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Monatliches betriebliches Ruhegeld

ArbG Hamburg – Az.: 15 Ca 289/18 – Urteil vom 24.01.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Der Streitwert wird festgesetzt auf € 10.836,72.

4. Die Berufung wird für den Kläger unabhängig vom Beschwerdewert gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe des an den Kläger ab dem 01. November 2017 zu zahlenden monatlichen betrieblichen Ruhegeldes.

Der 1952 geborene Kläger wurde gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag vom 10. März 1986 (Anlage K 1, Bl.17 – 19 d.A.) zum 15. März 1986 als Organisationsprogrammierer bei der B. als tariflicher Mitarbeiter eingestellt. Neben dem Tarifentgelt erhielt der Kläger eine übertarifliche Zulage. Insoweit war die Möglichkeit der Anrechnung auf Tarifgehaltserhöhungen und bei Festsetzung oder Erhöhung einer Leistungszulage vereinbart. Unter dem 15. Juni 1990 vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien, dass der Kläger ab dem 01. Juli 1990 ein außertarifliches Monatsgehalt (DM 5900,- brutto) und eine – unstreitig auch nach Leistungsgesichtspunkten – jährlich festzusetzende, mindestens DM 8000,- betragende, den tariflichen Anspruch auf ein 13. Monatsentgelt sowie gelegentliche Mehrarbeit abgeltende Jahressonderzahlung erhält. Ferner wurde vereinbart, dass der Kläger Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld und vermögenswirksame Leistungen nach den dafür geltenden allgemeinen betrieblichen Regelungen erhält. Außerdem wurde dem Kläger eine Versorgungszusage nach der Satzung der Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Mitarbeiter der B., Hamburg, und der dazugehörigen Leistungsordnung gemacht (Anlage B 5, Bl. 271 – 273 d.A.). Gemäß Ziffer 10. des vorgenannten Anstellungsvertrags wurde ferner vereinbart, dass die Bestimmungen der jeweils gültigen Tarifverträge für die Angestellten der chemischen Industrie in der Freien und Hansestadt Hamburg, der geltenden Betriebsvereinbarungen und der Arbeitsordnung Inhalt des Arbeitsvertrages sind. verwiesen. Der Unternehmensteil, in dem der Kläger tätig war, wurde im Jahre 2002 ausgegliedert und das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde mit allen Rechten und Pflichten gemäß § 613 a BGB auf die Beklagte übertragen.

Unter dem 22. Dezember 1988 vereinbarte die B. und die in Ziffer 1.1 der Leistungsordnung aufgeführten Unternehmen mit dem Konzernbetriebsrat die „Betriebsvereinbarung Leistungsordnung für die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter von B.

Darin wurde u.a. Folgendes vereinbart:

5. Einkommensermittlung

1. Als ruhegeldfähiges Einkommen gilt der Durchschnitt des vertraglich oder tarifvertraglich vereinbarten monatlichen Bruttogehaltes oder Bruttoentgeltes, dass der Mitarbeiter vom Unternehmen in den letzten 36 Monaten vor Eintritt des Versorgungsfalles bzw. vor seinem vorzeitigen Ausscheiden bezogen hat. Zum ruhegeldfähigen Einkommen zählen Provisionen, Prämien, Überstunden– und Akkordvergütungen, Treuegelder sowie Leistungs-, persönliche und tarifvertraglich festgelegten Zulagen und Zuschläge.

2. Nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen gehören z.B. Jahressonderzahlungen oder 13. Monatsgehalt, Weihnachtsgeld, Kinderurlaubsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen, Vergütungen für Verbesserungsvorschläge und Erfindungen sowie Spesen, Aufwandsentschädigungen und sonstige Vergütungen.

