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Weiterbeschäftigung trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit

Erleidet ein Arbeitnehmer eine Erkrankung oder einen Unfall und kann dadurch seiner Arbeitstätigkeit nicht mehr nachkommen, so liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor. Diese wird durch den behandelnden Arzt mittels einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) bescheinigt, sodass der Arbeitnehmer seiner Arbeitsverpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber für den festgeschriebenen Zeitraum der AU nicht mehr nachkommen muss. Nicht immer muss in der gängigen Praxis jedoch der Arbeitnehmer auch zu Hause bleiben. In einigen Fällen ist auch eine Weiterbeschäftigung trotz einer bestehenden AU möglich.

Das Wichtigste in Kürze


  • Arbeitsunfähigkeit tritt auf, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit oder Unfall seiner Arbeit nicht nachkommen kann.
  • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU): Vom Arzt ausgestelltes Dokument, das die Arbeitsunfähigkeit für einen bestimmten Zeitraum bescheinigt.
  • Weiterbeschäftigung trotz AU: Möglich, wenn nur bestimmte Tätigkeiten durch die Erkrankung/Verletzung eingeschränkt sind.
  • Arbeitsplatzrelevanz: Die Art der Erkrankung oder Verletzung und deren Auswirkung auf die spezifische Arbeitsrolle des Arbeitnehmers sind entscheidend.
  • Gesetzliche Grundlagen: Der Genesungsgedanke steht im Vordergrund; eine Weiterbeschäftigung trotz AU kann rechtliche und gesundheitliche Folgen haben.
  • Vorteile der Weiterbeschäftigung: Für Arbeitgeber und Arbeitnehmer können sich Vorteile ergeben, aber auch Risiken sind zu berücksichtigen.
  • Gesetzliche Unfallversicherung: Bei Weiterbeschäftigung trotz AU besteht Versicherungsschutz, solange Heilung und Betriebsablauf nicht gefährdet sind.

Bedeutung der Weiterbeschäftigung bei bestehender AU

Arbeitnehmer Weiterbeschäftigung trotz Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähig, aber weiterarbeiten? Die Option der Weiterbeschäftigung trotz AU in bestimmten Fällen. (Symbolfoto: Studio Romantic /Shutterstock.com)

Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz einer bestehenden AU ist denkbar, wenn die mit der Erkrankung respektive der Verletzung einhergehende Einschränkung lediglich die Ausübung bestimmter Tätigkeiten verhindert. Sollten die arbeitsüblichen Tätigkeiten des Arbeitnehmers hiervon nicht betroffen sein, so ist die Weiterbeschäftigung trotz AU dem reinen Grundsatz nach möglich. Sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer kann die Weiterbeschäftigung trotz bestehender AU Vorteile mit sich bringen, allerdings sollten beide Seiten auch stets die etwaigen Nachteile berücksichtigen.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und ihre Auswirkungen

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein Dokument, das sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von großer Bedeutung ist. Sie bescheinigt nicht nur den Gesundheitszustand eines Mitarbeiters, sondern hat auch rechtliche und praktische Implikationen im Arbeitsalltag. Doch was genau besagt sie? Und welche Konsequenzen ergeben sich aus ihr im Kontext des Arbeitsplatzes und der gesetzlichen Vorgaben? Diesen Fragen gehen wir im Folgenden nach.

Was besagt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung hat in ihrem Kernpunkt die Aussage, dass der betroffene Arbeitnehmer für einen ganz bestimmten Zeitraum als arbeitsunfähig gilt. Hierbei handelt es sich um eine Einschätzung des behandelnden Arztes, welche auf der Grundlage von Erfahrungswerten sowie den Patientenangaben beruht.

Krankheitsbedingte Einschränkungen und ihre Relevanz für den Arbeitsplatz

Im Hinblick auf die Erkrankung respektive die Verletzung muss stets auch die individuelle Situation am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Es gibt Berufsbilder, die schlicht und ergreifend gewisse Tätigkeiten zwingend erfordern. Ein Beinbruch ist für einen Kurierfahrer respektive Briefträger eine erheblich größere Einschränkung als für eine Person, die als Sachbearbeiterin in einem Büro am Telefon tätig ist. Gleichermaßen verhält es sich auch mit einer verstauchten Hand, welche die Tätigkeit einer Rechtsanwalts-/Notarfachangestellten erheblich stärker einschränkt, als es bei einem Call-Center-Mitarbeiter der Fall ist. Generell gilt, solange die Verletzung die berufliche Tätigkeit nicht unmöglich werden lässt, kann der Arbeitnehmer, sofern er es möchte, seiner Arbeit nachgehen.

