Skip to content

Wirksamkeit einer Verdachtskündigung – Anhörung des Arbeitnehmers

Kritische Analyse der Kündigung: Betriebsbedingte und Verdachtskündigung im Fokus

Das Thüringer Landesarbeitsgericht verhandelte einen Fall, in dem ein Arbeitnehmer, der als Verpackungshelfer tätig war, sowohl aus betriebsbedingten Gründen als auch aufgrund des Verdachts des Drogenkonsums gekündigt wurde. Der Arbeitnehmer war seit dem 17. Juli 2018 bei der beklagten Firma beschäftigt.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Sa 272/21   >>>

Das Wichtigste in Kürze


  • Streitpunkt: Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung, die sowohl auf betriebsbedingte Gründe als auch auf den Verdacht von Drogenkonsum gestützt ist.
  • Betriebsbedingte Kündigung: Die Beklagte entschied, eine Position als Verpacker/Produktionshelfer abzubauen und die Aufgaben auf andere Mitarbeiter zu verteilen. Das Arbeitsgericht fand, dass die Beklagte nicht ausreichend dargelegt hat, wie die Arbeit des Klägers konkret auf andere Mitarbeiter verteilt werden sollte, ohne diese zu überlasten.
  • Verdachtskündigung: Die Beklagte kündigte aufgrund des Verdachts des Drogenkonsums. Der Kläger verweigerte einen Drogentest. Das Gericht stellte fest, dass die vorgebrachten Verdachtsmomente keine sichere Grundlage für einen dringenden Tatverdacht bieten.
  • Anhörung des Arbeitnehmers: Die Beklagte hat den Kläger nicht ordnungsgemäß zu den Verdachtsmomenten angehört. Eine ordnungsgemäße Anhörung muss so gestaltet sein, dass dem Arbeitnehmer alle Verdachtsmomente offengelegt werden, um ihm die Möglichkeit zu geben, Stellung zu beziehen und den Verdacht zu entkräften.
  • Urteil des Arbeitsgerichts: Das Arbeitsgericht urteilte, dass beide Kündigungen (betriebsbedingt und Verdachtskündigung) nicht sozial gerechtfertigt und somit unwirksam sind. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  • Berufung der Beklagten: Die Beklagte legte Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts ein, jedoch ohne Erfolg. Die Berufung wurde zurückgewiesen, und die Revision wurde nicht zugelassen.

Betriebsbedingte Kündigung: Eine kritische Betrachtung

Wirksamkeit einer Verdachtskündigung Verpackungshelfer
Kritische Analyse zweier Kündigungsarten: Einblick in betriebsbedingte Entlassung und Verdachtskündigung mit Fokus auf Arbeitnehmerrechte und ordnungsgemäße Anhörung. (Symbolfoto: BearFotos /Shutterstock.com)

Die beklagte Firma entschied sich, die Position des Verpackungshelfers abzubauen und die damit verbundenen Aufgaben auf andere Mitarbeiter zu verteilen. Dieser betriebsbedingte Kündigungsgrund wurde jedoch vom Gericht kritisch hinterfragt. Die Beklagte konnte nicht konkret darlegen, wie die Aufgaben des Klägers ohne Überforderung der anderen Mitarbeiter verteilt werden sollten. Die ordnungsgemäße Anhörung des Arbeitnehmers und des Betriebsrats in diesem Prozess wurde ebenfalls in Frage gestellt.

Verdachtskündigung: Ein heikles Terrain

Parallel zur betriebsbedingten Kündigung wurde eine Verdachtskündigung ausgesprochen, da der Arbeitgeber den Verdacht hegte, der Arbeitnehmer konsumiere Drogen. Dieser Verdacht basierte auf nicht näher spezifizierten „Verdachtsmomenten“, und der Arbeitnehmer wurde aufgefordert, sich einem Drogentest zu unterziehen. Der Kläger verweigerte diesen Test. Die Verdachtskündigung Wirksamkeit ist in diesem Fall besonders brisant, da der Arbeitgeber den Verdacht nicht ausreichend substantiiert und die Anhörung vor Verdachtskündigung nicht korrekt durchgeführt hat.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Arbeitsgericht Erfurt, dessen Urteil später vom Thüringer Landesarbeitsgericht bestätigt wurde, kam zu dem Schluss, dass beide Kündigungen – sowohl die betriebsbedingte als auch die auf Verdacht basierende – nicht sozial gerechtfertigt und somit unwirksam sind. Die unwirksame Verdachtskündigung und die betriebsbedingte Kündigung wurden somit als nichtig betrachtet, und das Arbeitsverhältnis des Klägers wurde als nicht beendet angesehen.

