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Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle – Berechnung

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 4 Sa 188/15 – Urteil vom 19.10.2016

I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5.3.2015 – 7 Ca 4406/14 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen in Ziffer 1. des Urteilstenors wie folgt abgeändert:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Arbeitsvergütung für die Monate August bis Oktober 2014 in Höhe von 7.426,20 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus 2.511,10 € seit dem 16.9.2014, aus 2.511,10 € seit dem 16.10.2014 und aus 2.403,90 € seit dem 16.11.2014.

b) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger für November 2014 2.284,45 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.12.2014.

c) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.215,20 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.1.2015.

d) Die weitergehende Zahlungsklage wird abgewiesen.

II. Der Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren über Arbeitsvergütungsansprüche und einen Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers.

Von einer Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen streitigen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 12.03.2015 (Bl. 106 – 111 d.A.).

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 7.426,20 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 2.511,10 EUR brutto seit dem 01.09.2014, aus einem Betrag von 2.511,20 EUR seit dem 01.10.2014 sowie aus 2.403,90 EUR seit dem 01.11.2014 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.284,45 EUR brutto nebst fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen,

3. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.285,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 13.01.2015 zu zahlen,

4. den Beklagten zu verurteilen, ihm die Steuerbescheinigung des Jahres 2014 sowie die Abmeldung zur Sozialversicherung zum 30.11.2014 auszuhändigen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 05.03.2015 insgesamt stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 7 – 11 dieses Urteils (Bl. 111 – 115 d.A.) verwiesen.

Gegen das ihm am 01.04.2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21.04.2015 Berufung eingelegt und diese am 29.05.2015 begründet.

Der Beklagte macht im Wesentlichen geltend, der vom Kläger geltend gemachte Bruttolohnanspruch für die Monate August bis Oktober 2014 über insgesamt 7.426,20 € bestehe nicht, da er – der Beklagte – die hierauf entfallende Lohnsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag sowie die Sozialversicherungsbeiträge ordnungsgemäß abgeführt habe. Was die Nettolohnansprüche des Klägers für die betreffenden Monate angehe, so seien diese – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – durch die erfolgten Barauszahlungen erfüllt. Soweit das Arbeitsgericht die Auffassung vertrete, dass er – der Beklagte – in Bezug auf die geleisteten Barzahlungen beweisfällig geblieben sei, so könne dem nicht gefolgt werden. Die Zahlungen seien bereits erstinstanzlich durch die Benennung von Zeugen und durch Vorlage der entsprechenden Kassenerfassung unter Beweis gestellt worden. Soweit der Kläger behaupte, die Barzahlungen vom 11.09.2014 und vom 04.10.2014 beträfen seinen seinerzeit noch offenen Lohn für den Monat Juli 2014, so sei dies unzutreffend. Der Lohn für den Monat Juli 2014 sei dem Kläger bereits am 28.08.2014 mit 1.000,00 € sowie am 30.08.2014 mit weiteren 1.002,81 € in bar ausgehändigt worden. Da der Kläger die an ihn erfolgten Barzahlungen mit Ausnahme derjenigen vom 04.10.2014 allesamt bestritten habe, hätte das Arbeitsgericht die diesbezüglich angebotenen Beweise erheben müssen. Was den Entgeltfortzahlungsanspruch des Klägers für November 2014 betreffe, so sei zu berücksichtigen, dass die Nachtzuschläge sowie auch die pauschalen Fahrtkosten nicht zu berücksichtigen seien. Ein diesbezüglicher Anspruch bestehe nur, soweit diese Zuschläge bzw. Fahrtkosten tatsächlich angefallen seien. Die Lohnabrechnung für November 2014 sei daher nicht zu beanstanden. Im Hinblick auf den geltend gemachten Urlaubsabgeltungsanspruch sei – wie bereits erstinstanzlich – auszuführen, dass der Kläger, wie unter Beweis gestellt, im Jahr 2014 bereits 19 Urlaubstage erhalten habe.

