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Wirksamkeit Verdachtskündigung – Wettbewerbsverbot

Das Arbeitsgericht Siegburg urteilte, dass die fristlose Kündigung des Produktionsleiters unwirksam ist, da keine ausreichenden Gründe für eine fristlose Kündigung vorlagen und verhaltensbedingte Gründe für eine ordentliche Kündigung nicht substantiiert wurden. Die Entscheidung unterstreicht die strengen Anforderungen an eine fristlose Kündigung, insbesondere im Kontext von Verdachtsmomenten und deren Beweisführung.

➔ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 Ca 441/23

✔ Kurz und knapp


  • Die fristlose Kündigung war unwirksam, da kein wichtiger Grund für eine Tatkündigung vorlag.
  • Auch die Voraussetzungen für eine wirksame Verdachtskündigung waren nicht erfüllt.
  • Das Arbeitsverhalts des Klägers rechtfertigte ebenfalls keine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung.
  • Die Erwähnung des Namens des Klägers in Businessplänen seiner Ehefrau begründete keinen wichtigen Kündigungsgrund.
  • Der Kläger musste keine detaillierten Auskünfte über eine mögliche Nebentätigkeit erteilen.
  • Das arbeitsvertragliche Nebentätigkeitsverbot wurde vom Kläger nicht verletzt.
  • Das gesetzliche Wettbewerbsverbot hat der Kläger ebenfalls nicht missachtet.
  • Das Arbeitsverhältnis besteht somit unverändert fort.

Verdachtskündigung: Wann ist sie rechtmäßig?

Vertragsbeendigung im Arbeitsverhältnis stellt ein komplexes und oft umstrittenes Thema dar. Arbeitgeber haben zwar grundsätzlich das Recht, ein Arbeitsverhältnis zu kündigen, müssen dabei jedoch die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer berücksichtigen. Eine der zentralen Fragen ist, wann eine fristlose Kündigung aufgrund eines wichtigen Grundes zulässig ist. Gleichzeitig können auch Verdachtsmomente in bestimmten Fällen eine Kündigung rechtfertigen. Daneben spielen auch weitere Faktoren wie ein etwaiges Wettbewerbsverbot eine wichtige Rolle. Um die Grenzen und Voraussetzungen rechtswirksamer Kündigungen zu verstehen, ist ein genauer Blick in die Rechtsprechung sinnvoll. Im Folgenden soll daher ein konkreter Gerichtsfall zur „Wirksamkeit Verdachtskündigung – Wettbewerbsverbot“ näher beleuchtet werden.

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✔ Der Fall vor dem Arbeitsgericht Siegburg


Details zum Vorfall und rechtliche Herausforderungen im Fall der Verdachtskündigung

Im Mittelpunkt des Falls steht die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung des Klägers, eines seit dem 01.04.2010 beschäftigten Produktionsleiters bei der beklagten Firma. Die Auseinandersetzung begann nach einer ersten unwirksamen Kündigung, welche bereits vom LAG Köln im Juli 2023 für ungültig erklärt wurde. Trotz dieser Entscheidung und einer zwischenzeitlichen Weiterbeschäftigung zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, eskalierte der Konflikt erneut. Auslöser war eine E-Mail des Klägers, die zwei Businesspläne enthielt, in denen er als Mitglied des Teams seiner Ehefrau erwähnt wurde. Dies führte zu einem Anhörungsgespräch und schließlich zur fristlosen Kündigung durch die Beklagte am 22.03.2023 aufgrund des Verdachts einer wettbewerbswidrigen Nebentätigkeit. Der Kläger bestreitet jegliche ungenehmigte oder konkurrierende Nebentätigkeit und verweist darauf, dass seine Teilnahme in den Businessplänen ohne sein aktives Zutun erfolgte.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung des ArbG Siegburg

Das Arbeitsgericht Siegburg urteilte, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22.03.2023 nicht aufgelöst worden ist und wies damit die Kündigung als unwirksam zurück. Das Gericht stellte fest, dass kein ausreichender Grund für eine fristlose Kündigung vorlag und auch verhaltensbedingte Gründe für eine ordentliche Kündigung nicht substantiiert wurden. Der Kläger konnte glaubhaft darlegen, dass er keine verbotene Nebentätigkeit aufgenommen hatte und seine Nennung in den Businessplänen keine aktive Rolle oder Beteiligung implizierte. Die Entscheidung des Gerichts beruhte auf der Überzeugung, dass die vorgebrachten Beweise der Beklagten nicht ausreichten, um eine Kündigung zu rechtfertigen, insbesondere da vorherige Anhörungen und Beweisführungen die Darstellungen des Klägers unterstützten.

