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Fristlose Arbeitnehmerkündigung – Feststellungsinteresse des Arbeitgebers – Abmahnerfordernis

ArbG Halle (Saale) – Az.: 5 Ca 695/13 – Urteil vom 19.07.2013

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10.02.2013, noch durch die fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 30.01.2013 zum 28.02.2013 endete, sondern durch die fristgemäße Kündigung vom 30.01.2013 zum 04.06.2013 endete.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 11.252,52 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Prozessparteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 10.02.2013 und über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 30.01.2013 zum 28.02.2013.

Die Klägerin betreibt Sanitätshäuser und einen Fachhandel für medizinische Produkte in Eisleben, Halle, Hettstedt, Markleeberg, Schönebeck, Wanzleben, A-Stadt und B-Stadt. Sie ist Hilfsmittellieferantin i. S. d. § 127 SGB V und bietet Leistungen im Bereich Homecare (häusliche Patientenversorgung) an. Die Beklagte ist aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 24.08.2010 seit dem 13.09.2010 im Bereich Homecare im Außendienst in den Bereichen Halle, Leipzig und Merseburg tätig (vgl. Arbeitsvertrag der Prozessparteien Bl. 4 bis 7 d. A.). Am 22.01.2013 wurde die Beklagte wie alle anderen betroffenen Arbeitnehmer über einen Teilbetriebsübergang des Bereiches Homecare bei der Klägerin auf die Firma  GmbH ab dem 01.04.2013 informiert. Am 23.01.2013 erfolgten weitere mündliche Informationen durch die Firma GmbH an die betroffenen Arbeitnehmer bezüglich des bevorstehenden Betriebsübergangs. Mit Schreiben vom 30.01.2013 informierte die Klägerin die Beklagte schriftlich über den Teilbetriebsübergang nach § 613 a BGB auf die Firma  GmbH (vgl. Bl. 62 bis 64 d. A.). Mit Schreiben vom 31.01.2013 schlug die Klägerin der Beklagten den Abschluss einer Vereinbarung über ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vor (vgl. Bl. 65 bis 66 d. A.). Die Schreiben vom 30.01.2013 und vom 31.01.2013 sind der Beklagten am 01.02.2013 zugegangen.

Mit Schreiben vom 30.01.2013, der Klägerin zugegangen am 04.02.2013, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 28.02.2013, hilfsweise zum nächsten Termin (vgl. Bl. 8 d. A.). Mit Schreiben vom 06.02.2013 hat die Klägerin die Beklagte auf die Regelungen des § 12 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages bezüglich der geltenden Kündigungsfrist hingewiesen (vgl. B. 9 d. A.).

Mit weiterem Schreiben vom 10.02.2013, der Klägerin zugegangen am 11.02.2013, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos (vgl. Bl. 10 d. A.). Mit Schreiben vom 11.02.2013 hat die Klägerin die fristlose Kündigung der Beklagten zurückgewiesen (vgl. Bl. 68 d. A. 5 Ga 11/13). Die Beklagte wurde durch ihre behandelnde Ärztin/behandelnden Arzt für den Zeitraum vom 29.01.2013 bis zum 22.02.2013 arbeitsunfähig geschrieben (vgl. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Bl. 69 d. A. 5 Ga 11/13). Das letzte monatliche Bruttoeinkommen der Beklagten betrug 2.813,13 Euro.

Mit ihrer Klage vom 12.02.2013, eingegangen beim Arbeitsgericht B-Stadt am gleichen Tag, wendet sich die Klägerin gegen die fristlose Kündigung vom 10.02.2013 und bezüglich der Kündigung vom 30.01.2013 gegen die Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist.

Die Klägerin bestreitet das Vorliegen von Gründen, die zum Ausspruch der fristlosen Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin geführt haben. Die ordentliche Kündigung vom 30.01.2013 sei unwirksam soweit sie zum 28.02.2013 ausgesprochen worden sei. Die ordentliche Kündigung könne das Arbeitsverhältnis der Parteien erst zum 04.06.2013 beenden. Die Klägerin habe auch ein Feststellungsinteresse bezüglich der Klage und verweist auf ein Urteil des BAG vom 24.10.1996 und ein Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 11.05.2011. Aus einem Urteil, mit dem das Ende des Arbeitsverhältnisses am 04.06.2013 festgestellt wird, können vielfältige Rechte abgeleitet werden. Die Beklagte verweist auch auf das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 08.03.2013 – 5 Ga 11/13 –.

