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Versetzung – Direktionsrecht des Arbeitgebers – Interessenabwägung

Versetzung im Arbeitsrecht: Das Direktionsrecht des Arbeitgebers und die Interessenabwägung

Das Arbeitsgericht Köln hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem es um das Direktionsrecht des Arbeitgebers und die damit verbundene Versetzung einer Mitarbeiterin ging. Im Zentrum der Auseinandersetzung stand die Frage, ob die Versetzung der Klägerin durch den Arbeitgeber rechtens war und ob die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigt wurden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 9 Ca 1889/19 >>>

Vertragsklauseln und das Direktionsrecht

Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien enthielt eine Klausel, die dem Arbeitgeber das Recht einräumte, die Klägerin auch in anderen zumutbaren Tätigkeiten oder in einem anderen Werksbereich zu beschäftigen. Diese Klausel ist im Kontext des Direktionsrechts des Arbeitgebers zu sehen, welches ihm erlaubt, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung zu bestimmen, solange diese nicht durch andere Regelungen festgelegt sind. Die Klägerin war der Ansicht, dass ihre Versetzung politisch motiviert und nicht gleichwertig zu ihrer vorherigen Position war.

Gründe für die Versetzung

Die Beklagte argumentierte, dass die Versetzung aufgrund eines Personalüberhangs im ursprünglichen Werk der Klägerin notwendig war. Dies wurde durch eine Informationsveranstaltung für alle Mitarbeiter des Werks untermauert. Zudem wurde der Betriebsrat ordnungsgemäß über die geplante Versetzung informiert und stimmte dieser zu.

Glaubwürdigkeit und Beweislage

Ein Zeuge, der Personalleiter der Beklagten, bestätigte den ordnungsgemäßen Ablauf der Informations- und Anhörungsprozesse. Seine Aussagen wurden als glaubhaft und konsistent bewertet, wobei seine Position als Personalleiter keine Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit aufkommen ließ.

Abwägung der Interessen und Schlussfolgerungen

Die Versetzung der Klägerin wurde als verhältnismäßig und angemessen betrachtet, insbesondere da ihre Einkommens- und Lebensverhältnisse durch die Versetzung unverändert blieben. Zudem wurde festgestellt, dass die neue Tätigkeit der Klägerin als „Lageristin 4“ der vorherigen Position als „Operator 3“ gleichwertig war. Die Klägerin konnte nicht überzeugend darlegen, dass ihre Versetzung politisch motiviert war, insbesondere da auch andere Mitarbeiter vor ihr versetzt wurden.

Insgesamt bestätigte das Gericht die Rechtmäßigkeit der Versetzung der Klägerin und wies darauf hin, dass die vertraglichen Regelungen und das Direktionsrecht des Arbeitgebers eine solche Maßnahme zuließen, solange die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigt wurden.


Das vorliegende Urteil

ArbG Köln – Az.: 9 Ca 1889/19

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 4.788,98 Euro.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit einer Versetzung.

Die verheiratete, am …. geborene Klägerin wird bei der Beklagten, einer …. zuletzt als „Operator 3“ im …. beschäftigt.

Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag lautet auszugsweise wie folgt:

„vereinbarungsgemäß stellen wir Sie im Werk …. als …. ein. […] Wie behalten uns vor, Sie abweichend von der bei der Einstellung für Sie in Aussicht genommenen Tätigkeit auch mit anderen zumutbaren Arbeiten, gegebenenfalls in einem anderen Werksbereich, zu beschäftigen.“

Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die Metallindustrie NRW Anwendung.

Die Beklagte unterhält in …. neben ihrem Betrieb in …auch einen weiteren Betrieb in….. Mit Schreiben vom 14.01.2019 und vom 23.01.2019 informierte die Beklagte die Klägerin darüber, dass sie mit Wirkung vom 01.01.2019 als „Lageristin 4“ im Werk der Beklagten in … arbeiten solle. Insgesamt versetzte die Beklagte ab Oktober 2018 jedenfalls 14 Personen, wovon – einschließlich der Klägerin – vier Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in das Werk in … versetzt wurden.

