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Arbeitnehmereigenkündigung – Nichtigkeit wegen Treu- und Sittenwidrigkeit

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 246/17 – Urteil vom 30.11.2017

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 28.02.2017 – 6 Ca 675/16 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Eigenkündigung der Klägerin.

Die Klägerin war seit dem 15. August 2011 bei der Beklagten zuletzt als stellvertretende Abteilungsleiterin in der Obst- und Gemüseabteilung im Markt in O-Stadt in Vollzeit beschäftigt.

Die Klägerin betreut gemeinsam mit ihrem Ehemann einen 1 ½-jährigen Sohn. Ihre Tätigkeit bei der Beklagten erfolgte schichtweise in alternierender Abstimmung mit den Schichten ihres Ehemanns bei seinem Arbeitgeber, um die wechselseitige Betreuung des Sohnes zu gewährleisten. Im Juni 2016 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass es aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit der Abteilungsleiterin in der Obst- und Gemüseabteilung erforderlich sei, dass sie in der 26. Woche ihre Schicht wechsele und in der Frühschicht arbeite. Am 20. Juni 2016 teilte die Klägerin dem Marktleiter, Herrn K., mit, dass sie in der 26. Kalenderwoche nicht in der Frühschicht arbeiten könne, weil ihr ein Schichtwechsel nicht möglich sei. Deswegen kam es am 21. Juni 2016 zu einer Besprechung zwischen der Klägerin und dem Bezirksleiter, Herrn M., sowie dem Marktleiter, Herrn K.. Nachdem die im Gespräch erörterten Vorschläge zu keiner einvernehmlich Lösung geführt hatten, machte die Klägerin im weiteren Verlaufe des Gesprächs den Vorschlag, dass man ihr kündigen solle, was unter Hinweis darauf abgelehnt wurde, dass es keinen Kündigungsgrund gebe. Daraufhin erklärte die Klägerin, sie werde selbst kündigen. Schließlich endete das Gespräch, dessen genaue Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind, damit, dass der Marktleiter auf Anweisung des Bezirksleiters ein Blatt Papier sowie einen Kugelschreiber holte und die Klägerin sodann handschriftlich folgendes Kündigungsschreiben vom 21. Juni 2016 (Bl. 41 d. A.) fertigte und unterzeichnete:

„Hiermit kündige ich A. mein Arbeitsverhältnis mit der C. AG zum 21. Juni 2016. Auf die Kündigungsfrist verzicht ich !“

Mit ihrer am 12. Juli 2016 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – eingegangenen Klage hat die Klägerin den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht und ihre Weiterbeschäftigung begehrt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 28. Februar 2017 – 6 Ca 675/16 – Bezug genommen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch ihre Kündigung vom 21. Juni 2016 an diesem Tag beendet wurde, sondern zu unveränderten Konditionen über den 21. Juni 2016 fortbesteht,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 21. Juni 2016 hinaus fortbesteht und auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wird,

3. die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen als stellvertretende Abteilungsleiterin in der Abteilung Obst und Gemüse entsprechend dem Arbeitsvertrag der Parteien weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen M. und K. sowie durch Vernehmung der Klägerin als Partei. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28. Februar 2017 verwiesen. Sodann hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 28. Februar 2017 – 6 Ca 675/16 – die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.

