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Umgang mit betrieblichen elektronischen Dateien – fristlose Kündigung

ArbG Hamburg – Az.: 4 Ca 356/20 – Urteil vom 27.01.2022

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 13.10.2020 noch mit der vorsorglich erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 14.10.2020 beendet wird.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger wird verurteilt, es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 01.08.2020 bis zum 30.09.2020 von der Festplatte ( … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) aus den nachstehend jeweils ausgeführten Ordnern

a) zu den Beratungsprojekten

(1) S. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad: C:\Users …

(2) H. S. Gruppe (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) K. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(4) G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(5) G. W. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(6) D. B. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(7) I. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

b) zu den administrativen Daten

(1) Rechnungen für Kunden (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(2) Akquisition (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) Admin (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users … ),

auf die externe Festplatte des Fabrikats V. HD (Seriennummer:  … ) übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben.

4. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagte 97 % und der Kläger 3 % zu tragen.

6. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 138.806,06 € festgesetzt.

7. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier fristloser arbeitgeberseitiger Kündigungen ihres Arbeitsverhältnisses, allgemein über dessen Fortbestand, über Herausgabe-, Löschungs- und Unterlassungsansprüche der Beklagten in Bezug auf betriebliche Daten sowie über Schadensersatzansprüche der Beklagten.

Die Beklagte ist eines der führenden Beratungsunternehmen für mittelständische Unternehmen. Der Kläger begann seine Tätigkeit bei der Beklagten als Partner und Berater am 01.10.2010 auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 17.09.2010 (Anlage K 1, Bl. 6 bis 8 d. A.), der unter anderem folgende Regelungen enthält:

 „§ 9 Verschwiegenheitspflicht

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, über alle betrieblichen Angelegenheiten, die ihm im Rahmen oder aus Anlass seiner Tätigkeit in der Firma zur Kenntnis gelangen, auch nach seinem Ausscheiden Stillschweigen zu bewahren. Bei Beendigung des Anstellungsverhältnisses sind alle betrieblichen Unterlagen sowie etwa angefertigte Abschriften oder Kopien an die Firma herauszugeben.

§ 10 Herausgabe von Firmeneigentum und Pflicht zur Verschwiegenheit

Umgang mit betrieblichen elektronischen Dateien - fristlose Kündigung
(Symbolfoto: ESB Professional/Shutterstock.com)

Alle Daten über Mandanten und Zielfirmen/Zielkunden, von denen der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung Kenntnis erlangt und die in den Datenbanken der Gesellschaft gespeichert und verwaltet werden, sind betriebliches Eigentum der Gesellschaft. Nach Aufforderung durch die Gesellschaft und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer unverzüglich alle in seinem Besitz befindlichen Daten, Geschäftspapiere und -unterlagen und sonstiges Eigentum der Gesellschaft herauszugeben; es ist dem Arbeitnehmer untersagt, Kopien oder Abschriften – gleich in welcher Form – anzufertigen.

Ein Zurückbehaltungsrecht ist ausgeschlossen.

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, über alle Angelegenheiten und Vorgänge, die ihm im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangen, Stillschweigen zu bewahren.

Die Verschwiegenheitspflicht erstreckt sich auch auf die Vergütungsvereinbarung sowie auf weitere Einzelheiten des Vertrags und auf Angelegenheiten anderer Unternehmen, mit denen der Arbeitgeber wirtschaftlich und organisatorisch verbunden ist.

Diese Geheimhaltungsverpflichtung gilt auch über das Ende des Arbeitsvertrags hinaus, jedoch nur so weit, wie der Arbeitnehmer dadurch nicht in seinen weiteren beruflichen fortkommen unzulässiger Weise eingeschränkt wird.

Die Weitergabe von Geschäftsdokumenten, betrieblichen Aufzeichnungen und Datenträgern an Dritte ist verboten.“

Am 14./18.09.2018 unterzeichneten die Parteien eine Verpflichtungserklärung zur Wahrung der Vertraulichkeit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Anlage B 1) mit folgendem Inhalt:

„Sehr geehrter Herr M.,

aufgrund ihrer Aufgabenstellung verpflichte ich Sie auf die Wahrung der Vertraulichkeit personenbezogener Daten nach Art. 5 Abs. 1 f, Art. 32 Abs. 4 Datenschutz-Grundverordnung (DSGV), zu denen sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Zugang erhalten oder Kenntnis erlangen. Es ist Ihnen untersagt, unbefugt personenbezogene Daten zu verarbeiten.

Diese Verpflichtung besteht auch nach Beendigung Ihrer Tätigkeit fort.

Verstöße gegen die Vertraulichkeit können nach Art. 83 Abs. 4 DSGVO, §§ 42, 43 BDSG sowie nach anderen Strafvorschriften (s. Anlage) mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet werden.

In der Verletzung der Vertraulichkeit kann zugleich eine Verletzung arbeits- oder dienstrechtlicher Schweigepflichten liegen.“

Im November 2018 vereinbarten die Parteien ein sogenanntes Sabbatical des Klägers (Anlage B 2) mit folgendem Inhalt:

„Herr Dr. M. M. wird im Zeitraum vom 01. Oktober 2020 bis zum 31 Januar 2021 (4 Monate) unbezahlter Urlaub gewährt.

Im Gegenzug wird das per Januar 2020 bestehende Festgehalt im Zeitraum von Juni 2020 bis Januar 2021 (8 Monate) jeweils nur zu 50% gezahlt. …“

Die Beklagte stellt ihren als Berater tätigen Mitarbeitern für ihre Tätigkeit als Arbeitsmittel unter anderem ein Notebook zur Verfügung, auf dem alle Softwareprogramme installiert sind, die die Mitarbeiter für die Durchführung ihrer Beratertätigkeit benötigen. Dazu zählt SharePoint, eine Web-basierte Software-Arbeitsplattform für den gemeinsamen Zugriff, die Interaktion und die Zusammenarbeit. Es handelt sich um ein Cloud-basiertes Dokumentenmanagement-System, auf dem sämtliche Arbeitsergebnisse sowie sonstige Dokumente zu den einzelnen Beratungsprojekten, zu den sonstigen geschäftlichen Aktivitäten und zu den administrativen Tätigkeiten zentral gespeichert werden.

Eingebettet in SharePoint ist die Software-Applikation OneDrive. Hierbei handelt es sich um einen Cloud-basierten, für den einzelnen Mitarbeiter der Beklagten individualisierten Datei-Ordner, auf den lediglich der jeweilige Mitarbeiter einen personenbezogenen Zugriff hat. OneDrive befindet sich auf der Cloud, ist jedoch gleichzeitig als lokaler Datei-Ordner in das Netzwerk des jeweiligen Notebooks integriert. Alle Dateien, die der einzelne Mitarbeiter in den Datei-Ordnern auf OneDrive bzw. in dem relevanten lokalen Datei-Ordner auf der Festplatte speichert, verändert oder löscht, werden bei der nächsten Verbindung des Firmen-Notebooks mit OneDrive jeweils synchronisiert. Gegenstand der Synchronisation ist die spiegelbildliche Abbildung der Ordnerstruktur und relevanten Dateien in OneDrive und auf der lokalen Festplatte des Firmen-Notebooks.

Alle Mitarbeiter der Beklagten sind dazu angehalten, die einzelnen IT-Applikationen mit dem dafür vorgesehenen Kennwortschutz zu nutzen, das persönliche Kennwort regelmäßig zu aktualisieren und das persönliche Kennwort keinem Dritten zur Kenntnis zu geben.

Die Beklagte administriert die einzelnen Ordner auf OneDrive und auf SharePoint einerseits nach den jeweiligen Beratungsprojekten und benennt sie generell nach der Firma des einzelnen Kunden („Projekt-Ordner“) sowie für alle übergreifenden und sonstigen, nicht mandatsbezogenen Angelegenheiten themenbezogen, zum Beispiel im Ordner „Akquisition“ für alle Akquisitionstätigkeiten oder im Ordner „Rechnung Kunden“ für die Administration sämtlicher Rechnungen an Kunden aus abgeschlossenen und laufenden Projekten („Administrative Ordner“).

Die Beklagte hatte dem Kläger zuletzt für seine Beratertätigkeit ein Notebook des Fabrikats Lenovo ThinkPad E 15 (BP-NB-121) und ein iPhone zur dienstlichen Nutzung überlassen. Der Kläger führte immer wieder Backups zu abgeschlossenen Einzelprojekten auf einer externen Festplatte durch, so nach dem 09.04.2019, dem 12.05.2020 und dem 16.06.2020.