3. Monate, in denen wegen mangelnder gesundheitlicher Leistungsfähigkeit oder aus anderen Gründen, die der Mitarbeiter nicht zu vertreten hat, keine oder keine vollen Bezüge gezahlt werden, bleiben im Rahmen der Durchschnittsberechnung unberücksichtigt.“

Die zugesagten Rentenleistungen unterliegen einer Höchstgrenze. Diese wurde durch Nachtrag vom 15. Dezember 2011 (Anlage K10, Bl. 60 – 62 d. A.) auf € 16.500,- jährlich angehoben für Mitarbeiter, deren ruhegeldfähiges Einkommen bei Eintritt des Versorgungsfalls die maßgebliche Beitragsbemessungsgrenze übersteigt. Dazu heißt es weiter: “Die B. wird in geeigneten Zeiträumen prüfen, ob die Entwicklung der allgemeinen Lebenshaltungskosten und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens eine Anpassung der oben genannten Höchstgrenzen zulässt“.

Die Betriebsvereinbarung zur Standortsicherung, die vom Betriebsrat und von der Geschäftsleitung unterzeichnet worden ist, vom 18. März 1999 regelt „Überleitungsregelungen zum AT-Gehaltssystem der B.“ zum 01. Juli 1999 (Anlage K 4, Bl. 32 f. d.A.) im Hinblick auf geführte Verhandlungen zur Einführung und Vergabe einer übertariflichen variablen Zulage (VAZ).

Insoweit wurde bereits vor dem 01. Juli 1999 beschäftigten Mitarbeitern ein Wahlrecht zwischen neuem und altem System eingeräumt. Nach dem neuen System wurde die bisherige, durch Mindestbetrag und individuelle Festlegung variabel bestimmte Jahressonderzahlung ersetzt durch eine fixe (gegenüber früherer Höhe gekürzte) Jahressonderzahlung zuzüglich VAZ (6 % des neuen Jahresgehalts, gespeist aus Gutschrift von 2,4 % des bisherigen Jahresgehalts und um diesen Betrag gekürzter bisheriger Jahressonderzahlung.

Monatliches betriebliches Ruhegeld
(Symbolfoto: Von Monthira/Shutterstock.com)

Das neue Jahresgehalt der Mitarbeiter setzte sich zusammen aus:

– dem vereinbarten Monatsentgelt x 12

– einer Jahressonderzahlung, zahlbar im März des Folgejahres

– einer variablen Zulage, zahlbar im April des Folgejahres.

Die Höhe und die Auszahlung der variablen Zulage (VAZ) bestimmten sich nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung über Mitarbeitergespräche und variable Zulage (Nr. 8 BV 133d/GBR).

Unter dem 19. Juni 2000 vereinbarte die B. mit dem Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über das Mitarbeitergespräch und die übertarifliche variable Zulage (VAZ)“ (Anlage K 5, Bl. 34 – 40 d.A.). Diese Betriebsvereinbarung wurde vom Betriebsrat und von der Geschäftsleitung unterzeichnet, sie galt für alle Tarifmitarbeiter und außertariflichen Angestellten. Die zu 50% nach individueller Leistung und zu 50 % nach betrieblichen Zielen (des Vorjahres) zu ermittelnde VAZ ersetzte die bisherige leistungsorientierte übertarifliche Zulage für Tarifangestellte unter deren teilweisem Abbau. Im Tarifbereich war die VAZ eine monatliche übertarifliche Zulage, im Bereich eine jährliche Einmalzahlung, zahlbar jeweils ab dem 13. Monat der Betriebszugehörigkeit. Die Höhe der VAZ wurde jeweils zum 01. April eines Jahres festgelegt und an Mitarbeiter mit den Aprilbezügen, an Tarifmitarbeiter gezwölftelt ab April ausgezahlt.

Unter dem 19. Juni 2000 wurde eine „Protokollnotiz 2 zur Betriebsvereinbarung Standortsicherung und zur Leistungsordnung vom 22.12.1988 in der Fassung vom 01.01.1995, BV Nr. 4/ KBR“ vom Betriebsrat und von der Geschäftsleitung abgeschlossen, in der es u.a. wie folgt heißt:

„1. Die variable Zulage der gewerblichen AT- Mitarbeiter und der Tarifangestellten sowie der B. neu dieser beiden Mitarbeitergruppen sind ruhegeldfähiges Einkommen im Sinne der Leistungsordnung vom 22.12.1988 in der Fassung vom 01.01.1995 Ziffer 5 Abs. 1.

