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Ordentliche Kündigung – Maßregelungsverbot – Darlegungslast

Kündigung im Bundestag: Mitarbeiter klagt gegen Entlassung.

Ein ehemaliger Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten klagt gegen dessen ordentliche Kündigung. Der Abgeordnete hatte dem Kläger vorgeworfen, von ihm zu verlangen, gegen einen weiteren Mitarbeiter des Büros vorzugehen. Dieser Mitarbeiter hatte zuvor einen Facebook-Eintrag veröffentlicht, in dem er behauptete, der Abgeordnete habe ihm die Leitung des Büros entzogen. Der Kläger hatte daraufhin den Abgeordneten gebeten, den Eintrag entfernen zu lassen. Der Abgeordnete hatte der Bitte entsprochen, jedoch später das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger gekündigt. Dieser klagt nun gegen die Kündigung und behauptet, dass der Abgeordnete gegen das Maßregelungsverbot verstoßen habe. Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen, daraufhin hat der Kläger Berufung eingelegt. Der Fall zeigt, dass auch im politischen Bereich ein konfliktreiches Arbeitsverhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern auftreten kann. […]

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz – Az.: 2 Sa 316/21 – Urteil vom 14.07.2022

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein – Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 06.07.2021 – 6 Ca 3/21 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der Beklagte war Mitglied des Deutschen Bundestages und Mitglied der X-Fraktion in der 19. Wahlperiode. Er beschäftigte im Kündigungszeitpunkt durchschnittlich sechs Mitarbeiter.

Mitarbeiter Bundestagsabgeodneten: Ordentliche Kündigung - Maßregelungsverbot - Darlegungslast
(Symbolfoto: katatonia82/Shutterstock.com)

November 2017 als wissenschaftlicher Mitarbeiter zur Unterstützung des Beklagten bei dessen parlamentarischer Arbeit in der 19. Wahlperiode eingestellt. Als regelmäßige Arbeitsstätte wurde in § 3 des Arbeitsvertrags das Wahlkreisbüro in F-Stadt an der F. festgelegt. Im Arbeitsvertrag war zunächst ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 6.500,00 EUR (bzw. später rund 7.000,00 EUR) bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von durchschnittlich 39 Stunden vereinbart.

Der Kläger war Büroleiter des Abgeordnetenbüros des Beklagten in N-Stadt. Während seiner Zeit als Büroleiter in N-Stadt pendelte der Kläger zwischen dem Abgeordnetenbüro in N-Stadt und dem Wahlkreisbüro des Beklagten in F-Stadt. Mit Änderungsvertrag vom 10. August 2020 (Bl. 18 d. A.) vereinbarten die Parteien, dass sich ab 01. September 2020 das monatliche Gehalt des Klägers auf 4.000,00 EUR und seine wöchentliche Arbeitszeit auf 22 Stunden reduziert. In der Folgezeit war der Kläger nicht mehr als Büroleiter tätig, wobei die Gründe hierfür zwischen den Parteien streitig sind.

Ein Mitarbeiter des Beklagten, Herr K. R., veröffentlichte am Mittwoch, 25. November 2020, in Facebook folgenden Eintrag (Bl. 60 d. A.):

„Ich möchte hier mal etwas klarstellen:

Bereits im Juni dieses Jahres entschloss sich Dr. C. MdB in Folge bürointerner Vorkommnisse A. die Leitung des Abgeordnetenbüros zu entziehen.

Ich verbitte mir die Unterstellung, die Entscheidung von Dr. C. beeinflusst zu haben.“

Am 26. November 2020 bat der Kläger morgens per Mail den Beklagten, bei seinem Mitarbeiter K. R. dahingehend zu intervenieren, dass er diesen Facebook-Eintrag entfernt. Als der Kläger am Freitag, 27. November 2020, in Facebook vormittags nachschaute, war der Eintrag dort nicht mehr eingestellt, sondern entfernt worden.