Aspekte der Abwägung und Konsequenzen der Entscheidung

Das Gericht musste mehrere Aspekte abwägen, darunter die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Klägers gegenüber den behaupteten, aber nicht hinreichend belegten Verstößen der Beklagten. Die Entscheidung wirft ein Licht auf die strengen Anforderungen, die an eine fristlose Kündigung gestellt werden, insbesondere im Kontext von Verdachtsmomenten und deren Beweisführung. Für den Kläger bedeutet das Urteil nicht nur die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses, sondern auch die Bestätigung seiner Rechtsauffassung und Integrität. Für die Beklagte resultieren hieraus nicht nur die Kosten des Rechtsstreits, sondern auch die Notwendigkeit, interne Überprüfungs- und Anhörungsprozesse möglicherweise anzupassen.

Rechtliche Einordnung und Schlussfolgerungen aus dem Urteil

Abschließend stellt dieses Urteil ein signifikantes Beispiel für die Handhabung von Verdachtskündigungen im deutschen Arbeitsrecht dar. Die detailreiche Prüfung der Beweislage und die Abwägung der Glaubwürdigkeit sind zentrale Elemente, die Arbeitgeber in ähnlichen Fällen berücksichtigen müssen. Das Gericht betont, dass ohne stichhaltige und bewiesene Gründe eine fristlose Kündigung rechtlich nicht haltbar ist. Dieser Fall verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und fundierten Herangehensweise bei derart schwerwiegenden Entscheidungen wie einer Kündigung auf Verdacht.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Arbeitsgericht Siegburg hat entschieden, dass die bloße Nennung des Klägers in den Businessplänen seiner Ehefrau keinen hinreichenden Verdacht einer wettbewerbswidrigen Tätigkeit begründet, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Die Beklagte konnte die behaupteten Pflichtverletzungen des Klägers nicht ausreichend belegen. Für eine Verdachtskündigung ist stets ein dringender Tatverdacht erforderlich, der objektive Tatsachen erfordert, die eine Vertragspflichtverletzung mit hoher Wahrscheinlichkeit nahelegen.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Verdachtskündigung


Was ist eine Verdachtskündigung und wann ist sie gerechtfertigt?

Eine Verdachtskündigung ist eine spezielle Form der Kündigung im deutschen Arbeitsrecht, die dann ausgesprochen wird, wenn der Arbeitgeber den dringenden Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat. Diese Art der Kündigung kann sowohl als außerordentliche (fristlose) als auch als ordentliche Kündigung erfolgen.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Die Verdachtskündigung ist nicht explizit im Gesetz verankert, ergibt sich jedoch aus den allgemeinen Grundsätzen des Kündigungsrechts, insbesondere aus § 626 Abs. 1 BGB, der eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund erlaubt, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Rechtsprechung hat die Verdachtskündigung als zulässig erachtet, wenn bestimmte strenge Voraussetzungen erfüllt sind.

Dringender Tatverdacht: Der Verdacht muss sich auf konkrete Tatsachen stützen und so schwerwiegend sein, dass er das Vertrauen des Arbeitgebers erheblich erschüttert. Der Verdacht muss objektiv nachvollziehbar und dringend sein, was bedeutet, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Arbeitnehmer die ihm vorgeworfene Tat begangen hat.

Erheblichkeit der Verdachtstat: Die vermutete Pflichtverletzung muss so gravierend sein, dass sie, falls bewiesen, eine Kündigung rechtfertigen würde. Dies kann beispielsweise Diebstahl, Betrug oder eine andere erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten sein.

Aufklärung aller zumutbaren Umstände: Der Arbeitgeber muss alle zumutbaren Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts ergriffen haben, bevor er die Kündigung ausspricht. Dazu gehört in der Regel auch die Anhörung des Arbeitnehmers, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich zu den Vorwürfen zu äußern.

