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Vergleichsentgelt – Hemmung der Verjährung – Klageänderung

Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Az.: 19 Sa 4/14,  Urteil vom 21.10.2015

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 13.11.2013 – Az. 10 Ca 81/13 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin macht Ansprüche nach § 10 Abs. 4 AÜG geltend.

Die Klägerin war bei der Beklagten, die ein Zeitarbeitsunternehmen betreibt, aufgrund Arbeitsvertrags vom 22.10.2008 vom 03.11.2008 bis zum 30.06.2010 als Administratorin eingestellt. Gemäß § 2 Ziff. 1 ergeben sich die Rechte und Pflichten aus dem „Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) bestehenden Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung an. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der vorgenannten Gewerkschaften ist.“ Als Stundenlohn waren gemäß § 6 des Arbeitsvertrags ab 03.11.2008 € 14,00 brutto und ab 02.03.2009 € 15,00 brutto einschließlich einer übertariflichen Zulage vereinbart. Die regelmäßige Arbeitszeit gemäß § 8 des Arbeitsvertrags betrug mindestens 35 Stunden ausschließlich der Pausen. (Anlage K1 zur Klagebegründung vom 05.03.2013, Abl. 26 der erstinstanzlichen Akte).

In der Zeit vom 03.11.2008 bis zum 30.06.2010 war die Klägerin an die Firma S. AG verliehen, die die Klägerin ab Juli 2010 als B-to-B-Consultant einstellte. Gemäß Arbeitsvertrag vom 12.05.2010 (Anlage K2 zur Klagebegründung vom 05.03.2013, Abl. 31 der erstinstanzlichen Akte) erzielte die Klägerin ab 01.07.2010 ein regelmäßiges monatliches Gehalt in Höhe von € 2.700,00 zuzüglich einer freiwilligen Leistungszulage in Höhe von € 200,00; im November erhielt sie zusätzlich € 1.350,00 als Weihnachtsgeld. Außerdem war eine leistungsabhängige variable Vergütung als „Advanced Junior Consultant“ nach der „Bonusvereinbarung für Consultants“ vorgesehen (§ 5). Die regelmäßige Arbeitszeit betrug 40 Stunden pro Woche (§ 3).

Am 31.12.2012 ging beim Arbeitsgericht Karlsruhe ein Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gegen die Beklagte in Höhe von € 28.343,32 ein, mit dem die Differenzvergütungen für das Jahr 2008 in Höhe von € 323,49 brutto, für das 2009 in Höhe von € 4.782,32 brutto und für das Jahr 2010 in Höhe von € 3.558,37 brutto sowie ein „Bonus 09/10“ in Höhe von € 19.679,14 brutto geltend gemacht wurden. Der am 07.01.2013 erlassene Mahnbescheid konnte unter der im Arbeitsvertrag vom 22.10.2008 enthaltenen Anschrift „E., B.“ nicht zugestellt werden, worauf der Klägervertreter mit Schreiben vom 11.01.2013 hingewiesen wurde. Am 11.02.2013 teilte der Klägervertreter die neue Anschrift der Beklagten mit, unter der der Mahnbescheid vom 07.01.2013 am 15.02.2013 zugestellt wurde und gegen den die Beklagte am 20.02.2013 Widerspruch einlegte (Abl. 1 – 8 der erstinstanzlichen Akte).

Die Klägerin hat ihre Ansprüche erstinstanzlich damit begründet, dass die Vergütungsvereinbarung im Arbeitsvertrag vom 22.10.2008 gemäß § 9 Nr. 2 AÜG nichtig sei mit der Folge, dass ihr gemäß § 10 Abs. 4 AÜG der Differenzlohn zu dem Entgelt zustünde, das sie erzielt hätte, wenn die Firma S. AG sie direkt eingestellt hätte. Zur Berechnung bezog sich die Klägerin auf die Vergütungsvereinbarung im Arbeitsvertrag mit der Firma S. AG vom 12.05.2010 und bezifferte ihren Anspruch auf der Basis eines Stundenlohns in Höhe von € 16,86 zuzüglich Weihnachtsgeld für das Jahr 2009 zuletzt auf € 10.571,99. Außerdem beanspruchte sie eine Bonuszahlung in Höhe von € 19.679,14 entsprechend einer Bonuszahlung der Firma S. AG an die Klägerin für das Jahr 2010. Die Klägerin hat deshalb beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 30.251,13 brutto zu bezahlen.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat nicht bestritten, dass der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG zusteht, verneint jedoch einen Differenzlohnanspruch, weil die Ansprüche jedenfalls zum Teil verjährt und im Übrigen nicht schlüssig dargelegt seien. Sie bestreitet insbesondere, dass die Klägerin im Zeitraum zwischen dem 01.12.2008 und dem 30.06.2010 ein monatliches Gehalt in Höhe von € 2.700,00 zuzüglich einer freiwilligen Zulage in Höhe von € 200,00, Weihnachtsgeld und eine Bonuszahlung erhalten hätte. Die im Vertrag mit der Firma S. AG für die Zeit ab 01.07.2010 vereinbarte Vergütung sei für die Zeit davor nicht relevant.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) ausschließlich Tarifverträge mit christlichen Gewerkschaften geschlossen habe, welche nach der von den Parteien zutreffend zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10) jedenfalls bis zum 14.12.2010 nicht tariffähig gewesen seien. Infolge dessen stehe der Klägerin zwar dem Grunde nach ein Anspruch nach § 10 Abs. 4 AÜG zu, den sie aber der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt habe. Weder habe die Klägerin eine Auskunft des Entleihers nach § 13 AÜG vorgelegt, noch habe sie für die jeweiligen Einsätze vergleichbare Stammarbeiter konkret benannt und zu deren Arbeitsentgelt vorgetragen. Der mit der Firma S. AG ab 01.07.2010 abgeschlossene Arbeitsvertrag lasse keine Rückschlüsse darauf zu, dass die Klägerin schon zuvor eine entsprechende Vergütung habe verlangen können. Sie hätte vielmehr darlegen müssen, welches Gehalt für neu eingestellte Consultants in den Jahren 2008 bis 2010 gezahlt worden wäre. Das gelte auch für die Bonuszahlung. Dass die Klägerin bereits 2008 als „Advanced Junior Consultant“ eingestellt worden wäre, habe sie weder konkret vorgetragen noch unter Beweis gestellt.

