Skip to content

Energiepreispauschale – Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers – Rechtsweg Finanzgericht

Energiepreispauschale: Arbeitsgericht oder Finanzgericht zuständig?

Im Zentrum der rechtlichen Diskussion steht die Frage nach dem zuständigen Rechtsweg bei Ansprüchen, die sich aus spezifischen gesetzlichen Regelungen ergeben, hier am Beispiel der Energiepreispauschale. Ein Arbeitnehmer macht gegenüber seinem Arbeitgeber einen Zahlungsanspruch geltend, der auf Grundlage des Einkommensteuerrechts entsteht. Dies wirft die grundlegende Frage auf, ob solche Ansprüche unter die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte fallen oder ob sie aufgrund ihrer steuerrechtlichen Natur in den Bereich des Finanzrechts und somit in die Zuständigkeit der Finanzgerichte gehören. Die Klärung dieser Frage ist von entscheidender Bedeutung, da sie die Zugänglichkeit und das Verfahren für die Durchsetzung solcher Ansprüche direkt beeinflusst. Es handelt sich hierbei um eine Thematik, die sowohl arbeitsrechtliche als auch steuerrechtliche Komponenten beinhaltet und somit eine interdisziplinäre juristische Betrachtung erfordert.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Ta 240/23   >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigt, dass für den Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung einer Energiepreispauschale die Zuständigkeit beim Finanzgericht liegt, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.

Zentrale Punkte aus dem Urteil:

  1. Zurückweisung der sofortigen Beschwerde: Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf weist die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf zurück.
  2. Kosten des Verfahrens: Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Streitwertfestsetzung: Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100,00 EUR festgelegt.
  4. Rechtswegabgrenzung: Das Arbeitsgericht ist nicht zuständig für den Anspruch des Klägers auf die Energiepreispauschale, da es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.
  5. Anspruchsgrundlage: Die relevante Anspruchsgrundlage ist in den §§ 112 ff., 117 EStG (Einkommensteuergesetz) verankert.
  6. Rolle des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber fungiert lediglich als „Zahlstelle“ für die Energiepreispauschale und ist nicht der eigentliche Anspruchsgegner, was die öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs unterstreicht.
  7. Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde: Das Gericht lässt eine Rechtsbeschwerde nicht zu, da die Grundsätze zur Rechtswegabgrenzung bereits geklärt sind.
  8. Öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs: Die Entscheidung betont, dass Streitigkeiten über die Energiepreispauschale dem öffentlichen Recht, insbesondere dem Steuerrecht, zuzuordnen sind.

Streit um die Zuständigkeit bei der Energiepreispauschale

Der vorliegende Fall dreht sich um den Anspruch eines Arbeitnehmers auf die Zahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300,00 Euro brutto für das Jahr 2022. Die rechtliche Auseinandersetzung entstand aus der Frage, ob Arbeitsgerichte oder Finanzgerichte für diesen Anspruch zuständig sind. Der Kläger, ein Arbeitnehmer eines Unternehmens im Bereich Geld- und Werttransport, forderte von seinem Arbeitgeber die Zahlung dieser Pauschale, die gemäß §§ 112 ff., 117 EStG (Einkommensteuergesetz) für das Jahr 2022 vorgesehen ist. Das Arbeitsgericht Düsseldorf erklärte sich jedoch für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Finanzgericht Düsseldorf. Der Kläger legte gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein, da er der Meinung war, dass es sich um eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber handele und somit die Arbeitsgerichte zuständig seien.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf entschied jedoch, dass die sofortige Beschwerde des Klägers nicht begründet sei und wies diese zurück. Das Gericht führte aus, dass für die Bestimmung des zuständigen Rechtswegs die Rechtsnatur des Streitgegenstandes maßgeblich sei. In diesem Fall war der Streitgegenstand die Energiepreispauschale, die durch die Normen der §§ 112 ff., 117 EStG geregelt wird. Diese Normen sind Teil des öffentlichen Rechts, genauer des Einkommensteuerrechts, und prägen damit die Rechtsfolge der Zahlung der Energiepreispauschale. Das Gericht stellte fest, dass der Arbeitgeber mit der Auszahlung der Pauschale keine Verpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis erfüllt, sondern eine ihm durch das Steuerrecht auferlegte Zahlungsverpflichtung. Der Arbeitgeber agiert somit lediglich als Zahlstelle der Finanzverwaltung, was bedeutet, dass es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt und nicht um eine bürgerlich-rechtliche.

