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Fristlose Kündigung – Vorlage eines gefälschten Genesenennachweises

Arbeitsverhältnis wegen gefälschtem Attest gekündigt

Ein ausgebildeter Justizbeschäftigter erhob gegen die fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigungen seines Arbeitgebers Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber hatte die Kündigungen ausgesprochen, nachdem der Kläger am Arbeitsplatz ein gefälschtes Attest vorgelegt hatte. Das beklagte Land sieht darin einen wichtigen Grund für die fristlose Kündigung. Der Kläger bestreitet jedoch die Rechtmäßigkeit der Kündigung. Der Streitpunkt des Falls ist, ob die Frau S. als Geschäftsleiterin des beklagten Landes befugt war, die Kündigung auszusprechen. Das Gericht muss entscheiden, ob die Kündigung wirksam ist oder nicht. […]


ArbG Berlin – Az.: 58 Ca 12302/21 – Urteil vom 26.04.2022

I. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 2. Dezember 2021, dem Kläger zugestellt am 3. Dezember 2021, aufgelöst wurde.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

IV. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.353,07 EURO festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Bestand des Arbeitsverhältnisses und damit verbunden um einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

corona genesungsnachweis
(Symbolfoto: PhotoNastya91/Shutterstock.com)

Der am …1983 geborene, ledige und keinen Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist ausgebildeter Justizbeschäftigter. Er steht seit 28.02.2018 in einem Arbeitsverhältnis zum beklagten Land. Auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag (Anlage K 1, Blatt 5 fortfolgende der Akte) wird verwiesen.

Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 02.12.2021 fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 31.03.2022 (Anlage K 3, Blatt 10 folgend der Akte). Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 03.12.2021 zu. Das Schreiben ist unterzeichnet mit „im Auftrag S.“. Der Kläger wies mit Schreiben vom 08.12.2021, dem beklagten Land am selben Tag zugegangen, die Kündigung mangels Vorlage einer Originalvollmacht zurück (Anlage K 5, Blatt 14 der Akte). Das beklagte Land reagierte mit Schreiben vom 09.12.2021 und teilte mit, an der Kündigung festzuhalten (Anlage K 6, Blatt 15 folgend der Akte).

Die Frauenvertreterin wurde mit Schreiben vom 29.11.2021 zur beabsichtigten Kündigung beteiligt (Anlage B 8, Blatt 102 fortfolgende der Akte). Der Personalrat wurde mit Schreiben vom 29.11.2021 zur beabsichtigten Kündigung beteiligt (Anlage B 7, Blatt 98 fortfolgende der Akte). Auf den Mitbestimmungsvermerk vom 02.12.2021 „Der Personalrat hat mitbestimmt.“ wird verwiesen.

Das beklagte Land sprach mit Schreiben vom 09.12.2021 eine weitere fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung zum 31.03.2022 aus (Anlage K 4, Blatt 12 folgend der Akte). Das Kündigungsschreiben ging dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 09.12.2021 zu. Die Kündigung unterzeichnete der Präsident des O., Herr B.. Die Beteiligung der Frauenvertreterin erfolgte mit Schreiben vom 09.12.2021 (Anlage B 10, Blatt 49 fortfolgende der Akte). Die Beteiligung des Personalrats erfolgte ebenfalls mit Schreiben vom 09.12.2021 (Anlage B 9, Blatt 106 fortfolgende der Akte).

Der Kläger erhob gegen beide Kündigungen mit Schriftsatz vom 10.12.2021, eingegangen beim Arbeitsgericht Berlin am selben Tag und dem beklagten Land zugestellt am 21.12.2021, Kündigungsschutzklage.

Der Kläger ist der Auffassung, weder die Kündigung vom 02.12.2021 noch die Kündigung vom 09.12.2021 beendeten das Arbeitsverhältnis fristlos oder hilfsweise fristgemäß.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 02.12.2021, noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung des Beklagten vom 02.12.2021, dem Kläger zugestellt am 03.12.2021, aufgelöst wurde,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung des Beklagten vom 09.12.2021, noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung des Beklagten vom 09.12.2021, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 09.12.2021, aufgelöst wurde,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht.

4. für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu 1. den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Justizbeschäftigten im Umfang von 39,4 Wochenstunden bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land beantragt, die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land ist der Auffassung, die streitgegenständlichen Kündigungen seien rechtswirksam.

Insbesondere sei Frau S. als Geschäftsleiterin zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt. Frau S. sei vom Präsidenten des O. B.-B. als Dienstaufsicht bezüglich der Tarifbeschäftigten betraut worden. Ausweislich des Geschäftsverteilungsplans (Anlage B 1, Blatt 48 der Akte) sei sie zuständig für die allgemeine Leitung und Organisation einschließlich Geschäftsverteilung und Geschäftsaufsicht. Damit gehöre auch die Dienstaufsicht dazu. Der Geschäftsverteilungsplan sei im Intranet veröffentlicht und frei zugänglich. Schließlich sei sie im Organigramm als Geschäftsleiterin ausgewiesen (Anlage B 2, Blatt 53 der Akte). Als Geschäftsleiterin komme ihr gleichzeitig die Position der Personalleiterin zu. Frau S. habe alle arbeitsrechtlich relevanten Gespräche mit dem Kläger geführt und die Abmahnung vom 05.10.2020 unterzeichnet (Anlage B 3, Blatt 54 fortfolgende der Akte). Auch sei auf die Kündigungsberechtigung wegen ihrer Funktion in der Kündigung hingewiesen worden. Eine Zurückweisung sei daher ausgeschlossen. Die Kündigungsbefugnis sei dem Kläger überdies bekannt gewesen.

Das beklagte Land ist der Auffassung, die Frauenvertreterin sowie der Personalrat seien jeweils ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Zustimmungsvermerke des Personalrats seien die übliche Form der Mitbestimmung bei Zustimmung. Sie seien durch den stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn K., unterzeichnet. Die Einleitung durch Frau S. sei ordnungsgemäß als Vertretung des Präsidenten erfolgt.

Das beklagte Land ist der Auffassung, es liege ein wichtiger Grund für die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Mit der Regelung in § 28b IfSG a.F. (Infektionsschutzgesetz) sei ein 3G-Nachweis am Arbeitsplatz eingeführt worden, wonach der Arbeitgeber nach Absatz 3 zur täglichen Überwachung und regelmäßigen Dokumentation verpflichtet sei. Werde ein Nachweis hinterlegt, sei die tägliche Kontrolle entbehrlich. Die Hinterlegung sei freiwillig gewesen; möglich wäre auch eine tägliche Testvorlage gewesen. Der Präsident des O. habe die Beschäftigten am 22.11.2021 informiert, dass voraussichtlich ab 24.11.2021 die Neuregelung des § 28b IfSG gelte und ein tagesaktueller Test vorgelegt oder ein Nachweis hinterlegt werden könne (Anlage B 6, Blatt 96 der Akte). Die Mitteilung sei am 23.11.2021 konkretisiert worden (Anlage B 6, Blatt 97 der Akte). Der Kläger habe am 23.11.2021 einen auf dem Handy gespeicherten digitalen Nachweis zur Genesung mit einer Gültigkeit bis 07.04.2022 vorgelegt. Dies sei in der Absicht geschehen, den gesetzlich vorgeschriebenen 3G-Status zu erfüllen. Die Vorlage des Attests habe Zweifel auf Seiten des beklagten Landes ausgelöst, da der Kläger im September und November 2021 vollständig anwesend und im Oktober nur an wenigen Tagen Urlaub gehabt habe. Es habe ein Gespräch am 24.11.2021 zwischen dem Kläger und Frau S. stattgefunden, in dem der Kläger behauptet habe, sich an die genauen Daten der Erkrankung nicht mehr erinnern zu können und gemeint habe, es sei innerhalb seines Urlaubs gewesen. Er sei zur Vorlage der Quarantäneanordnung aufgefordert worden. In einem weiteren Gespräch mit Frau S. am 25.11.2021 habe der Kläger angegeben, nicht an Corona erkrankt gewesen zu sein. Daraufhin sei er umgehend von der Gesundheitskoordinatorin des Gerichts getestet worden. In einem weiteren Gespräch am selben Tag zwischen dem Kläger, dem Präsidenten Herrn B., der Vizepräsidentin, Frau M., Frau S. und Frau H. habe der Kläger den Sachverhalt eingeräumt und angegeben, immer mehr Druck verspürt zu haben und verunsichert gewesen zu sein. Ihm sei mitgeteilt worden, dass eine Kündigung beabsichtigt sei.