Gegen das der Klägerin am 06.12.2013 zugestellte Urteil richtet sich deren am 07.01.2014 eingelegte und innerhalb der bis 13.03.2014 verlängerten Frist begründete Berufung, mit der sie zunächst beantragt hat, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den Lohndifferenzbetrag zwischen der von der Beklagten an die Klägerin im Zeitraum vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 gezahlten Vergütung in Höhe von € 50.805,76 brutto und der für einen mit der Klägerin im Zeitraum 01.12.2008 bis 30.06.2010 bei der Firma S. AG beschäftigten vergleichbaren Arbeitnehmer von der Firma S. AG an diesen gezahlten Arbeitsvergütung zu bezahlen.

Zur Begründung hat führt die Klägerin aus, mit der nunmehr erhobenen Feststellungsklage verfolge die Klägerin die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer, die darin bestehe, dass ihr erstinstanzlich kein Zahlungsanspruch und auch von Amts wegen kein Feststellungsanspruch zugestanden wurde. Die Feststellungsklage beinhalte ein Minus gegenüber der ursprünglich erhobenen Zahlungsklage und finde seine Rechtfertigung darin, dass die Klägerin unter Beachtung der Vorgaben des Arbeitsgerichts ihre Forderung derzeit noch nicht abschließend beziffern könne, weil sie nunmehr in erster Instanz die Firma S. AG erst auf Auskunft nach § 13 AÜG verklagen müsse. Nur so könne die Verjährung des Anspruchs gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt werden. Im Zeitraum vom 01.12.2008 bis zum 30.06.2010 habe die Klägerin von der Beklagten einschließlich Verpflegungszuschuss € 50.805,76 brutto erhalten. Dem Grunde nach hätte ihr in diesem Zeitraum zumindest das Gehalt (einschließlich Bonus) eines bei der Firma S. AG angestellten „Junior Consultant“ zugestanden, weil sie ab 01.07.2010 im Wesentlichen die gleichen Aufgaben wie vorher wahrgenommen habe, was sich u.a. aus den der Klägerin vorliegenden Zwischenzeugnissen vom 11.02.2010 (Anlage Bkl. 5 zur Berufungsbegründung, Abl. 106 f.) und 10.03.2010 (Anlage Bkl. 6 zur Berufungsbegründung, Abl. 108 f.) sowie dem Zeugnis der Firma S. AG vom 30.06.2010 (Anlage Bkl. 7 zur Berufungsbegründung, Abl. 110 f.) ergebe. Hierfür spreche auch, dass sie vor ihrem Einsatz bei der Firma S. AG zwei Jahre Berufserfahrung im Bereich Consulting aufzuweisen gehabt habe und – insoweit unstreitig – erfolgreich eine Ausbildung als Wirtschaftsinformatikerin BA abgeschlossen habe. Aus dem Zwischenzeugnis der Beklagten vom 11.02.2008 sei zu entnehmen, dass sie seit 03.11.2008 „entsprechend ihrer Ausbildung und beruflichen Qualifikation bei einem Kunden eingesetzt“ wurde. Im streitgegenständlichen Zeitraum hätten auch sämtliche seinerzeit bei der Firma S. AG beschäftigten Junior Consultants eine variable Vergütung nach einem Bonusprogramm erhalten.

Die Beklagte tritt der Berufung mit der Begründung entgegen, das Arbeitsgericht habe die Klage vollkommen zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin ihrer Darlegungslast in Bezug auf den Differenzlohnanspruch nicht nachgekommen sei. Hierauf sei sie bereits in erster Instanz hingewiesen worden. Im Übrigen hätten die Bruttozahlungen an die Klägerin für den Zeitraum 01.12.2008 bis 30.06.2010 € 51.086,76 betragen. Die Verpflegungskostenzuschüsse im Dezember 2008 (€ 114,00) und Januar 2009 (€ 108,00) seien nicht in Abzug zu bringen, weil diese in Abhängigkeit von der Arbeitsleistung gezahlt worden sei. Der im Berufungsverfahren nunmehr gestellte Feststellungsantrag sei unzulässig; die Beschränkung der erstinstanzlich erhobenen Leistungsklage sei eine teilweise Klagerücknahme, der nicht zugestimmt werde. Außerdem habe die Klägerin am 14.03.2014 vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe inzwischen eine Auskunftsklage gemäß § 13 AÜG gegen die Firma S. AG erhoben und diese mit einem unbezifferten Stufenantrag auf Zahlung gegen die Beklagte verbunden (Aktenzeichen 8 Ca 130/14), wodurch das Feststellungsinteresse im vorliegenden Verfahren entfallen sei. Der Einwand der Verjährung bleibe aufrecht erhalten.

