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Ordentliche Kündigung und Anspruch auf Annahmeverzugslohn

Konkludenter Arbeitsvertrag

LAG Berlin-Brandenburg – Az.: 10 Sa 1340/20 – Urteil vom 03.06.2021

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. August 2020 – 6 Ca 7322/19 abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Vertragsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung vom 29. Mai 2019 nicht zum 30. Juni 2019 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis 14. Juli 2019 eine Bruttogage von 3.600,00 EUR abzüglich erhaltenem Arbeitslosengeld in Höhe von 977,90 EUR netto, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2019 zu zahlen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin (hinsichtlich des Zinsbeginns) zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

IV. Der Gebührenwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.622,10 EUR festgesetzt.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer fristgemäßen Arbeitgeberkündigung und Annahmeverzugsvergütung für 2 Wochen.

Die Klägerin ist 55 Jahre alt und Film-Editorin. Die Beklagte als Firma in der Film- und Fernsehproduktion hatte den Auftrag, 6 Folgen der Fernsehserie „Bonusfamilie“ zu erstellen. Dabei waren sich die Parteien einig, dass die Klägerin im Rahmen dieser Produktion für die Beklagte tätig werden sollte. Nach der Kommunikation zwischen Ende 2018 und Mitte März 2019 sollte die Klägerin in der Zeit vom 15. April 2019 bis zur Beendigung der Produktion, voraussichtlich am 20. August 2019, für die Beklagte tätig werden.

Zu einem schriftlichen Vertrag zwischen den Parteien kam es nicht. Der Entwurf eines befristeten Anstellungsvertrages wurde der Klägerin übersandt. Dieser sah in Ziffer 12.1 vor:

Es wird eine Probezeit von 6 Wochen vereinbart. Während dieser gilt eine Kündigungsfrist von 2 Wochen.

Darüberhinaus war nur die außerordentliche Kündigung vorgesehen.

Diesen Vertragsentwurf änderte bzw. kommentierte die Klägerin an 8 Stellen und sandte diese veränderte Fassung von ihr unter dem 4. April 2019 unterzeichnet an die Beklagte zurück. Mit E-Mail vom 16. April 2019 und 23. April 2019 tauschten sich der Herstellungsleiter der Beklagten und die Klägerin zu den von der Klägerin angemerkten Punkten aus. Zur Ziffer 6 (Arbeitszeit/Mehrarbeit/Zeitkonto) teilte der Herstellungsleiter u.a. mit:

„Es gelten die Regelungen des Tarifvertrages“.

Dazu teilte die Klägerin mit:

„Einverstanden. Ich war ohnehin davon ausgegangen, dass die Regelungen des Tarifvertrages gelten. Nur sollte es dann auch so im Vertrag stehen und nicht anders.“

Zur von der Klägerin gewünschten Streichung der Probezeit hatte der Herstellungsleiter geantwortet

„nein“.

Darauf antwortete die Klägerin:

„Eine solche Probezeit hätte mit mir vereinbart werden müssen, wurde aber in mehreren Verhandlungsgesprächen noch nicht einmal thematisiert. Wäre sie thematisiert worden, hätte ich sie abgelehnt. Es tut mir leid, aber dieser Punkt ist für mich, nachdem ich aufgrund unserer Vereinbarungen bereits andere Projekte habe absagen müssen, nicht mehr verhandelbar.“

Zu einer schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien kam es nicht.

Die Klägerin nahm am 15. April 2019 ihre Tätigkeit auf. Die Beklagte zahlte der Klägerin eine Vergütung von 1.800 EUR brutto pro Woche. In den Abrechnungen wurde jeweils ein Bruttotagessatz von 360 EUR abgerechnet. Auf diesen Betrag zahlte die Beklagte jeweils Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben.

Mit Schreiben vom 29. Mai 2019 kündigte die Beklagte das „seit dem 15. April 2019 bestehende unbefristete Arbeitsverhältnis“ ordentlich zum 30. Juni 2019. Ab dem 21. Juni 2019 gewährte die Beklagte der Klägerin den Urlaub von 6 Tagen. Bis zum 30. Juni 2019 rechnete die Beklagte das Vertragsverhältnis ab.

Die Klägerin meint, dass sie nicht als Arbeitnehmerin, sondern als freie Mitarbeiterin tätig geworden sei. Zwischen den Parteien sei ein während der Laufzeit ordentlich nicht kündbares Vertragsverhältnis vereinbart worden. Selbst wenn es ein Arbeitsverhältnis sei, könne die Beklagte sich nicht auf die fehlende Schriftform der Befristung berufen. Denn in diesem Fall würde das als Arbeitnehmerschutzrecht konzipierte TzBfG zum Nachteil der Klägerin wirken. Das sei vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen. Die Berufung der Beklagten auf die fehlende Schriftform sei treuwidrig.