Gesetzliche Grundlagen und Vorschriften

Der Gesetzgeber sagt, dass im Fall einer Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers zunächst der Genesungsgedanke eindeutig im Vordergrund steht. Ist ein Arbeitnehmer erkrankt und hat eine Verletzung erlitten, so sollte er Ruhe und Entspannung erhalten und dementsprechend der Arbeitsstätte fernbleiben. Unterlässt ein Arbeitnehmer dies, so kann dies zu einer allgemeinen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen. Infolge dieses Verhaltens ist es denkbar, dass der Arbeitnehmer gem. § 66 erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) seinen Anspruch auf das Krankengeld verwirkt. Die Krankenkasse kann dies damit begründen, dass der Arbeitnehmer die Mitwirkung an der Heilbehandlung durch seinen Arbeitseinsatz trotz Arbeitsunfähigkeit hat vermissen lassen. Obgleich sich der Arbeitgeber über dieses Verhalten des Arbeitnehmers sicherlich erfreut, so sind die rechtlichen Folgen für ihn ebenfalls nicht unerheblich. Mitunter wäre ein Haftungsanspruch gegen den Arbeitgeber denkbar. In der gängigen Praxis kommen jedoch beide Fallsituationen kaum zur Anwendung.

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Vorteile der Weiterbeschäftigung trotz AU

Die Frage, ob ein Arbeitnehmer trotz einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung weiterhin seiner Tätigkeit nachgehen sollte, ist nicht nur rechtlich, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher und psychologischer Sicht relevant. Während einige die Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer betonen, weisen andere auf die gesundheitlichen und psychologischen Aspekte hin. Doch welche konkreten Vorteile ergeben sich aus der Weiterbeschäftigung trotz AU?

Für den Arbeitgeber

Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz der bestehenden Arbeitsunfähigkeit hat für den Arbeitgeber den Vorteil, dass der Ausfall der Arbeitskraft des Arbeitnehmers nicht so schwerwiegend ist. Obgleich der Arbeitnehmer zweifelsohne durch die Erkrankung respektive Verletzung nur eingeschränkt einsetzbar ist, so kann er auf der Arbeitsstätte immerhin einige Tätigkeiten ausüben. Die Stelle bleibt nicht gänzlich unbesetzt und der betriebliche Ablauf kann aufrechterhalten werden.

Für den Arbeitnehmer

Der Arbeitnehmer hat durch die Weiterbeschäftigung trotz Arbeitsunfähigkeit den Vorteil, dass er selbst dem Unternehmen nicht so lange fernbleibt. Viele Branchen sind heutzutage sehr schnelllebig, sodass der Arbeitnehmer keine wesentlichen Veränderungen verpasst und stets auf dem Laufenden bleibt. Eine nicht selten langwierige erneute Einarbeitung in die Arbeitsabläufe des Unternehmens ist somit nicht erforderlich.

Psychologische und gesundheitliche Aspekte

Psychologisch kann die Weiterbeschäftigung trotz AU den Vorteil haben, dass der Arbeitnehmer sich auch weiterhin beruflich gebraucht und gefordert fühlt. Es gibt Arbeitnehmer, die durch eine längere Auszeit psychologisch in ein Tief fallen und dadurch schwermütig werden. Die Psyche des Menschen hat einen großen Einfluss auf die allgemeine Gesundheit und bei vielen Menschen ist es so, dass der gewohnte Alltagstrott inklusive der beruflichen Herausforderungen ein dringend benötigter Faktor des alltäglichen Lebens ist.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist ein zentrales Element im Arbeitsrecht, das sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von großer Bedeutung ist. Doch welche rechtlichen Vorgaben bestimmen ihre Ausstellung und welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Wie sind die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers definiert und welche finanziellen Aspekte spielen eine Rolle? Ein Blick in die rechtlichen Rahmenbedingungen gibt Aufschluss.

Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen

Maßgeblich für die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sind die Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen. Diese Richtlinie legt fest, nach welchen Maßstäben ein behandelnder Arzt eine AU für einen Arbeitnehmer ausstellen kann und welche Richtlinien dafür zur Anwendung gebracht werden. Gleichermaßen verhält es sich auch mit dem sogenannten Entlassmanagement, welches bei Krankenhäusern zur Anwendung kommt. Die AU des Arztes muss in jedem Fall der Richtlinie entsprechen, da sie anderenfalls rechtlich durch den Arbeitgeber oder die Krankenkassen angezweifelt werden kann. Dies hat negative Auswirkungen auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder den Krankengeldanspruch.