Sowohl die Tätigkeit eines „Operator 3“ als auch die Tätigkeit einer „Lageristin 4“ entsprechen der Entgeltgruppe 8 des einschlägigen Tarifvertrags.

Die Klägerin hält die Versetzung für rechtswidrig. Sie ist der Meinung, die Maßnahme der Beklagten sei politisch motiviert. Ferner ergebe sich die Unwirksamkeit der Versetzung daraus, dass die Beklagte sie nicht mit einer gleichwertigen Tätigkeit beschäftige. Hierzu behauptet die Klägerin, sie werde im Werk in … nicht mit den Aufgaben einer „Lageristin 4“ betraut.

Die Klägerin beantragt,

1. festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 14.01.2019 und 23.01.2019 vorgenommene Versetzung der Klägerin von der Position „Operator 3“ im … zur „Lageristin 4“ im … unwirksam ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als „Operator 3“ im … weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält die Versetzung für rechtmäßig. Die Maßnahme sei notwendig gewesen, da in dem Getriebewerk in … ein sich immer weiter verschärfender Personalüberhang bestanden habe. Zur personellen Situation ist – unstreitig – am 30.08.2018 eine Informationsveranstaltung für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Getriebewerkes durchgeführt worden.

Mit Schreiben vom 07.01.2019 hörte die Beklagte den Betriebsrat des …. . zu der geplanten Versetzung der Klägerin an, welcher der Versetzung unter dem 08.01.2019 zustimmte. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte meint, sie habe ferner auch den Betriebsrat des … vor der Versetzung ordnungsgemäß beteiligt. Hierzu behauptet sie, der Zeuge … habe am 14.12.2018 den Betriebsratsvorsitzenden des …., über die Versetzung der Klägerin informiert und hierzu angehört.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einvernahme des Zeugen …. in der Sitzung vom 11.03.2020. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A. Die zulässige Klage ist unbegründet.

I. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 14.01.2019 und 23.01.2019 vorgenommene Versetzung der Klägerin von der Position „Operator 3“ im … zur „Lageristin 4“ im … ist wirksam.

Gemäß § 106 S. 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Danach konnte die Beklagte die Klägerin wirksam von der Position „Operator 3“ im …. zur „Lageristin 4“ im … versetzen.

1. Der Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten steht keine Festlegung der Arbeitsbedingungen in dem zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsvertrag entgegen. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Kl. ergibt, dass weder ihr Einsatzort noch die von ihr geschuldete Tätigkeit vertraglich festgelegt sind. Verträge sind gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Hierzu ist in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 25.03.2015, VIII ZR 125/14 = NJW 2015, 2584). Daneben sind auch der Zweck der vertraglichen Abrede und die Interessenlage der Parteien zu berücksichtigen. Es gilt das Gebot der nach beiden Seiten hin gerechten Auslegung und der Berücksichtigung des durch die Parteien beabsichtigten Vertragszwecks, wozu auch die sonstigen Begleitumstände des Vertragsschlusses heranzuziehen sind, die den Sinngehalt der gewechselten Erklärungen erhellen können (BGH, Urt. v. 15.10.2014, XII ZR 11/12 = WM 2014, 2280 m.w.N.).

a) Danach beschränkt die Formulierung „vereinbarungsgemäß stellen wir Sie im . als BED TRANSFERSTR SPANABH ein“ das Recht der Beklagten, der Klägerin im Wege ihres Direktionsrechts einen anderen Ort für die Ausübung ihrer Tätigkeit zuzuweisen, nicht. Die vertragliche Regelung zur Einstellung der Klägerin, stellt keine vertragliche Festlegung des Einsatzortes der Klägerin dar, sondern es handelt sich um die erstmalige Ausübung des Direktionsrechts in Bezug auf den Arbeitsort durch die Beklagte (vgl. hierzu BAG, Urt. v. 13.06.2012, 10 AZR 296/11 = NZA 2012, 1154). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des Vertrags und aus den wesentlichen Begleitumständen. Die Formulierung, dass die Klägerin bei der Beklagten „vereinbarungsgemäß im ….“ eingestellt wird, hat einen bloß feststellenden Charakter. Der Klägerin sollte hierdurch nicht das … als Ort der vertragsgemäßen Beschäftigung fest zugewiesen werden, sondern es wurde von der Beklagten festgestellt, dass die Klägerin dort ihre erste Verwendung findet.