Nachdem die Kammer im Termin vom 23.05.2014 und in der Verfügung vom 03.06.2014 Bedenken im Hinblick auf die Zulässigkeit des Feststellungsantrags geäußert hatte, nahm die Klägerin im Verfahren 8 Ca 130/14 den unbezifferten Zahlungsantrag gegen die Beklagte zurück (Abl. 203) und präzisierte den Feststellungsantrag (i.E. Abl. 194). Am 23.10.2014 schloss die Klägerin mit der Firma S. AG im Verfahren 8 Ca 130/14 einen Vergleich, in dem die Firma S. AG sich zu einer ergänzenden Auskunft über die Bonusvereinbarung verpflichtete.

Mit Schriftsatz vom 04.12.2014 kehrt die Klägerin deshalb nunmehr zurück zur Leistungsklage und beansprucht eine Vergütung, wie sie dem mit ihr vergleichbaren Junior Consultant Sch. im Zeitraum Dezember 2008 bis Juni 2010 entsprechend der Auskunft der Firma S. AG zustand. Dass die Klägerin teilweise andere Tätigkeiten durchgeführt habe, spiele keine Rolle, da sich die Vergleichbarkeit auch an der vertraglich festgelegten Funktion zu orientieren habe. Durch die Funktionsbeschreibung „Junior Consultant“ werde klargestellt, dass die Klägerin in das bei der Firma S. AG bestehende Lohnschema passe. Den Differenzlohnanspruch für die Zeit vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 beziffert die Klägerin auf insgesamt € 3.907,76 brutto. Den Lohn für geleistete Arbeit berechnet sie aus dem Stundenlohn für die von ihr erbrachten Arbeitsstunden auf Basis des Monatsvergleichsentgelts für 40 Stunden in Höhe von € 1.513,58 brutto (i.E. Abl. 277 ff.). Für das Jahr 2008 beansprucht sie ein anteiliges Weihnachtsgeld in Höhe von € 175,00 brutto und für das Jahr 2009 in Höhe von € 1.155,00 brutto. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die S. AG im Gegensatz zur Beklagten nicht 24 Tage, sondern 30 Tage Urlaub gewähre. Daraus ergebe sich ein Urlaubsanspruch in Höhe von 6 weiteren Tagen im Jahr. Hieraus errechne sich für das Jahr 2008 ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von € 96,92 brutto, für das Jahr 2009 in Höhe von € 639,66 brutto und für das Jahr 2010 in Höhe von € 327,18 brutto, insgesamt also € 1.063,76 brutto. Als „Junior Consultant“ habe sie auch Anspruch auf Teilnahme am Bonussystem gehabt. Diesen berechnet die Klägerin unter Bezug auf die Bonusvereinbarungen 2008 bis 2010 für Consultants (Anlage Bkl. 18, Abl. 287 ff.) und die Zusammenstellung ihrer Einsatztage (Anlage Bkl. 19, Abl. 300 ff.) sowie auf die Konzernabschlüsse der Jahre 2008 bis 2010 (Anlagen Bekl. 20 – 22, Abl. 375 ff.) auf insgesamt € 13.014,50 brutto (Dez. 2008 bis März 2009: € 1.745,00; April 2009 bis März 2010: € 9.204,00; April 2010 bis Juni 2010: € 2.065,50). Sie geht dabei davon aus, dass sie die ihr gesteckten Ziele auch erreicht hätte. Dass eine Bonusvereinbarung nicht getroffen wurde, sei nicht ihr Verschulden. Die Rechtsprechung zur unterlassenen Zielvereinbarung sei deshalb entsprechend anzuwenden und der Schaden ggf. nach § 287 Abs. 1 ZPO zu schätzen. Die Klägerin beantragt deshalb zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 16.922.641 brutto nebst Zinsen hieraus seit Klageerhebung zu bezahlen;

2. hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den Lohndifferenzbetrag zwischen der von der Beklagten an die Klägerin im Zeitraum vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 zu leistende Vergütung in Höhe von EUR 50.805,76 brutto und der von der Firma S. AG, E1, B., gezahlten Arbeitsvergütung an einen im Zeitraum vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 bei der Firma S. AG beschäftigten „Junior Consultant“ mit der Qualifikation „Dipl.-Wirtschaftsinformatiker/in (BA)“ dem bei der Firma S. AG die Aufgaben bzw. Teile von Aufgaben eines bei der Firma S. AG beschäftigten Consultant oblagen, die da wären:

– eigenverantwortliche Installation und Schulung der Softwareprogramme der S. AG per Remote oder beim Kunden vor Ort,

– Betreuung und Beratung der Kunden bei technischen Problemen sowie bei EDI-/EAI- bezogenen Fragestellungen,

– Erstellung von Converter-Mappings sowohl als S. Standartprodukt als auch kundenspezifisch,

