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Kündigung in der Probezeit

Rechtliche Erkenntnisse aus einer ordnungsgemäßen Kündigung während der Probezeit

Das Arbeitsrecht stellt einen bedeutenden Aspekt in jedem professionellen Kontext dar. Ein relevanter Teil davon umfasst das Thema der Kündigung während der Probezeit, die oftmals rechtliche Komplexität und Verwirrung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit sich bringt. Es ist daher entscheidend, die rechtlichen Anforderungen und Folgen einer Probezeitkündigung zu verstehen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 Sa 149/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Im Fall eines Streits zwischen Arbeitnehmer und einem Personaldienstleistungsunternehmen um die Gültigkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung.
  • Hauptstreitpunkt war die Formulierung und Unterzeichnung der Kündigung.
  • Der Arbeitnehmer argumentierte, das Kündigungsschreiben sei nicht gültig, da die Unterschrift unklar und unvollständig sei.
  • Das Unternehmen verteidigte die Gültigkeit der Kündigung und argumentierte, die Unterschrift sei eine erkennbare Wiedergabe des Namens mit Absicht einer vollen Unterschriftsleistung.
  • Das Gericht entschied letztendlich zugunsten des Arbeitgebers und bestätigte die ordnungsgemäße Kündigung.
  • Darüber hinaus wurde die Vorstellung des Arbeitnehmers, dass das Unternehmen durch eine vorausgegangene Abmahnung auf sein Kündigungsrecht verzichtet hat, vom Gericht verworfen.
  • Keine Zulassung der Revision, das Urteil ist rechtskräftig.
Kündigung
(Symbolfoto: FOTOGRIN /Shutterstock.com)

Im vorliegenden Fall gestaltete sich die außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses am 02.07.2021 als rechtlich unwirksam, da das vorgelegte Schreiben nicht ausreichend zur Entlassung des Arbeitnehmers führte. In diesem Zusammenhang betonte der Kläger erneut, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden sei, weder am 02.07.2021 noch mit Zugang des Schreibens am 05.07.2021.

Gleichwohl hatte das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass die Kündigung der Beklagten vom 02.07.2021 als ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 19.07.2021 auflöste. Die Beklagte verteidigte die angefochtene Entscheidung mit dem Hinweis, dass die Formulierung des Kündigungsschreibens „hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“ die Beklagte klar zum Ausdruck brachte, dass das Arbeitsverhältnis in jedem Fall ordnungsgemäß beendet werden solle.

Eine solche hilfsweise ordentliche Kündigung kann ausdrücklich aus einem schriftlichen, aber auch aus einer tariflich in Bezug genommenen vertraglichen Regelung hervorgehen. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann dabei bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung erfolgen. Die Relevanz dieses Aspekts lässt sich nicht unterstreichen, vornehmlich im Hinblick auf Rechte und Pflichten bei Kündigungen in der Probezeit.

Letztlich wurde klarifiziert, dass eine ordentliche Kündigung, wenn diese nicht isoliert erklärt wird, sondern lediglich hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung, den Kündigungsempfänger nicht im Unklaren darüber lässt, wann das Arbeitsverhältnis nach Vorstellung des Kündigenden enden soll.

Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer gut fundierten, rechtlich korrekt formulierten Kündigung, insbesondere in der Probezeit. Außerdem betont es die Wichtigkeit für Arbeitgeber, sich über die genauen Bedingungen und Anforderungen einer Kündigung im Klaren zu sein, speziell hinsichtlich der maßgeblichen Kündigungsfrist und der formellen Schriftlichkeit, um rechtliche Herausforderungen und Konsequenzen zu vermeiden.

Das Urteil macht auch deutlich, dass Arbeitnehmer ihre Rechte kennen und verstehen müssen, insbesondere wenn sie mit einer fristlosen Kündigung konfrontiert sind. Damit soll sicherstellen, dass das Arbeitsrecht korrekt angewendet wird und beide Parteien ihre Rechte und Pflichten im Rahmen einer Probezeitkündigung ordnungsgemäß wahrnehmen können.

Damit lässt sich folgende Kernbotschaft aus dem vorliegenden Urteil ableiten: Die korrekte Formulierung und Durchführung einer Kündigung in der Probezeit ist von wesentlicher Bedeutung, um die Einhaltung des Arbeitsrechts sicherzustellen und rechtliche Herausforderungen und Fallstricke zu vermeiden.

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In beruflichen Beziehungen können Unsicherheiten bestehen, vor allem wenn es um das Thema Kündigung während der Probezeit geht. Das rechtliche Gewässer um den Kündigungsvorgang kann schwierig zu navigieren sein und konkreter Rat ist oft entscheidend. Wenn Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber in einer ähnlichen Situation stecken oder sich auf die Einhaltung von Kündigungsfristen und Verpflichtungen vorbereiten, bin ich bereit, Ihnen umfassend weiterzuhelfen. Gemeinsam können wir in der Ersteinschätzung Ihre individuelle Situation betrachten und danach die passenden Schritte bei einer nachfolgenden Beratung planen. Setzen Sie auf professionelle Begleitung, um rechtliche Unsicherheiten zu klären und Ihren Interessen gerecht zu werden. Nehmen Sie jetzt Kontakt auf und lassen Sie uns gemeinsam klären, wie Ihr Weg aus dem Arbeitsrecht-Labyrinth aussehen könnte.