Der Kläger einigte sich im September 2020 mit seinem neuen Arbeitgeber auf einen Arbeitsvertrag ab dem 01.01.2021, im Rahmen dessen er als Projektleiter in der Unternehmensberatung tätig wurde.

In den letzten Tagen vor dem 30.09.2020 löschte der Kläger betriebliche Dateien. Ferner übertrug er Dateien, auch eigene private, auf zwei USB-Sticks und auf eine externe Festplatte.

Am 30.09.2020 forderte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger auf, das ihm überlassene Notebook, das ihm überlassene iPhone und seinen Büroschlüssel zurückzugeben. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach und erklärte die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zum 31.12.2020.

Eine erste technische Prüfung des vom Kläger zurückgegebenen Notebooks ergab am 02.10.2020, dass der Kläger vor der Rückgabe des Notebooks sämtliche E-Mails aus dem Posteingangsfach und weiteren diversen Postfächern vorläufig und schließlich durch das Leeren des Papierkorbs permanent gelöscht hatte. Am 07.10.2020 erfuhr die Beklagte von ihrem IT-Administrator, dass mit dem Firmen-Notebook, das dem Kläger überlassen worden war, am 29.09.2020 eine größere Datenmenge von ihrer SharePoint-Plattform gelöscht worden sei. Die gelöschten Daten sind inzwischen wiederhergestellt. Mit zwei Schreiben vom 13.10.2020 (Anlage K 2, Bl. 9 d. A.) und vom 14.10.2020 (Anlage K 3, Bl. 10 d. A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos. Mit seiner der Beklagten am 28.10.2020 zugestellten Klage macht der Kläger die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigungen und allgemein den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend.

Der IT-Administrator der Beklagten empfahl der Beklagten nach der fortgesetzten weiteren Untersuchung der Datenverarbeitungsvorgänge, die Untersuchung insbesondere in Bezug auf die Übertragung von Daten auf externe Träger auszuweiten. Daraufhin beauftragte die Beklagte am 09.11.2020 ein externes Unternehmen mit dieser weiteren Untersuchung. Für einzelne Untersuchungshandlungen erfolgte eine Unterbeauftragung eines weiteren Unternehmens. Der Zwischenbericht des beauftragten Unternehmens vom 18.12.2020 für den Zeitraum vom 01.08.2020 bis zum 30.09.2020 (Anlage B 6) benennt einzelne festgestellte Datenübertragungen auf zwei USB-Sticks und eine externe Festplatte (siehe dazu auch S. 7 bis 16 des Schriftsatzes der Beklagten vom 28.12.2020, Bl. 93 bis 102 d. A.). Der Zwischenbericht ergab ferner, dass der Kläger mit seinem Firmen-Notebook in der Zeit vom 14.09.2020 bis zum 30.09.2020 auf eigene private Daten zugegriffen hatte, die auf einem der beiden USB-Sticks gespeichert waren (im Einzelnen S. 25 bis 27 des Zwischenberichts gemäß Anlage B 6).

In dem von der Beklagten am 23.12.2020 eingeleiteten einstweiligen Verfügungsverfahren verurteilte das Landesarbeitsgericht den Kläger mit Urteil vom 27.05.2021 (Bl. 256 bis 286 d. A.), es zu unterlassen, diejenigen elektronischen Dateien, die er vom 01.08.2020 bis zum 30.09.2020 aus bestimmten Ordnern zu bestimmten Beratungsprojekten und aus administrativen Ordnern auf eigene Speichermedien übertragen hat, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben. Die weitergehenden Anträge der Beklagten wurden abgewiesen.

Mit ihrer Widerklage vom 08.01.2020 (Bl. 106 ff. d. A.) macht die Beklagte Herausgabe-, Löschungs- und Unterlassungsansprüche der Beklagten in Bezug auf betriebliche Daten geltend. Am 24.06.2021 fand eine polizeiliche Hausdurchsuchung in der Wohnung des Klägers statt. Gemäß dem diesbezüglichen Protokoll und Durchsuchungsvermerk (Anlage K 5, Bl. 352 f. d. A.) war die Durchsuchung erfolglos. Tatrelevante Daten wurden nicht gefunden. Mit ihrer Widerklageerweiterung vom 31.08.2021 (Bl. 182 ff. d. A.) begehrt die Beklagte Schadensersatz für die ihr nach Ausspruch der fristlosen Kündigungen entstandenen Ermittlungskosten einschließlich der Kosten für beauftragte Rechtsanwälte.

Der Kläger trägt vor, es sei gängige Praxis bei der Beklagten, externe Speichermedien zu verwenden, auch solche, die nicht von der Beklagten ausgehändigt wurden. Es würden auch solche externen Speichermedien verwendet, die die einzelnen Berater von Kunden im Rahmen der Projektarbeit ausgehändigt erhielten. Teilweise verwendeten die Berater auch privat angeschaffte externe Speichermedien. Er habe die externen Speichermedien, auf die er Daten übertragen habe, schon seit längerer Zeit, zum Teil schon über mehrere Jahre hinweg, in Gebrauch gehabt. Ob es sich bei den USB-Sticks um solche handele, die er von der Beklagten ausgehändigt erhalten habe, oder um solche, die er im Rahmen eines Projektes von einem Kunden ausgehändigt bekommen habe, oder eventuell auch um von ihm selbst privat angeschaffte externe Speichermedien, könne er nicht mit Sicherheit sagen. Er bestreite daher mit Nichtwissen, dass die von ihm verwendeten USB-Sticks nicht von der Beklagten stammen. Die externe Festplatte habe er nach seiner Erinnerung von dem seinerzeitigen IT-Provider der Beklagten erhalten. Anlässlich eines irreparablen Festplattenschadens, der wohl im Jahr 2017 am dienstlichen Notebook des Klägers aufgetreten gewesen sei, habe der IT-Provider sämtliche Daten, die sich auf der defekten Festplatte des dienstlichen Notebooks befunden hätten, auf der externen Festplatte gesichert, soweit dies möglich gewesen sei. Mithilfe der so gesicherten Daten sei sodann die neue Festplatte des Notebooks wiederhergestellt worden. Der Kläger habe diese externe Festplatte fortan dazu genutzt, um gewohnheitsmäßig die auf seinem dienstlichen Notebook befindlichen Daten zu sichern. Die Beschädigung der Festplatte habe dem Kläger gezeigt, dass eine Wiederherstellung seines Notebooks und damit die Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit ohne eine solche Datensicherung sehr zeitintensiv wäre. Im September 2020 habe er die vorhandenen Daten noch einmal aktualisiert. Auch andere Berater der Beklagten hätten regelmäßig Backups ihrer gesamten Daten auf externen Festplatten bzw. USB-Sticks erstellt. Er habe nie die Absicht gehabt, die von ihm kopierten Dateien über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus für sich zu behalten. Schon gar nicht habe er die Absicht gehabt, diese Dateien einem unbefugten Dritten zugänglich zu machen. Er habe das auch nicht getan. Er habe nur einige Dokumente und E-Mails zum Projekt „E.“ an seinen privaten E-Mail-Account weitergeleitet, soweit er diese für die Durchsetzung seiner streitigen Provisionsansprüche aus diesem Projekt benötige. Eine Weitergabe dieser Dokumente sei mit Ausnahme seines Rechtsanwalts und gegebenenfalls des Gerichts in dem parallelen Rechtsstreit 4 Ca 329/20 nicht erfolgt und werde auch nicht erfolgen.

Am 14.09.2020 habe er mit dem Geschäftsführer der Beklagten über das anstehende Sabbatical und über die von ihm geforderte Prämie für das „E.“-Projekt gesprochen. Nachdem sich zu beiden Punkten keine Lösung abgezeichnet habe, habe der Geschäftsführer der Beklagten ihn gefragt, wie er sich seine berufliche Zukunft bei der Beklagten vorstelle. Er habe erwidert, man könne ihm gerne ein Angebot machen.

Er habe sich eigentlich während des Sabbaticals auf dem Notebook und dem iPhone mit einigen dort gespeicherten Unterlagen beschäftigen und die Geräte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgeben wollen. Die Backup-Dateien auf den externen Speichermedien hätten dann von denjenigen Kollegen, die die noch nicht abgeschlossenen Projekte des Klägers fortführen, genutzt werden können.