– Erstellung von Produktdefinitionen und Produkteinführung,

zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung. Sie bestreitet, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum einem Junior Consultant entsprechend beschäftigt wurde und verweist zunächst darauf, dass die Klägerin bei ihr als Administratorin eingestellt wurde. Daher sei es nicht ihre Aufgabe gewesen, irgendwelche Entwicklungsaufgaben wahrzunehmen. Auch im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (Anlage B 5, Abl. 403) sei die Tätigkeit als die eines Regelbetreuers („Systembetreuer – Großkunden“) definiert worden. Bei dieser Tätigkeit handle es sich um eine der Stellung eines Junior Consultant vorgelagerte Tätigkeit. Die Angaben der Entleiherin im Zwischenzeugnis vom 10.03.2010 seien somit unzutreffend. Das Aufgabengebiet der Klägerin habe sich während des Entleihzeitraums nicht verändert. Die Klägerin habe sich lediglich für andere, weiterführende Tätigkeiten als die einer Systembetreuerin interessiert. Das bedeute jedoch nicht, dass solche Tätigkeiten auch ausgeführt wurden. Nachdem die Entleiherin dieses Interesse der Klägerin registriert habe, sie diese auch in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen worden. Dass die Klägerin nach dem 30.06.2010 dieselbe Tätigkeit ausgeübt habe wie zuvor, werde bestritten. Eine Vergleichbarkeit mit dem von ihr herangezogenen Arbeitnehmer Sch. bestehe deshalb nicht. Weil es für die Vergleichbarkeit auf persönliche Merkmale wie Qualifikation, Berufserfahrung und auf die im Arbeitsvertrag festgelegte Funktion ankomme, könne allein die Bezeichnung der Klägerin als „Junior Consultant“ die Vergleichbarkeit nicht begründen. Diese Bezeichnung werde bei der S. AG sowohl für IT-Systemkaufleute ohne Hochschulausbildung als auch für Diplom-Wirtschaftsinformatiker verwendet und sei deshalb ein Sammelbegriff ohne Aussagekraft. Die Klage sei schon aus diesem Grund unbegründet. Jedenfalls aber sei die Klägerin zu Beginn ihrer Tätigkeit bei der S. AG als reine Sachbearbeiterin eingesetzt worden; sofern die Entleiherin die Klägerin auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt habe, sei das nicht bereits ab dem 03.11.2008 erfolgt. Ein Bonusanspruch bestehe auch deshalb nicht, weil die Zahlung leistungsbezogen und abhängig von den individuell vereinbarten Zielen erfolge und deshalb von Consultant zu Consultant sehr unterschiedlich sein könne. Eine Vergleichbarkeit mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur unterlassenen Zielvereinbarung sei nicht gegeben, weil die Beklagte keine vertragliche Nebenpflicht verletzt habe.

Bezüglich des Berufungsvortrags der Parteien wird ergänzend auf den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien Bezug genommen.

Nach Verkündung des Urteils hat die Beklagte der S. AG den Streit verkündet mit der Aufforderung, dem Rechtsstreit auf Seite der Beklagten beizutreten. Die S. AG ist daraufhin am 23.11.2015 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten als Nebenintervenientin beigetreten.

Entscheidungsgründe

A.

Die Berufung ist zulässig.

1. Sie ist gemäß § 64 Abs. 2 b) ArbGG statthaft und gemäß § 66 Abs. 1 ArbGG form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

2. Die Umstellung von der Leistungsklage in erster Instanz auf die Feststellungsklage im Berufungsverfahren ist zulässig. Die Beschränkung des Antrags, aufgrund der ohne Änderung des Klagegrundes vom Leistungs- zum Feststellungsantrag gewechselt wird, verändert nicht den Streitgegenstand. Insoweit liegt nur eine Beschränkung des Klageantrags vor, die nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Klageänderung gilt und deshalb weder einer Einwilligung noch einer Feststellung der Sachdienlichkeit bedarf (BAG, Urteil vom 14.12.2010, 9 AZR 642/09, NZA 2011, 509, Rn. 21). Die §§ 263, 264 ZPO gehen insoweit § 269 ZPO vor.

3. Die Beschwer der Klägerin liegt in der Abweisung der Zahlungsklage. Weil das Arbeitsgericht die Klage auf der Grundlage des erstinstanzlichen Vortrags der Klägerin zu Recht abgewiesen hat, bedurfte es insoweit keiner Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen. Eine zulässige Berufung kann auch alternativ oder kumulativ auf neue Angriffs- und Verteidigungsmittel gestützt werden (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 ZPO). Dazu gehören auch tatsächlichen Behauptungen sowie deren Bestreiten (§ 282 Abs. 1 ZPO). Die Klägerin stützt ihren Anspruch hier auf neuen Sachvortrag, der aus ihrer Sicht eine andere rechtliche Bewertung erfordert.

B.

Die Berufung ist im Ergebnis nicht begründet. Die Kammer hat einen Zahlungsanspruch der Klägerin schon deshalb abgelehnt, weil sie – unabhängig von der von ihr bei der S. AG tatsächlich ausgeübten Tätigkeit – nach § 10 Abs. 4 AÜG nur Anspruch auf das Entgelt hat, das für eine Tätigkeit zu vergüten ist, für die die Klägerin nach dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag auch überlassen wurde (I.). Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg (II.)

I.

Hauptanspruch

1. Der zuletzt gestellte Zahlungsanspruch ist zulässig. Daher kann hier zunächst dahinstehen, unter welchen Voraussetzungen eine Klage auf Feststellung des Bestehens eines Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG für eine bestimmte Überlassung „dem Grunde nach“ zulässig wäre (ebenso offen gelassen: BAG, Urteil vom 28.05.2014, 5 AZR 794/12, juris, Rn. 20). Die Umstellung von der Feststellungsklage auf die Leistungsklage begegnet ebenfalls keinen Bedenken (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 264 Rn. 3b, § 256 Rn. 15c).