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Kündigung in der Probezeit – kurz erklärt


In der Probezeit gilt eine gesetzliche Kündigungsfrist von zwei Wochen. Sie müssen nicht darauf achten, Ihre Kündigung zum 15. oder zum Ende des Monats zu datieren. Stattdessen beginnt die Kündigungsfrist, sobald Ihre Kündigung zugestellt wurde. Innerhalb der vereinbarten Probezeit kann das Beschäftigungsverhältnis mit einer Frist von 14 Tagen ab Zugang der Kündigung zu jedem beliebigen Tag von beiden Seiten gekündigt werden. Die Kündigungsfrist in der Probezeit ist in der Regel einfach zu berechnen. Es kommt nicht auf das Datum der Kündigung an, sondern auf den Tag der Zustellung der Kündigung beim Arbeitnehmer. Von diesem Tag sind zwei Wochen abzuzählen. Eine Kündigung in der Probezeit muss immer in schriftlicher Form erfolgen. Eine Kündigung ohne Originalunterschrift oder eine Kündigung per Mail, Fax oder SMS ist nicht gültig.



Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 3 Sa 149/22 – Urteil vom 16.01.2023

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.12.2021 – 5 Ca 1692/21 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob das vormals zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

Der 24-jährige verheiratete Kläger war ab dem 15.03.2021 als Helfer/Produktionshelfer/Metall bei der Beklagten, einem Personaldienstleistungsunternehmen i.S.d. § 1 AÜG zu einem Bruttostundenlohn von zuletzt 11,15 EUR beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt betrug zuletzt 2.177,- EUR. Ab dem 15.03.2021 wurde er bei einem in der Automobilzulieferbranche tätigen Entleiher eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis findet nach Maßgabe des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 10 ff. d.A. Bezug genommen wird, u.a. der Manteltarifvertrag iGZ Anwendung. Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit beträgt gemäß § 3 Nr. 3.1.1 des MTV 151,67 Stunden, also wöchentlich durchschnittlich 35 Stunden bzw. täglich 7 Stunden in einer 5-Tage-Woche. Nach § 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages i.V.m. § 2 Nr. 2.2 des MTV ist für die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses eine Probezeit vereinbart, in der ab dem dritten Monat eine Kündigungsfrist von zwei Wochen gilt.

Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 14.05.2021 als erkrankt ab. Er blieb der Arbeit ab dem 15.05.2021 fern und legte folgende Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor:

– Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.05.2021 als Erstbescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 21.05.2021 (auf Bl. 61 d.A. sowie auf den Durchgangsarztbericht, vgl. Bl. 67 d.A. wird verwiesen)

– Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 21.05.2021 als Folgebescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 04.06.2021 (auf Bl. 60 d.A. sowie auf den Verlaufsbericht, vgl. Bl. 69 d.A. wird verwiesen)

– Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 07.06.2021 als Erstbescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 14.06.2021 (auf Bl. 59 d.A. wird verwiesen)

– Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.06.2021 als Erstbescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 28.06.2021 (auf Bl. 58 d.A. wird verwiesen)

– Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 28.06.2021 als Folgebescheinigung, Arbeitsunfähigkeit attestierend bis 13.07.2021 (auf Bl. 57 d.A. wird verwiesen),

Die Beklagte zahlte dem Kläger daraufhin ab dem 01.06.2021 keine Vergütung mehr, ab dem 26.06.2021 erhielt der Kläger Krankengeld. Am 02.07.2021 fand ein Personalgespräch im Betrieb der Beklagten statt. Am 05.07.2021 erhielt der Kläger zwei Briefsendungen der Beklagten. Zum einen ein mit „Abmahnung“ überschriebenes Schriftstück vom 02.07.2021, in dem die Beklagte rügte, der Kläger habe einen Arbeitsunfall am 14.05.2021 vorgetäuscht; hinsichtlich des weiteren Inhalts dieses Schreibens wird auf Bl. 20 d.A. Bezug genommen. Des Weiteren ein zweites Schreiben, ebenfalls mit Datum vom 02.07.2021, in dem die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärte und hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 21 d.A. Bezug genommen wird. Dieses Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

„Außerordentliche Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses

(…)

wir kündigen das (…) Arbeitsverhältnis fristlos zum 02.07.2021, hilfsweise zum nächst möglichen Termin. (…)“

Unterhalb des Textes des Kündigungsschreibens befindet sich eine Grußformel „Mit freundlichen Grüßen“, darunter ein Unterschriftsfeld und darunter der gedruckte Namenszug des Geschäftsführers der Beklagten mit dem Zusatz „Geschäftsführer“. Im Unterschriftsfeld wurden per Stempel Name und Anschrift der Beklagten aufgebracht und darüber enthält es handschriftliche Schriftzeichen.

Der Kläger hat vorgetragen, die ab dem 14.05.2021 bis zum 14.06.2021 eingetretene Arbeitsunfähigkeit habe auf im Betrieb des Entleihers am 14.05.2021 infolge eines Arbeitsunfalls zugezogenen Verletzungen beruht (s. Bl. 88 d.A.). Die ab 14.06.2021 eingetretene Arbeitsunfähigkeit beruhe auf einer anderen, unfallunabhängigen Ursache.

