflichten gegenüber dem Kläger gemäß der Entscheidung des EuGH vom 6. November 2018 (- C-684/16 -) verletzt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Denn der 9. Senat des BAG hat dem EuGH in einem Vorabentscheidungsersuchen vom 07.07.2020 – 9 AZR 401/19 (A) – im Zusammenhang mit der Revision gegen die Entscheidung des LAG Hamm die Fragen vorgelegt, ob das Unionsrecht das Erlöschen des Urlaubsanspruchs bei einer ununterbrochen fortbestehenden Erkrankung des Arbeitnehmers 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres oder einer längeren Frist auch dann gestattet, wenn der Arbeitgeber im Urlaubsjahr seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllt hat, obwohl der Arbeitnehmer den Urlaub bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätte nehmen können und ob in diesem Fall ein Erlöschen zu einem späteren Zeitpunkt ausgeschlossen ist.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!