Rechtswegabgrenzung und Konsequenzen

Aufgrund dieser Feststellungen entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf, dass für den Rechtsstreit über die Energiepreispauschale der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO (Finanzgerichtsordnung) eröffnet ist. Demnach sind die Finanzgerichte zur Entscheidung der Streitigkeit berufen. Das Gericht verwies auch auf frühere Entscheidungen, die bestätigten, dass die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht über § 2 Abs. 3 ArbGG begründet werden kann, wenn es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit handelt.

Bedeutung des Falles für die Rechtswegzuständigkeit

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens wurden dem Kläger auferlegt, und der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wurde auf 100,00 Euro festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde wurde vom Gericht nicht zugelassen, da die maßgeblichen Grundsätze zur Rechtswegabgrenzung bereits höchstrichterlich geklärt sind.

Dieser Fall ist ein wichtiges Beispiel für die Komplexität der Rechtswegzuständigkeit, insbesondere in Fällen, in denen die Grenzen zwischen bürgerlichem Recht und öffentlichem Recht verschwimmen. Er unterstreicht die Bedeutung des Verständnisses der rechtlichen Natur von Ansprüchen und der entsprechenden Rechtsgebiete, um den angemessenen Rechtsweg zu bestimmen.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Welche Rolle spielt der Arbeitgeber bei der Auszahlung von Leistungen wie der Energiepreispauschale im Kontext des Steuerrechts?

Im Kontext des Steuerrechts spielt der Arbeitgeber eine wichtige Rolle bei der Auszahlung von Leistungen wie der Energiepreispauschale. Die Energiepreispauschale ist eine einmalige Zahlung von 300 Euro, die im Jahr 2022 in Deutschland eingeführt wurde, um die finanziellen Belastungen der Verbraucher durch gestiegene Energiepreise abzumildern.

Arbeitgeber sind dafür verantwortlich, die Energiepreispauschale an ihre Arbeitnehmer auszuzahlen. In der Regel erfolgt die Auszahlung mit der Lohnabrechnung für September. Die Pauschale wird mit der Lohnsteuer verrechnet, sodass der Arbeitgeber weniger Lohnsteuer an das Finanzamt abführt. Bei der Auszahlung der Energiepreispauschale im September erfolgt eine Verrechnung mit der Lohnsteuer-Anmeldung am 10. September für August 2022.

Für Arbeitgeber bedeutet die Energiepreispauschale und die rückwirkende Erhöhung des Grundfrei- und des Werbungskostenpauschbetrags zusätzliche Arbeit und einen nicht unerheblichen bürokratischen Aufwand. Die Energiepreispauschale ist sozialabgabenfrei, aber steuerpflichtig.

Selbstständige erhalten die Energiepreispauschale über eine Verringerung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen. Die Pauschale ist steuerpflichtig und sozialversicherungsfrei.

Wenn ein Arbeitnehmer vor dem 1. September aus einem Dienstverhältnis ausscheidet und keine neue Arbeit beginnt, kann er sich die Energiepreispauschale über die persönliche Einkommensteuererklärung sichern.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Düsseldorf – Az.: 3 Ta 240/23 – Beschluss vom 05.10.2023

I. Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 23.08.2023 gegen den Rechtswegbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 03.08.2023 – Az.: 10 Ca 3539/23 – wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 100,00 EUR festgesetzt.

IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten in dem aus dem vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf fortgeführten Rechtsstreit zu dem Az.: 10 Ca 1026/23 durch Beschluss vom 03.08.2023 abgetrennten Verfahren über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300,- EUR brutto gemäß §§ 112 ff., 117 EStG für das Jahr 2022 und in diesem Zusammenhang vorab über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten.

Der Kläger, geboren am 02.05.1972, ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Geld- und Werttransportbranche mit Sitz in Ratingen, bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit Dezember 1996 in einem Arbeitsverhältnis mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von zuletzt 4.451,64 EUR beschäftigt.

Mit dem vorliegenden, aus dem Rechtsstreit 10 Ca 1026/23 abgetrennten Verfahren verfolgt der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Energiepreispauschale in Höhe von 300,00 EUR brutto nebst Zinsen für das Jahr 2022.

Mit Beschluss vom 03.08.2023 hat das Arbeitsgericht Düsseldorf den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Finanzgericht Düsseldorf verwiesen und sich zur Begründung die Ausführungen einer entsprechenden Rechtswegentscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca 1849/22 – zu eigen gemacht.

Der Beschluss ist dem Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten am 09.08.2023 zugestellt worden. Mit am 23.08.2023 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangener Beschwerdeschrift vom gleichen Tage hat er sofortige Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt.

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe seine Unzuständigkeit rechtsirrig angenommen. Es liege entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber vor. Nach § 117 Abs. 1 EStG sei die Zahlungsgrundlage als Anspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber ausgestaltet. Diese privatrechtliche Struktur des Anspruchs ändere sich nicht dadurch, dass der Anspruch im EStG geregelt sei. Voraussetzung des Anspruchs sei ein erstes Arbeitsverhältnis und damit ein privatrechtliches Verhältnis. Dass der Arbeitgeber bloße Zahlstelle des Finanzamtes und nicht Anspruchsgegner sei, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Kläger streite hier auch nicht mit der Finanzverwaltung, sondern mit seinem Arbeitgeber.

Mit Beschluss vom 07.09.2023, wegen dessen Begründung auf Blatt 27 f. der Akte Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß §§ 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, 48 Abs. 1, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff ZPO statthaft und ist auch im Übrigen zulässig. Insbesondere ist sie form- und fristgerecht innerhalb von zwei Wochen nach der am 09.08.2023 erfolgten Zustellung des Beschlusses vom 03.08.2023 am 23.08.2023 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 ZPO eingelegt worden.

2. Die sofortige Beschwerde ist allerdings nicht begründet. Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat seine Zuständigkeit zu Recht und mit zutreffender Begründung verneint. Für die von dem Kläger hier geltend gemachte Energiepreispauschale nach §§ 112 ff., 117 EStG ist nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO der Finanzrechtsweg eröffnet. Eine Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte nach § 2 ArbGG ist daneben nicht begründbar.

Im Einzelnen:

a.Maßgeblich für die Bestimmung des Rechtsweges ist die Rechtsnatur des Streitgegenstandes. Der Streitgegenstand wird durch den Klageantrag, in dem sich die von dem Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die Rechtsfolge herleitet, bestimmt. Erfasst werden alle materiell-rechtlichen Ansprüche bzw. Anspruchsgrundlagen, die sich im Rahmen des gestellten Antrags aus dem dem Gericht zur Entscheidung vorgetragenen Lebenssachverhalt herleiten lassen (BVerwG vom 01.06.2022 – 3 B 29/21, juris, Rz. 7 m.w.N.). Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. In Fällen, in denen der Klageanspruch auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Anspruchsgrundlagen gestützt ist, ist das angerufene Gericht daher zuständig, sofern nur der Rechtsweg für eine von ihnen gegeben ist. Erforderlich und ausreichend ist, dass zumindest für einen der nach dem Klagevorbringen bei objektiver Würdigung in Betracht kommenden Klagegründe der beschrittene Rechtsweg eröffnet ist. Dabei nicht zu berücksichtigen sind Anspruchsgrundlagen, die offensichtlich nicht einschlägig sind (BVerwG vom 01.06.2022 – 3 B 29/21, juris, Rz. 7 m.w.N. zur ständigen Rspr aller Gerichtsbarkeiten).

