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Streitwert fristlose Kündigung mit hilfsweiser fristloser Kündigung mit Auslauffrist

Fristlose Kündigung und ihre rechtlichen Herausforderungen

Das Landesarbeitsgericht Nürnberg hatte sich mit einem komplexen Fall zu befassen, in dem es um die Wirksamkeit von zwei außerordentlichen Kündigungen ging. Eine dieser Kündigungen war mit einer sogenannten sozialen Auslauffrist versehen. Dieser Fall wirft Licht auf die rechtlichen Feinheiten und Herausforderungen, die mit solchen Kündigungen verbunden sind.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ta 35/20 >>>

Hintergrund des Falles

Die Parteien des Rechtsstreits waren uneins über die Gültigkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 19.09.2018, die dem Arbeitnehmer am 21.09.2018 zugestellt wurde. Zusätzlich gab es eine weitere außerordentliche Kündigung mit einer sozialen Auslauffrist vom gleichen Datum. Ein weiterer Streitpunkt war die vorläufige Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers. In einer mündlichen Verhandlung am 09.01.2020 einigten sich die Parteien darauf, dass beide Kündigungen gegenstandslos seien und das Arbeitsverhältnis durch den Widerruf der Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis am 21.09.2018 endete.

Streit um den Streitwert

Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert auf 19.642,92 € fest, was vier Monatsgehältern entspricht. Der Klägervertreter legte jedoch Beschwerde ein und argumentierte, dass die zweite Kündigung mit sozialer Auslauffrist und der Weiterbeschäftigungsantrag zusätzlich berücksichtigt werden sollten. Das Arbeitsgericht lehnte die Beschwerde ab und verwies den Fall an das Landesarbeitsgericht Nürnberg.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Das Landesarbeitsgericht fand die Beschwerde zwar zulässig, aber unbegründet. Es stellte fest, dass das Arbeitsgericht seine Streitwertfestsetzung korrekt begründet hatte. Laut dem Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit ist eine außerordentliche Kündigung, die hilfsweise als ordentliche Kündigung erklärt wird, höchstens mit einem Vierteljahr Vergütung zu bewerten. Das Gericht stellte auch fest, dass der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung nur dann streitwerterhöhend zu berücksichtigen ist, wenn über ihn entschieden wurde oder wenn er in einem Vergleich geregelt wird.

Schlussbetrachtung

Dieser Fall zeigt die Komplexität und die rechtlichen Feinheiten, die bei Kündigungen und deren Bewertung auftreten können. Es unterstreicht die Bedeutung einer genauen Kenntnis der rechtlichen Rahmenbedingungen und der aktuellen Rechtsprechung, um in solchen Fällen korrekte Entscheidungen zu treffen.


Das vorliegende Urteil

Landesarbeitsgericht Nürnberg – Az.: 2 Ta 35/20 – Beschluss vom 25.03.2020

Die Beschwerde des Klägervertreters gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 09.01.2020, Az 10 Ca 5362/18, wird zurückgewiesen.

Gründe

A.

Die Parteien stritten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 19.09.2018, zugegangen am 21.09.2018, um die Wirksamkeit einer weiteren außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist vom gleichen Tag, ebenfalls am 21.09.2018 zugegangen, sowie um vorläufige Weiterbeschäftigung.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 09.01.2020 schlossen die Parteien einen verfahrensbeendenden Vergleich, wonach die beiden Kündigungen gegenstandslos waren und das Arbeitsverhältnis durch Widerruf der Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis mit dem 21.09.2018 endete (Blatt 247 d.A.). Das Arbeitsgericht setzte den Streitwert mit Beschluss vom gleichen Tage auf 19.642,92 € fest (= 4 Monatsgehälter).

Mit der Beschwerde vom 16.01.2020 macht der Klägervertreter geltend, dass die zweite Kündigung mit sozialer Auslauffrist mit 3 weiteren Bruttomonatsgehältern und der Weiterbeschäftigungsantrag mit einem weiteren Monatsgehalt zu berücksichtigen seien.

Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 19.02.2020 nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht Nürnberg vor. Dieses gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis 18.03.2020. Auf die Stellungnahme des Beklagtenvertreters wird verwiesen. Weitere Stellungnahmen wurden nicht abgegeben.