Die Kündigung der Beklagten sei bereits mangels einer handschriftlichen Unterschrift gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig; handschriftlich sei unter dem Kündigungsschreiben lediglich eine Paraphe angebracht worden. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung bestehe nicht. Eine Umdeutung der außerordentlichen in eine ordentliche Kündigung sei nicht möglich, da ein Wille der Beklagten, das Arbeitsverhältnis unter allen denkbaren Umständen zu beenden, nicht erkennbar sei. Auch eine ordentliche Kündigung sei außerdem nicht wirksam, da die Beklagte aus den gleichen Gründen wie in der Abmahnung genannt gekündigt habe und somit mit Ausspruch der Abmahnung auf Ausspruch einer Kündigung aus dem gleichen Grund verzichtet habe.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die im Schreiben der Beklagten vom 02.07.2021 „fristlos zum 02.07.2021, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“ erklärte Kündigung nicht aufgelöst worden ist,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht aufgrund anderer Tatbestände beendet ist, sondern fortbesteht,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.699,74 EUR brutto Arbeitsentgelt für die Zeit vom 01.06.2021 bis 25.06.2021 zu zahlen nebst Zinsen nach einem Zinssatz entsprechend fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 Abs. 1 BGB p.a. ab 16.07.2021,

4. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein schriftliches Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer der Tätigkeit sowie auf die Leistung und das Verhalten des Klägers in dem Arbeitsverhältnis erstreckt,

5. hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis beendet sein sollte, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 626,22 EUR brutto Urlaubsabgeltung zu zahlen nebst Zinsen nach einem Zinssatz entsprechend fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 Abs. 1 BGB p.a. ab 16.07.2021.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, der angebliche Arbeitsunfall des Klägers am 14.05.2021 sei weder ihr noch dem Entleiherbetrieb gemeldet worden. Es sei dort auch nicht bekannt, der Kläger habe diesen folglich nur vorgetäuscht. In dem Personalgespräch am 02.07.2021 sei dies angesprochen worden. Der Kläger habe aber darauf beharrt, dass der Unfall stattgefunden habe. Weiter habe er erklärt, nicht mehr zur Arbeit zu kommen. Sie, die Beklagte, habe wegen dieser Ankündigung die Kündigung ausgesprochen. Die Kündigung sei auch formwirksam von ihrem Geschäftsführer unterzeichnet worden. Der Schriftzug gebe Hinweise auf dessen Identität, ein großes „D“ sei deutlich erkennbar.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin durch Urteil vom 09.12.2021 – 5 Ca 1692/21 – festgestellt, dass die Kündigung vom 02.07.2021 als außerordentliche Kündigung unwirksam ist, jedoch als ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnisses zum 19.07.2021 aufgelöst hat. Des Weiteren hat es die Beklagte zur Zahlung von 1699,74 EUR brutto abzüglich gezahlten Krankengelds, weiteren 771,62 EUR brutto nebst Zinsen sowie zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 84 – 99 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm 06.05.2022 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am (Montag, den) 07.06.2022 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 06.07.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet. Die Beklagte hat auf die Berufungsbegründung durch am 25.07.2022 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz erwidert.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der Urteilstenor müsse richtigerweise lauten, dass festgestellt werde, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche fristlose Kündigung mit Schreiben der Beklagten vom 02.07.2021 nicht aufgelöst ist, und zwar weder am 02.07.2021 noch mit Zugang des Schreibens am 05.07.2021 (s. Bl. 130 f. d.A.). Mangels Zugangs vor dem 05.07.2021 könne die Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht „zum 02.07.2021“ aufgelöst haben. Die Kündigung vom 02.07.2021 habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts das Arbeitsverhältnis auch nicht als ordentliche Kündigung zum 19.07.2021 aufgelöst (s. Bl. 133 ff. d.A.). Denn die Kündigung sei nichtig gemäß § 125 Satz 1 BGB (s. Bl. 133 ff. d.A.). Aus dem Zeichnungsgebilde auf dem Kündigungsschreiben vom 02.07.2021 lasse sich nicht ein Wille zur Zeichnung zumindest mit dem vollständigen Nachnamen des Geschäftsführers M. D. der Beklagten ersehen. Dafür genüge schon nicht einmal die räumliche Ausdehnung des Zeichnungsgebildes, um den gesamten Nachnamen D. zu repräsentieren. Auch bei Kenntnis des Namens könne man in dem Zeichnungsgebilde keinen einzigen Buchstaben des Namens auch nur angedeutet wiederfinden. Das Zeichnungsgebilde sei nur als Abkürzung und damit als sog. Handzeichen anzusehen. Dieses habe aber der notariellen Beurkundung bedurft, die fehle. Keineswegs sei ein bauchig ausgestalteter Buchstabe erkennbar, der geeignet sein könne, ein „D“ wiederzugeben. Kein einziger Bestandteil des Zeichnungsgebildes sei bauchig ausgestaltet oder sonst geeignet, einen Willen zur Zeichnung des Großbuchstabens „D“ anzudeuten (s. Bl. 135 d.A.). Auch habe das Zeichnungsgebilde keine Höhe von 6 cm und keine Breite von 1 cm, sondern die Höhe betrage nicht mehr als 5,2 cm und die Breite an keiner Stelle mehr als 0,5 cm. Der nach unten führende Bogen sei ungeeignet, irgendeinen Buchstaben des Zunamens „D.“ anzudeuten. Eine Namensunterschrift setze einen individuellen Schriftzug voraus, der sich, ohne lesbar sein zu müssen, als Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt. Daran fehle es vorliegend (s. Bl. 136 ff. d.A.). Insgesamt handele es sich lediglich um eine Paraphe des Zunamens und nicht als die Zeichnung des vollen Nachnamens.