Gegen das ihr am 12. April 2017 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 10. Mai 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 11. Mai 2017 eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12. Juni 2017, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Die Klägerin trägt vor, ihre Kündigungserklärung sei nach § 105 Abs. 2 BGB nichtig. Sie habe sich gemäß ihrem erstinstanzlichen Vortrag in einem hochgradigen Erregungszustand befunden und schließlich die ihr diktierte Kündigung niedergelegt, um aus der gegebenen seelischen Zwangs- und Notsituation endlich herauszukommen. Das Arbeitsgericht sei nicht darauf eingegangen, dass sich die Verhandlungen ihrer Erinnerung nach über mehr als eine Stunde hingezogen hätten und das Gespräch mehrfach unterbrochen worden sei, weil der Marktleiter gerufen worden sei, darüber hinaus auch zu einer internen Besprechung zwischen den beiden Mitarbeitern der Beklagten. Hierzu sei sie dann aus dem Raum geschickt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei sie bereits psychisch aufgelöst gewesen und habe geweint, was Mitarbeiter mitbekommen hätten. Ihr psychischer Ausnahmezustand sei intensiver geworden, nachdem ihre Vorschläge abgelehnt worden seien und die Mitarbeiter der Beklagten darauf beharrt hätten, dass sie in der gegebenen Personalsituation flexibel sein solle, was ihr objektiv nicht möglich gewesen sei. Ihr sei auch verwehrt worden, den Ehemann anzurufen und diesen zum Gespräch hinzuziehen. Auch die weitere Entwicklung des Gespräches zeige, dass ihre Handlungsunfähigkeit, Seelennot und Aufgeregtheit immer größer geworden sei. Sie habe sich dann auf den Gedanken verstiegen, selbst zu kündigen, um aus der gegebenen Drucksituation herauszukommen. Sie sei höchst aufgeregt gewesen, habe geweint und weder ein noch aus gewusst, was selbst für Laien dadurch belegt werde, dass sie sogar erklärt habe, sie werde zu Hause die Kündigung schreiben. Hier stelle sich die Frage, warum die Beklagte nicht bereit gewesen sei, sie nach der von ihr angekündigten Eigenkündigung aus dem Raum gehen zu lassen, zumal sie etwa fünf Minuten vom Markt entfernt wohne. Völlig unberücksichtigt bleibe, dass ihr vorgegeben worden sei, die Kündigung auf dem geholten Papier mit dem ebenfalls geholten Stift und zwar mit dem von der Beklagten vorgegebenen Text niederzulegen. Erst dann habe sie den Raum verlassen dürfen. Sie habe hinsichtlich ihres seelischen Ausnahmezustandes verschiedene Beweisantritte getätigt, denen das Arbeitsgericht nicht nachgegangen sei. Die Beurteilung, in welcher seelischen und geistigen Verfassung sie sich zum Zeitpunkt der Niederlegung der Kündigung befunden habe, könne nur von einem Fachkundigen getätigt werden und sei rechtlich entscheidungsrelevant. Die Beklagte hätte aufgrund der ihr obliegenden Fürsorgepflicht in Anbetracht ihrer hochgradigen Erregung das Gespräch abbrechen und sie allein wegen ihrer Aufgelöstheit aus dem Raum gehen lassen müssen. Darüber hinaus verstoße die Kündigung auch gegen § 123 BGB. Sie habe den Raum nicht verlassen dürfen, während der Marktleiter K. das Blatt Papier und den Stift haben holen müssen. Sie sei aufgefordert worden, zu bleiben und den Raum nicht zu verlassen, und habe erst nach der vorhandenen Kündigung gehen dürfen. Sie bleibe auch dabei, dass der Bezirksleiter M. sie an der Schulter festgehalten habe. Soweit der Zeuge M. nach seiner Einlassung sie mit der Frage „Was machst Du da?“ zur Überprüfung ihres Verhaltens aufgefordert haben wolle, sei dies wenig glaubhaft, zumal ihr die Kündigung diktiert worden sei. Das Arbeitsgericht habe die Widersprüchlichkeiten der Einlassung des Zeugen M. nicht erkannt. Jedenfalls würden sowohl die Abforderung als auch die Annahme der niedergelegten Kündigung sowie das spätere Festhalten an der Kündigung gegen den Grundsatz des § 242 BGB verstoßen. Von einem seiner Fürsorgepflichten nachkommenden Arbeitgeber könne erwartet werden, dass dieser das Gespräch beende, wenn es betreffend den Personaleinsatz nicht zu einem Ergebnis führe. Stattdessen sei ihr völlig abwegiger und in keinem Zusammenhang mit dem Gesprächszweck stehender Vorschlag, sie wolle dann kündigen, zur Fortsetzung des Drucks genutzt worden. Sie habe hierdurch nicht etwa einen lang angelegten Kündigungswunsch umgesetzt, sondern habe lediglich in ihrer Not aus der Gesprächssituation herauskommen wollen. Die von ihr schließlich abgeforderte Kündigung habe in der Folge dazu geführt, dass die familiäre Planung und ihre Absicht, ein Grundstück zu erwerben, um dort zu bauen, zunichte gemacht worden sei. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn in einer emotional angespannten Situation von Seiten des Arbeitgebers eine Eigenkündigung abgefordert, der Text hierzu diktiert und noch Wert darauf gelegt werde, dass man auf alle Rechte verzichte. Auch danach sei die Geschäftsleitung nicht bereit gewesen zu überdenken, ob man nicht doch auf die Kündigung verzichten solle. Nachdem ihr Ehemann nach der Schilderung des Vorkommnisses das Gespräch mit den beiden Mitarbeitern der Beklagte gesucht habe, sei es zu einer Unterredung mit Herrn M. gekommen, in der dieser gegenüber ihrem Ehemann eingeräumt habe, dass man die fristlose Kündigung abgefordert und in Besitz genommen habe. Im Rahmen des Gespräches sei von dem Bezirksleiter auch erklärt worden, dass der Raum von ihr vorher nicht verlassen worden sei. Dieser sei nicht bereit gewesen, die Kündigung nach Aufforderung des Ehemannes zu zeigen. Schließlich dürfe bei der Wertung des Verhaltens der Beklagten im Lichte des § 242 BGB nicht verkannt werden, dass die Beklagte auch dann noch an der Kündigung festgehalten habe, als sie sich als langjährige Mitarbeiterin mit einem persönlichen Schreiben an die Geschäftsleitung gewandt habe. Das Arbeitsgericht habe den Sachverhalt nicht umfassend geklärt und sei ihren Beweisantritten nicht nachgegangen. Sie habe durchgängig darauf hingewiesen, dass sie vor dem streitgegenständlichen Vorfall gesundheitlich nicht in der Verfassung gewesen sei, dass sie sich einer psychiatrischen Unterstützung hätte anvertrauen müssen. Unerlässlich wäre gewesen, dass man den Psychiater gehört hätte, der sie seither betreue. Eine Beurteilung der Geschehnisse vom 21. Juni 2016 sei nur möglich, wenn auch aus ärztlicher Sicht das Verhalten beleuchtet werde. Im Übrigen sei ein Kündigungsgrund i.S.d. § 626 Abs.1 BGB für ihre Eigenkündigung nicht gegeben. Für die Beklagte sei es mehr als naheliegend gewesen, dass sie ihre spontane und völlig überzogene Klärung nicht mehr realisieren würde, sobald sie zur Ruhe und Besinnung gekommen wäre. Weiterhin seien die Initiativen übergangen worden, die sie unmittelbar nach ihrer Ankunft zu Hause angegangen sei, nämlich einen Telefonanruf beim Bundesjustizministerium und das Aufsuchen der Polizei sowie des Arztes. Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Klägerin wird auf ihre Berufungsbegründung vom 12. Juni 2017 und ihren Schriftsatz vom 02. November 2017 verwiesen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 28. Februar 2017 – 6 Ca 675/16 – abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz (Anträge zu 1. bis 3. aus der Klageschrift vom 12. Juli 2016) zu erkennen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, soweit sich die Klägerin auf die Nichtigkeit ihrer Kündigungserklärung gemäß § 105 Abs. 2 BGB wegen einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit berufe, würden sich aus der Schilderung des angeblichen Gesprächsverlaufes durch die Klägerin keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese sich in einem solchen Zustand befunden hätte. Ohne die Schilderung solcher Umstände führe auch ein Beweisangebot nicht weiter, weil dies zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen würde. Die Klägerin verkenne dabei, dass die Geschäftsfähigkeit eines Erwachsenen der vom Gesetz zugrunde gelegte Regelfall sei und daher die Voraussetzungen für die Annahme von Geschäftsunfähigkeit restriktiv zu handhaben seien. Eine mangelhafte Sachverhaltsaufklärung könne dem Arbeitsgericht ebenfalls nicht zum Vorwurf gemacht werden. Das Gericht habe die Zeugen gehört, die von ihr zum Ablauf des Gespräches benannt worden seien, und die Klägerin als Partei vernommen. Die von der Klägerin weiter angebotenen Zeugen, wie ihr Ehemann, ihre Mutter/Schwiegermutter und behandelnde Ärzte könnten unstreitig aus eigenem Erleben nichts zum Gesprächsablauf, den Umständen der Abgabe der Kündigungserklärung und der Verfassung der Klägerin zu diesem Zeitpunkt sagen. In welchem Zustand sich die Klägerin nach dem Ausspruch der Eigenkündigung befunden habe, sei für die Beurteilung einer Anfechtungslage nicht entscheidungserheblich, zumal sie sich möglicherweise mit Vorwürfen ihres Ehemannes und ihrer Schwiegermutter konfrontiert gesehen habe, weil ja die familiäre Planung hierdurch gänzlich zunichte gemacht worden sei. Entgegen der Behauptung der Klägerin in der Berufungsbegründung treffe es gerade nicht zu, dass ihr der Text der Kündigung von den Zeugen M. und K. diktiert worden sei. Das Gespräch am Morgen des 21. Juni 2016 sei ausweislich der eigenen Ausführungen der Klägerin für sie nicht überraschend gekommen, sondern sogar auf ihre Initiative hin anberaumt worden. Die eigene Aussage der Klägerin zeige eindeutig, dass diese durchaus selbst zuvor schon Gründe zum Ausspruch der Kündigung gehabt habe, nämlich angebliche Reibereien mit ihrer Abteilungsleiterin, und nicht etwa durch das Gespräch am 21. Juni 2016 allein zu diesem Kündigungsentschluss gelangt sei. Kündigungstragend sei nach der richtigen Einschätzung des Arbeitsgerichts für die Klägerin nicht nur das ungelöste Problem der Vertretung der Abteilungsleiterin während ihres Urlaubs, sondern auch ihre persönlichen Arbeitsbeziehung zur Abteilungsleiterin gewesen. Zutreffend habe das Arbeitsgericht eine wirksame Anfechtung wegen Drohung abgelehnt. Der Klägerin obliege die Beweislast für die Behauptung, sie sei von dem Zeugen M. gegen ihren Willen daran gehindert worden, das Besprechungszimmer zu verlassen, bevor sie die Eigenkündigung schriftlich formuliert habe. Dieser Beweis sei ihr nach richtiger Ansicht des Arbeitsgerichts nicht gelungen. Nach den eigenen Angaben der Klägerin habe die angebliche Bedrohungssituation zum Zeitpunkt der Äußerung ihres Kündigungswunsches gar nicht mehr bestanden. Weiterhin habe die Klägerin selbst bestätigt, dass der Zeuge M. zweimal gefragt habe, warum sie denn nun kündigen wolle, und sie es ihm zweimal mit dem vermeintlich schlechten Verhältnis zwischen ihr und der Abteilungsleiterin erklärt habe. Aus dem Sachvortrag der Klägerin gehe auch nicht hervor, wie und weshalb die Zeugen M. und K. der Klägerin eine Eigenkündigung hätten abbringen wollen. Eindeutig sei die Initiative zur Erklärung einer Eigenkündigung von der Klägerin ausgegangen. Das von der Klägerin geschilderte Gespräch zwischen dem Ehemann und den Zeugen M. und K. habe zwar stattgefunden, allerdings nicht mit dem von der Klägerin dargestellten Inhalt. Die Zeugen K. und M. hätten dem Ehemann auf seine Nachfrage, was denn los gewesen sei, erklärt, dass seine Frau die Eigenkündigung ausgesprochen habe. Es sei nicht erklärt worden, man habe die fristlose Kündigung abgefordert. Weiterhin sei nicht erklärt worden, der Raum sei nicht von der Klägerin verlassen worden, weil dies ja gerade nicht zutreffe. Vielmehr habe die Klägerin den Raum während des Gespräches durchaus verlassen. Auch wurde nicht verweigert, die Kündigung zu zeigen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b und c ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die Berufung der Klägerin hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Eigenkündigung der Klägerin ist wirksam. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht deshalb von einer eigenen umfassenden Begründung ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind unbegründet.

