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Nebentätigkeit als Influencer – Posten von Bildern aus betrieblichem Bereich – Kündigung

Einfluss von Social Media auf das Arbeitsverhältnis

Die Digitalisierung und die wachsende Bedeutung von Social Media haben nicht nur das private Leben, sondern auch die Arbeitswelt nachhaltig verändert. Insbesondere die Nebentätigkeit als Influencer und das Posten von Bildern aus dem betrieblichem Bereich werfen neue rechtliche Fragen auf, die in der jüngsten Rechtsprechung behandelt werden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Sa 34/21  >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Nebentätigkeit als Influencer: Ein Arbeitnehmer postete Bilder aus dem betrieblichen Bereich.
  • Streitpunkt: Es geht um außerordentliche und ordentliche Kündigungen sowie Unterlassungsansprüche.
  • Verschwiegenheitsklausel: Arbeitnehmer müssen über Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse Stillschweigen bewahren.
  • Nebentätigkeits- und Wettbewerbsverbot: Der Arbeitnehmer darf bestimmte Informationen nicht nutzen oder verbreiten, insbesondere Fotos und Videos, die betriebliche Unterlagen zeigen.
  • Unternehmenspersönlichkeitsrecht: Juristische Personen können sich auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen, insbesondere wenn sie als Arbeitgeber betroffen sind.
  • Verletzung des Hausrechts: Das Erstellen von Aufnahmen gegen den Willen des Unternehmens in nicht öffentlich zugänglichen Bereichen gilt als Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht.
  • Kündigungsbegründung: Die fortgesetzte und vorsätzliche Ausübung nicht genehmigter Nebentätigkeiten kann einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen.

Die Rolle des Influencers im Arbeitsrecht

Nebentätigkeit als Influencer – Posten von Bildern aus betrieblichem Bereich – Kündigung
Einfluss von Social Media im Beruf: Risiken und Konsequenzen des Teilens betrieblicher Inhalte. (Symbolfoto: metamorworks /Shutterstock.com)

Die Tätigkeit als Influencer hat in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Dabei geht es nicht nur um das bloße Teilen von privaten Momenten, sondern auch um das Posten von Inhalten, die in direktem Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz stehen könnten. Dies kann insbesondere dann problematisch werden, wenn es um Fotos vom Arbeitsplatz oder um die Veröffentlichung von internen Dokumenten und Informationen geht. Der Fall, der hier zur Diskussion steht, dreht sich genau um diese Problematik. Ein Arbeitnehmer hat, ohne die notwendige Genehmigung seines Arbeitgebers, Inhalte aus dem betrieblichen Kontext in den sozialen Medien geteilt.

Rechtliche Konsequenzen des Teilens betrieblicher Inhalte

Das Teilen von betrieblichen Inhalten, insbesondere wenn es sich um vertrauliche Informationen oder Betriebsgeheimnisse handelt, kann gravierende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Im vorliegenden Fall wurde dem Arbeitnehmer vorgeworfen, Treibstoffkalkulationen, Flugdurchführungspläne und andere vertrauliche Dokumente öffentlich gemacht zu haben. Dies stellt nicht nur einen Verstoß gegen die Loyalitätspflichten des Arbeitnehmers dar, sondern kann auch als Verrat solcher Informationen gewertet werden. Das Gericht musste in diesem Fall prüfen, ob die Handlungen des Arbeitnehmers eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Bewertung des Gerichts und Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Handlungen des Arbeitnehmers einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten darstellen. Insbesondere wurde betont, dass der Arbeitnehmer nicht nur gegen seine Loyalitätspflichten verstoßen hat, sondern auch das Unternehmenspersönlichkeitsrecht und das Eigentumsrecht des Arbeitgebers verletzt hat. Das Gericht stellte klar, dass solch ein Verhalten in der Regel eine Kündigung rechtfertigt, insbesondere wenn der Arbeitnehmer vorsätzlich und wiederholt gegen seine Pflichten verstoßen hat.

Relevanz des Urteils für die Praxis

Das Urteil zeigt deutlich, dass die Grenzen zwischen Privatleben und Beruf in Zeiten von Social Media immer mehr verschwimmen. Arbeitnehmer müssen sich bewusst sein, dass das Posten von Bildern und Informationen aus dem betrieblichem Bereich nicht nur ihre Reputation, sondern auch ihr Arbeitsverhältnis gefährden kann. Arbeitgeber sollten klare Richtlinien für die Nutzung von Social Media festlegen und ihre Mitarbeiter regelmäßig über die rechtlichen Konsequenzen aufklären. Es ist zu hoffen, dass dieses Urteil dazu beiträgt, das Bewusstsein für die rechtlichen Risiken im Umgang mit Social Media im Arbeitskontext zu schärfen.

➨ Social Media im Arbeitsalltag: Rechtliche Fallstricke vermeiden

Die wachsende Rolle von Social Media im Berufsleben, insbesondere als Influencer, birgt neue rechtliche Herausforderungen. Das Teilen von betrieblichen Inhalten, wie Fotos vom Arbeitsplatz oder interne Dokumente, kann zu ernsthaften Konflikten mit dem Arbeitgeber führen. Sind Sie unsicher, wie Sie Ihre Online-Aktivitäten mit Ihrem Arbeitsverhältnis in Einklang bringen können? Unsere Expertise hilft Ihnen, die rechtlichen Grenzen zu verstehen und sicher in der digitalen Welt zu agieren. Kontaktieren Sie uns für eine Ersteinschätzung und eine umfassende Beratung zu Ihrem individuellen Fall.

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Loyalitätspflichten im Arbeitsrecht – kurz erklärt


Die Loyalitätspflicht des Arbeitnehmers bezieht sich auf die Verpflichtung, die Interessen des Arbeitgebers zu wahren. Sie ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Das Pendant dazu auf der Arbeitgeberseite ist die sogenannte Fürsorgepflicht. Beide Pflichten gründen auf dem Prinzip von Treu und Glauben. Die Treuepflicht des Arbeitnehmers bedeutet, dass er seine Arbeitsleistung in Treu und Glauben erbringen muss. Er ist verpflichtet, loyal gegenüber seinem Arbeitgeber zu sein und sein Verhalten so auszurichten, dass er Schaden vom Unternehmen abhält. Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber bedeutet, sich gegenüber Vorgesetzten und Kollegen ehrlich, respektvoll und fair zu verhalten. Eigene Ziele dürfen nur verfolgt werden, wenn sie nicht den Zielen des Unternehmens widersprechen.



Das vorliegende Urteil

Sächsisches Landesarbeitsgericht – Az.: 4 Sa 34/21 – Urteil vom 07.11.2022

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.09.2020 – 12 Ca 2722/19 – abgeändert:

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € für jede schuldhafte Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Fotos und/oder Videos zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugegeben, die das Cockpit von Flugzeugen der Beklagten oder Teile davon zeigen, soweit hierfür keine Zustimmung der Beklagten vorliegt.

3. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € für jede schuldhafte Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Fotos und/oder Videos zu kommerziellen Zwecken zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugeben, die ihn in Dienstkleidung der Beklagten zeigen, soweit hierfür keine Zustimmung der Beklagten vorliegt.

4. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € für jede schuldhafte Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die dem Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit, insbesondere als Kapitän und/oder Co- Pilot für die Beklagte überlassenen Betriebs – und Frachtunterlagen, die der ordnungsgemäßen Durchführung und Dokumentation der von der Beklagten durchgeführten Frachtflüge dienen, insbesondere Treibstoffkalkulationen, Flugdurchführungspläne, Lade – und Frachtpapiere, Sicherheitsmaßnahmen der Beklagten und/oder Ausbildungspläne, zu verbreiten und/oder öffentlich wider zu geben, insbesondere nicht Fotos und/oder Videos, welche die vorgenannten Unterlagen und Dokumente zeigen, und/oder die in den vor genannten Unterlagen und Dokumenten enthaltenen Informationen wiederzugeben.

5. Der Kläger hat sämtliche Fotos und Videos, die

a) folgende Inhalte zeigen:

das Cockpit von Flugzeugen der Beklagten oder Teile davon,

den Kläger in Dienstkleidung der Beklagten oder

Dokumente und Unterlagen oder Informationen, die gemäß der vorstehen-

den Ziffer 4 benannt sind,

und

b) auf den Profilen des Klägers auf

Instagram (erreichbar unter der Internetadresse: …,

Facebook (erreichbar unter der Internetadresse: …,

YouTube (erreichbar unter der Internetadresse: …,

TikTok (erreichbar unter der Internetadresse: …,

oder auf der Webseite des Klägers erreichbar unter der Internetadresse …

veröffentlicht sind, zu vernichten oder an die Beklagte herauszugeben.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

III. Die Revision ist nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz weiterhin über die Berechtigung seitens der Beklagten ausgesprochener außerordentlicher und hilfsweise ordentlicher Kündigungen sowie widerklagend geltend gemachter Unterlassungsansprüche.

Die Beklagte ist eine Frachtfluggesellschaft im Konzernverbund der … Group. Sie übernahm das Luftfrachtdrehkreuz der … am Standort … und beschäftigt an dieser Heimatbasis (Homebase) ca. 350 Piloten. Der Kläger wurde regelmäßig im Frachtflugverkehr eingesetzt.

Das normale Frachtfluggeschäft der Beklagten erfolgt durch Flüge in der Nacht. Der übliche Flugdienst der Piloten der Beklagten liegt zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr. Nur bei besonderen Frachtwertflügen erfolgt die Dienstplanung am Tag. Die Beklagte hat in den Kalenderjahren 2016 – 2019 ca. 50 derartige besondere Frachtwertflüge von oder nach …(…) bzw. … (…) durchgeführt

Der 31 Jahre alte Kläger wurde auf Grundlage des Arbeitsvertrages vom 22.09.2016 zunächst als erster Offizier und ab dem 25.04.2019 auf Grundlage des Änderungsvertrages vom 16.05.2019 zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 7.987,42 € als Flugkapitän beschäftigt. Er führte für die Beklagte zuletzt die Aufgaben eines Frachtpiloten aus.

Der Arbeitsvertrag des Klägers vom 22.09.2016 allgemeine Verhaltenspflichten.