Anhörung des Arbeitnehmers: Vor Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitnehmer angehört werden. Diese Anhörung muss ihm die Gelegenheit geben, Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen und gegebenenfalls seine Unschuld darzulegen.

Rechtsfolgen und Schutz des Arbeitnehmers

Falls sich der Verdacht später als unbegründet herausstellt, hat der Arbeitnehmer unter Umständen einen Anspruch auf Wiedereinstellung. Zudem steht ihm das Recht zu, gegen die Kündigung vor dem Arbeitsgericht zu klagen, wobei die Beweislast bezüglich des dringenden Tatverdachts beim Arbeitgeber liegt.

Die Verdachtskündigung stellt eine erhebliche Eingriffsmöglichkeit in die Rechte des Arbeitnehmers dar und wird daher von den Gerichten streng kontrolliert. Sie ist nur unter strikter Beachtung der genannten Voraussetzungen zulässig und erfordert eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation durch den Arbeitgeber.


Welche Rolle spielt das Wettbewerbsverbot bei der Beurteilung von Verdachtskündigungen?

Das Wettbewerbsverbot spielt eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung von Verdachtskündigungen, insbesondere wenn der Verdacht besteht, dass ein Arbeitnehmer gegen dieses Verbot verstoßen hat. Ein Wettbewerbsverbot, das entweder während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses oder nachvertraglich wirksam ist, verpflichtet den Arbeitnehmer, keine Konkurrenztätigkeiten zu seinem Arbeitgeber auszuüben. Dies schließt sowohl direkte Konkurrenzhandlungen als auch die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder sensiblen Informationen an Konkurrenten ein.

Relevanz des Wettbewerbsverbots bei Verdachtskündigungen

Wenn ein Arbeitgeber den dringenden Verdacht hat, dass ein Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, kann dies einen wichtigen Grund für eine außerordentliche, also fristlose Kündigung darstellen. Der Verdacht eines solchen Verstoßes kann beispielsweise dann entstehen, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit oder unter Nutzung von Unternehmensressourcen für Konkurrenzunternehmen tätig ist oder wenn er sich aktiv um eine Anstellung bei einem direkten Konkurrenten bemüht.

Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung

Für die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung aufgrund eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein:

Dringender Tatverdacht: Es müssen stichhaltige Beweise oder Indizien vorliegen, die den Verdacht rechtfertigen. Dies könnte beispielsweise durch E-Mails, Zeugenaussagen oder andere Dokumente belegt sein, die darauf hindeuten, dass der Arbeitnehmer in Konkurrenz zum Arbeitgeber tätig war.

Anhörung des Arbeitnehmers: Vor Ausspruch der Kündigung muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten. Dies gibt ihm die Chance, den Verdacht zu entkräften oder eine Erklärung für sein Verhalten zu liefern.

Verhältnismäßigkeit: Die Kündigung muss das letzte Mittel sein. Der Arbeitgeber muss prüfen, ob mildere Mittel (z.B. eine Abmahnung) ausreichend wären, um den Arbeitnehmer von weiteren Verstößen abzuhalten.

