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Amtsärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei Zweifeln an Erkrankung eines Beamten

Beamter verpasst die Arbeit: Rechtfertigungsgründe fehlen und Gericht lehnt Berufungszulassung ab

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein hochrangiger Regierungsbeamter und bleiben Ihrer Arbeit ohne Genehmigung fern. Stellen Sie sich weiter vor, dass dies zur Feststellung führt, dass Sie gegen Ihre dienstlichen Verpflichtungen verstoßen haben. Das ist genau die Situation, mit der sich der Kläger in einem aktuellen Fall konfrontiert sah, der vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden wurde.

In dem besagten Fall wandte sich der Kläger gegen die Feststellung einer Justizvollzugsanstalt, dass er vom 15. Januar bis 19. Februar 2018 ohne Genehmigung seiner Dienstpflichten ferngeblieben war. Trotz Vorlegung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seiner Hausärztin, wurde der Kläger als nicht dienstunfähig erkrankt angesehen. Das Fehlen am Arbeitsplatz wurde ihm alsozum Vorwurf gemacht, wogegen er rechtliche Schritte einleitete.

Direkt zum Urteil Az: 4 S 1608/20 springen

Die Erstanalyse und das Scheitern der Berufungszulassung

Das Verwaltungsgericht Freiburg lehnte die Klage des Klägers zunächst ab, indem es feststellte, dass die Voraussetzungen für eine Feststellung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 LBesG vorlagen. Es gab keine Rechtfertigungsgründe für das Fernbleiben vom Dienst und der Kläger wurde ausdrücklich nicht als dienstunfähig erkrankt angesehen. Dies hat der Kläger versucht zu bekämpfen, indem er die Zulassung der Berufung gegen das Urteil beantragte.

Die Entscheidung des Gerichts beruht auf der Einschätzung, dass die Berufungszulassung keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aufweist. Es konnte nicht aufgezeigt werden, dass das Urteil auf fehlerhaften Rechtssätzen oder Tatsachenfeststellungen basiert.

Zusätzliche Hürden und die endgültige Ablehnung

Die vom Kläger vorgebrachten Gründe in seinem Antrag auf Berufungszulassung konnten nicht überzeugen. Sie erfüllten nicht die Anforderungen, die der § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO stellt, und ließen keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Urteils aufkommen. Dies unterstreicht die Bedeutung einer gründlichen und präzisen Darlegung von Argumenten in solchen Verfahren.

Nach einer umfassenden Prüfung der Sachlage und der vom Kläger vorgebrachten Argumente lehnte das Gericht den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg ab. Der Kläger wurde darüber hinaus dazu verpflichtet, die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Fall verdeutlicht die Relevanz der Einhaltung dienstlicher Pflichten und den hohen Stellenwert, den das Gericht der Vorlage eines amtsärztlichen Attests zum Nachweis der Dienstunfähigkeit beimisst.


Das vorliegende Urteil

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg – Az.: 4 S 1608/20 – Beschluss vom 02.03.2021

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18. Februar 2020 – 3 K 4290/18 – wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 4.042,78 EUR festgesetzt.

Gründe

Der form- und fristgerecht eingelegte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 18.02.2020 hat keinen Erfolg.

A.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers, eines beamteten Regierungsobersekretärs im Dienst des beklagten Landes, mit der dieser sich (u.a.) gegen die in Ziffer 1 des Bescheids der Justizvollzugsanstalt … vom 26.02.2018 erfolgte Feststellung wandte, er sei vom 15.01.2018 bis 19.02.2018 schuldhaft dem Dienst ohne Genehmigung ferngeblieben, (insoweit) abgewiesen. Die Voraussetzungen der auf § 11 Abs. 1 Satz 1 LBesG gestützten Feststellung lägen vor. Rechtfertigungsgründe für das Fernbleiben vom Dienst hätten nicht bestanden, insbesondere sei der Kläger ausweislich der Ausführungen des Amtsarztes E. vom 19.02.2018 nicht dienstunfähig erkrankt gewesen. Aus den Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seiner Hausärztin ergebe sich nichts anderes. Der Kläger habe sein Fernbleiben auch verschuldet, weil er seiner durch den Dienstherrn zulässig ausgesprochenen Verpflichtung, zum Nachweis seiner Dienstunfähigkeit ein amtsärztliches Attest vorzulegen, vorwerfbar nicht nachgekommen sei.