Ferner hat die Beklagte jedenfalls mit der weiteren arbeitsvertraglichen Passage „Wir behalten uns vor, Sie abweichend von der bei der Einstellung für Sie in Aussicht genommenen Tätigkeit auch mit anderen zumutbaren Arbeiten, gegebenenfalls in einem anderen Werksbereich, zu beschäftigen.“ hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung von Einsatzort und Tätigkeit im Vertrag lediglich die erstmalige Ausübung des Weisungsrechts darstellt und nicht dessen Beschränkung. Bereits aus der Formulierung „abweichend von der bei der Einstellung für Sie in Aussicht genommenen Tätigkeit“ wird klar, dass die Beklagte sich mit ihrer Eingangs gemachten Feststellung nicht vertraglich binden wollte. Die Begrifflichkeit „in Aussicht nehmen“ beschreibt nämlich gerade nur, jemanden für etwas vorzusehen, nicht aber eine feste Fixierung.

Der gewonnene Eindruck wird vorliegend noch durch den Einschub „gegebenenfalls in einem anderen Werksbereich“ bestärkt. Der Einschub ist nämlich nicht dahin zu verstehen, dass die Beklagte sich allein das Recht vorbehalten wollte, die Klägerin ausschließlich im …. in einen anderen Werksbereich zu versetzen. Die Beklagte hat sich ganz im Gegenteil ohne jede Einschränkungen vorbehalten, die Klägerin in jegliche andere Werksbereiche der Beklagten zu versetzen. Hätten die Parteien die Versetzungsmöglichkeit der Klägerin auf das … begrenzen wollen, so hätten sie die Formulierung auch dahingehend treffen müssen, die Klägerin – gegebenenfalls in einem anderen Werksbereich des … – zu beschäftigen. Dies ist vorliegend aber gerade nicht der Fall.

b) Entgegenstehende Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

2. Die Versetzung ist nicht nach § 134 BGB i.V.m. 99 BetrVG unwirksam. Denn die Betriebsräte der Beklagten in den … und … sind ordnungsgemäß an der Versetzung der Klägerin beteiligt worden. Die Beklagte hat die Betriebsräte insbesondere ordnungsgemäß unterrichtet und zu der geplanten Versetzung angehört. Die Unterrichtungs- und Vorlagepflicht nach § 99 Abs. 1 S. 1 u. 2 BetrVG dient dazu, dem Betriebsrat diejenigen Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um sein Recht zur Stellungnahme nach § 99 Abs. 2 BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat so zu unterrichten, dass dieser aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in der Lage ist zu prüfen, ob einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegt (BAG, Beschl. v. 09.04.2019, 1 ABR 30/17 = NZA 2019, 1061; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier/Schelz, 30. Aufl. 2020, BetrVG § 99 Rn. 162).

a) Der (aufnehmende) Betriebsrat im Werk der Beklagten in …. ist mit dem Schreiben vom 07.01.2019 ordnungsgemäß zur Versetzung der Klägerin angehört worden. Er hat der Versetzung unter dem 08.01.2019 zugestimmt. Der Inhalt des Anhörungs- und Unterrichtungsschreibens umfasste dabei insbesondere den für die Klägerin in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung (§ 99 Abs. 1 S. 2 BetrVG).

b) Ferner ist auch der (abgebende) Betriebsrat des . vor der Versetzung ordnungsgemäß beteiligt worden. Er wurde unter dem 14.12.2018 durch den Personalleiter der Beklagten, Herrn …., über den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz, die vorgesehene Eingruppierung, über die Tätigkeit der Klägerin, zu dem Zeitpunkt der Versetzung und über deren Grund unterrichtet und angehört.

Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung der Kammer fest.