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Beklagten wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 29.05.2015 (Bl. 148 – 151 d.A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt (sinngemäß), das erstinstanzliche Urteil teilweise abzuändern und die Klage auf Zahlung von Restlohn für die Monate August 2014 bis Oktober 2014 in Höhe von 7.426,20 € brutto nebst Zinsen, auf Zahlung von Arbeitsvergütung für November 2014 in Höhe von 2.284,45 € brutto nebst Zinsen sowie auf Zahlung weiterer 2.285,00 € brutto nebst Zinsen abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe seiner Berufungserwiderungsschrift vom 18.06.2015 (Bl. 168 – 170 d.A.), auf die Bezug genommen wird.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 19.10.2016 (Bl. 194 f d.A.) durch Vernehmung der Zeugen C. und C.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19.10.2016 (Bl. 193 ff d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch nur zu einem ganz geringen Teil Erfolg.

II.

Die Zahlungsklage ist ganz überwiegend begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate August bis Oktober 2014 in Höhe von insgesamt 7.426,20 € brutto, auf Zahlung von Arbeitsvergütung bzw. Entgeltfortzahlung für November 2014 in Höhe von 2.284,45 € brutto sowie auf Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 2.215,20 € brutto.

1.

August, September und Oktober 2014 Vergütungsansprüche in Höhe von insgesamt 7.426,20 € brutto.

Unstreitig sind diese Arbeitsvergütungsansprüche in der geltend gemachten Höhe entstanden. Der Gesamtbetrag entspricht der Summe der in den für die betreffenden Monate in den jeweiligen Lohnabrechnungen ausgewiesenen Bruttobeträgen (2.511,10 € brutto für August 2014, Bl. 59 d.A.; 2.511,20 € brutto für September 2014, Bl. 80 d.A.; 2.403,90 € brutto für Oktober 2014, Bl. 60 d.A.).

Die hieraus resultierenden, in den Abrechnungen ausgewiesenen Nettovergütungsansprüche des Klägers sind nicht infolge Erfüllung teilweise erloschen. Zwar behauptet der Beklagte, diese Ansprüche des Klägers durch Barzahlungen am 11.09.2014 (500,00 €, am 04.10.2014 (1.500,41 €), am 28.10.2014 (500,00 €), am 29.10.2014 (500,00 €), am 30.10.2014 (500,00 €) und am 31.10.2014 (500,51 €) teilweise erfüllt zu haben. Dem Beklagten ist es jedoch nicht gelungen, den hierfür erforderlichen Beweis zu führen.

Unstreitig hat der Kläger am 11.09.2014 500,00 € und am 04.10.2014 jedenfalls 1.500,00 € in bar erhalten. Nach seiner Behauptung erfolgten diese Zahlungen jedoch nicht – wie vom Beklagten vorgetragen – für den Monat August 2014, sondern für Juli 2014. Da weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass der Beklagte bei den Barauszahlungen eine ausdrückliche Bestimmung gemäß § 366 Abs. 1 BGB getroffen hat, für welchen Monat die jeweilige Leistung erfolgen sollte, gilt gemäß § 366 Abs. 2 BGB vorliegend letztlich die zeitlich ältere Schuld als getilgt. Eine Erfüllung der Arbeitsvergütungsansprüche des Klägers für August 2014 konnte demnach nur dann eintreten, wenn im Zeitpunkt der unstreitigen Barauszahlungen (11.09. und 04.10.2014) die aus Juli 2014 resultierenden Vergütungsansprüche des Klägers bereits erfüllt waren. Der diesbezüglich beweispflichtige Beklagte hat zwar vorgetragen, der Kläger habe für Juli 2014 1.000,00 € am 28.08.2014 und 1.002,81 € am 30.08.2014 – jeweils in bar – erhalten. Diese, vom Kläger bestrittene Behauptung, konnte der Beklagte indessen nicht beweisen.