Die Gerichte für Arbeitssachen sind nach § 2 ArbGG allein für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten mit dem dort jeweils näher geregelten arbeitsrechtlichen Bezug zuständig. Ob eine Streitigkeit bürgerlich-rechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Art ist, richtet sich nicht allein nach den am Rechtsstreit beteiligten Rechtsträgern. Wenn die Beteiligten einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit auch regelmäßig in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen mögen und sich der Träger hoheitlicher Gewalt der besonderen Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient, kann gleichwohl aus einem Gleichordnungsverhältnis der Prozessparteien noch nicht ohne weiteres auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden (GmS-OBG vom 10.04.1986 – GmS-OBG 1/85, juris, Rz. 11). Entscheidend für die Abgrenzung ist vielmehr die Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmS-OBG vom 10.04.1986 – GmS-OBG 1/85, juris, Rz. 10; BAG vom 01.03.2022 – 9 AZB 25/21, juris, Rz. 13; BAG vom 19.08.2008 – 5 AZB 75/08, juris, Rz. 6). Maßgebend ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Arbeitsrechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (BAG vom 01.03.2022 – 9 AZB 25/21, juris, Rz. 13; BAG vom 07.05.2013 – 10 AZB 8/13, juris, Rz. 7; BAG vom 05.10.2005 – 5 AZB 27/05, juris, Rz. 13; ebenso BFH vom 04.09.2008 – VI B 108/07, juris, Rz. 5).

b.Danach kommen hier für die Klage auf Zahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300,00 EUR brutto nebst Zinsen als relevante Anspruchsgrundlage allein die von dem Kläger auch in Anspruch genommenen Normen der §§ 112 ff., 117 EStG in Betracht.

Andere Anspruchsgrundlagen, speziell solche bürgerlichen Rechts, die die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a) ArbGG begründen könnten, kommen ersichtlich nicht in Betracht und werden auch nicht geltend gemacht. Insbesondere berühmt sich der Kläger keiner gesonderten vertraglichen Vereinbarung zur Zahlung der begehrten Energiepreispauschale. Er beruft sich allein auf die gesetzlichen Regelungen der §§ 112 ff. EStG, deren Anspruchsvoraussetzungen er erfülle, und darauf, dass nach § 117 EStG die Beklagte als sein Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet sei.

Der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt – hier: das Bestehen eines ersten Arbeitsverhältnisses zur Beklagten am 01.09.2022 und die Einreihung des Klägers in eine der Steuerklassen 1-5 (vgl. § 117 Abs. 1 EStG) – wird für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge der Zahlung einer Energiepreispauschale in Höhe von 300,00 EUR gemäß § 112 EStG ausschließlich von Rechtssätzen des Einkommensteuerrechts und damit solchen des öffentlichen Rechts geprägt. Die Energiepreispauschale betrifft einen Anspruch aus dem – öffentlich-rechtlich geprägten – Steuerschuldverhältnis des anspruchsberechtigten Arbeitnehmers (so schon mit eingehender Begründung zutreffend AG Aschaffenburg vom 07.11.2022 – 654 IK 298/21, juris, Rz. 17 ff., 24 m.w.N.), nicht einen solchen aus dessen Arbeitsverhältnis. Es gibt, wie das Arbeitsgericht Lübeck bereits völlig zutreffend formuliert hat, keinen Rechtssatz des bürgerlichen (Arbeits-)Rechts, der die Frage beantworten könnte, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen die Energiepreispauschale an Arbeitnehmer auszuzahlen ist (ArbG Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca 1849/22, juris, Rz. 8).