I. Die Kündigungserklärung der Klägerin ist nicht nach § 105 Abs. 2 BGB nichtig.

1. Nach § 105 Abs. 2 BGB ist eine Willenserklärung nichtig, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit abgegeben wird. § 105 Abs. 2 BGB setzt einen Zustand voraus, in dem die freie Willensbestimmung nicht nur geschwächt und gemindert, sondern völlig ausgeschlossen ist. Bloße Willensschwäche und leichte Beeinflussbarkeit durch andere schließen die Möglichkeit freier Willensbildung nicht aus. Bestimmte krankhafte Vorstellungen und Empfindungen des Erklärenden oder Einflüsse Dritter müssen derart übermäßig geworden sein, dass eine Bestimmung des Willens durch vernünftige Erwägungen ausgeschlossen war. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 105 Abs. 2 BGB trägt derjenige, der sich auf diesen Nichtigkeitsgrund beruft (BAG 14. Februar 1996 – 2 AZR 234/95 – Rn. 23 und 24; NZA 1996, 811).

2. Danach kann auf der Grundlage des Vortrags der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht angenommen werden, dass sie ihre Kündigungserklärung in einem Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit i.S.v. § 105 Abs. 2 BGB abgegeben hat. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass im Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung die Möglichkeit freier Willensbildung nicht nur beeinträchtigt, sondern völlig ausgeschlossen war, lassen sich dem Vorbringen der Klägerin nicht entnehmen.