Das beklagte Land ist der Auffassung, der Vorgang stelle einen wichtigen Grund dar. Der Kläger habe am 23.11.2021 ein gefälschtes Attest vorgelegt und die Lüge am 24.11.2021 aufrechterhalten. Er habe die Möglichkeit zur Aufdeckung seines Fehlverhaltens nicht genutzt. Er habe die Arbeitsstätte am 24.11.2021 und 25.11.2021 ohne gültige Testnachweis betreten, was ein Verstoß gegen das Gesetz und vertragliche Nebenpflichten darstelle. Die Durchführung eines Selbsttests mit negativem Ergebnis am 24.11.2021 werde bestritten, sei aber auch nicht ausreichend. Der Kläger zeige auch in seinem gerichtlichen Vorbringen kein Unrechtsbewusstsein. Daraus folge, dass die Annahme der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berechtigt sei.

Die Kündigung sei auch verhältnismäßig. Ein vorheriger Ausspruch einer Abmahnung sei nicht notwendig. Das Vertrauen sei unwiederbringlich zerstört. Wäre das beklagte Land den Zweifel nicht nachgegangen, sei davon auszugehen, dass der Kläger über Monate hinweg die Täuschung genutzt hätte. Die Verwendung des gefälschten Attests sei insoweit ausschließlich eigennützig. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger Bediensteter in der Justiz ist, so dass keine überwiegend für den Kläger sprechenden Gesichtspunkte ersichtlich seien. Der Kläger verfüge schließlich über eine Ausbildung als Trockenbaumonteur.

Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung vom 02.12.2021 beende das Arbeitsverhältnis weder fristlos noch hilfsweise fristgemäß.

Der Kläger ist der Auffassung, die Kündigung vom 02.12.2021 sei zu Recht mangels Vollmachtvorlage zugunsten der Frau S. zurückgewiesen worden. Der Kläger bestreitet die Zuständigkeit der Frau S. als Dienstaufsicht für die Tarifbeschäftigten. Aus dem beklagtenseits vorgelegten Geschäftsverteilungsplan ergebe sich keine allgemeine Dienstaufsicht. Diese ergebe sich auch nicht aus dem beigefügten Organigramm. Danach sei Frau S. zuständige Beauftragte für den Haushalt. Der Kläger bestreitet, dass er gewusst haben soll, dass Frau S. zum Ausspruch von Kündigungen berechtigt sei; er habe keine solche Kenntnis gehabt. Diese ergebe sich auch nicht aus der Unterschrift unter dem Arbeitsvertrag. Die Unterschrift sei unleserlich und werde als solche von Frau S. bestritten. Außerdem sei die Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages nicht gleichzusetzen mit einer Kündigungsberechtigung. Die Kündigungsberechtigung ergebe sich auch nicht aus der unterzeichneten Abmahnung.

Der Kläger bestreitet weiterhin die ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats vor Ausspruch der Kündigung. Er bestreitet, dass das Schreiben vom 29.11.2021 am selben Tag beim Personalrat eingegangen sei. Weiterhin fehle der Nachweis, dass der Personalrat der Kündigung zugestimmt habe. Der handschriftliche Vermerk „mitbestimmt habe“ sage nichts über das Ergebnis der Mitbestimmung aus. Das PersVG Berlin (Personalvertretungsgesetz Berlin) gehe von einem positiven Konsensprinzip aus. Die Beteiligung zu zwei Kündigungsmaßnahmen erfordere auch die Fassung und Mitteilung von zwei Beschlüssen, ansonsten fehle mangels Zuordnungsmöglichkeit die Mitbestimmung zu beiden Maßnahmen. Der Kläger bestreitet, dass der Vorsitzende des Personalrates unterzeichnet habe, was gemäß § 29 Absatz 3 Satz 1 PersVG Berlin notwendig sei. Er bestreitet, dass die unterzeichnende Person zur Vertretung der Arbeitnehmer berechtigt gewesen sei. Schließlich sei das Verfahren durch Frau S. eingeleitet worden. Die Dienststelle werde aber durch den Präsidenten vertreten. Der Kläger bestreitet schließlich, dass die Mitbestimmung am 02.12 2021 bereits abgeschlossen gewesen sei. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Personalrat seine Zustimmung innerhalb der noch laufenden Frist noch verweigert hätte.

Der Kläger bestreitet sodann die ordnungsgemäße Beteiligung der Frauenvertreterin. Nicht ersichtlich sei, dass eine Dringlichkeit bestanden habe, die Frauenvertreterin zeitgleich mit dem Personalrat zu beteiligen. Schließlich sei die Unterschrift unleserlich. Es werde bestritten, dass diese von der Frauenvertreterin stamme und die Beteiligung am 01.12.2021 abgeschlossen gewesen sei. Schließlich werde die Berechtigung der Frau S. für die Einleitung des Beteiligungsverfahrens bestritten.

Der Kläger ist zuletzt der Auffassung, das beklagte Land könne sich nicht auf einen wichtigen Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses berufen.

Das Land substantiiere die Daten zum streitigen Genesenennachweis nicht. Der Kläger bestreitet, dass und mit welchen Daten Frau H. am 23.11.2021 einen Genesenenstatus des Klägers vermerkt habe. Der Verarbeitung personenbezogener Daten widerspreche der Kläger. Der Kläger behauptet, er habe an das Gespräch mit Frau S. am 24.11.2021 keine Erinnerung mehr. Er könne sich nicht erinnern, dass das Gespräch zur Vorlage einer Quarantäneanordnung geführt worden sei. Gegenstand des Gesprächs am 25.11.2021 sei nach heutiger Erinnerung des Klägers nicht gewesen, dass der Kläger keine Quarantäneanordnung habe vorlegen können. Unzutreffend sei weiterhin die Behauptung des beklagten Landes, dass der Kläger am Morgen des 25.11.2021 in einem Gespräch mit Frau S. teilgenommen hätte, ohne dass ein 3G-Nachweis vorgelegen habe. Vielmehr habe Frau Sp. den Kläger am 25.11.2021 auf eine Corona-Infektion getestet und festgestellt, dass der Kläger nicht mit Corona infiziert gewesen sei.

Die Prüfung des Kündigungsgrundes habe zukunftsbezogen zu erfolgen; das Risiko weiterer Vertragsverletzungen solle ausgeschlossen werden. Voraussetzung sei daher eine Wiederholungsgefahr bzw. ob sich das vergangene Ereignis weiter belastend auswirke. Bei einem abgeschlossenen Tatbestand ohne Wiederholungsgefahr sei eine außerordentliche Kündigung nur gerechtfertigt, wenn das Vertrauen unwiderruflich zerstört sei. Dies sei bei einem etwaigen Verstoß gegen § 28b IfSG zweifelhaft. Dieser begründe nur eine öffentlich-rechtliche Pflicht, nicht jedoch eine gegenüber dem Arbeitgeber. Die Einordnung als Ordnungswidrigkeit sei unerheblich. Das Gesetz diene nicht dem Schutz des Landes als Arbeitgeber, sondern der Allgemeinheit. Der Verweis des beklagten Landes auf die Strafnorm sei unerheblich, denn das Gesetz vom 22.11.2021 sei erst mit Verkündung in Kraft getreten. Schließlich liege kein Verstoß gegen eine Pflicht aus § 28b IfSG a.F. vor. Der Kläger könne ohne Kontakt zu anderen Person arbeiten. Weiterhin habe er das Gebäude als getestete Person betreten. Auch liege kein Verstoß gegen Anweisungen des Präsidenten vor, denn diese seien nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung unwirksam. Mangels Beteiligung des Personalrates komme ihnen kein Weisungscharakter zu. Es werde bestritten, dass der Personalrat im Verfahren zur täglichen Sichtung der Nachweise in Papier- oder digitaler Form zugestimmt habe. Es liege auch kein Verstoß gegen Nebenpflichten gemäß § 241 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) in Verbindung mit § 15 Absatz 1 ArbSchG (Arbeitsschutzgesetz) vor. Es habe keine Pflicht zur Vorlage eines Genesenennachweises bestanden. Auch eine falsche Auskunft über hochsensitive Gesundheitsdaten sei kein Verstoß gegen vertragliche Nebenpflichten. Ein solches Verhalten wäre nur erheblich und vorwerfbar, wenn die falsche Auskunft Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis hätte, was nicht der Fall sei. Das hätte nur angenommen werden können, wenn der Arbeitnehmer dadurch für sich Vergünstigungen in Anspruch nehmen würde und andere im Betrieb gefährde. Eine objektive Gefährdung habe nicht bestanden, der Kläger habe sich an beiden Tagen auf Corona getestet.