2. Die Einmalzahlung der gewerblichen Mitarbeiter und die variable Zulage der AT-Mitarbeiter gehören nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen im Sinne der genannten Leistungsordnung Ziffer 5. Abs. 2.

…“

Diese Protokollnotiz wurde zwischenzeitlich betriebsratsseitig zum 30. September 2015 „vorsorglich“ gekündigt.

Unter dem 25. Juni 2009 vereinbarte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat, dass die Betriebsvereinbarung BV 129 AT- Gehaltsmanagement 2000 vom 24. Januar 2000 in der Fassung vom 05. Dezember 2003 befristet bis zum 31. März 2012 wie folgt neu gefasst wird (Anlage K 7, Bl. 42 – 52 d.A.):

„…

§ 4 AT- Vergütungsgrundsätze

1. Zusammensetzung der Jahresgehälter

Das Jahresgehalt der AT-Mitarbeiter setzt sich zusammen aus

– dem vereinbarten Monatsentgelt,

– einer Jahressonderzahlung, zahlbar im März des Folgejahres

(= Jahresfestgehalt) und – nur wenn der Mitarbeiter nach den Regeln des variablen Vergütungssystems vergütet wird –

– einer variablen Zulage (VAZ), zahlbar im April des Folgejahres.

Die Höhe und die Auszahlung der variablen Zulage bestimmt sich nach den Regelungen der Betriebsvereinbarung über das Mitarbeitergespräch und die übertarifliche variable Zulage in ihrer jeweils gültigen Form.“

Die Beklagte vereinbarte mit ihrem Betriebsrat unter dem 27. Juli 2011 die „Betriebsvereinbarung über das Mitarbeitergespräch und die übertarifliche variable Zulage (VAZ)“ (im Folgenden: BV 133 a, Anlage K 5, Bl. 53 – 58 d.A.). In dieser BV 133 a heißt es unter anderem wie folgt:

„Präambel

Die nachfolgende Vereinbarung ist von dem gemeinsamen Gedanken getragen, ein flexibles Vergütungssystem und Regularien für ein Mitarbeitergespräch einheitlich für alle Arbeitnehmergruppen der B. GmbH zu schaffen. Die Bezahlung des Mitarbeiters soll sich an seinem individuellen Beitrag sowie am Erfolg des Unternehmens ausrichten. Damit dient diese Vereinbarung der Standortsicherung.

2. Grundlagen der variablen Zulage (VAZ)

Für AT-Angestellte beträgt die VAZ zwischen 0 und 12 % des Jahresfixgehaltes, das sich aus den zwölf Monatsbezügen und der Jahressonderzahlung zusammensetzt. Einzelheiten regelt die Betriebsvereinbarung zum AT-Gehaltsmanagement.

Im Tarifbereich ist die VAZ eine monatliche übertarifliche Zulage, im AT-Bereich eine jährliche Einmalzahlung. …

Die VAZ wird ermittelt

– zu 50 % auf der Grundlage des individuellen Beitrages des Mitarbeiters

– zu 50 % auf Grundlage von unternehmensbezogenen Zielgrößen

3.1 Kriterien

Für den individuellen Beitrag der Angestellten wird die Leistung und ein zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter zu vereinbarendes Ziel oder Kriterium herangezogen.

7.2. AT-Mitarbeiter

Für AT-Angestellte erfolgt die Auszahlung mit den Bezügen für den Monat April. Im Falle ruhender Arbeitsverhältnisse von AT-Mitarbeitern erfolgt die Zahlung zeitanteilig für jeden Monat, in dem der Mitarbeiter für mindestens zwölf Arbeitstage Entgelt bezogen hat. Beim Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen erfolgt eine anteilige Zahlung der VAZ.