Juristische Konsequenzen eines Verstoßes

Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot kann nicht nur zur Kündigung führen, sondern auch Schadensersatzansprüche seitens des Arbeitgebers nach sich ziehen, falls dem Unternehmen durch die Handlungen des Arbeitnehmers ein Schaden entstanden ist. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer bei nachweislichem Verstoß gegen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch verpflichtet sein, die erhaltenen Karenzentschädigungen zurückzuzahlen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Wettbewerbsverbot eine zentrale Rolle bei der Beurteilung von Verdachtskündigungen spielt, insbesondere wenn der Verdacht auf Konkurrenztätigkeiten besteht. Die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen und die sorgfältige Dokumentation des Verdachtsfalls sind für die Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung entscheidend.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 626 Abs. 1 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund. Im vorliegenden Fall war die Argumentation zentral, dass keine ausreichenden Gründe für eine solche Kündigung vorlagen, da die Verdachtsmomente nicht hinreichend substantiiert waren. Die Anwendung dieses Paragraphen ist entscheidend, um zu beurteilen, ob die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist.
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG), insbesondere §§ 1, 23 Abs. 1 KSchG: Diese Gesetze finden Anwendung, da der Kläger langjährig beschäftigt und die Firma groß genug ist. Sie schützen Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Kündigungen und waren daher für die Bewertung der Rechtmäßigkeit der Kündigung relevant.
  • § 4 KSchG: Dieser Paragraph regelt die Klagefrist für Kündigungsschutzklagen. Dass der Kläger diese Frist gewahrt hat, war für die Zulässigkeit seiner Klage gegen die Kündigung wesentlich.
  • Wettbewerbsverbot und Nebentätigkeitsklauseln im Arbeitsrecht: Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sind besonders relevant, wenn der Vorwurf besteht, der Arbeitnehmer hätte gegen solche Vereinbarungen verstoßen. Im vorliegenden Fall war die Frage, ob der Kläger unerlaubte Konkurrenztätigkeiten ausgeübt hat, ein zentraler Punkt.
  • § 102 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz): Dieser Paragraph regelt die Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen. Da der Betriebsrat der Kündigung nicht zustimmte, war dies ein wichtiger Aspekt für die Bewertung der Rechtmäßigkeit der Kündigung.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Arbeitsgericht Siegburg

ArbG Siegburg – Az.: 4 Ca 441/23 – Urteil vom 27.09.2023

1. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 22.03.2023 aufgelöst worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Produktionsleiter weiter zu beschäftigen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Widerklage wird abgewiesen.

6. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

7. Der Streitwert wird auf 57.365,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung.

Der am …1980 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 01.04.2010 bei der Beklagten als Produktionsleiter beschäftigt. Die durchschnittliche Vergütung des Klägers betrug monatlich etwa 9.473,00 EUR. Bei der Beklagten sind regelmäßig deutlich mehr als 10 Mitarbeiter ausschließlich der zur Ausbildung Beschäftigten tätig.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger bereits mit Kündigung vom 29.03.2022. Diese Kündigung wurde rechtskräftig für unwirksam befunden mit letztinstanzlichem Urteil des LAG Köln vom 06.07.2023 (6 Sa 94/23). Der Kläger war während dieses vorhergehenden Rechtsstreits im Rahmen einer Prozessbeschäftigung seit dem 17.02.2023 zur Vermeidung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen vorerst weiter beschäftigt. Der Kläger wurde von der Beklagten im Rahmen eines Personalgesprächs am 17.02.2023 aufgefordert, genaue Angaben zu seinen Stammdaten und insbesondere zu etwaigen Tätigkeiten zu machen. Der Kläger gab der Beklagten keine neuen Auskünfte und verwies darauf, dass sich seit seinem letzten Tätigwerden für die Beklagte nichts verändert habe. Die Beklagte setzte dem Kläger zunächst eine Erklärungsfrist bis zum 22.02.2023 und dann erneut eine Frist bis zum 24.02.2023 um konkrete Angaben zu machen. Der Kläger machte keine weiteren Angaben. Am 06.03.2023 schickte der Kläger eine E-Mail an den geschäftlichen E-Mailaccount eines zwischenzeitlich ausgeschiedenen Mitarbeiters der Beklagten, Herrn Z. mit dem Betreff „axa“. Diese E-Mail enthielt zwei Businesspläne, die die P. zum Gegenstand hatten. Einen Plan der L. vom 31.01.2022 zur P. und einen Businessplan der P. offensichtlich der Ehefrau des Klägers für den Planungszeitraum April 2022 bis Dezember 2025. In beiden Businessplänen war der Kläger in der Rubrik „Team und Partner“ beziehungsweise „Gründer*innen und Team“ genannt. In dem ersten Bericht hieß es auf Seite 6: „Frau R. wird durch ihren Ehemann unterstützt“. Auf Seite 13 findet sich im zweiten Bericht die Formulierung „fachkundiges Inhaberehepaar“. Bei der P. handelt es sich um das Unternehmen der Ehefrau des Klägers. Dort heißt es auf der Homepage u.a. „Unsere Prozesse richten wir standardmäßig gemäß den aktuellen IPC/WHMA-A620“ aus. Am 13.03.2023 fand ein Anhörungsgespräch zu dieser Thematik statt. An dem Gespräch nahmen neben dem Kläger auch der Geschäftsführer sowie Herr J., Frau G. und ein Betriebsratsmitglied teil. Der Kläger wurde in dem Gespräch befragt, ob er einer Nebentätigkeit bei der M. nachgehe. Dies verneinte der Kläger und verwies darauf, er habe weiterhin lediglich das der Beklagten schon bekannte Nebengewerbe H. (Fahrradhandel). Der Kläger verwies in dem Gespräch nochmals darauf, dass sich hinsichtlich seiner Tätigkeit nichts verändert habe und er nicht bei der M. aktiv sei. Mit Schreiben vom 14.03.2023 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten fristlosen Tat- und Verdachtskündigung an. Der Betriebsrat nahm mit Schreiben vom 15.03.2023 am 16.03.2023 dergestalt Stellung, dass er der beabsichtigten Kündigung nicht zustimmte. Mit Schreiben vom 22.03.2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31.07.2023.