Zwar hat der Zeuge C., der Sohn des Beklagten, bei seiner Vernehmung ausgesagt, er habe dem Kläger für den Monat Juli 2014 am 28.08.2014 1.000,00 € und am 30.08.2014 1.002,00 € „und ein paar Cent“ ausgehändigt. Das Berufungsgericht ist jedoch nach eingehender Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Aussage des Zeugen nicht glaubhaft erscheint. Die Bekundungen des Zeugen sind weder frei von Widersprüchen noch erscheinen sie in sonstiger Hinsicht als glaubwürdig. So hat der Kläger etwa auf die Frage, wieso er sich noch an die genauen Daten der Auszahlungen erinnern könne, ausgesagt, er „nehme an“, dass er die von ihm seinerzeit über die Auszahlungen gefertigten Zettel im Büro seines Vaters vorgefunden und eingesehen habe. Es erscheint jedoch nicht ansatzweise einleuchtend, dass der Zeuge insoweit, d.h. bezüglich seiner Kenntnis von den Auszahlungsdaten, die er eingangs seiner Aussage noch exakt angegeben hat, nur eine Vermutung bzw. Annahme bekunden konnte. Schwerlich nachvollziehbar erscheint auch, dass der Zeuge die betreffenden Zettel, deren Bedeutung im Hinblick auf das Beweisthema offensichtlich war, nicht zum Beweistermin mitbrachte, sondern – so seine Erklärung – im Büro seines Vaters liegen ließ. Gänzlich unglaubwürdig erscheint die Bekundung des Zeugen, der damals in Urlaub befindliche Beklagte habe ihm – dem Zeugen – telefonisch „auf den Cent genau“ die an den Kläger auszuzahlenden Beträge genannt. Es widerspricht allgemeiner Lebenserfahrung, dass ein nicht im Betrieb anwesender, sondern in Urlaub befindlicher Arbeitgeber in der Lage ist, rückständige Nettovergütungsansprüche seiner Arbeitnehmer auf den Cent genau zu beziffern. Etwas anderes könnte dann der Fall sein, wenn der Beklagte auch im Urlaub über die maßgeblichen Lohnunterlagen bzw. Lohnabrechnungen verfügte. Hiervon kann indessen im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Der bei der Beweisaufnahme anwesende Beklagte hat sich diesbezüglich nicht geäußert. Das Berufungsgericht hat auch in Ansehung des vom Zeugen bei seiner Vernehmung gewonnenen persönlichen Eindrucks und dessen gesamten Aussageverhaltens erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussage. Die Bekundungen des Zeugen erschienen wesentlich von dem Motiv getragen, der Verteidigung des Beklagten gegen die Klage zum Erfolg zu verhelfen. Insgesamt kann daher die Behauptung des Beklagten, die Nettolohnansprüche des Klägers für Juli 2014 bereits durch Zahlungen vom 28.08. und 30.08.2014 getilgt zu haben, nicht für wahr erachtet werden.

Der Beklagte konnte auch seine Behauptung nicht beweisen, an den Kläger seien für September 2014 am 28.10., 29.10. und 30.10.2014 jeweils 500,00 € und am 31.10.2014 500,51 € in bar ausgezahlt worden. Zwar hat der Zeuge C., ebenfalls ein Sohn des Beklagten, ausgesagt, er habe dem Kläger die betreffenden Beträge im Zeitraum 28. – 31.10.2014 im Auftrag seines Vaters übergeben, der die Geldsummen jeweils am Vorabend in einen Briefumschlag verbracht habe. Das Berufungsgericht ist jedoch nach eingehender Beweiswürdigung von der Richtigkeit auch dieser Aussage nicht überzeugt. Der Zeuge will sich an die Daten der Auszahlungen deshalb noch genau erinnern, weil seine Freundin damals 30 Jahre alt geworden sei und er die Zahlungen jeweils auf einem Schmierzettel vermerkt habe. Diese Schmierzettel, die der Zeuge in Vorbereitung des Beweistermins in den Unterlagen des Beklagten gesichtet haben will und deren Bedeutung in Ansehung der Beweisfrage für ihn offensichtlich gewesen sein musste, konnte er jedoch bei seiner Vernehmung nicht vorlegen, woraus sich bereits Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage ergeben. Widersprüchlich erscheint die Aussage jedoch insbesondere insoweit, als der Zeuge einerseits ausgesagt hat, er habe das in den Briefumschlägen befindliche Geld nicht gezählt, andererseits jedoch insoweit jeweils konkrete Beträge, insbesondere auch eine auf den Cent genaue Geldsumme bezüglich der letzten Zahlung (500,67 €) angegeben hat, allerdings mit der Einschränkung, dass er sich diesbezüglich nicht mehr ganz sicher sei. Letztlich hat das Berufungsgericht auch unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks, den der Zeuge bei seiner Vernehmung hinterließ sowie in Ansehung seines gesamten Aussageverhaltens nicht unerhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt seiner Aussage.