B.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist statthaft, § 68 Abs. 1 GKG, denn sie richtet sich gegen einen Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühr gemäß § 63 Abs. 2 GKG festgesetzt worden ist. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,- €. Die Beschwerde ist innerhalb der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG bestimmten Frist eingelegt worden, § 68 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Klägervertreter kann aus eigenem Recht Beschwerde einlegen, § 32 Abs. 2 RVG.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat im Nichtabhilfebeschluss seine Streitwertfestsetzung ausführlich unter Bezugnahme auf den Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit begründet. Das Landesarbeitsgericht schließt sich diesen zutreffenden Ausführungen an und macht sie sich zu eigen.

Nach Ziff. I Nr. 21.1 Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit ist eine außerordentliche Kündigung, die hilfsweise als ordentliche erklärt wird (einschließlich Umdeutung nach § 140 BGB), höchstens mit der Vergütung für ein Vierteljahr zu bewerten, unabhängig davon, ob sie in einem oder mehreren Schreiben erklärt wird. Dem Kläger wurde eine außerordentliche Kündigung am 19.09.2018 und ausdrücklich hilfsweise eine außerordentliche Kündigung gleichen Datums mit sozialer Auslauffrist ausgesprochen. Dieser Fall ist mit dem Fall einer außerordentlichen Kündigung und einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vergleichbar. In beiden Fällen unterscheiden sich die Kündigungen nur durch die Kündigungsfrist. Durch die soziale Auslauffrist ist die außerordentlich erklärte Kündigung hinsichtlich der wirtschaftlichen Folgen und des Beendigungsdatums des Arbeitsverhältnisses mit der ordentlichen Kündigung vergleichbar.

Ebenfalls zu Recht hat das Arbeitsgericht für den Weiterbeschäftigungsantrag ein Monatsgehalt angesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung des LAG Nürnberg (z.B. 19.03.2020 – 2 Ta 15/20; 08.07.2016 – 4 Ta 78/16) und anderer Landesarbeitsgerichte ist der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung streitwerterhöhend nur dann gemäß § 45 Abs. 4 iVm. Abs. 1 Satz 2 GKG zu berücksichtigen, wenn über ihn entschieden worden ist, wenn der Antrag in einem Vergleich sachlich mitgeregelt wird und dieser eine Regelung über ihn enthält oder wenn der Antrag ausdrücklich als unbedingter Hauptantrag gestellt worden ist (vgl. BAG 13.08.2014 – 2 AZR 871/14 Rn 4, juris; 30.08.2011 – 2 AZR 668/11, juris; LAG Niedersachsen 24.01.2020 – 8 Ta 13/20 Rn 7 mit zahlreichen Nachweisen, juris). Dies deckt sich auch mit Ziff. I Nr. 18 des Streitwertkatalogs für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Im Zweifel ist der Weiterbeschäftigungsantrag im wohlverstandenen Kosteninteresse der Partei, dem der Rechtsanwalt verpflichtet ist, als Hilfsantrag auszulegen (LAG Nürnberg 08.07.2016 – 4 Ta 78/16; LAG Niedersachsen 24.01.2020 – 8 Ta 13/20).

Im vorliegenden Fall ist der Weiterbeschäftigungsantrag zwar als uneigentlicher Hilfsantrag anzusehen. Er fiel aber wertmäßig wegen der Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich gem. § 45 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 GKG an. Denn ihn betreffend haben die Parteien im Vergleich zwar nicht den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Entlassungstermin hinaus vereinbart, jedoch die Wiederaufnahme des Beamtenverhältnisses ab 22.09.2018. Insoweit haben sie auch eine Regelung über Weiterbeschäftigung über den Entlassungstermin hinaus getroffen (vgl. LAG Nürnberg 19.03.2020 – 2 Ta 15/20). Der Weiterbeschäftigungsantrag ist auf vorläufige Weiterbeschäftigung während des Prozesses auf Grund des streitigen Arbeitsverhältnisses gerichtet. Die Weiterbeschäftigung kann nur einmal erfolgen unabhängig von der Anzahl der Kündigungen. Deshalb ist der nach Ziff. I Nr. 26 des Streitwertkataloges empfohlene Wert von einer Monatsvergütung nicht nach der Anzahl der streitigen Beendigungstatbestände zu erhöhen.

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden alleine ergehen, § 78 Satz 3 ArbGG.

Für eine Kostenentscheidung bestand kein Anlass, da das Beschwerdeverfahren gebührenfrei ist und eine Kostenerstattung nicht stattfindet, § 68 Abs. 3 GKG.

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