Verlässt der Mitarbeiter im Laufe des 1. Quartals eines Jahres das Unternehmen, so erhält er die volle variable Zulage für das abgelaufene Kalenderjahr sowie die anteilige Zulage für das laufende Jahr. Diese Regelungen gelten entsprechend beim Tod des Mitarbeiters…“

Unter dem 25. Februar 2015 vereinbarte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat die „Betriebsvereinbarung C. B. und S.-A. D. (Anlage K 12, Bl. 64 – 71 d.A.), in der es u.a. wie folgt heißt:

„Präambel

Das neue Mitarbeitergesprächs- und Bonussystem soll offene und belastbare Arbeitsbeziehungen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten auf allen Ebenen fördern, indem es das traditionelle Beurteilungs- und Bewertungssystem durch drei neu konzipierte, sich ergänzende Bausteine ersetzt: 1. C. B., 2. Neu gestalteter Dialog sowie 3. S. A. …

2. Grundlagen des Company Bonus

Für Außertarifliche Mitarbeiter beträgt der Company Bonus zwischen 0 und 12 % des vertraglich vereinbarten Jahreszielgehalts. Einzelheiten regelt die Betriebsvereinbarung zum AT-Gehaltsmanagement (BV 129) in ihrer jeweiligen Fassung.

Im Tarifbereich ist der Company Bonus eine monatliche übertarifliche Zulage, im AT-Bereich eine jährliche Einmalzahlung. …

3. Grundlagen des Spot-Awards

3.1. Spot-Award-Budget

Zur Honorierung besonderer Leistungen einzelner Mitarbeiter oder einzelner Teams wird von der Geschäftsleitung jährlich ein Spot-Award-Budget zur Verfügung gestellt. Das Budget beträgt 2 % der Gehaltssumme sämtlicher Tarifmitarbeiter und außertariflicher Angestellter, die in den Anwendungsbereich dieser Betriebsvereinbarung fallen zum Stichtag 01.01. des jeweiligen Kalenderjahres (Summe aller AT-Fixgehälter, Summe aller Tarifentgelte im Januar x 12) und zu diesem Stichtag in einem aktiven Arbeitsverhältnis stehen.

3.2 Verteilung von Spot-Awards

Das Sport-Award Budget ist im Laufe des Kalenderjahres an die Mitarbeiter oder Teams zu verteilen, die besondere Leistungen erbracht haben. Der Spot-Award soll jeweils in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Leistung vergeben und ausgezahlt werden, um die individuelle Leistung des Mitarbeiters oder Teams finanziell zu honorieren.

Die Verteilung von Spot-Awards erfolgt innerhalb der Gesellschaft und liegt grundsätzlich im freien, gemeinsamen Ermessen der Geschäftsführung mit seinem Managementteam. Jeder Spot-Award wird schriftlich dokumentiert. Ein individueller Anspruch eines Mitarbeiters auf Gewährung eines Spot-Awards besteht nicht.

5. Schlussbestimmungen

Diese Betriebsvereinbarung tritt zum 01.04.2015 in Kraft.

Sie ersetzt die BV 133a vom 27.07.2011 nebst Anlagen, Änderungsvereinbarungen und Protokollnotizen und tritt an die Stelle aller bisherigen Vereinbarungen zu variablen Zulagen. Die für das Jahr 2015 vereinbarten Ziele sind damit nicht mehr Company Bonus-/VAZ- relevant. Sie werden in den neuen Dialogbogen übertragen.

Bis zum 30.09.2017 kann diese Betriebsvereinbarung mit einer Frist von 3 Monaten zum Jahresende gekündigt werden. Nur im Falle der Ausübung dieses Kündigungsrechts tritt die oben ersetzte BV 133a wieder in Kraft und diese BV 517 erlischt.“

Der Kläger erhielt ausweislich seiner Gehaltsabrechnungen (Anlagenkonvolut K 18, Bl. 117 – 127 d. A.) folgende, als VAZ ausgewiesene Zahlungen:

April 2014 € 6141, – brutto

April 2015 € 6300, – brutto

April 2016 € 7000, – brutto

April 2017 € 6055, – brutto.

Außerdem erhielt er Spot-Awards in Höhe von € 750,- brutto im Juli 2016 und in Höhe von € 1000,- im März 2017.

Zum 01. November 2017 trat der Kläger in den Ruhestand.

Mit Schreiben vom 27. September 2017 (Anlage K 14, Bl. 73 – 75 d.A.) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das ihm ab dem 01. November 2017 zustehende betriebliche Ruhegeld € 1.154,80 brutto betrage, und fügte dem eine Ruhegeldberechnung bei.

Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 29. Dezember 2017 forderte der Kläger die Beklagte auf, seine Betriebsrente unter Berücksichtigung der VAZ zu berechnen und an ihn zu zahlen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 05. Januar 2018 (Anlage K 17, Bl. 116 d. A.) ab.

Mit seiner bei Gericht am 09. Juli 2018 eingegangenen Klage und am 07. Januar 2019 eingegangenen Klageerweiterung verfolgt der Kläger sein Anpassungsbegehren weiter und zusätzlich die Berücksichtigung der ihm gezahlten Spot-Awards.

Der Kläger trägt vor: Wie zutreffend und rechtskräftig durch das Landesarbeitsgericht Hamburg mit Urteil vom 16.05.2017 (4 Sa 73/16, Anlage K 15, Bl. 76 – 111 d. A.) entschieden, sei die VAZ Bestandteil des ruhegeldfähigen Einkommens und damit bei der Ruhegeldberechnung zu berücksichtigen. Denn es handele sich dabei um eine Leistungszulage im Sinne von Nr. 5.1 Leistungsordnung. Nichts Anderes gelte für die frei nach Leistung der jeweiligen Mitarbeiter verteilten Spot-Awards, die deswegen ebenfalls zum ruhegeldfähigen Einkommen gehörten.

Dies zugrunde gelegt habe er ein jährliches Ruhegeld in Höhe von € 17.469, 84 (monatlich € 1.455,82) zu beanspruchen, also monatlich € 301,02 brutto mehr als beklagtenseitig errechnet. Zumindest belaufe sich sein Ruhegeld auf jährlich € 15.586,68 (monatlich € 1.298,89), wie sich aus seinen Berechnungen (Schriftsatz vom 02.07.2017, Seite 14 – 16; Schriftsatz vom 20.01.2019, Seite 11 f., Anlagen K 23, 24, Bl. 14 – 16, 302 f., 306 f. d. A.) ergebe.

Dass insoweit die Höchstgrenze des betrieblichen Ruhegeldes um mindestens € 1.500,00 anzuheben sei, ergebe sich aus der arbeitgeberseitig übernommenen Anpassungsverpflichtung in Verbindung mit den seit August 2009 erheblich angestiegenen Lebenshaltungskosten (von 98,9 auf 110,9 Punkte) einerseits und deutlicher Umsatz- und Gewinnsteigerung auf Unternehmensseite (Anlage K 19, Bl. 125 – 127 d. A.) andererseits.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.515,30 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 301,02 € seit dem 01.11.2017, 01.12.2017, 01.01.2018, 01.02.2018, 01.03.2018, 01.04.2018, 01.05.2018, 01.06.2018, 01.07.2018, 01.08.2018, 01.09.2018, 01.10.2018, 01.11.2018, 01.12.2018 und 01.01.2019 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab dem 01.02.2019 über das zurzeit monatlich gezahlte Ruhegeld in Höhe von € 1.154,80 € brutto hinaus weitere 301,02 € brutto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Wie das Arbeitsgericht Hamburg mit Urteil vom 09.08.2016 (9 Ca 143/16, Anlage B 1, Bl. 173 – 188 d. A.) zutreffend erkannt habe, gehörten einmalige bzw. unregelmäßige, sich auf mehrere Abrechnungszeiträume erstreckende Zahlungen nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen. Denn Ziffer 5.1 der Leistungsordnung stelle ausdrücklich ab auf das vereinbarte monatliche Bruttoentgelt. Die sodann genannten Vergütungsbestandteile bezögen sich folgerichtig auch auf monatlich geleistete Zahlungen, bzw. auf Zahlungen für monatsbezogen erbrachte Leistungen. Nicht zum laufenden, monatlichen Bruttoentgelt zählten hingegen die in Ziffer 5.2 der Leistungsordnung genannten Zahlungen, die entweder keinen Vergütungscharakter hätten (VWL, Spesen, Aufwandsentschädigungen) oder aber Entgelt für in mehreren Monaten erbrachte Arbeitsleistung darstellten (Jahressonderzahlung, 13. Monatsgehalt, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld).