In § 5 Abs. 5 und 6 des Arbeitsvertrages heißt es:

„(5) Veröffentlichungen, Vorträge und Interviews, deren Inhalte in einem sachlichen Zusammenhang mit der Tätigkeit von Arbeitnehmern bei der Gesellschaft stehen, bedürfen der vorherigen Abstimmung mit der die Gesellschaft.“

„(6) Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über alle Betriebs – und Geschäftsgeheimnisse, sowohl während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als auch nach seiner Beendigung Stillschweigen zu bewahren. Im Zweifelsfalle sind technische, kaufmännische und persönliche Vorgänge und Verhältnisse, die dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit für die Gesellschaft bekannt werden, als Geheimnisse der Gesellschaft zu behandeln. Die Schweigepflicht erstreckt sich auch auf Angelegenheiten anderer Unternehmen, mit denen die Gesellschaft wirtschaftlich oder organisatorisch verbunden ist.“

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gem. § 3 des Änderungsvertrages vom 02.03.2017 die jeweils für den Betrieb geltenden Tarifverträge Anwendung. Dies ist insbesondere der Manteltarifvertrag Nr. 3 (MTV-EAT) sowie der Tarifvertrag Bordvertretung (TV-Bordvertretung). Bei der Beklagten besteht eine Bordvertretung. Für die vorliegenden Kündigungen gilt § 64 des TV-Bordvertretung.

In den §§ 8 bis 10 des MTV – EAT finden sich auszugsweise folgende Verhaltenspflichten:

§ 8 Allgemeine Pflichten

1.Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich jederzeit so zu verhalten, dass die Sicherheit des Flugbetriebs nicht beeinträchtigt wird. Er hat die ihm übertragenen Aufgaben, insbesondere die flugbetrieblichen Vorgaben, gewissenhaft und ordnungsgemäß auszuführen und seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen.

§ 9 Verschwiegenheit

Der Arbeitnehmer hat über geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, insbesondere Geschäfts – und Betriebsgeheimnisse, sowohl während der Dauer des Arbeitsverhältnisses als auch nach dessen Beendigung Stillschweigen zu bewahren. Dies gilt nicht für Tatsachen die offenkundig sind.

§ 10 Nebentätigkeit, Wettbewerbsverbot

1. Jede Nebentätigkeit, gleichgültig, ob sie entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, ist vor deren Aufnahme in der Gesellschaft schriftlich anzuzeigen.

Daneben gelten im Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien der Verhaltenskodex der …und die … Guideline.

Mit Schreiben vom 21.03.2017 zeigte der Kläger eine Nebentätigkeit gegenüber der Beklagten an. Als Inhalt der Nebentätigkeit gab er an „Promotion/Modeln (Blogger) als Selbstständiger und auf eigene Rechnung“. Die Nebentätigkeit wurde von der Beklagten genehmigt.

Der Kläger betreibt Profile in sozialen Netzwerken wie „Instagram, Facebook und YouTube“ in denen er unter seinem Namen oder dem Namen „….“ sein Leben als Pilot der Öffentlichkeit zugänglich macht. Hierbei verwendet er auch Fotos und Videos von seiner Tätigkeit als Pilot bzw. den hiermit verbundenen Reisen. Der Kläger fertigt dafür Bilder von sich aus dem Cockpit an, Bilder von sich mit den Flugzeugen, beim Flug der Frachtflugzeuge, in Dienstuniform und in Hotelzimmern. Er nutzt die in seiner Arbeitsumgebung gewonnen Fotos bzw. Videos, um sie in sozialen Netzwerken zum Betrieb seiner Plattform zu verwenden. Die Veröffentlichungen stehen im direkten Zusammenhang mit der Berufstätigkeit bei der Beklagten als Pilot.

Der Kläger kommunizierte im Oktober 2017 während seiner Tätigkeit als First-Officer mit dem Chief Pilot … über die Verwendung von Aufnahmen aus dem Cockpit für die Social Media Plattform der Beklagten (…). In einer E-Mail des Klägers an den Chief Pilot … bat der Kläger um die Erteilung einer Genehmigung zur Anfertigung derartiger Aufnahmen aus dem Cockpit zwecks Verwendung auf der internen Social Media Plattform der Beklagten (…). Gleichzeitig fragte der Kläger an, ob er derartige Aufnahmen auch für seine privaten Social-Media-Aktivitäten verwenden dürfe. Mit E-Mail vom 13.10.2017 gestattete der Chief Pilot … dem Kläger die Verwendung von Aufnahmen aus dem Cockpit unter bestimmten Voraussetzungen. Als Voraussetzungen nannte der Chief Pilot … die Ankündigung des Klägers gegenüber dem anderen Piloten. Ferner sei das Einverständnis des anderen Piloten erforderlich.

Im Jahre 2019 wurde der Kläger zum Piloten ausgebildet. Der Beklagten fielen die intensiven Social-Media-Aktivitäten des Klägers negativ auf. Hierzu sollte ein Personalgespräch mit dem Kläger stattfinden. Als Gesprächsführer handelte für die Beklagten Herr …, seinerzeitiger Flugbetriebsleiter. Der Flugbetriebsleiter steht in der Hierarchie der Beklagten über dem Chief- Pilot. Er ist der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers.

Zwischen dem Kläger und dem damaligen Flugbetriebsleiter Herrn …, inzwischen Geschäftsführer der Beklagten, fanden sowohl im Zeitraum zwischen dem 04.-07.02.2019, zu Beginn der Kapitänsausbildung des Klägers, als auch am 03.06.2019 Gespräche statt. Der Kläger hat über das Gespräch vom 03.06.2019 ein Protokoll angefertigt (Bl. 328 d. A.). In dem Protokoll heißt es u. a.:

„Des Weiteren widerruft der Flugbetriebsleiter, die von …… (Business Planing & Kommunikationsmanager, EAT) und … (Flottenchef A 300 – 600 EAT) erteilte Genehmigung vom 13.10.2017 (Anhang A). Zum Aufzeichnen von Videos im Cockpit mit Hilfe von festinstallierten „Aktionkameras“. Als Begründung führt der Flugbetriebsleiter …

Der Mitarbeiter empfindet die Maßnahme als reine Schikane und gibt zu bedenken, dass er diese Aufnahmen bereits seit Oktober 2017 anfertigt und es noch nie zu Verzögerungen im Flugbetrieb deswegen kam. Der Mitarbeiter versichert, dass auch in Zukunft der Flugbetrieb und die Sicherheit an Bord oberste Priorität hat. Der Flugbetriebsleiter besteht dennoch auf dem Verbot.“

In einem E-Mail vom 04.06.2019 bat der Chief Pilot … den Kläger darum, Internetpublikationen in Bezug auf den fliegenden Teil des Geschäfts zu unterlassen, mit anderen Worten, keine Videos im Cockpit im Flug unterhalb von 10.000 Fuß (Bl. 327 d. A.).

Am 02.07 2019 postete der Kläger auf Instagram ein Bild von sich aus dem Cockpit eines Flugzeuges (Anlage B 10, Bl. 190 der Akte).

Am 24.07.2019 war der Kläger als Kapitän eines Frachtfluges eingesetzt, welcher als Fracht Geldscheine von … in …, über …, zum Flughafen … transportierte. Den Charter-Brief (Anlage B 15) erhielt der Kläger am 24.07.2019 zum Crew-Briefing in … um 08:15 Uhr ausgehändigt. Die Frachtpapiere (Charter-Brief) haben, mit besonderer Wichtigkeitskennung durch drei Ausrufezeichen, folgenden Wortlaut:

„!!!Do not take any pictures/videos of freight or transport of freight!!!“

Zusätzlich waren am 24.07.2019 auf der Teilstrecke von … (….) bis … (…) zwei Sicherheitskräfte der Bundesbank anwesend.

Der Kläger fertigte zu diesem Werttransportflug eine Instagram-Story mit Foto- bzw. Video-Elementen. Das Video dauerte ca. 2 Minuten lang. In der Story benennt der Kläger u.a. den Flughafen … In Sekunde 44 bis Sekunde 54 preist der Kläger ein Sonnenschutzprodukt der Marke … an. Ab Sekunde 54 bis 1 Minute 26 Sekunden wird der Anflug der Landung und das Taxing am Flughafen … dargestellt. Anschließend wird der Kläger eingeblendet. Er spricht folgendem Text in englischer Sprache: „Welcome aboard a very special flight. I am not allowed to tell you what I am flying, where I am flying, when I am flying. It is a very special mission. It is top secret.“

In der deutschen Übersetzung (Anlage B 26, Bl. 209 der Akte) lautet der Text der Instagram-Story auszugsweise:

„Heute war ich auf einer speziellen Mission. Ich darf leider nichts dazu veröffentlichen, aber es hatte mit einer Menge Geld zu tun. Alles war streng geheim und ich habe mich wie der Pilot von James Bond gefühlt.“

Ab Minute 1 Sekunde 41 zeigt die Story einen Sicherheitsmitarbeiter mit Sicherheitshund. Im Anschluss wird das Überfliegen der Stadt … gezeigt.

Beigefügt war ein Foto des Klägers in Pilotenuniform im Cockpit eines Flugzeugs mit dem Hinweis: #topsecret und #jamesbondfeeling. In der Story wird eine Luftaufnahme gezeigt mit folgender Aufschrift: …, … und …. Als Emoji sind drei Geldscheine mit Dollar-Aufdruck und Flügeln dargestellt.

Ergänzend postete der Kläger hierzu in seinem Instagram-Profil.

Am 04.09.2019 wurde der Kläger unter Anwesenheit des Vertreters der Bordvertretung angehört. Ihm wurde die Veröffentlichung der Instagram-Story vom 24.07.2019 vorgeworfen. Die Anhörung des Klägers fand zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung wegen der Veröffentlichungen über den Flug vom 24.07.2019 statt. In dem Gespräch machte der Kläger auf eine seiner Ansicht nach bestehende Erlaubnis zum Filmen und zum Veröffentlichen von Aufnahmen im Flugzeug vom Chef-Piloten aus dem Jahre 2017 aufmerksam. Im Rahmen der Anhörung teilte der Kläger mit, dass er auch in Zukunft weiterhin seine Social-Medien-Aktivitäten betreiben werde und hierbei auch den Zusammenhang zu seiner Tätigkeit als Pilot herstellen würde. Im Anschluss an die Anhörung wurde der Kläger unwiderruflich freigestellt.

Mit Anhörungsschreiben vom 11.09.2019 hörte die Beklagte die Bordvertretung zu der beabsichtigten Kündigung an. Die Bordvertretung hat die Stellungnahmefrist ohne eine Stellungnahme abzugeben, verstreichen lassen.

Mit Schreiben vom 17.09.2019 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger spätestens am 19.09.2019 zu. Mit Schreiben vom 20.09.2019 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis hilfsweise ordentlich.

Mit Schreiben vom 01.10.2019 erklärte die Beklagte eine weitere außerordentliche Kündigung und hilfsweise ordentliche Kündigung wegen Abrechnungsbetruges hinsichtlich der Arbeitszeit und Zulagenzahlungen. Am 27.09.2019 wurde die Bordvertretung hierzu angehört. Die Bordvertretung hat den Kündigungen widersprochen.