Auf das Vertragsverhältnis finde der „Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende“ Anwendung. Denn der Herstellungsleiter der Beklagten habe in der E-Mail vom 16. April 2019 ja mitgeteilt: „Es gelten die Regelungen des Tarifvertrages“.

Die Beklagte meint, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis gehandelt habe. Mangels Schriftform sei dieses nicht wirksam befristet worden. Insofern sei es auch ordentlich kündbar gewesen. Im Übrigen sei die Kündigung erfolgt, weil die Klägerin ihre Tätigkeit bei Krimis und Dramen gut ausgeführt habe, nicht aber bei Komödien wie hier.

Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich auf die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung beschränkte Klage als unzulässig abgewiesen. Denn angesichts des von der Klägerin angenommenen Endes des Arbeitsverhältnisses hätte die Klägerin eine bezifferte Leistungsklage formulieren können. Ansonsten sei aber auch eher von einem Arbeitsverhältnis auszugehen. Dann könne davon ausgegangen werden, dass die Beschäftigung auf der Basis des Vertragsangebotes der Klägerin erfolgt sei. Die für die Befristung erforderliche Schriftform sei aber nicht eingehalten worden. Insofern habe die gesetzliche Kündigungsmöglichkeit weiter bestanden.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin rechtzeitig Berufung eingelegt und diese auch rechtzeitig begründet. Das Arbeitsgericht hätte sich hinsichtlich der Art des Vertragsverhältnisses festlegen und hinsichtlich der Antragstellung rechtliche Hinweise erteilen müssen. Die Beklagte verhalte sich treuwidrig, weil sie der mündlich und textlich erfolgten Vereinbarung der Befristung die Schriftform versagt habe. Es komme auch auf die Schriftform nicht an, weil der einschlägige Tarifvertrag die Befristung typischerweise vorsehe. Die Klägerin habe im Vertrauen auf das hiesige Vertragsverhältnis auch andere Angebote für den Streitzeitraum abgelehnt. Deshalb habe sie auch einen Schadenersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe.

Ab dem 15. Juli 2019 habe die Klägerin eine andere Beschäftigung gehabt. Deshalb stehe ihr für die Zeit vom 1. Juli 2019 bis 14. Juli 2019 noch eine Vergütung in Höhe von 3.600 EUR brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 977,90 EUR zu.

Die Klägerin und Berufungsklägerin beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 28. August 2020 – 6 Ca 7322/19 – abzuändern und

1. festzustellen, dass das Vertragsverhältnis der Klägerin durch die Kündigung vom 29. Mai 2019 nicht zum 30. Juni 2019 aufgelöst wurde;

2. Die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis 14. Juli 2019 eine Bruttogage in Höhe von 3.600,00 EUR, abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 977,90 EUR netto, nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2019 zu zahlen.

Die Beklagte und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Berufung bereits für unzulässig, da sie sich nicht hinreichend mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetze. Auch die Klageänderung sei unzulässig, da nicht sachdienlich. Da die Klägerin ihre Arbeitsleistung nicht angeboten habe, scheide ein Annahmeverzug aus. Die Beklagte habe sich nicht widersprüchlich oder treuwidrig verhalten. Der von der Klägerin herangezogene Tarifvertrag sei mit Ausnahme der E-Mail-Korrespondenz von keiner Vertragspartei benannt worden. Selbst dort sei er nicht insgesamt in Bezug genommen worden. Auch beinhalte dieser Tarifvertrag selbst keine Befristung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung der Klägerin vom 18. Dezember 2020 und des Schriftsatzes vom 25. Mai 2021 sowie den Inhalt der Berufungsbeantwortung der Beklagten vom 1. Februar 2021 und des Schriftsatzes vom 2. Juni 2021 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. Juni 2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist zulässig, und weitgehend begründet.

1.

Die Klägerin hat sich entgegen der Ansicht der Beklagten ausreichend mit den Urteilsgründen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung auseinandergesetzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rechtsansichten der Klägerin zutreffend sind. Vielmehr hat die Klägerin gerügt, dass das Arbeitsgericht sich nicht dazu erklärt habe, welcher Status für das Vertragsverhältnis anzunehmen sei. Weiter hat die Klägerin eine unterlassene Hinweispflicht im Sinne des § 139 ZPO gerügt.

2.

