Wann darf ein Arbeitnehmer wegen Krankheit gekündigt werden?
Der Gesundheitsstand der deutschen Arbeitnehmer hat sich im Vergleich zu früheren Jahren stark verschlechtert. Nicht allein wegen der immer häufiger auftretenden psychischen Erkrankungen wie Burn-Out oder Depressionen ist das Thema Krankheit im Arbeitsrecht immer relevanter geworden.
Seit Anstieg dieser Krankenzahlen greifen Arbeitgeber immer häufiger zur personenbedingten Kündigung, um sich dauerhaft kranker Arbeitnehmer zu entledigen. Doch ist es erlaubt wegen Krankheit zu kündigen? Oft entsteht der Irrtum, dass dies nicht möglich sei, da die erkranke Person einem gewissen Kündigungsschutz unterliege. Dem ist jedoch nach aller Erwartung nicht so.
Dem Arbeitgeber steht durch die personenbedingten Kündigung generell das Recht zu, langfristig erkrankte Arbeitnehmer zu kündigen. Es gibt dennoch Grenzen: Nur, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft die aus dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung nicht mehr erbringen kann, so ist der Arbeitgeber zur ordentlichen Kündigung berechtigt.
✔ Das Wichtigste in Kürze
- Krankheitsbedingte Kündigungen sind grundsätzlich zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
- Eine negative Gesundheitsprognose ist erforderlich, bei der ernsthafte Besorgnisse über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers bestehen.
- Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass die Krankheit des Arbeitnehmers zu erheblichen betrieblichen oder wirtschaftlichen Belastungen führt.
- Eine Interessenabwägung muss stattfinden, bei der die persönlichen Umstände des Arbeitnehmers und mögliche alternative Beschäftigungsmöglichkeiten im Unternehmen berücksichtigt werden.
- Eine vorherige Abmahnung ist bei krankheitsbedingten Kündigungen nicht erforderlich.
- Auch bei häufigen Kurzerkrankungen kann eine Kündigung möglich sein, wenn diese auf derselben Erkrankung basieren.
Voraussetzungen der Kündigung wegen Krankheit
Eine Kündigung wegen Krankheit ist also grundsätzlich zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Dazu gehören:
Negative Gesundheitsprognose
Für die so genannte negative Gesundheitsprognose fordert die Rechtsprechung, dass eine ernsthafte Besorgnis über den Gesundheitsstand des Arbeitnehmers besteht und nicht prognostiziert werden kann, wann dieser wieder gesund und damit vollständig arbeitsfähig ist.
Eine Langzeiterkrankung wird immer dann angenommen, wenn sie länger als acht Monate andauert. Als dauernd gilt diese, wenn nicht abzusehen ist, dass sich der Zustand innerhalb der nächsten 24 Monate verbessert.
Der Arbeitgeber muss diese Prognose begründen. Ein einfacher Verdacht reicht dabei nicht aus. Vielmehr müssen handfeste Tatsachen dafür sprechen, dass der Arbeitnehmer auch zukünftig nicht in der Lage sein wird, seinen Arbeitsvertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Ein klassisches Beispiel für eine solche Begründung sind chronische Erkrankungen.
Ist ersichtlich, dass der Arbeitnehmer nie wieder die arbeitsvertragliche Leistung erbringen kann, so ist der kündigende Arbeitgeber von einer sonstigen sozialen Rechtfertigung befreit.
Negative Beeinflussung der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers
Die zweite Voraussetzung ist die erhebliche negative Beeinflussung der wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers. Das ist immer dann der Fall, wenn Lohnfortzahlungen gewährleistet werden oder Krankheitsvertretungen eingestellt und extra angeleitet werden müssen. Auch durch die Krankheit entstehende Produktionsausfälle können ein wirtschaftliches Interesse des Arbeitgebers sein.
Bei all diesen Fällen muss der Arbeitgeber beweisen, dass er durch den Umstand unverhältnismäßig belastet wird. Besonders in kleineren Unternehmen kann dies öfters vorkommen.
Interessenabwägung
Die Interessenabwägung als letzte Voraussetzung ist – wie bei anderen Kündigungen auch – bei der krankheitsbedingten Kündigung zwingend einzuhalten. In dieser Abwägung hat der Arbeitgeber die persönlichen Umstände des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Außerdem muss untersucht werden, ob der erkrankte Arbeitnehmer nicht an einer anderen Stelle des Betriebs beschäftigt werden kann.
Insgesamt bedeutet das, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abschließend nur dann kündigen darf, wenn auch nach der Interessenabwägung eine Weiterbeschäftigung des erkrankten Arbeitnehmers für den Arbeitgeber unzumutbar ist.
Ist eine vorherige Abmahnung notwendig?
Wie es bei einer verhaltensbedingten Kündigung üblich ist, muss der Arbeitgeber vor Erstellen einer Kündigung den auffällig gewordenen Arbeitnehmer abmahnen. Bei einer Kündigung wegen Krankheit ist das nicht nötig. Grund dafür ist, dass der Arbeitnehmer selbst für seine Krankheit kein Verschulden trägt und somit auch nach einer Abmahnung nichts an den Umständen ändern könnte.
Eine Abmahnung bei einer krankheitsbedingten Kündigung ist damit nicht erforderlich.
Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen
Fraglich ist, ob auch eine Kündigung wegen häufiger aufeinanderfolgender Kurzerkrankungen möglich ist. Dazu ist eine Differenzierung notwendig. Bauen die häufigen Kurzerkrankungen auf ein und derselben Erkrankung auf, so ist eine Kündigung nach den zuvor genannten Voraussetzungen möglich. Handelt es sich bei den Erkrankungen jedoch um eine unglückliche Aneinanderreihung verschiedener Krankheitsbilder, so kann keine negative Gesundheitsprognose gestellt werden. Eine Kündigung wäre somit unwirksam.
Fazit
Entgegen aller Irrtümer ist eine krankheitsbedingte Kündigung in Form einer personenbedingten Kündigung möglich. Der Arbeitgeber hat dabei einige Voraussetzungen zu beachten. Sollten auch Sie von einer solchen Kündigung betroffen sein, so ist es wichtig, dass sie auf die vorgebrachten Tatsachen reagieren und gegebenenfalls eine Gegendarstellung einreichen.
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer sollten sich bei einer krankheitsbedingten Kündigung im Vorfeld durch einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht beraten lassen, um die Rechtssicherheit der Kündigung zu gewährleisten.
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