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Arbeitsgericht – örtliche Zuständigkeit bei Leiharbeitern mit wechselnden Einsatzorten

ArbG Schwerin, Az.: 6 Ca 1368/15, Beschluss vom 28.08.2015

Das Arbeitsgericht Schwerin ist örtlich unzuständig.

Der Rechtsstreit wird an das örtlich zuständige Arbeitsgericht … verwiesen.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich mit vorliegender Klage gegen einen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses und macht zudem Zahlungsansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis geltend.

Arbeitsgericht - örtliche Zuständigkeit bei Leiharbeitern mit wechselnden Einsatzorten
Symbolfoto: Von stockwerk-fotodesign /Shutterstock.com

Der Kläger ist als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag (Bl. 6ff. d.A.) als Servicetechniker für Windkraft beschäftigt. Die Beklagte unterhält ihren Sitz in …. Sie vermittelt den Kläger als Leiharbeitnehmer. Er ist als Offshore-Mitarbeiter auf der Nordsee eingesetzt. Die Teams für die Arbeitstätigkeiten auf den Offshore-Windkraftanlagen werden durch den Disponenten der Beklagten im gesamten norddeutschen Raum derart zusammengesetzt, dass die Mitarbeiter jeweils für 2 Wochen ihre Orte, an denen die Einsätze erfolgen, mitgeteilt bekommen und dann von ihrem jeweiligen Wohnort jeweils jeder für sich anreisen. Der Kläger füllt an seinem Wohnort Papiere für die Reisekosten bzw. Fahrtkosten für die Auswärtstätigkeit aus.

II.

Das Arbeitsgericht Schwerin ist örtlich unzuständig zur Entscheidung dieses Rechtsstreits.

Gemäß § 12 ZPO ist das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Der allgemeine Gerichtsstand juristischer Personen wird durch ihren Sitz bestimmt (§ 17 Abs. 1 ZPO).

Anhaltspunkte, welche den Schluss zu ließen, die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Schwerin sei aufgrund eines ausschließlichen bzw. besonderen Gerichtsstandes begründet, sind nicht erkennbar.

Auch eine Zuständigkeit gemäß § 48 Abs. 1 a ArbGG lässt sich nicht begründen.

Nach § 48 Abs. 1a Satz 1 ArbGG ist für Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein Arbeitsort in diesem Sinne nicht feststellbar, so ist nach § 48 Abs. 1a Satz 2 ArbGG das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt verrichtet hat. Der Kläger hat seine Tätigkeiten an verschiedenen Orten verrichtet. Ein gewöhnlicher Ort der Arbeitsleistung ist deshalb nicht feststellbar. Jedenfalls ist ein solcher nicht im Zuständigkeitsbezirk des Arbeitsgerichts Schwerin gelegen.

Ist ein gewöhnlicher Arbeitsort nicht feststellbar, so ist nach § 48 Abs. 1 a Satz 2 ArbGG eine örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts gegeben, von dessen Bezirk aus der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt verrichtet hat. Dafür genügt es, wenn dort im gewissen Umfang Arbeitsleistungen erbracht werden, so z.B. Reisetätigkeiten geplant werden, Berichte geschrieben werden oder andere mit der Arbeitsleistung verbundene Tätigkeiten durchgeführt werden. Es ist jedoch nicht vorgetragen, dass der Kläger in irgendeiner Weise von seinem Wohnort aus Arbeitsleistungen erbracht hat, so dass eine Anwendbarkeit des § 48 Abs. 1 a Satz 2 ArbGG nicht gegeben ist. Eine Reisetätigkeit gehört nicht zu den Arbeitsaufgaben des Klägers und es ist auch nicht erkennbar, dass er eine derartige von zu Hause aus geplant hat, er hat lediglich die Fahrt zu den jeweiligen Einsatzorten geplant, dies gehört jedoch nicht zu seinen Arbeitsaufgaben. Soweit der Kläger Unterlagen über Reisekosten bzw. Fahrtkosten ausgefüllt hat, handelt es sich ebenso nicht um Vorarbeiten bzw. Nacharbeiten seiner arbeitsvertraglichen Aufgaben, sondern lediglich um unselbständige Folgearbeiten der geschuldeten Hauptarbeitsleistung.

Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung in § 48 Abs 1 a ArbGG die Möglichkeit für den Arbeitnehmer eröffnen, „Klage vor dem Arbeitsgericht zu erheben, in dessen Bezirk die Arbeit verrichtet wird“ (BT-Drucksache 16/7716, S. 23).

Der Bundestagsdrucksache (BT-Drucksache 16/7716, S. 24) hat zu § 48 Abs. 1a ArbGG Folgendes ausgeführt:

„(§ 48a Abs. 1a) Satz 2 regelt den Fall, dass ein Schwerpunkt der Tätigkeit nicht ermittelt werden kann, z.B. bei Tätigkeiten vertragsgemäß in mehreren Gerichtsbezirken zu erbringen sind. Es ist dann auf den Ort abzustellen, von dem aus die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung erbringt. Der Wohnort kann Arbeitsort sein, wenn dort mit der Arbeitsleistung verbundene Tätigkeiten erbracht werden, z.B. wenn ein Außendienstmitarbeiter zu Hause seine Reisetätigkeit für den ihm zugewiesenen Bezirk plant, Berichte schreibt oder andere mit der Arbeitsleistung verbundene Tätigkeiten verrichtet. Kein Arbeitsort ist gegeben, wenn sich z.B. ein Montagearbeiter oder ein Kraftfahrer im Rahmen einer Vielzahl einzelner weisungsgebundener Entsendungen vom Wohnort aus zum jeweiligen Einsatzort begibt.“

Nichts anderes geschieht aber vorliegend, wenn der Kläger von seinem Wohnort aus zu den jeweiligen Einsatzorten fährt.

Da folglich weder ein gewöhnlicher Arbeitsort feststellbar ist, noch Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers von seinem Wohnsitz aus erfolgen, ist eine Zuständigkeit gemäß § 48 Abs. 1a ArbGG nicht begründet.

Da die örtliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Schwerin nicht vorliegt, war der Rechtsstreit an das nach dem Sitz der Beklagten örtlich zuständige Arbeitsgericht … zu verweisen.

Dieser Beschluss erging ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende allein (§ 55Abs. 1, 2 ArbGG). Er ist unanfechtbar (§ 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG).

 

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