2. Die Klage ist nach Auffassung der Kammer im Ergebnis jedoch nicht begründet.

a) Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Klägerin dem Grunde nach ein Anspruch aus § 10Abs. 4 i. V.m. § 9 Ziff. 2 AÜG zusteht.

(1) Dabei kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Parteien im Arbeitsvertrag vom 22.10.2008 die seitens des Arbeitgeberverbands Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice Agenturen (CGZP) abgeschlossenen Tarifverträge wirksam in Bezug genommen haben. Weil im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags die AMP nur mit der Tarifgemeinschaft Tarifverträge abgeschlossen hatte, kann die Vereinbarung grundsätzlich so ausgelegt werden. Wie das Arbeitsgericht aber bereits ausgeführt hat, konnte durch diese Tarifverträge jedenfalls nicht von der in § 10 Abs. 4 Satz 1 AÜG festgelegten Regel abgewichen werden, dass der Verleiher verpflichtet ist, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Entgelts zu gewähren. Denn der Arbeitsvertrag verweist insoweit auf keine gültigen Tarifverträge. Die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA war nicht tariffähig (BAG, Beschluss vom 14.12.2010, 1 ABR 19/10, NZA 2011, 289, Rn. 93 ff).

(2) Dasselbe gilt, wenn § 2 des Arbeitsvertrags vom 22.10.2008 mangels Bestimmbarkeit der in Bezug genommen Tarifverträge durch Auslegung von vorne herein schon keine abweichende Regelung enthält (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). In beiden Fällen hat die Beklagte gemäß §§ 10Abs. 4, 9 Ziff. 2 AÜG der Klägerin die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu zahlen.

b) Die Ansprüche der Klägerin sind auch nicht verjährt, jedenfalls soweit sie ab dem Jahr 2009 fällig wurden (§ 195i.V.m. § 199 Abs. 1 BGB). Der Mahnbescheid vom 07.01.2014 hat die Verjährung der im Jahr 2009 entstandenen Ansprüche – hierzu zählt auch die erst im Januar 2010 fällig werdende Differenzvergütung für Dezember 2009 (vergl. § 6 d) des Arbeitsvertrags vom 22.10.2008, Abl. 27 der erstinstanzlichen Akte) – gehemmt.

(1) Der Anspruch des Arbeitnehmers auf gleiches Entgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und mit dem arbeitsvertraglich für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Mangels Eingreifens der besonderen Tatbestände der §§ 196, 197 BGB unterliegt er der regelmäßigen Verjährung nach § 195 BGB (BAG, Urteil vom 20.11.2013, 5 AZR 776/12, juris, Rn. 9). Die dreijährige regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Tatsachen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Entstanden ist der Anspruch, sobald er im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB setzt regelmäßig die Fälligkeit des Anspruchs voraus, weil erst von diesem Zeitpunkt an der Gläubiger nach § 271 Abs. 2 BGB mit Erfolg die Leistung fordern und den Ablauf der Verjährungsfrist durch Klageerhebung verhindern kann (BAG, Urteil vom 23.10.2013, 5 AZR 135/12, BAGE 146, 217, Rn. 24).

(2) Die Verjährung wird gehemmt durch die Zustellung eines Mahnbescheids (§ 204 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), wobei gemäß § 167 ZPO diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Für den Fall der Zurückweisung des Mahnbescheids enthält § 691 Abs. 2 die Regelung, dass die Wirkung bereits mit Einreichung des Mahnbescheids eintritt, wenn innerhalb eines Monats seit der Zustellung der Zurückweisung des Antrags Klage eingereicht und diese demnächst zugestellt wird.

(aa) Die Klägerin hat hier am 31.12.2012 einen Mahnbescheid bei Gericht eingereicht, der der Beklagten erst am 15.02.2014 zugestellt wurde. Grund hierfür war die im ursprünglichen Antrag enthaltene falsche Anschrift der Beklagten. Mit Schreiben vom 11.01.2014 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Mahnbescheid nicht zugestellt werden konnte. Eine förmliche Zurückweisung erfolgte nicht. Am 11.02.2014 teilte die Klägerin die neue Anschrift mit; die Zustellung des Mahnbescheids erfolgte dann am 15.02.2014.

(bb) Auch wenn die Klägerin gemäß § 691 Abs. 2 ZPO innerhalb der Monatsfrist ab Kenntnis von dem Mangel keine Klage eingereicht hat, erfolgte die Zustellung des Mahnbescheids demnächst im Sinne des § 167 ZPO. Kann der Mangel nämlich bereits im Mahnverfahren selbst behoben werden und wird der berichtigte Mahnbescheid zugestellt, ist die Frist nach § 691 Abs. 2 ZPO im Rahmen des § 167 ZPO entsprechend anzuwenden. Im Ergebnis wird so verhindert, dass der Antragsteller in den Fällen, in denen er durch die Behebung des Mangels im Mahnantrags Gefahr läuft, dass die Zustellung des berichtigten Mahnantrags nicht alsbald erfolgt, von der Berichtigung des Mahnantrags absieht und Klage erhebt. Diese Konsequenz widerspricht der Funktion des Mahnverfahrens, das dem Gläubiger einer Geldforderung einen einfacheren und billigeren Weg zu einem Vollstreckungsbescheid eröffnen will (BGH, Urteil vom 21.03.2002, VII ZR 230/01, NJW 2002, 2794, Rn. 17 zu § 693 Abs. 2 a.F.; Zöller/Vollkommer, ZPO, § 691 Rn. 4 ff.).

(cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten muss der Mahnbescheid, dessen Zustellung aufgrund einer unzutreffenden Postanschrift des Antragsgegners nicht zugestellt werden kann, auch nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung der Unzustellbarkeit beim Antragsgegner zugestellt werden. Vielmehr genügt es, wenn entsprechend dem Wortlaut des § 691 Abs. 2 ZPO innerhalb eines Monats seit der Mitteilung der berichtigte Antrag eingereicht und der Mahnbescheid demnächst zugestellt wird. Etwas anderes ergibt sich trotz des irreführenden Leitsatzes auch nicht aus der o.g. Entscheidung des BGH, der ausdrücklich eine Angleichung der Fristen des § 693 Abs. 2 ZPO a.F. an die dem Wortlaut nach eindeutige Vorschrift des § 691 Abs. 2 ZPO vornimmt (Urteil vom 21.03.2002, VII ZR 230/01, a.a.O, Rn. 16 ff.; Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 691 Rn. 4).

(3) Mit Ausnahme des Weihnachtsgelds 2008 (€ 175,00) macht die Klägerin keine Ansprüche geltend, die vor Januar 2009 fällig wurden. Hier hängt die Verjährung des Anspruchs davon ab, wann die Klägerin Kenntnis von der Tatsache erlangt hat, dass vergleichbare Stammarbeiter des Entleihers mehr verdienen als sie (BAG, Urteil vom 20.11.2003, 5 AZR 776/12, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 17.12.2014, 5 AZR 8/132, juris, Rn. 14). Die Klägerin hat hierzu nichts vorgetragen.

c) Urlaubsabgeltungsansprüche für 2008 (€ 96,92 brutto) und 2009 (€ 639,66 brutto) stehen der Klägerin unabhängig davon, ob solche nach § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG gegeben wären, nicht zu.

(1) Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist zum 30.06.2010 beendet worden, so dass die Voraussetzungen des § 7 Abs. 4 BUrlG grundsätzlich vorliegen. Die Urlaubsabgeltung ist bei durchgehender Überlassung an einen Entleiher nach § 11 BUrlG zu berechnen, und zwar auf der Basis des in den letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erzielten Entgelts, in das das Vergleichsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG allerdings nur indirekt einfließt (BAG, Urteil vom 28.05.2014, 5 AZR 423/12, juris, Rn. 27).

(2) Der Urlaubsanspruch gehört auch zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen nach § 10 Abs. 4 AÜG. Er ist im bestehenden Arbeitsverhältnis aber gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG befristet. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen vertraglichen oder einen gesetzlichen Anspruch handelt (BAG, Urteil vom 23.11.2011, 5 AZR 7/10, BAGE 137, 249-259, Rn 12). Die ggf. gegenüber dem Arbeitsvertrag vom 22.10.2008 weitergehenden Urlaubsansprüche für 2008 und 2009 sind deshalb spätesten am 31.03.2009 bzw. 31.03.2010 verfallen.

d) Ein Zahlungsanspruch aus § 10 Abs. 4 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 2 AÜG besteht nach Auffassung der Kammer im vorliegenden Fall nicht.

(1) §§ 10Abs. 4, 9 Nr. 2 AÜG dienen dem Schutz des Leiharbeitnehmers. Die Vorschriften stellen in Umsetzung von Art. 5 RL 2008/104/EG sicher, dass ihm im laufenden Arbeitsverhältnis zumindest die Arbeits-und Beschäftigungsbedingungen gewährt werden, die für ihn gelten würden, wenn er vom Entleiher für eine vergleichbare Tätigkeit eingestellt worden wäre (BAG, Urteil vom 27. Mai 2015, 5 AZR 137/14, juris, Rn. 268). Dabei ist es unerheblich, ob der Entleiher tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in diese Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Fall das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet die unionsrechtliche Auslegung des § 10 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 RL 2008/104/EG. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Anspruch auf gleiches Entgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine Stammarbeitnehmer mehr beschäftigt (BAG, Urteil vom 24.09.2014, 5 AZR 259/13, juris, Rn. 16; Urteil vom 19.02.2014, 5 AZR 680/12, juris, Rn. 15). Gibt es beim Entleiher keine vergleichbaren Stammarbeitnehmer, muss der Entleiher dem Leiharbeitnehmer auf der Grundlage einer hypothetischen Betrachtung Auskunft darüber erteilen, welche Arbeitsbedingungen für ihn gölten, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre (BAG, Urteil vom 19.02.2014, 5 AZR 1046/12, juris, Rn. 33). Zu dem Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. gewährt werden muss, also auch Leistungen wie Weihnachtszuwendungen und Sonderzuwendungen (BAG, Urteil vom 19.02.2014, 5 AZR 680/12, juris, Rn. 21).

(2) Die Firma S. AG hat die Klägerin seit 03.11.2008 im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bis zur ihrer Festanstellung als „Junior Consultant“ beschäftigt.

