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Eigenmächtige Urlaubsverlängerung rechtfertigt keine fristlose Kündigung

Ein Taxifahrer aus Köln verliert seinen Job nach einem Streit um seinen Urlaub. Obwohl ihm das Landesarbeitsgericht Köln recht gab, dass die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt war, muss er seinen Arbeitsplatz trotzdem räumen. Der Grund: Das Gericht stufte die Kündigung als ordentliche Kündigung ein, die zum Verlust des Arbeitsplatzes führte.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
  • Datum: 20.03.2024
  • Aktenzeichen: 11 Sa 176/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren bezüglich der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Taxifahrer, der seit 2013 bei der Beklagten beschäftigt ist. Er argumentierte, dass ihm vier Wochen Urlaub genehmigt worden seien und dass die eigenmächtige Verlängerung des Urlaubs aufgrund eines medizinischen Notfalls geschah. Außerdem verwies er auf seine familiäre Verpflichtung und die bisher störungsfreie Dauer seines Arbeitsverhältnisses.
  • Beklagte: Ein Taxiunternehmen, das die Fristlose Kündigung aussprach. Sie behauptete, der Kläger habe nur drei Wochen Urlaub erhalten und die eigenmächtige Verlängerung stelle eine erhebliche Pflichtverletzung dar. Diese habe den Betriebsfrieden gestört und andere Mitarbeiter belastet.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger trat einen Urlaub an, über dessen Dauer Unklarheit zwischen den Parteien bestand. Während des Urlaubs meldete er sich krank und verlängerte ohne Genehmigung seinen Aufenthalt im Ausland. Daraufhin wurde ihm fristlos gekündigt.
  • Kern des Rechtsstreits: Ist die außerordentliche fristlose Kündigung des Klägers wegen eigenmächtiger Urlaubsverlängerung gerechtfertigt, oder müsste stattdessen eine ordentliche Kündigungsfrist eingehalten werden?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen. Die fristlose Kündigung wurde nicht bestätigt, sondern das Arbeitsverhältnis wurde zum 31.10.2022 unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet.
  • Begründung: Trotz einer möglichen Vertragspflichtverletzung des Klägers durch die eigenmächtige Verlängerung des Urlaubs war eine Abmahnung als mildere Maßnahme ausreichend. Die fristlose Kündigung stellte für den Kläger wegen seiner familiären Lage und der bisher störungsfreien Zusammenarbeit eine unverhältnismäßige Härte dar.
  • Folgen: Der Kläger behielt sein Gehalt bis zum 31.10.2022, und die Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde bestätigt. Die Revision gegen dieses Urteil wurde nicht zugelassen.

Urlaubsrecht im Fokus: Grenzen und Konsequenzen unzulässiger Urlaubsverlängerungen

Die Frage nach den Grenzen des Urlaubsrechts beschäftigt Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen. Urlaubsansprüche sind ein sensibler Bereich im Arbeitsrecht, bei dem individuelle Vereinbarungen und gesetzliche Regelungen oft komplexe Situationen schaffen.

Arbeitnehmer stehen dabei vor der Herausforderung, ihre persönlichen Bedürfnisse mit den betrieblichen Anforderungen in Einklang zu bringen. Unzulässige Urlaubsverlängerungen können schnell rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer belasten. Im Folgenden wird ein konkreter Gerichtsfall beleuchtet, der die rechtlichen Spielräume bei eigenmächtigen Urlaubshandlungen aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Streit um Urlaub kostet Taxifahrer den Job

Taxifahrer steht angespannt vor dem Schreibtisch seines Arbeitgebers mit abgelehntem Urlaubsantrag.
Eigenmächtige Urlaubsverlängerung und Kündigungsschutz | Symbolfoto: Flux gen.

Ein langjähriger Taxifahrer eines Kölner Unternehmens hat nach einer umstrittenen Urlaubsverlängerung seinen Arbeitsplatz verloren. Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte am 20. März 2024, dass die vom Arbeitgeber ausgesprochene fristlose Kündigung nur als Ordentliche Kündigung wirksam ist.

Umstrittene Urlaubszeit führt zu Kündigungsstreit

Der seit 2013 als Taxifahrer beschäftigte Familienvater trat am 27. Juni 2022 einen Urlaub in sein Heimatland an. Während der Arbeitgeber nach eigenen Angaben nur drei Wochen Urlaub genehmigt hatte, behauptet der Mitarbeiter, es seien vier Wochen bewilligt worden. Der monatliche Bruttolohn des Fahrers betrug 2.200 Euro. Nach Ablauf der drei Wochen meldete sich der Mitarbeiter krank und reichte Atteste aus seinem Heimatland für den Zeitraum vom 26. Juli bis 14. August 2022 ein. Der Arbeitgeber reagierte mit einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt.

