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Abgeltungsanspruch unionsrechtlich gewährleisteter Mindesturlaubsanspruch – 4 Wochen

Verwaltungsgericht: Langzeitkranker Arbeitnehmer hat Anspruch auf Urlaubsabgeltung

Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung steht der Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Erholungsurlaub, der unionsrechtlich garantiert ist. Dieses Thema berührt grundlegende Aspekte des Arbeitsrechts und wirft Fragen auf, die für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen von Bedeutung sind. Konkret geht es um die Interpretation und Anwendung der Richtlinie 2003/88/EG, die einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen für Arbeitnehmer in der Europäischen Union vorsieht.

Die rechtliche Herausforderung entsteht insbesondere dann, wenn es um die Abgeltung von Urlaubstagen geht, die aufgrund von Krankheit oder anderen Gründen nicht genommen wurden. Dies berührt die Berechnung des Urlaubsanspruchs und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten sowohl des Arbeitgebers als auch des Arbeitnehmers. Das Urteil in diesem Fall könnte wegweisend sein für die Handhabung von Urlaubsabgeltungsansprüchen und deren Auslegung im Kontext des unionsrechtlichen Rahmens.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 ZB 23.851  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht bestätigte, dass der Anspruch auf Urlaubsabgeltung sich ausschließlich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub bezieht und dass bereits genommener Urlaub auf diesen Anspruch anzurechnen ist, unabhängig vom Entstehungszeitpunkt des Urlaubsanspruchs.

Zentrale Punkte des Urteils:

  1. Der Kläger forderte eine Urlaubsabgeltung für die Jahre 2020 bis 2022 aufgrund von Krankheit.
  2. Die Beklagte gewährte eine Abgeltung für 25 Tage Urlaub, da die restlichen Tage als genommen galten.
  3. Das Gericht lehnte die Berufung des Klägers ab und bestätigte das Urteil des Verwaltungsgerichts München.
  4. Der Fokus lag auf der Abgeltung von unionsrechtlich garantiertem Mindesturlaub gemäß Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG.
  5. Betont wurde, dass bereits genommener Urlaub auf den Mindesturlaubsanspruch anzurechnen ist.
  6. Der Kläger konnte keine rechtlichen Zweifel am erstinstanzlichen Urteil begründen.
  7. Die Bedeutung der Aufklärungspflicht des Arbeitgebers über den Urlaubsanspruch wurde hervorgehoben.
  8. Die Entscheidung verdeutlicht die Grenzen des Abgeltungsanspruchs im Arbeitsrecht, speziell im Kontext des EU-Rechts.

Eine Auseinandersetzung um Urlaubsabgeltung: Der Fall im Detail

Das zugrundeliegende Urteil entstand aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen einem Kläger und seinem Arbeitgeber bezüglich des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung. Im Kern geht es um die Auslegung der unionsrechtlich verankerten Regelung für den Mindesturlaubsanspruch von vier Wochen, wie sie in der Richtlinie 2003/88/EG festgeschrieben ist.

Der Kläger, der offensichtlich aus gesundheitlichen Gründen einige Urlaubstage aus den Jahren 2020 und 2021 nicht in Anspruch nehmen konnte, beantragte die Auszahlung dieser Tage. Jedoch weigerte sich der Arbeitgeber, da laut ihm die für 2020 vorgesehenen 20 Mindesturlaubstage „verfallen“ seien. Als die Beklagte sich weigerte, den angeforderten Urlaubsabgeltungsbetrag in Höhe von 9.765,73 Euro für 43 weitere Tage auszuzahlen, erhob der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht.

Arbeitsrecht und seine Tücken: Herausforderungen in der Auslegung

Der Fall zeichnet sich durch die Komplexität des deutschen und europäischen Arbeitsrechts aus und ist eine Herausforderung insofern, als die Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG unterschiedlich interpretiert werden kann. Ein weiterer zu berücksichtigender Aspekt ist das individuelle Ausmaß der Krankheit des Klägers und dessen Auswirkung auf die Urlaubsnutzung.

Ein Präzedenzfall für Urlaubsabgeltung: Die Entscheidung des Gerichts

Das Verwaltungsgericht München lehnte den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das vorherige Urteil ab und entschied, dass der Kläger die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen hat. Der Streitwert für das Verfahren wurde auf 9.765,73 € festgelegt. Die Jury hielt die klägerischen Argumente für ineffektiv, den Fall in Frage zu stellen. Dies war hauptsächlich auf das Faktum zurückzuführen, dass der Kläger, nach Aussage des Verwaltungsgerichts, im Jahr 2020 seinen gesamten unionsrechtlichen Mindesturlaub genommen hätte. Bei der Berechnung des Anspruchs sei es unerheblich, ob der Urlaub im aktuellen oder im Vorjahr entstanden ist.