B.

Aus den vom Kläger in der fristgemäßen Antragsbegründung genannten und somit nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Gründen ergibt sich nicht, dass die Berufung hiergegen wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen ist.

I.

Eine Zulassung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (BVerfG, Beschlüsse vom 16.07.2013 – 1 BvR 3057/11 -, BVerfGE 134, 106 [118], und vom 08.12.2009 – 2 BvR 758/07 -, BVerfGE 125, 104 [140]). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Dies kann regelmäßig nur dadurch erfolgen, dass sich die Antragsbegründung konkret mit der angegriffenen Entscheidung inhaltlich auseinandersetzt und aufzeigt, was im Einzelnen und warum dies als fehlerhaft erachtet wird. Eine Bezugnahme auf früheren Vortrag genügt grundsätzlich nicht (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 09.11.2004 – 11 S 2771/03 -, Juris Rn. 2; Senatsbeschluss vom 19.05.1998 – 4 S 660/98 -, Juris Rn. 2).

Werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils hinsichtlich einer Tatsachen- und/oder Beweiswürdigung geltend gemacht, gelten besondere Anforderungen an deren Darlegung. Denn nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Verwaltungsgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen – nicht nur des Ergebnisses einer gegebenenfalls durchgeführten förmlichen Beweisaufnahme, sondern auch des Inhalts der Akten, des Vortrags der Beteiligten, eingeholter Auskünfte usw. – frei, d.h. nur an die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Gesichtspunkte und Argumente, an Denkgesetze, anerkannte Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze gebunden. Ist das Gericht unter umfassender Würdigung des Akteninhalts und der Angaben der Beteiligten (sowie gegebenenfalls des Ergebnisses einer Beweisaufnahme) zu der Überzeugung gelangt, dass entscheidungserhebliche Tatsachen vorliegen oder nicht, können ernstliche Zweifel an deren Richtigkeit nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen hervorgerufen werden, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre oder dass das Berufungsgericht bei einer Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach Aktenlage zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte. Vielmehr bedarf es der Darlegung erheblicher Fehler bei der Tatsachen- oder Beweiswürdigung, die etwa dann vorliegen können, wenn das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden, ggfs. auch unzureichend ermittelten, Sachverhalt ausgegangen ist oder wenn bei der Beweiswürdigung etwa gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, eine sachwidrige Beweiswürdigung vorgenommen oder gesetzliche Beweisregeln missachtet wurden (VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 24.11.2020 – 10 S 2012/19 -, Juris Rn. 3, vom 18.11.2020 – 11 S 1465/19 -, Juris Rn. 20, vom 11.02.2019 – 12 S 2789/18 -, Juris Rn. 19, und vom 21.07.2012 – 2 S 1265/12 -, Juris Rn. 3 f.; jew. m.w.N.).

Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils mit dem Zulassungsvorbringen nicht hervorgerufen.

1. Dies gilt zunächst für den Vortrag des Klägers, Amtsarzt E. habe im Verfahren 3 K 1630/16 die Dienstfähigkeit des Klägers in seiner schriftlichen Auskunft vom 11.08.2017 nur unter der Voraussetzung bejaht, dass ihm ein seinen physischen Bedürfnissen entsprechender Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt werde, und in der mündlichen Verhandlung am 12.12.2017 darauf hingewiesen, dass seine Dienstfähigkeit die Lösung des Konflikts voraussetze; die Auffassung des Verwaltungsgerichts, Amtsarzt E. habe die Dienstfähigkeit des Klägers bejaht, sei angesichts der tatsächlichen Aussagen des Amtsarztes nahezu unverständlich.

Dieses Unverständnis teilt der Senat nicht. Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil ausführlich mit den Ausführungen des Amtsarztes E. auseinandergesetzt und sich insbesondere auf seine Aussage in der mündlichen Verhandlung vom 12.12.2017 im Verfahren 3 K 1630/16 bezogen, wonach er die im Schreiben vom 11.08.2017 formulierte Bedingung „heute streichen“ würde; die Frage der Dienstfähigkeit sei losgelöst von der Frage des konkreten Dienstzimmers, und auch wenn es kein anderes als das vom Kläger beanstandete Zimmer gegeben hätte, wäre „der Kläger von ihm als dienstfähig angesehen“ worden. Die vom Verwaltungsgericht wiedergegebenen Aussagen des Amtsarztes lassen sich sämtlich in der Anlage zum Protokoll zur mündlichen Verhandlung am 12.12.2017 im Verfahren 3 K 1630/16 finden. Es gibt daher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dem Verwaltungsgericht sei bei der Aussage, Amtsarzt E. habe die Dienstfähigkeit des Klägers bejaht, ein erheblicher Fehler bei der Tatsachen- oder Beweiswürdigung unterlaufen.