Nach Kündigungsausspruch veröffentlichte der Kläger weitere Postings, welche ihn in seinem Arbeitsumfeld zeigen. So erfolgten zwei Instagram-Posts im Oktober und zwei weitere Instagram-Posts im November 2019.

Im März und April 2020 postete der Kläger weiterhin als Pilot.

Im Jahre 2020 hat der Kläger auf Instagram 98 dauerhafte Posts veröffentlicht. Hierbei verbindet der Kläger Bildmaterial, das ihm in Dienstkleidung eines Flugkapitäns zeigt, mit Reisetipps, Angaben über Pilotentätigkeiten, „High Society News“ und ähnlichen interessanten Anmerkungen. Auf das Anlagenkonvolut B 53 (Bl. 408 – 414 d. A.) wird Bezug genommen.

Der Kläger bestreitet das Vorliegen von Kündigungsgründen. Er beruft sich auf die erteilte Nebentätigkeitgenehmigung. Sowohl Herrn …als auch Herr … hätten ihm die Gestattung zur Anfertigung von Videoaufnahmen im Cockpit erteilt. Zumindest im Bereich von über 10.000 Fuß bestehe eine Gestattung zur Anfertigung von Videoaufnahmen.

Der Kläger verweist auf Social-Media-Aktivitäten anderer Piloten der Beklagten. Die Beklagte sei in diesen Fällen nicht gegen die Internetaktivitäten dieser Piloten vorgegangen. Der Kläger geht von einer Benachteiligung als homosexueller Mann i. S. des AGG aus.

Der Kläger bestreitet die ordnungsgemäße Anhörung der Bordvertretung. Gründe für den Kündigungsausspruch lägen weder bei dem Post nach dem Flug vom 24.07.2019 vor, noch habe es Unregelmäßigkeiten oder einen schweren Betrug gegeben.

Der Kläger hat beantragt

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 17.09.2019 mit sofortiger Wirkung beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Flugkapitän in der Entgeltstufe CPT 1 entsprechend dem Änderungsvertrag vom 16.05.2019 zum Arbeitsvertrag vom 22.09.2016 bis zur rechtskräftigen Entscheidung weiter zu beschäftigen.

3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht aufgrund der ordentlichen Kündigung vom 20.09.2019 zum 31.12.2019, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin beendet sein wird.

4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der ordentlichen Kündigung vorn 07.10.2019 zum 31.01.2020, hilfsweise zum nächstmöglichen Termin beendet sein wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Zudem hat sie beantragt

2. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Fotos und/oder Videos zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugeben, die Flugzeuge einschließlich Teilen davon, insbesondere das Cockpit, zeigen, die von der Beklagten eingesetzt wurden oder eingesetzt werden.

3. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Fotos und/oder Videos zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugeben, die ihn in Dienstkleidung der Beklagten, einschließlich entsprechender Kopfbedeckung, zeigen.

4. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, die dem Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit, insbesondere als Kapitän und/oder Co-Pilot für die Beklagte überlassenen Betriebs- und Frachtunterlagen, die der ordnungsgemäßen Durchführung und Dokumentation der von der Beklagten durchgeführten Frachtflüge dienen. insbesondere Treibstoffkalkulationen, Flugdurchführungspläne, Lade- und Frachtpapiere, Sicherheitsmaßnahmen der Beklagten und/oder Ausbildungsplane. zu nutzen und/oder zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugeben, insbesondere nicht Fotos und/oder Videos, welche die vorgenannten Unterlagen und Dokumente zeigen, und/oder die den vorgenannten Unterlagen und Dokumenten enthaltenen Informationen wiedergeben.

5. Der Kläger hat sämtliche von ihm oder in seinem Auftrag angefertigten Fotos und Videos,

a) die Flugzeuge einschließlich Teilen davon, insbesondere das Cockpit, zeigen, die von der Beklagten eingesetzt wurden oder eingesetzt werden sowie

b) die ihn in Dienstkleidung der Beklagten, einschließlich entsprechender Kopfbedeckung, zeigen,

c) die Dokumente und Unterlagen zeigen oder Informationen wiedergeben, die gemäß dem vorstehenden Antrag unter Ziffer 3 benannt sind, zu vernichten oder an die Beklagte herauszugeben. Der Kläger wird erforderlichenfalls verpflichtet. die Vernichtung eidesstattlich zu versichern.

6. Der Kläger ist verpflichtet, Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer schriftlichen systematischen Aufstellung über

a) die seit dem 4. Februar 2019 veröffentlichten Fotos und Videos,

b) auf welcher Plattform und mit welcher Dauer diese veröffentlicht wurden,

c) welche Klickzahlen bzw. Follower diese erreicht haben

d) die hieraus erzielten Bruttoeinnahmen. Der Kläger wird erforderlichenfalls verpflichtet, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte eidesstattlich zu versichern.

7. Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche Schäden zu ersetzen, die der Klägerin aus der Veröffentlichung der in Ziff. 1 wiedergegebenen Videos und Fotos entstanden sind und/oder künftig entstehen werden.

8. Hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigungen vom 17. September 2019, 20. September 2019, 1. Oktober 2019 und 7. Oktober 2019 beendet wurde oder beendet wird, beantragen wir:

a) Der Kläger ist verpflichtet, der Beklagten Auskunft über sämtliche Einkünfte, die er seit dem 18. September 2019 erzielt hat, zu erteilen.

b) Das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum 31. Dezember 2019 aufzulösen. Der Kläger wird erforderlichenfalls verpflichtet, die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte gemäß Ziffer 6 a eidesstattlich zu versichern.

Der Kläger hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beruft sich darauf, dass die konkrete Art der Nebentätigkeit des Klägers unbekannt gewesen sei. Letztlich vermarkte der Kläger seine Funktion bei der Beklagten zu Werbezwecken bzw. er verwende diese zur Durchführung von Werbung für seine eigene Person. Der Chief Pilot … habe Aufnahmen aus dem Cockpit ausschließlich für die interne Plattform (…) erlaubt. Eine generelle Erlaubnis zur Anfertigung von Videoaufnahmen aus dem Cockpit für eigene kommerzielle Zwecke des Klägers liege nicht vor. Anlässlich einer Fortbildung vom 04. – 07.02.2019 habe Herr … gegenüber dem Kläger klargestellt, dass während des Fluges gar keine Foto- und Filmaktivitäten mehr erlaubt seien. Da sich der Kläger hieran nicht gehalten habe, sei es zu dem weiteren Personalgespräch vom 03.06.2019 gekommen. Mit E-Mail vom 04.06.2019 sei der Kläger von Herrn … aufgefordert worden, jedwede Veröffentlichung im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb zu unterlassen.

Auslöser für die Kündigung sei die Instagram-Story des Klägers über den Geldtransport vom 24.07.2019 gewesen.

Das Arbeitsgericht Leipzig hat mit Urteil vom 18.09.2020 den Kündigungsschutzanträgen des Klägers stattgegeben. Nach Ansicht des Arbeitsgerichts hätte es vor Kündigungsausspruch einer Abmahnung des Klägers bedurft. Der Widerklage wurde lediglich hinsichtlich der Auskunftserteilung über Einkünfte des Klägers seit dem 18.09.2019 stattgegeben. Im Übrigen wurde die Widerklage abgewiesen.

Das Urteil ist dem Klägervertreter am 22.12.2020, dem Beklagtenvertreter am 28.12.2020 zugestellt worden.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 19.01.2021 Berufung eingelegt. Der Beklagtenvertreter hat mit Schreiben vom 22.01.2021, eingegangen am selben Tag beim Sächsischen Landesarbeitsgericht seinerseits Berufung eingelegt. Der Kläger hat die Berufung mit Schriftsatz vom 22.02.2022, Eingang bei Gericht am selben Tag, begründet. Nach entsprechender Verlängerung hat die Beklagte die Berufung am 29.03.2021 begründet. Der Kläger hat seine Berufung zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt, auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18. September 2020, AZ. 12 Ca 2722/19 teilweise abgeändert und wie folgt entschieden:

1. Die Klage des Klägers wird abgewiesen, soweit sie nicht auf die Verurteilung der Beklagten gerichtet ist, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung weite zu beschäftigen.

Hilfsweise für den Fall, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 17. September 2019, 20. September 2019, 1. Oktober 2019, oder 7. Oktober 2019 beendet wurde, wird erkannt:

2. Das Arbeitsverhältnis wird gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum 31. Dezember 2019 aufgelöst.

Auf die Widerklage der Beklagten wird erkannt:

3. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € für jede schuldhafte Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Fotos und/oder Videos zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugegeben, die das Cockpit von Flugzeugen der Beklagten oder Teile davon zeigen, soweit hierfür keine Zustimmung der Beklagten vorliegt.

4. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € für jede schuldhafte Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, Fotos und/oder Videos zu kommerziellen Zwecken zu vervielfältigen, zu verbreiten und/oder öffentlich wiederzugeben, die ihn in Dienstkleidung der Beklagten zeigen, soweit hierfür keine Zustimmung der Beklagten vorliegt.

5. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € für jede schuldhafte Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, die dem Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit, insbesondere als Kapitän und/oder Co- Pilot für die Beklagte überlassenen Betriebs – und Frachtunterlagen, die der ordnungsgemäßen Durchführung und Dokumentation der von der Beklagten durchgeführten Frachtflüge dienen, insbesondere Treibstoffkalkulationen, Flugdurchführungspläne, Lade – und Frachtpapiere, Sicherheitsmaßnah-men der Beklagten und/oder Ausbildungspläne, zu verbreiten und/oder öffentlich wider zu geben, insbesondere nicht Fotos und/oder Videos, welche die vorgenannten Unterlagen und Dokumente zeigen, und/oder die in den vor genannten Unterlagen und Dokumenten enthaltenen Informationen wiederzugeben.

6. Der Kläger hat sämtliche Fotos und Videos, die

a) folgende Inhalte zeigen:

das Cockpit von Flugzeugen der Beklagten oder Teile davon, den Kläger in Dienstkleidung der Beklagten oder Dokumente und Unterlagen oder Informationen, die gemäß dem vorstehenden Antrag unter Ziffer 5 benannt sind, und

b) auf den Profilen des Klägers auf

Instagram (erreichbar unter der Internetadresse: https…),

Facebook (erreichbar unter der Internetadresse: https….),

YouTube (erreichbar unter der Internetadresse: …),

TikTok (erreichbar unter der Internetadresse: …?)

oder auf der Webseite des Klägers erreichbar unter der Internetadressen …

veröffentlicht sind, zu vernichten oder an die Beklagte herauszugeben.