Die Entscheidung des Gerichts stützt sich auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und die Annahme, dass es bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage nur darauf ankommt, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Es ist daher unerheblich, wann genau der Urlaubsanspruch entstanden ist.

Das arbeitsrechtliche Fazit: Ein Signal für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Darüber hinaus hat das Urteil erhebliche Auswirkungen auf zukünftige Fälle dieser Art, da es nun als Präzedenzfall dienen wird. Am Ende bestätigte das Gericht den Standpunkt des Beklagten und lehnte die Forderungen des Klägers ab. Damit sendet dieses Urteil eine klare Botschaft an Arbeitnehmer und Arbeitgeber hinsichtlich des Themas Urlaubsabgeltung aus und macht gleichzeitig deutlich, wie wichtig es ist, sich über seine Rechte und Pflichten im Arbeitsrecht klar zu sein.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet der Begriff „unionsrechtlich gewährleisteter Mindesturlaubsanspruch“?

Der Begriff „unionsrechtlich gewährleisteter Mindesturlaubsanspruch“ bezieht sich auf den Mindesturlaub, der Arbeitnehmern in der Europäischen Union (EU) nach EU-Recht zusteht. Gemäß Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung haben Arbeitnehmer Anspruch auf einen jährlichen Mindesturlaub von vier Wochen. Dieser Mindesturlaub darf nicht von einer Mindestarbeitszeit im Urlaubsjahr abhängig gemacht werden.

In Deutschland entspricht dieser unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaubsanspruch 20 Urlaubstagen pro Jahr. Dieser Anspruch gilt unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Vertrag oder dem Alter des Arbeitnehmers.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaubsanspruch auch für Beamte gilt. Wenn ein Beamter aufgrund von Krankheit oder Ausscheiden aus dem aktiven Dienst diesen Mindesturlaub nicht nehmen kann, hat er einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, also auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub.

Der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaubsanspruch ist ein wichtiger Bestandteil des EU-Arbeitsrechts und dient dazu, die Rechte der Arbeitnehmer in der EU zu schützen und zu stärken.

Was ist ein „Abgeltungsanspruch“ im Kontext von Urlaubsansprüchen?

Ein „Abgeltungsanspruch“ im Kontext von Urlaubsansprüchen, auch als Urlaubsabgeltung bekannt, bezieht sich auf die Situation, in der ein Arbeitnehmer seinen gesetzlich zustehenden Urlaub aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht nehmen kann. In diesem Fall müssen die verbliebenen Urlaubstage „abgegolten“ und somit ausgezahlt werden. Dies ist im Paragraf 7 Absatz 4 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG) geregelt.

Ein Abgeltungsanspruch kommt nur in Betracht, wenn ein Anspruch auf Urlaub besteht, der Urlaub also weder in Anspruch genommen wurde, noch zeitlich verfallen ist. Zudem muss die tatsächliche Inanspruchnahme des Urlaubs mindestens versucht worden sein. Eine Gewährung „in Natur“ hat immer Vorrang vor dem auf Geldzahlung gerichteten Abgeltungsanspruch. Der Arbeitnehmer muss also den Urlaub zumindest beantragt haben und die Gewährung dann versagt worden sein, oder sonst unmöglich gewesen sein, zum Beispiel weil zwischen Kündigung und tatsächlicher Beendigung nicht mehr ausreichend Zeit war.

Die Berechnung des konkreten Abgeltungsanspruchs richtet sich nach der Berechnung des Urlaubsentgelts. In der Regel richtet sich die Höhe des Urlaubsentgelts nach dem durchschnittlichen Gehalt in den letzten 13 Wochen vor Beginn des Urlaubs.

Ansprüche auf Urlaubsabgeltung verjähren innerhalb von drei Jahren. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung wird unmittelbar mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig und wird üblicherweise direkt mit dem letzten Gehalt ausgezahlt.

Es ist auch zu erwähnen, dass der Abgeltungsanspruch auch dann besteht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. In diesem Fall steht den Erben ein Abgeltungsanspruch bezüglich nicht genommener Urlaubstage zu.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen allgemeiner Natur sind und nicht als Rechtsberatung dienen. Bei spezifischen Fragen zu Ihrem individuellen Fall sollten Sie einen Rechtsberater konsultieren.