Ferner sei die ordentliche Kündigung mit dem Verzicht der Beklagten auf eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Gründe, die Gegenstand der Abmahnung vom selben Tage gewesen seien, unvereinbar und folglich rechtsunwirksam. Mit der Abmahnung habe die Beklagte auf die dahin enthaltenen Vorwürfe als Kündigungsgrund verzichtet (s. Bl. 138 f. d.A.). Schließlich habe das Arbeitsgericht den allgemeinen Feststellungsklageantrag als unzulässig abgewiesen. Insoweit sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ein ausreichendes Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 ZPO gegeben gewesen (s. Bl. 139 d.A.).

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 06.07.2022 (Bl. 127 – 139 d.A.) sowie seinen Schriftsatz vom 05.09.2022 (Bl. 159 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. das am 9.12.2021 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Az. 5 Ca 1692/21 – wird in Ziffer 1. lit. a. und lit. e. des Urteilstenors abgeändert.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die im Schreiben der Beklagten vom 2.7.2021 „fristlos zum 02.07.2021, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“ erklärte Kündigung nicht aufgelöst ist, und zwar auch nicht zum Ablauf des 19.7.2021

3. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht aufgrund anderer Tatbestände beendet ist, sondern fortbesteht.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.12.2021 – 5 Ca 1692/21 – zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, das Arbeitsverhältnis habe zutreffend angenommen, dass die Formulierung des Kündigungsschreibens „hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“ zum Ausdruck gebracht habe, dass das Arbeitsverhältnis jedenfalls durch eine hilfsweise ausgesprochene ordentliche fristgemäße Kündigung habe beendet werden sollen. Jedenfalls aber sei die Erklärung im Wege der Umdeutung als ordentliche Kündigung zu verstehen (s. Bl. 150 d.A.). Die Unterschrift unter das Kündigungsschreiben genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 125 BGB. Der Schriftzug auf der Kündigungserklärung vom 02.07.2021 sei als Wiedergabe eines Namens und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennbar. Das Vorbringen des Klägers beziehe sich letztlich auf die von ihm in Abrede gestellte Lesbarkeit des Namenszuges, die jedoch für die Wirksamkeit der Unterschriftsleistung nicht maßgeblich sei, weil ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle, charakteristische Merkmale aufweise, die die Nachahmung erschwerten und die sich als Wiedergabe eines Namens darstelle, gegeben sei. Unterschriftsleistungen in Form des sehr kurzen Nachnamens des Geschäftsführers der Beklagten sei demzufolge gegeben. Bei der Unterschriftsgebilder könne es sich auch nicht lediglich um ein „D“ handeln, also eine Paraphe des Nachnamens des Geschäftsführers der Beklagten. Denn es sei offenkundig, dass das Unterschriftsgebilde nicht lediglich einen Buchstaben darstelle.

Die Beklagte habe ihr Kündigungsrecht nicht aufgrund einer vorausgegangenen Abmahnung „verbraucht“. Dabei komme es nicht einmal darauf an, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis aufgrund von Gründen gekündigt habe, die außerhalb des abgemahnten Sachverhalts gelegen seien. Denn die Kündigung sei erfolgt, weil der Kläger angekündigt habe, nicht mehr zur Arbeit erscheinen zu wollen. Die Abmahnung sei hingegen aufgrund eines anderen Sachverhalts erfolgt.

Dem allgemeinen Feststellungsantrag des Klägers fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil der Kläger selbst keine weiteren Sachverhalte darlege, mit dem sich ein Feststellungsinteresse begründen lassen könne.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 25.07.2022 (Bl. 150 – 152 d.A.) und den Schriftsatz vom 20.09.2022 (Bl. 164 d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.08.2022, in dem eine streitige Verhandlung nicht durchgeführt werden konnte, weil ein ordnungsgemäß geladener ehrenamtlicher Richter ohne Angabe von Gründen nicht erschienen und auch telefonisch nicht erreich war, erging auf Antrag beider Parteien folgender Beschluss:

1. Das Berufungsverfahren soll im schriftlichen Verfahren zu Ende geführt werden.

2. Der Klägervertreter erhält Schriftsatznachlass bis zum 05.09.2022, auch mit der Maßgabe, zu überprüfen, ob die Berufung zurückgenommen wird.