Auch die Klageerweiterung in der Berufungsinstanz ist entgegen der Ansicht der Beklagten zulässig. Nach § 533 ZPO kann eine Klage in der Berufungsinstanz zwar nur noch erweitert werden, wenn der Gegner zustimmt (was hier nicht passiert ist) oder das Gericht die Klageerweiterung für sachdienlich hält. Als zusätzliche Voraussetzung muss nach § 533 Nr. 2 ZPO die Klageerweiterung auf Tatsachen gestützt werden, die das Berufungsgericht auch ohne die Klageerweiterung seiner Entscheidung ohnehin zugrunde legen muss.

Die hier erkennende Kammer geht von einer Sachdienlichkeit der Klageerweiterung aus, weil damit das Vertragsverhältnis der Parteien insgesamt abgeschlossen werden kann. Da die Vergütung aus Annahmeverzug Folge der arbeitgeberseitigen Kündigung ist, sind auch die Anforderungen des § 533 Nr. 2 ZPO erfüllt.

3.

Die Klage ist auch weitgehend begründet. Lediglich der von der Klägerin angenommene Zinsbeginn seit 15. Juli 2019 war nicht nachvollziehbar. Zwar hatten die Parteien eine Wochengage vereinbart, jedoch nicht mit einer wöchentlichen, sondern zumindest mit einer konkludenten monatlichen Fälligkeit. Deshalb war der Zinsbeginn auf den 1. August 2019 festzulegen.

4.

Die Parteien haben ein Arbeitsverhältnis ab dem 15. April 2019 begründet. Denn die Klägerin war weisungsabhängig eingegliedert. Konkrete Tatsachen, dass die Klägerin über Zeit und Ort ihrer Tätigkeit frei entscheiden konnte, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die erkennende Kammer geht davon aus, dass die Parteien zumindest konkludent den Tarifvertrag für Film- und Fernsehschaffende (TV FFS) vereinbart haben. Dabei kann dahinstehen, ob es dieser Tarifvertrag vom 15. April 1989 oder der nachfolgende Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftigte Film- und Fernsehschaffende (TV FFS) vom 29. Mai 2018 war. Denn beide Tarifverträge beinhalten in Ziffer 2.1 folgende Regelung:

Hat der Filmschaffene die vereinbarte Tätigkeit ohne schriftlichen Vertrag und ohne die schriftliche Bestätigung eines mündlich geschlossenen Vertrages bereits aufgenommen, so gilt im Zweifelsfalle ein Arbeitsverhältnis zu angemessenen Bedingungen nach Maßgabe dieses Vertrages als vereinbart. Abänderungen, Ergänzungen und eine Aufhebung des Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit einer schriftlichen Vereinbarung, wobei Schriftwechsel genügt.

Denn sowohl in Ziffer 22.6 des zwischen den Parteien diskutierten Arbeitsvertrages wie auch in der Korrespondenz der Parteien vom April 2019 gingen diese beide von einer Anwendbarkeit des TV FFS aus.

Da die Parteien keine endgültige vertragliche Vereinbarung getroffen haben, war von einem Zweifelsfall im Sinne der tariflichen Regelung auszugehen. Dabei ging die erkennende Kammer davon aus, dass zumindest die nicht streitigen Vertragspunkte als angemessenen Bedingungen im Sinne der tariflichen Regelung anzusehen sind. Hinsichtlich der Probezeit konnten die Parteien zwar keine Einigkeit erzielen, aber beide Parteien gingen davon aus, dass eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit nur während der Probezeit vorgesehen war. Zumindest das war als angemessene Arbeitsbedingung im Sinne des TV FFS anzusehen. Da das Arbeitsverhältnis der Parteien aber am 15. April 2019 begann, wäre die sechswöchige Probezeit am 27. Mai 2019 abgelaufen. Die Kündigung erfolgte jedoch erst am 29. Mai 2019 und damit außerhalb der von der Beklagten vorgesehenen Probezeit. Eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit außerhalb der Probezeit war von keiner Seite und auch nicht im TV FFS vorgesehen.

Damit geht die erkennende Kammer davon aus, dass jedenfalls eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit außerhalb einer sechswöchigen Probezeit keine angemessene Bedingung im Sinne von Ziffer 2.1 des TV FFS gewesen ist. Da das Vertragsverhältnis somit zumindest nach einer solchen Probezeit keine Kündigungsmöglichkeit mehr vorsah und das Arbeitsverhältnis nach dem übereinstimmenden Willen beider Parteien auf den Produktionszeitraum befristet war, war die Kündigung nach § 15 Abs. 3 TzBfG nicht vorgesehen und die Kündigung der Beklagten vom 29. Mai 2019 unwirksam.

5.