Am 30.09.2020 sei er nur zur Herausgabe des Notebooks, des iPhones und des Büroschlüssels aufgefordert worden, nicht hingegen zur Herausgabe externer Speichermedien. Er habe seit dem 30.09.2020 keine externen Speichermedien mehr in seinem Besitz. Alle von ihm im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit für die Beklagte verwendeten und noch existierenden externen Speichermedien habe er in den Geschäftsräumen der Beklagten zurückgelassen. Er habe sie sowie sonstige von ihm verwendete Büromaterialien seit dem Umzug in die neuen Betriebsräume immer in einer von ihm genutzten Regalfläche im Teambüro im vierten Stock aufbewahrt. Soweit diese externen Speichermedien nicht von Dritten entfernt worden seien, sei davon auszugehen, dass sie sich nach wie vor auf diesem Regal im Teambüro im vierten Stock befinden. Bevor er am 30.09.2020 die Betriebsräume verlassen habe, sei er noch mit einem Kollegen essen gegangen. Anschließend habe er sich noch von Kollegen verabschiedet, bevor er um 15:00 Uhr seinen dienstlichen Laptop, sein dienstliches iPhone und seine Schlüssel bei Frau G. abgegeben habe.

Er habe am 29.09.2020 lediglich die von ihm verwendeten Ordner auf seinem Laptop und sein E-Mail-Postfach aufgeräumt und in diesem Zusammenhang natürlich auch Dokumente und E-Mails gelöscht, soweit deren Aufbewahrung nicht notwendig sei. Dies sei mit Blick auf das bevorstehende Sabbatical geschehen, weil er für seine Kollegen einen geordneten Arbeitsplatz habe hinterlassen wollen. Er habe sämtliche projektbezogenen Dateien in den entsprechenden auf dem SharePoint befindlichen Projektordnern gespeichert, soweit diese zukünftig einmal eine Bedeutung haben könnten. Keinesfalls habe er exzessiv unternehmensrelevante Daten unwiederbringlich vernichtet. Er habe keine Daten von der SharePoint-Plattform gelöscht. Die polizeiliche Durchsuchung seiner Wohnung habe bestätigt, dass er nicht im Besitz betrieblicher Daten der Beklagten sei. Kündigungsschutzrechtlich sei zu berücksichtigen, dass bei Zugang der fristlosen Kündigungen bis zu der durch seine Eigenkündigung ohnehin eingetretenen Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31.12.2020 wegen der Sabbatical-Vereinbarung ohnehin kein Leistungsaustausch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mehr stattgefunden habe.

Die Beklagte habe keinen Anspruch auf Erstattung von Ermittlungskosten. Diese seien nicht erforderlich gewesen. Der Ermittlungsaufwand sei auch nicht in dem geltend gemachten Umfang entstanden.

Der Kläger beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 13.10.2020 noch mit der vorsorglich erklärten außerordentlichen fristlosen Kündigung vom 14.10.2020 beendet wird.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände aufgelöst wurde.

Die Beklagte beantragt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

Widerklagend beantragt die Beklagte:

2. Der Kläger wird verurteilt, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 von Datenträgern der Beklagten

a) zu den Beratungsprojekten der Beklagten

(1) S.

(2) H. S. Gruppe,

(3) K.,

(4) G.,

(5) G. W.,

(6) D. B.,

(7) I.,

b) zu den administrativen Daten

(1) Rechnungen für Kunden,

(2) Akquisition,

(3) Admin,

auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, an die Beklagte herauszugeben und die nach der Herausgabe noch in elektronischer Form (Computerdateien) in seinem Besitz befindlichen Daten zu löschen und keine Kopie zurückzubehalten.

3. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 2.: Der Kläger wird verurteilt, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 im Original oder in Kopie von der Festplatte (M.2  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) aus den nachstehend jeweils ausgeführten Ordnern

a) zu den Beratungsprojekten

(1) S. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad: C:\Users\ … ),

(2) H. S. G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) K. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(4) G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(5) G. W. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(6) D. B. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(7) I. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

b) zu den administrativen Daten

(1) Rechnungen für Kunden (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(2) Akquisition (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) Admin (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, an die Beklagte herauszugeben und die nach der Herausgabe noch in elektronischer Form (Computerdateien) in seinem Besitz befindlichen Daten zu löschen und keine Kopie zurückzubehalten.

4. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 3.: Der Kläger wird verurteilt, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 im Original oder in Kopie von der Festplatte (M.2  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) aus den nachstehend jeweils ausgeführten Ordnern

a) zu den Beratungsprojekten

(1) S. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad: C:\Users\ … ),

(2) H. S. G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) K. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(4) G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(5) G. W. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(6) D. B. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(7) I. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

b) zu den administrativen Daten

(1) Rechnungen für Kunden (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(2) Akquisition (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) Admin (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

auf die externe Festplatte des Fabrikats V. HD (Seriennummer:  … ) übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, an die Beklagte herauszugeben und die nach der Herausgabe noch in elektronischer Form (Computerdateien) in seinem Besitz befindlichen Daten zu löschen und keine Kopie zurückzubehalten.

5. Im Wege der Stufenklage:

a) Der Kläger wird verurteilt, über sämtliche weitere elektronische Dateien der Beklagten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 30. September 2020 – über die in den Anträgen zu 1. bis 4. inkludierten elektronischen Dateien hinaus – von Datenträgern der Beklagten auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronischer Form, Auskunft zu erteilen,

b) diese Auskunft eidesstattlich zu versichern,

c) die weiteren elektronischen Dateien entsprechend der Auskunft an die Beklagte herauszugeben und die nach der Herausgabe noch in elektronischer Form (Computerdateien) in seinem Besitz befindlichen Daten zu löschen und keine Kopie zurückzubehalten.

6. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 5. im Wege der Stufenklage:

a) Der Kläger wird verurteilt, über sämtliche weitere elektronische Dateien der Beklagten, die der Kläger im Zeitraum vom 1. Oktober 2010 bis zum 30. September 2020 – über die in den Anträgen zu 1. bis 4. inkludierten elektronischen Dateien hinaus – von der Festplatte (M.2 NVMe,  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronischer Form, Auskunft zu erteilen,

b) diese Auskunft eidesstattlich zu versichern,

c) die weiteren elektronischen Dateien entsprechend der Auskunft an die Beklagte herauszugeben und die nach der Herausgabe noch in elektronischer Form (Computerdateien) in seinem Besitz befindlichen Daten zu löschen und keine Kopie zurückzubehalten.

7. Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 von Datenträgern der Beklagten auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronischer Form, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben.

8. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 7.: Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 von der Festplatte (M.2 NVMe,  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronischer Form, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben.

9. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 8.: Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 von der Festplatte (M.2 NVMe,  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) auf die externe Festplatte des Fabrikats V. HD (Seriennummer:  … ) übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben.

10. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 9.: Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 von der Festplatte (M.2 NVMe,  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) aus den nachstehend jeweils ausgeführten Ordnern

a) zu den Beratungsprojekten

(1) S. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad: C:\Users\ … ),

(2) H. S. G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) K. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(4) G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(5) G. W. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(6) D. B. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(7) I. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

b) zu den administrativen Daten

(1) Rechnungen für Kunden (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(2) Akquisition (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) Admin (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

auf eigene Speichermedien übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben.

11. Hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu Ziffer 10.: Der Kläger hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die er im Zeitraum vom 1. August 2020 bis zum 30. September 2020 von der Festplatte (M.2 NVMe,  … ) des Notebooks der Beklagten mit dem Fabrikat Lenovo Thinkpad E15 (BP-NB-121) aus den nachstehend jeweils ausgeführten Ordnern

a) zu den Beratungsprojekten

(1) S. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad: C:\Users\ … ),

(2) H. S. G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ,

(3) K. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(4) G. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(5) G. W. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(6) D. B. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(7) I. (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

b) zu den administrativen Daten

(1) Rechnungen für Kunden (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(2) Akquisition (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

(3) Admin (gespeichert auf der Festplatte unter dem Dateipfad C:\Users\ … ),

auf die externe Festplatte des Fabrikats V. HD (Seriennummer:  … ) übertragen und seitdem in seiner Verfügungsgewalt hat, sei es in ausgedruckter oder in elektronisch gespeicherter Form, im geschäftlichen Verkehr zu nutzen oder an einen Dritten weiter zu geben.

12. Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 91.306,06 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, sie habe ihren Mitarbeitern ausschließlich die dienstliche Nutzung der Notebooks und der zur Verfügung gestellten Software-Applikationen gestattet. Eine private Nutzung der Hard- und Software sei nicht zulässig. Ebenfalls nicht zulässig sei die Verwendung von privaten externen Speichermedien für einen etwaigen Datenaustausch mit der im jeweiligen Notebook eingebauten lokalen Festplatte oder mit den webbasierten Arbeitsplattformen. Etwa von einem Mitarbeiter für einen tätigkeitsbezogenen erforderlichen Datenaustausch erforderliche externe Speichermedien (zum Beispiel USB-Sticks) stelle die Beklagte dem Mitarbeiter zur Verfügung, wobei sich auch in diesem Fall die zulässige Nutzung des externen Speichermediums auf eine tätigkeitsbezogenen Anwendung beschränke und der Mitarbeiter das Speichermedium bei Wegfall des Nutzungserfordernisses, spätestens zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, an die Beklagte herauszugeben habe. Der Kläger habe in dem am 14.09.2020 mit dem geschäftsführenden Gesellschafter der Beklagten geführten Gespräch ausgeführt, sein neuer – der Beklagten seinerzeit namentlich nicht bekannter – Arbeitgeber habe ihm eine sogenannte Welcome-Fee in Höhe eines sechsstelligen Eurobetrages für die Aufnahme seiner Tätigkeit beim neuen Arbeitgeber in Aussicht gestellt. Als der Kläger am 30.09.2020 sein Firmen-Notebook zurückgab, habe die Beklagte ihn sicherheitshalber gefragt, ob er neben diesem noch weiteres IT-Equipment in seinem Besitz und herauszugeben habe. Das habe der Kläger verneint und ausgeführt, es gebe nichts mehr, das Firmen-Notebook sei alles, was er noch gehabt habe. Der Kläger habe keine externen Speichermedien auf einem Regal in den Büroräumen der Beklagten zurückgelassen. Ein solches Regal gebe es in dem Raum, in dem der Kläger gearbeitet habe, gar nicht. Der Kläger habe die kopierten Daten rechtswidrig im Rahmen seines neuen Arbeitsverhältnisses nutzen wollen. Der Kläger habe in der Güteverhandlung erklärt, er habe keine Daten der Beklagten gelöscht oder in anderer Weise über solche verfügt. Die Erfolglosigkeit der polizeilichen Durchsuchung seiner Wohnung belege nicht, dass er nicht im Besitz der Daten sei. Sie könnten sich ebenso gut woanders, beispielsweise in seiner Ferienwohnung, befinden. Der Wirksamkeit der fristlosen Kündigungen stehe die Sabbatical-Vereinbarung nicht entgegen. Die Beklagte habe ein berechtigtes Präventionsinteresse im Zusammenhang mit der Signalwirkung im Betrieb. Die Beklagte stützt die fristlose Kündigung vom 13.10.2020 auf das mutwillige Löschen von Projektdaten aus SharePoint, auf die rechtswidrige Übertragung vieler projektbezogener und administrativer Daten der Beklagten auf private Datenträger des Klägers und auf die Nicht-Herausgabe der kopierten Daten. Die fristlose Kündigung vom 14.10.2020 stützt die Beklagte auf das mutwillige und endgültige Löschen dienstlicher E-Mails vor der Rückgabe des Notebooks.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens beider Parteien und ihrer Beweisangebote wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2, § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die zu Protokoll gegebenen Erklärungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Der zulässige Kündigungsschutzantrag ist begründet. Der allgemeine Feststellungsantrag zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig. Die Widerklage ist überwiegend zulässig, aber nur in Bezug auf den Hilfswiderklageantrag zu 11 begründet.

1. Der zulässige Kündigungsschutzantrag ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nicht durch die fristlosen Kündigungen der Beklagten vom 13. und 14.10.2020.

a) Die Kündigung vom 13.10.2020 hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

aa) Sie gilt nicht bereits nach § 4 Satz 1, § 7, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG als rechtswirksam, denn der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung rechtzeitig innerhalb von drei Wochen seit ihrem Zugang durch Erhebung seiner Kündigungsschutzklage geltend gemacht.

bb) Es besteht kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

(1) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der (fiktiven) Kündigungsfrist – zumutbar ist oder nicht (BAG 13.12.2018 – 2 AZR 370/18 – Rn. 15 mwN).

(2) Das mutwillige Löschen wichtiger betrieblicher Daten kommt als wichtiger Grund an sich in Betracht (LAG Baden-Württemberg 17.09.2020 – 17 Sa 8/20; LAG Hessen 05.08.2013 – 7 Sa 1060/10). Dem Vortrag der Beklagten ist aber nicht zu entnehmen, welche konkreten, für sie wichtigen Daten der Kläger gelöscht haben soll. Ein solcher Vortrag wäre ihr möglich und zumutbar gewesen, weil sie die gelöschten Daten zwischenzeitlich wiederhergestellt hat.

(3) Auch die rechtswidrige Übertragung projektbezogener und administrativer elektronischer Daten auf externe Datenträger kommt als wichtiger Grund an sich in Betracht.

(a) In Bezug auf diejenigen Daten, die die Beklagte in ihren Widerklageanträgen konkret bezeichnet hat, gilt das insbesondere im Falle der Absicht des Klägers, diese Daten im Rahmen seines neuen Arbeitsverhältnisses zu nutzen. Ob diese Absicht des Klägers bestand, ist allerdings streitig. Der Kläger beruft sich auf die Durchführung eines Backups, sodass die auf externe Datenträger übertragenen Daten als gesicherte Daten während seines Sabbaticals ab dem 01.10.2020 und sodann nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten ab dem 01.01.2021 anderen Mitarbeitern der Beklagten zur Verfügung gestanden hätten. Allerdings ergibt sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass er zumindest irgendeinen Kollegen über die von ihm behauptete Ablage der externen Datenträger in einem Regal in den Betriebsräumen der Beklagten unterrichtete oder warum das unterblieb.

(b) Auch das Weiterleiten der Daten zum Projekt E. für die Auseinandersetzung des Klägers mit der Beklagten im Zusammenhang mit dem diesbezüglichen Provisionsanspruch kommt als wichtiger Grund an sich in Betracht. Dem Arbeitnehmer ist es aufgrund der dem Arbeitsvertrag immanenten Pflicht zur Rücksichtnahme verwehrt, sich ohne Einverständnis des Arbeitgebers betriebliche Unterlagen oder Daten anzueignen oder diese für betriebsfremde Zwecke zu vervielfältigen. Verstößt der Arbeitnehmer rechtswidrig und schuldhaft gegen diese Vorgaben, kann darin ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegen. Ob eine außerordentliche Kündigung berechtigt ist, hängt insbesondere von der Motivation des Arbeitnehmers und möglichen nachteiligen Folgen für den Arbeitnehmer ab (BAG 08.05.2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 32 mwN).

Auch die Verwendung solcher Daten für die eigene Rechtsverfolgung lässt nicht ohne Weiteres auf eine Wahrnehmung berechtigter Interessen schließen. Dem Rechtsschutzinteresse einer Partei, die sich nicht im Besitz prozessrelevanter Urkunden und sonstiger Unterlagen befindet, trägt das Gesetz mit den Regelungen zur Vorlagepflicht in § 142 ZPO und § 424 ZPO Rechnung (BAG 08.05.2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 33). Für elektronische Dokumente gelten § 371 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 144, §§ 422 bis 432 ZPO.

(4) Auch die Nicht-Herausgabe rechtswidrig kopierter Daten kommt als wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht. Diesbezüglich gelten die vorstehenden Ausführungen unter (3) entsprechend. Allerdings war die Beklagte stets im Besitz der Daten. Der Kläger hat diese Daten kopiert, aber nicht von den Datenträgern der Beklagten gelöscht.

(5) Jedenfalls die Interessenabwägung führt im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass kein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt. Dass das Arbeitsverhältnis schon vor den streitgegenständlichen Kündigungen seit seinem Beginn am 01.10.2010 in kündigungsschutzrechtlich beachtenswerter Weise gestört war, ist nicht vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Die Daten zum Projekt E. hat der Kläger – soweit ersichtlich – nur an seinen Rechtsanwalt und damit an eine ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtete Person mit dem Ziel weitergegeben, sie gegebenenfalls bei Gericht einzureichen. Das ist ein im Rahmen der Interessenabwägung zugunsten des Klägers zu berücksichtigender Umstand (vgl. BAG 08.05.2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 37).

