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Zahlung von Arbeitsentgelt bei Aufhebung der ursprünglich vereinbarten Leistungszeit

Landesarbeitsgericht Köln, Az.: 11 Sa 1481/08

Urteil vom 24.07.2009

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2008 – 9 Ca 8882/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch von Arbeitsentgelt aufgrund Annahmeverzugs der Beklagten hat.

Die Klägerin ist Schauspielerin, die Beklagte eine Filmproduktionsfirma. Die Beklagte unterbreitete der Klägerin unter dem 10.05.2007 ein Schauspielangebot. Es handelte sich um eine Koproduktion der Beklagten, der C , P u d S V P , T (Produzent) bzgl. des Films “ n g „. Der Produzent beabsichtigte nach dem Angebot die Klägerin für die Rolle der Zena für 15 Drehtage in der Zeit zwischen dem 23.07.2007 und dem 13.08.2007 zu engagieren. Die ersten 20 Drehtage sollten mir einer Vergütung von 50 TD US-Dollar honoriert werden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vertragsangebots wird auf die beglaubigte Übersetzung vom 24.10.2007 (Bl. 28 ff. d.A.) Bezug genommen.

Zahlung von Arbeitsentgelt bei Aufhebung der ursprünglich vereinbarten Leistungszeit
Symbolfoto: Jakub Jirsak/Bigstock

Die Klägerin nahm das Angebot durch ihre Agentin V am 30.05.2007 an. Der vorgesehene Drehtermin fand nicht statt. In der Zeit vom 20.02.2007 bis 24.07.2007 führten die Klägerin und ihre Agentin sowie die Regisseurin S diverse Telefonate, deren Inhalt teilweise umstritten ist. Mit E-Mail vom 23.07.2007 (Bl. 17 d.A.) ließ die Agentin V die Beklagte wissen, dass sie im Namen der Klägerin Schadenersatzansprüche geltend machen werde, falls bis Ende der Woche keine für beide Seiten mögliche neue Drehzeit gefunden werde. Die Beklagte antwortete mit E-Mail vom 24.07.2007 (Bl. 17 d.A.), dass die Drehplanung wegen einer Fristversäumnis der kanadischen Koproduzenten nicht habe eingehalten werden können. Sie wolle die Verfügbarkeit der anderen vorgesehenen Schauspieler D und M checken und sich bis Ende der Woche zurückmelden.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 25.07.2007 (Bl. 19 f. d.A.) wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass sie sich seit dem 23.07.2007 in Annahmeverzug befinde und forderte die Zahlung der vereinbarten 50 TD US-Dollar. Die Beklagte ließ durch ihre anwaltliche Vertretung die Forderung mit Schreiben vom 26.07.2007 (Bl. 21 f. d.A.) zurückweisen, weil sich die Parteien einvernehmlich auf einen neuen Drehtermin Ende November 2007 geeinigt hätten.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.08.2008 die auf Zahlung der 50 TD US-Dollar gerichtete Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass die Parteien einvernehmlich den ursprünglich vorgesehenen Drehtermin aufgehoben hätten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 149 ff. d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 11.11.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.12.2008 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 26.01.2009 begründet.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass im Schauspielervertrag die Leistungszeit verbindlich nach dem Kalender festgelegt worden sei. Sie behauptet, telefonisch sei lediglich über künftige Drehtermine im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Klägerin gesprochen worden, eine Einigung habe aber nicht erzielt werden können. Aus diesen Gesprächen könne weder der Schluss auf eine verbindliche Drehzeitverschiebung noch auf einen Anspruchsverzicht bzgl. des Annahmeverzugslohns geschlossen werden. Die Bevollmächtigung der Regisseurin werde mit Nichtwissen bestritten. Branchenüblich schließe die Regisseurin keine verbindlichen Vereinbarungen zu Lasten der Produktionsfirma, so dass aus Sicht der Klägerin und ihrer Agentin die geführten Gespräche lediglich vorbereitend und unverbindlich gewesen seien.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 27.08.2008 zu verurteilen, an die Klägerin 35.256,70 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass sowohl die Klägerin persönlich als auch ihre Agentin einer zeitlichen Verschiebung des vorgesehenen Drehtermins grundsätzlich zugestimmt hätte. Dadurch sei die ursprünglich angestrebte Leistungszeit abgeändert und hinausgeschoben worden. Lediglich der terminliche Abstimmungsprozess hinsichtlich der Neuterminierung sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Die Klägerin selbst habe in ihrem persönlichen Telefonat mit der Regisseurin S den neuen Drehbeginn nach Ende ihrer Effi Briest-Proben für Ende November 2007 bestätigt. Die Erstellung eines Kinofilms – insbesondere einer Independent-Filmproduktion – setze zwangsläufig voraus, dass alle Beteiligten Verschiebungen ohne Anspruch auf Verzugslohn akzeptieren, die sich aus besonderen Umständen oder die fehlende Verfügbarkeit an derer Mitwirkender ergäben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Die Berufung ist zulässig, denn sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und wurde innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG eingelegt und begründet.