Mit seiner am 05.04.2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung der sozialen Unwirksamkeit der Kündigung und seine Weiterbeschäftigung. Er ist der Auffassung, dass weder ein Grund für die fristlose noch ein Grund für die hilfsweise, ordentliche Kündigung vorläge. Der Kläger behauptet, zu keiner Zeit eine nicht genehmigte oder nicht angezeigte Nebentätigkeit betrieben zu haben. Bereits vor Jahren sei ihm die Nebentätigkeit mit einem Fahrradhandel genehmigt worden. Diese übe er derzeit jedoch nicht aus. Eine Tätigkeit bei der P. seiner Ehefrau übe er nicht aus. Genau dies habe er der Beklagten noch mitgeteilt, darüberhinausgehende Angaben habe er nicht machen können. Er selbst habe die mit der E-Mail versendeten Businessplänen nicht erstellt und weder war es seine Absicht in diesen aufzutauchen, noch war ihm das konkret bewusst. Allein die Erwähnung seines Namens in einem Businessplan führe jedoch nicht dazu, dass er tatsächlich dort tätig sei. Er habe diese Businesspläne dem Kollegen Q. auf dessen Wunsch geschickt, weil er gefragt worden sei, wie man solche Businesspläne erstelle. Natürlich beantworte er seiner Frau Fragen, die sie ihm stelle. Dabei habe er jedoch niemals und zu keinem Zeitpunkt Betriebsgeheimnisse oder Geschäftsinterna der Beklagten verraten. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt wettbewerbswidrig verhalten. Hinzukommt, dass die P. gerade im Gegensatz zur Beklagten nicht zertifiziert sei. Sie richte ihre Tätigkeit lediglich an einer Richtlinie aus. Der Kläger sei weder Geschäftspartner seiner Ehefrau noch Teammitglied oder Arbeitnehmer der P..

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 22.03.2023 aufgelöst worden ist.

2. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den Beendigungszeitpunkt hinaus fortbesteht.

3. Die Beklagte zu verurteilen, ihm ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie auf Führung und Leistung erstreckt.

4. Hilfsweise beantragt der Kläger, die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1.) zu den arbeitsvertraglich geregelten Arbeitsbedingungen als Produktionsleiter zu einem monatlichen Gehalt von durchschnittlich 9.473,23 EUR bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt die Beklagte,

1. den Kläger zu verurteilen, ihr Auskunft darüber zu erteilen über sämtliche Nebentätigkeiten, die er entgeltlich oder unentgeltlich, selbstständig oder im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.08.2023, hilfsweise vom 01.01.2022 bis 31.08.2023, höchst hilfsweise vom 30.03.2022 bis 31.08.2023 für einen Dritten ausgeübt hat unter Angabe des Zeitraums, des zeitlichen Umfangs, des konkreten Auftraggebers beziehungsweise Arbeitgebers und Benennung der erbrachten Tätigkeiten.