(aa) Das ergibt sich zum einen aus dem Zwischenzeugnis der Firma S. AG vom 10.03.2010 (Anlage Bkl. 6, Abl. 108 f.), aber auch daraus, dass die Klägerin ab 01.07.2010 als B-to-B-Consultant eingestellt und jedenfalls in Bezug auf das Bonussystem als „Advanced Junior Consultant“ eingestuft wurde (Arbeitsvertrag vom 12.05.2015, Anlage K 2, Abl. 31 ff. der erstinstanzlichen Akte). Außerdem hat die Firma S. AG im Rahmen ihrer ersten Auskunft nach § 13 AÜG zwar am 28.01.2014 ausgeführt, dass es sich bei den von der Klägerin ausgeführten Tätigkeiten um Sachbearbeitertätigkeiten gehandelt habe, weil für die Überwachungstätigkeiten inklusive Abklärung der Fehlermeldung mit dem Kunden keinesfalls die Qualifikation eines Diplom-Wirtschaftsinformatikers notwendig gewesen sei. Sie hat aber auch erklärt, dass es in Abgrenzung zur Tätigkeit des „Regelbetreuers“ für den Einstieg als „Junior Consultant“ der Qualifikation eines Wirtschaftsinformatikers oder einer vergleichbaren Qualifikation bedarf – worüber die Klägerin unstreitig verfügt -, da der Consultant auch Entwicklertätigkeiten zur Anpassung des Kundensystems und zur Beseitigung von komplexen Systemproblemen zu leisten und darüber hinaus Optimierungspotentiale aufzuzeigen habe. Sie hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt: „Soweit Frau K. diese weitergehenden Tätigkeiten bereits im Rahmen ihrer Tätigkeit als Leiharbeitnehmerin geleistet haben sollte, waren diese nicht Gegenstand des Vertrages zwischen der S… AG und der Agentur (Anm.: der Beklagten)“ (Anlage Bkl. 11, Ab. 124 f.). Gegenüber dem Klägervertreter hat sich die S. AG mit Schreiben vom 28.02.2014 weiter dahingehend eingelassen, „dass Frau K. als Arbeitnehmerin der Leiharbeitsfirma bereits Tätigkeiten übernommen hat, die über den für sie ursprünglich vorgesehenen Aufgabenbereich hinausgingen. Insofern haben wir Frau K. ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt und sie folgerichtig ab Mitte 2010 ja auch aus der Arbeitnehmerüberlassung heraus übernommen,…“. Zwar sei für die ursprünglich angedachte Tätigkeit gerade kein tiefgreifendes IT-Wissen oder entsprechende langjährige Berufserfahrung notwendig gewesen. Als Arbeitnehmerin der Arbeitnehmerüberlassung hätte Frau K. nur Fehler entdecken und melden sollen, nicht aber beheben. „Frau K. entwickelte aber Spaß daran, darüber hinaus die Behebung der Fehler in Angriff zu nehmen, wozu sie aufgrund ihrer Qualifikation auch in der Lage war. Dass wir sie daran nicht gehindert haben, kann man der Agentur (Anm.: der Beklagten) nicht zur Last legen.“ (Anlage Bk. 13, Abl. 129). Auch die Beklagte bescheinigt der Klägerin im Zwischenzeugnis vom 11.02.2010, dass der Klägerin als Aufgaben die „frühzeitige Identifikation, Analyse und Lösung von systemseitigen, inhaltlichen und technischen Fehlern, Identifizierung und Lösung von Systemproblemen, … übergreifende kundenseitige Koordination (u.a. Support, Prozessdesign und Entwicklung)“ oblagen (Anlage Bkl. 5, Abl. 106 f.).

(bb) In Bezug auf einen in der Zeit vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 beschäftigten „Junior Consultant“ mit der Qualifikation „Diplom-Wirtschaftsinformatiker/in (BA)“ hat die Firma S. AG mit Schreiben vom 09.10.2014 Auskunft über die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts erteilt (Anlage Bkl. 16, Ab. 255 ff., F. Sch.). Zwar weist die Firma S. AG in ihrer Auskunft darauf hin, dass Herr Sch. zwar die gleiche akademische Ausbildung wie die Klägerin besitzt, aber die von ihm ausgeführten Tätigkeiten nicht vergleichbar seien mit der Tätigkeit der Klägerin im genannten Zeitraum. Darauf kommt es jedoch deshalb nicht an, weil die Firma S. AG für die bei ihr beschäftigten „Consultants“ ein allgemeines Entgeltschema anwendet, in das die Klägerin sowohl von ihrer Ausbildung als auch von der ausgeübten Tätigkeit her eingeordnet werden kann.

(cc) Unter Bezug auf diese Auskunft hat die Klägerin im Berufungsverfahren ihre Ansprüche im Ergebnis trotz der Umrechnung in einen Stundenlohn im Wege des Gesamtvergleichs (BAG, Urteil vom 19.02.2014, 5 AZR 700/12, juris, Rn. 46 ff.) nachvollziehbar berechnet (Bkl. 17, Abl. 285 – in der mündlichen Verhandlung erörtert und von der Beklagten zuletzt der Höhe nach nicht bestritten). Das gilt auch in Bezug auf die Bonuszahlung, die nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (Bkl. 18 ff., Abl. 287 ff.) abhängig sind von der Anzahl der Einsatztage, die die Klägerin mit dem niedrigsten möglichen Tagesumsatz ansetzt, dem EBIT je Einsatztag und einer Turboprämie ab einer bestimmten Anzahl von Einsatztagen. Soweit die Beklagte einwendet, die Klägerin müsse sich auch den Verpflegungsmehraufwand in Höhe von insgesamt € 390,00 anrechnen lassen, steht dem entgegen, dass eine echte Aufwandsentschädigung gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 4 i.V.m. § 9 Abs. 4a) EStG kein Arbeitsentgelt darstellt (BAG, Urteil vom 13.03.2013, 5 AZR 294/12, NZA 2013, 1226, Rn. 34 f.).