Schließlich sei eine fristlose Kündigung nicht verhältnismäßig. Der Vorwurf, der Kläger sei bereit, andere Person zu gefährden, sei unzutreffend, denn er habe sich am 24.11.2021 und 25.11.2021 einer Testung unterzogen. Das beklagte Land trage selbst vor, er habe die Vorlage eines falschen Attests eingeräumt. Auswirkungen dadurch habe das beklagte Land jedoch nicht dargelegt. Zudem sei zu bedenken, dass am 24.11.2021 und 25.11.2021 in Berliner Gerichtsgebäude keine allgemeine 3G-Pflicht bestanden habe. Daher könne eine schwere Beeinträchtigung des Vertrauens nicht angenommen werden. Mangels Wiederholungsgefahr müsse zumindest eine Weiterbeschäftigung bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist erfolgen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger als Justizfachangestellter nur in diesem Beruf einsetzbar sei und in Zukunft seinen Ausbildungsabschluss gegebenenfalls nicht mehr verwirklichen könne. Schließlich widerspreche der Ausspruch einer Kündigung dem ultima-ratio-Prinzip, eine Abmahnung sei vorrangig gewesen. Insbesondere seien die Besonderheiten der Pandemie zu berücksichtigen, die allseits zu Unsicherheiten geführt haben.

Die hilfsweise ordentliche Kündigung sei jedenfalls wegen fehlerhafter Beteiligung der Frauenvertreterin unwirksam. Es sei nicht ersichtlich warum die Frauenvertreterin nicht vor dem Personalrat hätte beteiligt werden können. Im Übrigen sei die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, auch die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 09.12.2021 beende das Arbeitsverhältnis nicht.

Hinsichtlich der Kündigung vom 09.12.2021 bestreitet der Kläger erneut, dass eine Zustimmung des Personalrats zu beiden Maßnahmen vorliege. Die Unterschrift belege nur eine Mitbestimmung, aber nicht mit welchem Ergebnis. Nicht erkennbar sei, ob das Mitbestimmungsverfahren abgeschlossen sei. Die Stellungnahme des Personalrats sei erneut „iV“ durch eine unbekannte Person unterzeichnet worden, obwohl der/die Vorsitzende nicht verhindert gewesen sei. Jedenfalls sei die Frauenvertreterin nicht zeitlich vor dem Personalrat beteiligt worden.

Der Kläger rügt die Nichteinhaltung der Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Absatz 2 BGB. Sofern das beklagte Land meine, bereits am 24.11.2021 habe der Verdacht bestanden, dass der Kläger falsche Angaben hinsichtlich einer überstandener Krankheit gemacht habe, sei bereits ab diesem Zeitpunkt hinreichende Kenntnis anzunehmen, was den Lauf der Frist in Gang gesetzt habe.

Schließlich beende die hilfsweise ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht. Die Beteiligung des Personalrates sei nicht ordnungsgemäß. Die Zwei-Wochen-Beteiligungsfrist sei nicht abgewartet worden, obwohl der Personalrat nicht ausdrücklich zugestimmt habe. Zudem sei auch hier die Frauenvertreterin nicht zeitlich vor dem Personalrat beteiligt worden, obwohl keine Dringlichkeit bestand. Im Übrigen sei die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen des Klägers vom 10.12.2021 (Blatt 1 fortfolgende der Akte), vom 17.03.2022 (Blatt 112 fortfolgende der Akte), des beklagten Landes vom 11.02.2022 (Blatt 29 fortfolgende der Akte), vom 14.04.2022 (Blatt 141 fortfolgende der Akte) sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen, § 46 Absatz 2 ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz) in Verbindung mit § 313 Absatz 2 Satz 2 ZPO (Zivilprozessordnung).

Entscheidungsgründe

A.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

I.

Die Klage ist in den Anträgen zu 1. und 2. zulässig. Den Anträgen kommt aufgrund der drohenden materiellen Präklusion gemäß §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG das notwendige Feststellungsinteresse gemäß § 256 Absatz 1 ZPO zu.

Die Klage ist im Antrag zu 3. unzulässig.

Der Antrag nach § 256 ZPO ist nur zulässig, wenn die klagende Partei weitere streitige Beendigungstatbestände darlegen kann, woraus das notwendige Feststellungsinteresse folgen würde (ErfK/Kiel, 22. Auflage, § 4 KSchG Rn. 34).

Weitere Beendigungstatbestände, außer den streitgegenständlichen hat der Kläger nicht dargelegt.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

1.

Die fristlose Kündigung vom 02.12.2021 beendet das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht.

a.

Dabei erweist sich die Kündigung nicht bereits gemäß §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG als rechtswirksam. Der Kläger hat gegen die Kündigung mit Schreiben vom 02.12.2021, ihm zugegangen am 03.12.2021, mit Schriftsatz vom 10.12.2021, eingegangen beim Arbeitsgericht Berlin am selben Tag und dem beklagten Land zugestellt am 21.12.2021, und damit innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung, Kündigungsschutzklage erhoben.

b.

Die Kündigung vom 02.12.2021 erweist sich gemäß § 174 BGB als rechtsunwirksam.

aa.

Nach § 174 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unabhängig vom Bestehen einer Vollmacht und ohne die Möglichkeit einer Heilung oder Genehmigung (BAG, 25.09.2014 – 2 AZR 567/13, NJW 2014, 3595 Rn. 12) unwirksam, wenn der Bevollmächtigte weder eine Vollmachtsurkunde vorlegt noch die Bevollmächtigung dem Erklärungsempfänger vom Vollmachtgeber zuvor bekannt gegeben worden ist, und der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft aus diesem Grund unverzüglich zurückweist (BAG, 05.12.2019 – 2 AZR 147/19, NJW 2020, 1456 Rn. 34).

bb.

Der Kündigung vom 02.12.2021 war keine Vollmacht zugunsten der unterzeichnenden Frau S. beigefügt. Der Kläger hat die Kündigung unverzüglich mit Schreiben vom 08.12.2021 zurückgewiesen.

(1)

Für die Frage, ob eine Zurückweisung im Sinne des § 174 Satz 1 BGB unverzüglich erfolgt ist, gelten die zu § 121 BGB aufgestellten Grundsätze entsprechend. Die Zurückweisung muss daher nicht sofort erfolgen. Dem Erklärungsempfänger ist vielmehr eine gewisse Zeit zur Überlegung und zur Einholung des Rats eines Rechtskundigen darüber einzuräumen, ob er das einseitige Rechtsgeschäft wegen fehlender Vorlage eines Vollmachtbelegs zurückweisen soll. Innerhalb welcher Zeitspanne der Erklärungsempfänger das Rechtsgeschäft zurückweisen muss, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (BAG, 08.12.2011 – 6 AZR 354/10, NZA 2012, 495 Rn. 32). Die Zurückweisung einer Kündigungserklärung ist nach einer Zeitspanne von mehr als einer Woche ohne Vorliegen besonderer Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich im Sinne des § 174 Satz 1 BGB (BAG, 13.12.2012 – 6 AZR 608/11, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 23). Die Frist beginnt mit der tatsächlichen Kenntnis des Empfängers von der Kündigung und der fehlenden Vorlegung einer Vollmachtsurkunde (BAG, 05.12.2019 – 2 AZR 147/19, NJW 2020, 1456 Rn. 48 mit weiteren Nachweisen).

(2)

Entsprechend der vorgenannten Grundsätze erfolgte die Zurückweisung unverzüglich.

Die Kündigung vom 02.12.2021 ist dem Kläger am 03.12.2021 zugegangen. Die Zurückweisung erfolgte mit Schreiben vom 08.12.2021, eingegangen beim beklagten Land am selben Tag. Die Zeitspanne von 5 Kalendertagen ist als unverzüglich im vorgenannten Sinne anzusehen.

cc.

Die Zurückweisung war auch nicht ausgeschlossen, § 174 Satz 2 BGB.

(1)

Gemäß § 174 Satz 2 BGB ist eine Zurückweisung ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hat. Erklärungsempfänger soll nach § 174 BGB nur dann zur Zurückweisung der Kündigungserklärung befugt sein, wenn er keine Gewissheit hat, ob der Erklärende wirklich bevollmächtigt ist und der Vertretene die Erklärung gegen sich gelten lassen muss (vergleiche nur BAG, 20.08.1997 – 2 AZR 518/96, NZA 1997, 1343).

