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Eigenkündigung Arbeitnehmer – Nichtigkeit wegen vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit

ArbG Berlin-Brandenburg – Az.: 19 Sa 1535/17 – Urteil vom 26.02.2019

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 06.03.2015 nicht aufgelöst worden ist.

2. Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Registratur- bzw. Verwaltungsfachangestellte in Vollzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigten.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen einschließlich der Kosten der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten insbesondere um die Rechtswirksamkeit einer von der Klägerin erklärten ordentlichen Kündigung.

Die am ….. geborene Klägerin ist seit 09.06.1992 bei dem Beklagten beschäftigt. Bei ihr wurde im Jahr 2013 eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert. Ende 2013 wurde sie in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht. Nach Wiederherstellung ihrer Arbeitsfähigkeit arbeitete sie bei der Beklagten bis Anfang März 2015 weiter. Mit Schreiben vom 06.03.2015 (Bl. 26 f. d.A.) erklärte die Klägerin die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 09.03.2015 (Bl. 28 d.A.) bestätigte der Beklagte die Kündigung der Klägerin mit Wirkung zum 30.09.2015. Gleichzeitig stellte der Beklagte die Klägerin bis zur Beendigung unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung von Urlaub widerruflich von der Arbeitsverpflichtung frei.

Seit 23.05.2015 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der F. v. B.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 27.07.2015 (Bl. 42 f. d.A.) wurde die Unterbringung der Klägerin auf einer geschlossenen psychiatrischen Station eines Krankenhauses bis zum Ablauf des 06.09.2015 genehmigt. Mit weiterem Beschluss selben Datums wurde Frau Rechtsanwältin C. W. (im Folgenden: Betreuerin) endgültig zur Betreuerin der Klägerin bestellt, mit den Aufgabenkreisen: Aufenthaltsbestimmung zwecks psychiatrischer Heilbehandlung, Gesundheitssorge im psychiatrischen Bereich, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Vertretung vor Behörden und Gerichten, Entgegennahme und Bearbeitung der den Aufgabenkreis betreffenden Post.

Die Klägerin hat beantragt,

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 06.03.2015 nicht beendet wurde;

2.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern ungekündigt fortbesteht;

3.

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Registratur- bzw. Verwaltungsfachangestellte in Vollzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Ferner hat die Klägerin im Termin vom 06.04.2016 (Bl. 222 d.A.) hilfsweise zum Antrag zu 3 den Antrag gestellt,

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen mit Tätigkeiten der Entgeltgruppe 5 TVöD in Vollzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Mit Urteil vom 06.04.2016 (Bl. 224 ff. d.A.) hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, selbst wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstelle, dass sie zum Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung geschäftsunfähig im Sinne des §§ 105 Abs. 2 BGB gewesen sei, habe sie das Recht, die Unwirksamkeit ihrer eigenen Kündigung gerichtlich feststellen zu lassen, verwirkt.

Gegen dieses der Klägerin am 13.05.2016 zugestellte Urteil hat diese am 10.06.2016 Berufung eingelegt und diese am 13.07.2016 begründet.

Die Klägerin hat weiter vorgetragen, seit ca. Anfang des Jahres 2015 habe sie ihre Medikamente zunächst unregelmäßig genommen und sodann völlig abgesetzt, was von Familienangehörigen bemerkt worden sei. Krankhafte Verhaltensweisen, geprägt von Verfolgungsängsten, seien ab Februar 2015 zu beobachten gewesen. Während dieses Schubes der paranoiden Schizophrenie habe sie, abgesehen von der Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses, mehrere Vertragsverhältnisse gekündigt. An die Beklagte habe sie sich nach ihrer Kündigung zeitnah mit weiterem Schreiben vom 12.03.2015 (Anl. K4, Bl. 305 ff. d.A.) und 08.04.2015 (Anlage K 18, Bl. 176 ff. d.A.) gewandt, auf die Bezug genommen wird. Ebenfalls im März 2015 habe sie die Einzugsermächtigung für die Mietzahlungen widerrufen, woraufhin ab April 2015 keine Miete mehr gezahlt worden sei und sogar die Beendigung des Mietverhältnisses der Klägerin gedroht habe, was schließlich jedoch durch die Betreuerin der Klägerin habe abgewendet werden können. Auch habe sie die Krankenversicherung für sich und ihre Tochter gekündigt. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Charlottenburg vom 27.07.2015 seien auf einen Antrag des Bruders der Klägerin, Herrn J. B., vom 23.02.2015 zurückgegangen. So habe sich etwa der Bruder auch mit Schreiben vom 09.03.2010 (Anlage K 21, Bl. 210 ff. d.A.) an das Amtsgericht Charlottenburg gewandt und im Einzelnen die krankheitsbedingten Verhaltensweisen der Klägerin geschildert. Im Mai 2015 sei es ua. zu fremdgefährdendem Verhalten der Klägerin in einer Bankfiliale gekommen, wie auch in der ärztlichen Stellungnahme zum Antrag auf Zwangsbehandlung vom 27.05.2015 (Anlage K 17, Bl. 170 ff. d.A.) geschildert worden sei. Am 23.05.2015 sei die Klägerin in stationäre Behandlung in der F. von B.-Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie aufgenommen worden.