Das vorliegende Urteil

VGH München – Az.: 6 ZB 23.851 – Beschluss vom 10.08.2023

I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 22. März 2023 – M 21a K 22.5784 – wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 9.765,73 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, ist unbegründet. Die innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Der Kläger begehrt Urlaubsabgeltung für die Jahre 2020 bis 2022. Er stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand in einer 5-Tage-Woche im Dienst der Beklagten. Vom 26. Februar 2021 bis zum Beginn des Ruhestandes am 1. April 2022 war der Kläger ununterbrochen dienstunfähig krank. Mit Schreiben vom 4. November 2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass ihm für 2020 und 2021 jeweils noch 30 Tage und für 2022 noch 8 Tage Urlaub (insgesamt 68 Urlaubstage) zustünden. Mit Schreiben vom 31. März 2022 beantragte der Kläger die Auszahlung des aufgrund von Krankheit nicht genommenen Urlaubs für die Jahre 2020, 2021 und 2022. In der „Mitteilung über unionsrechtlich abzugeltende Urlaubstage“ vom 11. April 2022 informierte die Beklagte den Kläger darüber, dass die 20 unionsrechtlich abzugeltenden Mindesturlaubstage für 2020 „verfallen“ seien. Für 2021 und 2022 stehe ihm die Abgeltung von 20 bzw. 5 Urlaubstagen (insgesamt 25 Urlaubstage) zu, da diese krankheitsbedingt nicht genommen worden seien. Daraufhin wurden 25 Tage Urlaub (für 2021 und 2022) abgegolten. Der Kläger forderte die Beklagte erfolglos auf, den offenen Urlaubsgeltungsbetrag in Höhe von 9.765,73 Euro für 43 weitere Tage auszuzahlen.

Mit seiner zum Verwaltungsgericht erhobenen Klage hat der Kläger beantragt‚ die Beklagte zu verurteilen, ihm 9.765,73 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1. April 2022 zu bezahlen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil als unbegründet abgewiesen.

2. Die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.

a) An der Richtigkeit des angegriffenen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund wäre begründet, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würde (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2000 – 1 BvR 830/00 – NVwZ 2000, 1163/1164; B.v. 23.3.2007 – 1 BvR 2228/02 – BayVBl 2007, 624). Das ist nicht der Fall. Der Zulassungsantrag hält den entscheidungstragenden Erwägungen im erstinstanzlichen Urteil nichts Stichhaltiges entgegen, das Zweifel an seiner Richtigkeit begründet und weiterer Prüfung in einem Berufungsverfahren bedarf.

Gemäß § 28 Abs. 4 SG in Verbindung mit § 1 Satz 1 SUV und § 10 Abs. 1 EUrlV ist Erholungsurlaub in Höhe des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruchs (Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG), der vor Beendigung des Beamtenverhältnisses wegen vorübergehender Dienstunfähigkeit nicht genommen worden ist, abzugelten. Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG sieht einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen (bei einer 5-Tage-Woche somit 20 Tage) vor. Im Urlaubsjahr bereits genommener Erholungsurlaub oder Zusatzurlaub ist auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch anzurechnen, unabhängig davon, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch entstanden ist, § 10 Abs. 2 EUrlV. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt es bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 der RL 2003/88/EG nach dem Zweck der Norm nur darauf an, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat. Unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten Urlaub gehandelt hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, U.v. 15.6.2021 – 2 A 1.20 – juris Rn. 20 m.w.N.). In Übereinstimmung damit hat das Verwaltungsgericht darauf abgestellt, dass der Kläger im Jahr 2020 seinen gesamten unionsrechtlichen Mindesturlaub genommen hat. In welchem Jahr der Urlaub entstanden ist (hier: 2019), ist gemäß § 10 Abs. 2 EUrlV für die Erholungsfunktion des Urlaubs unerheblich.

Der Kläger wendet hiergegen ein, er habe im Jahr 2019 bestenfalls zwei Tage Urlaub im Januar genommen und aus dienstlichen Gründen keinen zusammenhängenden Erholungsurlaub antreten können. Die Beklagte verwehre ihm im Jahr 2019 den unionsrechtlichen Mindesturlaub. Er habe mit seiner Klage lediglich einen Zahlbetrag geltend gemacht. Ihm stehe eine bestimmte Anzahl von Urlaubstagen zu, die abgegolten werden müssten. Wenn das Verwaltungsgericht meine, er hätte im Jahr 2020 den europarechtlich garantierten Mindesturlaub genommen und es komme nicht darauf an, wann dieser Urlaub entstanden sei, hätte es der Frage nachgehen müssen, ob er im Vorjahr den europarechtlichen Mindesturlaub erhalten habe oder ob gegebenenfalls dieser abzugelten sei. Zudem sei das Urteil fehlerhaft, weil die Beklagte über den gesamten Urlaubsanspruch hätte aufklären müssen.