Am 30. November 2020 forderte der Beklagte den Kläger auf, nachmittags ins Büro in F-Stadt zu kommen. Der Termin wurde dann auf Bitte des Klägers, der an diesem Tag seinen freien Tag hatte, auf den 01. Dezember 2020 verschoben. Daraufhin kam es am 01. Dezember 2020 zu einem Gespräch zwischen den Parteien, bei dem streitig ist, ob der Beklagte dem Kläger in dem Gespräch – so der Kläger – mitgeteilt hat, dass der Kläger eine Kündigung erhalte, weil dieser von ihm verlangt habe, dass er gegen seinen weiteren Mitarbeiter K. R. wegen des in Facebook veröffentlichten Eintrags vorgehe.

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2020 (Bl. 19, 20 d. A.), dem Kläger am gleichen Tag zugegangen, kündigte der Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 28. Februar 2021.

Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner am 05. Januar 2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage gewandt und geltend gemacht, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB nichtig sei.

Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein- Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 06. Juli 2021 – 6 Ca 3/21 – verwiesen.

Mit dem vorgenannten Urteil hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihm am 27. Juli 2021 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 19. August 2021, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er trägt vor, die Annahme des Arbeitsgerichts, der Beklagte sei bereits vor Einstellung des Facebook-Eintrags durch den weiteren Mitarbeiter K. R. am 25. November 2020 entschlossen gewesen, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, sei falsch. Der Eintrag habe sich auf einen bereits abgeschlossenen Vorgang im Juni 2020 bezogen. Er habe ausdrücklich darauf verwiesen, dass er ab 01. September 2020 kein Büroleiter mehr gewesen sei und eine Kündigung vom Beklagten nicht beabsichtigt gewesen sei. Schließlich habe er einen neuen Arbeitsvertrag ab 01. September 2020 über 22 Stunden bei einem Monatsgehalt von 4.000,00 EUR erhalten. Es habe weder Grund noch Veranlassung für Herrn R. bestanden, in Facebook am 25. November 2020 den Eintrag mit Interna aus dem Abgeordnetenbüro des Beklagten von Juni 2020 zu veröffentlichen. Zudem sei die Aussage des Herrn R. auch falsch. Bei dem Facebook-Eintrag habe es sich zum einen um bürointerne Details gehandelt, die nicht in die Öffentlichkeit gehörten. Zum anderen sei diese Aussage des Herrn R. auch falsch gewesen. Nicht der Beklagte habe sich entschlossen, ihm die Leitung des Abgeordnetenbüros zu entziehen. Vielmehr habe er aus eigenem Entschluss im Einvernehmen mit dem Beklagten die Leitung des Büros aufgegeben. Der Vorschlag sei von ihm gekommen, der Beklagte sei hierauf eingegangen. Ferner habe er nie behauptet, dass Herr R. mit diesem Vorgang irgendetwas zu tun bzw. den Beklagten beeinflusst hätte. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, er habe bereits keinen Sachverhalt vorgetragen, der einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen einer zulässigen Rechtsausübung und der danach erfolgten Kündigung des Beklagten indizieren würde, beruhe auf der falschen Tatsachenfeststellung. Bei richtiger Tatsachenfeststellung hätte das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen müssen, dass sein berechtigtes Verlangen an den Beklagten, umgehend für die Entfernung des am 25. November 2020 eingestellten Facebook-Eintrags Sorge zu tragen, Grund und Ursache für seine Kündigung gewesen sei und der Beklagte mit der Kündigung vom 23. Dezember 2020 gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstoßen habe. Auf seine per Mail vom 26. November 2020 morgens geäußerte Bitte habe der Beklagte in dem am gleichen Tag um 14:35 Uhr geführten Telefonat erklärt, in dem Eintrag würde er nichts Negatives oder Anstößiges und keinen Grund sehen, hier tätig zu werden. Sein Persönlichkeitsrecht sei betroffen gewesen, weil über seine Person im Internet objektiv falsche Tatsachen behauptet worden seien, durch die er in seinem Ansehen beeinträchtigt und in ein schlechtes Licht gerückt worden sei. Aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass die Äußerungen auf der Facebook-Seite unverzüglich entfernt würden. Er sei deshalb berechtigt gewesen, die Bitte an den Beklagten zu richten, für die Entfernung des Eintrags von der Facebookseite des Herrn R. bei diesem zu intervenieren. Die Schlussfolgerung des Arbeitsgerichts, aus dem Eintrag ergebe sich, dass der Beklagte offensichtlich schon zuvor Überlegungen gehabt habe, sich von ihm als Büroleiter zu trennen, beruhe ausschließlich auf der falschen Tatsachenfeststellung des Arbeitsgerichts. Die zulässige Rechtsausübung sei der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen. Bei dem Gespräch am 01. Dezember 2020 habe der Beklagte ihm mitgeteilt, dass er – der Beklagte – das Arbeitsverhältnis beenden werde und er eine Kündigung erhalte, weil er von dem Beklagten verlangt habe, dass dieser gegen seinen weiteren Mitarbeiter K. R. wegen des in Facebook veröffentlichten Eintrags vorgehe, und dass er – der Beklagte – sich solches von ihm nicht gefallen lasse. Der Beklagte habe vordergründig zunächst versucht, ihm einen Aufhebungsvertrag unterzuschieben, und dazu Bedenkzeit eingeräumt. In dem hierzu für den 23. Dezember 2020 vereinbarten Besprechungstermin habe der Beklagte ihm dann die Kündigung ausgesprochen, als er sich darauf nicht eingelassen habe. Die Kündigung vom 23. Dezember 2020 stehe mithin sowohl im sachlichen als auch noch im zeitlichen Zusammenhang mit dem Facebook-Eintrag. Das Arbeitsgericht hätte danach die angebotenen Zeugen hören müssen.