Die Berufungsklägerin und Klägerin hat vor dem Landesarbeitsgericht in der Berufungsverhandlung vom 06.09.2016 beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.04.2016 – 21 Ca 16522/15 – abzuändern und

1.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 06.03.2015 nicht beendet wurde;

2.

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern ungekündigt fortbesteht.

im Falle des Obsiegens mit den Anträgen zu 1. und 2.

3.

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Registratur- bzw. Verwaltungsfachangestellte in Vollzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

Der Berufungsbeklagte und Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte Bundesinstitut hat das erstinstanzliche Urteil verteidigt.

Nach wie vor sei zu bestreiten, dass die Klägerin zum Zeitpunkt der Abgabe der Kündigungserklärung geschäftsunfähig im Sinne des § 105 Abs. 2 BGB gewesen sei. Die ärztlichen Stellungnahmen bezögen sich nicht genau auf den Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 06.03.2015. Die gutachterliche Äußerung vom 09.09.2015 formuliere in lediglich vermutender Weise, wenn es heiße: „ (…) gehen wir fest davon aus, dass (…) “. Die angeblichen und ausdrücklich zu bestreitenden Bekundungen der Geschwister und des ehemaligen Lebensgefährten sowie der Tochter der Klägerin seien nicht nur vage und ohne konkrete zeitliche Angaben und bereits deshalb unerheblich, sie stellten vielmehr auch hinsichtlich des gesundheitlichen Zustandes jeweils gesicherter medizinischer Beurteilung letztlich nur Vermutungen dar.

Das Kündigungsschreiben selbst sei ordentlich, sorgfältig und einwandfrei verfasst, an die zuständige Stelle gerichtet, und erlaube nicht den Rückschluss auf eine Geisteskrankheit. Das gelte auch für die konkreten Hinweise der Klägerin etwa bzgl. auf zu löschende Vertreterrechte. Schließlich hätten die Amtsgerichte Charlottenburg und Cottbus im März 2015 auch noch keinen Anlass zur Bestellung eines Betreuers für die Klägerin gesehen, die Bestellung sei erst mit Beschluss vom 27.07.2015 des Amtsgerichts Charlottenburg erfolgt.

Mit Urteil vom 06.09.2016 (Bl. 324 ff. d.A.) hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 06.04.2016 – 21 Ca 16522/15 – abgeändert und unter Klageabweisung hinsichtlich des weiteren allgemeinen Feststellungsantrags festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Klägerin vom 06.03.2015 nicht beendet wurde. Ferner hat es das beklagte Bundesinstitut verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Registratur- bzw. Verwaltungsfachangestellte in Vollzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen. In diesem Urteil ist insbesondere davon ausgegangen worden, dass die Eigenkündigung der Klägerin vom 06.03.2015 wegen vorübergehender Störung der Geistestätigkeit der Klägerin nichtig sei und die Klägerin auch nicht gehindert sei, diese Nichtigkeit geltend zu machen.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Revision des Beklagten vor dem 2. Senat des BAG ist insofern zunächst erfolgreich gewesen, als das BAG mit Urteil vom 21.09.2016, auf das Bezug genommen wird (Bl. 355 ff. d.A.), auf die Revision der Beklagten das Urteil des LAG vom 06.09.2016 aufgehoben hat und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen hat. Zwar habe die Klägerin nicht iSd. §§ 4,7 KSchG die Klage zu spät erhoben und die Klägerin habe ihr Recht auch nicht verwirkt. Nach Auffassung des BAG habe das LAG jedoch mit der gegebenen Begründung nicht annehmen dürfen, die Kündigung der Klägerin sei gem. § 105 Abs. 2 BGB wegen einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit nichtig. Die ärztliche Stellungnahme vom 09.09.2015 (Bl. 48 d.A.), wonach fest davon ausgegangen werde, dass zum Zeitpunkt der Kündigung (06.03.2015) krankheitsbedingt keine Geschäftsfähigkeit vorgelegen habe, bescheinige keinen medizinischen Befund und rechtfertige die Annahme des Vorliegens einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit nicht, auch in der Zusammenschau mit den vom Landesarbeitsgericht, das sich nicht auf eigene medizinische Sachkunde berufe, herangezogenen Umständen.