Soweit die Klägerin vorgetragen hat, dass sie nach dem Gespräch aus dem Markt nach Hause gerannt und dort in einem „völlig aufgelösten, weinenden und schockierten Zustand“ angekommen sei, lässt dies nicht den Schluss darauf zu, dass die freie Willensbestimmung bei Abgabe der Kündigungserklärung nicht nur geschwächt und gemindert, sondern völlig ausgeschlossen war. Aus solchen allgemein gehaltenen Symptomen kann keine vorübergehende Störung der Geistestätigkeit geschlussfolgert werden (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 10. April 2008 – 10 Sa 731/07 – Rn. 42, juris; LAG Hessen 25. August 2014 – 16 Sa 143/14 – Rn. 22, juris). Gleiches gilt für den von ihr angeführten „hochgradigen Erregungszustand“. Der von der Klägerin bei ihrer Vernehmung geschilderte Gesprächsverlauf spricht nicht für, sondern gegen einen Ausschluss der freien Willensbestimmung. Nach ihrer eigenen Aussage hat sie ihre Eigenkündigung damit erklärt, dass es seit Monaten immer wieder Streitgespräche gebe, weil ihre Abteilungsleiterin mit ihr nicht zufrieden sei. Als Herr M. sie nochmals gefragt habe, warum sie denn jetzt kündigen wolle, habe sie es dann nochmals erklärt. Ihre Schilderung zeigt, dass sie in der Lage war, aus durchaus nachvollziehbaren Erwägungen eine Entscheidung zu treffen, auch wenn diese sich ihr im Nachhinein in Anbetracht der hiermit verbundenen Folgen als nachteilig und unvernünftig darstellt. Ein Unvermögen der Klägerin, im Gespräch die Tragweite ihrer Kündigungserklärung zu erfassen, genügt für einen Ausschluss der freien Willensbestimmung ebenso wenig wie bloße Willensschwäche oder leichte Beeinflussbarkeit (vgl. LAG Hessen 09. August 2013 – 3 Sa 25/13 – Rn. 35, juris). Auch wenn sich die Klägerin nach ihrer Aussage unter Druck gesetzt gefühlt hat, weil keine Lösung der erforderlichen Urlaubsvertretung gefunden werden konnte und sie unter Verweis auf ihre Betreuungssituation die ihr unterbreiteten Vorschläge abgelehnt hatte, begründet die geschilderte Drucksituation bzw. die hieraus resultierende Beeinflussung ihrer Willensbildung nicht den Zustand der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit i.S.d. § 105 Abs. 2 BGB. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, auf die Bezug genommen wird, kann nach dem von der Klägerin selbst geschilderten Geschehensablauf nicht angenommen werden, dass sie das Kündigungsschreiben in einem Zustand unterzeichnet hat, in dem die Möglichkeit freier Willensbildung völlig ausgeschlossen war.

Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie vor dem streitgegenständlichen Vorfall nicht in der Verfassung gewesen sei, dass sie sich einer psychiatrischen Unterstützung hätte anvertrauen müssen. Auch wenn sich die Klägerin gemäß ihrem Vortrag „wegen des streitgegenständlichen Vorfalls“ bzw. „wegen des traumatischen Geschehens“ in ärztliche bzw. psychiatrische Behandlung begeben hat, weil das „damalige Geschehnis und seine Folgen“ sie „traumatisch“ belaste, lässt dies nicht den Rückschluss darauf zu, dass sie sich im Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung in einem Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit i.S.v. § 105 Abs. 2 BGB befunden hat. Die Klägerin hat ihre konkrete Lebenssituation angeführt und vorgetragen, sie habe gemeinsam mit ihrem Mann geplant, ein konkretes Baugrundstück in Hochstadt zu kaufen, um dort zu bauen. Die gesamte Budgetierung und Finanzierung des geplanten Grundstückserwerbs mit anschließendem Hausbau sei darauf angelegt gewesen, dass beide Ehegatten berufstätig seien. Ihre Eigenkündigung habe dazu geführt, dass die familiäre Planung hierdurch gänzlich zunichte gemacht worden sei. Weiterhin sei im Zuge des geplanten Erwerbes des Grundstücks bereits ein Ganztageskindergartenplatz vorhanden gewesen, der nunmehr anderweitig vergeben worden sei. Die mit dem Arbeitsplatzverlust infolge der von ihr ausgesprochenen Kündigung verbundenen Folgen und Nachteile mögen von der Klägerin als traumatisch empfunden werden, ohne dass sich daraus ein völliger Ausschluss der freien Willensbestimmung im Zeitpunkt der Kündigungserklärung herleiten lässt. Wie bereits ausgeführt, genügt hierfür auch ein Unvermögen der Klägerin, im Gespräch die Tragweite ihrer Kündigungserklärung zu erfassen, nicht.