3. Termin zur Beratung und Entscheidung wird von Amts wegen sodann bestimmt.

Daraufhin wurde Termin zur nicht-öffentlichen Beratung bestimmt auf den 05.12.2022, in dem Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt wurde auf den 16.01.2023, in dem das Urteil verkündet worden ist (s. Bl. 176 f. d.A.).

Entscheidungsgründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Kündigung der Beklagten vom 02.07.2021 als ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis zum 19.07.2021 aufgelöst hat.

Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der allgemeine Feststellungsantrag, mit dem der Kläger die Feststellung begehrt, das Arbeitsverhältnis sei auch nicht durch andere Beendigungstatbestände als die hier gleichzeitig angegriffenen Kündigungen aufgelöst worden, ist mangels Vorliegens eines Feststellungsinteresses i.S.d. § 256 ZPO unzulässig. Denn dass weitere Beendigungstatbestände als die angegriffenen Kündigungen vom 02.07.2021 vorliegen, lässt sich dem Vorbringen beider Parteien nicht entnehmen. Es trifft zwar zu, dass ein Arbeitnehmer mit einem solchen Antrag die Möglichkeit haben soll, sämtliche – denkbaren und künftigen – Beendigungsgründe vorhinein prozessual mit aufzugreifen. Das gilt aber eben nur dann, wenn die Prozessvoraussetzungen für eine zulässige Klage jedenfalls im Prozessverlauf eintreten (s. Bl. 139 d.A.). Daran fehlt es aber, wie vorliegend, dann, wenn nach dem Vorbringen beider Parteien in beiden Rechtszügen auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren keine weiteren Beendigungstatbestände vorliegen.

Die außerordentliche Kündigung vom 02.07.2021 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit ihrem Zugang beendet, weil sie mangels Vorliegen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 626 Abs. 2 BGB unwirksam ist, was inzwischen rechtskräftig feststeht. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren insoweit ausgeführt hat, der Urteilstenor habe insoweit anders gefasst werden müssen, folgt die Kammer dem schon deshalb nicht, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit der Kläger durch die Urteilstenorierung insoweit überhaupt beschwert sein könnte. Das Arbeitsgericht ist vielmehr zutreffend und ohne dass es weitere Auslegungsschritte bedürfte, davon ausgegangen, was sich auch aus der Entscheidungsbegründung zweifelsfrei ergibt, dass die streitbefangene außerordentliche Kündigung vom 02.07.2021 rechtsunwirksam ist und folglich das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit ihrem Zugang beendet hat.

Schließlich folgt die Kammer dem Arbeitsgericht auch insoweit, als es davon ausgegangen ist, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 02.07.2021 rechtswirksam ist und das vormals zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 19.07.2021 beendet hat.

Ausweislich des Kündigungsschreibens vom 02.07.2021 (Bl. 21 d.A.) hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos zum 02.07.2021, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin gekündigt. Diese vorsorgliche ordentliche Kündigung ist im hier maßgeblichen Einzelfall hinreichend bestimmt; der Empfänger hat Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhalten (BAG 15.12.2016 NZA 217, 502; DLW-Dörner, 16. Auflage, Kap. 4 Rn. 43 ff. = S. 1386 ff.). Der Empfänger einer ordentlichen Kündigung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Danach muss sich aus der Kündigungserklärung ergeben, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden soll (BAG 20.06.2013 NZA 2013, 1137), ohne dass der Arbeitnehmer darüber rätseln muss, zu welchem anderen als in der Kündigungserklärung genannten Termin der Arbeitgeber die Kündigung gewollt haben könnte (BAG 01.09.2020 – 5 AZR 700/09, BAGE 135, 225). Dabei genügt bei einer ordentlichen Kündigung regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist (BAG 20.06.2013 a.a.O.; 20.01.2016 NZA 2016, 485). Im Falle einer ordentlichen Kündigung genügt regelmäßig die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen reicht aus, wenn der Erklärungsempfänger dadurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll. Auch eine Kündigung zum nächst zulässigen Termin, wie vorliegend, ist möglich, wenn dem Erklärungsempfänger, wie vorliegend, die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist (BAG 20.01.2016 NZA 2016, 485). Letzteres ist, wie vorliegend, der Fall, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordern. Die maßgebliche Kündigungsfrist kann sich also aus Angaben im Kündigungsschreiben, aber auch aus einer vertraglich in Bezug genommenen tariflichen Regelung ergeben (BAG 20.01.2016, NZA 2016, 485). Wird eine ordentliche Kündigung zudem, wie vorliegend, nicht isoliert erklärt, sondern nur hilfsweise für den Fall der Unwirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung, ist der Kündigungsempfänger nicht im Unklaren darüber, wann das Arbeitsverhältnis nach der Vorstellung des Kündigenden enden soll. Die Beendigung soll dann nämlich offensichtlich bereits mit Zugang der fristlosen Kündigung erfolgen. Unter diesen Umständen kommt es nicht darauf an, ob es dem Kündigungsempfänger ohne Schwierigkeiten möglich ist, die Kündigungsfrist der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung zu ermitteln (BAG 20.01.2016 a.a.O.; DLW-Dörner, a.a.O., Rn. 45).

Selbst wenn man anderer Auffassung wäre, wären, wovon das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, jedenfalls die Voraussetzungen einer Umdeutung der rechtsunwirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung gemäß § 140 BGB gegeben.