2. a. Vor diesem Hintergrund geht der Vortrag des Klägers ins Leere, das Verwaltungsgericht hätte die Dienstunfähigkeit des Klägers unter dem Aspekt prüfen müssen, dass er ausweislich der Aussagen des Amtsarztes E. nicht in der Lage gewesen sei, die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben an dem ihm dafür zugewiesenen Arbeitsplatz als Dienstort zu erledigen. Denn eine derartige Verknüpfung seiner Dienstfähigkeit mit einem Wechsel des Büros lässt sich den jüngsten Ausführungen des Amtsarztes, wie gesehen, gerade nicht entnehmen.

b. Im Übrigen missversteht der Kläger den Begriff der Dienstunfähigkeit, wenn er meint, bereits der Umstand, dass die Gegebenheiten am bisherigen Arbeitsplatz seine gesundheitlichen Einschränkungen möglicherweise nicht hinreichend berücksichtigten, führe dazu, dass er von vornherein dienstunfähig und damit berechtigt wäre, dem Dienst fern zu bleiben. Dienstunfähigkeit setzt voraus, dass ein Beamter zur vorgesehenen Dienstleistung schlechterdings außerstande ist; bloße gesundheitliche Einschränkungen stehen der Dienstunfähigkeit nicht gleich (BVerwG, Beschluss vom 12.02.1982 – 1 DB 23/81 -, Juris Rn. 12; Bay. VGH, Beschluss vom 11.04.2016 – 16a DC 14.360 -, Juris Rn. 42). Ist ein Beamter der Auffassung, es bestünden gesundheitliche Einschränkungen, die eine bestimmte Gestaltung des Arbeitsplatzes erforderlich, an einem geeigneten Arbeitsplatz aber die Erfüllung seiner dienstrechtlichen Verpflichtungen nicht unmöglich machten, liegt grundsätzlich keine Dienstunfähigkeit vor. Der Beamte ist in diesem Fall vielmehr gehalten, zum Dienst zu erscheinen, bei seinem Dienstherrn die unzureichende Arbeitsplatzgestaltung zu beanstanden und gegebenenfalls – sollte es zu keiner einvernehmlichen Klärung kommen – insoweit (vorläufigen) Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen (Hellstern/Kaufmann/Ludy, Handbuch des Besoldungsrechts Bad.-Württ., Stand 03/2015, § 11 LBesG Rn. 7). Ob im Einzelfall bei objektiv bestehenden, schwerwiegenden arbeitsmedizinischen, mit der Gefahr akuter gesundheitlicher Gefährdungen verbundenen Mängeln des Arbeitsplatzes etwas anderes gelten kann (vgl. Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 11/2020, C Bad.-Württ., § 11 LBG BW Rn. 88), kann dahinstehen, da jedenfalls derart gravierende Mängel hier nicht in Rede stehen.

Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass nicht zu erkennen ist, inwieweit im Januar 2018 überhaupt Anhaltspunkte dafür hätten bestehen können, dass der Kläger in einem seinen gesundheitlichen Erfordernissen nicht entsprechenden Büro hätte untergebracht werden sollen. Anlässlich der Betriebsbegehung am 09.06.2015 hatten Betriebsarzt und Personalbeauftragte den Raum 44.155 (die Nennung von 44.156 beruhte auf einem Schreibfehler, vgl. Schreiben der Justizvollzugsanstalt O. vom 29.06.2017) als den aus arbeitsmedizinischer Sicht „besten Raum für die durch den Kollegen genannten Anforderungen“ identifiziert. Genau in diesem Büro hätte der von den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Freiburg im Verfahren 3 K 1630/16 am 23.05.2017 gemeinsam avisierte Arbeitsversuch des Klägers – der letztlich scheiterte, allerdings nicht aus gesundheitlichen Gründen – stattfinden sollen (vgl. Anlage zum Protokoll vom 23.05.2017), und es lassen sich den Akten keinerlei Anhaltspunkte dafür entnehmen, weshalb der Kläger bei Dienstantritt im Januar 2018 seinen Dienst in einem anderen Büro hätte verrichten sollen.