Im Anschluss an das Urteil des BAG vom 21.09.2017 trägt die Klägerin, die ihr Begehren hinsichtlich des Antrags zu 1 und des Weiterbeschäftigungsantrags wie im Termin vom 06.09.2016 weiterverfolgt, ua. noch vor, ihr Vorgesetzter, Herr H.-J. A., habe ebenfalls ab Januar 2015 eine deutliche Verhaltensänderung der Klägerin bemerkt und in einem ausführlichen Schreiben an das Amtsgericht Charlottenburg vom 16.03.2015 (Anl. K 34, Bl. 412 ff. d.A.), auf das sie Bezug nimmt, den Antrag des Bruders der Klägerin auf Bestellung eines Betreuers unterstützt. Hierin schildere er, dass sich nach Wiederaufnahme des Dienstes durch die Klägerin am 02.03.2015 die Situation in der Registratur zugespitzt habe und die Klägerin angefangen habe, Zugangsberechtigungen und eine Vielzahl von E-Mails zu löschen, so dass die Tätigkeit der Klägerin habe unterbunden werden müssen.

Die Klägerin gab ferner am 17.04.2018 zu Protokoll (Bl. 434 d.A.), sie habe Olanzapin genommen, wieviel könne sie nicht mehr genau sagen. Nach ihrem letzten Besuch bei Herrn Dr. P. am 22.12.2014 habe sie das Medikament dann nicht mehr genommen. Sie habe es zwischendurch zunächst immer mal nicht genommen und es sodann komplett abgesetzt. Sie schätze, dass es etwa im Januar/Februar 2015 gewesen sei, als sie es komplett abgesetzt habe.

Der Beklagte, der weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt, meint ua., soweit die Klägerin sich auf ein Schreiben ihres ehemaligen Vorgesetzten, Herrn A. beziehe, sei klarzustellen, dass es sich bei diesem Schreiben nicht um eine autorisierte Stellungnahme des Beklagten handele, sondern um dessen Privatmeinung. Herr A. sei als Leiter des Referats 15 zum damaligen Zeitpunkt nicht zuständig gewesen für Personalangelegenheiten. Er habe ohne Vertretungsmacht gehandelt und sei auch nicht sachverständig, sich über den Gesundheitszustand der Klägerin zu äußern.

Mit Nichtwissen bestreite der Beklagte ua. die – unsubstantiierten – Behauptungen der Klägerin, sie habe die Einzugsermächtigung für die Mietzahlungen ab April 2015 widerrufen und ihre eigene Krankenversicherung, wie auch die der Tochter.

Mit Nichtwissen bestreite er weiter, dass die Klägerin Ende 2014 nicht mehr in ärztlicher Behandlung gewesen sei und eigenmächtig Medikamente (welche?) abgesetzt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschriften beider Instanzen Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 24.04.2018 (Bl. 439 d.A.) hat die Kammer beschlossen, Beweis über die Behauptung der Klägerin zu erheben, sie habe sich am 06.03.2015 im Zustand der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befunden, durch Einholung eines fachpsychiatrischen Sachverständigengutachtens. Zum Sachverständigen bestellt hat die Kammer Herrn Professor Dr. M. D., ärztlicher Leiter der Gutachtenstelle, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus B. F.. Mit Schreiben vom 30.04.2018 (Bl. 441 ff. d.A.) ist der Sachverständige beauftragt und angeleitet worden, hierbei ist der Sachverständige in diesem Zusammenhang auch um Stellungnahme gebeten worden, ob und inwiefern es für die Frage einer möglicherweise fehlenden Geschäftsfähigkeit am 06.03.2015 aus medizinischer Sicht auf Vortrag der Klägerin im Termin vom 17.04.2018 in Bezug auf die Absetzung von Olanzapin ankomme.