Entgeltfortzahlungsgesetz und Krankengeld

Die Arbeitsunfähigkeit geht jedoch nicht mit wirtschaftlichen Einbußen einher, da der Arbeitnehmer einen gesetzlich verankerten Anspruch auf die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber hat. Bei längerfristigen gesundheitlichen Ausfällen übernimmt nach dem Ablauf von sechs Wochen die Krankenkasse die Zahlung des Krankengeldes, das die Lohnfortzahlung des Arbeitgebers ersetzt.

Verpflichtungen des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers

Der Arbeitnehmer hat die Verpflichtung, seine Arbeitsunfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber nachzuweisen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Arztes ist dementsprechend unverzüglich dem Arbeitgeber vorzulegen. Eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz AU erfolgt dabei stets auf der freiwilligen Basis des Arbeitnehmers und kann von dem Arbeitgeber nicht verlangt werden.

Arbeitsrechtliche Konsequenzen bei Missachtung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung:

Für den Arbeitnehmer:

  1. Verlust des Krankengeldanspruchs: Wenn ein Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeitet, kann er seinen Anspruch auf Krankengeld verlieren. Das Sozialgesetzbuch (SGB V) sieht vor, dass der Arbeitnehmer alles unterlassen muss, was seine Genesung verzögert. Arbeitet er entgegen der ärztlichen Empfehlung, kann dies als solches Verhalten gewertet werden.
  2. Abmahnung oder Kündigung: In bestimmten Fällen kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer abmahnen oder sogar kündigen, wenn dieser trotz Krankschreibung arbeitet. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit andere Mitarbeiter gefährdet (z.B. bei ansteckenden Krankheiten) oder wenn der Verdacht besteht, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ungerechtfertigt ausgestellt wurde.
  3. Haftung bei Schäden: Wenn ein Arbeitnehmer trotz Krankschreibung arbeitet und dabei einen Schaden verursacht (z.B. einen Arbeitsunfall), kann er unter Umständen dafür haftbar gemacht werden, insbesondere wenn der Schaden auf seine Krankheit zurückzuführen ist.

Für den Arbeitgeber:

  1. Haftung bei Arbeitsunfällen: Beschäftigt der Arbeitgeber einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer und kommt es zu einem Arbeitsunfall, kann der Arbeitgeber dafür haftbar gemacht werden. Dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber wusste, dass der Arbeitnehmer krankgeschrieben war.
  2. Verstoß gegen Fürsorgepflicht: Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitern. Wenn sie einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer beschäftigen, kann dies als Verstoß gegen diese Pflicht gewertet werden, mit möglichen rechtlichen Konsequenzen.
  3. Risiko von Betriebsprüfungen: Wenn bekannt wird, dass ein Arbeitgeber regelmäßig krankgeschriebene Mitarbeiter beschäftigt, kann dies zu Betriebsprüfungen durch die Berufsgenossenschaft oder das Gewerbeaufsichtsamt führen.
  4. Reputationsschaden: Ein Arbeitgeber, der krankgeschriebene Mitarbeiter beschäftigt, riskiert einen Reputationsschaden, der sich negativ auf das Betriebsklima und die Arbeitgeberattraktivität auswirken kann.

Es ist wichtig zu betonen, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ein Interesse daran haben sollten, die Vorgaben und Empfehlungen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu respektieren. Die Gesundheit des Arbeitnehmers sollte immer an erster Stelle stehen, und beide Parteien sollten verantwortungsbewusst handeln, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Teilweise Weiterbeschäftigung während der AU-Phase

Die Frage der Weiterbeschäftigung während einer Arbeitsunfähigkeitsphase ist nicht nur eine Entscheidung des Arbeitnehmers, sondern auch eng mit rechtlichen und versicherungstechnischen Aspekten verknüpft. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein und wie steht es um den Schutz des Arbeitnehmers in solch einer Situation?

Voraussetzungen und Bedingungen

Die Grundvoraussetzung für die Weiterbeschäftigung ist stets die Bereitschaft des Arbeitnehmers. Überdies müssen auch die Grundkriterien für den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung beachtet werden, da dieser Versicherungsschutz von verschiedenen Faktoren abhängig gemacht werden muss.

Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung

Entscheidet sich der Arbeitnehmer zu einer Weiterbeschäftigung trotz AU, so ist er in jedem Fall gesetzlich unfallversichert. Dies setzt jedoch voraus, dass durch die Beschäftigung sowohl die Heilung des Arbeitnehmers als auch der Betrieb des Arbeitgebers selbst nicht gefährdet wird. Die Abschätzung der Gefährdungslage ist dementsprechend unerlässlich für den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers. Diese Gefährdungsabschätzung hat eine wesentliche Bedeutung für die Beschäftigung des Arbeitnehmers trotz der bestehenden Arbeitsunfähigkeit.

✔ Fallbeispiele für die Weiterbeschäftigung trotz Arbeitsunfähigkeit


Hier sind drei Fallbeispiele, die die Komplexität und die verschiedenen Aspekte der Weiterbeschäftigung trotz Arbeitsunfähigkeit verdeutlichen:


Fallbeispiel 1: Der Büroangestellte mit Rückenproblemen

Herr Müller ist als Büroangestellter tätig und leidet seit einigen Wochen unter starken Rückenschmerzen. Sein Arzt stellt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für zwei Wochen aus, empfiehlt ihm jedoch, sich zu bewegen und nicht nur im Bett zu liegen. Herr Müller entscheidet sich, trotz seiner Arbeitsunfähigkeit ins Büro zu gehen, um leichte Aufgaben zu erledigen und sich nicht komplett aus dem Arbeitsalltag zu entfernen. Sein Arbeitgeber stellt ihm einen ergonomischen Stuhl zur Verfügung und ermöglicht ihm regelmäßige Pausen. Nach einer Woche merkt Herr Müller eine Besserung und ist froh, nicht den Anschluss im Büro verloren zu haben.

Konsequenzen: Positiv für Herrn Müller, da er sich weiterhin integriert fühlte und seine Rückenprobleme nicht durch langes Liegen verschlimmerte. Positiv für den Arbeitgeber, da er nicht vollständig auf Herrn Müller verzichten musste.


Fallbeispiel 2: Die Verkäuferin mit Grippe

Frau Schmidt arbeitet in einem Bekleidungsgeschäft und erkrankt an einer schweren Grippe. Trotz der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihres Arztes entscheidet sie sich, weiterzuarbeiten, da sie Angst hat, ihren Job zu verlieren. Jedoch ist sie nicht nur weniger produktiv, sondern steckt auch zwei Kollegen an.

Konsequenzen: Negativ für Frau Schmidt, da ihre Genesung länger dauert und sie sich zusätzlichem Stress aussetzt. Negativ für den Arbeitgeber, da mehrere Mitarbeiter krank werden und die Produktivität des gesamten Teams sinkt.


Fallbeispiel 3: Der Programmierer mit Sehnenscheidenentzündung

Herr Fischer ist Softwareentwickler und entwickelt eine Sehnenscheidenentzündung in seiner rechten Hand. Sein Arzt rät ihm, die Hand zu schonen und schreibt ihn für zwei Wochen krank. Herr Fischer bietet jedoch an, während dieser Zeit Schulungen und Workshops für seine Kollegen zu halten, da er dafür seine Hand nicht belasten muss. Sein Arbeitgeber stimmt zu.

Konsequenzen: Positiv für Herrn Fischer, da er sich weiterhin nützlich fühlt und seine Expertise teilen kann. Positiv für den Arbeitgeber, da andere Mitarbeiter von Herrn Fischers Wissen profitieren und er nicht vollständig auf ihn verzichten muss.


Diese Fallbeispiele verdeutlichen, dass die Entscheidung, trotz Arbeitsunfähigkeit weiterzuarbeiten, von vielen Faktoren abhängt und sowohl positive als auch negative Konsequenzen haben kann. Es ist wichtig, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam eine Lösung finden, die sowohl die Gesundheit des Arbeitnehmers als auch die Bedürfnisse des Unternehmens berücksichtigt.

Arten der Arbeitsunfähigkeit

Die Arbeitsunfähigkeit kann in verschiedene Kategorien eingeteilt werden, je nach Dauer und Ausmaß der Beeinträchtigung. Die Unterscheidung dieser Kategorien ist wichtig, um die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers sowie die Verantwortlichkeiten des Arbeitgebers zu verstehen.