Gericht sieht keine Rechtfertigung für fristlose Kündigung

Das Landesarbeitsgericht Köln bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz, wonach die fristlose Kündigung unverhältnismäßig war. Eine eigenmächtige Urlaubsverlängerung stelle zwar grundsätzlich einen wichtigen Kündigungsgrund dar, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Im konkreten Fall überwogen jedoch die Interessen des Arbeitnehmers. Das Gericht berücksichtigte dabei besonders die mehr als neunjährige, störungsfreie Beschäftigung sowie die familiäre Situation des dreifachen Familienvaters.

Betriebliche Gründe nicht ausreichend dargelegt

Das Gericht kritisierte die pauschale Begründung des Taxiunternehmens, als Kleinbetrieb in der Haupturlaubszeit nicht über einen längeren Zeitraum auf einen Fahrer verzichten zu können. Nach dem Bundesurlaubsgesetz müssen Arbeitgeber die Urlaubswünsche ihrer Mitarbeiter berücksichtigen und den Urlaub zusammenhängend gewähren, sofern keine dringenden betrieblichen Belange entgegenstehen. Das Unternehmen konnte nicht konkret darlegen, welche außerplanmäßigen Mehrbelastungen den anderen Fahrern entstanden waren oder welche Fahrdienste verschoben werden mussten.

Milderes Mittel wäre möglich gewesen

Die Richter sahen eine Abmahnung als ausreichende Reaktion an. Da es sich um ein steuerbares Verhalten handelte und keine vergleichbare Wiederholungsgefahr bestand, wäre diese mildere Maßnahme angemessen gewesen. Die eigenmächtige Urlaubsverlängerung stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Jahresurlaub im Heimatland. Das Arbeitsverhältnis endete somit nicht fristlos, sondern unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Oktober 2022.


Die Schlüsselerkenntnisse

„Das Gericht hat entschieden, dass eine eigenmächtige Urlaubsverlängerung zwar eine Pflichtverletzung darstellt, diese aber nicht automatisch eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Selbst bei einer unerlaubten Urlaubsüberschreitung muss eine Interessenabwägung erfolgen, bei der persönliche Umstände wie Betriebszugehörigkeit und familiäre Verpflichtungen berücksichtigt werden. Im konkreten Fall war der Beklagten eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie während Ihres Urlaubs durch unvorhergesehene Umstände wie Krankheit nicht rechtzeitig zurückkehren können, kann dies nicht automatisch zu einer fristlosen Kündigung führen. Wichtig ist, dass Sie Ihren Arbeitgeber umgehend über die Verzögerung informieren und entsprechende Nachweise (wie ärztliche Atteste) vorlegen. Ihre persönlichen Lebensumstände wie Familienstand, Unterhaltspflichten und langjährige Betriebszugehörigkeit können dabei zu Ihren Gunsten in die rechtliche Bewertung einfließen. Selbst wenn Sie einen Fehler gemacht haben, muss Ihr Arbeitgeber zunächst prüfen, ob eine ordentliche Kündigung ausreichend ist.

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Ungeplante Urlaubsverlängerung – droht die Kündigung?

Eine eigenmächtige Urlaubsverlängerung kann schnell zu Konflikten mit dem Arbeitgeber führen. Doch selbst wenn Ihnen ein Fehler unterlaufen ist, ist eine fristlose Kündigung nicht immer rechtens. Das Urteil zeigt, dass Ihre individuellen Lebensumstände und die Umstände des Einzelfalls eine entscheidende Rolle spielen. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte als Arbeitnehmer zu wahren und im Falle einer Kündigung die bestmögliche Lösung zu erzielen. Sprechen Sie uns an, um Ihre Situation vertraulich zu besprechen und rechtliche Klarheit zu gewinnen.

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Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen drohen bei eigenmächtiger Urlaubsverlängerung?

Eine eigenmächtige Urlaubsverlängerung stellt eine schwerwiegende Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar. Wenn Sie Ihren Urlaub ohne Genehmigung des Arbeitgebers verlängern, müssen Sie mit folgenden Konsequenzen rechnen:

Unmittelbare finanzielle Folgen

Für die Tage der eigenmächtigen Urlaubsverlängerung besteht kein Anspruch auf Vergütung. Der Arbeitgeber muss für diese Zeit weder Gehalt noch Urlaubsentgelt zahlen. Die nicht genehmigten Fehltage können auch nicht nachträglich als Urlaub deklariert werden.

