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Aufhebungsvertrag – Angemessenheitskontrolle

Aufhebungsvertrag bleibt rechtskräftig: Klage abgewiesen

Das Landesarbeitsgericht Thüringen hat die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen zurückgewiesen. Die Parteien stritten über die Rechtswirksamkeit eines Aufhebungsvertrages, der das Arbeitsverhältnis der Klägerin bei der Beklagten zum 15.10.2017 beendete.

Keine Unwirksamkeit des Vertrags

Das Gericht stellte fest, dass der Aufhebungsvertrag vom 11./12.10.2017 nicht rechtsunwirksam ist. Es betonte, dass die Beendigungsvereinbarung in einem Aufhebungsvertrag als solche keiner Angemessenheitskontrolle unterliegt. Selbst wenn die Ausgleichs- und Verzichtsklausel in § 7 als unwirksam angesehen würde, bliebe der Vertrag im Übrigen bestehen.

Weiterbeschäftigungsantrag unbegründet

Da das Arbeitsverhältnis wirksam beendet wurde, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung. Das Landesarbeitsgericht hat daher die Klage abgewiesen und die Kostenentscheidung gemäß § 97 Abs. 1 ZPO getroffen.


 

Urteil im Volltext

Landesarbeitsgericht Thüringen – Az.: 2 Sa 339/20 – Urteil vom 14.04.2022

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nordhausen vom 01.04.2020 – 2 Ca 1050/17 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit eines Aufhebungsvertrages.

Die Klägerin war seit dem 01.02.1994 bei der Beklagten zuletzt als Verkaufsmitarbeiterin beschäftigt.

Aufhebungsvertrag - Angemessenheitskontrolle
(Symbolfoto: Bacho/Shutterstock.com)

Die Parteien unterzeichneten am 11./12.10.2017 einen Aufhebungsvertrag (Bl. 9 ff. d. A.). Sie vereinbarten in § 1 die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 15.10.2017 durch Aufhebung im gegenseitigen Einvernehmen und in § 7 eine Ausgleichsklausel. Diese hat folgenden Wortlaut:

„Die Vertragsparteien sind sich mit dem Abschluss dieses Abwicklungsvertrages einig, dass keinerlei gegenseitige Ansprüche – außer die in diesem Vertrag vereinbarten – aus dem Arbeitsverhältnis oder in Verbindung mit seiner Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund und ob bekannt oder unbekannt, mehr bestehen.

Die Arbeitnehmer/in verzichtet auf das Recht, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses aus irgendeinem Grunde außergerichtlich als auch gerichtlich geltend zu machen. Insbesondere wird dieser/diese keine Kündigungsschutzklage erheben bzw., soweit bereits eine solche erhoben, diese unverzüglich zurücknehmen.“

Die Klägerin hat mit ihrer am 06.11.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 15.10.2017 hinaus unter Berufung auf die Unwirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung geltend gemacht.

Wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Bl. 56 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit der Begründung, der Aufhebungsvertrag sei weder nach §§ 305 – 310 BGB noch aus anderen Gründen unwirksam, abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils (Bl. 57 d. A.) verwiesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 27.08.2020 zugestellte Urteil am 10.09.2020 Berufung eingelegt und begründet.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe aus betrieblichen Gründen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 15.10.2017 gewünscht. Sie habe hierzu einen Aufhebungsvertrag vorbereitet, der vorformuliert und im Sekretariat zur Verfügung gestellt worden sei. Man habe ihr über die Geschäftsführung erklärt, dieser Vertrag sei zwingend zu unterschreiben. Die Klägerin ist der Auffassung, die Ausgleichs- und Verzichtsklausel in § 7 sei ohne kompensatorische Gegenleistung unwirksam. Es habe für sie, insbesondere im Hinblick auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, keine Veranlassung bestanden, das Arbeitsverhältnis ohne Gegenleistung zu beenden und auch noch auf die Erhebung einer Klage zu verzichten. Die Aufhebungsvereinbarung benachteilige sie daher unangemessen. Die Unwirksamkeit der Verzichts- und Ausgleichsklausel in § 7 führe zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages. Sie hätte den Vertrag ohne eine Kompensation der Ausgleichs- und Verzichtsklausel in § 7 nicht geschlossen.

Die Klägerin beantragt, in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Nordhausen – 2 Ca 1050/17 – wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung vom 12.10.2017 nicht beendet worden ist, sondern über den 15.10.2017 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 15.10.2017 hinaus als Verkaufsmitarbeiterin bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden gemäß der Vereinbarung vom 22.12.2014 weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte behauptet, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei ausdrücklich auf Wunsch der Klägerin erfolgt, weil diese eine neue Arbeitstätigkeit habe aufnehmen wollen. Die Beklagte bestreitet die Behauptung, man habe der Klägerin erklärt, der Aufhebungsvertrag sei zwingend zu unterschreiben. Im Übrigen verteidigt die Beklagte das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Auffassung, die vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses unterliege als Hauptleistungspflicht nicht der Angemessenheitskontrolle. Die Klageverzichtsvereinbarung benachteilige die Klägerin nicht unangemessen. Selbst im Fall einer unangemessenen Benachteiligung führe diese nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Vertrages.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der im Berufungsrechtszug zur Akte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die nach dem Beschwerdegegenstand an sich statthafte, form- sowie fristgerecht eingelegte und damit insgesamt zulässige Berufung ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das Arbeitsgericht hat die Klage zurecht abgewiesen. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis hat infolge des Aufhebungsvertrages zum 15.10.2017 sein Ende gefunden.

I. Der Aufhebungsvertrag vom 11./12.10.2017 erweist sich nicht als rechtsunwirksam.

1. Die hier streitbefangene Beendigungsvereinbarung ist nicht gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Klägerin unwirksam. Formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen, sind aus Gründen der Vertragsfreiheit gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen. Darum unterliegt die Beendigungsvereinbarung in einem Aufhebungsvertrag als solche ebenso wenig einer Angemessenheitskontrolle, wie eine als Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses etwaig gezahlte Abfindung (BAG 7. Februar 2019 – 6 AZR 75/18 – juris, mwN).

2. Der Aufhebungsvertrag erweist sich auch nicht im Hinblick auf die Ausgleichs- und Verzichtsklausel in § 7 als unwirksam. Dabei kann dahinstehen, ob die Ausgleichs- und Verzichtsklausel einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhält. Denn der Vertrag ist selbst bei einer unangemessenen Benachteiligung und damit Unwirksamkeit der Klausel in § 7 im Übrigen aufrechtzuerhalten.

a) Ist eine Klausel unwirksam, bleibt der Vertrag im Übrigen nach § 306 Abs. 1 BGB grundsätzlich wirksam. Zur Unwirksamkeit des ganzen Vertrages kommt es nach § 306 Abs. 3 BGB ausnahmsweise nur dann, wenn das Festhalten an der Regelung für einen Vertragspartner unzumutbar ist.

b) Das ist hier nicht der Fall. Entgegen der Auffassung der Klägerin erweist sich der Aufhebungsvertrag ohne die für sie nachteiligen Bestimmungen in § 7 sogar als günstiger.

3. Der Aufhebungsvertrag ist auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam. Anhaltspunkte, er sei unter Missachtung des Gebots des fairen Verhandelns zustande gekommen, ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht.

II. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist unbegründet. Da das Arbeitsverhältnis wirksam beendet wurde, hat die Klägerin keinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Die Kostentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

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