Die Klägerin beantragt, es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10.02.2013 noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.01.2013 zum 28.02.2013 endet, sondern dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis unverändert bis zum 04.06.2013 fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage der Klägerin unzulässig sei. Es fehle schon an einem Feststellungsinteresse der Klägerin. Eine Feststellungsklage dürfe nur erhoben werden, wenn ein Feststellungsinteresse gegeben sei. Dies sei nicht der Fall, wenn eine Leistungsklage möglich sei. Das Hinweisschreiben des Arbeitsgerichts B-Stadt vom 14.02.2013 weist da schon zu Recht darauf hin. Ein besonderes Feststellungsinteresse sei per se nicht gegeben, da die Klägerin sich nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen könne. Der Klägerin gehe es offensichtlich nur um Schadenersatzansprüche gegenüber der Beklagten und um eventuelle andere Rechte. Bei Schadenersatzansprüchen wäre auch eine Leistungsklage möglich. Im Übrigen habe die Klägerin beim Arbeitsgericht Halle eine Unterlassungsverfügung erwirkt. Die Erfüllung eines Arbeitsverhältnisses sei wegen Fristablauf nicht mehr möglich. Der Bereich Homecare der Klägerin sei zum 01.04.2013 auf die Firma  GmbH gemäß § 613 a BGB übergegangen. Mit dem Schreiben der Klägerin vom 30.01.2013 sei suggeriert worden, dass der Beklagten nichts anderes übrig bleibe als zu unterschreiben und auf die neue Inhaberin mit überzugehen. Mit Schreiben vom 14.02.2013 habe die Beklagte dem Betriebsübergang nicht zugestimmt und ihren Kündigungsgrund erläutert (vgl. Bl. 68 d. A.). Die Klägerin unterlässt es vorzutragen, dass die Beklagte nur noch bis zum 31.03.2013 hätte beschäftigt werden können. Ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung sei für die Beklagte gegeben gewesen. Die Beklagte habe einen Kündigungsgrund gehabt aufgrund der Informationen zu einem Betriebsübergang. Ein Betriebsübergang sei immer ein Grund für eine fristlose Kündigung meint die Beklagte. Im Übrigen habe die Beklagte ein Recht zu widersprechen. Sie könne nicht gezwungen werden, einen Arbeitsvertrag mit einem fremden Rechtsobjekt einzugehen. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten wurden. Am 01.02.2013 habe sie schriftliche Informationen über den Betriebsübergang erhalten. Die fristlose Kündigung sei der Klägerin am 11.02.2013 zugegangen. Die Beklagte habe sich entschlossen, einen neuen Arbeitgeber zu finden und fand ihn in der Firma Strehlow GmbH. Die Beklagte konnte die fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung aussprechen.

Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen der Prozessparteien sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 08.03.2013 und vom 19.07.2013 verwiesen. Ebenfalls wird auf den gesamten Akteninhalt des einstweiligen Verfügungsverfahrens zwischen den Prozessparteien, Aktenzeichen beim Arbeitsgericht Halle 5 Ga 11/13 verwiesen. Mit Beschluss vom 26.02.2013 hat das Arbeitsgericht B-Stadt den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Halle verwiesen.

Entscheidungsgründe

1. Die Klage der Klägerin ist zulässig. Das Feststellungsinteresse der Klägerin ergibt sich aus § 256 ZPO. Es ist ständige Rechtsprechung des BAG, dass auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Arbeitsverhältnisses Klage erhoben werden kann. Voraussetzung hierfür ist, dass mit der Feststellungsklage das Ziel der Klage erreicht werden kann, was regelmäßig nicht der Fall ist, wenn in Wirklichkeit nur eine Leistung verlangt wird und deshalb eine Leistungsklage möglich ist. Ist aber ausnahmsweise eine Feststellungsklage aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit sinnvoller als eine Leistungsklage, dann fehlt für die Feststellungsklage nicht schon deshalb das Rechtsschutzinteresse, weil eine Leistungsklage möglich ist. Das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO ist auch gegeben, weil die Klägerin aufgrund eines eventuellen Vertragsbruchs der Beklagten Rechtsansprüche vielfältiger Art hieraus ableiten kann. Gegebenenfalls kann die Klägerin gegenüber der Beklagten Schadenersatzansprüche geltend machen. Darüber hinaus können aus den vorliegenden Feststellungsurteil viele weitergehende Folgen aus dem Arbeitsverhältnis z. B. für die Ausfüllung der Arbeitspapiere, die Erstellung eines Beschäftigungsnachweises oder Zeugnisses ergeben, so dass die weitergehende Feststellungsklage als prozesswirtschaftlich für sinnvoll von der Kammer angesehen wird (vgl. Urteil des BAG vom 24.10.1996 – 2 AZR 845/95 – mit der dort weiter angegebenen umfangreichen Rechtsprechung; Urteil des LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 11.05.2011 – 2 Sa 8/11 beide veröffentlicht in juris). Das angerufene Gericht ist örtlich (auch) zuständig. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben (§ 2 Abs. 1 Ziffer 3 b Arbeitsgerichtsgesetz, § 2 Abs. 1 Ziffer 2 des Gesetzes über die Gerichte für Arbeitssachen des Landes Sachsen-Anhalt i. V. m. § 17 ZPO).