II. Die Berufung ist erfolglos, denn das Arbeitsgericht hat zutreffend einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs wegen des aufgefallenen Drehtermins vom 23.07.2007 bis 13.08.2007 verneint.

1) Nach § 615 Satz 1 BGB hat der Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Der Arbeitnehmer muss die infolge des Annahmeverzugs ausgefallene Arbeit nicht nachleisten. Der Arbeitgeber kommt in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Voraussetzung ist ein taugliches Angebot. Grundsätzlich muss die Leistung gemäß § 294 BGB so, wie sie geschuldet ist, tatsächlich angeboten werden. Hat der Gläubiger erklärt, er werde die Leistung nicht annehmen, genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers (§ 295 Satz 1 BGB). Ist für die die vom Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig vornimmt, § 296 Satz 1 BGB.

2) Selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin eine Bestimmung der Leistungszeit durch das Schauspielangebot vom 10.05.2007 und eine Entbehrlichkeit des Angebots nach § 296 Satz 1 BGB oder ein angemessenes Angebot durch anwaltliches Schreiben vom 25.07.2007 unterstellt, so scheidet ein Annahmeverzug für den Zeitraum 23.07.2007 bis 13.08.2007 deshalb aus, weil die Parteien die ursprünglich vereinbarte Leistungszeit einvernehmlich aufgehoben haben. Die Parteien haben sich darauf geeinigt, dass die ursprünglich vorgesehene Drehzeit entfallen solle, lediglich auf einen Ersatztermin haben sie sich – nach dem Vortrag der Klägerin – nicht einigen können. Nach eigenem Vortrag der Klägerin hat die Agentin V am 20.07.2008 telefonisch der Regisseurin S zunächst die Überprüfung von Ersatzterminen zugesagt und sodann freie Termine in der letzten Novemberwoche und dann im Dezember benannt. Weder der Überprüfung noch der Nennung der Ersatztermine hätte es bedurft, wenn die Klägerin auf den ursprünglich vorgesehenen Drehtermin hätte bestehen wollen. Die Klägerin selbst hat nach eigenem Vorbringen in dem Telefonat am 22.07.2008 und in einem späteren Telefonat, das am 23.07.2008 stattgefunden haben könnte, einer Verschiebung auch nicht widersprochen, sondern lediglich am 22.07.2008 bestätigt, dass sie im August nicht zur Verfügung stehe. An das Datum und die Einzelheiten des angeblich am 23.07.2007 geführten Gesprächs könne sich die Klägerin angesichts der Mitteilungsart der Regisseurin nicht erinnern. Schließlich dokumentiert die E-Mail der Agentin V vom 23.07.2007 die grundsätzliche Einigung zur terminlichen Neuansetzung. In dieser Mitteilung fordert sie ausdrücklich unter Fristsetzung zur Einigung über eine für beide Seiten mögliche Drehzeit auf. Um diesem Verlangen Nachdruck zu verleihen, kündigt sie Schadenersatzansprüche an. Dies zeigt, dass es aus klägerischer Sicht nicht mehr um die Erfüllung des Vertrages in seiner ursprünglichen Fassung ging, sondern primär um das Herbeiführen eines Einvernehmens hinsichtlich einer terminlichen Neufassung des Vertrages. Die Verschiebung des Drehtermins entsprach auch den schauspielerischen Ambitionen der Klägerin, die in ihrer mündlichen Anhörung vor der Berufungskammer verdeutlichte, dass sie trotz immer wiederkehrender, zweijähriger Verzögerung der Realisierung des Filmprojekts an ihrer Mitwirkung festgehalten habe, weil ihr nicht das Geld, sondern die Rolle am Herzen lag. Soweit die Klägerin den Mangel der Vertretungsmacht der Regisseurin rügt, verkennt sie, dass die Beklagte jedenfalls schlüssig durch ihr Berufen auf die Vertragsänderung im vorliegenden Prozess gemäß den §§ 177 Abs. 1, 184 Abs. 1 BGB genehmigt hat.

III. Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO abzuweisen.

IV. Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die keine noch höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen aufgeworfen hat.

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