Im Zusammenhang mit der Erstellung des Gutachtens ist die Klägerin am 08.08.2018 durch den Gutachter in der Klinik untersucht worden. Unter dem 24.08.2018 hat der Gutachter sein 51seitiges Gutachten erstattet (Bl. 455 ff. d.A.), worauf Bezug genommen wird. Der Gutachter gelangt abschließend zu dem Ergebnis (Bl. 505 d.A.) dass sich aus fachpsychiatrischer, gutachterlicher Sicht die zu Begutachtende mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einem Zustand der vorübergehenden Störung ihrer Geistestätigkeit am 06.03.2015 befunden habe.

Das Gutachten wird von den Parteien unterschiedlich bewertet. Während die Klägerin die behauptete vorübergehende Geschäftsunfähigkeit am 06.03.2015 bestätigt sieht, rügt der Beklagte, dass das Gutachten nicht unterscheide zwischen unstreitigen und zwischen den Parteien streitigen Umständen. So gehe der Sachverständige ohne weiteres davon aus, dass die Klägerin zum fraglichen Zeitpunkt nicht mediziert gewesen sei. Auch setze das Gutachten den Vortrag der Klägerin, dass andere Rechtsverhältnisse, wie die Krankenkasse der Klägerin (auch die Versicherung der Tochter) gekündigt worden seien bzw. dass das Mietverhältnis durch ausbleibende Mietzahlungen in Gefahr gebracht worden sei, als zutreffend und gegeben voraus. Nach diesem Befund sei das Gutachten ohne tragfähige Grundlage und damit nicht verwertbar.

Der Gutachter treffe auch keine konkrete Feststellung bezogen auf den Zeitpunkt 06.03.2015, was er damit zu erklären suche, dass ein psychisch erkrankter Mensch, der an einem systematischen Wahn leide, sich in der Regel nicht zum Zeitpunkt wahnhafter Handlungen psychiatrisch begutachten lasse. Damit werde der Klägerin im Ergebnis eine Beweiserleichterung zuerkannt, für die eine Grundlage nicht erkennbar sei. Selbst wenn das Gutachten nicht von vornherein unverwertbar sei, sei der Gutachter in einem Anhörungstermin im Einzelnen näher zu befragen.

Im Termin vom 18.12.2018 ist das Gutachten von allen Beteiligten ausführlich erörtert worden und der geladene Gutachter ist vom Gericht und den Parteien/Parteienvertretern befragt worden, auf das Protokoll der Sitzung (Bl. 543 ff. d.A.) wird Bezug genommen.

Des Weiteren ist im Termin vom 18.12.2018 auf der Grundlage eines im Termin verkündeten entsprechenden Beweisbeschlusses die Klägerin als Partei gemäß § 448 ZPO zu ihrer im Termin vom 17.04.2018 protokollierten Behauptung in Bezug auf die Absetzung von Olanzapin nach dem 22.12.2014 vernommen worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Parteieinvernahme wird auf Bl. 544 d.A. verwiesen.

Ferner ist im Termin vom 18.12.2018 auf der Grundlage eines im Termin verkündeten Beweisbeschlusses der Bruder der Klägerin, Herr J. B., vernommen worden zu der Behauptung der Klägerin, sie habe im März 2015 beispielsweise die Einzugsermächtigung für die Mietzahlungen ihrer Wohnung widerrufen, so dass sie ab April 2015 keine Miete mehr gezahlt habe und die Beendigung des Mietverhältnisses gedroht habe. Hinsichtlich des Ergebnisses dieser Zeugenvernahme wird auf Bl. 545 d.A. verwiesen.

Am Schluss der Sitzung des 18.12.2018 hat die Kammer den Beschluss verkündet, dass über die Behauptung der Klägerin Beweis erhoben werden solle, sie habe im März 2015 beispielsweise die Einzugsermächtigung für die Mietzahlungen ihrer Wohnung widerrufen, so das sie ab April 2015 keine Miete mehr gezahlt habe und die Beendigung des Mietverhältnisses gedroht habe, durch Vernehmung der Zeugin C. W., die gerichtlich zur Betreuerin der Klägerin bestellt ist. Die Vernehmung von Frau Rechtsanwältin W. fand am 26.02.2019 statt, hinsichtlich des Ergebnisses der Zeugenvernehmung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.02.2019 (Bl. 564 f. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist gem. §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG statthaft und frist- und formgerecht iSd. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung der Klägerin ist begründet. Der ursprünglich verfolgte (weitere) allgemeine Feststellungsantrag ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens (vgl. S. 3 des Urteils des BAG v. 21.09.2017, Bl. 356 d.A.; Protokoll vom 17.04.2018, 434 d.A.).