(2)

Der Vollmachtgeber, hier der Präsident des O., hat den Kläger nicht hinreichend auf andere Weise als durch Vollmachtsurkunde von der Bevollmächtigung vor Ausspruch der Kündigung in Kenntnis gesetzt.

Das beklagte Land beruft sich darauf, dass der Präsident des O. B.-B., Herr B., als Leiter des Gerichts die Dienstaufsicht über sämtliche beschäftigte Bedienstete beim O. ausübt, § 19 Absatz 3 Satz 1, Absatz 4 Satz 2 JustG Bln (Justizgesetz Berlin). Als Leiter des Gerichts gemäß § 14 Absatz 1 JustG Bln kann er die Wahrnehmung der Dienstaufsicht als ihm zugewiesenes Geschäft der Justizverwaltung durch hoheitlichen Akt auf beim O. Berlin-Brandenburg beschäftigte Bedienstete übertragen, § 18 Satz 1 Alt. 1, Satz 2, § 19 Absatz 4 Satz 2 JustG Bln. Das beklagte Land behauptet, die Dienstaufsicht über die Tarifbeschäftigten des Gerichts sei auf die Geschäftsleiterin, Frau E. S., übertragen worden.

Es kann dahingestellt bleiben – was der Kläger bestreitet, ob der Präsident des O. Berlin-Brandenburg die Geschäftsleiterin wirksam durch hoheitlichen Akt mit der Dienstaufsicht über die Tarifbeschäftigten des Gerichts betraut hat. Unter Hinweis auf die Regelungen des Justizgesetzes Berlin ist die Stellung einer Geschäftsleiterin nicht regelmäßig mit der Dienstaufsicht, insbesondere mit der Kündigungsbefugnis der Tarifbeschäftigten verbunden. Über eine etwaige Übertragung dieser Aufgabe ist der Kläger jedenfalls nicht hinreichend in Kenntnis gesetzt worden. Der Verweis des beklagten Landes auf den Geschäftsverteilungsplan (Anlage B 1), was grundsätzlich denkbar wäre (BAG, 20.08.1997-2 AZR 518/96, NZA 1997, 1343), und das Organigramm (Anlage B 2) genügen insoweit nicht.

Nach dem Geschäftsverteilungsplan obliegt der Geschäftsleiterin gemäß der Aufgabenbeschreibung unter Punkt c) die allgemeine Leitung und Organisation einschließlich Geschäftsverteilung und Geschäftsaufsicht. Konkrete arbeitsrechtliche Befugnisse sind nicht angesprochen, insbesondere keine Dienstaufsicht im Sinne von disziplinarischen Befugnissen. Aus der Auflistung folgt, dass der Geschäftsleitung die Ausübung des Weisungsrechts gegenüber dem nichtrichterlichen Dienst zukommt. Die Ausübung des Weisungsrechts ist jedoch nicht deckungsgleich mit einer Dienstaufsicht samt arbeitsrechtlicher Befugnisse wie dem Ausspruch von Kündigungen.

Auch aus den weiteren aufgelisteten Aufgaben ergibt sich nicht, dass der Geschäftsleiterin auch die Dienstaufsicht für die Tarifbeschäftigten obliegen sollte. Beispielsweise ist unter Punkt e) der aufgelisteten Aufgaben ausdrücklich aufgenommen, dass der Geschäftsleitung die Führung der BeM-Gespräche für den nichtrichterlichen Dienst obliegt. Insoweit hat das O. offenbar die Notwendigkeit gesehen, diese spezielle arbeitgeberseitige Verpflichtung aufzulisten. Auch wenn dies durch den Umstand begründet sein sollte, wie mündlich durch das beklagte Land im Kammertermin vorgetragen, dass BeM-Gespräche am Gericht wesentlich häufiger vorkommen als der Ausspruch von Kündigungen, führt die Auflistung einzelner spezieller Aufgaben im Umkehrschluss dazu, dass nicht hinreichend ersichtlich wäre, wenn weitere spezielle Befugnisse ohne ausdrückliche Benennung übertragen worden sein sollen.

2.

Die fristlose Kündigung vom 09.12.2021 beendet das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Ablauf des 09.12.2021.

a.

Dabei erweist sich die Kündigung nicht bereits gemäß §§ 13 Satz 2, 4 Satz 1, 7 KSchG als rechtswirksam. Der Kläger hat gegen die Kündigung mit Schreiben vom 09.12.2021, ihm zugegangen am 09.12.2021, mit Schriftsatz vom 10.12.2021, eingegangen beim Arbeitsgericht Berlin am selben Tag und dem beklagten Land zugestellt am 21.12.2021, und damit innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung, Kündigungsschutzklage erhoben.

b.

Die Kündigung erweist sich nicht wegen Verstoßes gegen § 17 LGG (Landesgleichstellungsgesetz Berlin) als rechtsunwirksam. Das beklagte Land hat die Frauenvertreterin vor Ausspruch der Kündigung vom 09.12.2021 ordnungsgemäß beteiligt.

aa.

Gemäß § 17 Absatz 1 LGG ist die Frauenvertreterin bei allen sozialen, organisatorischen und personellen Maßnahmen zu beteiligen. Das Recht auf Beteiligung umfasst über die in § 17 Absatz 2 Satz 1 LGG genannten Rechte hinaus die frühzeitige und umfassende Unterrichtung der Frauenvertreterin durch die Dienststelle in allen in § 17 Absatz 1 LGG genannten Angelegenheiten sowie die Gewährung einer Gelegenheit zur Stellungnahme vor Entscheidungen. Die Beteiligung der Frauenvertreterin erfolgt vor dem Personalrat, in dringenden Fällen zeitgleich, § 17 Absatz 2 Satz 3 und 4 LGG.

Sinn und Zweck des Beteiligungsrechts ist es, Ungleichbehandlungen zu erkennen und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts zu verhindern. Das Beteiligungsrecht gemäß § 17 LGG soll der Frauenvertreterin Gelegenheit geben, die Einhaltung des LGG zu überwachen und auf Verstöße gegen das LGG hinzuweisen.

Die Beteiligung der Frauenvertreterin muss vor der Beteiligung des Personalrats abgeschlossen sein. Dabei handelt es sich um das Recht des Personalrats, nicht ohne Kenntnis der Stellungnahme der Frauenvertreterin im Mitbestimmungsverfahren entscheiden zu müssen. Es beruht auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Personalvertretungsrecht (BVerwG (Bundesverwaltungsgericht), Beschluss vom 20.03.1996 – 6 P 7/94). So wird sichergestellt, dass die Stellungnahme der Frauenvertreterin und darin gegebenenfalls enthaltene Bedenken bei der Entscheidung des Personalrats berücksichtigt werden können. In Eilfällen, das heißt in Angelegenheiten, die keinen Aufschub dulden, beispielsweise zur Wahrung von Ausschlussfristen erfolgt eine parallele Beteiligung der Frauenvertreterin und des Personalrats. Bei Vorgängen, bei denen formal keine Beteiligung des Personalrats vorgesehen ist und die diesem lediglich im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit zur Kenntnis gegeben werden, ist eine Beteiligung der Frauenvertreterin nicht vor Kenntnisnahme an dem Personalrat erforderlich. Eine parallele Beteiligung der Frauenvertreterin und Kenntnisgabe an den Personalrat ist in diesem Fall ausreichend (AVLGG (Ausführungsvorschriften zum Landesgleichstellungsgesetz) vom 19.10.2021 zu § 17 LGG, Rundschreibendatenbank des Landes Berlin).

bb.

Entsprechend der vorgenannten Grundsätze konnte vorliegend vor Ausspruch der Kündigung eine zeitgleiche Beteiligung der Frauenvertreterin und des Personalrats erfolgen.

Das beklagte Land hatte den Personalrat formal zu beteiligen, so dass nicht grundsätzlich eine zeitgleiche Beteiligung möglich ist. Bei dem 09.12.2021 handelt es sich um den 14. Tag der Kündigungserklärungsfrist gemäß § 626 Absatz 2 BGB. Die Klägerseite hatte die unter dem 02.12.2021 ausgesprochene Kündigung mit Schreiben vom 08.12.2021 unter Hinweis auf § 174 BGB zurückgewiesen. Um vorsorglich eine weitere fristlose Kündigung auszusprechen, verblieb dem beklagten Land nur Zeit bis zum 09.12.2021 um 24 Uhr. Die Anhörung zu dieser weiteren beabsichtigten vorsorglichen fristlosen Kündigung duldete damit keinen Aufschub im Sinne der Ausführungsvorschriften. Es lag im Hinblick auf den Fristablauf eine objektive Eilbedürftigkeit vor (LAG Berlin-Brandenburg, 06.01.2022 – 10 Sa 1155/21). Aus diesem Grund war die zeitgleiche Beteiligung der Frauenvertreterin und des Personalrates zulässig und ist so vom beklagten Land in den Beteiligungsanschreiben mitgeteilt worden.

cc.