2. Die Klage der Klägerin ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Prozessparteien wird nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 10.02.2013 und auch nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.01.2013 zum 28.02.2013 beendet, sondern durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30.01.2013 erst zum 04.06.2013.

Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 10.02.2013 ist unwirksam, da ein wichtiger Kündigungsgrund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB für die Kündigung nicht vorgelegen hat. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Dienstverhältnis von jeder Vertragspartei aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden wenn Tatsachen vorliegen aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung ist für beide Vertragsteile unabdingbar. Dieses Recht kann weder durch einzelvertragliche noch durch kollektiv-rechtliche Vereinbarungen von vornherein ausgeschlossen werden. Kündigungsgrund nach § 626 Abs. 1 BGB ist somit jeder Sachverhalt der objektiv das Arbeitsverhältnis mit dem Gewicht eines wichtigen Grundes belastet. Im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung ist dann jedoch zu prüfen, ob ein an sich geeigneter Grund die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht oder nicht. Nach dem ultima ratio Prinzip ist die fristlose Kündigung nur gerechtfertigt, wenn sie als unausweichlich letzte Maßnahme notwendig ist, weil die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Kündigenden schlechthin unzumutbar geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall nicht vor. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin mit Schreiben vom 10.02.2013 fristlos gekündigt wegen eines bevorstehenden Teilbetriebsübergangs gemäß § 613 a BGB. Das Arbeitsverhältnis konnte nach Auffassung der Kammer durch die Beklagte nicht wegen eines bevorstehenden Betriebsüberganges nach § 613 a BGB fristlos gekündigt werden. Eine Pflichtverletzung der Klägerin als Arbeitgeberin im Rahmen des Teilbetriebsüberganges zum 31.03.2013 ist nach Auffassung der Kammer nicht zu erkennen. Im Gegenteil, die Klägerin hat als Arbeitgeberin der Beklagten alle rechtlichen Bestimmungen bezüglich der Information der Arbeitnehmer eingehalten. Zunächst gab es (unstreitig zwischen den Prozessparteien) am 22.01.2013 um 9.00 Uhr eine mündliche Information aller betroffenen Arbeitnehmer vom Teilbetriebsübergang durch den Arbeitgeber. Am 23.01.2013 hat es dann eine weitere mündliche Information durch den neuen Arbeitgeber gegenüber den betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gegeben. Mit Anschreiben vom 30.01.2013 hat die Klägerin die Beklagte schriftlich umfassend über den Teilbetriebsübergang und über die Entscheidungsmöglichkeiten der Beklagten informiert. Der Beklagten hat es nun freigestanden, entweder diesem bevorstehenden Teilbetriebsübergang zuzustimmen oder zu widersprechen mit allen rechtlichen Folgen, die sich dann aus den einzelnen Entscheidungsmöglichkeiten ergeben. Auch ein Arbeitsplatzwechsel des betroffenen Arbeitnehmers wie er hier eventuell für die Beklagte möglich gewesen wäre bei einem Widerspruch der Beklagten ab dem 01.04.2013 stellt keinen Grund für eine fristlose Kündigung dar (vgl. KR-Fischermeier, 10. Auflage, Rn. 465 zu § 626 BGB mit der dort weiter angegebenen umfangreichen Rechtsprechung). Der betroffene Arbeitnehmer muss sogar die Zuweisung anderer Arbeit hinnehmen wenn der Arbeitsvertrag, wie im vorliegenden Fall, dies zulässt (§ 1 Ziffer 2 und 3 des Arbeitsvertrages vom 24.08.2010). Die Klägerin hat der Beklagten in der mündlichen Verhandlung im einstweiligen Verfügungsverfahren vom 08.03.2013 sogar angeboten, unbefristet oder zumindest für den Zeitraum vom 01.04.2013 bis zum 04.06.2013 in einem der Sanitätshäuser der Klägerin tätig zu sein. Dies hat die Beklagte aus für die Kammer zumindest für die Kündigungsfrist nicht nachvollziehbaren Gründen abgelehnt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beim Ausspruch einer fristlosen Kündigung verlangt auch vor Ausspruch der fristlosen Kündigung durch den Arbeitnehmer den Ausspruch einer Abmahnung des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Wenn die Beklagte also der Auffassung gewesen ist, dass die Klägerin beim Teilbetriebsübergang gegebenenfalls Pflichtverletzung gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern, insbesondere gegenüber der Beklagten begangen habe, hätte die Beklagte die Verfügungsklägerin vor Ausspruch der fristlosen Kündigung abmahnen müssen. Dies hat die Beklagte unstreitig nicht getan, denn nachdem das Kündigungsschutzrecht beherrschenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist regelmäßig vor Ausspruch einer Kündigung der Ausspruch einer oder mehrerer vergeblicher Abmahnungen mit ausreichender Warnfunktion erforderlich. Nur dann weiß der Arbeitgeber, dass der Arbeitnehmer ein bestimmtes Verhalten als nicht vertragsgemäß ansieht und dies nicht mehr hinnehmen will. Die Abmahnung erfüllt nur dann ihren Zweck, wenn sie so eindringlich erfolgt, dass der Arbeitgeber damit rechnen muss, weitere Pflichtverletzungen aus dem Arbeitsverhältnis gefährden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber. Eine Abmahnung liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer dem Arbeitgeber hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise Mängel im Verhalten des Arbeitgebers beanstandet und damit den Hinweis verbindet, dass im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet ist. Die aufgezeigte kündigungsrechtliche Warnfunktion gehört zu den unverzichtbaren Voraussetzungen einer wirksamen Abmahnung. Fehlt es an einer oder mehrerer solcher Abmahnungen, so ist eine auf unangemessenes Verhalten des Arbeitgebers gegenüber der Arbeitnehmerin gestützte Kündigung unwirksam. Es sei denn, dass im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als entbehrlich angesehen werden durfte. Inzwischen hat das BAG klargestellt, dass das Abmahnungserfordernis auch bei Störungen im Vertrauensbereich stets zu prüfen ist (vgl. KR-Fischermeier, 10. Auflage, Rn. 261 ff. zu § 626 BGB in der dort weiter angegebenen umfangreichen Rechtsprechung). Vielmehr hat die Beklagte offensichtlich ihr Arbeitsverhältnis mit der Klägerin fristlos gekündigt, weil sie bei einem Konkurrenzunternehmen ein Arbeitsverhältnis begonnen hat. Für die erkennende Kammer ist es schon sehr befremdlich, dass die Beklagte bis zum 22.02.2013 arbeitsunfähig geschrieben wurde und nach ihrem eigenen Angaben schon ab dem 12.02.2013 bei der Firma Strehlow GmbH ein Arbeitsverhältnis begonnen hat und dort auch tatsächlich ab diesem Tag tätig geworden ist bzw. gearbeitet hat.