Diese Argumentation ist – abgesehen davon, dass der Kläger ausweislich seiner Urlaubskarteikarte im Jahr 2019 insgesamt 12 Tage Erholungsurlaub erhalten hatte – im rechtlichen Ausgangspunkt nicht geeignet, dem Zulassungsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Das Verwaltungsgericht stützt sich bei seiner Argumentation auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. z.B. U.v. 15.6.2021 – 2 A 1.20 – juris Rn. 20 m.w.N.). Es gelingt dem Kläger nicht darzulegen, warum in seinem Fall von dieser Rechtsprechung abgewichen werden sollte. Wenn es bei der Berechnung der dem Beschäftigten zustehenden Urlaubstage im Rahmen der Ansprüche aus Art. 7 Abs. 1 und 2 der RL 2003/88/EG nach dem Zweck der Norm nur darauf ankommt, ob und wie viel Urlaub der Betreffende im konkreten Jahr genommen hat und es hierbei unerheblich ist, ob es sich dabei um neuen oder um alten Urlaub gehandelt hat, sind die vom Kläger für das Jahr 2019 vorgetragenen Begebenheiten unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, dass nur ein „Zahlbetrag“ geltend gemacht worden sei. Die Vorschrift des § 10 EUrlV betrifft gerade die finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub. § 10 Abs. 1 EUrlV begrenzt den Abgeltungsanspruch ausdrücklich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG. Soweit der Kläger einwendet, die Beklagte hätte über den gesamten Urlaubsanspruch aufklären müssen, übersieht er, dass sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer rechtzeitig auffordern muss, ihren Mindestjahresurlaub anzutreten und über dessen Verfall zu informieren, sich eben nur auf diesen vierwöchigen unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub bezieht (vgl. hierzu OVG Berlin-Bbg, U.v. 23.1.2020 – OVG 4 B 12.18 – juris Rn. 23 ff.), worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hinweist (UA S. 7).

b) Die Berufung ist nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Dazu müsste das Verfahren das normale Maß erheblich übersteigende Schwierigkeiten aufweisen (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2018 – 15 ZB 17.635 – juris Rn. 37; B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Solche Schwierigkeiten werden mit der Antragsbegründung nicht substantiiert aufgezeigt und liegen auch nicht vor. Die aufgeworfenen Fragen lassen sich vielmehr aus den oben dargelegten Gründen ohne weiteres im Sinn des Verwaltungsgerichts beantworten, ohne dass es dazu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

c) Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Um diesen Zulassungsgrund dazulegen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, zudem ausführen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich ist, ferner erläutern, weshalb die formulierte Frage klärungsbedürftig ist, und schließlich darlegen, weshalb ihr eine über die einzelfallbezogene Rechtsanwendung hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2022 – 6 ZB 22.184 – juris Rn. 16). Dem entspricht der Zulassungsantrag nicht. Der Kläger wirft als klärungsbedürftig die Frage auf, „ob der Arbeitnehmer selbst sich darum kümmern muss, den Urlaub zu nehmen, oder ob eine Obliegenheit des Arbeitgebers besteht“. Es sei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anzuwenden, wonach Urlaub nur verfallen könne, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf seinen bestehenden Urlaubsanspruch hinweise und darauf hinwirke, dass der Arbeitnehmer diesen Urlaub auch tatsächlich nehmen könne. Der Europäische Gerichtshof könne grundsätzlich nur über den Mindesturlaub nach der Richtlinie entscheiden. Es handele sich jedoch um eine grundsätzliche Frage. Der Arbeitgeber sei gehalten, den Arbeitnehmer über seinen gesamten Urlaubsanspruch aufzuklären.

Damit gelingt es dem Kläger nicht, die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage darzulegen. Er selbst führt im Zulassungsantrag aus, der Europäische Gerichtshof könne grundsätzlich nur über den Mindesturlaub nach der Richtlinie entscheiden. Die Vorschrift des § 10 Abs. 1 EUrlV bezieht sich ausdrücklich nur auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubsanspruch nach Art. 7 Abs. 1 der RL 2003/88/EG. Somit ist die vom Kläger aufgeworfene Frage weder klärungsbedürftig noch entscheidungserheblich.

d) Eine Divergenz im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO legt der Kläger nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dar.

Dieser Zulassungsgrund ist nur dann hinreichend bezeichnet, wenn der Rechtsmittelführer einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechts- oder Tatsachensatz benennt, mit dem das Verwaltungsgericht einem in der Rechtsprechung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichte aufgestellten ebensolchen Rechts- oder Tatsachensatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung der Klagepartei divergierenden Rechts- oder Tatsachensätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss darauf bezogen konkret herausgearbeitet werden.

Der Europäische Gerichtshof ist schon keines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Divergenzgerichte.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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