Die Frauenvertreterin ist auch im Übrigen ordnungsgemäß beteiligt worden.

Unter dem Beteiligungsschreiben vom 09.12.2021 befindet sich ein Stempel „Die Frauenvertreterin wurde gemäß § 17 LGG beteiligt.“ Darunter ist handschriftlich das Datum des 09.12.2021 ergänzt und mit „L.“ unterzeichnet worden.

Aus welchen Gründen der Kläger das Beteiligungsverfahren der Frauenvertreterin für nicht ordnungsgemäß abgeschlossen ansieht, hat dieser nicht näher begründet.

c.

Die Kündigung erweist sich ebenso nicht gemäß § 79 Absatz 1 in Verbindung mit § 87 Nr. 8 PersVG Berlin als rechtsunwirksam, § 108 Absatz 2 BPersVG (Bundespersonalvertretungsgesetz). Das beklagte Land hat den Personalrat vor Ausspruch der Kündigung vom 09.12.2021 ordnungsgemäß beteiligt.

aa.

Jede mitbestimmungspflichtige Maßnahme darf erst nach vorheriger Zustimmung des Personalrats durchgeführt werden. Schweigt er, gilt dies als Zustimmung. Der Personalrat kann der Maßnahme schriftlich oder mündlich zustimmen. Verweigert er die Zustimmung, muss er dies schriftlich tun und begründen.

Vor Ablauf der 2-Wochen-Frist, bzw. im Fall des Antrags auf Zustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung vor Ablauf der Frist von einer Woche kann eine Kündigung nur erklärt werden, wenn der Personalrat abschließend im Sinne einer Zustimmung Stellung genommen hat. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach das Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG abgeschlossen ist, wenn der Betriebsrat abschließend Stellung genommen hat, und der Arbeitgeber deshalb bereits vor Ablauf der Wochenfrist des §102 Absatz 2 Satz 1 BetrVG wirksam kündigen kann (BAG, 16.09.2004 – 2 AZR 511/03, AP Nr. 142 zu § 102 BetrVG 1972), kann auf das Mitbestimmungsverfahren nach dem Vertretungsrecht des Landes Berlin jedenfalls für den Fall der Zustimmungsverweigerung durch den Personalrat nicht übertragen werden. Im Berliner Personalvertretungsrecht gilt gemäß § 79 Absatz 1, § 87 Nr. 8 PersVG Berlin das positive Konsensprinzip. Danach kann eine Maßnahme nur mit vorheriger Zustimmung der Personalvertretung durchgeführt werden. Darauf, ob innerhalb der noch laufenden Äußerungsfrist noch weitere, eventuell beachtliche Einwände zu erwarten sind, kommt es für das formell geregelte Verfahren des § 79 PersVG Berlin nicht an. Anders als im Rahmen des § 102 BetrVG, in dem lediglich ein negatives Konsensprinzip gilt, ist es deshalb selbst bei einer unbeachtlichen Zustimmungsverweigerung im Geltungsbereich des Personalvertretungsrechts des Landes Berlin kein übertriebener Formalismus, nach Eingang der Stellungnahme von der Dienststelle noch zu verlangen, den Ablauf der Äußerungsfrist abzuwarten (BAG, 19.11.2009 – 6 AZR 800/08, AP Nr. 3 zu § 79 LPVG Bln Rn. 14).

bb.

Entsprechend der vorgenannten Grundsätze erweist sich der Ausspruch der Kündigung unter dem 09.12.2021 als ordnungsgemäß. Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist der Vermerk auf dem Zustimmungsschreiben „Der Personalrat hat mitbestimmt.“ als Zustimmung zum beabsichtigten Ausspruch der weiteren fristlosen Kündigung zu werten, weshalb das beklagte Land zu deren Ausspruch am selben Tag berechtigt war.

Andere Wortbedeutungen nach dem Duden für „mitbestimmen“ sind „mitwirken“ bzw. „mitentscheiden“. Das heißt der Mitentscheidende steht bei erklärter Mitbestimmung hinter der beabsichtigten Maßnahme. Er stimmt sozusagen zu. Der Kläger weist insoweit zutreffend darauf hin, dass im PersVG Berlin das positive Konsensprinzip gilt. Die Formulierung „hat mitbestimmt“ kann vor diesem Hintergrund nur bedeuten, dass der Personalrat die beabsichtigte personelle Einzelmaßnahme mitträgt. Da insoweit von einer Zustimmung auszugehen ist, musste das beklagte Land auch nicht die einwöchige Beteiligungsfrist vor Ausspruch der Kündigung abwarten. Entgegen der Auffassung des Klägers bedarf es für die Annahme einer Zustimmung nicht der zwingenden Mitteilung eines „Ja“ (auch wenn eine solche Mitteilung Erörterungen wie die vorliegende entbehrlich machen würde und zur Rechtssicherheit beitragen würde). Entgegen der Auffassung des Klägers bedeute die Mitteilung „hat mitbestimmt“ auch nicht nur, dass das Mitbestimmungsverfahren durchgeführt wurde. Aufgrund des geltenden positiven Konsensprinzips ist eine Maßnahme nur bei Zustimmung mitbestimmt.

Die Mitteilung an das beklagte Land erfolgte durch den stellvertretenden Personalratsvorsitzenden, Herrn K., da die Vorsitzende Frau W.vom 22.11.2021 bis 10.12.2021 urlaubsbedingt abwesend war, und war damit ordnungsgemäß.

d.

Die Kündigung erweist sich auch nicht gemäß § 626 Absatz 1 BGB als rechtsunwirksam. Das beklagte Land kann sich für den Ausspruch der Kündigung auf einen wichtigen Grund gemäß § 626 Absatz 1 BGB berufen.

aa.

Gemäß § 626 Absatz 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls „an sich”, das heißt typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Anschließend bedarf es der Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung dieser Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (BAG, 27.06.2019 – 2 AZR 50/19, NZA 2019, 1345 Rn. 12; BAG, 13.12.2018 – 2 AZR 370/18, NJW 2019, 1161 Rn. 15; BAG, 25.01.2018 – 2 AZR 382/17, NZA 2018, 845 Rn. 16; ausführlich MHdB-ArbR/Rachor, 5. Auflage, § 124 Rn. 2 fortfolgende).

bb.

Voraussetzung für eine fristlose Kündigung ist daher zunächst das Vorliegen eines Sachverhalts, der „an sich“ objektiv geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.Die Vorlage eines gefälschten Genesenennachweises in der Absicht über die Erfüllung der Nachweispflicht aus § 28b Absatz 1 IfSG zu täuschen ist „an sich“ geeignet, selbst eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen (zu einer fristlosen Kündigung wegen Vorlage eines gefälschten Impfnachweises siehe ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208 sowie Kleinebrink, DB 2022, 392, 396). Auch wenn die Vorlage des gefälschten Genesenenattests durch den Kläger am 23.11.2021 zu diesem Zeitpunkt noch nicht strafbewehrt war, liegt gleichwohl eine schwerwiegende Pflichtverletzung vor. Der Kläger hat gegen seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des beklagten Landes gemäß § 241 Absatz 2 BGB verstoßen (ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208 Rn. 18). Zudem hat der Kläger am 24.11.2021 und 25.11.2021 das Gerichtsgebäude ohne gültigen 3G-Nachweis betreten.