Schlussreflexionen: Relevanz und Tragweite des Urteils

Das vorliegende Urteil beleuchtet die kritischen Aspekte sowohl der betriebsbedingten als auch der Verdachtskündigung. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und ordnungsgemäßen Anhörung des Arbeitnehmers sowie die Pflicht des Arbeitgebers, Kündigungsgründe klar und nachvollziehbar zu substantiieren. Die Arbeitnehmer Anhörung Rechte müssen in jedem Fall gewahrt bleiben, und die formale Anhörung Voraussetzung muss erfüllt sein, um die Wirksamkeit einer Kündigung zu gewährleisten. Das Urteil dient somit als wichtiger Präzedenzfall für ähnliche Kündigungsfälle und unterstreicht die Rechte der Arbeitnehmer im Kündigungsprozess.

➨ Unsichere Kündigung? Klare Antworten!

Ihr Arbeitsverhältnis wurde kürzlich beendet und Sie zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Kündigung? Ob betriebsbedingte Entlassung oder Verdachtskündigung – jedes Detail zählt. Wir bieten Ihnen eine fundierte Ersteinschätzung Ihrer Situation und navigieren Sie durch den Dschungel der juristischen Möglichkeiten. Mit unserer professionellen Beratung finden Sie Klarheit und Sicherheit in unsicheren Zeiten. Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren, um Ihre Rechte zu wahren und die bestmögliche Lösung für Ihr Anliegen zu finden.

✉ jetzt anfragen!

Wirksamkeit einer Verdachtskündigung – kurz erklärt


Eine Verdachtskündigung ist zulässig, wenn schwerwiegende Verstöße gegen den Arbeitsvertrag oder das Gesetz vermutet werden. Im Gegensatz zu gerichtlichen Verfahren gilt hier nicht die Unschuldsvermutung. Bevor eine Verdachtskündigung wirksam wird, muss der Arbeitgeber den betroffenen Angestellten zu den Verdachtsmomenten anhören. Dies gibt dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, Stellung zu beziehen, seine Sicht der Dinge darzulegen und Beweise für seine Unschuld vorzubringen.

Für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung ist es entscheidend, dass der Arbeitnehmer die Gelegenheit hat, den gegen ihn gerichteten Verdacht zu entkräften. Eine Verdachtskündigung ohne vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist unwirksam.

Die Verdachtskündigung ist eine Form der personenbedingten Kündigung, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer die verdächtigten Handlungen tatsächlich begangen hat. Es ist nicht erforderlich, dass ein Fehlverhalten nachgewiesen wird, der begründete Verdacht eines schwerwiegenden Fehlverhaltens reicht aus.

Es ist zu beachten, dass eine Verdachtskündigung unwirksam ist, wenn sie gegen Formvorschriften aus dem BGB oder einem Tarifvertrag verstößt, beispielsweise wenn die vorgeschriebene Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde oder die Kündigung nicht schriftlich erfolgte.


Das vorliegende Urteil

Thüringer Landesarbeitsgericht – Az.: 4 Sa 272/21 – Urteil vom 22.03.2023

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 30.9.2021 – 1 Ca 274/21 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer zum einen auf betriebsbedingte Gründe zum anderen auf den Verdacht von Drogenkonsum gestützten Kündigung.

Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 17.07.2018 als Verpackungshelfer beschäftigt; zuletzt mit einer Arbeitszeit von 40 Stunden/Woche und einer monatlichen Vergütung von 2.200,00 € brutto.

Die Beklagte beschäftigte mehr als zehn Arbeitnehmer i. S. d. Kündigungsschutzgesetzes.