Der Arbeitgeber erfüllt mit der Auszahlung der Energiepreispauschale keine aus dem Arbeitsverhältnis herrührende Verpflichtung (ArbG Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca 1849/22, juris, Rz. 9), sondern eine ihm gesetzlich auferlegte, dem Steuerrecht entstammende Zahlungsverpflichtung, die allein als Anspruchsvoraussetzung ein am 01.09.2022 bestehendes, lohnsteuerpflichtiges Erstarbeitsverhältnis verlangt. Er trägt deshalb auch nicht die Kosten der Pauschale, sondern kann diese vom Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer entnehmen bzw. erhält, falls der Gesamtbetrag der einzubehaltenden Lohnsteuer nicht zur Kompensation ausreicht, eine verbleibende Differenz vom Finanzamt erstattet; das folgt aus § 117 Abs. 2 Satz 2 EStG (vgl. auch Schmidt/Krüger, EStG, 42. Auflage, § 117 Rn. 1). Mithin fungiert der Arbeitgeber hier gegenüber den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern lediglich als „Erfüllungsgehilfe“ (so Endert, Praxisfragen der Energiepreispauschale, DStR 2022, 1744, 1749) bzw. „Zahlstelle“ (so nicht minder zutreffend BeckOKArbR/Clemens, ArbGG, 68. Ed. (Stand: 01.06.2023), § 2 Rn. 17) der Finanzverwaltung. Für solche Fälle der Inanspruchnahme des Arbeitgebers als Zahlstelle öffentlich-rechtlicher Hoheitsträger auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Normen ist anerkannt, dass hinsichtlich entsprechender Zahlungsansprüche keine bürgerliche Rechtsstreitigkeit, sondern eine solche öffentlich-rechtlicher Natur vorliegt (so zur „Corona-Prämie“ bereits BAG vom 01.03.2022 – 9 AZB 25/21, juris, Rz. 16; für die Energiepreispauschale konsequent ebenso ArbG Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca 1849/22, juris, Rz. 6 ff.; BeckOKArbR/Clemens, ArbGG, 68. Ed. (Stand: 01.06.2023), § 2 Rn. 17; Horstmann in: Brandis/Heuermann, Ertragssteuerrecht, 167. EL (Stand: Mai 2023), § 120 EStG Rn. 11).

c.Die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte kann schließlich nicht über § 2 Abs. 3 ArbGG im Hinblick auf das noch vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf zu dem Az. 10 Ca 1026/23 anhängige, unstreitig eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit betreffende Verfahren begründet werden. Denn Voraussetzung für eine Rechtswegbegründung über § 2 Abs. 3 ArbGG ist, dass nicht nur die anhängige Hauptklage, sondern auch die Zusammenhangsklage eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit ist. Auf öffentlich-rechtliche Streitigkeiten ist § 2 Abs. 3 ArbGG nicht anwendbar (LAG Düsseldorf vom 21.08.2020 – 3 Ta 202/20, juris, Rz. 39; ErfK/Koch, 23. Auflage, § 2 ArbGG Rn. 29; HWK/Kalb, 10. Auflage, § 2 ArbGG Rn. 133; Walker in: Schwab/Weth, ArbGG, 6. Auflage, § 2 Rn. 208 m.w.N.; im Ergebnis ebenso BAG vom 04.09.2018 – 9 AZB 10/18, juris, Rz. 30 ff.).