Die Beklagte erachtet die Entscheidung des Arbeitsgerichts Leipzig für rechtsfehlerhaft. Auf die Widerklage hin sei der Kläger vielmehr zur Unterlassung und Vernichtung der im betrieblichen Bereich gewonnenen Bilder verpflichtet.

Der Kläger beantragt zuletzt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.09.2020 – 12 Ca 2722/19 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Geschäftsführers der Beklagten …. Bezüglich des Inhalts der Aussage wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2022 verwiesen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der Berufungsinstanz wird auf den Akteninhalt und die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten erfolgte form-und fristgerecht. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete aufgrund außerordentliche Kündigung vom 17.09.2021. Auf die Widerklage hin war der Kläger zu Unterlassung und zur Herausgabe zu verurteilen.

I.

Die Berufung der Beklagten ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2c) Arbeitsgerichtsgesetz. Die Berufung der Beklagten wurde fristgerecht eingelegt. Das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.09.2020 wurde dem Beklagtenvertreter am 28.12.2020 zugestellt. Innerhalb der Berufungsfrist von einem Monat nach § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG wurde am 22.01.2021 Berufung eingelegt. Nach entsprechender Verlängerung hat die Beklagte am 29.3.2021 ihre Berufung begründet, § 66 Absatz 1 S. 1 und S. 5 Arbeitsgerichtsgesetz. Damit liegt eine form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten vor.

II.

1. Der Kläger hat wirksam Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche Kündigung vom 17.09.2019 erhoben.

Ein besonderes Feststellungsinteresse i. S. von § 256 ZPO ist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht erforderlich. Um die Folgen des § 7 KSchG zu vermeiden, ist der Kläger gehalten innerhalb von drei Wochen nach Kündigungszugang gemäß § 4 KSchG Kündigungsschutzklage zu erheben.

Die Kündigung vom 17.09.2019 ist nicht bereits gemäß § 4 KSchG sozial gerechtfertigt. Gemäß § 4 KSchG ist eine Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Die Kündigung vom 17.09.2019 ist dem Kläger spätestens am 19.09.2019 zugegangen.

Mit Schreiben vom 19.09.2019, Eingang bei Gericht am 20.09.2019, hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Damit ist die Frist des §§ 4 KSchG gewahrt.

III.

Die Kündigung der Beklagten vom 17.09.2019 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien beendet. Es lag ein wichtiger Grund zum Kündigungsausspruch im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor.

a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände typischerweise als wichtiger Grund „an sich“ geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falles und Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (st. Rspr, vgl. BAG, Urteil vom 16.12. 2010, 2 AZR 485/08, juris, zu II.1. der Gründe).

Nach § 241 Abs. 2 BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags auch ohne gesonderte Vereinbarung zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Bei der Konkretisierung der Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) sind die grundrechtlichen Rahmenbedingungen hinreichend zu beachten (LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 25.09.2019 – 7 Sa 39/19 – Rn. 67).

In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass juristische Personen des Privatrechts nicht nur Ehrenschutz genießen, sondern sich auch auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen können, wobei sie allerdings insoweit verfassungsrechtlich nur aus Art. 2 Abs. 1 und nicht auch aus Art. 1 Abs. 1 GG geschützt sind und dieser Schutz eingeschränkt ist, als er nur insoweit besteht, als die juristischen Personen des Privatrechts aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und in ihren Funktionen dieses Schutzes bedürfen. Letzteres ist der Fall, insoweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenkreis betroffen ist, was wiederum insbesondere dann zu bejahen ist, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Arbeitgeber oder Wirtschaftsunternehmen betroffen werden. In diesen Grenzen steht juristischen Personen sowohl ein Recht am eigenen Bild als auch am eigenen Wort als Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts zu (BGH 8. Februar 1994 – VI ZR 286/93 – Rn. 23; OLG Stuttgart 08.07.2015 – 4 U 182/14 – Rn. 105, jeweils m.w.N.; KG, 30.11.1999 – 9 U 8222/99 – Rn. 3). In Konkretisierung dieses Grundsatzes nimmt die Rechtsprechung an, dass das Fertigen von Aufnahmen gegen den Willen der juristischen Person in der ihrem Hausrecht unterliegenden, nicht frei zugänglichen räumlichen Sphäre als Eingriff in das Hausrecht auch einen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht darstellt. Grundsätzlich muss es im Rahmen dieser Sphäre niemand hinnehmen, dass gegen seinen Willen Aufnahmen gefertigt werden (OLG Stuttgart 08.07.2015 – 4 U 182/14 – Rn. 106; für Filmaufnahmen: KG 30.11.1999 – 9 U 8222/99 – Rn. 4, LAG Rheinland-Pfalz aaO, Rn. 68).

Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer außerdem eine umfassende Verschwiegenheitspflicht, begründet auf die arbeitsvertragliche Treuepflicht. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse des Arbeitgebers zu wahren (BAG 23.10.2008 – 2 ABR 59/07- Rn. 23 m.w.N-). Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist eine gravierende Vertraulichkeitsverletzung durch den Arbeitnehmer regelmäßig „an sich“ geeignet, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen (LAG Rheinland-Pfalz, aaO., Rn. 70).

Einen wichtigen Grund „an sich“ zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung stellt ein erheblicher Verstoß gegen die Rücksichtnahmepflicht dar. Die sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebende vertragliche Rücksichtnahmepflicht verlangt von den Parteien eines Arbeitsverhältnisses, gegenseitig auf die Rechtsgüter und Interessen der jeweils anderen Vertragspartei Rücksicht zu nehmen. Dabei ist die in den Grundrechten zum Ausdruck kommende Werteordnung zu beachten. Der Arbeitnehmer hat seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis dabei so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebes nach Treu und Glauben billigerweise verlangt werden kann. Diese Pflicht trifft den Arbeitnehmer auch außerhalb der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber muss unsachliche, haltlose Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, nicht hinnehmen. Ein bewusst illoyales Verhalten gegenüber Vorgesetzten kann deshalb abhängig von den Umständen des Falls einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch 19. Aufl., § 127 Rn. 115, m.w.N.).

b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen lag ein wichtiger Grund „an sich“ zum Ausspruch der Kündigung vom 17.09.2019 vor.

Der Kläger verfügte zu keinem Zeitpunkt über eine Nebentätigkeitserlaubnis zum Betrieb verschiedener Social-Media-Kanäle, Internetseiten und Internet-Auftritte in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit als Flugzeugkapitän bei der Beklagten. Eine ausdrückliche Genehmigung, den fliegerischen Teil seiner Arbeit auf privaten Social-Media-Kanälen zu veröffentlichen, hat die Beklagte nicht erteilt.

Zu Beginn seiner Tätigkeit bei der Beklagten hatte der Kläger eine Nebentätigkeitserlaubnis beantragt. Als Tätigkeiten hatte der Kläger als Beschreibung der Nebentätigkeit angegeben: „Promotion, Modeln (Blogger)“.

Promotion kann man mit „Werbung“ übersetzen. Im „Duden“ (Duden-Online) versteht man unter diesem Begriff die Förderung des Absatzes und Werbung (durch besondere Werbemaßnahmen, z.B. Verteilung von Warenproben). Unter „Modeln“ versteht man einen Auftritt zu Werbezwecken. Der Ausdruck ist in der Modebranche geläufig. Dort wird eine Bekleidungs-Kollektion häufig von Models vorgeführt. Das „Bloggen“ beschreibt eine schriftliche Äußerung zu aktuellen Themen im Internet. Eine Person schreibt zu bestimmten Themen (mit). Die Tätigkeit des „Bloggens“ hatte der Kläger in Klammern gesetzt angegeben.

Der Inhalt der erteilten Nebentätigkeitsgenehmigung bestimmt sich nach deren objektiven Erklärungswert. Nach den objektiven Angaben des Klägers für die beantragte Nebentätigkeit, beabsichtigte er eine Nebentätigkeit in der Werbung. Es handelt sich anscheinend um Werbung für bestimmte Produkte. Dabei beabsichtigte der Kläger offenbar auch als Model zu agieren. Der Zusammenhang zum „Bloggen“ erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht ohne Weiteres. Aus diesem Grunde macht das „in Klammer setzen“ dieser Tätigkeit durch den Kläger einen gewissen Sinn. Dem Antrag des Klägers auf Genehmigung einer Nebentätigkeit war daher von ihrem äußeren Erklärungswert lediglich zu entnehmen, dass eine Tätigkeit zu Werbungszwecken beabsichtigt war. Weitere konkrete Angaben waren in dem Antrag nicht beinhaltet. Die korrespondierende Genehmigung dieser Nebentätigkeit durch die Beklagte konnte sich demzufolge nur auf diese recht allgemeinen Beschreibungen des Klägers erstrecken.

Der Nebentätigkeitsantrag beinhaltete nicht, dass der Kläger beabsichtigte, gewerbliche Aktivitäten im Zusammenhang mit seiner fliegerischen Tätigkeit bei der Beklagten auszuüben. Einen Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Klägers enthält der Nebentätigkeitsantrag nicht. Speziell ein solcher Bezug zur Haupttätigkeit ist aber für den Arbeitgeber erkennbar regelmäßig von Bedeutung. Gerade der Zusammenhang mit der Haupttätigkeit steht im Interesse des Betriebes. Der Arbeitgeber möchte nicht nur Wettbewerb und Konkurrenztätigkeiten ausschließen. Er möchte auch solche Nebentätigkeiten ausschließen, welche ein negatives Bild von der betrieblichen Tätigkeit hinterlassen können. Beantragt der Arbeitnehmer eine Nebentätigkeit, die unmittelbaren Bezug zur Haupttätigkeit aufweist, hat er dies gegenüber dem Arbeitgeber kenntlich zu machen. Diese Angabe liegt erkennbar im Interesse des Betriebes.

Der Kläger hat aber keine derartige Nebentätigkeitsgenehmigung beantragt.

Er hat lediglich eine allgemein und recht abstrakte Nebentätigkeit über Werbemaßnahmen angezeigt. Eine Nebentätigkeitsgenehmigung liegt daher auch nur für diese beantragten Tätigkeiten – Werbung und Modeln – vor. Darüber hinaus hat die Beklagte keine Nebentätigkeitsgenehmigung erteilt. Der Kläger geht fehl mit seiner Ansicht, es liege eine Nebentätigkeitsgenehmigung der Beklagten zum Betrieb eines Social-Media-Kanals, von Internetseiten und Internet-Auftritten unter Bezug zu seiner fliegerischen Tätigkeit vor. Hier irrt der Kläger. Eine derartige Genehmigung hat die Beklagte ihm zu keinem Zeitpunkt erteilt. Solch eine Genehmigung vermochte die Beklagte ihm nach den wenig aussagekräftigen Angaben in seinem Nebentätigkeitsantrag auch gar nicht zu erteilen.