Arbeitsrechtliche Maßnahmen

Der Arbeitgeber kann bei einer eigenmächtigen Urlaubsverlängerung verschiedene Sanktionen verhängen:

Abmahnung: In leichteren Fällen, besonders bei erstmaligem Fehlverhalten, wird der Arbeitgeber zunächst eine Abmahnung aussprechen. Dies gilt insbesondere dann, wenn keine vorherige Ablehnung des Urlaubswunsches vorlag.

Fristlose Kündigung: Eine eigenmächtige Urlaubsverlängerung kann eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen. Dies gilt besonders in folgenden Situationen:

  • Wenn Sie trotz ausdrücklicher Ablehnung des Urlaubsantrags nicht zur Arbeit erscheinen
  • Wenn Sie dem Arbeitgeber klar kommunizieren, dass Sie den Urlaub auf jeden Fall verlängern werden
  • Bei beharrlicher Arbeitsverweigerung

Besondere Umstände

Die Rechtsprechung berücksichtigt bei der Beurteilung verschiedene Faktoren:

  • Die Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Das bisherige Verhalten des Arbeitnehmers
  • Die konkreten Auswirkungen der Abwesenheit auf den Betrieb
  • Die Kommunikation mit dem Arbeitgeber während der Abwesenheit

Wenn Sie durch unvorhersehbare Umstände, wie etwa Flugausfälle, nicht rechtzeitig zurückkehren können, müssen Sie den Arbeitgeber umgehend informieren. In solchen Fällen ist das Fernbleiben nicht vorwerfbar, sofern Sie nachweislich keine Möglichkeit zur rechtzeitigen Rückkehr hatten.


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Wie sollten Arbeitnehmer bei notwendiger Urlaubsverlängerung rechtlich korrekt vorgehen?

Unverzügliche Mitteilung an den Arbeitgeber

Bei einer notwendigen Urlaubsverlängerung müssen Sie unverzüglich Ihren Arbeitgeber informieren. Die Mitteilung sollte dabei nachweisbar erfolgen, idealerweise schriftlich per E-Mail oder Fax mit Sendebestätigung.

Begründung der Verlängerung

Eine Urlaubsverlängerung ist nur bei dringenden persönlichen oder betrieblichen Gründen zulässig. Als dringende persönliche Gründe gelten:

  • Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit
  • Erkrankung eines zu pflegenden Angehörigen
  • Erkrankung des Lebensgefährten, mit dem der Urlaub verbracht werden sollte

Dokumentation und Nachweise

Bei krankheitsbedingter Verlängerung benötigen Sie eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab dem ersten Tag. Diese muss dem Arbeitgeber unverzüglich zugestellt werden. Bei Auslandsaufenthalt gelten besondere Mitteilungspflichten – informieren Sie Ihren Arbeitgeber über die längere Übermittlungsdauer.

Rechtliche Konsequenzen beachten

Eine eigenmächtige Urlaubsverlängerung ohne triftigen Grund oder ohne rechtzeitige Information kann arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Der übertragene Resturlaub muss grundsätzlich bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden. Dabei ist wichtig: Der gesamte übertragene Urlaub muss bis zu diesem Stichtag abgeschlossen sein – es reicht nicht aus, den Urlaub erst am Stichtag zu beginnen.


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Welche Rolle spielt die Dauer der Betriebszugehörigkeit bei Kündigungen wegen Urlaubsverstößen?

Grundsätzliche Bedeutung der Betriebszugehörigkeit

Die Dauer der Betriebszugehörigkeit ist ein entscheidender Faktor bei der rechtlichen Bewertung von Kündigungen wegen Urlaubsverstößen. Je länger ein Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt ist, desto höher sind die Anforderungen an eine Kündigung.

Auswirkungen auf die Art der Kündigung

Bei Urlaubsverstößen wie eigenmächtigem Urlaubsantritt ist eine fristlose Kündigung nur bei schwersten Pflichtverletzungen zulässig. Nach 10 Jahren störungsfreier Betriebszugehörigkeit müssen Arbeitgeber deutlich schwerwiegendere Fehltritte hinnehmen, bevor sie fristlos kündigen dürfen.

Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeit

Bei der Bewertung eines Urlaubsverstoßes muss eine umfassende Interessenabwägung erfolgen. Langjährige Mitarbeiter profitieren dabei von ihrer Betriebstreue. Ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund zeigt: Selbst bei einem eigenmächtigen längeren Urlaub ist zunächst eine Abmahnung als milderes Mittel erforderlich.