Der Zeuge … hat bekundet, dass er am 14.12.2018 den Betriebsratsvorsitzenden des …, …, über die Versetzung der Klägerin informiert und hierzu angehört habe. Der Zeuge ..und … hätten sich am Morgen des 14.12.2018 zwischen 09:00 Uhr und 09:30 im Büro des … getroffen. Um 09:03 Uhr habe er, der Zeuge … sodann die Information des … per E-Mail auf seinem Handy erhalten, dass für die Klägerin ein Arbeitsplatz im … gefunden worden sei, der ihrem Teilzeitmodell und ihrer Entgeltgruppe entspreche. Daraufhin habe er, der Zeuge …. über die Person der Klägerin, die beabsichtige Versetzung zum 01.01.2019, die in Aussicht genommene Tätigkeit im Teile- und Zubehörbereich, ihren Verbleib in der für sie maßgeblichen Entgeltgruppe 08 und über den Personalüberhang als Hintergrund für die Versetzung unterrichtet und hierzu angehört.

Bei dem Zeugen war die hierzu notwendige Wahrnehmungsbereitschaft, -fähigkeit und -möglichkeit gegeben. Denn er selbst hat den Betriebsratsvorsitzenden ….am 14.12.2018 über die geplante Versetzung der Klägerin unterrichtet und hierzu angehört.

Die Aussage des Zeugen ist glaubhaft, denn sie ist lebensnah und weist einzigartige Details auf, die für ein wahres Erleben sprechen. Er schilderte den Geschehensablauf zusammenhängend, in der Aussagestruktur gleichbleibend und in sich widerspruchsfrei, ohne dass objektive Umstände vorliegen, die auf eine fehlende Richtigkeit der Bekundungen hindeuten. So konnte der Zeuge …. konkret und anschaulich schildern, dass er sich an die Vorgänge am 14.12.2018 deshalb noch so gut erinnern konnte, weil dies sein letzter Arbeitstag vor seinem Erholungsurlaub war. Seine Schilderungen besaßen dabei stets ein hohes Maß an Originalität. Der Zeuge … hat seine Erinnerungen – auch an die Zeit vor dem 14.12.2018 und insbesondere an die Hintergründe für die Versetzung der Klägerin – glaubhaft geschildert. Für die Wahrheitsgemäßheit der Aussage spricht auch, dass die Bekundungen des Zeugen bis in das Randgeschehen hinein detailreich waren. So konnte der Zeuge zum Beispiel schildern, dass ihm die Versetzung der Klägerin für ihn deshalb besonders in Erinnerung geblieben ist, weil es notwendig war, das Teilzeitmodell der Klägerin auch an ihrem neuen Arbeitsort abzubilden.

Auch auf Nachfragen des Gerichts, der Parteien und ihrer Vertreter konnte der Zeuge in sich stimmig und präzise antworten. Seine Aussage war von dem erkennbaren Bemühen getragen, sich das Geschehen vollständig und zutreffend in Erinnerung zu rufen. Die Aussage des Zeugen hat dabei nicht erkennen lassen, dass er sich von der Nähe zu einer Partei hat leiten lassen.

Der Umstand, dass der Zeuge Personalleiter der Beklagten ist, begründet für sich genommen keine Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit.

Die Zustimmung des (abgebenden) Betriebsrats zur Versetzung der Klägerin folgt aus § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG.

3. Die Leistungsbestimmung entspricht auch billigem Ermessen. Eine Leistungsbestimmung nach § 106 S. 1 GewO, § 315 BGB verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit (BAG, Urt. v. 13.06.2012, 10 AZR 296/11 = NZA 2012, 1154). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze überwiegt das Interesse der Beklagten an der Versetzung der Klägerin. Die Entscheidung der Beklagten ist insbesondere nicht willkürlich oder missbräuchlich.

a) Auf Seiten der Klägerin wird das über Jahre gewachsene soziale Umfeld der Klägerin im …. und ihr Interesse an einer Beschäftigung in der Funktion als Operator 3 beeinträchtigt.