Der Kläger beantragt, das Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein- Auswärtige Kammern Landau in der Pfalz – vom 06. Juli 2021 – 6 Ca 3/21 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 23. Dezember 2020 nicht zum 28. Februar 2021 aufgelöst wurde.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, der Kläger versuche mangels Kündigungsschutzes einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot zu konstruieren, was ihm weder erstinstanzlich noch in der Berufungsschrift gelungen sei. Es gebe einfach keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Bitte des Klägers an ihn, den Mitarbeiter R. zur Entfernung des Facebook-Eintrags aufzufordern, und der Kündigung vom 23. Dezember 2020. Er sei jedenfalls der Bitte des Klägers nachgekommen und habe mit dem Mitarbeiter R. gesprochen, dass dieser den Eintrag entferne. Da sei der Eintrag bereits entfernt gewesen. Der Kläger habe seine Gründe für den Verzicht auf die Büroleitertätigkeit nicht schlüssig vorgetragen. Hingegen habe er in der mündlichen Verhandlung vom 06. Juli 2021 vor dem Arbeitsgericht schlüssig dargelegt, wie es erst zu dem neuen Arbeitsvertrag und sodann zu der Kündigung gekommen sei. Der Grund habe darin gelegen, dass der Kläger mit keinem Mitarbeiter in N-Stadt kompatibel gewesen sei, eine sehr gute Sekretärin das Arbeitsverhältnis wegen des Klägers gekündigt habe und die übrigen Mitarbeiter ebenfalls mit Kündigung wegen des Klägers gedroht hätten. Während der Zeit, als der Kläger als Büroleiter zwischen den Büros in N-Stadt und F-Stadt gependelt sei, hätten sich auch hier Spannungen zwischen dem Kläger und dem Mitarbeiter R. aufgebaut. Im Gegensatz hierzu habe der Mitarbeiter R. keinerlei Probleme mit den Mitarbeitern in N-Stadt gehabt. Letztendlich habe er sich nach einem längeren Prozess des Überlegens entschieden, zugunsten des Friedens zwischen den Mitarbeitern und des Betriebsklimas das Arbeitsverhältnis des Klägers zu kündigen. Allerdings habe er bereits bei der Vertragsänderung eine Kündigung erwogen und sich bei seinem Prozessbevollmächtigten rechtlich beraten lassen. Die Kündigung habe nicht im Zusammenhang mit der Aufforderung des Klägers an ihn gestanden, den Mitarbeiter R-Stadt anzuweisen, den Eintrag auf Facebook zu entfernen.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E. und F.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der persönlichen Anhörung der Parteien wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14. Juli 2022 Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die vom Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 23. Dezember 2020 ist wirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zu dem in ihr angegebenen Termin (28. Februar 2021) beendet. Das Kündigungsschutzgesetz findet nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG keine Anwendung, so dass es zur Wirksamkeit der Kündigung keines Kündigungsgrundes i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG bedurfte. Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a i.V.m. § 134 BGB nichtig.

1. Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob ein Recht ausgeübt wird oder nicht. Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit. Auch eine Kündigung kann eine Maßnahme i.S.v. § 612a BGB sein. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB liegt vor, wenn die zulässige Rechtsausübung der tragende Beweggrund, d.h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme ist. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet. Handelt der Arbeitgeber aufgrund eines Motivbündels, so ist auf das wesentliche Motiv abzustellen (BAG 20. Mai 2021 – 2 AZR 560/20 – Rn. 26). Der klagende Arbeitnehmer trägt dabei die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des § 612a BGB und damit auch für den Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Maßnahme und zulässiger Rechtsausübung. Er hat einen Sachverhalt vorzutragen, der auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Maßnahme des Arbeitgebers und einer vorangegangenen zulässigen Ausübung von Rechten hindeutet. Der Arbeitgeber muss sich nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen zu diesem Vortrag erklären. Sind entscheidungserhebliche Behauptungen des Arbeitnehmers streitig, sind grundsätzlich die von ihm angebotenen Beweise zu erheben (BAG 18. November 2021 – 2 AZR 229/21 – Rn. 29)

2. Ausgehend von diesen Grundsätzen lässt sich im Streitfall nicht feststellen, dass der Beklagte dem Kläger wegen einer zulässigen Rechtsausübung gekündigt hat.

Zwar hat der darlegungs- und beweisbelastete Kläger vorgetragen, bei dem Gespräch am 01. Dezember 2020 habe der Beklagte ihm mitgeteilt, dass er – der Beklagte – das Arbeitsverhältnis beenden werde und er eine Kündigung erhalte, weil er von dem Beklagten verlangt habe, dass dieser gegen seinen weiteren Mitarbeiter K. R. wegen des in Facebook veröffentlichten Eintrags vorgehe, und dass er – der Beklagte – sich solches von ihm nicht gefallen lasse. Die beiden hierfür vom Kläger benannten Zeugen haben diesen – vom Beklagten bestrittenen – Vortrag bei ihrer Vernehmung durch das Berufungsgericht aber nicht bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der im Termin vom 14. Juli 2020 erfolgten Anhörung der Parteien spricht nicht mehr für die Darstellung des Klägers als die des Beklagten. Eine (förmliche) Vernehmung des Klägers als Partei war danach nicht veranlasst. Der Kläger hat mithin den ihm obliegenden Beweis für den von ihm behaupteten Beweggrund des Beklagten zum Ausspruch der Kündigung nicht erbracht. Allein der Umstand, dass das Gespräch der Parteien vom 01. Dezember 2020, in dem der Beklagte dem Kläger erklärt hat, dass er sich von ihm trennen wolle, in einem zeitlichen Zusammenhang zu der am 26. November 2020 erfolgten Aufforderung zur Entfernung des Facebook-Eintrags stehen mag, begründet im Streitfall nicht die Annahme eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot.

a) Die Aussagen der beiden vom Kläger benannten Zeugen waren unergiebig und haben den vom Kläger vorgetragenen Gesprächsinhalt nicht bestätigt.