d.Zur Entscheidung der öffentlich-rechtlichen Streitigkeit sind die Finanzgerichte nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO berufen. Danach ist der Finanzrechtsweg gegeben in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen. Unter Abgabenangelegenheiten sind alle mit der Verwaltung der Abgaben oder sonst mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten zu verstehen, § 33 Abs. 2 FGO. Der Begriff ist weit zu verstehen und erfasst auch Fälle, in denen nicht eine (Finanz-) Behörde, sondern der Arbeitgeber als Zahlstelle der Behörde in Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften in Anspruch genommen wird, soweit der Rechtsstreit durch spezifisch steuerrechtliche Fragen bestimmt wird (Gräber/Herbert, FGO, 9. Auflage, § 33 Rn. 30 m.w.N.). Vor dem Hintergrund, dass die Zahlungspflicht der Beklagten allein den einkommensteuerrechtlichen Regelungen der §§ 112 ff. EStG unterworfen ist und sich allein nach diesen und nicht nach arbeitsrechtlichen Regeln richtet, liegt eine Abgabenangelegenheit vor. Dem entspricht die aus § 120 Abs. 1 EStG folgende Zuordnung durch den Gesetzgeber (vgl. auch insoweit zutreffend bereits ArbG Lübeck vom 01.12.2022 – 1 Ca 1849/22, juris, Rz. 12). Die §§ 112 ff. EStG betreffen lohnsteuerrechtliche Regelungen. Streitigkeiten über die Anwendung dieser Normen betreffen damit die Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften, hier durch die Beklagte als Erfüllungsgehilfe bzw. Zahlstelle der Finanzverwaltung. Auch wenn der Anwendungsbereich des § 120 Abs. 2 EStG mangels eines Verwaltungsakts der Finanzbehörden nicht unmittelbar eröffnet ist, zeigt die Regelung die gesetzgeberische Intention der Zuweisung der mit der Energiepreispauschale zusammenhängenden öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten zur Finanzgerichtsbarkeit und nicht etwa zur Sozial- oder Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die im EStG normierten Regelungen zur Energiepreispauschale schließlich folgt aus Art. 105 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. Art. 106 Abs. 3 GG. Damit liegen die Voraussetzungen für die Rechtswegzuständigkeit der Finanzgerichte aus § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO vor.

Die örtliche Zuständigkeit des FG Düsseldorf ist in Anwendung der in der Entscheidung des BFH vom 10.11.2020 (XI S 17/20, juris, Rz. 11 ff.) niedergelegten Grundsätze gegeben. Denn sowohl die Beklagte hat ihren Sitz in dessen Zuständigkeitsbezirk als auch das zuständige Finanzamt, als dessen Zahlstelle die Beklagte bei der Zahlung der Energiepreispauschale fungiert. Die Regelung des § 38 FGO gelangt mangels Behörde als Klagegegner nicht unmittelbar zur Anwendung, vielmehr dürfte ein Fall des § 39 Abs. 1 Nr. 5 FGO vorliegen. Die Zuweisung des Rechtsstreits zum Finanzgericht Düsseldorf bindet dieses allerdings ohnehin lediglich hinsichtlich der Rechtswegentscheidung, nicht zur örtlichen Zuständigkeit, § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos betriebenen Beschwerdeverfahrens zu tragen.

IV.

Der Streitwert beträgt für das Beschwerdeverfahren nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammer 1/3 des Hauptsachestreitwertes, beruhend auf den klägerseits gemachten Angaben. Der Hauptsachestreitwert beträgt nach Maßgabe der verfolgten Klageforderung 300,00 EUR. Daraus folgt die Wertfestsetzung in Höhe von 100,00 EUR für das Beschwerdeverfahren.

V.

Die Rechtsbeschwerde wird mangels dies nach § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG rechtfertigender Gründe nicht zugelassen. Der Sache kommt insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn die hier maßgeblichen Grundsätze zur Rechtswegabgrenzung sind höchstrichterlich durch die vorstehend wiedergegebenen Entscheidungen geklärt und werden lediglich auf einen weiteren Fall einer öffentlich-rechtlich ausgestalteten Leistung, bei der der Arbeitgeber als „Zahlstelle“ durch den Staat verpflichtet wird, angewandt.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!