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

„Gemäß § 140 BGB kann ein unwirksames Rechtsgeschäft, welches den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts entspricht (wie vorliegend eine unwirksame außerordentliche Kündigung den Erfordernissen einer ordentlichen Kündigung), als letzteres gelten und damit wirksam erklärt sein, wenn anzunehmen ist, dass dessen Geltung bei Kenntnis der Nichtigkeit des unwirksamen Rechtsgeschäfts gewollt sein würde.

Die Umdeutung muss nicht erklärt werden, sondern tritt kraft Gesetzes ein, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung dem hypothetischen Willen des Kündigenden entspricht und dieser Wille zur unbedingten Beendigung auch für den Erklärungsempfänger im Zeitpunkt der Kündigung erkennbar war (vgl. BAG, Urteil v. 12.05.2010 – 2 AZR 845/08, NZA 2010, 1348, beck-online).

Vorliegend kam durch die Erklärung „hilfsweise zum nächstmöglichen Termin“ kündigen zu wollen der Wille der Beklagten auch zu der Erklärung einer ordentlichen Kündigung zum Ausdruck und dieser Wille war aufgrund des gewählten Wortlauts im Zeitpunkt der Kündigung auch für den Kläger erkennbar.“

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollinhaltlich an und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 BGB fest.

Die ordentliche Kündigung ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam, da sozial nicht gerechtfertigt. Denn das Kündigungsschutzgesetz ist auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis vorliegend nach Maßgabe der §§ 1, 23 KSchG nicht anwendbar, weil es zum Zeitpunkt des Zugangs der ordentlichen Kündigung nicht bereits länger als sechs Monate bestanden hat, so dass die gesetzlich vorgesehene Wartezeit nicht erreicht worden ist.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist die ordentliche Kündigung vom 02.07.2021 auch nicht als formunwirksam i.S.d. §§ 623, 125, 126 BGB anzusehen.

Zwar bedarf gemäß § 623 BGB die Kündigung des Arbeitsverhältnisses für ihre Wirksamkeit generell der Schriftform (Warnfunktion, Beweisfunktion; Rechtssicherheit für die Vertragsparteien). Durch das in § 126 Abs. 1 BGB vorgesehene Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist (BAG 24.01.2008 EzA § 622 BGB 2002 Nr. 4; 21.04.2005 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 4; s. DLW-Dörner, a.a.O., Kapitel 4 Rn. 7 ff.).

Die gesetzliche Schriftform ist im maßgeblichen Zusammenhang nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis, das weder durch die Arbeitsvertragsparteien, noch durch einen Tarifvertrag oder durch eine Betriebsvereinbarung abbedungen werden kann (BAG 16.09.2004 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 1; LAG Rheinland-Pfalz 23.04.2015 LAGE § 615 BGB 2002 Nr. 24). Die Kündigung muss in der Form des § 126 BGB erfolgen, d.h. das Kündigungsschreiben muss vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein (BAG 21.04.2005 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 4; 17.12.2015 EzA § 623 BGB 2002 Nr. 11). Erforderlich ist, dass die Kündigung in einer Urkunde niedergelegt ist, dass die Unterschrift die voranstehende Kündigungserklärung deckt, deshalb unterhalb des Textes steht und sie räumlich abschließt (s. BGH 20.11.1990 NJW 1991, 487), und schließlich die Namensunterschrift, die die Person des Ausstellers erkennbar macht. Der Aussteller muss die Kündigung eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnen, so dass z.B. Stempel, Faksimile ebenso wenig wie andere technische Hilfsmittel, z.B. Schreibmaschine, Telegram, Telefax oder E-Mail genügen (s. BAG 17.12.2015 NZA 2016, 361). Dieses Erfordernis verlangt andererseits nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser soll nur identifiziert werden können. Dazu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Namenszuges. Vielmehr genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren (BAG 27.03.2020 – 8 AZR 223/19; 24.01.2008 EzA § 622 BGB 2002 Nr. 4). Allein die unleserliche Unterschrift einer ansonsten zur Kündigung befugten Person führt also nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung (LAG Berlin Brandenburg 20.06.2019 – 10 Sa 81/19, Beck RS 2019, 18706). Die Ausmaße einer Unterzeichnung können als Hinweis auf eine volle Namensunterschrift in Abgrenzung zu einer Paraphe dienen; Paraphe ist insoweit ein auf wenige Zeichen (Initialen) verkürztes Namenszeichen oder ein Namensstempel. Solch ein Kürzel weist – im Gegensatz zur Unterschrift – in der Regel nicht genug Merkmale auf, um als sicheres Authentifizierungsmerkmal dienen zu können. Anders als bei der Namensunterschrift, die nach § 126 BGB zur gesetzlichen Schriftform erforderlich ist, muss der Name aus der Paraphe nicht erkennbar sein. Auch die Zusammensetzung der Unterzeichnung aus zwei getrennten Teilen spricht gegen das Vorliegen eines bloßen Handzeichens (LAG Nürnberg 18.04.2012 NZA-RR 2012, 409).