Aus den dargelegten Gründen ist die fristlose Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 10.02.2013 unwirksam.

Die fristgemäße Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 30.01.2013 beendet das Arbeitsverhältnis zwischen den Prozessparteien nicht zum 28.02.2013, sondern erst zum 04.06.2013.

In § 12 Ziffer 2 des Arbeitsvertrages der Prozessparteien vom 24.08.2010 haben die Prozessparteien nachfolgendes geregelt:

„Die Kündigung bedarf der Schriftform. Die Kündigungsfrist beträgt für beide Parteien jeweils vier Monate. Im Weiteren gelten die gesetzlichen Bestimmungen“.

Das Kündigungsschreiben der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 30.01.2013 ist der Klägerin am 04.02.2013 unstreitig zugegangen. Mit dieser Kündigung hat die Beklagte die zwischen den Prozessparteien vereinbarte Kündigungsfrist von vier Monaten nicht eingehalten. Diese Kündigung kann also das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht zum 28.02.2013 beenden. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit der Kündigung vom 30.01.2013 hilfsweise auch zum nächst möglichen Termin ausgesprochen und damit gegenüber der Klägerin zu erkennen gegeben, dass sie das Arbeitsverhältnis der Parteien unter allen Umständen beenden will. Entspricht ein nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts so gilt das Letztere, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit gewollt sein würde (§ 140 BGB). Da die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien jederzeit fristgemäß kündigen konnte, beendet die Kündigung der Beklagten vom 30.01.2013 das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 04.06.2013.

Aus den dargelegten Gründen war der Klage der Klägerin deshalb in vollem Umfang stattzugeben.

3. Die getroffene Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 ZPO, 12 a Abs. 1 ArbGG. Danach hat die Beklagte als unterlegene Prozesspartei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, wobei kein Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten wegen Zeitversäumnis oder der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten besteht. Die Festsetzung des Streitwertes ist gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 42 Abs. 3 GKG erfolgt. Für die Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 30.01.2013 wurde das dreifache monatliche Bruttoeinkommen der Klägerin in Ansatz gebracht und für die Kündigung der Beklagten gegenüber der Klägerin vom 10.02.2012 wurde ein weiteres Bruttomonatseinkommen der Klägerin berücksichtigt. Dabei wurde von einem monatlichen Bruttoeinkommen der Beklagten in Höhe von 2.813,13 Euro ausgegangen.

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