1.

Hinsichtlich des Feststellungsantrags zu 1, so wie er im Urteil des BAG v. 21.09.2017, Rn. 13, seine Auslegung gefunden hat (Bl. 356 R d.A.), ist die zulässige Klage begründet, so dass insoweit das arbeitsgerichtliche Urteil von 06.04.2016 entsprechend abzuändern ist.

Nachdem durch das Urteil des BAG vom 21.09.2017 geklärt worden ist, dass die §§ 4 S. 1, 7 KSchG dem Erfolg der Klage nicht entgegenstehen und die Klägerin das Recht, sich auf die Nichtigkeit ihrer Eigenkündigung zu berufen, nicht verwirkt hat, kam es nur noch darauf an, ob die Klägerin am 06.03.2015 ihre Kündigung in einem Zustand der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit iSd. § 105 Abs. 2 BGB abgegeben hat und daher die Kündigung nichtig ist.

Diese Frage ist nach Überzeugung des Berufungsgerichts deutlich zu bejahen.

a) Zu den im Urteil vom 06.09.2016 aufgeführten und bewerteten Umständen/Quellen, die für die Annahme einer vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit am 06.03.2015 sprechen, tritt noch die mit Schriftsatz vom 13.03.2018 eingereichte Stellungnahme der Fachvorgesetzen, Herrn Referatsleiter A., für das Betreuungsgericht hinzu (Anl. K34, Bl. 412 ff. d.A), die ebenfalls auf das Fehlen der Geschäftsfähigkeit am 06.03.2015 hinweist. In diesem Schriftsatz werden Verhaltensweisen der Klägerin beschrieben, die keinesfalls mehr als „normal“ zu bezeichnen sind, und dies im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Eigenkündigung der Klägerin. So schildert Herr A., dass die Klägerin offenbar ohne vernünftigen Grund die Berechtigungen des Zugangs zu dem System auch für ihre Kollegin und alle, die dort mal dort in der Registratur eingesetzt worden waren, löschte und so den Betrieb in der Registratur für geraume Zeit lahmlegte. Des Weiteren berichtet er, dass sie im weiteren Verlauf ohne vernünftigen Grund aus dem zu bearbeitenden Eingangsfach der E-Mails rund 45 Dokumente löschte, ohne diese bearbeitet zu haben (Bl. 415 d.A.), so dass die Klägerin nicht mehr in diesem Bereich habe eingesetzt werden können. Sofern der Beklagte hierzu einwendet, Herr A. sei als damaliger Fachvorgesetzter nicht befugt gewesen, derartige Erklärungen für den Beklagten abzugeben, so ändert dies nichts an den von ihm mitgeteilten Beobachtungen, die als solche und in der Sache von dem Beklagten nicht substantiiert bestritten werden.

b) Jedenfalls ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahmen hinreichend sicher davon auszugehen, dass die Klägerin sich am 06.03.2015 im Zustand der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand mit der Folge, dass ihre Eigenkündigung vom selben Tage nichtig ist.

Der Gutachter beantwortet die an ihn gestellte Beweisfrage deutlich bejahend, wenn er abschließend (S. 51, Bl. 505 d.A.) ausführt, die zu Begutachtende habe sich zum streitbefangen Zeitpunkt – also am 06.03.2015 – mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in einem Zustand der vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befunden. Nach der vom Gutachter verwendeten und auf S. 46 des Gutachtens (Bl. 500 d.A.) erläuterten Skala bedeutet das eine Wahrscheinlichkeit von über 95 %, bei 99 %, aber jedenfalls unter 99,8 % liegt. Dieser Grad an Wahrscheinlichkeit ist mehr als ausreichend zur hinreichend sicheren Beantwortung der Beweisfrage.

(1) Für die Kammer war es auch zur Einordnung der Beweisfrage und dessen Ergebnisses erforderlich, vom Fachgutachter zu erfahren, inwieweit eine fehlende Medikamenteneinnahme aus fachlicher Sicht den „Ausbruch“ einer schizophrenen Grunderkrankung begünstigt oder nicht, zumal das auch Thema zwischen den Parteien war (vgl. das gerichtliche Schreiben vom 30.04.2018, Bl. 443 d.A.). Diese Auskunft hat der Gutachter im Gutachten erteilt, indem er auf S. 37 (Bl. 491 d.A.) mitteilt, dass ein prognostisch günstiger Faktor für den Verlauf einer Schizophrenie eine konsequente medikamentöse Therapie darstellt, und dass ohne Behandlung mit antipsychotischen Medikamenten etwa 85 % der Schizophrenie-Patienten einen Rückfall erleiden, mit hingegen nur 15 %.