Es kommt hinzu, dass das Arbeitsverhältnis durch die vom Kläger am 30.09.2020 ausgesprochene Eigenkündigung ohnehin mit Ablauf des 31.12.2020 endete und wegen der Sabbatical-Vereinbarung seit dem 01.10.2020 kein Leistungsaustausch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mehr stattfand. Der Kläger befand sich nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vereinbarung seit dem 01.10.2020 im unbezahlten Urlaub. Die vorgesehene Zahlung von 50 % seiner Bezüge bis zum 31.01.2021 beruhte auf dem Umstand, dass der Kläger schon vor Beginn des Sabbaticals einige Monate lang nur 50 % seiner Bezüge erhielt, obwohl er in dieser Zeit noch in Vollzeit arbeitete. Bereits die unwiderrufliche Freistellung eines Arbeitnehmers bei fortbestehender Entgeltzahlung ist bei der Interessenabwägung im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen. Allerdings schlägt dabei gerade die fortbestehende Entgeltzahlung zugunsten des Arbeitgebers zu Buche (vgl. BAG 05.04.2001 – 2 AZR 217/00 – Rn. 23 bei juris). Das ist hier nicht der Fall. Wegen des unbezahlten Urlaubs bestand keine Entgeltzahlungspflicht der Beklagten für die Zeit des Sabbaticals. Vor diesem Hintergrund führt auch das von der Beklagten vorgetragene Präventionsinteresse im Zusammenhang mit der Signalwirkung im Betrieb nicht zu einem Überwiegen der Interessen der Beklagten.

b) Auch die fristlose Kündigung vom 14.10.2020 hat das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

aa) Auch sie gilt nicht bereits nach § 4 Satz 1, § 7, § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG als rechtswirksam, denn der Kläger hat die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung rechtzeitig innerhalb von drei Wochen seit ihrem Zugang durch Erhebung seiner Kündigungsschutzklage geltend gemacht.

bb) Es besteht kein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

Umfangreiches Löschen dienstlicher E-Mails kommt als wichtiger Grund an sich iSd. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht. Dem Vortrag der Beklagten ist aber nicht, auch nicht beispielhaft, zu entnehmen, um welche wichtigen dienstlichen E-Mails es sich gehandelt haben soll. Das ist jedenfalls im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen. Auch hier ist außerdem wieder zugunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass eine vorherige relevante Störung des Arbeitsverhältnisses nicht ersichtlich ist und wegen der Sabbatical-Vereinbarung seit dem 01.10.2020 ohnehin kein Leistungsaustausch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses mehr stattfand. Das Präventionsinteresse der Beklagten wiegt demgegenüber weniger schwer. Auch in Bezug auf die fristlose Kündigung vom 14.10.2020 überwiegt daher das Interesse des Klägers am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2020.

2. Der allgemeine Feststellungsantrag zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ist unzulässig. Ihm fehlt das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Das Arbeitsverhältnis endete durch die Eigenkündigung des Klägers mit Ablauf des 31.12.2020. Davon geht auch der Kläger aus.

3. Der zulässige Widerklageantrag zu 2 ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

a) Soweit der Antrag auf Herausgabe konkret genannter elektronischer Dateien gerichtet ist, ist er unzulässig. Er ist zwar hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ihm fehlt aber das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, weil die Beklagte bereits im Besitz dieser Dateien ist. Der Kläger hat diese Dateien nur kopiert, aber nicht von den Datenträgern der Beklagten gelöscht.

b) Soweit der Antrag auf die Löschung konkret genannter elektronischer Dateien gerichtet ist, ist er zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte hat keinen Anspruch gegen den Kläger auf Löschung der Dateien nach § 7 Nr. 1 GeschGehG. Die Beklagte macht ihn ausweislich des Antragswortlauts und der Antragsbegründung auf Seite 7 ihrer Widerklage vom 08.01.2020 (Bl. 113 d. A.) nur als Annexanspruch zu dem nach den vorstehenden Ausführungen unter a nicht gegebenen Herausgabeanspruch geltend. Wenn bereits der Hauptanspruch nicht besteht, gilt das auch für den Annexanspruch. Es kommt hinzu, dass die Ansprüche auf Vernichtung – hier in Form des Löschens – und auf Herausgabe nach § 7 Nr. 1 GeschGehG nur in einem Alternativverhältnis stehen. Der Gläubiger hat also ein von ihm auszuübendes Wahlrecht (Krbetschek im Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl. 2022, § 7 GeschGehG Rn. 15 mwN). Dieses Wahlrecht hat die Beklagte nicht ausgeübt.

Soweit die Beklagte in dem Widerklageantrag zu 2 neben dem Anspruch auf Löschung der Daten die Verpflichtung anspricht, keine Kopie zurückzubehalten, handelt es sich nicht um einen neben dem Löschungsanspruch geltend gemachten selbstständigen Anspruch der Beklagten. Einen solchen macht die Beklagte auch in ihrer Wiederklagebegründung nicht geltend.

4. Auch die Hilfswiderklageanträge zu 3 und 4 sind aus denselben Gründen wie der Widerklageantrag zu 2 teilweise zulässig, aber nicht begründet. Sie enthalten lediglich Präzisierungen in Bezug auf die verwendeten Speichermedien.

5. Die Widerklageanträge zu 5 sind zulässig, aber nicht begründet.

a) Die Anträge sind nach § 254 ZPO als Stufenklage und auch im Übrigen zulässig.

b) Die Anträge sind aber nicht begründet. Sie sollen im Ergebnis dazu führen, dass der Kläger an die Beklagte weitere elektronische Dateien, die in den Widerklageanträgen zu 2 bis 4 nicht genannt sind und die er seit Beginn des Arbeitsverhältnisses auf eigene Speichermedien übertragen hat, an die Beklagte herausgibt und – soweit sie nach der Herausgabe noch in elektronischer Form in seinem Besitz sind – löscht.

Eine Stufenklage ist insgesamt als unbegründet abzuweisen, wenn dem Grunde nach kein Leistungsanspruch besteht (BGH 28.11.2001 – VIII ZR 37/01 – zu II 4 der Gründe). So liegt der Fall hier. Die vorstehenden Ausführungen zu 3 und 4 zu den Widerklageanträgen zu 2 bis 4 gelten entsprechend.

Auch in Bezug auf die in den Widerklageanträgen zu 5 genannten weiteren elektronischen Dateien ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich, dass der Kläger diese nach der Übertragung von den Datenträgern der Beklagten gelöscht haben soll. Es ist also davon auszugehen, dass die Beklagte ohnehin im Besitz der elektronischen Dateien ist, sodass kein Herausgabeanspruch besteht.

Auch der geltend gemachte Löschungsanspruch besteht nicht. Die Beklagte stützt ihn gemäß ihrer Antragsbegründung auf Seite 8 ihrer Widerklage vom 08.01.2020 (Bl. 114 d. A.) darauf, dass die Dateien zunächst herauszugeben und – soweit sie in kopierter Form nach Herausgabe noch beim Kläger vorhanden seien – anschließend zu löschen seien. Da nach den vorstehenden Ausführungen schon kein Herausgabeanspruch besteht, entfällt auch der nach der Antragsbegründung mit ihm verknüpfte Löschungsanspruch.

Auch hier gilt im Übrigen wiederum, dass die Beklagte das Alternativverhältnis der Ansprüche auf Vernichtung oder Herausgabe nach § 7 Nr. 1 GeschGehG nicht beachtet und ihr diesbezügliches Wahlrecht nicht ausgeübt hat.

Unabhängig davon ist der Leistungsantrag auf der dritten Stufe der Stufenklage ein unbegründeter Globalantrag, weil er auch Fälle erfasst, die von möglichen Anspruchsgrundlagen nicht erfasst sind (vgl. zum Globalantrag BAG 27.07.2021 – 9 AZR 448/20 – Rn. 20 mwN). Der Antrag bezieht sich auf alle kopierten Dateien der Beklagten ohne Beschränkung auf Geschäftsgeheimnisse oder Daten über Mandanten und Zielfirmen/Zielkunden iSd. § 10 Abs. 1 Satz 1 des Anstellungsvertrags der Parteien oder personenbezogene Daten iSd. der Verpflichtungserklärung zur Wahrung der Vertraulichkeit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Anlage B 1).

6. Die Hilfswiderklageanträge zu 6 sind ebenfalls zulässig, aber nicht begründet. Sie enthalten lediglich eine Präzisierung in Bezug auf das Speichermedium, von dem aus der Kläger die Daten übertragen haben soll. Die vorstehenden Ausführungen gelten daher entsprechend.