Mangels ausreichenden Tatsachenvortrags der Klägerin zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 105 Abs. 2 BGB hat das Arbeitsgericht zu Recht kein Sachverständigengutachten eingeholt, weil dieses zu einem unzulässigen Ausforschungsbeweis führen würde (vgl. hierzu LAG Rheinland-Pfalz 10. April 2008 – 10 Sa 731/07 – Rn. 39 u. 40, juris). Gleiches gilt, soweit die Klägerin für ihren Zustand nach dem Gespräch mehrere Zeugen, wie ihren Ehemann, ihre Mutter, ihre Schwiegermutter, die Polizeibeamten und die von ihr nachher aufgesuchten Ärzte als Beweis angeboten hat. Gemäß den obigen Ausführungen lässt das Vorbringen der Klägerin zu ihrem Zustand nach dem Gespräch nicht den Schluss darauf zu, dass die freie Willensbestimmung im Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung nicht nur geschwächt und gemindert, sondern völlig ausgeschlossen war. Das Arbeitsgericht ist daher diesen Beweisangeboten ebenfalls zu Recht nicht nachgegangen.

II. Die von der Klägerin erklärte Anfechtung ihrer Kündigungserklärung ist nicht begründet, weil kein Anfechtungsgrund vorliegt.

Nach § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige, der widerrechtlich durch Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung bestimmt worden ist, die Erklärung mit der Nichtigkeitsfolge des § 142 Abs. 1 BGB anfechten. Die Voraussetzungen dieses Anfechtungstatbestandes, auf den sich die Klägerin berufen hat, sind nicht erfüllt.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass man ihr das Verlassen des Raumes nicht gestattet und sie aufgefordert habe zu bleiben. Der Bezirksleiter M. habe sich vor die Tür gestellt, um das Verlassen des Raumes zu verhindern, und sie zudem mit seiner Hand an der Schulter festgehalten. Wiederholte Aufforderungen, dass man sie gehen und an der Schulter loslassen solle, seien von ihm negiert worden. Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die darlegungs- und beweislastete Klägerin den ihr obliegenden Beweis für diese Darstellung, nach der sie zur Unterschrift genötigt worden sein soll, um den Raum verlassen zu dürfen, nicht erbracht hat.

Der Zeuge M. hat bei seiner Vernehmung ausgesagt, dass er nach der Erklärung der Klägerin, dann kündige sie selber, zu ihr gesagt habe, sie könne hier und jetzt im Aufenthaltsraum kündigen. Nach ihrer Äußerung, sie wolle nach Hause gehen und am Computer die Kündigung aufsetzen, habe er zu ihr gesagt, er brauche keine computergefertigte Kündigung, eine handschriftliche reiche ihm. Herr K. sei daraufhin ins Büro gegangen und habe ein Blatt Papier und einen Kugelschreiber geholt. Die Klägerin habe dann eigenständig, ohne dass er ihr die Kündigung diktiert habe, die Kündigung unterschrieben, wobei er ihr nur gesagt habe, er brauche Ort und Datum. Er habe die Klägerin nur leicht umarmt, sozusagen als väterliche Handhabe, aber nicht festgehalten oder am Arm gepackt. Als er ihr gesagt habe, sie solle überlegen, was sie mache, habe die Klägerin gesagt, er solle sie loslassen, was er auch sofort getan habe. Weil die Klägerin gesagt habe, sie wolle kündigen, habe er ihr gesagt, sie könne die Kündigung hier schreiben, was aber keine Drohung dahingehend gewesen sei, dass sie die Kündigung jetzt hier schreiben müsse. Während Herr K. das Blatt Papier und den Kugelschreiber geholt habe, hätte die Klägerin auch die Möglichkeit gehabt, das Besprechungszimmer zu verlassen und zu gehen. Er habe sie nicht gezwungen, in dem Zimmer zu bleiben.

Der Zeuge K. hat ausgesagt, die Klägerin sei nach ihrer Erklärung, dann kündige sie eben fristlos, in den Aufenthaltsraum gegangen, habe sich umgezogen und sei so zur Tür reingestürmt, dass Herr M. sie mit einer Hand habe stoppen müssen, weil sie ihn ansonsten umgerannt hätte. Die Klägerin habe gesagt, sie wolle jetzt nach Hause gehen und die Kündigung später bringen, weil sie keine schöne Schrift hätte. Herr M. habe gesagt, die Schrift sei eigentlich unrelevant und habe ihn gebeten, ein Blatt und einen Kuli zu holen, was er dann gemacht habe. Dann habe die Klägerin ihre Kündigung geschrieben. Herr M. habe gesagt, sie bräuchten nur Datum, Ort und Unterschrift, alles andere habe die Klägerin geschrieben. Herr M. habe nichts Textliches vorgegeben.