Diese Antwort zeigt die Relevanz der zwischen den Parteien streitigen Frage auf, ob die Klägerin vor dem 06.03.2015 in der von ihr im Protokoll vom 17.04.2018 beschriebenen Weise die ihr verordneten Medikamente nicht mehr genommen hat oder es doch getan hat, denn die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines schizophrenen Schubs steigt nach der Aussage des Fachgutachters um ein Vielfaches im Falle des eigenmächtigen Absetzens durch die Klägerin.

Für die Frage des eigenmächtigen Absetzens der verordneten Medikation hat die Klägerin Beweis angetreten durch Parteivernehmung (Bl. 399 d.A.). Dieser hat der Beklagte zwar widersprochen (Bl. 528 d.A.), sie war gem. § 448 ZPO aber gleichwohl durchzuführen, weil die Voraussetzungen dafür vorlagen.

Andere Beweismittel, die vorrangig auszuschöpfen waren (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 448 Rn.3) liegen nicht vor. Außerdem bestand eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der klägerischen Behauptung angesichts der schizophrenen Grunderkrankung der Klägerin und deren merkwürdigen Verhaltens, wie es beispielsweise etwa im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der in Rede stehenden Kündigung in dem Schreiben des Herrn A. an das Amtsgericht Charlottenburg vom 16.03.2015 zum Ausdruck kommt. Die Kammer konnte unter diesen Umständen das ihr zukommende Ermessen dahingehend ausüben, die Klägerin als Partei zu vernehmen (vgl. Zöller/Greger, ZPO, § 448 Rn. 4b). Die Beweisfrage ist von der Klägerin glaubhaft bestätigt worden.

Soweit der Beklagte dem Gutachten vorhält, es setze die Nichteinnahme der Medikamente seitens der Klägerin hier schon voraus (vgl. S. 48 des Gutachtens, Bl. 502 d.A.), was aber streitig sei, so gab der Gutachter insoweit im Termin eine Erklärung aus ärztlicher Sicht ab, indem er erklärte, er sei davon ausgegangen, dass die Klägerin während der zweiten Episode das Medikament nicht mehr genommen habe, weil es ihm nach dem psychiatrischen Verlauf plausibel gewesen sei, es habe keine Simulationstendenzen gegeben, und auch nach der Krankheitsanamnese (Protokoll v. 18.12.18, S. 543 d.A.). Da die Beweisaufnahme der Klägerin in diesem Punkt zum gleichen Ergebnis kam, nämlich dass die Klägerin ihre Medikamente geraume Zeit vor dem 06.03.2015 schon nicht mehr genommen hat, kann dem Gutachten insoweit nicht vorgehalten werden, es gehe in unzutreffender Weise von einem Abbruch der Medikation durch die Klägerin und damit von einer falschen Tatsache aus. Plastisch und nachvollziehbar schilderte der Gutachter hingegen den Zustand der Klägerin, indem er ausführte, er gehe davon aus, dass man den Zustand gleichsam als Crescendo bezeichnen könne und dass sich der Zustand nicht kurzfristig innerhalb einer Stunde oder eines Tages hin und her bewege, so dass er einen „lichten Moment“ hier ausschließen würde.

(2) Die Beklagte hält dem Gutachten ferner vor, es differenziere auch des Weiteren nicht zwischen streitigen und unstreitigen Tatsachen. So ordnet der Gutachter den von ihm angenommenen Wahn der Klägerin als im streitbefangenen Zeitpunkt nach Quellenlage und Exploration als hochakut und intensiv ein, was sich in realitätsverkennenden Handlungen auf allen Ebenen, auch rechtsgeschäftlichen gezeigt habe (vgl. Bl. 49 des Gutachtens, Bl. 503 d.A., wobei im Gutachten der Bezug zu unterschiedlichen Rechtsverhältnissen angesprochen wird, ua. der Bezug zur Wohnung der Klägerin [vgl. S. 9, 15, 49 o. des Gutachtens]).