(3) Der Anspruch der Klägerin scheitert im vorliegenden Fall jedoch daran, dass sie nach dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag von der Beklagten nicht als „Junior Consultant“, sondern als „Systembetreuerin – Großkunden“ an die S. AG überlassen wurde. Das ergibt sich aus dem Vertrag über die Überlassung von Zeitpersonal vom 22.10.2008 (Anlage Bkl. 1, Abl. 112 ff.) und den Ausführungen der S. AG im Rahmen der Auskunft nach § 13 AÜG. Zwar hat die Beklagte der Klägerin im Zwischenzeugnis vom 11.02.2010 bescheinigt, dass sie entsprechend ihrer Ausbildung und beruflichen Qualifikation bei einem Kunden eingesetzt wurde. Dass die Klägerin von der S. AG mit einer höherwertigen Tätigkeit betraut wurde als vereinbart, kann im Ergebnis aber nicht zu Lasten der Beklagten gehen. Diese ist nach § 10 Abs. 4 Satz 4 AÜG nur verpflichtet, der Klägerin die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Die Vergleichbarkeit orientiert sich daran, wie der Leiharbeitnehmer nach dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag beschäftigt werden sollte. Dass die Firma S. AG sich im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vom 22.10.2008 (Anlage Bkl. 1, Abl. 112 ff., 113) verpflichtet hatte, die Klägerin nur für solche Tätigkeiten einzusetzen, die deren Berufsfeld entsprechen und im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vereinbart sind, ändert hieran nichts. Die Kammer hat deshalb entschieden, dass das Vergleichsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG sich danach richtet, was die Klägerin an Einkommen erzielt hätte, wenn sie entsprechend dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag als Regelbetreuerin Großkunden ohne Entwicklertätigkeit eingesetzt worden wäre. Ein weitergehender Anspruch lässt sich aus § 10 Abs. 4 AÜG nicht herleiten.

(4) In Bezug auf die Regelbetreuung Großkunden hat die S. AG mit Schreiben vom 09.10.2014 ebenfalls eine Auskunft erteilt (Anlage Bkl. 16, Abs. 255, D. K.). Nach den dort aufgeführten Arbeitsbedingungen / Gehaltsdaten kann die Klägerin keine weitergehenden Zahlungsansprüche geltend machen.

II.

Hilfsantrag

1. Der Antrag,

hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin den Lohndifferenzbetrag zwischen der von der Beklagten an die Klägerin im Zeitraum vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 zu leistende Vergütung in Höhe von EUR 50.805,76 brutto und der von der Firma S. AG, E.1, B., gezahlten Arbeitsvergütung an einen im Zeitraum vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 bei der Firma S. AG beschäftigten „Junior Consultant“ mit der Qualifikation „Dipl.-Wirtschaftsinformatiker/in (BA)“ dem bei der Firma S. AG die Aufgaben bzw. Teile von Aufgaben eines bei der Firma S. AG beschäftigten Consultant oblagen, die da wären:

– eigenverantwortliche Installation und Schulung der Softwareprogramme der S. AG per Remote oder beim Kunden vor Ort,

– Betreuung und Beratung der Kunden bei technischen Problemen sowie bei EDI-/EAI-bezogenen Fragestellungen,

– Erstellung von Converter-Mappings sowohl als S. Standartprodukt als auch kundenspezifisch,

– Erstellung von Produktdefinitionen und Produkteinführung,

zu bezahlen, ist zulässig.

a) Die Klägerin hat den Feststellungsantrag aufrecht erhalten für den Fall, dass die Kammer die Auskunft der Firma S. AG in Bezug auf den von der Klägerin als vergleichbar angesehenen Mitarbeiter Sch. für die Begründetheit des Zahlungsanspruchs nicht für einschlägig hält, weil die Klägerin andere Aufgaben als der Mitarbeiter Sch. zu erfüllen hatte.

b) Der Feststellungsantrag ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Die Beklagte bestreitet, zu weiterer Vergütung verpflichtet zu sein. Der Vorrang einer Leistungsklage steht dem Feststellungsantrag hier grundsätzlich nicht entgegen. Durch die Umstellung auf die Feststellungsklage bleibt die Verjährung der Zahlungsansprüche gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Ohne ggf. ergänzende einschlägige Auskunft gemäß § 13 AÜG könnte die Klägerin den Anspruch gemäß § 10 Abs. 4 AÜG weiterhin nicht beziffern. Eine Stufenklage nach § 254 ZPO ist im vorliegenden Fall nicht möglich, weil die Anspruchsgegner der Auskunfts- bzw. Zahlungsansprüche nicht identisch sind. Eine analoge Anwendung des § 254 käme allenfalls bei einer planwidrigen Regelungslücke in Betracht (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.06.2012, 3 Sa 134/12, juris, Rn. 73).

2. Der Feststellungsanspruch ist im Ergebnis jedoch ebenfalls unbegründet. Die Klägerin beansprucht auch insoweit eine Arbeitsvergütung, die die Firma S. AG an einen in der Zeit vom 01.12.2008 bis 30.06.2010 beschäftigen „Junior Consultant“ mit der Qualifikation „Dipl. Wirtschaftsinformatiker/in (BA)“ mit im einzelnen näher beschriebenen Aufgaben leistet. Da eine entsprechende Qualifikation für die nach dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorgesehene Tätigkeit nicht erforderlich war, scheitert der Anspruch bereits daran, dass die Klägerin nur die Vergütung beanspruchen kann, die der im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag vorgesehenen Tätigkeit entspricht (vergl. oben B. I. 2d).

C.

Nebenentscheidungen

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Die Kammer hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

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