(1)§ 28b IfSG in der ab 24.11.2021 bis 19.03.2022 gültigen Fassung (im Folgenden § 28b IfSG a.F.) lautete:

„1) Arbeitgeber und Beschäftigte dürfen Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten und Arbeitgeber dürfen Transporte von mehreren Beschäftigten zur Arbeitsstätte oder von der Arbeitsstätte nur durchführen, wenn sie geimpfte Personen, genesene Personen oder getestete Personen im Sinne des § 2 Nummer 2, Nummer 4 oder Nummer 6 des COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) sind und einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis im Sinne des § 2 Nummer 3, Nummer 5 oder Nummer 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar halten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt haben. Sofern die dem Testnachweis zugrunde liegende Testung mittels Nukleinsäurenachweis (PCR, PoC-PCR oder weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik) erfolgt ist, darf diese abweichend von § 2 Nummer 7 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) maximal 48 Stunden zurückliegen. Abweichend von Satz 1 ist Arbeitgebern und Beschäftigten ein Betreten der Arbeitsstätte erlaubt, um

1. unmittelbar vor der Arbeitsaufnahme ein Testangebot des Arbeitgebers zur Erlangung eines Nachweises im Sinne des § 4 Absatz 1 der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 25. Juni 2021 (BAnz AT 28.06.2021 V1), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 6. September 2021 (BAnz AT 09.09.2021 V1) geändert worden ist, wahrzunehmen oder

2. Ein Impfangebot des Arbeitgebers wahrzunehmen.Der Arbeitgeber hat seine Beschäftigten bei Bedarf in barrierefrei zugänglicher Form über die betrieblichen Zugangsregelungen zu informieren.

…“

(2)Zwar war das Gebrauchen eines gefälschten Genesenennachweises gegenüber dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Vorlage durch den Kläger am 23.11.2021 nach § 279 StGB in der bis zum 23.11.2021 geltenden Fassung nicht strafbar, da die §§ 277 bis 279 StGB alte Fassung eine abschließende spezialgesetzliche Regelung über die Strafbarkeit des Umgangs mit Gesundheitszeugnissen enthalten.Der Kläger verkennt allerdings, dass nicht die Einordnung als Straftat ausschlaggebend für die Frage ist, ob der Sachverhalt „an sich“ objektiv geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen.Denn für die kündigungsrechtliche Würdigung kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens an, sondern auf den Verstoß gegen Haupt- oder Nebenpflichten und der mit der Handlungsweise einhergehenden Störung des Arbeits- und Vertrauensverhältnisses (ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208 unter Verweis auf BAG, 01.07.1999 – 2 AZR 676/98, NZA 1999, 1270; BAG, 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 Rn. 30; ErfK/Niemann, 22. Auflage, § 626 BGB Rn. 133a). Deshalb kann auch eine nicht strafbare, gleichwohl erhebliche Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Insoweit kennt das Gesetz keine „absoluten“ Kündigungsgründe (BAG, 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227 Rn. 16).

(3)Die Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten kann „an sich“ einen wichtigen Grund im Sinne von § 626 Absatz 1 BGB darstellen. Nach § 241 Absatz 2 BGB ist jede Vertragspartei zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichtet. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis so zu erfüllen, seine Rechte so auszuüben und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann (BAG, 28.10.2010 – 8 AZR 418/09, NZA 2011, 345 Rn. 12; BAG, 25.04.2018 – 2 AZR 611/17, NZA 2018, 1405 Rn. 44; BAG, 05.12.2019 – 2 AZR 240/19, NZA 2020, 646 Rn. 75; MüKoBGB/Spinner, 8. Auflage, § 611a Rn. 993). Aus der Interessenwahrungspflicht folgt insbesondere die Pflicht des Arbeitnehmers in den Grenzen seiner Möglichkeiten und der Zumutbarkeit, einen dem Betrieb oder den anderen Arbeitnehmern des Betriebs drohenden Schaden zu verhindern. Dies gilt in gesteigertem Maße bei erheblichen Gesundheitsgefahren (vergleiche LAG Rheinland-Pfalz, 14.04.2005 – 11 Sa 810/04, NZA-RR 2006, 194; LAG Schleswig-Holstein, 08.10.2008 – 6 Sa 158/08, BeckRS 2009, 50494; MüKoBGB/Spinner, 8. Auflage, § 611a Rn. 1001 folgend; zur vertraglichen Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers aus § 241 Absatz 2 BGB während der Corona-Pandemie siehe Kleinebrink, NZA 2020, 1361 fortfolgende).Die Vorlage eines gefälschten Genesenennachweises in der Absicht die Nachweispflicht des § 28b Absatz 1 IfSG a.F. zu umgehen stellt die Verletzung einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht dar (zur Kündigung aufgrund der Verweigerung der Durchführung angeordneter Corona-Schnelltests siehe ArbG Hamburg, 24.11.2021 – 27 Ca 208/21, BeckRS 2021, 3713; zur Kündigung wegen Nichttragens eines Mund-Nasen-Schutzes siehe ArbG Köln, 17.6.2021 – 12 Ca 450/21, BeckRS 16225; ArbG Cottbus, 17.06.2021 – 11 Ca 10390/20, BeckRS 2021, 20355; zur Kündigung wegen Vorlage eines gefälschten Impfnachweises siehe ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208).

Zwar begründete § 28b Absatz 1 IfSG a.F. keine unmittelbaren arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers, sondern regelte allein die Voraussetzungen des Zutritts zur Arbeitsstätte. Nach § 28b Absatz 1 Satz 1 IfSG a.F. durften Beschäftigte Arbeitsstätten, in denen physische Kontakte von Arbeitgebern und Beschäftigten untereinander oder zu Dritten nicht ausgeschlossen werden können – was entgegen der Auffassung des Klägers in einem Gerichtsgebäude zweifelsfrei ist -, nur betreten, wenn sie einen Impfnachweis, einen Genesenennachweis oder einen Testnachweis mit sich führen, zur Kontrolle verfügbar hielten oder bei dem Arbeitgeber hinterlegt hatten.

Allerdings konnte die Verwendung von gefälschten Genesenennachweisen in der damaligen Pandemielage erhebliche Gefahren für den Gesundheitsschutz Dritter mit sich bringen. Dem wollte der Gesetzgeber zielgerichtet mit der Änderung und Ergänzung der §§ 277 bis 289 StGB sowie mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes vom 22.11.2021 entgegentreten (siehe BT-Drs. 20/89, Seite 4, 16; BT-Drs. 20/15, Seite 2, 20 fortfolgende). So bestand für Beschäftigte grundsätzlich nach § 28b Absatz 3 Satz 2 IfSG a.F. die Pflicht, vor Betreten des Betriebs einen entsprechenden Nachweis auf Verlangen vorzulegen. Verfügte der Beschäftigte nicht über einen entsprechenden Nachweis, musste der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach § 28b Absatz 1 IfSG a.F. daran hindern, den Betrieb zu betreten (für die Verwendung eines gefälschten Impfnachweises ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208; ausführlich Kleinebrink, DB 2022, 392 fortfolgende; Harländer/Otte, NZA 2022, 160, 162).

Der Arbeitgeber durfte nur solche Mitarbeiter beschäftigen, die keine Gefahr für andere darstellten und auf diese Weise so weit wie möglich vermeiden, dass sich seine Mitarbeiter mit dem Covid-19-Virus im Betrieb anstecken. Anderenfalls konnten Störungen im Betriebsablauf, Arbeits- und Produktionsausfälle durch Quarantäneanordnungen sowie Entgeltfortzahlungen wegen Erkrankungen mit Covid-19 drohen (ArbG Aachen, 11.03.2021 – 1 Ca 3196/20, NZA-RR 2021, 471; Hidalgo/Ceelen/Buziek, NJW 2021, 3151, 3153). Im letzteren Fall bestand zudem das Risiko einer Haftung des Arbeitgebers gemäß § 280 Absatz 1 BGB. Im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nach § 618 Absatz 1 BGB traf den Arbeitgeber nämlich die Pflicht, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, um die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu gewährleisten. Insoweit mussten Arbeitgeber nach § 28b Absatz 3 Satz 1 IfSG a.F. die Einhaltung der Nachweispflichten jedes Beschäftigten täglich überwachen und das Ergebnis regelmäßig dokumentieren (ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208; ArbG Siegburg, 16.12.2020 – 4 Ga 18/20, NZA-RR 2021, 129 Rn. 18; ArbG Hamburg, 24.11.2021 – 27 Ca 208/21, NZA-RR 2022, 19 Rn. 63; ErfK/Preis, 22. Auflage, § 106 GewO Rn. 33a; zu den Haftungsrisiken siehe Müller-Bonanni/Bertke, NJW 2020, 1617, 1618; Seiwerth/Witschen, NZA 2020, 825 fortfolgende). Nicht nur der Schutz der Mitarbeiter und Kunden vor dem hohen Infektionsrisiko mit gegebenenfalls schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen sprach für ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, sondern auch das drohende Bußgeld gemäß § 73 Absatz 1a Nr. 11d IfSG (ArbG Düsseldorf, 18.02.2022 – 11 Ca 5388/21, BeckRS 2022, 5208).