Konkrete Schutzwirkungen

Die Betriebszugehörigkeit bietet mehrere Schutzwirkungen:

  • Nach zwei Jahren Betriebszugehörigkeit verlängert sich die Kündigungsfrist auf einen Monat zum Monatsende
  • Bei Urlaubsstreitigkeiten muss der Arbeitgeber die lange Betriebszugehörigkeit in seiner Entscheidung berücksichtigen
  • Ein einmaliger Urlaubsverstoß rechtfertigt in der Regel keine fristlose Kündigung, wenn der Arbeitnehmer langjährig beschäftigt ist

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Was müssen Arbeitgeber bei der Ablehnung von Urlaubsverlängerungen beachten?

Arbeitgeber sind nach § 7 Abs. 1 BUrlG grundsätzlich verpflichtet, die Urlaubswünsche ihrer Mitarbeiter zu berücksichtigen. Eine Ablehnung von Urlaubsanträgen ist nur in zwei klar definierten Fällen möglich:

Dringende betriebliche Belange

Betriebliche Gründe müssen konkret und nachweisbar sein. Ein typisches Beispiel sind saisonale Hochphasen wie die Weihnachtszeit im Einzelhandel. Bloßer Personalmangel reicht als Begründung nicht aus.

Soziale Vorrangstellung anderer Mitarbeiter

Wenn Urlaubswünsche mehrerer Mitarbeiter kollidieren, können soziale Aspekte den Ausschlag geben. Dies ist etwa der Fall, wenn ein Mitarbeiter schulpflichtige Kinder hat und daher auf die Ferienzeiten angewiesen ist.

Formelle Anforderungen

Der Arbeitgeber muss eine Urlaubsablehnung hinreichend begründen. Fehlt eine ausreichende Begründung, kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Ein bloßes Schweigen auf den Urlaubsantrag stellt keine wirksame Ablehnung dar.

Bindungswirkung der Genehmigung

Wurde der Urlaub einmal genehmigt, ist der Arbeitgeber an seine Entscheidung gebunden. Eine nachträgliche Ablehnung ist auch dann nicht möglich, wenn sich später herausstellt, dass dringende betriebliche Gründe vorgelegen hätten. Selbst wenn der Arbeitgeber erst später feststellt, dass er den Urlaub aus betrieblichen Gründen hätte verweigern können, ist eine ablehnende Entscheidung nicht mehr möglich.


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Welche Bedeutung hat eine Abmahnung bei Urlaubsverstößen?

Die Abmahnung ist bei Urlaubsverstößen das zentrale Instrument zur Verhältnismäßigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Sie dient nicht als Strafe, sondern erfüllt eine wichtige Warn- und Dokumentationsfunktion.

Funktionen der Abmahnung

Bei Urlaubsverstößen erfüllt die Abmahnung drei wesentliche Funktionen: Sie dokumentiert das Fehlverhalten, rügt den Verstoß und spricht eine Warnung für zukünftiges Verhalten aus. Wenn Sie beispielsweise eigenmächtig Urlaub nehmen, wird durch die Abmahnung deutlich gemacht, dass dieses Verhalten einen Pflichtverstoß darstellt.

Voraussetzungen für eine wirksame Abmahnung

Eine Abmahnung muss bei Urlaubsverstößen unverzüglich erfolgen, idealerweise innerhalb von zwei Wochen nach dem Vorfall. Der Arbeitgeber muss dabei das Fehlverhalten konkret beschreiben und die möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen aufzeigen.

Verhältnis zur Kündigung

Eine Abmahnung ist vor einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Urlaubsverstößen grundsätzlich erforderlich. In besonderen Fällen kann eine Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt sein, etwa wenn der Arbeitnehmer trotz ausdrücklicher Ablehnung und Warnung eigenmächtig Urlaub antritt.

Nach einer Abmahnung muss dem Arbeitnehmer eine angemessene Bewährungszeit von mindestens vier Wochen eingeräumt werden. Erst wenn es danach zu weiteren gleichartigen Verstößen kommt, kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.

Besonderheiten bei wiederholten Verstößen

Bei mehrfachen Urlaubsverstößen ist jeder einzelne Verstoß separat abzumahnen. Die bloße Häufung verschiedener kleiner Verstöße macht eine Abmahnung nicht entbehrlich. Wenn Sie nach einer Urlaubsrückkehr beispielsweise verspätet zur Arbeit erscheinen, muss dies gesondert abgemahnt werden.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Fachbegriffe aus dem Arbeitsrecht

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Fristlose Kündigung

Eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund (§ 626 BGB). Sie ist nur zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen. Beispiele sind Diebstahl, Arbeitszeitbetrug oder schwerwiegende Pflichtverletzungen. Eine Interessenabwägung und vorherige Abmahnung sind in der Regel erforderlich.