Der Kläger kann sich nicht auf eine Genehmigung zur Fertigung von Aufnahmen aus dem Flugzeugcockpit durch Herrn … vom 13.10.2017 berufen. Herr … genehmigte seinerzeit Aufnahmen aus dem Cockpit für eine betriebliche, interne Social-Media-Plattform der Beklagten (…). Lediglich mit einem Satz erwähnte der Kläger in seiner Anfrage, dass er solche Aufnahmen auch für seine privaten Social-Media-Aktivitäten verwenden möchte. Der Chief-Pilot erteilte eine Genehmigung für Aufnahmen aus dem Cockpit unter weiteren Auflagen. Damit erstreckt sich diese Genehmigung aber grundsätzlich nur auf die Verwendung derartiger Aufnahmen für die interne Social-Media-Plattform der Beklagten (…). Eine allgemeine Genehmigung zur Verwendung solcher Aufnahmen auf jedweden privaten Social-Media-Plattformen beinhaltet die E-Mail vom 13.10.2017 nicht. Dies ist bei objektiver Betrachtungsweise durchaus erkennbar.

Diese Sachlage zeigt sich auch in den beiden Personalgesprächen zwischen dem Geschäftsführer Herrn … und dem Kläger in aller Deutlichkeit nieder. In dem vom Kläger selbst angefertigten Gesprächsprotokoll über das Gespräch vom 03.06.2019 (Bl. 1159 d. A.) wird deutlich, dass die Beklagte mit dem Social-Media-Auftritt des Klägers grundsätzlich nicht einverstanden ist. Des Weiteren widerruft der Flugbetriebsleiter die von … und Herrn … erteilte Genehmigung zum Aufzeichnen von Videos im Cockpit.

Damit war für den Kläger zu diesem Zeitpunkt zum einen deutlich, dass weder sein Social-Media-Auftritt im Zusammenhang mit der Flugtätigkeit genehmigt war, noch Filmaufnahmen aus dem Cockpit gestattet waren. In seiner E-Mail vom 04.06.2019 spricht der Kläger selbst von einem „Verbot von Videoaufzeichnungen im Cockpit“ (Bl. 1160 d. A.). Der Vorgesetzte des Klägers, damals Flugbetriebsleiter, heute Geschäftsführer, hatte eine eindeutige Weisung im Sinne von §§ 106 GewO i.V.m. § 315 BGB ausgesprochen. Diese Weisung hat der Kläger ersichtlich verstanden. Der Kläger empfand die Weisung als Schikane. Daher wollte er konzernintern Hilfe in Anspruch nehmen. Es verblieb jedoch inhaltlich bei der erteilten Weisung des Flugbetriebsleiters.

c) Das Gericht hat zu den Gesprächen vom Februar 2019 und vom 03.06.2019 Beweis erhoben durch Einvernahme des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn …. Der Geschäftsführer der Beklagten erscheint glaubwürdig. Eine Parteilichkeit kommt im Rahmen der Aussage nicht zum Ausdruck. Der Geschäftsführer ist ersichtlich bemüht eine wahrheitsgemäße Aussage zu treffen.

Die Aussage des Geschäftsführers ist glaubhaft. Der Inhalt der Aussage steht in Übereinstimmung mit dem sie begleitenden E-Mail-Verkehr. Der E-Mail-Verkehr gibt die zu Protokoll erklärten Aussagen wieder. Der Geschäftsführer erläutert die näheren Umstände der beiden Gespräche

Der Geschäftsführer … hat ausgesagt, dass bereits in dem ersten Personalgespräch im Februar 2019 filmerische Aktivitäten während des Fluges untersagt worden sind. Der Kläger hat zu erkennen gegeben, dass er diese Vorgabe einhalten wird (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2022, Bl. 1498-1500 d. A.).

Tatsächliche trug es sich jedoch zu, dass der Kläger über einen weiteren Flug auf seinem Social-Media-Kanal veröffentlichte. Der Geschäftsführer … sah sich veranlasst, erneut ein Personalgespräch durchzuführen. Daraufhin folgte das weitere Personalgespräch vom 03.06. 2019. In diesem Gespräch hat der Geschäftsführer nochmals verdeutlicht, dass filmerische Aktivitäten untersagt sind. Allerdings zeigte der Kläger kein Verständnis für diese Untersagung.

Den Inhalt dieses Personalgespräch vom 03.06.2019 gibt der Kläger selbst in seinem Gesprächsprotokoll und in der E-Mail vom 04.06.2019 wieder. Darin wird die Untersagung filmerischer Aktivitäten durch den Geschäftsführer … bestätigt. Aufgrund dieser Übereinstimmung zwischen der Aussage des Geschäftsführers … und dem Protokoll des Klägers über das Gespräch, sowie seines E-Mails vom 04.06.2019, schenkt das Gericht der Aussage des Geschäftsführers … Glauben. Das Gericht legt die Aussage seiner Entscheidungsfindung zugrunde.

Die E-Mail von Herrn … vom 04.06.2019 vermag inhaltlich keine Änderung zugunsten des Klägers herbeizuführen. Der Geschäftsführer Herr …, damaliger Flugbetriebsleiter, steht in der Rangordnung innerhalb der Hierarchie der Beklagten unstreitig über dem Rang von Herrn …. Dies war dem Kläger bekannt. Damit vermag seine E-Mail die Weisung des Vorgesetzten des Klägers nicht zu unterlaufen. Maßgeblich ist allein die Weisung von Herrn ….

d) Die Weisung des Geschäftsführers vom 03.06.2019 ist rechtswirksam gemäß §§ 106 GewO, 315 BGB. Eine Weisung kann sich gemäß § 106 GewO auf Inhalt, Ort und Art der Arbeitsleistung erstrecken. Die erteilte Weisung bezog sich sowohl auf den Inhalt als auch auf die Art der zu erbringenden Arbeitsleistung. Es wurde festgelegt, dass ausschließlich fliegerische Tätigkeit zu erfolgen hat. Filmaufnahmen wurden untersagt. Damit wurde die Art der zu erbringenden Leistung festgelegt.

Die Weisung entspricht billigem Ermessen im Sinne von § 315 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Der Kläger hatte Gelegenheit in den vorangegangenen Personalgesprächen seinen Standpunkt zu schildern. Der Geschäftsführer hat dies zur Kenntnis genommen und eine Abwägung vorgenommen. Dabei hat er den Schwerpunkt auf die Flugsicherheit gelegt. Dies wird im Rahmen seiner Aussage deutlich. Damit liegt eine ermessensgerechte Weisung vom 03.06.2019 gegenüber dem Kläger vor.

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass juristische Personen des Privatrechts nicht nur Ehrenschutz genießen (BGH GRUR 1975, 208 – Deutschland-Stiftung; BGH GRUR 1976, 210 – Der Geist von Oberzell; BGH NJW 2005, 279, 282 und NJW 2009, 1872 Tz. 10 – Fraport-Manila-Skandal), sondern sich auch auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen können (BGH NJW 1994, 1281, 1282), wobei sie allerdings insoweit verfassungsrechtlich nur aus Art. 2 Abs. 1 und nicht auch aus Art. 1 Abs. 1 GG geschützt sind (BVerfGE 106, 28 = NJW 2002, 3619 Rn. 42 in Juris) und dieser Schutz insoweit eingeschränkt ist, als er nur insoweit besteht, als die juristischen Personen des Privatrechts aus ihrem Wesen als Zweckschöpfung des Rechts und in ihren Funktionen dieses Schutzes bedürfen (BGH, ebenda). Letzteres ist der Fall, insoweit ihr sozialer Geltungsanspruch in ihrem Aufgabenkreis betroffen ist (BGH NJW 1980, 2807, 2808 – Medizin-Syndikat I), was wiederum insbesondere dann zu bejahen ist, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Arbeitgeber oder Wirtschaftsunternehmen betroffen werden (BGH NJW 1994, 1281, 1282). In diesen Grenzen steht juristischen Personen sowohl ein Recht am eigenen Bild als auch am eigenen Wort als Ausprägungen des Persönlichkeitsrechts zu (BVerfGE 106, 28 = NJW 2002, 3619 Rnrn. 38 ff., insbesondere Rn. 42 in Juris, OLG Stuttgart, 08.07.2015 – 4 U- 182/14 Rn. 118).

In Konkretisierung dieses Grundsatzes nimmt die insoweit ersichtlich einhellige ober- und instanzgerichtliche Rechtsprechung an, dass das Fertigen von Filmaufnahmen gegen den Willen der juristischen Person in der ihrem Hausrecht unterliegenden, nicht frei zugänglichen räumlichen Sphäre als Eingriff in das Hausrecht auch einen Eingriff in das Unternehmenspersönlichkeitsrecht darstellt (KG NJW 2000, 2210 Rn. 4 in Juris; OLG Hamm OLGR 2004, 345 Rn. 25 in Juris; LG Leipzig ZUM-RD 2009, 95 Rn. 15 f. in Juris; LG Hamburg ZUM 2008, 614 Rn. 20 in Juris und AfP 2008, 639 Rn. 16 in Juris; LG Berlin ZUM-RD 2009, 667 Rn. 45 ff. für die Räume einer in der Rechtsform einer Personengesellschaft betriebenen Arztpraxis, OLG Stuttgart, aaO, Rn. 119).

Entgegen der Weisung des Geschäftsführers Herrn … hat der Kläger weiterhin über durchgeführte Flüge auf seiner privaten Social-Media-Plattform gepostet.

Bereits am 02.07.2019 postete der Kläger auf Instagram ein Bild von sich aus dem Cockpit eines Flugzeuges (Bl. 190 d. A.). Damit setzte sich der Kläger über die Weisung seines Vorgesetzten … schlicht hinweg. Das Personalgespräch vom 03.06.2019 war gerade einen Monat her. Gleichwohl setzt sich der Kläger über die eindeutige Weisung vom 03.06.2019 hinweg. Dies stellt eine beharrliche Weigerung des Klägers, den Weisungen seines Vorgesetzten Folge zu leisten dar.