Eine Unterschrift setzt folglich einen individuellen Schriftzug voraus, der sich – ohne lesbar sein zu müssen – als vollständige Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt (BAG 27.03.2020 – 8 AZR 233/19, BeckRS 2020, 16084; 25.02.2015 NZA 2015, 701). Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter, von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichneter Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein (BAG 27.03.2020 a.a.O.; BGH 22.10.2019 – VI ZB 51/18, BeckRS 2019, 34723; 29.11.2016 – VI ZB 16/16, NJW-RR 2017, 445). Dabei ist auch von Bedeutung, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt (BGH 29.11.2016 NJW-RR 2017, 445; 03.03.2015 NJW-RR 699; BAG 27.03.2020 a.a.O.). Die Unterschrift muss ein individuelles Schriftbild mit charakteristischen Merkmalen aufweisen und sich als eine die Identität des Unterzeichnenden ausreichende Kennzeichnung des Namens darstellen, die von Dritten nicht ohne Weiteres nachgeahmt werden kann. Es ist zwar nicht erforderlich, dass die Unterschrift lesbar ist oder einzelne Buchstaben zweifelsfrei erkennbar sind. Jedoch muss ein Dritter, der den Namen des Unterzeichnenden kennt, diesen noch heraus lesen können. In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ist insoweit ein großzügiger Maßstab anzulegen, wenn die Autorenschaft gesichert ist (BAG 13.02.2008 NZA 2008, 1055; 27.03.2020, a.a.O.). Dabei dürfen an das Schriftbild einer wirksamen Unterschrift keine überhöhten Anforderungen gestellt werden. Vereinfachungen, Undeutlichkeiten und Verstümmelungen schaden nichts. Es muss sich aber vom äußeren Erscheinungsbild her um einen Schriftzug handeln, der erkennen lässt, dass der Unterzeichner seinen vollen Namen und nicht nur eine Abkürzung hat niederschreiben wollen. Die Unterschrift muss daher erkennen lassen, dass es sich um eine endgültige Erklärung und nicht nur um die Abzeichnung eines Entwurfs mit einer sog. Paraphe handelt (BAG 27.03.2020, a.a.O.). Ein Schriftzug, der als bewusste oder gewollte Namenskürzung erscheint (Handzeichen, Paraphe), stellt keine formgültige Unterschrift dar (BAG 27.03.1996 NZA 1996, 1115). Ob ein Schriftzug eine Unterschrift oder lediglich eine Abkürzung darstellt, beurteilt sich dabei nach dem äußeren Erscheinungsbild (BAG 27.03.2020, a.a.O.; 13.02.2008 NZA 2008, 1065; 28.01.2004, NJOZ 2004, 2336).

Das Arbeitsgericht hat in Anwendung dieser Grundsätze in der streitbefangenen Entscheidung ausgeführt:

“ Gemäß § 623 muss die Kündigungserklärung, welche ein Arbeitsverhältnis beenden soll, schriftlich i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB erfolgen. Danach muss eine schriftlich zu verfassende Erklärung von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden, wodurch eine unzweideutige Verbindung zwischen Aussteller und Urkunde hergestellt und dem Erklärungsempfänger die Möglichkeit einer Überprüfung von Identität des Ausstellers und Echtheit der Erklärung gegeben werden soll (vgl. BAG, Urteil v. 24.01.2008 – 6 AZR 519/07, Urteil v. 21.04.2005 – 2 AZR 162/04, beck-online). Es ist weder erforderlich, dass der Namenszug lesbar ist, noch muss die Person des Ausstellers für den Erklärungsempfänger unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung identifizierbar sein, sondern es genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle, charakteristische Merkmale aufweist, welche die Nachahmung erschweren und welcher sich als Wiedergabe eines Namens darstellt. Erkennbar sein muss die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung, selbst wenn der Schriftzug nur flüchtig erfolgt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Hiervon abzugrenzen sind bloße Handzeichen (Paraphen), welche lediglich aus einem Buchstaben oder einer Buchstabenfolge bestehen, die erkennbar als bewusste und gewollte Namensabkürzung gezeichnet wurden (vgl. BAG, Urteil v. 06.09.202 – 2 AZR 858/11; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil v. 14.01.2021 – 5 Sa 215/20; Urteil v. 02.03.2017 – 7 Sa 286/16, beck-online).

Hiervon ausgehend ist die streitgegenständliche Kündigung formwirksam i.S.d. § 126 Abs. 1 BGB mit eigenhändiger Namensunterschrift unterschrieben worden. Der Schriftzug unter der Kündigung vom 02.07.2021 stellt sich als Wiedergabe eines Namens dar und lässt die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen.

Dies ergibt sich zunächst aus dem äußeren Erscheinungsbild. Es ist, wenn auch von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet und übereinander platziert, erkennbar, dass der Unterzeichnende mehr Schriftzeichen als für ein oder zwei Buchstaben erforderlich angebracht hat. Die Komplexität des Gebildes passt insofern auch zu dem nur sechs Buchstaben enthaltenden vollständigen Nachnamen „D.“. Als Hauptbuchstabe ist ein bauchig ausgestalteter Buchstabe erkennbar, welcher geeignet ist, ein „D“ wiederzugeben und somit einen Bezug zu dem Nachnamen des Geschäftsführers der Beklagten herstellt. Nach Auffassung der Kammer stellt sich der Schriftzug somit als Wiedergabe eines vollständigen Namens dar. Auch die räumliche Ausdehnung des Gebildes spricht gegen eine Paraphe. Der Schriftzug ist etwa 6 cm hoch und 1 cm breit und nimmt damit einen Raum ein, welcher für die vollständige Wiedergabe eines Namens mit sechs Buchstaben spricht. Aufgrund der Überschneidungen der Schriftzüge und der Ausgestaltung eines nach unten führenden Bogens liegen auch individuelle, charakteristische Merkmale vor, welche eine Nachahmung erschweren.