(4)Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze liegt auch im konkreten Fall eine erhebliche, die Schwelle zum wichtigen Grund überschreitende Pflichtverletzung vor, welche die außerordentliche, fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt.(a)Der Kläger hat seine arbeitsvertragliche Nebenpflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Absatz 2 BGB verletzt. Er hat die anderen Beschäftigten am Gericht, die sich im Gerichtsgebäude aufhaltenden Parteien und die Öffentlichkeit unter bewusster Missachtung der Nachweispflicht aus § 28b Absatz 1 Satz 1 IfSG a.F. wegen der großen Ansteckungsgefahr des Covid-19-Virus einem erheblichen Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Das beklagte Land hatte ein berechtigtes Interesse daran, nur solchen Arbeitnehmern den Zutritt zum Arbeitsplatz zu gewähren, die ihrer nach § 28b Absatz 1 IfSG a.F. obliegenden Nachweispflicht nachkommen, um seiner Schutzpflicht gegenüber den anderen Beschäftigten und Besuchern des Gerichts nachzukommen und einen ordnungsgemäßen Geschäftsablauf zu sichern.

(b)Der Einwand des Klägers, von ihm sei zu keinem Zeitpunkt ein höheres Ansteckungsrisiko ausgegangen, da aus einer etwaigen Vorlage eines gefälschten Genesenenattests nicht geschlossen werden könne, er ließe sich nicht testen, verfängt nicht.

Der Umstand, dass der Kläger am 23.11.2021 und damit einen Tag vor in Kraft treten der sogenannten 3G-Regelung am Arbeitsplatz ein gefälschtes Genesenenattest vorgelegt hat, lässt wegen des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs keinen anderen Rückschluss zu, als dass der Kläger in der Absicht handelte, zukünftig ohne weitere (tägliche) Testung Zutritt zu der Arbeitsstätte zu erhalten. Das folgt aus dem Umstand, dass die Hinterlegung freiwillig war; möglich wäre für alle Beschäftigten auch eine tägliche Testvorlage gewesen.Daraus folgt, dass der Kläger bereit war, alle anderen Beschäftigten und Dritten, mit denen er in Kontakt gekommen ist und in Zukunft wäre, vorsätzlich in ihrer Gesundheit zu gefährden.

(c)Dass die Einschätzung des klägerischen Verhaltens und seiner Zielsetzung zutreffend ist, dass der Kläger die Täuschung in Zukunft genutzt hätte, wäre das beklagte Land seinen Zweifeln nicht nachgegangen, zeigt sein Verhalten am 24.11.2021 und 25.11.2021. Er betrat an beiden Tagen das Gerichtsgebäude ohne gültigen 3G-Nachweis.

Ob der Kläger tatsächlich am 24.11.2021 zu Hause einen Selbsttest durchführte, ist irrelevant, da ein Selbsttest nach den damals geltenden Vorschriften nicht ausreichend war. Auch am 25.11.2021 wurde der Test am Gericht erst auf Aufforderung durchgeführt, nachdem der Kläger im Gespräch eingeräumt hatte, keine Quarantäneanordnung vorlegen zu können. Betreten hatte er am Morgen das Gebäude ohne gültigen 3G-Nachweis, auch wenn er das in seinem Vortrag versucht anders darzustellen.

Dass ihm die Zielsetzung des § 28b IfSG a.F. immer noch nicht bewusst ist oder bewusst sein will, zeigt sein Vortrag, dass er in der Vorlage eines gefälschten Nachweises keine vertragliche Nebenpflichtverletzung sehe, weil die Vorlage nicht verpflichtend gewesen sei und das Verhalten nur erheblich und vorwerfbar hätte sein können, wenn die falsche Auskunft Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis gehabt hätte, was nicht der Fall gewesen sei.

cc.Auch die erforderliche Interessenabwägung fällt zu Lasten des Klägers aus. Dem beklagten Land ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist auch bei Berücksichtigung der Interessen des Klägers nicht zumutbar.(1)Die Interessenabwägung im Rahmen von § 626 Absatz 1 BGB hat bei Vorliegen einer Vertragspflichtverletzung unter anderem zum Gegenstand, ob dem Kündigenden eine mildere Reaktion als eine fristlose Kündigung, also insbesondere eine Abmahnung oder fristgerechte Kündigung zumutbar war. Die ordentliche und außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzt regelmäßig eine Abmahnung voraus. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Dabei hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Zu den zu berücksichtigenden Umständen zählen regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt als ultima-ratio nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes“ Gestaltungsmittel – etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung – gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck – nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses – zu erreichen (BAG, 20.10.2016 – 6 AZR 471/15, NZA 2016, 1527 Rn. 30; ErfK/Niemann, 22. Auflage, § 626 Rn. 25; MHdB-ArbR/Rachor, 5. Auflage, § 124 Rn. 7).

Eine Abmahnung ist entbehrlich, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, 20.5.2021 – 2 AZR 596/20, NZA 2021, 1178; BAG, 20.11.2014 – 2 AZR 651/13, NZA 2015, 294 Rn. 22). Liegt nur eine dieser Fallgruppen vor, kann Ergebnis der Interessenabwägung nicht sein, den Kündigenden auf eine Abmahnung als milderes Mittel zu verweisen (BAG, 27.02.2020 – 2 AZR 570/09, NZA 2020, 1405 Rn. 24). Die zweite Fallgruppe betrifft ausschließlich das Gewicht der in Rede stehenden Vertragspflichtverletzung, die für sich schon die Basis für eine weitere Zusammenarbeit irreparabel entfallen lässt. Die Schwere der Pflichtverletzung bemisst sich unabhängig von einer Wiederholungsgefahr. Die Schwere einer Pflichtverletzung kann nur anhand der sie beeinflussenden Umstände des Einzelfalls beurteilt werden, diese müssen aber die Pflichtwidrigkeit selbst oder die Umstände ihrer Begehung betreffen. Dazu gehören etwa ihre Art und ihr Ausmaß, ihre Folgen, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers sowie die Situation bzw. das „Klima“, in der bzw. in dem sie sich ereignete. Sonstige Umstände, die Gegenstand der weiteren Interessenabwägung sein können, wie etwa ein bislang unbelastetes Arbeitsverhältnis, haben bei der Prüfung der Schwere der Pflichtverletzung außer Betracht zu bleiben. Dies gilt umgekehrt ebenso für ein nachfolgendes wahrheitswidriges Bestreiten, das für sich genommen ebenfalls nichts über die Schwere der begangenen Pflichtverletzung besagt (BAG, 20.5.2021 – 2 AZR 596/20, NZA 2021, 1178 Rn. 27; BAG, 05.04.2001 – 2 AZR 159/00, NZA 2001, 954).

(2)Entsprechend der vorgenannten Grundsätze war eine Abmahnung nach den Umständen des Einzelfalls entbehrlich. Die Pflichtverletzung war für den Kläger ohne weiteres erkennbar. Das hohe Infektionsrisiko mit gegebenenfalls schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen ist mit der nunmehr fast zwei Jahre andauernden Pandemielage jedermann bekannt. Durch die mediale Berichterstattung waren auch der betriebliche Infektionsschutz und die Einführung der 3G-Regelung am Arbeitsplatz in den Fokus der breiten Öffentlichkeit gerückt, weshalb sich der Kläger nicht darauf berufen kann, dass er keine hinreichende Kenntnis vom Zeitpunkt des Inkrafttretens der 3G-Regelung gehabt habe. Insofern handelt es sich um eine klare Rechtslage. Auch wenn sich der Kläger für den Zeitpunkt der Vorlage des Attests auf Straffreiheit beruft, ist durchaus davon auszugehen, dass ihm bewusst war, dass sein Verhalten rechtswidrig war. Indem der Kläger einen gefälschten Genesenennachweis verwendete, um über seinen Status zu täuschen und auf diese Weise die Nachweispflicht aus § 28b Absatz 1 Satz 1 IfSG a.F. zu umgehen, legte er ein hohes Maß an krimineller Energie an den Tag, welches das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört hat. Der Kläger musste sich das Attest besorgen, überlegen, ob er es vorlegt, und es schließlich vorlegen. Es handelt sich um keine Spontanreaktion. Zudem hat der Kläger auf Nachfrage nach dem Zeitpunkt der Erkrankung und der Aufforderung, eine Quarantäneanordnung vorzulegen, weitere 24 Stunden ungenutzt verstreichen lassen und seinen Fehler nicht eingestanden. Wo hier Raum für das klägerseits eingeforderte Verzeihen sein könnte, ist nicht ersichtlich. Der Kläger hat durch sein berechnendes und rücksichtsloses Verhalten die Gesundheit der anderen Beschäftigten sowie der Besucher des Gerichts gefährdet. Insoweit kommt es hier wegen der Schwere der Pflichtverletzung weder auf eine Wiederholungsgefahr noch auf den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses an (vergleiche MHdB-ArbR/Rachor, 5. Auflage, § 124 Rn. 17).