Dem steht das Interesse der Beklagten gegenüber, die vorhandene Arbeitskraft ihrer Belegschaft voll auszuschöpfen. Es entspricht berechtigten betrieblichen Interessen eines Arbeitgebers, Personalüberhänge zu vermeiden und eine bestmögliche Allokation der vorhandenen Arbeitskraft zu gewährleisten. Dem Arbeitgeber kann nämlich nicht zugemutet werden, trotz freier Stellen auf der einen Seite und eines Personalüberhangs auf der anderen Seite, von Versetzungen abzusehen. Der Umstand, dass es einen Personalüberhang im Getriebewerk gab, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest (s.o.). Hierfür spricht überdies der unstreitige Umstand, dass die Beklagte am 30.08.2018 eine Informationsveranstaltung für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Getriebewerkes zu dem aus ihrer Sicht bestehenden Personalüberhang durchgeführt hat.

Die Versetzung ist relativ gesehen von geringer Intensität. Die Einkommens- und Lebensverhältnisse der Klägerin bleiben durch die Versetzung unverändert. Der Klägerin entstehen durch die Versetzung innerhalb des Stadtgebiets keine Nachteile in Bezug auf die Erreichbarkeit ihres Arbeitsortes – weder in zeitlicher noch in finanzieller Hinsicht. Eine besondere soziale Belastung der Klägerin ist nicht ersichtlich. Die Klägerin ist verheiratet und kinderlos, zum Zeitpunkt der Versetzung war sie 37 Jahre alt. Schließlich kam aber der Entscheidung der Beklagten, dem Personalüberhang im Getriebewerk mit der Versetzung einer Vielzahl von Mitarbeitern zu begegnen erhebliches Gewicht zu. Vorliegend hat die Beklagte die Versetzung von 99 Mitarbeitern geplant und davon – unstreitig – jedenfalls 14 versetzt. Bei der Abwägung ist eine derartige nicht missbräuchliche und willkürfreie unternehmerische Entscheidung von besonderer Relevanz (BAG, Urt. v. 13.06.2012, 10 AZR 296/11, a.a.O.).

Gegen die Annahme, speziell die Klägerin sei aus politisch motivierten Gründen versetzt worden, spricht überdies, dass bereits Monate vor ihrer Versetzung, nämlich im Oktober 2018, auch andere Mitarbeiter der Klägerin in das …. versetzt worden sind.

b) Die der Klägerin zugewiesene Tätigkeit als „Lageristin 4“ ist der Tätigkeit eines „Operator 3“ gleichwertig. Die Gleichwertigkeit bestimmt sich grundsätzlich aus der auf den Betrieb abgestellten Verkehrsauffassung und dem sich daraus ergebenden Sozialbild (BAG, Urt. v. 30.08.1995, 1 AZR 47/95 = NZA 1996, 440). Bei Anwendung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems orientiert sie sich an diesem System (BAG, Urt. v. 30.08.1995, 1 AZR 47/95, a.a.O.).

Dies ist vorliegend der Fall, denn beide Tätigkeiten weisen den gleichen Verantwortungsumfang, ein vergleichbares Tätigkeitsprofil und dieselbe Vergütung auf. Bei beiden Tätigkeiten handelt es sich nämlich um Facharbeitertätigkeiten, die der Entgeltgruppe 8 des einschlägigen Lohntarifvertrags entsprechen. Der Versetzung der Klägerin steht nicht entgegen, dass die Klägerin bisher noch nicht alle Aufgaben der Aufgabenbeschreibung einer Lageristin 4 ausübt. Denn es handelt es sich bei der Anlage B3 um eine abstrakte Beschreibung aller möglichen Tätigkeiten einer Lageristin 4. Der pauschale Einwand der Klägerin, nicht alle diese Aufgaben auszuführen, genügt nicht, die Gleichwertigkeit der übertragenen Aufgabe zu in Frage zu stellen. Maßgeblich ist nämlich die inhaltliche Äquivalenz der übertragenen Tätigkeit. Deshalb betrifft dieser Umstand nicht generell die Frage der Rechtmäßigkeit der Versetzung der Klägerin, sondern die Frage der vertragsgemäßen Beschäftigung der Klägerin als Lageristin 4.

II. Der mit dem Antrag zu 2) geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch ist ebenfalls unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten nicht verlangen, sie als „Operator 3“ im … weiter zu beschäftigen, weil die Beklagte sie wirksam in das … versetzt und ihr die Tätigkeit als Lageristin 4 zugewiesen hat.

B. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. 91 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts im Urteil beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 3 ff. ZPO.

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