c. Soweit der Kläger daneben auf zu seiner Dienstunfähigkeit führende ungelöste Arbeitsplatzkonflikte verweist, setzt er sich nicht substantiiert mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach der Amtsarzt E. trotz seiner fachärztlichen Expertise im Bereich der Psychiatrie und Psychotherapie und seiner eingehenden Vorkenntnisse über die zwischen dem Kläger und seinen Vorgesetzten bestehenden Konflikte im Rahmen seiner Untersuchung vom 19.02.2018 keine entsprechenden Einschränkungen festgestellt, vielmehr die Dienstfähigkeit des Klägers bejaht und klargestellt habe, dass auch für eine frühere Dienstunfähigkeit keine Anhaltspunkte bestanden hätten.

3. Mit seiner Zulassungsbegründung weckt der Kläger schließlich keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, das Verlangen der Justizvollzugsanstalt O. im Schreiben vom 03.01.2018, entweder umgehend den Dienst in der Justizvollzugsanstalt anzutreten oder eine amtsärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, sei eine zulässige und rechtmäßige Konkretisierung der dem Kläger durch § 68 Abs. 2 Satz 1, 2 LBG obliegenden Nachweispflichten.

a. Soweit der Kläger auch in diesem Zusammenhang geltend macht, er sei im hier einschlägigen Zeitraum nicht medizinisch-gesundheitlich krank, sondern lediglich wegen der physischen Beschaffenheit seines Arbeitsplatzes dienstunfähig gewesen, und meint, infolgedessen träfe ihnen die Pflicht zur Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses nicht, kann er damit nicht gehört werden. Richtig ist zwar, dass es neben der Erkrankung weitere Fälle gibt, in denen dem Beamten die Dienstausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen im Sinne von § 68 Abs. 2 Satz 1 LBG unmöglich ist – etwa bei einer Naturkatastrophe, die zum Zusammenbruch der Verkehrsverbindungen führt, bei einer Ladung als Zeuge oder bei Wartepflichten nach einem Verkehrsunfall. Richtig ist aber auch, dass der Kläger Anfang Januar 2018 wie zuvor eine inhaltlich unbeschränkte und nicht näher begründete ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegte, anstatt an den Dienstherrn heranzutreten und ihm mitzuteilen, dass er – bei Zurverfügungstellung entsprechender Räumlichkeiten – dienstfähig sei. Der unkommentierten Vorlage der privatärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kam damit der konkludente Inhalt zu, infolge Krankheit dienstunfähig zu sein, so dass aus der maßgeblichen Sicht des Dienstherrn die Voraussetzungen des § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG gegeben waren.

Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass, wollte man dem Vortrag des Klägers folgen, die Feststellung in Ziff. 1 des Bescheids vom 26.02.2018 schon deshalb rechtmäßig wäre, weil der Kläger dann nach eigenen Angaben im Rechtssinne dienstfähig war, ohne zum Dienst zu erscheinen und die Behörde über seine prinzipielle Dienstfähigkeit in Kenntnis zu setzen und damit im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 LBesG schuldhaft ohne Genehmigung dem Dienst ferngeblieben wäre.

b. Auch im Übrigen konnte der Kläger durchgreifende Zweifel an der Zulässigkeit der Konkretisierung seiner aus § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG resultierenden Pflicht zum Nachweis seiner Dienstunfähigkeit infolge Erkrankung durch amtsärztliches Attest nicht wecken. Entgegen der klägerischen Auffassung ist das Gesundheitsamt für die Erstellung von Nachweisen im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG auch nach Terminvereinbarung durch den Beamten zuständig.