Für den Kläger sprechen auch keine überwiegenden Interessen, die das beklagte Land verpflichtet hätten, die ordentlichen Kündigungsfrist abzuwarten.

Der Kläger kann in diesem Zusammenhang nicht seine beschränkte Einsetzbarkeit als ausgebildeter Justizfachangestellter außerhalb des Öffentlichen Dienstes anführen. Zwar dürfte die Einschätzung des Klägers zutreffend sein, als Beschäftigter der Justiz war von ihm jedoch gerade eine Beachtung der geltenden Gesetze zu erwarten. Zudem hat das beklagte Land auf die weitere Ausbildung als Trockenbaumonteur verwiesen. Weitere Umstände, die besonders zugunsten des Klägers sprechen würden, wie eine lange, beanstandungsfreie Dienstzeit oder Ähnliches, sind nicht ersichtlich.

e.

Das beklagte Land hat die zweiwöchige Kündigungserklärungsfrist gemäß  § 626 Absatz 2 BGB gewahrt.

aa.

Gemäß § 626 Absatz 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von 2 Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Absatz 2 Satz 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald er eine zuverlässige und hinreichend vollständige Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht (BAG, 01.06.2017 – 6 AZR 720/15, NZA 2017, 1332 Rn. 61; BAG, 20.10.2016 – 6 AZR 471/15, NZA 2016, 1527 Rn. 51; BAG, 16.07.2015 – 2 AZR 85/15, NZA 2016, 161 Rn. 54). Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Der Kündigungsberechtigte, der bislang nur Anhaltspunkte für einen Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann nach pflichtgemäßem Ermessen weitere Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist des § 626 Absatz 2 Satz 1 BGB zu laufen begänne. Das gilt allerdings nur, solange er aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile Ermittlungen durchführt, die ihm eine umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts und der Beweismittel verschaffen sollen (BAG, 01.06.2017 – 6 AZR 720/15, NZA 2017, 1332 Rn. 66; BAG, 16.07.2015 – 2 AZR 85/15, NZA 2016, 162 Rn. 54). Sind die Ermittlungen abgeschlossen und hat er hinreichende Kenntnis vom Kündigungssachverhalt, beginnt der Lauf der Ausschlussfrist. Unbeachtlich ist, ob die Ermittlungsmaßnahmen tatsächlich zur Aufklärung des Sachverhalts beigetragen haben (BAG, 25.11.2010 – 2 AZR 171/09, NZA–RR 2011, 177 Rn. 15). Für weitere Ermittlungen besteht kein Anlass mehr, wenn der Sachverhalt bereits geklärt oder der Gekündigte ihn sogar zugestanden hat. Die Ausschlussfrist ist nur so lange gehemmt, wie der Kündigungsberechtigte aus verständigen Gründen mit der gebotenen Eile noch Ermittlungen anstellt, die ihm eine weitere, umfassende und zuverlässige Kenntnis des Kündigungssachverhalts verschaffen sollen (BAG, 17.03.2005 – 2 AZR 245/04, NZA 2006, 101).

bb.

Entsprechend der vorgenannten Grundsätze gilt vorliegend die Kündigungserklärungsfrist als gewahrt.

Als Kündigungsberechtigter dürfte vorliegend der Präsident des O. Berlin-Brandenburg Herr B. gelten. Dass dieser vor dem 25.11.2021 Kenntnis vom streitgegenständlichen Sachverhalt erlangte, ist weder ersichtlich noch vom Kläger substantiiert behauptet worden. Dass gemäß der Rüge des Klägers das beklagte Land bereits am 24.11.2021 den Verdacht gehabt habe, dass der Kläger eine falsche Angabe hinsichtlich einer überstandenen Erkrankung gemacht habe, genügt nach den vorgenannten Grundsätzen nicht. Es kommt auf die zuverlässige Kenntnis des Kündigungsberechtigten an.

Auch wenn für die Berechnungen der Kündigungserklärungsfrist auf die Kenntnis der Geschäftsleiterin Frau S. abzustellen wäre, ergibt sich daraus nichts Anderes. Auch diese hat nach dem Vortrag des beklagten Landes erst im Gespräch mit dem Kläger am 25.11.2021 erfahren, dass dieser eine Quarantäneanordnung nicht vorlegen könne, weshalb sich bereits bestehende Zweifel bestätigten. Das Abwarten der im Gespräch vom 24.11.2021 gesetzten Frist zur Vorlage einer Quarantäneanordnung ist eine pflichtgemäße Sachverhaltsermittlung im Sinne der Rechtsprechung. Erst im Gespräch am 25.11.2021 hatte aus Sicht des beklagten Landes der Kläger den Sachverhalt eingeräumt, insbesondere, dass er keine Quarantäneanordnung vorlegen könne. Seitdem waren die maßgebenden Tatsachen bekannt, die eine Entscheidung ermöglichten, ob das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden soll oder nicht.

3.

Die hilfsweise ordentlichen Kündigungen vom 02.12.2021 und vom 09.12.2021, jeweils ausgesprochen zum 31.03.2022, fielen aufgrund der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 09.12.2021 nicht mehr zur Entscheidung an.

4.

Der Antrag zu 4. fiel nicht zur Entscheidung an.

Der Antrag ist zwar ausdrücklich dahingehend formuliert, dass im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Weiterbeschäftigung als Justizbeschäftigter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits begehrt wird. Da die Klagebegründung aber auf die Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts verweist, wonach über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht, wenn die Kündigung unwirksam ist, und vorliegend zwei fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigungen in Streit standen, hat die Kammer den Hilfsantrag dahingehend verstanden, dass die Weiterbeschäftigung für den Fall begehrt wird, dass sich alle Kündigungen als unwirksam erweisen, denn nur in diesem Fall könnte ein Weiterbeschäftigungsanspruch zugunsten des Klägers Wirkung entfalten.

Da sich nicht alle Kündigungen als unwirksam erweisen, fiel der Antrag nicht zur Entscheidung an.

B.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien aufgrund ihres Obsiegens bzw. Unterliegens jeweils zur Hälfte zu tragen.

C.

Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß § 61 Absatz 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Er war in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern für den Antrag zu 1. und für den Antrag zu 2. in Höhe des Bruttomonatsgehalts für eine Woche, als zeitlicher Abstand zwischen dem Ausspruch beider Kündigungen, zu bemessen.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:

  • Arbeitsrecht
  • Infektionsschutzgesetz
  • Mitbestimmungsrecht des Personalrats

Das vorliegende Urteil bezieht sich auf einen Kündigungsschutzprozess, in dem ein Arbeitnehmer gegen zwei Kündigungen durch das beklagte Land klagt. Es geht um die Rechtmäßigkeit der Kündigungen und um die Frage, ob das Arbeitsverhältnis noch besteht. Die folgenden rechtlichen Bereiche sind in diesem Zusammenhang relevant:

Arbeitsrecht: Das Arbeitsrecht regelt die Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und ist daher von entscheidender Bedeutung für diesen Fall. Es geht hier um die Frage, ob die Kündigungen fristlos oder fristgemäß waren und ob das Arbeitsverhältnis noch besteht.

Infektionsschutzgesetz: Das Infektionsschutzgesetz ist ein wichtiges Rechtsgebiet im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Hier geht es um die Regelungen zur 3G-Regel am Arbeitsplatz und um die Frage, ob der Arbeitgeber berechtigt war, den Arbeitnehmer aufgrund einer mutmaßlichen Fälschung eines 3G-Nachweises zu kündigen.

Mitbestimmungsrecht des Personalrats: Das Mitbestimmungsrecht des Personalrats ist ein wichtiges Recht für Arbeitnehmer in Deutschland. Hier geht es darum, ob der Personalrat ordnungsgemäß beteiligt wurde und ob die Zustimmungsvermerke des Personalrats ausreichend waren, um die Kündigung zu rechtfertigen.

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