Den hochakuten und intensiven Zustand zu der hier in Rede stehenden Zeit im Rahmen eines Verfolgungssystems (vgl. Bl. 50 des Gutachtens, Bl. 504) schließt der Gutachter also zum einen aus seiner ärztlichen Untersuchung der Klägerin und aus der Quellenlage. Diesbezüglich ist es – so wie die Beklagte es einwendet – zwar zutreffend, dass sie gerade auch die Kündigungen rechtsgeschäftlicher Beziehungen mit Nichtwissen bestritten hat, was zulässig war. Die Kammer sah es – für den Fall, dass es nicht ausreichen sollte, allein auf die vom Gutachter angesprochene ärztliche Einschätzung aufgrund der erfolgten Exploration abzustellen – für erforderlich an, auch Beweis über den drohenden Verlust der Wohnung zu erheben durch den Widerruf der Einzugsermächtigung durch die Klägerin. Denn dieses Handeln wird klägerseits gerade nicht in den Zusammenhang mit einem „normalen“ Wohnungswechsel gestellt, wie er beispielsweise vorläge, wenn eine Mieterin eine neue Wohnung gefunden hätte und sie daher ihre bisherige Wohnung kündigte, sondern in Zusammenhang mit einem wahnhaften Verfolgungssystem.

Soweit die Klägerin für den drohenden Verlust der Wohnung ihren Bruder als Zeugen benannt hat (vgl. Schrifts. v.13.03.2018, S. 13 o., Bl. 406 d.A.) wurde dieser zwar als präsenter Zeuge im Termin vom 18.12.2018 vernommen. Die Beweisaufnahme blieb jedoch unergiebig. Der Zeuge konnte nichts Genaues zu einem drohenden Verlust der Wohnung sagen, außer dass es auch schon vorher Probleme mit dem Vermieter gegeben habe. Er bestätigte ungenau, dass es schon andere Kündigungen, wie etwa zur AOK gegeben habe, auch seine Nichte Anna-Maria betreffend, konnte aber zu den Umständen und der Zeit nichts Verwertbares sagen („es war nicht 2013“, „es war nicht 2013 und auch nicht 2016“). Außerdem berichtete der Zeuge, dass es wohl im Dezember 2014 eine Nachricht des Vermieters gegeben habe, dass Renovierungsarbeiten zu erwarten seien, die Miete steigen werde und dass seine Schwester unzufrieden mit der Wohnung gewesen sei. In Hinblick auf ein Verhalten der Klägerin, das zu einem Verlust der Wohnung hätte führen können, gab es allerdings keine Aussagen mit Erkenntniswert durch den Zeugen.

Völlig anders war dies allerdings bei der Vernehmung der Zeugin C. W., die die gerichtlich bestellte Betreuerin der Klägerin ist und an deren Glaubwürdigkeit kein Anlass zu Zweifeln gegeben ist. Frau Rechtsanwältin W. hatte sich präzise auf ihre Vernehmung als Zeugin vorbereitet und sich in Vorbereitung des Termins von der Firma „Sch.-Immobilien“ das Schreiben der Klägerin vom 19.03.2015 faxen lassen, mit der die Klägerin die Einzugsermächtigung für die Miete zurückgezogen hatte. Weiter schilderte sie, wie sie in ihrer Funktion als Betreuerin Kontakt mit der Vermieterseite aufgenommen hatte und legte ein Antwortschreiben vom 30.06.2015 vor, sowie die Räumungsklage gegen die Klägerin vom 28.05.2015 und schilderte, wie sie durch Nachzahlung der Mietrückstände den Verlust der Wohnung habe abwenden können. Die Aussagen der Zeugin Rechtsanwältin W. waren präzise und glaubhaft.

Soweit die Zeugin – auch auf Nachfrage der Beklagtenseite – etwas über den von ihr vermuteten Gesundheitszustand im März 2015 erklärte, kam es darauf nicht an, dazu wurde die Zeugin W. nicht als Zeugin gehört.

Die Zeugin W. schilderte einen Widerruf der Einzugsermächtigung durch die Klägerin ohne einen irgendwie erkennbaren Grund. Rein vorsorglich, weil der Bruder der Klägerin in seiner Vernehmung erwähnt hatte, dass es ein Mieterhöhungsverlangen wohl im Dezember 2014 gegeben habe, Renovierungsarbeiten angestanden hätten und es auch schon früher Probleme und Unzufriedenheit mit der Wohnung gegeben habe, wurde die Zeugin W. seitens des Gerichts noch gefragt, ob ggf. der Widerruf der Einzugsermächtigung etwa wegen Unzufriedenheit über die Mietsituation erfolgt sei. Über diese Frage war die Betreuerin sichtbar erstaunt und sie sagte glaubhaft, dies sei ihr nicht bekannt, davon habe sie nie etwas gehört.