Dieses Verhalten wiegt deshalb besonders schwer, weil der Kläger bereits ein ähnliches Verhalten zwischen den beiden Personalgesprächen vom Februar 2019 und vom Juni 2019 gezeigt hatte. Bereits im ersten Personalgespräch im Februar 2019 waren dem Kläger Aufnahmen aus dem Cockpit untersagt worden. Dennoch hat der Kläger erneut über einen Flug auf Instagram gepostet.

Genau dieses Verhalten wiederholt sich nunmehr erneut. Trotz des Gesprächs vom 03.06.2019 postet der Kläger wieder Bilder aus dem Cockpit. Der Kläger gibt durch sein fortgesetztes Verhalten zu erkennen, dass er nicht geneigt ist, den Weisungen der Beklagten zu folgen. Der entgegenstehende Wille seines Vorgesetzten … ist ihm bekannt. Der Kläger weigert sich beharrlich, der erfolgten Weisung Folge zu leisten. Ein derartiges Verhalten muss die Beklagte nicht hinnehmen. Die Fortsetzung eines derart belasteten Arbeitsverhältnisses ist der Beklagten selbst bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar. Es liegt ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor.

Die fortgesetzte und vorsätzliche Ausübung offensichtlich nicht genehmigungsfähiger Nebentätigkeiten in Unkenntnis des Arbeitgebers stellt aber regelmäßig bereits ohne das Hinzutreten besonderer Umstände an sich einen wichtigen Grund zur Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB dar (vgl. dazu auch Senat 19. April 2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Mit einem derartigen Verhalten gibt der Angestellte zu erkennen, dass er jederzeit bereit ist, seine eigenen wirtschaftlichen Interessen über seine Vertragspflichten und die von ihm erwartete, ausschließlich an den Belangen seines Arbeitgebers orientierte Amtsführung zu stellen (BAG 18.09.2008 – 2 AZR 827/06 – Rn.28)

Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Übernahme von Nebentätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes nach § 11 BAT i.V.m. Art. 73 BayBG grundsätzlich einer vorherigen Genehmigung bedarf. Der Kläger hat über eine solche nicht verfügt. Sein Verhalten verletzt damit seine vertraglichen Pflichten in erheblichem Maße und stellt einen wichtigen Grund i.S.d. § 54 Abs. 1 BAT, § 626 Abs. 1 BGB dar. Diese zutreffende Würdigung des Landesarbeitsgerichts wird von der Revision nicht in Zweifel gezogen, sondern sogar ausdrücklich auf Seite 7 der Revisionsbegründung eingeräumt (BAG 19.04.2007 – 2 AZR 180/06 – Rn.42).

Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält in § 9 einen Genehmigungsvorbehalt für Nebentätigkeiten. Einen solchen Genehmigungsvorbehalt enthält auch der in § 2 des Arbeitsvertrages in Bezug genommene BMT-G (LAG Köln 22.03.2013 – 4 Sa 1062/12 – Rn.37).

e) Bei einem solchen Genehmigungsvorbehalt besteht nur dann ein Anspruch auf Nebentätigkeitsgenehmigung, wenn eine Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers nicht zu erwarten ist (vgl. BAG 26.06.2001- 9 AZR 343/00 m. w. N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung). Dabei ist grundsätzlich die durch Art. 12 Abs. 1 GG Berufsfreiheit des Arbeitnehmers zu beachten (LAG Köln 22.03.2013 -4 Sa 1062/12 – Rn.38).

Es liegt ein Verstoß gegen das Hausrecht als Ausfluss des Eigentumsrechts der Klägerin vor. Demnach bedürfen Filmaufnahmen Dritter stets einer vorherigen Einwilligung. Die Klägerin kann sich als juristische Person auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen, soweit sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Arbeitgeber oder Wirtschaftsunternehmen betroffen ist. Aus dem Hausrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht folgt auch das Recht, die Ausübung des Hausrechts im Einzelnen zu regeln und zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen das Betreten und die Nutzung der dem Hausrecht unterliegenden Bereiche gestattet wird. Unstreitig lag eine Genehmigung der Filmaufnahmen hier nicht vor (LG Leipzig, aaO, Rn. 16).

Der Kläger verstößt gegen die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 BGB.

Die Beklagte ist als Betriebsinhaber berechtigt über die Verwendung ihrer betrieblichen Mittel selbst zu bestimmen. Es obliegt ihrer unternehmerischen Entscheidung, inwieweit sie Filmaufnahmen aus dem betrieblichen Bereich gestatten will. Dies zählt zu ihren unternehmerischen Grundrechten. Indem sich der Kläger über diese Grundrechte hinwegsetzt, verstößt er gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 241 Abs. 2 BGB. Dieser Verstoß ist besonders schwerwiegend, weil der Kläger bewusst gegen die erklärten Interessen der Beklagten handelt.

Der Kläger verletzt die Loyalitätspflicht gegenüber der Beklagten.

Spätestens seit dem Gespräch vom 03.06.2019 kennt der Kläger die Sichtweise und die Haltung der Beklagten. Die Social-Media-Aktivitäten des Klägers im Zusammenhang mit seiner Flugtätigkeit werden beanstandet. Die Beklagte wünschte keine weiteren Filmaufnahmen aus dem Cockpit.

Die Loyalitätsverpflichtung verpflichtet einen Beschäftigten dazu, sich diesem Wunsch des Arbeitgebers anzupassen. Der Beklagten steht ihr Unternehmerpersönlichkeitsrecht und ihr Eigentumsrecht an den betrieblichen Mitteln zur Seite. Vor diesem Hintergrund ist die Untersagung vom 03.06.2019 nicht zu beanstanden. Der Kläger verletzt seine Rücksichtnahmeverpflichtung und Loyalitätsverpflichtung in schwerwiegender Weise, wenn er sich über diesen klar geäußerten Wunsch der Beklagten hinwegsetzt. Dieser Verstoß rechtfertigt eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es ist der Beklagten nicht zuzumuten, ein derartig belastetes Arbeitsverhältnis auf Dauer fortzusetzen. Damit liegt ein Kündigungsgrund “an sich“ vor.

f) Die Internetveröffentlichung des Klägers über den Geldtransport vom 24.07.2019 stellt einen wichtigen Grund zum Kündigungsausspruch gemäß § 626 Abs. 1 BGB dar.

Bei dem Transportflug vom 24.07.2019 handelte es sich um einen Geldtransport.

Die Tatsache, dass es sich dabei um einen Geldtransport handelt, ist für die Piloten der Beklagten anhand der Fluglinie und der Flugzeit bereits erkennbar. Die übrigen Transportflüge finden zur Nachtzeit statt. Geldflüge finden während des Tages statt. Der Kläger hat schon mehrere solche Geldtransportflüge durchgeführt. Die Fluglinie verläuft über …, … und …. Bei dieser Fluglinie handelt es sich um Geldtransporte. Bereits vor diesem Hintergrund war für den Kläger erkennbar, dass es sich um einen Geldtransport handelt. Die gegenteilige Behauptung des Klägers wertete das Gericht als reine Schutzbehauptung.

Die besondere Geheimhaltungsverpflichtung von derartigen Flügen versteht sich nach Ansicht der Kammer von selbst. Gleichwohl verdeutlichen auch die Frachtpapiere diese besondere Geheimhaltungspflicht. Der Einsatz von Wachpersonal mit Schäferhunden zeigt deutlich die Wertigkeit des Transportgutes an. Diese Tatsachen waren dem Kläger als Flugkapitän des maßgeblichen Fluges bekannt. Anderslautende Erklärungen des Klägers wertet das Gericht als reine Schutzbehauptungen.

Der Kläger hat über diesen Flug eine Instagram-Story gepostet. Er kann sich dabei nicht darauf berufen, dies habe nicht er selbst, sondern sein Ehemann vorgenommen. Dessen Handeln muss sich der Kläger zurechnen lassen. Das Gericht schenkt der Aussage des Klägers keinen Glauben, er könne die Filmaufnahmen nicht mit Sicherheit dem Flug vom 24.07.2019 zuordnen. Als verantwortlichem Flugkapitän dürfte ihm dies ohne Weiteres gelingen.

Der Post des Klägers über den Flug vom 24.07.2019 lässt erkennen, dass es sich um einen Geldtransport handelt. Der Kläger spricht davon, dass alles „geheim ist und er nicht darüber berichten darf“. Er spricht von „James Bond-Feeling“. In dem Post verwendet er Emojis, welche Geldsäcke mit Flügeln und Dollarzeichen beinhalten. Die Verwendung dieser Zeichen steht dem gesprochenen Wort gleich. Durch die Verwendung dieser Zeichen bringt der Kläger zum Ausdruck, dass er Geldsäcke transportiert. Einen anderen Sinngehalt vermag man der Instagram-Story schwerlich zu entnehmen.

Im Post wird der Flugverlauf mitgeteilt. Damit macht der Kläger über seinen Social-Media-Kanal bekannt, auf welcher Strecke die Beklagte Geldtransporte durchgeführt hat. Dies stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Geheimhaltungsverpflichtung aus dem Arbeitsverhältnis dar. Dieser Verstoß ist derartig gravierend, dass er einen wichtigen Grund i. S. von § 626 BGB zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses darstellt.

g) Es kann dahingestellt bleiben, ob am 16.Juli 2019 ein Gespräch zwischen dem Geschäftsführer … und Herrn … von … stattfand. Es ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit Herr … als Bevollmächtigter des Klägers gehandelt haben soll. Absprachen zwischen Herrn … und Herrn … sind insoweit für den vorliegenden Rechtsstreit nicht relevant. Der Kläger hat im nicht behauptet, dass Herr … seine Anweisungen vom Februar 2019 und vom 03.06.2019 widerrufen hat. Vielmehr hat er betont, dass er die Posts des Klägers weder für gut noch aus seiner Sicht für begrüßenswert hält. Herr … blieb dabei, dass keine Cockpitaufnahmen zu machen sind (Schriftsatz des Klägervertreters vom 04.05.2020, S4; Bl. 422 der Akte). Soweit der Kläger behauptet, Herr … habe ausdrücklich die Erlaubnis erteilt weiter zu bloggen, beinhaltet dies nicht die Erlaubnis über einen Werttransportflug (…) zu berichten. Der Einvernahme des Zeugen … bedurfte es aus diesem Grunde nicht.

h) Die Kündigung vom (…) ist auch nicht aufgrund einer fehlenden der Kündigung vorausgehenden Abmahnung rechtsunwirksam. Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei Pflichtverletzungen, die auf ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers beruhen, eine positive Beeinflussung des zukünftigen Verhaltens des Arbeitnehmers bereits durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Abmahnung herbeigeführt werden kann, so dass grundsätzlich auch bei einer außerordentlichen Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung eine Abmahnung vorauszusetzen ist (BAG vom 10.06.2010, 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227). Die Abmahnung ist dabei zugleich Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und stellt in Abgrenzung zur Kündigung das mildere Mittel zur Beseitigung einer Vertragsstörung dar. Dies findet auch in der gesetzlichen Regelung des § 314 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB seinen Ausdruck. Allerdings gibt es auch Fallkonstellationen, in denen eine Abmahnung entbehrlich ist. So bedarf es auch in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keiner Abmahnung, wenn eine Verhaltensänderung trotz Abmahnung in Zukunft nicht zu erwarten ist und es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist und dies für den Arbeitnehmer auch erkennbar ist (BAG vom 19.04.2012, 2 AZR 258/11, NZA-RR 2012, 567, LAG Thüringen 13.12.2018 – 4 Sa 68 / 16 – Rn. 63).