Zudem ist auch der Sinn und Zweck des Schriftformerfordernisses, die Identifizierbarkeit des Ausstellenden, erfüllt. Vorliegend ist bereits nicht streitig zwischen den Parteien, dass der Geschäftsführer der Beklagten tatsächlich Aussteller des Kündigungsschreibens war. Zudem ist der Schriftzug oberhalb einer Zeile, welche maschinenschriftlich den Namen des Geschäftsführers wiedergibt, angebracht worden, so dass eine Identifizierbarkeit des Ausstellers in Verbindung mit einem zwar nicht zwangsläufig lesbaren, jedoch charakteristischen Namensschriftzug möglich war.

Schließlich fehlen auch typische Merkmale für eine gewollte Namensabkürzung wie ein Punkt oder lediglich die Wiedergabe des Anfangsbuchstabens eines Nachnamens, so dass auch nicht davon ausgegangen werden kann, der Unterzeichner habe lediglich eine Paraphe anbringen wollen.“

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer vollinhaltlich an und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 BGB fest.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des insoweit maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein abweichendes Ergebnis rechtfertigen könnten. Es macht vielmehr lediglich, wenn auch aus der Sicht des Klägers heraus verständlich, deutlich, dass der Kläger mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des tatsächlichen und rechtlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug, dem die Kammer weitgehend folgt, nicht einverstanden ist. Soweit der Kläger beanstandet, dass das Zeichnungsgebilde keine Höhe von 6 cm und keine Breite von 1 cm hat, sondern 5,2 cm bzw. 0,5 cm, ändert das an der zutreffenden Würdigung durch das Arbeitsgericht gemäß § 286 ZPO nichts. Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass in dem Unterschriftsfeld u.a. deutlich ein „D“ zu erkennen ist, ferner, dass im Hinblick auf den kurzen Nachnamen des Geschäftsführers der Beklagten von vorneherein keine besondere Ausdehnung einer Unterschrift zu erwarten ist. Entgegen des Vorbringens des Klägers ist ein die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug gegeben, der individuelle, charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren und es sich als Wiedergabe eines Namens darstellt. Auch handelt es sich nicht lediglich um die Darstellung eines „D“, also lediglich eine Paraphe des Nachnamens des Geschäftsführers der Beklagten. Es unterliegt keinem Zweifel, dass das Unterschriftsgebilde nicht lediglich einen Buchstaben darstellt.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte ihr Kündigungsrecht auch letztlich nicht aufgrund einer vorausgegangenen Abmahnung „verbraucht“.

Zwar kann der Arbeitgeber auf das Recht zum Ausspruch einer – außerordentlichen oder ordentlichen – Kündigung jedenfalls nach dessen Entstehen durch eine entsprechende Willenserklärung einseitig verzichten; jedenfalls bei der Erteilung einer Abmahnung verzichtet der Arbeitgeber insoweit konkludent auf ein Kündigungsrecht wegen der Gründe, die Gegenstand der Abmahnung waren (BAG 12.05.2011 EZA § 123 BGB 2002 Nr. 10; DLW-Dörner, Kap. 4, Rn. 2828, 2834 ff.). Zum einen gilt dies allerdings nur dann, wenn die für die Kündigung maßgebenden Umstände sich nicht später geändert haben (BAG 19.11.2015 NZA 2016, 540). Zum anderen gilt dies nur bezogen auf die Kündigungsgründe, die Gegenstand der Abmahnung sind. Vorliegend haben sich aber die für die Kündigung maßgebenden Umstände nach dem Vorbringen der Beklagten geändert, weil der Kläger angekündigt hat, nicht mehr zur Arbeit erscheinen zu wollen. Damit handelt es sich zum anderen auch um einen anderen Lebenssachverhalt, der Auslöser der Kündigung war. Schließlich hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Beklagte in dem Abmahnungsschreiben eine Kündigung vorbehalten hat für den Fall, dass der Kläger an seinem nach Auffassung der Beklagten rechtwidrigen Verhalten festhält. Dieser Fall ist danach vorliegend eingetreten, so dass insoweit letztlich nicht einmal von einem Verzicht auf das Kündigungsrecht wegen des abgemahnten Sachverhalts ausgegangen werden kann.

Da sonstige Unwirksamkeitsgründe nach dem Vorbringen der Parteien in beiden Rechtszügen vorliegend nicht ersichtlich sind, hat die streitbefangene vorsorgliche ordentliche Kündigung vom 02.07.2021 folglich das zwischen den Parteien vormals bestehende Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 19.07.2021 beendet.

Demzufolge war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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