7. Der auf die Unterlassung der Nutzung und Weitergabe sämtlicher kopierter Dateien der Beklagten gerichtete Widerklageantrag zu 7 ist zulässig, aber nicht begründet.

a) Der Antrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.

b) Er ist aber nicht begründet.

aa) Der Anspruch des Klägers folgt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht aus § 9 des Anstellungsvertrags, auch nicht aus § 10 Abs. 3 des Anstellungsvertrags. Nach den zitierten Regelungen bezieht sich die Verschwiegenheitspflicht des Klägers auf alle betrieblichen Angelegenheiten – nicht nur Geschäftsgeheimnisse -, die ihm im Rahmen oder aus Anlass seiner Tätigkeit bei der Beklagten zur Kenntnis gelangt sind. Sie soll auch nach seinem Ausscheiden fortgelten. Derartige „Catch-All-Klauseln“ sind wegen einer zu weitgehenden Beschränkung des Arbeitnehmers nach § 138 BGB und wenn sie – wie hier aus dem äußeren Erscheinungsbild ersichtlich – vom Arbeitgeber vorformuliert sind, auch als Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers unwirksam (LAG Köln 02.12.2019 – 2 SaGa 20/19; LAG Hamm 05.10.1988 – 15 Sa 1403/88; Holthausen NZA 2019, 1377, 1379 f.; Vetter/Lehmann DB 2019, 2507 mwN).

bb) In Bezug auf die Unterlassung der Weitergabe kopierter Dateien an einen Dritten kommt § 10 Abs. 6 des Anstellungsvertrags zwar grundsätzlich als Anspruchsgrundlage in Betracht, weil nach dieser Regelung die Weitergabe betrieblicher Aufzeichnungen, zu denen elektronische Dateien der Beklagten gehören, an Dritte verboten ist. Es fehlt indes die für die Zuerkennung eines Unterlassungsanspruchs auch im vertraglichen Bereich erforderliche (vgl. dazu OLG Stuttgart 23.01.2019 – 4 U 214/18 – Rn. 125 ff.) Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr. Dass der Kläger bereits elektronische Dateien der Beklagten an einen Dritten weitergegeben hat, ist dem Vortrag der Partei nicht zu entnehmen und auch sonst nicht ersichtlich. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dies konkret droht.

Auch der streitige Vortrag der Beklagten, der Kläger habe in dem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 14.09.2020 mitgeteilt, sein neuer Arbeitgeber habe ihm eine sogenannte Welcome-Fee in Höhe eines sechsstelligen Eurobetrages in Aussicht gestellt, ist auch bei Unterstellung seiner Richtigkeit nicht geeignet, eine bereits erfolgte oder konkret bevorstehende Weitergabe elektronischer Dateien der Beklagten an den neuen Arbeitgeber des Klägers zu belegen.

Selbst wenn man dies anders sähe, wäre die Beklagte für ihren Vortrag jedenfalls beweisfällig geblieben. Sie hat keinen Antrag nach § 445 Abs. 1 ZPO auf Vernehmung des Klägers als Partei gestellt. Es liegt auch kein Einverständnis des Klägers nach § 447 ZPO mit der Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei vor. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei von Amts wegen (§ 448 ZPO) liegen ebenfalls nicht vor.

Die nach pflichtgemäßem Ermessen vom Gericht anzuordnende Parteivernehmung von Amts wegen setzt grundsätzlich das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der beweisbelasteten Partei aufgrund des bisherigen Verhandlungsergebnisses bei einer non-liquet-Situation im Übrigen voraus (BAG 18.11.2021 – 2 AZR 229/21 – Rn. 35 mwN).

Allerdings kann im Fall der Beweisnot einer Partei eine Parteivernehmung nach § 448 ZPO oder eine Anhörung der Partei nach § 141 ZPO aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit notwendig sein. Dieser Grundsatz, der Anspruch auf rechtliches Gehör sowie das Recht auf Gewährleistung eines fairen Prozesses und eines wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 103 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 6 Abs. 1 EMRK) erfordern, dass einer Partei, die für ein Vieraugengespräch – anders als die Gegenpartei – keinen Zeugen hat, Gelegenheit gegeben wird, ihre Darstellung des Gesprächs in den Prozess persönlich einzubringen; zu diesem Zweck ist die Partei gemäß § 448 ZPO zu vernehmen oder gemäß § 141 ZPO persönlich anzuhören (vgl. BVerfG 21.02.2001 – 2 BvR 140/00 – zu III 1 b der Gründe; EGMR 27.10.1993 – 37/1992/382/460 -; BAG 18.11.2021 – 2 AZR 229/21 – Rn. 36; BGH 16.06.2016 – I ZR 222/14 – Rn. 33; 08.07.2010 – III ZR 249/09 – Rn. 16, BGHZ 186, 152).

Das Gespräch des Klägers mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 14.09.2020 war kein „Vieraugengespräch“ in diesem Sinn. Denn die den Hauptbeweis schuldige und nicht über einen Zeugen verfügende Beklagte befindet sich zwar in Beweisnot, ist aber gegenüber dem Kläger, der für einen etwaigen Gegenbeweis ebenfalls keinen Zeugen hat, nicht in ihrer prozessualen Waffengleichheit beeinträchtigt. Dass eine beweispflichtige Partei nicht oder nicht mehr auf einen Zeugen zurückgreifen kann, ist nicht selten und stellt ein allgemeines Prozessrisiko dar. Diesem wird durch die Regelungen der §§ 445 ff. ZPO bereits hinreichend Rechnung getragen, ohne dass dabei auf das Erfordernis eines „Anbeweises“ zum Ausgleich einer – hier nicht vorhandenen – prozessualen Ungleichheit verzichtet werden müsste (BAG 18.11.2021 – 2 AZR 229/21 – Rn. 37; BGH 20. Juli 2017 – III ZR 296/15 – Rn. 21).

Die erforderliche gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten besteht nicht. Ihr steht der abweichende Vortrag des Klägers über den Inhalt des Gesprächs vom 14.09.2020 entgegen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine größere Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten besteht.

cc) Der Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus der Verpflichtungserklärung zur Wahrung der Vertraulichkeit bei der Verarbeitung personenbezogener Daten (Anlage B 1). Der Unterlassungsantrag bezieht sich auf alle kopierten Daten ohne Beschränkung auf personenbezogene Daten. In Bezug auf die Verpflichtungserklärung handelt es sich somit um einen unbegründeten Globalantrag, weil er auch Fälle erfasst, die von der Verpflichtungserklärung nicht erfasst sind.

dd) Der Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 6 Satz 1 GeschGehG. Der Widerklageantrag zu 7 bezieht sich nicht nur auf Geschäftsgeheimnisse, sondern auf sämtliche elektronische Dateien der Beklagten, die der Kläger übertragen und in seiner Verfügungsgewalt hat. Es handelt sich daher auch insoweit um einen in Bezug auf § 6 Satz 1 GeschGehG unbegründeten Globalantrag, weil er auch Fälle erfasst, in denen kein Unterlassungsanspruch in Betracht kommt.

8. Aus den gleichen Gründen sind auch die Hilfswiderklageanträge zu 8 und 9 zulässig, aber nicht begründet. Sie enthalten lediglich Präzisierungen in Bezug auf die verwendeten Speichermedien.

9. Auch der Hilfswiderklageantrag zu 10 ist zulässig, aber nicht begründet. Das folgt schon daraus, dass er eine Übertragung der konkret genannten Dateien auf eigene Speichermedien des Klägers voraussetzt. Es kann aber nicht festgestellt werden, dass das Speichermedium, auf das der Kläger die Dateien kopiert hat, zur Zeit des Kopiervorgangs in seinem Eigentum stand. Die Beklagte geht selbst davon aus, dass der Kläger die Dateien gemäß dem Hilfswiderklageantrag zu 10 auf die von ihr in den Widerklageanträgen zu 9 und 11 konkret benannte externe Festplatte kopiert hat.

Der Kläger trägt vor, er habe die externe Festplatte nach seiner Erinnerung von dem seinerzeitigen IT-Provider der Beklagten erhalten. Anlässlich eines irreparablen Festplattenschadens, der wohl im Jahr 2017 am dienstlichen Notebook des Klägers aufgetreten gewesen sei, habe der IT-Provider sämtliche Daten, die sich auf der defekten Festplatte des dienstlichen Notebooks befunden hätten, auf der externen Festplatte gesichert, soweit dies möglich gewesen sei. Mithilfe der so gesicherten Daten sei sodann die neue Festplatte des Notebooks wiederhergestellt worden. Der Kläger habe diese externe Festplatte fortan dazu genutzt, um gewohnheitsmäßig die auf seinem dienstlichen Notebook befindlichen Daten zu sichern.

Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Es ist nicht davon auszugehen, dass der seinerzeitige IT-Provider das Eigentum an der Festplatte auf den Kläger übertragen hatte. Ein solcher rechtsgeschäftlicher Wille ist nicht erkennbar. Es liegt vielmehr nahe, dass sich um einen Gegenstand handelt, der in das betriebliche Eigentum der Beklagten überging und vom Kläger als Arbeitnehmer der Beklagten dienstlich genutzt werden sollte, wie er es anschließend für regelmäßige Backups auch tat.

10. Der Hilfswiderklageantrag zu 11 ist zulässig und nach § 6 GeschGehG begründet.

a) Der Kläger ist Rechtsverletzer iSd. § 6 GeschGehG.

aa) Die betroffenen, in dem Hilfswiderklageantrag zu 11 genannten elektronischen Dateien sind nach § 2 Nr. 1 GeschGehG ein Geschäftsgeheimnis.

(1) Sie enthalten nach § 2 Nr. 1 a GeschGehG Informationen, die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich sind und die daher von wirtschaftlichem Wert sind.

(2) Sie sind nach § 2 Nr. 1 b GeschGehG Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber in Form der in § 10 Abs. 1 des Anstellungsvertrags vereinbarten Geheimhaltungspflicht. Diese ist – anders als die zu weitgehenden allgemeine Verschwiegenheitspflichten nach § 9 und § 10 Abs. 3 des Anstellungsvertrags – jedenfalls insoweit wirksam vereinbart worden, als sie sich auf die darin genannten Daten über Mandanten und Zielfirmen/Zielkunden der Beklagten bezieht.

bb) Die Beklagte ist nach § 2 Nr. 2 GeschGehG Inhaberin des Geschäftsgeheimnisses, weil sie eine juristische Person ist, die die rechtmäßige Kontrolle über das Geschäftsgeheimnis hat.

cc) Der Kläger ist Rechtsverletzer iSd. § 2 Nr. 3 GeschGehG. Er hat das Geschäftsgeheimnis der Beklagten zwar nicht entgegen § 4 GeschGehG rechtswidrig erlangt, genutzt oder offengelegt. Er hat es sich aber iSd. § 4 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 GeschGehG unbefugt angeeignet.

(1) Er hat das Geschäftsgeheimnis nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 GeschGehG durch unbefugten Zugang zu elektronischen Dateien erlangt. Der Zugang zu diesen Dateien stand ihm während des Arbeitsverhältnisses der Parteien offen.

(2) Er hat die Dateien auch nicht nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 GeschGehG unbefugt kopiert.

Die Beklagte beruft sich auf ein Verbot der Verwendung privater eigener Speichermedien. Der Kläger habe dagegen verstoßen, weil er die Dateien auf in seinem Eigentum stehende Speichermedien kopiert habe. Das kann aber – wie bereits vorstehend zu 9 ausgeführt wurde – nicht festgestellt werden.

(3) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger das Geschäftsgeheimnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG durch ein sonstiges Verhalten erlangt hat, das unter den jeweiligen Umständen nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheiten entspricht. Der Kläger beruft sich in Bezug auf die in dem Hilfswiderklageantrag zu 11 genannten elektronischen Dateien auf ein durchgeführtes Backup, wie er es auch zuvor schon regelmäßig durchgeführt habe. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht widerlegt. Sie geht nur davon aus, dass der Kläger die Dateien zum Zwecke der Mitnahme zu seinem neuen Arbeitgeber kopiert habe. Der Vortrag der Beklagten zu diesbezüglichen Hilfstatsachen reicht für eine Widerlegung des Vortrags des Klägers nicht aus.

Der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe in der Güteverhandlung erklärt, er habe keine Daten der Beklagten gelöscht oder in anderer Weise über solche verfügt, ist unrichtig. Wie bereits im Urteil zum erstinstanzlichen einstweiligen Verfügungsverfahren vom 11.01.2021 zum gerichtlichen Aktenzeichen 4 Ga 7/20, dort Seite 20, ausgeführt wurde, hat der Kläger entsprechend der seinerzeit vom Kammervorsitzenden handschriftlich angefertigten stichwortartigen Mitschrift lediglich erklärt, sein Postfach aufgeräumt, Projektdaten im Projektordner abgelegt und nichts vom Server gelöscht zu haben.

Auch der streitige Vortrag der Beklagten, der Kläger habe in dem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Beklagten am 14.09.2020 mitgeteilt, sein neuer Arbeitgeber habe ihm eine sogenannte Welcome-Fee in Höhe eines sechsstelligen Eurobetrages in Aussicht gestellt, ist auch bei Unterstellung seiner Richtigkeit nicht geeignet, den Vortrag des Klägers zum Hintergrund der Datenübertragung zu widerlegen. Wie bereits oben zu 7 b bb ausgeführt wurde, ist die Beklagte im Übrigen für die Richtigkeit dieses Vortrags beweisfällig geblieben.

(4) Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger die von ihm kopierten Dateien entgegen § 4 Abs. 2 Nr. 2 GeschGehG genutzt hat. Hierfür gilt das vorstehend Gesagte entsprechend: Die Beklagte hat den Vortrag des Klägers, er habe die Dateien nicht genutzt, nicht widerlegt. Sie geht nur davon aus, dass der Kläger die Dateien zum Zwecke der Mitnahme zu seinem neuen Arbeitgeber kopiert habe.

(5) Auch eine Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 GeschGehG kann aus den vorstehend genannten Gründen nicht festgestellt werden.

(6) Es ist aber davon auszugehen, dass sich der Kläger das Geschäftsgeheimnis nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 GeschGehG unbefugt angeeignet hat, indem er den Datenträger, auf den er die Dateien kopiert hat, nicht in den Betriebsräumen der Beklagten zurückgelassen, sondern mitgenommen hat. Das folgt insbesondere aus dem Umstand, dass der Kläger trotz des von ihm vorgetragenen Kontakts mit Kollegen am 30.09.2020 einschließlich der Verabschiedung von diesen niemanden über das von ihm behauptete und von der Beklagten bestrittene Zurücklassen der externen Speichermedien in den Betriebsräumen der Beklagten unterrichtet hat und nicht ersichtlich ist, dass eine andere Person die Verfügungsgewalt über diese Speichermedien erlangt hat. Da der Kläger vorträgt, die Backup-Dateien auf den externen Speichermedien hätten von denjenigen Kollegen, die die noch nicht abgeschlossenen Projekte des Klägers fortführen, genutzt werden können, hätte eine Unterrichtung der Kollegen über den Aufbewahrungsort der Speichermedien nahegelegen.

Dem Kläger ist der Gegenbeweis nicht gelungen. Er hat lediglich seine eigene Vernehmung als Partei angeboten. Die diesbezüglichen Voraussetzungen (hierzu oben zu 7 b bb) sind nicht erfüllt.

Es liegt kein Einverständnis der Beklagten nach § 447 ZPO mit der Vernehmung des Klägers als Partei vor. Die Voraussetzungen für eine Vernehmung des Klägers als Partei von Amts wegen (§ 448 ZPO) liegen ebenfalls nicht vor. Es besteht keine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags des Klägers. Ihm steht der abweichende Vortrag der Beklagten entgegen, demzufolge der Kläger den Datenträger mit den kopierten Dateien nicht in den Geschäftsräumen der Beklagten zurückgelassen hat. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass eine größere Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrags des Klägers besteht. Ein solcher Anhaltspunkt liegt insbesondere nicht in der Erfolglosigkeit der späteren polizeilichen Hausdurchsuchung in der Wohnung des Klägers. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass sich das Speichermedium auch an einem anderen Ort außerhalb der Betriebsräume der Beklagten und der Wohnung des Klägers befinden kann, zum Beispiel am Arbeitsplatz des Klägers bei seinem neuen Arbeitgeber oder in seiner Ferienwohnung.