§ 68 Abs. 2 Satz 2 LBG stellt es ins Ermessen des Dienstherrn, ob und ggf. wann er vom Beamten den Nachweis seiner Dienstunfähigkeit verlangt; nach seinem Ermessen bestimmt er auch die Art des Nachweises. Dass er im Rahmen des § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG nicht nur die Vorlage privatärztlicher Atteste bzw. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, sondern im Einzelfall auch Bescheinigungen des Gesundheitsamts bzw. beamteter Ärzte anfordern kann, entspricht nicht nur der für die inhaltsgleiche Regelung in § 96 Abs. 1 Satz 2 BBG bzw. deren Vorgängerregelung in § 73 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.03.2006 – 2 A 12.04 -, Juris Rn. 2 ff., und vom 22.09.2016 – 2 B 128.15 -, Juris Rn. 10; vgl. auch Schütz/Maiwald, Beamtenrecht, Stand 02/2021, § 62 LBG NRW Rn. 19; Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand 11/2020, C Bad.-Württ., § 11 LBesG Rn. 59 ff.), sondern ergibt sich für das baden-württembergische Landesrecht mittelbar auch aus der Regelung in Satz 3, die die Kosten einer Untersuchung durch das Gesundheitsamt bzw. einen beamteten Arzt dem Dienstherrn auferlegt.

Missverständlich ist insoweit die Formulierung in Ziff. 41.1 a.E. der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung beamtenrechtlicher Vorschriften (vom 19.04.2016 – BeamtVwV – GABl. S. 281), wenn es dort in Abgrenzung von der Kostentragungspflicht des Dienstherrn für nach Satz 3 angeordnete Untersuchungen heißt, die Kosten der „Krankmeldung nach § 68 Absatz 2 Satz 2“ trage der Beamte. Denn auch bei amtsärztlichen Attesten bzw. Attesten sonstiger beamteter Ärzte handelt es sich – ungeachtet der Frage der Kostentragungspflicht – um Nachweise im Sinne von Satz 2. Von privatärztlichen Attesten unterscheiden sich diese nicht in ihrer Funktion als Nachweis der Dienstunfähigkeit, sondern nur durch ihren regelmäßig höheren Beweiswert auf der einen Seite und den mit Blick auf ihren stärkeren Eingriffscharakter für ihre Anforderung geltenden einschränkenden materiellen und formell-inhaltlichen Voraussetzungen auf der anderen Seite, nämlich dem Bestehen hinreichender Anhaltspunkte für Zweifel an der Aussagekraft der von einem Beamten vorgelegten privatärztlichen Bescheinigungen zum Beleg einer Erkrankung und der Angabe dieser tatsächlichen Umstände in der Anordnung, um dem Beamten die Überprüfung auf deren Tragfähigkeit hin zu ermöglichen. Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung muss und kann die Anforderung im Rahmen des § 68 Abs. 2 Satz 2, 3 LBG – anders als Anforderungen auf Grundlage von § 53 Abs. 1 LBG (dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 22.07.2014 – 4 S 1209/13 -, Juris) – dagegen bereits deshalb nicht enthalten, weil Untersuchungsart und -umfang ganz wesentlich davon abhängen, welche – dem Dienstherrn regelmäßig nicht bekannten – Symptome der Beamte gegenüber dem Amtsarzt bzw. beamteten Arzt zur Begründung seiner Auffassung, gegenwärtig dienstunfähig erkrankt zu sein, angibt.

Die vom Kläger angeführte, mit dem Wortlaut von Ziff. 41.1 BeamtVwV begründete Unterscheidung zwischen einer schlichten Anforderung eines amtsärztlichen Zeugnisses einerseits und der Anordnung einer amtsärztlichen Untersuchung andererseits sieht der Senat im Rahmen des § 68 Abs. 2 LBG für den Regelfall bereits im Tatsächlichen nicht. Denn nur im Ausnahmefall dürfte der Arzt des Gesundheitsamts bzw. der beamtete Arzt, bei denen der nach seiner Aussage dienstunfähig erkrankte Beamte zumeist nicht in regelmäßiger ärztlicher Behandlung ist, über den gegenwärtigen Gesundheitszustand des Beamten hinreichend informiert sein, um dessen Dienstunfähigkeit auch ohne erneute Untersuchung feststellen zu können. In aller Regel setzt die Ausstellung eines ärztlichen Zeugnisses durch einen Amtsarzt bzw. beamteten Arzt dagegen eine vorherige – wenn auch je nach Art der Erkrankung nur kursorische – Untersuchung des Beamten voraus. Die Vornahme von Untersuchungen und die hierauf erfolgende Erstellung von Gutachten, Zeugnissen oder Bescheinigungen gehört zu den klassischen Aufgaben der Gesundheitsämter (LT-Drs. 11/4871 S. 335). Sobald folglich der Dienstherr in Ausübung des ihm im Rahmen des § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG zukommenden Ermessens einen Nachweis der krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit eines Beamten durch das Gesundheitsamt oder einen (sonstigen) beamteten Arzt für erforderlich hält, handelt es sich in aller Regel – und auch vorliegend – der Sache nach um eine die Kostentragungspflicht des Dienstherrn begründende Anordnung einer Untersuchung im Sinne von § 68 Abs. 2 Satz 3 LBG.