2. Den Kläger zu verurteilen, ihr Auskunft über das von ihm im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.08.2023, hilfsweise vom 01.01.2022 bis 31.08.2023, höchst hilfsweise vom 30.03.2022 bis 31.08.2023 erzielte Einkommen – auch den Erhalt öffentlich-rechtlicher Leistungen – zu erteilen durch Vorlage von Entgeltabrechnungen aus abhängiger Beschäftigung, Bewilligungsbescheiden der Agentur für Arbeit und für den Fall selbständiger Tätigkeit Vorlage der maßgebenden Einkommensteuerbescheide sowie von ihm für die Zeit im Zeitraum vom 01.01.2019 bis 31.08.2023, hilfsweise vom 01.01.2022 bis 31.08.2023, höchst hilfsweise vom 30.03.2022 bis 31.08.2023 gestellte Rechnungen.

3. Den Kläger zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit der von ihm zu erteilenden Auskünfte hinsichtlich des Antrags zu 1.) und hinsichtlich des Antrags zu 2.) an Eides statt zu versichern.

Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass ein Grund für eine fristlose Tat- oder zumindest Verdachtskündigung vorliege. Sie behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten Herr X., habe vom Kläger selbst aus Gesprächen im Rahmen zweier Treffen am 15.01.2023 und 24.01.2023 erfahren, dass er unter anderem in dem Unternehmen seiner Ehefrau tätig sei. Das Unternehmen der Ehefrau des Klägers, die P. in S., bediene genau wie die Beklagte unter anderem die Geschäftsbereiche/Geschäftsfelder „Verarbeitung von Kabeln“ sowie „Konfektion von Kabeln und Steckverbindungen“. Auch würden in der Firma Maschinen eingesetzt, die vergleichbar mit denen der Beklagten seien. Im Handelsregister sei der Unternehmensgegenstand der M. als „die Konfektionierung von Kabeln-, Steckverbindungen, der Import und Export und Handeln mit Waren aller Art“ angegeben. Dies sei auch das Geschäftsfeld der Beklagten. In den beiden Gesprächen am 15.01.2023 und 24.01.2023 habe der Kläger gegenüber dem Geschäftsführer zudem erklärt, dass er andere Unternehmen dabei berate, wie sie gewisse Produktionsprozesse optimieren könnten. Diese Prozesse seien vergleichbar mit denen bei der N., da es sich hier ebenfalls ums „Crimpen“ handele, also eine spezielle Technik, die bei der Beklagten eingesetzt werde. Vor diesem Hintergrund sei der Kläger am 17.02.2023 im Rahmen seiner Weiterbeschäftigung aufgefordert worden, genauere Angaben zu seinen Stammdaten und etwaigen Nebentätigkeiten zu machen. Dies habe er verweigert. Er habe lediglich angegeben, dass er im Verhältnis zu seiner Ehefrau seinen ehelichen Pflichten nachkomme. Die Aussage des Klägers im Anhörungsgespräch, dass er Fragen, die ihm seine Frau stelle, beantworte sei eindeutig als Geständnis zu werten, dass er für das Unternehmen der P. tätig sei. Die Einlassung des Klägers in diesem Gespräch, er habe von den Businessplänen nichts gewusst und diese Daten seien ihm nicht bekannt, sei offensichtlich unwahr, da der Kläger die Businesspläne, die seinen eigenen Namen enthielten, selbst an den Kollegen Q. geschickt habe. Der Kläger habe die Beklagte bewusst seit Monaten darüber getäuscht, keine Neben- bzw. Konkurrenztätigkeit auszuüben bzw. diese Tätigkeiten nicht angezeigt, was einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten und einen Vertrauensverstoß darstelle. Nicht nur habe der Kläger für ein Konkurrenzunternehmen, die P. gearbeitet, er habe auch gegen das arbeitsvertraglich vereinbarte Nebentätigkeitverbot verstoßen. Die Tätigkeit als Teammitglied bzw. Gründungspartner der P. sei eine Nebentätigkeit, die der vorherigen Zustimmung der Beklagten bedurft hätte. Eine solche Genehmigung hätte die Beklagte aber nie erteilt, da diese Tätigkeit die Interessen der Beklagten erheblich beeinträchtige. Zudem habe der Kläger gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot verstoßen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass auch die Widerklage begründet sei. Der Antrag zu 1.) diene dazu, dass Ob und den Umfang einer konkurrierenden, wettbewerbswidrigen Tätigkeit festzustellen. Der Antrag zu 2.) diene der Klärung, ob und wenn ja, welche finanziellen Gegenleistungen der Kläger für diese Tätigkeit von Dritten erhalten habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die wechselseitig ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im Wesentlichen zulässig und vollumfänglich begründet. Die Widerklage ist ebenfalls zulässig, aber unbegründet.