Die Vernehmung des Klägers als Partei ist auch nicht ausnahmsweise ohne die vorstehende Voraussetzung aus Gründen der Waffengleichheit erforderlich. Der Kläger befindet sich zwar in Beweisnot, ist aber gegenüber der Beklagten, die ebenfalls keinen Zeugen hat, nicht in seiner prozessualen Waffengleichheit beeinträchtigt. Zeugen haben beide Parteien jeweils nur zu der Frage angeboten, ob am 30.09.2021 im vierten Stock der Geschäftsräume der Beklagten das vom Kläger angesprochene Regal stand, in das der Kläger die von ihm zuvor genutzten externen Speichermedien gelegt haben will. Die Klärung dieser Frage würde noch nicht klären, ob der Kläger am 30.09.2021 tatsächlich das streitgegenständliche Speichermedium in dem Regal abgelegt hat.

b) Der Unterlassungsanspruch der Beklagten folgt nicht aus einer Wiederholungsgefahr iSd. § 6 Satz 1 GeschGehG. Da der Kläger nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis der Parteien keinen Zugang zu den bei der Beklagten befindlichen elektronischen Dateien mehr hat, ist nicht ersichtlich, dass ein erneutes unbefugtes Aneignen derartiger Daten durch den Kläger droht.

c) Es ist aber nach § 6 Satz 2 GeschGehG davon auszugehen, dass eine Rechtsverletzung in Bezug auf die in dem Antrag konkret genannten Geschäftsgeheimnisse der Beklagten in der Form der rechtswidrigen Nutzung iSd. § 4 Abs. 2 Nr. 1 a GeschGehG erstmalig droht, denn durch die unbefugte Aneignung der Dateien ist dem Kläger eine solche Nutzung möglich. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchem anderen Grund die Aneignung erfolgt sein könnte.

d) Die Androhung der Ordnungsmittel für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungspflicht folgt aus § 890 Abs. 1 ZPO.

11. Der Widerklageantrag zu 12 ist zulässig, aber nicht begründet. Die Beklagte kann von dem Kläger nicht die Zahlung von Schadensersatz in Höhe der geltend gemachten Ermittlungskosten verlangen. Ein solcher Anspruch folgt weder aus § 280 Abs. 1 BGB noch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 303a Abs. 1 StGB.

Zwar kann ein Arbeitgeber grundsätzlich vom Arbeitnehmer die durch das Tätigwerden auch einer spezialisierten Anwaltskanzlei entstandenen notwendigen Kosten ersetzt verlangen, wenn er die Anwaltskanzlei anlässlich eines konkreten Verdachts einer erheblichen Verfehlung des Arbeitnehmers mit Ermittlungen gegen diesen beauftragt hat und der Arbeitnehmer einer schwerwiegenden vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Dem steht § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, der als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen, sondern auch einen materiellen Kostenerstattungsanspruch ausschließt, nicht entgegen. Diese Bestimmung findet in einem solchen Fall keine Anwendung (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 23 ff.). Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung der externen Unternehmen und Anwaltskanzleien ein hinreichend konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Klägers vorlag.

a) Nach § 249 Abs. 1 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht des Schädigers auch auf Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falls als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwendung drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 25 mwN).

Dies gilt auch, soweit es um Ermittlungen des Arbeitgebers im Hinblick auf die Begehung von Vertragsverstößen bzw. von unerlaubten Handlungen durch den Arbeitnehmer geht. Auch hier umfasst die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen, die der Abwehr drohender Nachteile dienen. Es muss demnach um die Beseitigung einer Störung bzw. eines Schadens oder um die Verhinderung eines konkret drohenden (weiteren) Schadens gehen (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 26 mwN).

Vor dem Hintergrund, dass § 254 BGB von einem Geschädigten die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens verlangt, muss es sich zudem um Ermittlungsmaßnahmen handeln, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 27 mwN).

Unter diesen Voraussetzungen kann auch die Beauftragung eines Detektivs oder anderer dritter Personen erforderlich sein. Soweit hierdurch Kosten entstehen, die höher sind als im Fall eigener Ermittlungen des Arbeitgebers bzw. der bei ihm beschäftigten Personen, muss der Schädiger diese aber nur dann ersetzen, wenn eigene Ermittlungen durch den Arbeitgeber (bzw. bei ihm beschäftigter Personen) nicht oder nicht in zumutbarer Weise in Betracht kommen. Dies kann auf verschiedenen Gründen beruhen, zB auf dem Umfang der Ermittlungen, so dass hierfür das erforderliche Arbeitszeitvolumen nicht zur Verfügung steht, darauf, dass eine Überwachung durch Personen erfolgen muss, die der betroffene Arbeitnehmer (zB bei Testkäufen) nicht erkennen soll, oder darauf, dass der Arbeitgeber bzw. die bei ihm beschäftigten Personen nicht über die erforderliche fachliche Qualifikation verfügen (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 28 mwN).

Der Grundsatz, dass es sich um Ermittlungsmaßnahmen handeln muss, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde, gilt allerdings nicht nur für die Art der Aufwendung, sondern auch für den Umfang des Schadensersatzes (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 29 mwN).

Weitere Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit von Ermittlungskosten ist ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Arbeitnehmers (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 30 mwN). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch einer Kündigung veranlassen können. Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, dh. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Straftat oder schwerwiegende Vertragsverletzung tatsächlich begangen hat. Nur in einem solchen Fall ist es gerechtfertigt, davon auszugehen, dass der Willensentschluss des geschädigten Arbeitgebers zur Tätigung der Aufwendungen den Zurechnungszusammenhang nicht unterbricht, da er nicht frei getroffen, sondern durch das Verhalten des Schädigers veranlasst worden ist. Der konkrete Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Arbeitnehmers muss zudem zu dem Zeitpunkt bestehen, in dem die Ermittlungen erfolgen bzw. die Aufwendungen entstehen, wobei es nicht ausgeschlossen ist, dass die Ergebnisse der Ermittlungen ihrerseits einen (weiteren) konkreten Tatverdacht begründen, der seinerseits Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 30 mwN).

Da die Ersatzpflicht nach § 249 Abs. 1 BGB nur Aufwendungen umfasst, die der Abwehr drohender Nachteile dienen, muss der Arbeitnehmer letztlich aufgrund der Ermittlungen einer vorsätzlichen Vertragsverletzung bzw. unerlaubten Handlung überführt werden (BAG 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 – Rn. 31 mwN).

b) Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Beauftragung der externen Unternehmen und Anwaltskanzleien ein hinreichend konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung – strafbaren Handlung oder schwerwiegenden Vertragsverletzung – des Klägers nach den vorstehend unter e dargelegten Voraussetzungen vorlag. Dafür hätten die Voraussetzungen für eine wirksame Verdachtskündigung vorliegen müssen.

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist unter anderem die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers. Bei der Verdachtskündigung besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht „ultima ratio“. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung Gelegenheit geben, zu den Verdachtsmomenten Stellung zu nehmen, um dessen Einlassungen bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen zu können. Versäumt er dies, kann er sich im Prozess nicht auf den Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers berufen; die hierauf gestützte Kündigung ist unwirksam (BAG 20.03.2014 – 2 AZR 1037/12 – Rn. 23 mwN).

Die Beklagte hat den Kläger vor der Ergreifung der Ermittlungsmaßnahmen, deren Kosten sie im Wege des Schadensersatzes ersetzt verlangt, nicht zu den aus ihrer Sicht bestehenden Verdachtsmomenten angehört.

Vor diesem Hintergrund kann offenbleiben, ob die weiteren Voraussetzungen für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch erfüllt sind.

II.

Die Entscheidung über die Tragung der Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 495 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Danach waren die Kosten entsprechend dem wechselseitigen Obsiegen und Unterliegen unter Berücksichtigung der jeweiligen Gegenstandswerte verhältnismäßig zu teilen

Der Wert des Streitgegenstandes war gemäß § 61 Abs. 1, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG, § 3 ZPO in Höhe von insgesamt 138.806,06 € festzusetzen. Davon entfallen nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG zweieinhalb Bruttomonatsverdienste des Klägers à 15.000,00 € auf die Kündigungsschutzanträge, weil es insoweit wirtschaftlich nur um die Differenz im Umfang von etwa zweieinhalb Monaten zwischen dem Ausspruch der streitgegenständlichen fristlosen Kündigungen und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Eigenkündigung des Klägers geht. Die Anträge aus der Widerklage vom 08.01.2020 (Widerklageanträge zu 2 bis 11) waren nach § 3 ZPO in Höhe von insgesamt 10.000,00 € zu bewerten. Davon entfallen auf den erfolgreichen Widerklageantrag zu 11 5.000,00 €. Der Widerklageantrag zu 12 aus der Widerklageerweiterung vom 31.08.2021 ist mit dem Nennwert des geltend gemachten Zahlungsanspruchs (91.306,06 €) zu berücksichtigen.

Für den Fall, dass Wert dieses Beschwerdegegenstandes 600,00 € nicht übersteigt, war die Berufung gemäß § 64 Abs. 3 a ArbGG nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG vorliegt. Im Übrigen ist die Berufung bereits aufgrund der gesetzlichen Regelung in § 64 Abs. 2 b und c ArbGG zulässig.

 

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