Erst recht vermag der Senat der vom Kläger aus Ziff. 41.1 BeamtVwV gezogenen Schlussfolgerung, für die Ausstellung von Zeugnissen wie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen seien allein beamtete Ärzte, nicht aber Amtsärzte oder andere Ärzte des Gesundheitsamts zuständig, nicht zu folgen. § 68 Abs. 2 Satz 3 LBG nennt ärztliche oder amtsärztliche Untersuchungen und Untersuchungen durch eine beamtete Ärztin oder einen beamteten Arzt unterschiedslos nebeneinander, wobei die ausdrückliche Aufnahme der amtsärztlichen Untersuchung in § 68 Abs. 2 Satz 3 LBG gegenüber der Vorgängerregelung des § 91 Satz 3 LBG a.F. allein erfolgte um klarzustellen, dass die Regelung auf alle ärztlichen Untersuchungen im Gesundheitsamt, auch wenn diese durch einen nicht-beamteten Arzt erfolgen, wie auch auf Untersuchungen durch sonstige beamtete Ärzte Anwendung findet (LT-Drs. 14/6694 S. 437). Aus § 68 Abs. 2 Satz 3 LBG ergibt sich mithin eindeutig, dass Ärzte des Gesundheitsamts ebenso wie sonstige beamtete Ärzte gleichermaßen zuständig sind für die Durchführung von Untersuchungen zur Überprüfung einer krankheitsbedingten Dienstunfähigkeit und die hierauf erfolgende Erstellung von Zeugnissen oder (Arbeitsunfähigkeits-)Bescheinigungen im Sinne des Satzes 2. Soweit aus Ziff. 41.1 BeamtVwV eine hiervon abweichende Aufgabenteilung zwischen Amtsärzten und sonstigen beamteten Ärzten zu entnehmen ist, stehen die Verwaltungsvorschriften nicht mit Wortlaut und Zwecksetzung des § 68 Abs. 3 LBG in Einklang und können mithin als eine der mit der objektiven Rechtslage unvereinbare norminterpretierende Verwaltungsvorschrift die Gerichte nicht binden.

Schließlich folgt der Senat nicht der Auffassung des Klägers, eine Anordnung zu einer amtsmedizinischen Untersuchung setze in jedem Falle eine Ladung durch das Gesundheitsamt voraus, denn dem Beamten könne nicht aufgegeben werden, sich eigeninitiativ um einen Termin beim Gesundheitsamt zu kümmern. Der gesetzlichen Formulierung in § 68 Abs. 2 Satz 3 LBG, eine amtsmedizinische Untersuchung werde „angeordnet“, lässt sich eine Beschränkung der Pflicht des Beamten, erst auf Ladung zum Termin zu erscheinen, und im Umkehrschluss eine Beschränkung der Zuständigkeit des Gesundheitsamts für Untersuchungen, die aufgrund eigener Ladungen stattfinden, nicht entnehmen. Erforderlich ist vielmehr allein, dass eine entsprechende, den genannten inhaltlichen Anforderungen entsprechende Anordnung gegenüber dem Beamten als dem Nachweisverpflichteten ergeht, sich beim Gesundheitsamt untersuchen zu lassen und hierfür einen Termin zu vereinbaren. Insbesondere in Fällen, in denen die Untersuchungsanordnung, wie hier, nur bedingt – nämlich für den Fall, dass der Kläger nicht zum Dienst erscheint – ergeht, ist die von der Behörde gewählte Vorgehensweise, die dem Kläger spätestens mit Schreiben der Justizvollzugsanstalt vom 12.01.2018 bekannt war, auch allein sachgerecht und vermag den mit § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG verfolgten Zweck zu erreichen, zeitnah Klarheit über die Dienst(un)fähigkeit eines sich krank meldenden Beamten zu erzielen. Ob es im Rahmen des § 68 Abs. 2 Satz 2, 3 LBG darüber hinaus eines ausdrücklichen Auftrags an das Gesundheitsamt, bei Vorstellung des namentlich bezeichneten Beamten tätig zu werden, bedarf, kann dahinstehen, weil es einen derartigen Auftrag vorliegend gab.