Unter dem 19.01.2021 traf sie die Entscheidung, eine Hilfsstelle als Verpacker/Produktionshelfer abzubauen. Die Aufgaben sollten auf andere Arbeitnehmer übertragen werden, welche aufgrund der Einschätzung der Beklagten seinerzeit auch weniger zu tun hatten und damit etwas Zeit zur Verfügung gehabt hätten.

Die Arbeit Verpacken von ca. 2 Stunden im Tag sollte die Produktion übernehmen. Das Kommissionieren von ca. einer Stunde am Tag der technische Betriebsleiter. Die Beistellung/Warenannahme ca. 2 Stunden am Tag der technische Betriebsleiter/ bzw. Vormontage. Das Aufräumen und die allgemeine Ordnung ca. eine Stunde am Tag sollte an jedem Arbeitsplatz eigenverantwortlich vorgenommen werden. Die Zuarbeit Lagerbestellung ca. eine Stunde am Tag sollte ebenfalls der technische Betriebsleiter/Vormontage übernehmen. Wegen der Einzelheiten des Vortrages diesbezüglich wird auf die als Anlage B1 zu den Akten gereichte Bewertung vom 19.01.2021 (Bl. 47 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte hegte den Verdacht, der Kläger könne Drogen konsumiert haben. Mit Schreiben vom 25.01.2021 forderte sie ihn wegen Verdachts auf Drogenkonsum unter Darstellung ihrer Verdachtsmomente auf, einem Drogentest zuzustimmen und diesen durchführen zu lassen und zu dem Verdacht Stellung zu nehmen. Den Umstand, dass sie gehört habe, der Kläger habe seine Fahrerlaubnis aufgrund Drogenkonsums verloren, erwähnte sie dabei nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Bl. 50 und 51 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger verweigerte den Drogentest. Mit Schreiben vom 22.01.2021 kündigte die Beklagte dem Kläger das Arbeitsverhältnis zum 28.02.2021 unter Berufung auf die betriebsbedingten Gründe. Mit Schreiben vom 10.02.2021 kündigte die Beklagte den Kläger zum 31.03.2021 unter Berufung auf den Verdacht des Drogenkonsums.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 12.02.2021 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten aufgrund der Verfügung vom 17.02.2021 ausweislich des Bekenntnisses der Prozessbevollmächtigten der Beklagten jedenfalls vor dem 24.02.2021 (Bl. 26 der Akte) zugestellten Klage.

Wegen des Weiteren unstreitigen und streitigen Vortrags im ersten Rechtszug wird, der dort vertretenen Ansichten und gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 2 bis 5 des Entscheidungsabdrucks – Bl. 91 – 94 der Akte) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 30.09.2021 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass beide Kündigungen nicht sozial gerechtfertigt sind und das Arbeitsverhältnis nicht beendet haben.

Die Beklagte habe nicht dargelegt, in welcher Weise konkret die Arbeit des Klägers auf die übrigen Mitarbeiter verteilt werden solle ohne überobligatorische Leistungen dieser Mitarbeiter zu verlangen. Insofern hätte im Einzelnen vorgetragen werden müssen, welche Tätigkeiten des Klägers auf welche Mitarbeiter übertragen werden sollten und inwiefern diese Mitarbeiter zur zusätzlichen Übernahme dieser Aufgaben in der Lage gewesen seien.

Die vorgebrachten Verdachtsmomente seien keine hinreichend sichere Tatsachengrundlage für einen dringenden Tatverdacht.

Gegen dieses ihm am 03.12.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 08.12.2021 beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nachdem das Gericht aufgrund des am 03.02. eingegangenen Antrag hin mit Beschluss vom 04.02.2022 die Berufungsbegründungsfrist bis zum 03.03.2022 verlängert hatte, ist diese an dem Tag eingegangen.