Einer vorhergehenden Abmahnung bedurfte es nicht.

Jedem Arbeitnehmer ist einsichtig, dass es sich sowohl bei dem Flugverlauf als auch bei dem Transportgut um streng geheimhaltungsbedürftige innerbetriebliche Umstände handelt. Die Frachtpapiere für den Flug machen dies deutlich. Damit ist ebenso deutlich, dass der Arbeitgeber eine Verletzung dieser Geheimhaltungsverpflichtungen nicht hinnehmen wird. Eine Billigung durch den Arbeitgeber ist von vornherein ausgeschlossen.

Im konkreten Fall ist eine Abmahnung vor dem Hintergrund des unmittelbar vorangegangenen Personalgesprächs vom 03.06.2019 entbehrlich. Der Kläger hat am 02.07.2019 wiederum über einen Flug berichtet. Der Kläger macht deutlich, dass er sich über die Weisung seines Vorgesetzten … hinwegsetzt. Eine Abmahnung ist in dieser Situation nicht erfolgversprechend. Der Kläger ist nicht willens, die Weisung seines Vorgesetzten zu akzeptieren.

Dies zeigt er mit aller Deutlichkeit in dem Post über den Flug vom 24.07.2019.

Die Geheimhaltungsbedürftigkeit dieses Fluges war offenkundig. Dies hält den Kläger nicht davon ab, speziell über diesen Flug zu berichten, bekannt zu geben, dass es sich um einen Geldtransport handelt und die Flugroute mitzuteilen. In deutlicherer Weise kann sich ein Angestellter schwerlich über die erkennbaren Interessen des Arbeitgebers hinwegsetzen. Eine Abmahnung erscheint in dieser Situation nicht erfolgversprechend.

Der Kläger hat sich in der Vergangenheit beharrlich über die Weisung seines Vorgesetzten hinweggesetzt. In seiner Anhörung vom 04.09.2019 hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht von seinen Social-Media-Aktivitäten abhalten lassen wird. In seiner Veröffentlichung über den Flug vom 24.07.2019 macht der Kläger selbst deutlich, dass ihm bewusst ist, dass er über den Flug nicht berichten darf. Gleichwohl berichtete der Kläger über den Inhalt der Fracht und die Flugroute. Der Kläger machte deutlich, dass er auch einer Abmahnung nicht Folge leisten wird.

i) Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zuzumuten ist, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung – etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlustes und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (BAG 10. Juni 2010 – 2 AZR 541/09 – Rn. 34 zur außerordentlichen Kündigung m.w.N., LAG Rheinland-Pfalz, 25.09 2019 – 7 Sa 39 / 19 – Rn. 105).

Im Rahmen der Interessenabwägung vermag das Gericht keine überwiegenden entgegenstehenden Interessen des Klägers zu erkennen. Ersichtlich überwiegen die Interessen der Beklagten. Sie hat die Interessen ihrer Kunden zu wahren. Das Unternehmerpersönlichkeitsrecht schützt die Beklagte in ihrem betrieblichen Bereich. Relevante entgegenstehende Interessen vermochte der Kläger nicht zu verdeutlichen. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestand relativ kurz. Der Kläger war weniger als drei Jahre bei der Beklagten beschäftigt. Das relativ junge Lebensalter des Klägers spricht für eine gute Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. Unterhaltsverpflichtungen werden vom Kläger nicht eingewandt.

Der Kläger hat gegen die Geheimhaltungspflichten aus seinem Arbeitsvertrag verstoßen. Ein billigenswerter Grund für diesen Verstoß lag nicht vor. Der Kläger hat den Post aus eigenen wirtschaftlichen Motiven erstellt. Er hat für ein Produkt der Marke … geworben. Er hat sich zugunsten seiner eigenen wirtschaftlichen Interessen über die Interessen der Beklagten hinweggesetzt. Damit zeigt der Kläger, dass er seine persönlichen Interessen höher bewertet.

Soweit sich der Kläger auf eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes beruft, da er sich als homosexueller Mann diskriminiert fühlt, vermag dies im Rahmen der Interessenabwägung kein anderes Ergebnis zu begründen. Unabhängig von der Frage, inwieweit tatsächlich eine Diskriminierung erfolgt ist, würde dies zu keiner Veränderung bei den Verhaltenspflichten des Arbeitnehmers führen.

j) Die Kündigungserklärungsfrist des §§ 626 Abs. 2 BGB ist eingehalten.

Zutreffend ist zwar, dass für einen Kündigungsberechtigten die Kündigungserklärungsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn er zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnisse von den für seine Kündigungsentscheidung maßgeblichen Tatsachen erhält. Ihm muss daher die Möglichkeit gegeben werden, weitere Ermittlungen anzustellen und soweit es wie vorliegend um eine Verdachtskündigung geht, den Betroffenen anzuhören, ohne dass die Frist aus § 626 Abs. 2 BGB zu laufen beginnt. Allerdings müssen derartige Ermittlungen bzw. eine Anhörung mit der gebotenen Eile erfolgen, um die zeitliche Begrenzung für die Möglichkeit eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, nicht auszuhöhlen (LAG Thüringen, aaO, Rn. 60)

Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist eingehalten. Zwei Wochen nach Abschluss der Ermittlungen hat die Beklagte die außerordentliche Kündigung vom 17.09.2019 erklärt. Dabei waren die Ermittlungen der Beklagten nicht bereits am 04.09.2019 beendet. Im Rahmen der Anhörung hat sich der Kläger auf die Genehmigung des Chief Pilot vom 13.10.2017 berufen. Der Beklagten ist vor diesem Hintergrund eine weitere Frist von zumindest einem weiteren Tag einzuräumen, an welchem sie diesem Entlastungsvortrag des Klägers nachgeht. Hierzu ist sie verpflichtet. Damit waren die Ermittlungen frühestens am 05.09.2019 inhaltlich abgeschlossen. Die Kündigungserklärungsfrist begann daher erst an diesem Tage zu laufen. Die Kündigung ist dem Kläger am 19.09.2019, innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss der Ermittlungen, zugegangen.

k) Die streitgegenständliche Kündigung vom 17.09.2019 ist nicht nach § 64 MTV Bordvertretung i. V. m. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.

Nach ständiger Rechtsprechung des BAG, der die Kammer folgt, ist eine Kündigung nicht nur unwirksam, wenn eine Unterrichtung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seine Unterrichtungspflicht nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug nachgekommen ist. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat grundsätzlich die Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers, die Beschäftigungsdauer, die Kündigungsart sowie die Kündigungsgründe mitzuteilen. Die Kennzeichnung des Sachverhalts muss so umfassend sein, dass der Betriebsrat ohne eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Statthaftigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen und sich ein Bild zu machen (etwa BAG 05.12.2002 – 2 AZR 697/01 -, NZA 2003, 849 ff. LAG Hamm, 27.06.2018 – 4 Sa 1521/17 – Rn. 69).

Die Bordvertretung wurde ordnungsgemäß zur Kündigung angehört. Die Bordvertretung wurde in die laufenden Ermittlungen stets eingebunden. Bei der erfolgten Anhörung des Klägers am 04.06.2019 war ein Mitglied der Bordvertretung anwesend.

Die Beklagte hat das Anhörungsschreiben vom 11.09.2019 an die Bordvertretung vorgelegt. In dem Schreiben wird auf acht Seiten der Verhaltensvorwurf gegenüber dem Kläger detailliert geschildert (Anlage B 57; Bl. 454 – 457 der Akte). In dem Anhörungsschreiben wird ausgeführt, welche Angaben über den Werttransport vom 24.7.2019 gemacht worden sind.

Der Betriebsrat hat die tarifvertragliche Anhörungsfrist ohne Stellungnahme verstreichen lassen.

Die außerordentliche Kündigung vom 17.09.2019 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit sofortiger Wirkung am 19.09.2019 beendet. Die Kündigungsschutzklage war daher abzuweisen.

IV.

Da bereits die außerordentliche Kündigung vom 17.09.2019 das Arbeitsverhältnis beendet hat, standen die weiteren Kündigungen der Beklagten nicht zur Entscheidung an. Es bestand kein Rechtsschutzbedürfnis des Klägers an der Entscheidung zu diesen Kündigungen.

Der Auflösungsantrag der Beklagten stand ebenfalls nicht zur Entscheidung an. Der Auflösungsantrag ist davon abhängig, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch eine der ausgesprochenen Kündigungen wirksam beendet worden ist. Vorliegend hat die Kündigung vom 17.09.2019 das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bereits beendet.

V.

Die Widerklage ist begründet.

Die Beklagte hat Herausgabe und Löschungsansprüche hinsichtlich der rechtswidrig erlangten Foto – und Filmaufnahmen.

a) Grundsätzlich können sich zwar Kapitalgesellschaften nur begrenzt auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen. Eine Ausdehnung der Schutzwirkung jenes Rechts auf juristische Personen ist jedoch insoweit gerechtfertigt, als diese zur Ausübung ihrer Funktionen dieses Rechtsschutzes bedürfen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsbereich als Arbeitgeber oder Wirtschaftsunternehmen betroffen werden (BGH NJW 1994, 1281, 1282). Letzteres trifft hier zu (KG Berlin 30.11.1999 – 9 U8222 / 99 – Rn. 3)

Die Antragstellerin übt in den von ihr betriebenen Zügen als Ausfluss ihres Eigentumsrechts das Hausrecht aus. Dies ist zwischen den Parteien auch außer Streit. Insoweit erstreckt sich die geschützte Individualsphäre im Rahmen des Unternehmenspersönlichkeitsrechts juristischer Personen auf den räumlich gegenständlichen Bereich ihres Geschäftsbetriebes und damit jedenfalls auf den ihrem Hausrecht unterliegenden Bereich. Grundsätzlich muss es im Rahmen dieser Sphäre niemand hinnehmen, dass gegen seinen Willen Filmaufnahmen gefertigt werden. Ausfluss des Hausrechts und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (hier des Unternehmenspersönlichkeitsrechts) ist auch das Recht, die Ausübung des Hausrechts im Einzelnen zu regeln und zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen das Betreten und die Nutzung der dem Hausrecht unterliegenden Bereiche gestattet wird. Eine derartige Gestattung hat im vorliegenden Fall jedoch nicht vorgelegen. Vielmehr ist unstreitig, dass die begehrte Dreherlaubnis sogar ausdrücklich versagt worden ist (KG Berlin aaO, RN.4).