Die Klägerin hat bei ihrer eigenen Vernehmung als Partei ausgesagt, sie habe den Raum verlassen wollen und Herr M. habe sie dann an der Schulter festgehalten und das Verlassen so verhindert. Sie habe dann gesagt, er solle sie loslassen, weil sie gehen wolle. Nach dem dritten Mal habe Herr M. sie dann losgelassen. Dann habe sie zu Herrn M. gesagt, dann kündige sie selbst, sie wolle von zu Hause aus kündigen. Herr M. habe zu ihr gesagt, dass sie sich das genau überlegen solle und warum sie jetzt auf einmal selber kündigen wolle. Sie habe dann erklärt, dass es seit Monaten so gehe, dass es immer wieder Streitgespräche gebe, weil ihre Abteilungsleiterin mit ihr nicht zufrieden sei und dann sei es mal zwei bis drei Wochen gut gegangen und sie hätten wieder da gesessen und gestritten und das halte sie nicht aus. Herr M. habe daraufhin gesagt, dass sie von zu Hause nicht kündigen solle und sie das nicht machen brauche, sie könne es auch hier sofort machen. Sie habe dann gesagt, sie wolle es zu Hause an ihrem Computer machen und nicht hier, woraufhin Herr M. gesagt habe, dass sie das nicht mitmachen würden und sie dann jetzt das sofort machen solle. Dann habe er Herrn K. rausgeschickt, einen Stift und Zettel zu holen. Als Herr K. rausgegangen sei und den Zettel geholt habe, habe Herr M. sie nochmals gefragt, warum sie denn jetzt kündigen wolle, und sie habe es dann nochmals erklärt. Dann sei Herr K. wieder reingekommen und sie habe mit dem ersten Satz angefangen. Nach einer kurzen Pause habe Herr M. ihr gesagt, sie solle mit sofortiger Wirkung kündigen und sie solle auf ihre Kündigungsfrist verzichten. Dann habe sie unterschrieben, wobei er ihr noch gesagt habe, sie solle noch Ort und Datum draufsetzen. Sie habe den Geschäftsschlüssel dann abgegeben und sei raus. Sie habe das Gefühl gehabt, dass Herr M., als er sie angefasst habe, habe verhindern wollen, dass sie den Raum verlasse. Aber als er sie auch berührt und an der Schulter festgehalten habe, habe er auch gesagt: „Wissen Sie, was Sie da machen?“ Sie habe nur aus dieser Situation rausgewollt und keinen Anlass gehabt zu kündigen. Sie habe nur wissen wollen, dass Herr M. auch Bescheid wisse, was in den letzten Monaten passiert sei.

Nach dem Ergebnis der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin zur Abgabe ihrer Kündigungserklärung gemäß ihrer Darstellung genötigt worden ist. Vielmehr lässt die eigene Darstellung des Geschehensablaufs durch die Klägerin im Rahmen ihrer Vernehmung als Partei nicht erkennen, dass sie am Verlassen des Raumes gehindert worden und dadurch zur Abgabe ihrer Kündigungserklärung bestimmt worden ist. Vielmehr hat der Zeuge M. die Klägerin nach ihrer eigenen Darstellung sogar nochmals gefragt, warum sie denn jetzt kündigen wolle, was sie daraufhin nochmals erklärt hat. Nach der eigenen Aussage der Klägerin ist Herr M. ihrer Aufforderung, er solle sie loslassen, nachgekommen. Die Klägerin ist in keiner Weise zur Abgabe der Kündigungserklärung aufgefordert worden, sondern hat aus eigenem Entschluss erklärt, dass sie selbst kündigen wolle. Auf die Nachfrage, warum sie denn jetzt selbst kündigen wolle, hat sie nach ihrer Aussage Herrn M. erklärt, dass es seit Monaten immer wieder Streitgespräche gebe, weil ihre Abteilungsleiterin mit ihr nicht zufrieden sei. Allein die Aufforderung von Seiten des Herrn M., dass sie ihre Kündigung, wenn sie diese denn aussprechen wolle, nicht zu Hause an ihrem Computer erstellen, sondern das dann jetzt sofort machen solle, beinhaltet keine Drohung. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lässt sich nicht feststellen, dass die Klägerin daran gehindert worden ist, den Raum zu verlassen, bis sie ihre Kündigung schriftlich erklärt.