Bezüglich der vom Beklagten behaupteten Zinszahlung von 19,49 € am 31.10.2014 erbrachte die Beweisaufnahme keinerlei Anhaltspunkte. Der hierzu vom Beklagten benannte Zeuge C. hat die Frage, ob eine solche Zahlung erfolgt sei, ausdrücklich verneint. Entsprechendes gilt auch für die Behauptung des Beklagten, der Ehefrau des Klägers seien am 04.10.2014 nicht nur 1.500,00 €, sondern weitere 41 Cent sowie Zinsen in Höhe von 19,59 € ausgehändigt worden. Auch dies hat der Zeuge C. bei seiner Vernehmung ausdrücklich verneint.

Die vom Beklagten zu den Akten gereichten Ausdrucke der Barkassenerfassung (ausgedruckt am 10.12.2014 und am 04.02.2015) stellen kein taugliches Beweismittel dar. Es handelt sich hierbei nicht um Urkunden i.S.v. §§ 415 ff ZPO, sondern letztlich lediglich um einen in Textform verkörperten Parteivortrag des Beklagten. Überdies bestehen gegen die inhaltliche Richtigkeit der betreffenden Ausdrucke bereits deshalb erhebliche Bedenken, da sie auch die vom Beklagten behaupteten Zinszahlungen vom 04.10. und 31.10.2014 beinhalten, die nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keinesfalls erfolgt sind.

Der Nachzahlungsanspruch des Klägers für die Monate August bis Oktober 2014 umfasst auch nicht nur den in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Nettolohn, sondern vielmehr die vollen Bruttobeträge, d.h. auch die abzuführenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Der Beklagte hat die vom Kläger bestrittene Behauptung, wonach sowohl die auf die Arbeitsvergütung des Klägers entfallenden Lohnsteuern nebst Solidaritätszuschlag als auch die Sozialversicherungsbeiträge korrekt abgeführt sein sollen, nicht (ordnungsgemäß) unter Beweis gestellt. Die Bescheinigung der IKK Classic vom 27.05.2015 (Bl. 152 d.A.) besagt lediglich, dass der Kläger in der Zeit vom 01.06.2013 – 30.11.2014 bei dieser Krankenkasse angemeldet war und der Beklagte während des Gesamtzeitraums Beiträge in Höhe von insgesamt 13.784,23 € auf der Basis eines von ihm gemeldeten Gesamtentgelts von 33.063,00 € abgeführt hat. Ob und insbesondere in welcher Höhe eine Beitragszahlung für die Zeit ab August 2014 erfolgt ist, lässt sich der Bescheinigung jedoch nicht entnehmen. Entsprechendes gilt hinsichtlich des Schreibens der Steuerberater des Beklagten vom 13.05.2015 (Bl. 153 d.A.), in welchem lediglich (pauschal) bestätigt wird, dass die vom Lohn des Klägers einbehaltenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge „ordnungsgemäß angemeldet und bezahlt“ worden seien. Auch aus der Bescheinigung des Finanzamts B-Stadt vom 27.05.2015 (Bl. 154 d.A.) lässt sich nicht ableiten, ob und in welcher Höhe Steuern für den Kläger im streitbefangenen Zeitraum abgeführt wurden.