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Ordentliche Kündigung

Die reguläre Form der Kündigung unter Einhaltung gesetzlicher oder vertraglich vereinbarter Kündigungsfristen (§ 622 BGB). Im Gegensatz zur fristlosen Kündigung muss hier kein wichtiger Grund vorliegen. Die Kündigungsfrist hängt von der Beschäftigungsdauer ab und soll dem Arbeitnehmer die Möglichkeit geben, sich neu zu orientieren. Bei einer 9-jährigen Beschäftigung beträgt die Frist beispielsweise 4 Monate.


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Abmahnung

Eine formelle Warnung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer wegen eines konkreten Fehlverhaltens (§ 314 Abs. 2 BGB). Sie dient als Hinweis auf den Pflichtverstoß und fordert eine Verhaltensänderung. Bei weiteren gleichartigen Verstößen drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung. Bei steuerbarem Verhalten ist eine Abmahnung vor einer Kündigung meist erforderlich. Beispiel: Verspätetes Erscheinen zur Arbeit.


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Dringende betriebliche Belange

Nachweisbare betriebliche Gründe, die den Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen können (§ 7 BUrlG). Diese müssen konkret dargelegt werden und können beispielsweise besondere Auftragssituationen, Personalengpässe oder saisonale Anforderungen sein. Sie spielen besonders bei der Urlaubsgewährung eine wichtige Rolle. Der Arbeitgeber muss die Gründe im Streitfall beweisen können.


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Interessenabwägung

Ein rechtliches Prüfungsverfahren, bei dem die Interessen beider Arbeitsvertragsparteien gegeneinander abgewogen werden. Bei Kündigungen werden dabei Faktoren wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten und Schwere des Verstoßes berücksichtigt. Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme muss gewahrt bleiben. Beispiel: Eine lange, störungsfreie Beschäftigung kann gegen eine fristlose Kündigung sprechen.


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Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)

Das zentrale Gesetz für Urlaubsansprüche von Arbeitnehmern in Deutschland. Es regelt den Mindestjahresurlaub, die Urlaubsdauer und die Grundsätze der Urlaubsgewährung. Nach § 7 BUrlG sind bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, außer dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer stehen entgegen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 626 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Dieser Paragraph regelt die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall prüft das Gericht, ob das Verhalten des Klägers, insbesondere die eigenmächtige Verlängerung des Urlaubs und die fragliche Arbeitsunfähigkeit, einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellt.
  • § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph legt die gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitsverhältnisse fest. Die Fristen variieren je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit und gelten sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer. Im Urteil wurde entschieden, dass die Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist erfolgen kann, was bedeutet, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis nicht fristlos, sondern mit Einhaltung der gesetzlichen Frist beendet hat.
  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): Das BUrlG regelt die Anspruchsgrundlagen und Gewährung von Erholungsurlaub für Arbeitnehmer. Es umfasst Bestimmungen zur Urlaubsgewährung, Genehmigung und möglichen Verlängerung des Urlaubszeitraums. Im Streitfall ging es darum, ob dem Kläger drei oder vier Wochen Urlaub genehmigt wurden, was maßgeblich für die Bewertung der Rechtmäßigkeit der Kündigung war.
  • Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG), § 5: Dieser Paragraph verpflichtet Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen, wenn sie arbeitsunfähig sind. Die Bescheinigung muss den Zeitraum der Krankheit abdecken und den Gesundheitszustand bestätigen. Die Beklagte bemängelte die vorgelegten ärztlichen Atteste des Klägers, da diese nicht als ordnungsgemäß angesehen wurden, was ein zentraler Streitpunkt im Fall war.
  • § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Grundsatz von Treu und Glauben: Dieser Grundsatz verpflichtet beide Vertragsparteien, in einer Weise zu handeln, die das Vertrauen und die berechtigten Erwartungen des jeweils anderen Teils wahrt. Im Kontext der Kündigung bedeutet dies, dass die Beklagte bei der Bewertung des Verhaltens des Klägers eine faire und ausgewogene Interessenabwägung vornehmen muss, um eine unverhältnismäßige Maßnahme wie eine fristlose Kündigung zu vermeiden.

Das vorliegende Urteil


Landesarbeitsgericht Köln – Az.: 11 Sa 176/23 – Urteil vom 20.03.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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