Anders als der Kläger meint, eröffnet damit § 68 Abs. 2 Satz 3, 2 LGB die Zuständigkeit des Gesundheitsamts im Sinne des § 14 Abs. 1 ÖGDG für die Ausstellung eines Nachweises der Dienstunfähigkeit Im Sinne des § 68 Abs. 2 Satz 2 LBG auf eine durch den Beamten erfolgte Terminabsprache hin.

II.

Die Rechtssache hat auch nicht die behauptete Grundsatzbedeutung. Eine solche kommt einer Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nur zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass der Antragsteller unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Frage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. Senatsbeschluss vom 05.06.1997 – 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420, m.w.N.).

1. Der Kläger wirft als rechtsgrundsätzlich die Frage auf, „ob eine von dem Erstgericht vorgenommene Beurteilung der Dienstfähigkeit eines Beamten alleine nach medizinischen Gesichtspunkten den Vorgaben insbesondere des § 68 Abs. 2 S. 1 LBG BW gerecht wird und damit diese Auslegung wie vom Erstgericht vorgenommen mit höherrangigem Recht vereinbar ist“.

Diese Rechtsfrage bedarf nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens unabhängig davon, ob der Terminus der „Dienstunfähigkeit“ im engeren Sinne auch im Bereich des Landesbeamtenrechts auf die Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten wegen des körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen beschränkt ist (vgl. die Legaldefinitionen in § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG, § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG), während in den übrigen Fällen des § 68 Abs. 2 Satz 1 LBG Dienstverhinderung vorliegt. Denn dem Gesetzeswortlaut des § 68 Abs. 1 Satz 1 LBG lässt sich klar entnehmen, dass die Ursachen für das Fernbleiben vom Dienst tatsächlicher oder rechtlicher Natur sein können, folglich nicht von vornherein auf gesundheitliche Gründe beschränkt sind. Der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf es angesichts dieses klaren Wortlauts nicht. Ob die Beurteilung der Dienstfähigkeit eines konkreten Beamten alleine nach medizinischen Gesichtspunkten den Vorgaben des § 68 Abs. 2 Satz 1 LBG gerecht wird, ob insbesondere das Verwaltungsgericht vorliegend die Dienstfähigkeit des Klägers alleine nach medizinischen Gesichtspunkten vornehmen durfte, ist dagegen eine – der rechtsgrundsätzlichen Klärung per se entzogene – Frage des Einzelfalles.

2. Weiter stellt der Kläger die Frage, „ob es zulässig ist, die Vorgabe der Verwaltungsvorschrift BeamtVwV in ihrer Ziff. 41.1, die ausdrücklich nur Fälle der Erkrankung eines Beamten erfasst […], auch auf Fälle anzuwenden, in denen nicht-medizinische Gründe die Dienstunfähigkeit eines Beamten begründen, namentlich wie im Fall des Klägers die physische Beschaffenheit des ihm angebotenen Arbeitsplatzes.“

Diese Frage stellte sich im vorliegenden Berufungsverfahren bereits deshalb nicht entscheidungserheblich, weil, wie dargelegt, der unkommentierten Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch den Kläger – anstatt zum Dienst zu erscheinen und ggf. die Arbeitsplatzgestaltung zu beanstanden – der konkludente Inhalt zukam, dienstunfähig erkrankt zu sein.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, 3 und § 52 Abs. 1 GKG. Auch wenn es vorliegend nur um die in Ziff. 1 des Bescheides vom 26.02.2018 enthaltene Feststellung schuldhaften Fernbleibens vom Dienst geht, bemisst sich das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Aufhebung dieser Feststellung nach deren Funktion im Rahmen des § 11 Abs. 1 LBesG als Voraussetzung für eine Rückforderung der Bezüge i.H.v. 4.042,78 EUR.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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