Die Bescheinigung enthält lediglich die allgemeine Angabe, der Beklagte sei „seinen steuerlichen Erklärungspflichten in den letzten 24 Monaten überwiegend pünktlich nachgekommen“ und die festgesetzten und fälligen Steuern seien „innerhalb der letzten 12 Monate überwiegend pünktlich“ entrichtet worden. Soweit der Beklagte den zuständigen Finanzbeamten als Zeugen benannt hat, so war diesem Beweisangebot nicht zu entsprechen. Es handelt sich insoweit um einen unzulässigen Beweisausforschungsantrag, da sich erst aus der Vernehmung des Zeugen die vom Beklagten vorzutragenden konkreten Tatsachen ergeben könnten. Es wäre insoweit Sache des Beklagten gewesen, im Einzelnen darzulegen, wann und welche (konkret bezifferten) Steuern vom Arbeitseinkommen des Klägers für den streitbefangenen Zeitraum abgeführt wurden.

2.

Für den Monat November 2014 hat der Kläger gegen den Beklagten Anspruch auf Arbeitsvergütung gemäß § 611 Abs. 1 BGB und Entgeltfortzahlung gemäß §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EFZG in Höhe des eingeklagten Betrages von 2.284,45 € brutto.

Für die bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit des Klägers am 04.11.2014 (unstreitig) geleisteten 8 Arbeitsstunden hat der Kläger Anspruch auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Stundenlohns von 10,00 € sowie der in der Lohnabrechnung für November 2014 (Bl. 66 d.A.) bezifferten Zuschläge von insgesamt 33,70 €, mithin auf insgesamt 113,70 € brutto gemäß § 611 Abs. 1 BGB.

Der Entgeltfortzahlungsanspruch des unstreitig in der Zeit vom 04.11. bis 30.11. arbeitsunfähig geschriebenen Klägers beläuft sich nach §§ 4 Abs. 1 EFZG – wie vom Kläger zutreffend berechnet (Schriftsatz vom 23.12.2014, dort Seite 3 = Bl. 58 d.A.) auf 2.284,45 € brutto. In diesen Zeitraum fielen 19 Arbeitstage, die unter Zugrundelegung des regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitsverdienstes des Klägers mit jeweils 114,25 € in Ansatz zu bringen sind. Entgegen der Ansicht des Beklagten sind in diese Berechnung auch die an den Kläger regelmäßig gezahlten Nachtzuschläge einzubeziehen, da es sich auch insoweit um nach § 4 Abs. 1 EFZG fortzuzahlendes Arbeitsentgelt handelt (vgl. ErfK/Reinhard, 15. Aufl., § 4 EFZG Rz. 12 m.w.N.). Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall bezüglich des dem Kläger zustehenden Fahrtkostenzuschusses, da dieser unstreitig monatlich mit 150,00 € pauschaliert ohne Rücksicht auf deren tatsächlichen Anfall gezahlt wurden (vgl. ErfK/Reinhard, a.a.O., § 4 EFZG Rz. 12).

3.

Die Klage auf Urlaubsabgeltung ist ganz überwiegend begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG Anspruch auf Abgeltung von mindestens (wie geltend gemacht) 20 Urlaubstagen. Da sich der jährliche Urlaubsanspruch des Klägers nach Ziffer 5. des Arbeitsvertrages auf 25 Arbeitstage im Kalenderjahr belief und das Arbeitsverhältnis erst in der zweiten Jahreshälfte endete, hatte der Kläger an sich, wie sich aus den §§ 4, 5 Abs. 1 c BUrlG ergibt, sogar bereits seinen vollen Jahresurlaubsanspruch (25 Arbeitstage) im Kalenderjahr 2014 erworben.