Aufgrund der unwirksamen Kündigung stehen der Klägerin die zwei geltend gemachten Wochengagen noch zu.

Nach § 293 BGB kommt der Gläubiger in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Im unstreitig bestehenden Arbeitsverhältnis muss der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nach § 294 BGB tatsächlich anbieten. Eines Angebots bedarf es zwar auch, wenn die Parteien über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses streiten. In diesem Fall genügt gemäß § 295 BGB jedoch ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Berufung auf das Ende des Arbeitsverhältnisses erklärt, er werde keine weitere Arbeitsleistung mehr annehmen.

Dieses wörtliche Angebot der Klägerin lag darin, dass sie gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Bestandsschutzklage eingereicht hat (vgl. BAG vom 21. August 2019 – 7 AZR 563/17 m.w.N.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 92 Abs. 2 ZPO. Die Beklagte hat als weitestgehend unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben.

Berichtigungsbeschluss 1 vom 9. September 2021:

In Sachen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 10. Kammer, am 9. September 2021 entschieden:

I. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2021   10 Sa 1340/20   wird wegen offensichtlicher Unrichtigkeit in der Rechtsmittelbelehrung teilweise abgeändert.

II. Die Rechtsmittelbelehrung auf Seite 9 des Urteils lautet:

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Beklagte wird auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG hingewiesen. Für die Klägerin ist diese Möglichkeit lediglich hinsichtlich Ziffer V. des Tenors gegeben.

III. Gegen diesen Beschluss ist kein Rechtsmittel gegeben (§§ 78, 72 Abs. 2 ArbGG).

Gründe:

Hinsichtlich der Begründung kann auf das Anhörungsschreiben vom 18. August 2021 verwiesen werden.

Berichtigungsbeschluss 2 vom 9. September 2021:

In Sachen hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 10. Kammer, am 9. September 2021 entschieden:

I.

Der im Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 3. Juni 2021 10 Sa 1340/20 – festgesetzte Gebührenwert wird gemäß § 63 Abs. 3 Nr. 1 GKG von Amts wegen dahin geändert, dass dieser 13.650,00 EUR beträgt.

II.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

1.

Zur Begründung kann auf das Schreiben des Bezirksrevisors vom 13. August 2020 (gemeint ist 2021, Bl. 325 d.A.) verwiesen werden.

Wendet sich die klagende Partei in einem Rechtsstreit gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und macht sie zudem im Wege der objektiven Klagehäufung Ansprüche auf Vergütungsbestandteile geltend, deren Bestand von dem streitigen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängt, besteht nach dem streitigen Beendigungszeitpunkt eine wirtschaftliche Identität zwischen der Bestandsstreitigkeit und dem Streit über die Annahmeverzugsvergütung. Die klagende Partei verfolgt mit den Anträgen dasselbe wirtschaftliche Ziel. Die Bestandsstreitigkeit bildet die Grundlage für die Annahmeverzugsvergütung. Diese ist nur bei einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschuldet. Der Leistungsantrag betrifft die wirtschaftliche Folge des Feststellungsantrags, was einer Wertaddition entgegensteht (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG); entscheidend ist der Wert des höheren Antrags. Der Umstand, dass bezüglich des Vergütungsanspruchs auch über die Voraussetzungen des Anspruchs gestritten worden ist, führt nicht zu einer wirtschaftlichen Werthäufung (LAG Berlin-Brandenburg vom 3. Dezember 2020 – 26 Ta (Kost) 6080-20).

2.

Der 3-Monats-Zeitraum des § 42 Abs. 2 GKG war hier aber nicht voll zu berücksichtigen, da das Vertragsverhältnis bereits zum 20. August 2019 beendet werden sollte (vgl. S. 3 Abs. 2 des Urteils vom 3.6.2021). Insoweit kann erneut auf die Berechnung des Bezirksrevisors Bezug genommen werden.

Der streitige Zeitraum umfasste 1 Monat und 3 Wochen. Nach der Wochengage von 1.800,00 EUR errechnet sich eine Bruttomonatsvergütung von 7.800,00 EUR pro Monat. Das ergibt insgesamt für den Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis 20. August 2019 eine Vergütung von 13.650,00 EUR. Diese Summe war als Streitwert festzusetzen.

3.

Die Rechtsbeschwerde war gemäß §§ 78 Abs. 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Frage, ob bei einer Kündigungsschutzklage und gleichzeitiger Klage auf Verzugslohn für die Zeit nach dem Kündigungstermin in objektiver Klagehäufung die Streitwerte der Klageanträge gemäß § 39 GKG zu addieren sind, bedarf einer grundsätzlichen Klärung.

 

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