III. Die Beklagte handelt auch weder treuwidrig (§ 242 BGB) noch sittenwidrig (§ 138 BGB), indem sie sich auf die Wirksamkeit der Eigenkündigung der Klägerin beruft.

Die Klägerin hat ihren Kündigungsentschluss selbst getroffen und begründet, ohne dabei in unzulässiger Weise in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt worden zu sein. Die Klägerin war auf das am 21. Juni 2016 geführte Gespräch vorbereitet und wusste, dass eine Lösung der Vertretung für die abwesende Abteilungsleiterin gefunden werden sollte. Dabei ist der Klägerin unter anderem auch ein Wechsel in andere Filialen angeboten worden, was von ihr abgelehnt wurde. Nach dem Gesprächsverlauf, wie er von den beiden Zeugen und auch von der Klägerin selbst im Rahmen ihrer Parteivernehmung geschildert worden ist, lässt sich nicht erkennen, dass die Klägerin unter Ausnutzung einer seelischen Zwangslage zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses angehalten wurde, zumal für die Beklagte eine Kündigung der Klägerin auch nicht zur Lösung des aufgetretenen Problems beitragen konnte. Unerheblich ist, dass die Klägerin nach ihrer Ankunft zu Hause die Folgen ihrer Kündigung realisiert hat und diese wieder rückgängig machen wollte. Die Eigenkündigung der Klägerin ist der Beklagten mit der Entgegennahme des Kündigungsschreibens durch den Bezirksleiter zugegangen. Die damit eingetretenen Wirkungen der Kündigung hätten nur durch eine entsprechende Vereinbarung beseitigt werden können, die hier nicht zustande gekommen ist. Die Beklagte war auch nicht etwa aus Fürsorgegesichtspunkten verpflichtet, mit der Klägerin nach der von ihr aus eigenem Entschluss schriftlich erklärten Kündigung eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren.

IV. Das Arbeitsverhältnis besteht auch nicht deshalb – zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – fort, weil die Kündigung nicht durch einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt wäre.

Auch wenn für die Kündigung kein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB vorgelegen haben mag, ist es der Klägerin nach § 242 BGB verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der von ihr selbst ausgesprochenen fristlosen Eigenkündigung vom 21. Juni 2016 zu berufen. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer schriftlich erklärten fristlosen Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer selbst ist regelmäßig treuwidrig (vgl. BAG 12. März 2009 – 2 AZR 894/07 – NZA 2009, 840). Die Klägerin hat ihren Kündigungsentschluss im Gespräch vom 21. Juni 2016 selbst gefasst und begründet, ohne dass sie von Seiten der Beklagten hierzu angehalten worden war. Vielmehr hat der Zeuge B. die Klägerin nach ihrer eigenen Darstellung sogar noch mehrmals gefragt, warum sie denn jetzt selbst kündigen wolle. Zum Schutz vor Übereilung bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 623 BGB). Aufgrund des eigenen Entschlusses der Klägerin zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses und der daraufhin auch schriftlich abgegebenen Kündigungserklärung bestanden für die Beklagte keine Anhaltspunkte dafür, dass die – schriftliche – Kündigung im Streitfall nicht ernst gemeint gewesen sein könnte. Die Klägerin ist zu ihrem Ausspruch auch nicht in rechtlich zu beanstandender Weise veranlasst worden. Soweit der Zeuge M. die Klägerin dazu angehalten hat, dass sie nach ihrem Kündigungsentschluss ihre eigene Kündigung nicht zu Hause am Computer, sondern handschriftlich im Aufenthaltsraum mit dem ihr zur Verfügung gestellten Blatt Papier und Kugelschreiber selbst fertigen soll, ändert dies nichts daran, dass es der Klägerin freistand, ob sie überhaupt ihr Arbeitsverhältnis kündigen will, und die sodann von ihr vor Ort schriftlich erklärte Kündigung ihre ernsthafte und endgültige Lösungsabsicht belegt. Das in § 626 Abs. 1 BGB aufgestellte Wirksamkeitserfordernis des Vorliegens eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung soll nach dem Sinn und Zweck der Regelung dem Kündigenden nicht die Möglichkeit eröffnen, seine einmal bekundete Lösungsabsicht im Lichte später gewonnener Erkenntnisse wieder rückgängig machen zu können, sondern soll – im Gegenteil – den Vertragspartner vor einem ihn plötzlich treffenden unberechtigten Vertragsbruch schützen. Nach dem aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) ist es der Klägerin verwehrt, sich auf die etwaige Unwirksamkeit der von ihr selbst ausgesprochenen Kündigung zu berufen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Berufung war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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