A.

I.

Soweit der Kläger mit dem Klageantrag zu 2.) auch die Feststellung begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unverändert fortbesteht, ist der Antrag unzulässig. Der Kläger legt das für die Feststellung notwendige besondere Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO nicht dar. Er führt keinen anderweitigen Beendigungstatstand in dem Rechtsstreit ein und macht jedenfalls bis zum letzten Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht geltend, dass mit weiteren Kündigungserklärungen zu rechnen ist. Sind alle bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vorhandenen Beendigungstatbestände durch separate Anträge abgedeckt, entfällt das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO (BAG 13.03.1997-2 AZR 512/96, juris).

Im Übrigen ist die Klage zulässig.

II.

Die Klage ist auch begründet. Die Kündigung vom 22.03.2023 ist unwirksam, da weder ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für die fristlose Kündigung von der Beklagten dargelegt worden ist, noch verhaltensbedingte Gründe für eine ordentliche Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

1.

Das Kündigungsschutzgesetz findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Blick auf die Dauer der Beschäftigung des Klägers und die Anzahl der bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG Anwendung. Auch hat der Kläger die drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG gewahrt.

2.

Ein wichtiger Grund für die fristlose Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor. Die Kündigung ist weder als Tat- noch als Verdachtskündigung wirksam.

a.

Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Prüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, vollzieht sich zweistufig: Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund an sich geeignet ist. Ist dies der Fall, bedarf es sodann der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., BAG 26.03.2009 – 2 AZR 953/07, juris; 27.04.2006 – 2 AZR 386/05, juris).

Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (st. Rspr. BAG 25. Oktober 2012 – 2 AZR 700/11, juris; 24. Mai 2012 – 2 AZR 206/11, juris).

Der Verdacht muss auf konkrete – vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende – Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG 25. Oktober 2012 – 2 AZR 700/11, juris; 24. Mai 2012 – 2 AZR 206/11, juris).

b.

Der Beklagten ist die Darlegung nicht gelungen, dass der Kläger tatsächlich ein Wettbewerbsverstoß oder einen Verstoß gegen das Nebentätigkeitsverbot begangen hat. Die vollendete Tat ist nicht dargelegt worden; konkrete Tatsachen, die den dringenden Verdacht eines solchen Fehlverhaltens belegen, auch nicht. Die Beklagte vermochte nicht substantiiert darzulegen, dass der Kläger aktuell oder zuvor während seiner Tätigkeit bei der Beklagten nebenbei für ein Konkurrenzunternehmen, insbesondere für die P. tätig war. Allein die Tatsache, dass der Kläger an einem Entwurf für einen Businessplan seiner Frau genannt ist, ist zum einen kein vorwerfbares Fehlverhalten des Klägers und zum anderen auch kein Beweis dafür, dass er dort tatsächlich tätig ist. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse der Beklagten an seine Ehefrau und deren Unternehmen oder andere Unternehmen weitergegeben haben soll, sind weder vorgetragen, noch ersichtlich.

Auch aus der von der Beklagten behaupteten Aussage, die der Kläger gegenüber dem Geschäftsführer getätigt haben soll, wenn er andere Unternehmen unter anderem im Bereichs des Crimpens berate, reicht für die Darlegung einer Wettbewerbshandlung oder deren Verdacht nicht aus. Allein die Aussage – selbst wenn der Kläger sie so getätigt haben sollte wie die Beklagte vorträgt – beweist noch keine Wettbewerbshandlung oder Pflichtverletzung. In diesem Zusammenhang ist die vom Kläger im Kammertermin vorgetragene Variante, dass er sich da auf die Kundenunternehmen der Beklagten bezogen haben will, genauso realistisch wie die Interpretation der Beklagten. Dass, wann und wo der Kläger tatsächlich eine konkrete Beratungstätigkeit für ein anderes Unternehmen erbracht haben soll, erschließt sich der Kammer nicht zweifelsfrei aus dem Vortrag der Beklagten.