Es ist nicht davon auszugehen, dass der Urlaubsanspruch des Klägers für das Jahr 2014 (zumindest teilweise) erfüllt wurde. Zwar behauptet der Beklagte, der Kläger habe insgesamt 19 Urlaubstage (19.05. – 25.05.2014, 07.07. – 19.07.2014, 25.10.2014) erhalten. Der diesbezügliche Sachvortrag erweist sich indessen als unsubstantiiert und daher als unzureichend. Eine Urlaubsgewährung liegt nur dann vor, wenn der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer eine Freistellungserklärung zu dem Zweck, Erholungsurlaub zu gewähren, abgibt. Dabei muss die Freistellungserklärung hinreichend deutlich erkennen lassen, dass eine Befreiung von der Arbeitspflicht zur Erfüllung des gesetzlichen oder tariflichen Anspruchs auf Urlaub erteilt wird. Sonst handelt es sich nicht um Urlaubsgewährung. Es sind nämlich auch vielfältige sonstige Gründe denkbar, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt. Beruft sich der Arbeitgeber auf die Erfüllung seiner urlaubsrechtlichen Freistellungsverpflichtung, so muss er im Streitfall im Einzelnen darlegen und ggf. beweisen, dass er gegenüber dem Arbeitnehmer eine entsprechende Freistellungserklärung abgegeben hat und diese Erklärung dem Arbeitnehmer zugegangen ist (LAG Rheinland-Pfalz v. 06.05.2014 – 7 Sa 540/13 – juris).

Diesen Anforderungen genügt die pauschale Behauptung des Beklagten, der Kläger habe in bestimmten Zeiträumen bzw. an bestimmten Tagen Urlaub erhalten, nicht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, ob und aufgrund welcher Erklärungen der Kläger an den betreffenden Tagen zum Zwecke der Urlaubsgewährung von der Arbeit freigestellt war. Das Vorbringen des Beklagten erweist sich insoweit auch insbesondere deshalb als unzureichend, weil er selbst noch im Kündigungsschreiben vom 30.10.2014 erklärt hat, der Kläger solle „den noch ausstehenden Urlaub in Höhe von 19 Arbeitstagen“ nach Absprache nehmen und in einer Lohnabrechnung für Dezember 2014 (Nachberechnung 11/2014) den bestehenden Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers mit 1.863,71 € brutto beziffert hat. Dies steht in offensichtlichem Widerspruch zu der Behauptung des Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit, der Kläger habe im Kalenderjahr 2014 19 Urlaubstage erhalten.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch beläuft sich jedoch nicht, wie vom Kläger geltend gemacht, auf 2.285,00 € brutto, sondern (lediglich) auf 2.215,20 € brutto. Bei der Berechnung war nach § 11 BUrlG der durchschnittliche Arbeitsverdienst des Klägers in den letzten 13 Wochen (3 Monaten) vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses zugrundezulegen. Der Gesamtverdienst des Klägers in den Monaten September, Oktober und November 2014 belief sich nach Maßgabe der vorstehenden Ausführungen auf insgesamt 7.199,55 €, woraus sich eine Urlaubsabgeltung für 20 Tage in Höhe von 2.215,20 € ergibt (7.199,55 € : 65 x 20).

4.

Die auf die Vergütungsansprüche für die Monate August bis November 2014 bezogenen Zinsansprüche des Klägers folgen aus den §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 BGB. Da die Arbeitsvergütung des Klägers nach Ziffer 2 des Arbeitsvertrages vom 31.05.2013 jeweils erst zum 15. des Folgemonats fällig wurde, befand sich der Beklagte erst ab dem 16. des auf den Vergütungszeitraum folgenden Monats in Verzug, so dass der Kläger erst ab diesem Zeitpunkt Zinsen verlangen kann. Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist gemäß § 291 BGB ab Rechtshängigkeit (13.01.2015) zu verzinsen.

III.

Nach alledem war zu entscheiden wie geschehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

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