Die Klägerin hat einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB i. V. m. Artikel 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG. Die Verbreitung der beanstandeten Fernsehaufnahmen verletzt das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin, weil die Aufnahmen unter Verstoß gegen ihr Hausrecht gefertigt wurden und ihre Veröffentlichung nicht durch überwiegende Interessen der Beklagten gerechtfertigt ist (vgl. KG NJW 2000, 2210, LG Leipzig, Urteil vom 19.08.2008 – 8 O 1796/08-Rn. 15).

Ausgehend von den oben genannten Rechtsgrundsätzen hat der Kläger in das Hausrecht der Beklagten sowie deren Eigentumsrechte eingegriffen. Durch das unberechtigte Anfertigen von Foto – und Filmaufnahmen liegt ein rechtswidriger Eingriff vor.

Die Beklagte hat als Wirtschaftsunternehmen ein Recht über ihre Darstellung in der Öffentlichkeit selbst zu entscheiden. In dieses Recht hat der Kläger eingegriffen.

Allerdings greift die Verbreitung der Bildaufnahmen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin ein. Betroffen ist der durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete soziale Geltungsanspruch der Klägerin als Wirtschaftsunternehmen (vgl. Senatsurteile vom 3. Juni 1986 – VI ZR 102/85, BGHZ 98, 94, 97; vom 28. Juli 2015 – VI ZR 340/14, BGHZ 206, 289 Rn. 27; vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 12; vom 19. Januar 2016 – VI ZR 302/15, AfP 2016, 248 Rn. 11; OLG Stuttgart, AfP 2015, 450 Rn. 117 f.)

Für die rechtliche Prüfung ist davon auszugehen, dass die Ausstrahlung der beanstandeten Bildaufnahmen auch das durch Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gewährleistete Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berührt. Die Verbreitung nicht genehmigter Filmaufnahmen über Betriebsinterna, zu denen auch die Produktionsbedingungen gehören, stellt grundsätzlich einen betriebsbezogenen Eingriff in den Gewerbebetrieb dar. Denn dadurch wird das Interesse des Unternehmensträgers betroffen, seine innerbetriebliche Sphäre vor der Öffentlichkeit geheim zu halten (vgl. Senatsurteile vom 20. Januar 1981 – VI ZR 162/79, BGHZ 80, 25, juris Rn. 29, 34; vom 21. April 1998 – VI ZR 196/97, BGHZ 138, 311, juris Rn. 12, 14, 22; OLG Stuttgart, AfP 2015, 450, juris Rn. 122 f.; vgl. allgemein zum Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb: Senatsurteile vom 11. März 2008 – VI ZR 7/07, AfP 2008, 297 Rn. 9; vom 16. Dezember 2014 – VI ZR 39/14, AfP 2015, 41 Rn. 13; BGH, Urteile vom 24. Januar 2006 – XI ZR 384/03, BGHZ 166, 84, juris Rn. 88 ff., 119 ff.; vom 6. Februar 2014 – I ZR 75/13 GRUR 2014, 904 Rn. 12; BVerfG NJW-RR 2004, 1710, 1712).

Unter Zugrundelegung der oben zitierten Rechtsprechung steht der Beklagten ein Herausgabe- und Unterlassungsanspruch bezüglich der gefertigten Foto – und Filmaufnahmen gegenüber dem Kläger zu. Durch die Veröffentlichung des rechtswidrig gewonnenen Bildmaterials greift der Kläger in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten ein. Diese stellt ein absolut schützenswürdiges Recht im Sinn von § 823 BGB dar.

Es droht Wiederholungsgefahr durch weitere Verwendung des Bildmaterials.

Der Kläger hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass er sich über Weisungen der Beklagten beharrlich hinwegsetzt. Es ist daher nicht zu erwarten, dass er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine besondere Rücksicht zugunsten der Beklagten walten lässt. Nach seinem Bekunden verfügt der Kläger über Archivmaterial von Bildern. Deren weitere Verwertung ist zu besorgen.

Die Social-Media-Kanäle des Klägers sind auf die Wiedergabe von neuen Bildern angelegt. Die Followers erwarten neue Storys mit neuem Bildmaterial. Da die Unterhaltung dieser Social-Media-Kanäle für den Kläger eine wirtschaftliche Bedeutung hat, besteht die begründete Besorgnis, das Bildmaterial aus dem Bereich der Beklagten weiterhin Verwendung findet.

b) Der Widerklageantrag der Beklagten zu Ziffer 3 ist begründet.

Der Unterlassungsanspruch ergibt sich aus § 823 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog. Der Kläger ist verpflichtet die angefertigten Fotos aus dem betrieblichen Bereich der Beklagten, insbesondere aus dem Cockpit des Flugzeuges nicht weiter zu verwenden. Die Verbreitung und öffentliche Wiedergabe verstößt gegen das Eigentumsrecht der Beklagten. Dies stellt einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten im Sinne von § 823 BGB dar.

Die Beklagte ist berechtigt ihren räumlich betrieblichen Bereich als Unternehmer zu schützen. Die Beklagte hat Aufnahmen aus dem Cockpit ihrer Flugzeuge untersagt. Der Kläger hat beharrlich gegen diese Weisung verstoßen. Es droht eine Wiederholung derartiger Verstöße. Die Beklagte ist daher berechtigt die Unternehmerpersönlichkeitsrecht gemäß §§ 823 BGB, 1004 BGB analog zu verteidigen.

c) Der Widerklageantrag der Beklagten Ziffer 4 ist begründet.

Der öffentliche Auftritt in Dienstkleidung der Beklagten weist auf eine Beschäftigung bei der Beklagten hin. Dieses Beschäftigungsverhältnis ist durch die Kündigung vom 17.09.2019 beendet. Die Beklagte hat daher ein begründetes Interesse daran, dass der Kläger künftig nicht mehr als Beschäftigter der Beklagten in Erscheinung tritt.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger durch außerordentliche Kündigung beendet. Für den Kündigungsausspruch vom 17.09.2019 lag ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor. Darüber hinaus hatte die Beklagte am 01.10.2019 eine weitere außerordentliche Kündigung wegen Spesenbetrugs ausgesprochen.

Das nachfolgende Kündigungsschutzverfahren zwischen den Parteien ist von wechselseitigen Vorwürfen geprägt. Der Kläger hat der Beklagten Diskriminierung wegen seiner sexuellen Ausrichtung vorgeworfen. Die Beklagte hatte dem Kläger bewusste Falschaussagen gegenüber dem Arbeitsgericht vorgeworfen.

In Anbetracht dieser erheblichen Spannungen zwischen den Parteien hat die Beklagte ein berechtigtes Interesse daran, dass sich der Kläger künftig nicht mehr als Beschäftigter ihres Betriebes in der Öffentlichkeit darstellt. Dies stellt einen Eingriff in ihr Unternehmerpersönlichkeitsrechte dar.

Die Beklagte ist berechtigt ihr Bild in der Öffentlichkeit selbst zu bestimmen. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Kläger nicht mehr bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte hat daher einen Anspruch gemäß §§ 823, 1004 analog BGB gegenüber dem Kläger nicht mehr in Dienstkleidung in der Öffentlichkeit aufzutreten.

d) Der Widerklageantrag der Beklagten zu Ziffer. 5 ist begründet.

Die Beklagte hat einen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 BGB i.V.m. § 1004 BGB analog. Im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits hat die Beklagte Bildmaterial, welches vom Kläger angefertigte worden ist vorgelegt. Auf dem Bildmaterial waren Aufnahmen im Cockpit des Flugzeugs zu sehen. Im Cockpit waren Unterlagen zu sehen, welche Treibstoffkalkulationen und Flugdurchführungspläne zeigen. Da der Kläger nach seinen Angaben über Archivmaterial an Bildern verfügt, ist zu befürchten, dass weitere derartige Aufnahmen vorhanden sind. Derartige Unterlagen enthalten Betriebsinterna. Die Beklagte hat das Recht über die Verwendung ihrer Betriebsinterna selbst zu bestimmen.

Die arbeitsvertragliche Situation bei der Beklagten legt mit hinreichender Deutlichkeit klar dar, dass betriebliche Vorgänge vor ihrer Weitergabe an die Öffentlichkeit, der Genehmigung der Beklagten bedürfen. Dies ergibt sich aus den arbeitsvertraglichen Regelungen und den in Bezug genommenen betrieblichen Regelungen bei der Beklagten (§ 5 Abs. 5, Abs. 6 des Arbeitsvertrages; § 8 – 10 MTV – EAT LEJ GmbH).

Die fehlende Einsicht des Klägers hinsichtlich der erteilten Auflagen der Beklagten lässt eine künftige gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien nicht mehr erwarten. Der Kläger akzeptiert die Weisung von Herrn …, Aufnahmen aus dem Cockpit zu unterlassen, nicht. Dies spricht er in der E-Mail vom 04.06.2019 deutlich aus.

Damit sind weitere Veröffentlichungen zu befürchten.

e) Die Widerklage zu Ziffer 6 ist begründet.

Die Beklagte hat gemäß §§ 823 BGB, 1004 BGB analog einen Anspruch gegen den Kläger auf Herausgabe des rechtswidrig gewonnenen Bildmaterials.

Der Kläger hat mit den unberechtigt angefertigten Fotoaufnahmen bzw. Videoaufnahmen in das Hausrecht und Eigentumsrecht der Beklagten eingegriffen. Die Beklagte braucht die weitere Veröffentlichung und Verwendung dieser rechtswidrig gewonnenen Aufnahmen nicht zu dulden. Der Kläger ist daher zur Herausgabe an die Beklagte, alternativ zur Vernichtung der Aufnahmen verpflichtet.

Die Beklagte hat in der Berufungsinstanz vollständig obsiegt.

Dem Kläger waren daher die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz aufzuerlegen, § 91 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG waren nicht gegeben. Das Gericht hat einen Einzelfall auf Grundlage der der obergerichtlichen Rechtsprechung entschieden. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist damit nicht gegeben. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG wird hingewiesen.

 

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