Dies habe das LAG Hamburg in seiner Entscheidung vom 16.05.2017 verkannt. Es sei zudem von einer fehlerhaften Auslegung des Begriffs „Leistungszulage“ ausgegangen. Zulagen und Zuschläge stellten bereits begrifflich und nach allgemeinem rechtlichen Sprachgebrauch regelmäßig ausgezahlte Vergütungsbestandteile und damit Bestandteile des laufenden Entgelts dar (Hoyningen-Huene im Münchener Kommentar zum HGB, 4. Auflage, Rz. 298 zu § 59). Sie seien arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich begründet und beinhalteten eine dauerhafte Regelung zur Vergütung besonderer Umstände, wie z. B. für Überstunden, für Schichtarbeit oder für sonstige Erschwernisse. Wenngleich sie in monatlich unterschiedlicher Höhe geleistet würden, so handele es sich doch um einen Bestandteil der regelmäßigen Vergütung. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des BAG zu dauerhaft gewährten so genannten Leistungszulagen, die ausdrücklich als „zusätzliche regelmäßige Zahlungen“ und als „laufendes Arbeitsentgelt“ betrachtet würden (BAG, 25.04.2007, 5 AZR 627/06, NZA 2007, Seite 853, Rz. 17, 18 ff., 24 der Entscheidungsgründe). Eine Jahressonderzahlung stelle hingegen bereits begrifflich eine jährliche Einmalzahlung dar. Die Betriebsparteien hätten in Anknüpfung an diesen Sprachgebrauch und die seinerzeitigen Vergütungsbestandteile in Ziffer 5 der Leistungsordnung unterschieden zwischen Zulagen und Zuschlägen einerseits (Ziffer 5 Abs. 1) und den Jahressonderzahlungen andererseits (Ziffer 5 Abs. 2). Es sei somit erkennbar, dass die Betriebsparteien in Ziffer 5 nicht etwa zwischen leistungsbezogenen und nichtleistungsbezogenen Vergütungsbestandteilen hätten unterscheiden wollen, sondern zwischen dem in Ziffer 5 Abs. 1 der Leistungsordnung genannten und dort näher beschriebenen „monatlichen Bruttogehalt“ und den in Absatz 2 genannten sonstigen Zahlungen, insbesondere den Jahressonderzahlungen oder dem 13. Monatsgehalt.

Schon aus diesen Gründen sei der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht gegeben. Zudem habe der Kläger nicht berücksichtigt, dass der ihm seit dem 01.04.2016 gezahlte Company Bonus – wenn auch weiterhin als VAZ bezeichnet – keinerlei individuellen Leistungsbezug mehr habe, sondern allein von unternehmensbezogenen Zielgrößen abhängig sei. Auch habe er die an ihn geleisteten Sonderzahlungen nichtzutreffend auf den maßgeblichen Referenzzeitraum umgerechnet und zudem die geltende Höchstgrenze nicht beachtet.

Für den weiteren Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I

Die Klage ist zulässig. Der Klagantrag zu 1) ist insbesondere hinreichend bestimmt. Für den Klagantrag zu 2) besteht insbesondere auch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil die vom Kläger begehrte Feststellung geeignet ist, weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die Berechnung des Ruhegeldes auszuschließen (zur Zulässigkeit von Elementen-Feststellungsklagen vgl. BAG, 25.03.2015, 5 AZR 874/12).

II

Die zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat das dem Kläger ab dem 1. November 2017 zustehende Ruhegeld zutreffend gemäß Leistungsordnung berechnet und zu Recht geleistete VAZ und Spot-Awards unberücksichtigt gelassen.

Maßgeblich für die Höhe des klägerischen Anspruchs auf betriebliches Altersruhegeld ist die Leistungsordnung. (Konzern-)Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und diese wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei einem unbestimmten Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit dies im Text seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG, 08.12.2015, 3 AZR 267/14; 09.10.2012, 3 AZR 539/10).