Ein solcher Zusammenhang zwischen der Mietsituation und dem (vollständigen) Widerruf der Einzugsermächtigung wäre auch höchst spekulativ und nicht naheliegend. Jemand, der mit dem Zustand der Mietsache nicht einverstanden ist, würde die Miete ggf. mindern, aber nicht die Einzugsermächtigung in Ganzen widerrufen und so ernsthaft sein Mietverhältnis gefährden, jedenfalls solange er noch keine neue Wohnung gemietet hat.

Die Kammer hatte daher davon auszugehen, dass die Klägerin die Einzugsermächtigung für ihre Wohnung ohne erkennbar nachvollziehbaren rationalen Grund im März 2015 widerrufen hat.

Wenn der Gutachter in seinem Gutachten also auch nach Quellenlage von einem Wahnsystem bei der Klägerin im März 2015 ausgeht, das dazu führte, dass sie nicht nur ihr Arbeitsverhältnis, sondern jedenfalls auch ein anderes wichtiges Rechtsverhältnis beendet hat, dann geht er jedenfalls im Kern nicht von unzutreffenden Tatsachen aus. Auf diesen zutreffenden Kern kommt es nach Überzeugung der Kammer an.

Zwar wurde klägerseits behauptet, dass auch noch andere Rechtsverhältnisse grundlos beendet worden seien, etwa die Mitgliedschaft zur AOK (auch der Tochter) oder die Stromversorgung, was teilweise auch im Gutachten aufgegriffen wird. Insoweit mangelt es aber an einem hinreichend konkreten Beweisantritt der Klägerseite, so dass dies im Unterschied zur Frage des Widerrufs der Einzugsermächtigung im Mietverhältnis nicht nachprüfbar ist. Darauf kommt es jedoch nicht an, da für Annahme der akuten psychotische Situation, von der der Gutachter im engen zeitlichen Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses im März 2015 ausgeht, jedenfalls der ebenfalls im März 2015 tatsächlich erfolgte Widerruf der Einzugsermächtigung im Mietverhältnis herangezogen werden kann. Damit geht der Gutachter im Kern von einer zutreffenden tatsächlichen Situation aus.

(3) Sofern die Beklagtenseite grundsätzlich einwendet, das Gutachten treffe keine konkreten Feststellungen für den 06.03.2015, sondern schließe lediglich aufgrund anderer Umstände auf den Geisteszustand der Klägerin an diesem Tage, womit der Klägerin eine unzulässige Beweiserleichterung zu Gute komme, konnte das nicht überzeugen.

Richtig ist, dass Störungen der Geistestätigkeit, die gemäß §§ 104, 105 BGB zur Geschäftsunfähigkeit führen, Ausnahmeerscheinungen sind und dass derjenige, der sich auf solche Störungen beruft, Tatsachen darlegen muss, aus denen sich Anhaltspunkte hierfür ergeben (BGH Urt. v. 20.6.1984 – IVa ZR 206/82, BeckRS 1984, 31071102, beck-online). Solche Anhaltspunkte wurden hier klägerseits in mehr als ausreichendem Maße vorgebracht. Diese Anhaltspunkte rechtfertigten die Beauftragung des Sachverständigen, die Parteivernehmung und die ergänzenden Zeugenvernehmungen, allesamt anerkannte Beweismittel des Strengbeweises (vgl. Zöller-Greger, ZPO, vor § 355 Rn. 2).

2. Der für den Fall des Obsiegens mit Antrag zu 1 gestellte zulässige Weiterbeschäftigungsantrag ist ebenfalls begründet. Dies ergibt sich aus den vom BAG entwickelten Grundsätzen zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag (BAG NZA 1985, 702), denen die Kammer folgt. Der im arbeitsgerichtlichen Verfahren im Kammertermin gestellte Hilfsantrag ist in der Berufungsinstanz nicht mehr gestellt worden (vgl. Bl. 275a d.A.).

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte als weitgehend unterlegene Partei zu tragen (§§ 91 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Dies umfasst auch die im Ergebnis erfolglos gebliebene Revision des Beklagten gegen das erste Urteil des LAG in dieser Rechtssache vom 06.09.2016 (§ 97 Abs. 1 ZPO).

IV. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 72 Abs. 2 ArbGG).

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