Der Zeuge E. hat ausgesagt, dass er bei den Gesprächen zwischen den Parteien nicht zugegen gewesen sei. Zu dem angeführten Gespräch vom 01. Dezember 2020 könne er keine Angaben machen. Der Kläger habe ihm gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass er arbeitsrechtliche Nachteile befürchte, wenn er den Beklagten mit dem Facebook-Eintrag des Herrn R. konfrontiere. Er wisse nur, dass es weiteren Ärger zwischen den Vertragsparteien gegeben habe, ohne dass er hierzu Angaben machen könne. Seiner Erinnerung nach habe der Kläger gesagt, dass er nicht mehr die Position des Büroleiters wahrnehme. In der Folgezeit sei die Sache weiter eskaliert. Dazu könne er aber keine Angaben machen.

Der Zeuge F. hat ebenfalls bekundet, dass er zu den Inhalten der Gespräche zwischen den Parteien, bei denen er nicht anwesend gewesen sei, keine Angaben machen könne. Er habe auch mit dem Beklagten darüber nicht gesprochen.

Danach ist der vom Kläger vorgetragene Gesprächsinhalt von den beiden von ihm benannten Zeugen nicht bestätigt worden.

b) Auch nach der im Termin vom 14. Juli 2022 erfolgten persönlichen Anhörung der Parteien (§ 141 ZPO) spricht nicht mehr für die Darstellung des Klägers als die des Beklagten.

Auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers spricht im Streitfall keine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Beklagte entgegen seiner Darstellung in dem am 01. Dezember 2020 geführten Gespräch ausdrücklich erklärt haben soll, er wolle das Arbeitsverhältnis wegen der zuvor vom Kläger geäußerten Bitte zur Entfernung des Facebook-Eintrags beenden. Zwar mag das Gespräch der Parteien vom 01. Dezember 2020, in dem der Beklagte dem Kläger erklärt hat, dass er sich von ihm trennen wolle, in einem zeitlichen Zusammenhang zu der am 26. November 2020 erfolgten Aufforderung zur Entfernung des Facebook-Eintrags stehen. Daraus folgt entgegen der Sichtweise des Klägers aber nicht, dass die Kündigung direkte Folge seiner zuvor an den Beklagten gerichteten Bitte war, beim Mitarbeiter R. dahingehend zu intervenieren, dass dieser den Facebook-Eintrag entfernt. Der Beklagte hat zutreffend darauf verwiesen, dass allein der vom Kläger angeführte zeitliche Zusammenhang noch nichts über die Ursache der Kündigung besagt. Bei seiner Anhörung hat der Beklagte im einzelnen geschildert, aufgrund welcher Vorkommnisse er dem Kläger zunächst die Büroleitertätigkeit entzogen und sich in der Folgezeit aufgrund der sich verschärfenden Konflikte zwischen dem Kläger und Herrn R. im Wahlkreisbüro entschlossen habe, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu beenden. Hintergrund der Kündigung sei nicht der Facebook-Eintrag des Mitarbeiters R., sondern die von ihm dargestellte desolate Arbeitssituation im Büro gewesen. Seine Entscheidung, sich vom Kläger zu trennen, sei bereits vor dem Facebook-Eintrag des Herrn R. getroffen worden. Für die hiervon abweichende Darstellung des Klägers bei seiner Anhörung spricht jedenfalls nicht mehr als für die des Beklagten.

Deshalb war auch nach der erfolgten Parteianhörung keine (förmliche) Vernehmung des Klägers als Partei veranlasst. Die Parteivernehmung von Amts wegen darf nach § 448 ZPO nämlich nur angeordnet werden, wenn aufgrund einer vorangegangenen Beweisaufnahme oder des sonstigen Verhandlungsinhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die zu beweisende Tatsache spricht (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 120/11 – Rn. 18, juris). Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Gemäß § 445 Abs. 1 ZPO kann nur die Vernehmung des Gegners beantragt werden. Der Beklagte hat sich auch nicht mit einer Parteivernehmung des beweispflichtigen Klägers ausdrücklich einverstanden erklärt (§ 447 ZPO, vgl. hierzu Zöller ZPO 34. Aufl. § 447 Rn. 2).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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