1. Dies zugrunde gelegt ist in Übereinstimmung mit dem Urteil der Kammer 9 des Arbeitsgerichts Hamburg vom 16.05.2016 Ziffer 5 der Leistungsordnung dahingehend auszulegen, dass Einmalzahlungen nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen gehören.

Dafür spricht bereits der Wortlaut der Regelung, weil Ziffer 5.1 Satz 1 für die Definition des ruhegeldfähigen Einkommens ausdrücklich abstellt auf den Durchschnitt des vereinbarten monatlichen Bruttoentgelts. Damit erfasst werden – wie von der Beklagten zutreffend geltend gemacht – regelmäßige Entgeltzahlungen mit einem Bezug zur laufend, monatlich erbrachten Arbeitsleistung. Dies zeigt die abschließende Aufzählung der zum monatlichen Bruttoentgelt gehörenden Leistungen in Ziffer 5.1 Satz 2: Sowohl Provisionen als auch Überstunden- und Akkordvergütungen werden fortlaufend erarbeitet und montagsbezogen abgerechnet. Prämien und Treuegelder wurden bei der Beklagten jedenfalls monatlich gezahlt, ebenso (Leistungs-)Zuschläge und Zulagen zum Tarifentgelt.

Dass insoweit beispielsweise Prämien und Überstundenvergütungen nicht in jedem Monat anfallen mögen, ändert nichts daran, dass hierdurch die laufende Arbeitsleistung bezogen auf jeweils einen Vergütungsmonat entlohnt wird und nicht eine einmalige oder über mehrere Monate hinweg erbrachte Leistung.

Ausdrücklich nicht zum ruhegeldfähigen Einkommen gehörig bestimmt haben die Konzernbetriebsparteien in Ziffer 5.2 „z. B. Jahressonderzahlungen oder 13. Monatsgehalt, Weihnachtsgeld, Kinderurlaubsgeld, Urlaubsgeld …“ Hier sind die klassischen jährlichen Einmalzahlungen aufgeführt, die – obwohl ratierlich erdient und anteilig Vergütungsansprüche begründend – nicht einkommenssteigernd für die Berechnung des Ruhegeldes berücksichtigt werden sollen. Auch die übrigen genannten „Vermögenswirksamen Leistungen, Vergütungen für Verbesserungsvorschläge und Erfindungen sowie Spesen, Aufwandsentschädigungen und sonstige Vergütungen“ betreffen Leistungen, die entweder keine arbeitsleistungsgekoppelten Zahlungen sind oder aber nicht das „normale“ laufende Entgelt betreffen.

Insoweit war den Konzernbetriebsparteien bewusst, dass leistungsbezogene Entgelte an Tarifmitarbeiter monatlich in Form übertariflicher Zulagen gezahlt wurden, während sich der Leistungsbezug der Entgelte für AT-Mitarbeiter sowohl in der individuell verhandelten monatlichen Entgelthöhe als auch zum Teil in der Höhe der zu vereinbarenden Jahressonderzahlung ausdrückte. Gleichwohl haben sie Abstand davon genommen, leistungsbezogene Anteile der Jahressonderzahlung für AT-Mitarbeiter als ruhegeldfähig zu definieren, sondern haben „Jahressonderzahlungen“ insgesamt von der Ruhegeldfähigkeit ausgenommen. Auch Vergütungen für Verbesserungsvorschläge und Erfindungen wurden – obgleich zweifellos für besondere Leistungen erbracht – ausdrücklich von der Ruhegeldfähigkeit ausgenommen.

Hinzu kommt, dass Ziffer 5.3 der Leistungsordnung ausdrücklich Monate von der Durchschnittsberechnung ausnimmt, in denen ein Mitarbeiter aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen keine oder keine vollen Bezüge zu beanspruchen hat. Hätten auch Einmalzahlungen ruhegeldfähig sein sollen, wäre an dieser Stelle eine Regelung zu deren (anteiliger) Nichtberücksichtigung zu treffen und zu erwarten gewesen. Eine solche Regelung fehlt jedoch.