  1. Temporäre Arbeitsunfähigkeit:

    • Definition: Ein Zustand, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit oder Verletzung für eine begrenzte Zeit nicht in der Lage ist, seine Arbeit auszuführen.
    • Beispiel: Ein Arbeitnehmer bricht sich das Bein und kann für sechs Wochen nicht arbeiten, danach ist er wieder voll einsatzfähig.
    • Rechtliche Implikationen: In der Regel besteht während dieser Zeit ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber und/oder Krankengeld durch die Krankenkasse.
  2. Permanente Arbeitsunfähigkeit:

    • Definition: Ein Zustand, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit oder Verletzung dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Arbeit auszuführen.
    • Beispiel: Ein Arbeitnehmer erleidet einen schweren Unfall und ist dauerhaft querschnittsgelähmt.
    • Rechtliche Implikationen: Hier kann es zu einer Umstellung im Beruf kommen, oder der Arbeitnehmer geht in eine vorzeitige Berufsunfähigkeitsrente.
  3. Vollständige Arbeitsunfähigkeit:

    • Definition: Ein Zustand, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit oder Verletzung überhaupt nicht arbeiten kann.
    • Beispiel: Ein Arbeitnehmer erkrankt schwer und kann für mehrere Wochen keinerlei Tätigkeiten ausüben.
    • Rechtliche Implikationen: Der Arbeitnehmer hat in der Regel Anspruch auf Entgeltfortzahlung und/oder Krankengeld und sollte jegliche Arbeitstätigkeit unterlassen.
  4. Teilweise Arbeitsunfähigkeit:

    • Definition: Ein Zustand, in dem ein Arbeitnehmer aufgrund einer Krankheit oder Verletzung nur eingeschränkt arbeiten kann.
    • Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat eine Sehnenscheidenentzündung und kann nicht tippen, ist aber in der Lage, andere Aufgaben zu übernehmen.
    • Rechtliche Implikationen: Hier kann es zu einer vorübergehenden Umverteilung von Aufgaben oder einer Anpassung der Arbeitszeiten kommen. Es besteht weiterhin ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, jedoch möglicherweise angepasst an die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden.

Die Unterscheidung dieser Arten der Arbeitsunfähigkeit ist essentiell, um die jeweiligen Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu verstehen und entsprechend zu handeln. Es ist wichtig, dass Arbeitnehmer ihre Arbeitsunfähigkeit korrekt kommunizieren und Arbeitgeber die notwendigen Anpassungen und Unterstützungen bieten.

FAQs

  • Was bedeutet eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung genau? Mit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestiert der behandelnde Arzt auf der Basis der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen dem Arbeitnehmer, dass er zum aktuellen Zeitpunkt aufgrund einer Erkrankung oder Verletzung seiner Arbeitsverpflichtung nicht nachkommen kann.
  • Wie kann ein Arbeitnehmer trotz AU weiterbeschäftigt werden? Dem reinen Grundsatz nach ist dies möglich, die Beschäftigung setzt jedoch die Arbeitnehmerbereitschaft zur Weiterbeschäftigung voraus.
  • Welche gesetzlichen Regelungen müssen beachtet werden? Die Regelungen des § 44 fünftes Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie § 66 erstes Sozialgesetzbuch (SGB I) müssen auf jeden Fall durch den Arbeitnehmer beachtet werden. Der Arbeitnehmer ist zur Mitwirkung an der Genesung verpflichtet, um den Krankengeldanspruch nicht zu verwirken.
  • Welche Vorteile bietet die Weiterbeschäftigung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer? Die Weiterbeschäftigung bietet für den Arbeitgeber den Vorteil, dass der Arbeitnehmer mit seiner Arbeitskraft zumindest eingeschränkt weiter zur Verfügung steht. Der Arbeitnehmer hat den Vorteil, dass er beruflich auf dem Laufenden bleibt.
  • Welche Risiken sind mit der Weiterbeschäftigung eines krankgeschriebenen Mitarbeiters verbunden? Es besteht das Risiko, dass sich durch die fehlende Regeneration der Genesungsprozess entweder verzögert oder sogar gänzlich ins Gegenteil verkehrt. Die Verschlechterung des Gesundheitszustandes durch die Weiterbeschäftigung trotz AU ist nicht ausgeschlossen.

Fazit

Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, so muss er nicht auf jeden Fall der Arbeit fernbleiben. Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Weiterbeschäftigung denkbar. Für den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer kann dies Vorteile mit sich bringen, es gibt allerdings auch Risiken.

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