Die Beklagte trägt zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung vor. Wegen der näheren Einzelheiten dieses Vortrages wird auf S. 2 der Berufungsbegründung (Bl. 125 der Akte) und die dazu überreichen Kopien von Jahresabschlüssen (Bl. 131 bis 190 der Akte) Bezug genommen. Deshalb sei eine Stelle zu streichen gewesen. Die Stelle des Verpackungshelfers, als nur solcher sei der Kläger beschäftigt gewesen, sei wirtschaftlich nicht sinnvoll. An dieser Stelle werde kein Gewinn generiert. Sie stelle nur einen Kostenfaktor dar. Sinnvoll sei es nur, diese Stelle aufrecht zu erhalten, wenn alle anderen Kräfte voll ausgelastet seien und die Notwendigkeit bestehe, eine eigene Kraft für die Verpackung vorzuhalten. Andere Aufgaben habe der Kläger entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes nicht wahrgenommen und die Versuche ihn anderweit einzusetzen seien gescheitert. Die Aufgaben, welche der Kläger im Unternehmen wahrgenommen habe, seien wie folgt neu verteilt worden:

……….

Diese Mitarbeiter hätten die Verpackungstätigkeit und auch die Aufgaben im Lager übernommen. Der Kläger habe im Lager notwendige Lagerware zur Herstellung für die Produktionskräfte geholt und ausgegeben sowie etwaige Lieferungen ins Lager verräumt. Diese Tätigkeiten hätten insbesondere durch die Zeugen L……… W……….. und E………. K………. übernommen werden können. Dabei handele es sich um Auszubildende, welche aufgrund des geringen Ausbildungsgehalts im Unternehmen hätten frei eingesetzt werden und diese Helfertätigkeiten wirtschaftlicher hätten ausführen können. Die Entlassung des Klägers habe bei der Beklagten und deren verbliebenen Mitarbeitern zu keiner überobligatorischen Mehrarbeit, sprich Überstunden, geführt.

Zwar könne sie, die Beklagte nicht mehr im Einzelnen vortragen, wann der Kläger welches Teil wie verloren oder verlegt habe, da hierüber keine Protokolle geführt worden seien. Hieraus ließen sich sehr wohl Schlüsse auf Drogenkonsum ziehen. Hierfür spreche auch fluchtartiges Verlassen des Betriebes und das Vorschieben einer Erkrankung, um sich einem Drogentest zu entziehen. Sie, die Beklagte, habe alles getan, um den Verdacht des Drogenkonsums aufzuklären. Der Kläger habe sich allerdings zweimal einem Drogentest entzogen. Dies begründe hinreichend dringenden Verdacht.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Erfurt vom 30.09.2021, 1 Ca 274/21, wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Die Beklagte habe trotz der Auflagen im ersten Rechtszug nicht hinreichend substantiiert die betriebliche Notwendigkeit der Kündigung dargelegt. Es habe andere Möglichkeiten gegeben, der wirtschaftlichen Situation zu begegnen. Im zweiten Rechtszug habe sich bezüglich des behaupteten Verdachts auf Drogenkonsum kein neuer Erkenntnisstand gegeben.

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Zur Begründung nimmt die Kammer Bezug auf die ausführlichen, zutreffenden und überzeugenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, folgt diesen und macht sich diese zu eigen (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

Das Vorbringen in der Berufung veranlasst folgende zusätzliche Anmerkungen:

Die Beklagte beruft sich hinsichtlich der betriebsbedingten Kündigung darauf, dass Sie aus wirtschaftlichen Gründen die Arbeitsstelle des Klägers aufgelöst habe, indem sie seine Tätigkeiten auf andere Mitarbeiter*innen übertragen hätte. Der Sachvortrag hierzu ist in der Berufungsinstanz nicht ansatzweise gegenüber dem ersten Rechtszug ergänzt oder vertieft worden. Schon im ersten Rechtszug hat das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass hierzu im Einzelnen vorzutragen gewesen wäre, welche Tätigkeiten genau des Klägers welche Arbeitnehmer*innen genau übernommen hätten und warum es diesen möglich gewesen sein soll, dies ohne überobligatorische Leistungen bewerkstelligen zu können. Hierzu gehört die Beschreibung aller Tätigkeiten des Klägers im Einzelnen mit den hierzu kalkulierten Zeitanteilen. Diesbezüglich ist die im ersten Rechtszug überreichte Anlage, die Stellenbewertung vom 19.01.2021 (Bl. 47 der Akte), sogar noch genauer als der Vortrag in der Berufungsbegründung. Aber auch dieser reicht nicht aus, weil hier nur schlagwortartig, ohne dass eine genaue Vorstellung zu bilden ist, die Tätigkeiten des Klägers umschrieben wurden und nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt. Ferner hätte dann dazu gehört, welche*r Arbeitnehmer*in genau welche Tätigkeit des Klägers nun übernimmt. Auch diesbezüglich ist weder der aus dem Schreiben vom 19.01.2021 sich ergebende Vortrag noch der Vortrag in der Berufungsbegründung in irgendeiner Form ergiebig. Um darzustellen, dass diese Arbeitnehmer*innen die zusätzlichen Tätigkeiten ohne Mehrbelastung hätten bewerkstelligen können hätte zunächst auch einmal beschrieben werden müssen, welche Tätigkeiten diese Arbeitnehmer*innen denn im Einzelnen überhaupt ausgeführt haben und welchen Arbeitszeitumfang dies benötigt hätte. Dann hätte dargestellt werden können, wie sich die behauptete wirtschaftliche Situation auf diesen Arbeitsumfang ausgewirkt hätte, sodass hätte überprüft und nachvollzogen können, wie viele freie Kapazitäten zur Erledigung anderweitiger Aufgaben entstanden sind.

Abgesehen davon, dass die Darlegungen der Berufungsbegründung zu den verdachtsbegründenden Tatsachen auch nicht über den erstinstanzlichen Vortrag hinausgehen und die Wertung der Beklagten durch die Kammer ebenso wenig nachvollzogen werden kann, wie durch das Arbeitsgericht, scheitert hier die Verdachtskündigung auch schon an einer nicht ordnungsgemäßen Anhörung des Klägers zum Verdacht. Auf die Notwendigkeit einer solchen Anhörung für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung hat das Gericht schon mit Verfügung vom 04.01.2023 (Bl. 207 der Akte) hingewiesen. Zwar war in der mündlichen Verhandlung zu korrigieren, dass es tatsächlich eine solche Anhörung gegeben hat.Das war die vom 25.01.2021 (Bl. 50 und 51 der Akte). Diese Anhörung genügt aber nicht den inhaltlichen Anforderungen. Die Anhörung muss dergestalt seien, dass dem Kläger sämtliche Verdachtsmomente auch offengelegt werden, damit er Gelegenheit hat, hierzu Stellung zu nehmen und den Verdacht zu entkräften. Das gehört zu ordnungsgemäßen dem*der Arbeitnehmer*in geschuldeten vorherigen vollständigen Aufklärungsversuchen, bevor man die Kündigung auf den Verdacht eines Fehlverhaltens stützt. Hier hat ausweislich des erstinstanzlichen Urteils die Beklagte den Verdacht auch darauf gestützt, dass ihr aus dem Betriebsumfeld mitgeteilt worden sei, der Kläger habe seine Fahrerlaubnis aufgrund von Drogenkonsum verloren (S. 4 des Entscheidungsabdrucks – Bl. 93 der Akte 4. Druckabschnitt). Diesen Verdacht hat die Beklagte dem Kläger nicht mitgeteilt.

Im Übrigen hätte als verhältnismäßig mildere, der Verdachtskündigung vorhergehende Maßnahme schlicht die Möglichkeit bestanden, einen Drogentest gegenüber dem Kläger durchzusetzen oder gegebenenfalls auch einen Betriebsarzt einzuschalten.

Als unterlegene Partei trägt die Beklagte die Kosten ihrer erfolglosen Berufung.

Anhaltspunkte für die Zulassung der Revision bestanden nicht.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Arbeitsrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Arbeitsrecht. Vom Arbeitsvertrag bis zur Kündigung. Nehmen Sie noch heute Kontakt zu uns auf.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Wissenswertes aus dem Arbeitsrecht einfach erklärt

Weitere interessante arbeitsrechtliche Urteile

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!