Hieraus folgt insgesamt, dass Einmalzahlungen, unabhängig davon, ob sie die stetige Arbeitsleistung oder besondere Leistungen honorieren, bei der Berechnung des ruhegeldfähigen Einkommens ebenso außer Betracht zu bleiben haben wie Leistungen ohne oder nur mit mittelbarem Entgeltcharakter.

Somit zählen nach Ziffer 5 der Leistungsordnung – anders als der Kläger meint – VAZ und Spot-Award nicht zum berücksichtigenden ruhegeldfähigen Einkommen.

2. Dem steht auch nicht entgegen, dass VAZ und Spot-Award erst nach 1988 bzw. 1998 vereinbart wurden. Denn hierdurch ist es nicht zu solchen systemischen Veränderungen gekommen, dass die Leistungsordnung lückenhaft geworden wäre.

So wurde mit Einführung der VAZ für Tarifmitarbeiter zwar die bisherige fixe monatliche übertarifliche Leistungszulage durch eine variable Zulage ersetzt. Am System fortlaufender monatlicher zusätzlicher und leistungsbezogener Vergütung änderte sich dadurch jedoch nichts.

Dies gilt auch bezogen auf die AT-Mitarbeiter, mag für diese formal auch ein dritter Vergütungsbestandteil durch die VAZ eingeführt worden sein. Tatsächlich geändert hat sich die Vergütungsstruktur für die AT-Mitarbeiter dadurch allerdings nicht. Denn zum Monatsgehalt kam auch weiterhin eine Sonderzahlung, weiterhin bestehend aus Mindest-/Fixbetrag und variablem Anteil. Der Unterschied zur Vorgängerregelung bestand insoweit darin, dass die bisherigen Bestandteile der Jahressonderzahlung ihrem Charakter entsprechend benannt, transparent getrennt und auf 2 Auszahlungszeitpunkte verteilt wurden. Eine wirklich neue Vergütungsstruktur, die von den bestehenden Altersversorgungsregelungen nicht mehr erfasst wäre, ergab sich hierdurch jedoch nicht.

Auch der so genannte Spot-Award ist als „sonstige Vergütung“ wegen seiner Einmaligkeit ohne diesbezüglichen oder dauerhaften Rechtsanspruch ohne weiteres von Ziffer 5.2 Leistungsordnung und dem mit dieser Regelung zu gestalten beabsichtigten Vergütungssystem umfasst.

3. Der Nichtberücksichtigung von Einmalzahlungen bei der Berechnung des ruhegeldfähigen Einkommens stehen auch keine Gleichbehandlungsaspekte entgegen. Diese ist vielmehr gemäß Ziffer 5 Leistungsordnung für alle Mitarbeiter gleich.

Soweit die Betriebsparteien bei Einführung und Weiterführung der VAZ diese für AT-Mitarbeiter als Einmalzahlung und für Tarifmitarbeiter als laufende Zahlung ausgestaltet haben, begegnet auch dies unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlungserfordernisse kein Bedenken. Denn während für die AT-Mitarbeiter durch die neue VAZ die bisherige – einmalige – Jahressonderzahlung neu strukturiert wurde, wurde für die Tarifmitarbeiter die bisherige – laufende – übertarifliche Zulage ersetzt. Die bestehenden unterschiedlichen Entgeltsysteme erfuhren hierdurch somit keine systemische Änderung. Die – weiterhin – unterschiedliche Behandlung ungleicher Sachverhalte widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht.

Es ist auch nicht zu beanstanden, dass für unterschiedliche Arbeitnehmergruppen unterschiedliche Entgeltsysteme geschaffen werden, soweit die Gruppen sich tatsächlich unterscheiden. Ein aus Sachgründen zur Entgeltdifferenzierung berechtigender Unterschied zwischen Tarifmitarbeitern und AT-Mitarbeitern liegt bereits in deren unterschiedlicher Erfassung durch bestehende Tarifverträge.

Nach alledem war die Klage daher abzuweisen.

III

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Der Gegenstandswert wurde gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festgesetzt, und zwar gemäß § 42 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 GKG auf den 36-fachen Wert des klägerseitig geltend gemachten Unterschiedsbetrages.

Die Berufung war vorliegend unabhängig vom Beschwerdewert gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 3 zuzulassen.

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