Dass der Kläger angegeben hat, dass er Fragen, die ihm seine Frau stelle, beantworte, stellt ebenfalls keine schwerwiegende Pflichtverlegung und auch keinen Wettbewerbsverstoß dar. Eine verbotswidrige Wettbewerbstätigkeit kann erst dann vorliegen, wenn sie durch den Umfang und die Intensität der Tätigkeit auch grundsätzlich geeignet ist, das Interesse des Arbeitgebers, unbeeinflusst von Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers in seinem Marktbereich auftreten zu können, spürbar zu beeinträchtigen. Einmalige oder sporadische ausgeübte reine Freundschaftsdienste im Marktbereich des Arbeitgebers muss der Arbeitgeber in der Regel hinnehmen, wenn diese den arbeits- und wertmäßigen Umfang einer geringfügigen Gefälligkeit nicht übersteigen und unentgeltlich durchgeführt wurden (LAG Schleswig-Holstein 19.12.2006-5 Sa 288/06). Gespräche mit Dritten, Freunden oder Familienmitgliedern und die Beantwortung von Fragen allein stellt keine Pflichtverletzung dar. Die bloße Vermutung der Beklagten, durch das Beantworten von Fragen seiner Ehefrau begehe der Kläger Wettbewerbsverstöße oder übe unerlaubterweise eine Nebentätigkeit aus, reicht nicht aus.

3.

Nach dem oben gesagten entfällt demnach auch ein etwaiger verhaltensbedingter Kündigungsgrund für eine ordentliche Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG.

4.

Der Kläger hat einen Anspruch auf ein Zwischenzeugnis (§ 242 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB).

5.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 27.02.1985 – GS 1/84 – AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14) hat der gekündigte Arbeitnehmer einen allgemeinen Beschäftigungsanspruch außer im Fall einer offensichtlich unwirksamen Kündigung mindestens dann, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsprozess ein obsiegendes Urteil erstreitet. Dieser Beschäftigungsanspruch ist abzuleiten aus den §§ 611, 613,242 BGB, Art. 1 und 2 GG.

B.

Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Die Widerklage ist zulässig.

Ein Rechtsschutzbedürfnis der Beklagten im Sinne des § 256 ZPO ist nach Auffassung der Kammer gegeben. Im Gegensatz zur Auffassung des Klägers hat der Arbeitgeber nicht nur im Rahmen einer Lohnklage einen Auskunftsanspruch, sondern auch bei Wettbewerbsverstößen. Die Beklagte bezieht sich bei ihrem Auskunftsanspruch auf die Rechtsprechung zum Bestehen eines Auskunftsanspruchs hinsichtlich Obs und des Umfangs einer konkurrierenden wettbewerbswidrigen Tätigkeit.

II.

Die Widerklage ist jedoch unbegründet.

Der Kläger hat den Auskunftsanspruch der Beklagten bereits erfüllt, so dass dieser nicht mehr besteht (§ 362 Abs. 1 BGB).

Der Kläger hat unstreitig sowohl außergerichtlich als auch im hiesigen Verfahren vorgetragen, dass er weder entgeltlich noch unentgeltlich für das Unternehmen seiner Frau oder andere Unternehmen tätig ist. Er hat vorgetragen, dass er lediglich die bereits vor Jahren angezeigte Nebentätigkeit des von ihm betriebenen Fahrradladens ausgeübt hat. Damit ist die von der Beklagten geforderte Auskunft erteilt worden. Außer den von der Beklagten angestellten Vermutungen darüber, dass der Kläger ggf. noch bei anderen Unternehmen tätig ist und auch für seine Frau arbeitet, sind keine substantiierten Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Angaben unrichtig oder unvollständig sind.

C.

I.

Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§ 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 91 Abs. 1 ZPO).

II.

Den gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzenden Streitwert hat die Kammer mit dem Quartalsverdienst für den Kündigungsschutzantrag sowie je einem Gehalt für Weiterbeschäftigung und Zeugnis bemessen.

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